Cover

Über dieses Buch:

Die Mitglieder des neu gegründeten Team X-treme sollen in Monaco einem berüchtigten Glücksspieler das Handwerk legen. Die Ermittlungen führen sie auch ins Hotelzimmer des Verbrechers. Dort entdeckt Kami einen Jungen, der sich hinter dem Vorhang versteckt. Er gibt vor, sein Gedächtnis verloren zu haben und nichts mehr über seine Vergangenheit zu wissen. Können Kami und ihre Freunde ihm trauen?

Über den Autor:

Michael Peinkofer, 1969 geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Kommunikationswissenschaft und veröffentlichte schon in dieser Zeit erste Werke. Heute gehört der Journalist und Übersetzer zu den erfolgreichsten Fantasyautoren Deutschlands. Michael Peinkofers erste Jugendbuchreihe TEAM X-TREME nimmt es, was Action und Spannung angeht, spielend mit seinen Bestsellern für erwachsene Leser auf.

Der Autor im Internet: www.michael-peinkofer.de

Die Jugendbuchserie TEAM X-TREME umfasst folgende Bände:

Mission Zero: Der Alpha-Kreis

Mission 1: Alles oder nichts

Mission 2: Die Bestie aus der Tiefe

Mission 3: Projekt Tantalus

Mission 4: Das Borodin-Gambit

Mission 5: Sumpf des Schreckens

Mission 6: Codename Nautilus

Bei jumpbooks erscheint weiterhin Michael Peinkofers historischer Jugendroman Die indische Verschwörung.

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eBook-Neuausgabe April 2016

Copyright © der Originalausgabe 2009 Michael Peinkofer und Baumhaus Verlag

Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München

Copyright © 2016 jumpbooks. jumpbooks ist ein Imprint der dotbooks GmbH.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs

E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-96053-081-7

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Michael Peinkofer

TEAM X-TREME

Mission 1: Alles oder nichts

jumpbooks

TOP SECRET *** TOP SECRET *** TOP SECRET

Charlotte »Charlie« Dubois

Alter: 15

Augenfarbe: grün

Haarfarbe: blond

Herkunftsland: Frankreich

Beschreibung: Charlotte ist die Anführerin des Team X-treme, ein Mädchen mit messerscharfem Verstand und großem Verantwortungsgefühl. Sie genießt das volle Vertrauen von CONRAD. Die Sicherheit der Gruppe steht für sie an vorderster Stelle.

Besondere Fähigkeiten: Charlie ist Empathin. Das bedeutet, dass sie die Gefühle anderer Menschen erspüren kann.

Jan »Race« Renner

Alter: 14

Augenfarbe: grau

Haarfarbe: hellbraun

Herkunftsland: Deutschland

Beschreibung: Jan ist der Draufgänger des Team X-treme. Wegen seiner außergewöhnlichen sportlichen Fähigkeiten wurde er als Spezialist für waghalsige Einsätze verpflichtet. Auf Partys fühlt er sich mindestens ebenso zu Hause wie auf dem Skateboard, das weibliche Geschlecht ist seine Schwäche.

Besondere Fähigkeiten: Race beherrscht zahlreiche Extrem-Sportarten und liebt alles, was schnell ist ...

Kami »Camouflage« Sanuk

Alter: 14

Augenfarbe: braun

Haarfarbe: blau (zurzeit)

Herkunftsland: Thailand

Beschreibung: Kami ist die Kommunikationsspezialistin des Team X-treme und eine zuverlässige Freundin. Ihren Spitznamen verdankt sie ihrer ausgeprägten Vorliebe für Tarnklamotten. Ihr Haar färbt sie sich dafür gerne farbig, was den Tarneffekt wieder aufhebt.

Besondere Fähigkeiten: Herausragende Kenntnisse im Umgang mit Computern und Technik aller Art.

CONRAD

Alter: 45

Augenfarbe: nicht zutreffend

Haarfarbe: nicht zutreffend

Herkunftsland: England

Beschreibung: CONRAD ist ein Avatar – das im Computer gespeicherte Bewusstsein des britischen Geheimagenten Conrad Leland, der einer Verschwörung auf die Spur kam und bei einem Anschlag ermordet wurde. Mit Hilfe des Vermögens, das er sich zeit seines Lebens erwarb, hat er die Stiftung X ins Leben gerufen, deren Ziel der Kampf gegen Unrecht und Verbrechen ist.

