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Originalausgabe, 1. Auflage 2017
 
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Redaktion: Annett Stütze
Umschlaggestaltung: Verena Frensch
Umschlagabbildung: Carlo Krauß und Hannah Sartin
Layout, Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern
 
ISBN Print 978-3-86882-721-7
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86415-987-9
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86415-988-6
 
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Be the change you wish
to see in the world.

 

– Mahatma Gandhi –

Inhalt

Einleitung
Wie es dazu kam
Die Sache mit dem Müll
Recycling
Der erste Zero-Waste-Einkauf
Die Zero-Waste-Küche
das Zero-Waste-Bad
Schön und gesund
Wohnen und Leben
Müllfrei mit der ganzen Familie
Schenken und feiern
Müllfrei im Job
Urlaub
Urban Gardening
Reparieren
OHNE – der Laden
Wird alles gut?
Dank
Literatur
Internetseiten, die wir hilfreich finden und die uns inspirieren
Bildnachweis

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Wir sind Hannah und Carlo, und gemeinsam mit unseren zwei Töchtern leben wir Zero Waste. Genau genommen leben wir es nicht nur, wir lieben es auch. Doch was heißt das eigentlich? Übersetzt steht Zero Waste für »Null Müll«. Wir versuchen also, in unserem Alltag absolut keinen Müll zu produzieren. Falls du an dieser Stelle skeptisch wirst – es funktioniert wirklich!

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Im Grunde genommen geht es um eine Umstellung der eigenen Konsumgewohnheiten, und diese sollte vor allem eines sein: EINFACH, und zwar für dich! Jeder Mensch ist anders gestrickt, und jeder von uns hat andere Prioritäten und Vorlieben. Das Schöne an Zero Waste ist, dass es tausend verschiedene Wege gibt, zu einem müllfreien oder -reduzierten Alltag zu kommen. Wo du anfangen möchtest, bestimmst du ganz allein.

Die Null in Zero Waste kann einen verunsichern. Eine Bloggerkollegin hat ihren Blog »Near-O-Waste« getauft (also: Fast-O-Müll), was wir sehr passend finden, denn beim müllfreien Leben ist der Weg das Ziel. Wir alle wissen, dass es in unserer Gesellschaft echt schwierig ist, absolut keinen Müll zu verursachen, deshalb möchten wir an dieser Stelle den Druck rausnehmen, schließlich soll das Ganze ja Spaß machen. Die Umstellung auf einen müllfreien Alltag erfolgt in vielen kleinen Schritten, und jeder entscheidet selbst, wann er bereit ist, etwas aufzugeben oder auch nicht. Möglicherseise geht es euch an dieser Stelle ähnlich wie uns vor ein paar Jahren. Die Idee klingt ja schön und gut, aber wie um alles in der Welt soll das funktionieren?

Zero Waste – was ist das?

Es ist das Bewusstsein dafür, möglichst wenig oder am besten gar keinen Müll zu verursachen. Man setzt also auf nachhaltigen Konsum, nutzt nur, was man wirklich braucht, und hinterfragt Kaufentscheidungen.

Im Grunde ist es eine Lebenseinstellung – und zwar der Befreiung vom Konsum (und damit vom Erwerbszwang) hin zur Freiheit eines selbstbestimmten, möglichst autonomen Lebens.

Vielleicht lässt du in diesem Moment lange Supermarktgänge vor deinem inneren Auge Revue passieren. Null Müll bedeutet gleichzeitig auch Null Plastik, und das ist mittlerweile fast überall zu finden. Von der Zahnbürste bis hin zur Müsliverpackung oder der Wasserflasche. Was kann man dann noch kaufen? Oder besser: Wo und wie kauft man ein, wenn man Stoffe wie Plastik vermeiden möchte? Und was macht man, wenn man sich im Restaurant etwas zum Mitnehmen bestellt? Was in der Theorie nach einer fast unlösbaren Aufgabe klingt, ist in der Praxis ein durchaus umsetzbares Lebensmodell. Allein schon deshalb, weil nicht alles von heute auf morgen passieren muss.

