Sigrid Kraft

ARDEEN

Band 3

Nimrod


© Ardeen GbR

1. Auflage, 2014

 

Nachdruck, Vervielfältigung oder Verbreitung, elektronische Speicherung oder Verarbeitung, ganz oder auszugsweise, nur nach ausdrücklicher Genehmigung durch den Verlag und den Autor.

 

Illustrationen: Sigrid Kraft

Gestaltung und Satz: Tobias Fahnauer, www.fahnauer.de

Endkorrektur: Florian Blauel

 

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Inhalt

1. Einführung

2. Der Weg ins Nimrod

3. Der Erhabene

4. Ein neuer Dienstplan

5. Das Turnier

6. Der Goldene Turm

7. Das Kommando

9. Askirs Geburtstag

10. Die Prüfung zur vierten Stufe

11. Die sechs Orte der Macht: Grau – Braun

12. Die sechs Orte der Macht: Violett – Orange

13. Ravenors Frau

14. Die sechs Orte der Macht: Gold – Silber

15. Sechs Orte der Macht: Schwarz – Weiß

16. Der Schlüssel


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1. Einführung

 

Gefangen, so lange schon. Er konnte nicht leben und nicht sterben, nur schlichtweg sein. Und warten, endloses Warten auf jenen Moment, da er sich wieder aus den Fesseln befreien konnte, die seine letzte Zuflucht gewesen waren. Seine einzige Chance zu überleben, hatte sich zu einem endlosen Fluch gewandelt, der ihm Jahre des Wartens beschert hatte, ohne die Möglichkeit etwas wirklich verändern zu können. Anfangs war das noch anders gewesen. Damals besaß er noch Verbindungen nach draußen und genügend Kraft, um seinen Geist wandern zu lassen, sodass die Dinge ins Rollen kamen. Es glich fast einem Wunder, als sein aberwitziger Plan funktioniert hatte und das erschaffen wurde, was ihn befreien konnte. Oder sollte er besser sagen: dass ‚Der‘ erschaffen wurde. Und der Knabe wuchs heran und auch die Magie in ihm entwickelte sich. Versteckt vor den Augen der anderen, die aufmerksam werden könnten. Gut versteckt und die Zeit rückte näher, da seine Kraft groß genug sein würde. Die alte Vettel und der Kessel waren der Schlüssel. Durch den Kessel konnte man Dinge vom Nimrod in das Land draußen bringen und umgekehrt. Natürlich kostete es ihn immense Kraft, diesen Akt zu vollbringen und danach glitt er tagelang, ja manchmal Monate in einen Dämmerzustand, nur um daraus wieder zu erwachen und sich seiner Lage vollauf bewusst zu sein.

Gefangen und verdammt – bis in alle Ewigkeit.

Und dann war alles bereit gewesen. Er hatte seine Kraft gesammelt, damit sie für diesen letzten gigantischen Akt ausreichen würde. Und als der Zeitpunkt gekommen war, rief er die alte Vettel. Ein letztes Mal sollte sie ihm helfen. Aber was für ein Schlag war das gewesen, als sie ihm offenbarte: Der Junge ist fort.

In seiner aufkommenden Wut und Verzweiflung hatte er sie gedrängt, den Jungen zu suchen, um jeden Preis, und er drängte sie den Kessel auch gleich mitzunehmen. Wenn sie ihn dann gefunden hätte, würde er nicht zögern, den Jüngling umgehend durch den Kessel ins Nimrod zu ziehen. Doch zuerst mussten der junge Mann und der Kessel zusammengebracht werden. Wie gefordert, machte sich die Alte auf den Weg. Langsam, mit kleinen Schritten, denn ihre Beine trugen sie kaum noch, ihr Rücken war krumm und die Augen schlecht. Sie würde nicht mehr lange leben, aber davor sollte sie noch das letzte Puzzlestück in seinem Spiel zusammenfügen. Den Jüngling und den Kessel.

Der Kessel machte es für ihn leicht, der Vettel auf Schritt und Tritt zu folgen. Mit seiner Magie hatte er dieses Artefakt früher einmal selbst erschaffen. Er war immer vorausschauend gewesen und hatte Orte und Dinge mit Magie belegt und Menschen in seinen Bann gezogen – nur für den Fall der Fälle. Von dem er gehofft hatte, dass er niemals eintreten würde und der dann doch grausame Wahrheit geworden war, schlimmer als er es sich je hätte erträumen lassen.

Die alte Hexe bewegte sich vorwärts – viel zu langsam für seine Ungeduld.

Ich bin es satt zu warten. Eile und finde den Jungen!

Wie immer hatte die Alte laut gekreischt und versucht, seine Stimme aus ihrem Kopf zu verbannen. Und da geschah es. Sie stolperte über einen Stein, konnte sich nicht mehr auffangen und stürzte vom Weg in die Tiefe einer Schlucht. Und mit ihr fiel der Kessel. Nun schrie auch er auf. Ungläubig wollte er es nicht wahrhaben. Gegen Feinde hätte er die Alte beschützen können, doch ihren Sturz konnte er nicht bremsen. Die Vettel zerschellte auf den Steinen in der Tiefe und mit ihr ging auch der Kessel verloren. Er war in eine Felsspalte gerutscht, in der ihn nie wieder jemand finden würde. Er schrie all seine Wut hinaus – im Geiste, denn sein Körper ruhte schon seit Jahren regungslos. Er weinte im Geiste und er verzweifelte. Doch dann keimte ein kleiner Funken Hoffnung. Er wird kommen. Mit oder ohne den Kessel. Er wird kommen, denn es ist seine Bestimmung. Vielleicht kann ich den Jungen immer noch erreichen, auch ohne den Kessel und die Vettel.

Die Alte war an ihn gebunden gewesen, das hatte es äußerst einfach für ihn gemacht. Aber er konnte auch so hinaus. Nur war dies schwieriger und benötigte mehr von seiner kostbaren Kraft. Dabei währten seine Ausflüge nur kurz. Lange suchte er nach dem Jungen, doch er konnte ihn nicht mehr finden. Und er verfiel wieder in den stumpfsinnigen Dämmerzustand des Wartens. Immer wieder zwang er sich im Geiste zu arbeiten, um nichts zu vergessen. Wiederholte sein ganzes Wissen, denn der Tag würde kommen, da er wieder frei sein würde. An diese schwindend kleine Hoffnung klammerte er sich, denn es war seine einzige.