Besondere Fähigkeiten: Mit der gesammelten Erfahrung Conrad Lelands ist CONRAD der Auftraggeber des Team X-treme – aber auch ein kluger Ratgeber und väterlicher Freund.

Kyle Connor

Alter: 16 (geschätzt)

Augenfarbe: blau

Haarfarbe: dunkelbraun

Herkunftsland: unbekannt

Beschreibung: Kyle kann sich nicht an seine Vergangenheit erinnern, aber er verfügt über eine Anzahl ganz erstaunlicher Fähigkeiten, die er erst nach und nach an sich entdeckt. So hat er ein blitzschnelles Reaktionsvermögen und ausgeprägte Instinkte. Auf dem rechten Oberarm trägt er ein rätselhaftes Tattoo.

Mr. X

Alter: 38

Augenfarbe: braun

Haarfarbe: schwarz

Herkunftsland: USA

Beschreibung: Mr. X ist der ergebene Diener des Team X-treme; als Chauffeur und Pilot ist er ebenso im Einsatz wie als Trainer und Ausbilder. Einst war er Conrad Lelands Leibwächter und engster Vertrauter. Den Bombenanschlag auf seinen Chef überlebte er zwar schwer verletzt, ist seither jedoch stumm. Sein Gesicht, das vom Feuer entstellt wurde, verbirgt er unter einer Maske.

Besondere Fähigkeiten: Mr. X kann alles fahren, was Räder hat, und sowohl Hubschrauber als auch Flugzeuge fliegen. Außerdem ist er ausgebildeter Einzelkämpfer.

Bata Clava

Alter: 42

Augenfarbe: blau

Haarfarbe: schwarz

Herkunftsland: unbekannt

Beschreibung: Bata Clava ist einer der bestbezahlten Killer der Welt und für seine Gründlichkeit berüchtigt. Kaum jemand weiß, wie Clava aussieht, sein Gesicht verbirgt er meist unter einer schwarzen Maske.

Hinweis: Bata Clava steht auf den Fahndungslisten von 28 Polizeiorganisationen in aller Welt. Er ist extrem gefährlich!

Prolog

Es war ein düsterer Ort.

Endlos scheinende Korridore.

Wände aus Panzerstahl.

Rot flackernde Alarmbeleuchtung.

Der glatzköpfige Mann, der einen weißen Overall trug und hinter einem großen Schaltpult stand, war der Herr über diese Anlage – doch in diesem Augenblick fühlte er sich ganz und gar nicht so. Schweißperlen hatten sich auf seinem kahlen Schädel gebildet, und seine Hand, die den Telefonhörer hielt, zitterte.

»Was wollen Sie?«, bellte eine Frauenstimme aus dem Hörer, unter der der Kahle zusammenzuckte wie unter Schlägen.

»E-es hat einen Zwischenfall gegeben«, gestand er stockend.

»Welcher Art?«

Der Kahlkopf zögerte mit der Antwort. »Ein Code Rot«, gestand er schließlich. »Einer unserer Schützlinge ... ist entkommen.«

»Wer?«, wollte die Frau wissen.

»Nummer 13«, flüsterte der Kahle.

»Ich verstehe.« Aus dem Hörer drang etwas, das sich wie das Zischeln einer Schlange anhörte. »Worauf warten Sie dann noch? Fangen Sie ihn wieder ein!«

»Das ... dürfte schwierig werden.«

»Weshalb?«

»Nun«, versicherte der Kahle, »natürlich haben wir sofort Alarm gegeben und alle nur denkbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Aber ich fürchte, dass ... dass ...«

»Ja?«, hakte die Frau nach.

»... dass Nummer 13 möglicherweise Hilfe hatte«, brachte der Kahlkopf den Satz widerstrebend zu Ende.