Die Zero-Waste-Philosophie basiert auf den 5 Rs. Diese Grundpfeiler erleichtern den Einstieg in den Lifestyle und bieten eine gute Basis, um sich Stück für Stück umzustellen. Sie wurden durch Bea Johnson, eine in Amerika lebende Französin und Autorin des Buches Zero Waste Home, bekannt. Und hier sind sie:

RefuseVerweigern. Das klingt im ersten Moment radikal und ist es wahrscheinlich auch, doch wenn man sich ganz offen die Frage stellt »Brauche ich das wirklich?«, lautet die Antwort in den meisten Fällen »Nein«. Wir werden im Alltag oft dazu verführt, überflüssige Käufe zu tätigen. Angebote à la »2 zum Preis von 1« können nahezu unwiderstehlich wirken. Doch fast 50 Prozent der Dinge, die wir aus einem Impuls heraus kaufen, wandern schon nach kürzester Zeit wieder in den Müll. Und wenn man die Wertschöpfungskette vieler Konsumgüter hinterfragt, entsteht häufig von selbst der Wunsch, viele Dinge nicht mehr zu kaufen. Hilfreiche Fragen diesbezüglich könnten sein: Woher kommt dieses Produkt? Unter welchen Bedingungen wurde es produziert? War der Anbau für den Rohstoff nachhaltig gestaltet? Hat es eine lange Garantie? Lässt es sich reparieren? Und so weiter und so fort. Gleiches gilt auch für Gratisproben und sogenannte Give Aways. Es ist vollkommen in Ordnung diese abzulehnen. Vor allem wenn man schon im Vorfeld weiß, dass man etwas nicht braucht.

ReduceReduzieren. Hierbei geht es um eine allgemeine Bestandsaufnahme der eigenen Besitztümer. Bei genauerer Betrachtung ist man oftmals überrascht von der Fülle der Gegenstände, die sich über die Jahre im eigenen Haushalt angesammelt haben. Anstatt einer Käsereibe hat man oft drei in der Schublade, und eine davon funktioniert nicht mal mehr so recht. Warum an den Dingen festhalten? Benutzen wir doch ohnehin nur die eine. Die anderen beiden können verschenkt, auf dem Flohmarkt verkauft oder möglicherweise zu etwas anderem umfunktioniert werden.

Das bringt uns gleich zum nächsten Punkt Re-useWiederverwenden. Sich aller Gegenstände zu entledigen, wäre in vielen Fällen sicher nicht die ökologischste Variante. Vielleicht findet sich also eine neue Verwendung für diesen oder jenen Gegenstand? Wenn nicht im eigenen Haushalt, dann vielleicht in einem anderen. Stichwort Upcycling: Hierbei geht es darum, aus alten Dingen Neues zu schaffen. Anstatt unbenutzte Gegenstände dem Müllkreislauf zuzuführen, gibt man ihnen einen neuen Sinn.

Im Internet findet man auf vielen Seiten (z. B. unter http://www.weupcycle.com) viele Anregungen zu diesem Thema. Upcycler haben zudem herausgefunden, dass fast jeder Gegenstand – vom nicht mehr funktionsfähigen Toaster bis zum leeren Filzstift – bis zu fünfzig verschiedene Verwendungsmöglichkeiten hat.

Ein weiterer Aspekt des Wiederverwendens ist das Reparieren. Deine Oma hat dir noch beigebracht, wie man Socken stopft? Dann nichts wie los! Und anstatt defekte Geräte zu ersetzen, kann man erst Erkundigungen einholen, ob es nicht auch ein Ersatzteil für den defekten CD Player gibt oder ob es innerhalb der Garantieleistung möglich ist, Reparaturen durchführen zu lassen. Oder man schaut in einem Repair-Café vorbei.

Die positiven Nebenaspekte sind zahlreich: Man gibt kein Geld für ein neues Produkt aus, hat die Zeit gespart, in einem überfüllten Geschäft nach dem passenden Ersatz zu suchen, hat sein handwerkliches Können aufgefrischt und Ressourcen geschont. Und das Beste: Man fühlt sich wunderbar unabhängig.

Wiederverwendung oder besser Weiterverwenden greift übrigens nicht nur bei Gegenständen, sondern auch bei Lebensmitteln. In den folgenden Kapiteln teilen wir diesbezüglich unsere bewährtesten Tipps mit euch.

RecycleWiederverwerten. Entgegen der landläufigen Meinung können viele Wertstoffe nicht wirklich recycelt werden, der Energieaufwand ist meist hoch und die Recyclingquote, also der Anteil wiederverwerteter Rohstoffe, oftmals niedrig. Nur wenige Wertstoffe sind tatsächlich gut recycelbar, zum Beispiel Papier oder Glas. Manche Städte bieten zwar Mülltrennung an, haben aber gar keine Verwertungsanlagen vor Ort und führen die Materialen dann doch der Verbrennung zu. Recycling ist ein kniffliges Thema, bei dem es sich lohnt, genauer hinzusehen, auch ein Anruf bei den örtlichen Abfallwirtschaftsbetrieben kann viele Fragen klären.

RotKompostieren. Das Ziel unseres und wahrscheinlich aller Zero-Waste-­Haushalte wäre es, eines Tages nur noch kompostierbare Abfälle zu produzieren. Ein fast schon utopischer Gedanke, aber ein schöner. Tatsächlich macht Kompost den größten Anteil unseres noch anfallenden »Abfalls« aus. Obwohl wir ihn nicht gern Abfall nennen, denn Kompost schafft Grandioses, nämlich neues Leben. Die Möglichkeiten des Kompostierens sind vielfältig und auf einige gehen wir später im Buch noch ein.

Seit wir müllfrei leben, haben wir viel Neues dazugelernt, fühlen uns gesünder und gehen um einiges achtsamer durch unseren Alltag. Wie wir das machen und auf welche Hürden wir unterwegs gestoßen sind, möchten wir euch in den folgenden Kapiteln erzählen.

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Wir werden oft gefragt, was uns darauf gebracht hat, müllfrei zu leben. Dieser Prozess lässt sich nicht mit einem Satz zusammenfassen, aber eines ist sicher: Alles hat mit der Geburt unserer ersten Tochter angefangen.

Bis zum Tag von Emmas Geburt war uns unsere Umwelt alles andere als egal, aber die volle Wucht unserer Verantwortung wurde auf einen Schlag spürbar, als wir unser eigenes Kind zum ersten Mal in den Armen hielten. Nach uns kam jetzt nicht mehr irgendeine anonyme Generation, sondern es würden unsere Enkelkinder sein, die mit dem, was wir ihnen hinterließen, leben müssten. Klimawandel, Feinstaubalarm, riesige Müllteppiche im Meer, Gifte wie Chrom6 in Kleidung und hormonverändernde Weichmacher in unseren Nahrungsmitteln. Artikel über Schätzungen wie zum Beispiel die, dass es 2050 mehr Plastik als Fische im Meer geben würde. Oder die neueste Studie des WWF, dass bereits 2020 zwei Drittel aller jetzt lebenden Tierarten ausgestorben sein werden. Die Flut der Umweltprobleme schien an manchen Tagen kaum mehr zu ertragen. Der Wunsch, etwas zu ändern, wurde plötzlich zu einer drängenden Notwendigkeit. Entgegen des beliebten Spruchs »Think Big« tendierten wir zu »Think Small«. Wir wollten in erster Linie Veränderung in unserem kleinsten Umfeld frei nach dem Zitat von Gandhi: »Be the change you wish to see in the world.«

Es ging darum, Dinge umzusetzen, die wenig Aufwand und nur etwas mehr Achtsamkeit unsererseits erforderten. Der Mobilfunkvertrag bietet ein neues Handy an, obwohl das alte noch wunderbar funktioniert? Warum? Mit einem freundlichen »Nein, danke« kann man ein kleines Zeichen setzen, dass Aufmerksamkeiten dieser Art unnötig sind. Der Laptop ist kaputt und kann nicht mehr repariert werden? Dann gibt es die Möglichkeit, gut gepflegte Gebrauchtgeräte zu kaufen. Es sind oft Kleinigkeiten, mit denen man bereits Ressourcen schont.