»Wie ist das möglich? Wurden nicht alle Mitarbeiter einer genauen Überprüfung unterzogen?«

»Durchaus, Mylady«, versuchte der Kahle zu beschwichtigen. »Ich befürchte nur, dass die betreffende Hilfe nicht von innerhalb kam, sondern von außerhalb ...«

»Von außerhalb?« Aus dem Zischeln der Schlange wurde das Gebrüll einer Tigerin. »Und Sie wagen es, mir das so einfach mitzuteilen, noch dazu mitten in der Nacht? Haben Sie den Verstand verloren?«

Der Glatzkopf zitterte noch mehr. »Bitte, Mylady! Was hätte ich tun sollen?«

»Ihre Arbeit sollen Sie tun, Sie Schwachkopf! Wenn Sie dazu nicht in der Lage sind, werde ich jemanden schicken, der den Job an Ihrer Stelle erledigt. Aber Sie, Doktor, werden dann nicht mehr am Leben sein. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«

»Durchaus, Mylady, durchaus«, versicherte der Kahlkopf und verbeugte sich, als ob seine Auftraggeberin direkt vor ihm stände. »Bitte glauben Sie mir, dass ich alles Menschenmögliche unternehmen werde, um die Sicherheitslücke ausfindig zu machen und zu schließen. Und natürlich werde ich alles daransetzen, Nummer 13 zu finden, ehe er ...«

»Das will ich hoffen, Doktor«, fiel die Tigerin ihm ins Wort, »und zwar in Ihrem eigenen Interesse. Finden Sie den Flüchtigen und bringen Sie ihn mir – und es ist mir völlig egal, ob tot oder lebendig ...«

Kapitel 1
Ein böses Erwachen

Ligurische Küste, Italien
06.39 Uhr Ortszeit

Das Erste, was er hörte, war ein fernes Rauschen, und er wusste nicht, ob es Meeresrauschen war oder nur das Rauschen des Bluts in seinem Schädel.

Stöhnend kam er zu sich und schlug die Augen auf. Zu seiner eigenen Verblüffung stellte er fest, dass er bäuchlings auf dem Boden lag. Auf schmutzigen Holzbohlen, die so nach Fisch und Öl stanken, dass er schlagartig hellwach wurde und aufsprang.

Verwundert schaute er sich um. Soweit er es sagen konnte, befand er sich in einer Art Fischerhütte: Fässer, Eimer und Schwimmer lagen umher, zum Trocknen aufgehängte Netze hingen von der Decke. Und die Luft war voll beißendem Fischgeruch, der ihm fast den Magen umdrehte.

»W-wo bin ich?«

Die Frage war berechtigt, denn er wusste es nicht. Nicht nur seine Umgebung war ihm fremd, sondern auch der Klang seiner eigenen Stimme. Er konnte sich an nichts erinnern ...

Durch ein kleines Fenster mit dreckigem Glas war das Meer zu sehen, dazu ein schmaler Steg, an dem ein Motorboot vertäut lag. Damit war immerhin geklärt, woher das Rauschen kam – alle anderen Fragen blieben jedoch bestehen.

Und mit jedem Augenblick wurden es mehr.

Weder wusste er, wo er sich befand, noch wie er an diesen Ort gekommen war. Noch viel schlimmer jedoch war, dass er noch nicht einmal wusste, wer er war ...

Die Erkenntnis traf ihn wie ein Hammerschlag.

Er kannte seinen Namen nicht!

Verwirrt blickte er an sich herab, aber sein Körper und die Kleidung, die er trug – abgetragene Jeans und Chucks, dazu ein loses Hemd – kam ihm so fremd vor, dass es ihn schauderte. Seine Knie wurden weich, und er hatte Mühe, aufrecht stehen zu bleiben. An einem rostigen Nagel an der Wand hing ein fleckiger Spiegel, zu dem er benommen hinwankte. Das Gesicht, das ihm daraus entgegenblickte, gehörte einem Jungen von vielleicht sechzehn Jahren. Schmale Züge, kurze Nase, blaue Augen, dunkles Haar. Unterm Strich ganz sympathisch – aber gleichzeitig auch fremd.