Zuerst einmal haben wir versucht, uns daran zu erinnern, was unsere Eltern möglicherweise anders gemacht haben. Meine Mutter beispielsweise hat selbst Wolle gesponnen und daraus Pullover gestrickt, und mein Vater hat viele unserer liebsten Spielsachen selbst geschnitzt und gebaut. Der Anspruch, sich von der Konsumgesellschaft abzukoppeln und auf Plastik zu verzichten, war hier also schon vorhanden gewesen, bei Carlo war es ähnlich. Seine Mutter hat ein gutes Auge für Qualität und findet auf dem Flohmarkt immer wieder fantastische Schätze. Unsere Eltern haben uns somit also schon einen guten Start in ein Leben als bewusste Konsumenten gegeben. Trotzdem sind wir das nicht immer gewesen, und der Hauptgrund dafür war sicher oftmals Bequemlichkeit gepaart mit der Tatsache, dass wir hier in Deutschland in der unglaublich privilegierten Situation leben, uns mit vielen Thematiken, besonders jenen, die Müll betreffen, nicht auseinandersetzen zu müssen. Die Straßen sind sauber gefegt, die Mülltonnen werden regelmäßig geleert. Aus den Augen, aus dem Sinn.

Wir haben bio gekauft und waren oft auf dem Markt, wir haben viel Secondhand erstanden. Wir waren begeistert, wenn wir von Menschen lasen, die den Aussteigertraum lebten oder gänzlich ohne Plastik auskamen. Doch waren diese Selbstversuche wirklich nachahmbar? Ich erinnere mich daran, wie wir durch den Bioladen gegangen sind mit dem Hintergedanken, plastikfrei leben zu wollen, und an die vielen Fragen, die beim Anblick der zahlreichen Verpackungen in unseren Köpfen umherschwirrten. Wie soll das funktionieren? Auch die romantische Vorstellung davon auszusteigen, sich vollständig abzukoppeln und ein Selbstversorgerleben anzustreben, kam uns in den Sinn, unsere Kinder würden einen Großteil ihrer Zeit an der frischen Luft verbringen, viel über die Natur lernen und nur selbst angebautes Gemüse essen. Doch auch hier fragten wir uns, wovon wir dann unseren Lebensunterhalt bestreiten sollten. In unseren Breitengraden schien es uns schier unmöglich, das ganze Jahr über von selbst angebauten Erzeugnissen zu leben. Keiner dieser Lebensstile schien wirklich umsetzbar. Also machten wir weiter wie gehabt. Wir waren achtsam, aber kauften weiterhin regulär ein. Aus gesundheitlichen Gründen (Weichmacher) kauften wir zwar immer schon Milch und Joghurt und auch Sahne im Glas, aber wenn es den Früchtequark nur im Plastikeimerchen gab, dann war das eben so. Ließ sich nicht vermeiden, dachten wir zumindest.

Bea Johnson

Sie ist eine in Kalifornien lebende Französin, die gemeinsam mit ihrer Familie müllfrei lebt. Sie ist die Person, die den Zero-Waste-Lifestyle massiv verbreitet hat, sowohl über ihren Blog, ihr Buch Zero Waste Home als auch über die vielen Vorträge über das Thema, die sie überall auf der Welt hält.

Das änderte sich, als ich eines Tages im Internet auf die Geschichte von Bea Johnson stieß, die mit ihrer Familie ein müllfreies Leben führte. Nicht nur plastikfrei, nein, müllfrei. Den noch anfallenden Müll sammelte die Familie in einem Bügelglas. Der Jahresmüll einer vierköpfigen Familie passte in ein einen Liter großes Einmachglas. Ich fing an, mehr zu dem Thema zu recherchieren, und mit jedem weiteren Artikel, Selbstversuch und Blog wuchs meine Begeisterung. Als ich Carlo davon erzählte, reagierte er zunächst ungläubig, doch mit der Zeit hatte er immer mehr Ideen und Vorschläge, was man ändern könnte und wie man dabei vorgehen könnte.

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In diesem Jahr wurde unsere zweite Tochter Holly geboren, sie kam zu Hause auf die Welt. Jeder, der sich schon mal auf eine geplante Hausgeburt vorbereitet hat, weiß, wie viele Widerstände einem begegnen können. Doch gleichzeitig hat uns dieses Erlebnis als Familie geprägt. Wir waren mit unseren Entscheidungen im Einklang und hatten gelernt, dass wir unserem Bauchgefühl vertrauen konnten, auch wenn wir Gegenwind erhielten. Um es auf den Punkt zu bringen, wir waren um einiges selbstbewusster geworden, was unsere Entscheidungen anbelangte. Als der Restbestand von Emmas Neugeborenen-Windeln (wir hatten sie in einem Karton aufgehoben) aufgebraucht war, besorgten wir mitwachsende Stoffwindeln für Holly. Zu Hause hatten wir ohnehin nie Feuchttücher benutzt, und unterwegs gab es nun mehr Baumwolltücher und Wasser. Was hatte uns also so lange aufgehalten, unser Verhalten zu ändern? Rückblickend wissen wir, dass es hauptsächlich damit zu tun hatte, dass all unsere Gedanken zu theoretisch waren. Verkopft, wie wir waren, schienen die Lösungen nicht schlüssig. Dabei war es im Grunde genommen so einfach. Wir mussten nur damit anfangen, etwas zu ändern! Einen Startpunkt ­setzen!