»Wer bist du, Mann?«, fragte er den Typen im Spiegel. Eine Antwort bekam er natürlich nicht, dafür gewöhnte er sich allmählich an den Klang seiner Stimme.

Er kämpfte die Panik nieder, die ihn überkommen wollte, und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Zuallererst brauchte er mehr Informationen! Wenn er wissen wollte, wer er war, musste er nach Hinweisen suchen, und damit fing er am besten bei sich selber an. Er klopfte die Brusttaschen des Hemdes ab, die allerdings leer waren, und wollte anschließend die Hosentaschen durchsuchen. Dabei schob sich der lose Hemdärmel an seinem rechten Arm nach oben und entblößte etwas, das ihm einen heiseren Aufschrei entlockte.

»Scheiße, was ...?«

Es war ein Tattoo.

Eine Tätowierung auf seinem rechten Arm, das Symbol eines Drachens.

Seltsam ...

Er schüttelte verständnislos den Kopf, durchsuchte nun doch seine Hosentaschen – und wurde fündig. Einen Kugelschreiber, einen zusammengerollten 50 Euro-Schein sowie ein Streichholzbriefchen zog er daraus hervor. Der Beschriftung nach stammte Letzteres aus einem Hotel namens »L'Ambassadeur« in Monte Carlo, das ein ziemlich nobler Schuppen zu sein schien. Auf der Innenseite des Briefchens war eine Zahl notiert: 828.

In der Gesäßtasche steckte außerdem ein Zettel, auf dem ein Name notiert war.

Kyle Connor.

Der Junge zog die Nase kraus und überlegte. Der Name sagte ihm nichts, aber das hatte nicht viel zu bedeuten ...

Plötzlich hatte er eine Idee. Er griff nach dem Kugelschreiber und schrieb »Kyle Connor« auf den Zettel.

Das Ergebnis war verblüffend.

Die Handschrift stimmte überein!

»Mann«, keuchte er, atemlos über die Entdeckung. Was hatte das zu bedeuten? Er konnte sich nicht entsinnen, den Namen schon einmal aufgeschrieben zu haben, aber offenbar hatte er es trotzdem getan. Wozu? Um sich daran zu erinnern? War es etwa sein Name, der auf diesem Zettel stand ...?

Ein Geräusch von draußen unterbrach seinen Gedankengang. Ein Wagen schien sich zu nähern!

Rasch huschte er zum Fenster und spähte hinaus. Ein offener Jeep kam die Uferstraße herab. Zwei Männer hockten darin, die Sonnenbrillen und Lederjacken trugen und ziemlich fies aussahen. Im nächsten Moment bog der Wagen auch schon von der Straße ab und näherte sich der Hütte.

Kyle – vorausgesetzt, dass das sein Name war – wischte sich die Schweißperlen ab, die sich auf seiner Stirn gebildet hatten. Wer waren die Typen? Suchten sie nach ihm? Würde er nun endlich ein paar Antworten kriegen?

Der Jeep hielt an, und die Kerle stiegen aus. Sie sprachen einige Worte miteinander. Kyle war überrascht darüber, dass sie italienisch sprachen – noch ungleich mehr allerdings überraschte ihn, dass er jedes einzelne Wort davon verstand!

»In dieser Hütte muss er sein«, sagte der eine.

»Sehr gut«, entgegnete der andere, »fangen wir ihn wieder ein.«

»Und wenn er Probleme macht?«

»Dann machen wir kurzen Prozess ...«

Kyle zog scharf die Luft ein. Meinten diese Kerle etwa ihn? Gehetzt schaute er sich in der Hütte um, suchte nach einem Versteck – doch im nächsten Augenblick flog die Tür schon auf, und die beiden Lederjacken standen auf der Schwelle.

»Sieh an, Partner«, sagte der eine. »Wie's aussieht, haben wir gefunden, wonach wir suchen.«

»Ja«, stimmte der andere zu und grinste. »Wenn das mal nicht unser Kandidat ist ...«

»W-wer sind Sie?«, wollte Kyle wissen.

»Sehr witzig.« Das Grinsen verschwand schlagartig. »Nach allem, was du dir geleistet hast, solltest du unseren Humor nicht zu sehr strapazieren. Wir hatten ziemlichen Ärger deinetwegen.«

»Tut mir leid«, versicherte Kyle ohne echtes Bedauern.