Die vormals erwähnte Französin, Bea Johnson, war unsere stärkste Inspiration, sie ist die Ikone der Bewegung, und ich verschlang ihr 2013 erschienenes Buch Zero Waste Home und fühlte mich am Ende der Lektüre hoch motiviert. Wenn es in Amerika funktionierte, so konsequent zu leben, dann musste es doch im so umweltfreundlichen Deutschland erst recht gehen.

Ihr könnt euch vorstellen, wie überrascht wir waren, als wir im Zuge unserer Recherchen erfuhren, dass wir Deutschen tatsächlich unter den Europameistern im Müllproduzieren sind. Mit einer durchschnittlichen Gesamtmenge von 618 Kilogramm pro Kopf belegen wir den vierten Platz. Davon machen Verpackungen ganze 213 Kilogramm aus. Damit wollten wir nichts mehr zu tun haben.

Ein paar Fakten im Überblick

In Europa produzieren nur drei andere Länder noch mehr Müll pro Person und Jahr als wir. 774 Kilogramm Abfälle gehen auf die Kappe der Dänen, ihnen folgen die Luxemburger mit 653 Kilogramm, und die Einwohner von Zypern schaffen es auf 624 Kilogramm. Auf den unteren Rängen rangieren die Rumänen (272 Kilogramm) und die Esten (293 Kilogramm), die deutlich niedrigeren Zahlen zeigen, dass es auch anders gehen könnte.

Coffee-to-Go, weil man seinen Becher vergessen hatte, oder auch die Süßigkeiten an der Supermarktkasse gehörten für uns von nun an der Vergangenheit an. Wir waren bereit, dem Müll den Kampf anzusagen, und legten los: mit einem Konsumstopp.

Wir kauften einfach nichts mehr. Das heißt nichts, was wir nicht unbedingt zum Leben brauchten, wie etwa frisches Obst und Gemüse etc. Die Zeit, die wir durch die nicht mehr nötigen Einkäufe sparten, verbrachten wir nun mit einer eingehenden Bestandsaufnahme. Erster Halt war die Küche. Nachdem wir all unsere Vorräte im Speiseregal in Augenschein genommen hatten, beschlossen wir, diese erst zu verbrauchen, bevor neue, unverpackte Lebensmittel Einzug halten durften. Das hat eine angenehme Abwechslung in unseren Speiseplan gebracht, denn wenn man nur mit den Dingen kocht, die man bereits im Haus hat, muss man mitunter kreativ sein. Bis zu diesem Zeitpunkt wussten wir z. B. nicht, dass wir mit unserem Risotto-Reis ebenso gut Milchreis kochen konnten.

Diese Zeit hat uns sehr viel Spaß gemacht, vor allem, weil viele Dinge plötzlich so unkompliziert waren. Wenn es etwas nicht gab, dann war es einfach so, und die Herausforderung, einen passenden Ersatz selbst herzustellen aus dem, was gerade verfügbar war, nahmen wir immer wieder gerne an. Auch sämtliche Küchengerätschaften, Aufbewahrungsmöglichkeiten und Geschirr wurden noch mal unter die Lupe genommen. Was brauchten wir wirklich, und wie viel braucht man wovon? Alles, was nicht mehr funktionierte oder nie benutzt wurde, flog gnadenlos raus.

Eine weitere Herausforderung bestand darin, alle aussortierten Gegenstände weiterzugeben, denn sie wegzuwerfen hätte nicht den Grundsätzen unserer neuen Philosophie entsprochen. Die Gegenstände, die wir nicht weitergeben konnten, packten wir in eine Flohmarktkiste, um sie zu gegebener Zeit zu verkaufen. Unsere Schritte waren also Innehalten, Bestandsaufnahme und anschließendes Minimieren unserer Habseligkeiten.