»Und deshalb wirst du jetzt keine Dummheiten machen und mitkommen«, fügte der andere Kerl hinzu.

»Ich soll mitkommen? Wohin?«

Die beiden Lederjacken tauschten einen langen Blick.

»Ist das zu glauben, Luigi? Da sucht man die ganze Zeit nach der kleinen Ratte, und dann will sie sich nicht wieder einfangen lassen.«

»Wirklich kaum zu glauben, Roberto«, stimmte der andere zu. »Nur gut, dass man uns nicht verschaukeln kann ...«

Mit einer Handbewegung, die so selbstverständlich wirkte, als würde er das Licht anknipsen, griff der Italiener unter seine Jacke – und hielt plötzlich eine Pistole in der Hand!

Kyle ächzte entsetzt. »W-was soll das? Wollen Sie mich erschießen?«

»Wenn du uns keine andere Wahl lässt ...«

Das breite Grinsen kehrte ins sonnenbebrillte Gesicht des Killers zurück – und Kyle wusste, dass er etwas unternehmen musste. Sein Blick flog zum Deckenbalken hinauf, von dem eines der Fischernetze herabhing, und ohne auch nur ein weiteres Mal nachzudenken, handelte er.

Blitzschnell sprang er hoch, bekam die Maschen zu fassen und riss daran – und im nächsten Moment fiel das schwere Netz herab und begrub den einen Killer unter sich.

Der wurde von dem Gewicht zu Boden gerissen. Der andere – der mit der Waffe – reagierte blitzschnell und drehte sich weg, so dass das Netz ihn nur streifte. Und vor allem blieb der Arm mit der Pistole frei – und Kyle handelte erneut.

Mit einer Gewandtheit, die ihn selbst verblüffte, machte er eine Flugrolle über die Bodendielen, um schon in weniger als einer Sekunde wieder auf den Beinen zu stehen. Sein rechter Fuß flog hoch und traf den Killer genau am Handgelenk, worauf dieser die Pistole fallen ließ.

»Arrrgh!«, brüllte der Kerl erbost. »Du kleine Ratte ...«

Was er sonst noch sagte, bekam Kyle schon nicht mehr mit. Denn noch ehe sich der Killer bücken und seine Waffe wieder auflesen konnte, war Kyle bereits an ihm vorbei und durch die offene Tür nach draußen gerast. Das grelle Tageslicht blendete ihn, aber er rannte trotzdem weiter, den Steg hinab, wo das Boot vertäut lag.

Seine Beine flogen über die Bohlen des Holzstegs, die unter seinen Füßen dröhnten. Dann hatte er das Motorboot auch schon erreicht. Hastig sprang er hinein und löste die Leine. Dass er nicht das geringste Problem damit hatte, einen sorgsam geknüpften Seemannsknoten aufzubekommen, fiel ihm im Eifer des Augenblicks nicht einmal auf – denn inzwischen hatten sich seine Verfolger von dem Netz befreit und stürmten ebenfalls aus der Hütte, schallgedämpfte Pistolen im Anschlag.

»Stehenbleiben, du Ratte! Wirst du wohl ...?«

Kyle antwortete auf seine Weise – indem er am Starter des Außenborders riss. Tuckernd sprang der Motor an, genau im selben Moment, in dem die Waffen der Killer Blei spuckten.

Kyle zog den Kopf ein und gab Gas. Er spürte, wie die Kugeln der Killer durch die Morgenluft pflügten und ihn nur knapp verfehlten. Das Motorboot nahm Fahrt auf.

Steil hob sich der Bug aus dem Wasser und zerteilte die Wellen, und der Steg mit den Killern fiel rasch zurück – aber erst, als er sich auf dem offenen Meer befand und die Lederjacken zu winzigen Punkten geschrumpft waren, nahm Kyle die Hand vom Gashebel und gönnte sich ein Aufatmen.

Das Motorboot wurde langsamer, und wie die Wellen, die ringsum wogten, schwappten auch die Fragen in Kyles Kopf hin und her.