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Über dieses Buch:

In Neukirchen herrscht große Aufregung: Das Testament von Paul Sandner ist eröffnet worden und er hat den Hof seinem 25-jährigen Neffen Franz Gerber vermacht. Doch der kommt aus der Stadt! Die Dorfbewohner stehen Franz misstrauisch und ablehnend gegenüber – ein Städter soll den Hof bewirtschaften? Vor allem Jungbauer Gustl Hübner macht ihm das Leben schwer. Als sich Franz dann auch noch in die schöne Anna verliebt, ist die Katastrophe vorprogrammiert: denn sie ist Gustls Verlobte ...

Über die Autorin:

Christa Moosleitner, geboren 1957, schreibt seit 20 Jahren Romane in den unterschiedlichsten Genres. Sie lebt und arbeitet in Hessen. Bei dotbooks erscheinen ihre folgenden Heimatglück-Romane: „In der Stunde der Gefahr“ / „Ein Sommer in den Bergen“ / „Dunkle Wolken über dem Richterhof“ / „Rückkehr nach Liebenau“ /„Schicksalhafte Entscheidungen“ / „Die Söhne der Familie Stadler“ / „Geh, wohin dein Herz dich führt“/ „Zwei Herzen finden zueinander“ / „Die Tochter des Försters“ / „Nur einem schenkte sie ihr Herz“ / „Der weite Weg ins Glück“ / „Sein schicksalhafter Weg“ / „Stefanies Geheimnis“ / „Jagd ins Glück“ / „Ich schenke dir mein Herz“. Weitere Heimatglück-Romane folgen.

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Neuausgabe September 2014

Dieses Buch erschien bereits 1985 unter dem Titel Der Erbe vom Sandnerhof bei Martin Kelter Verlag (GmbH & Co. ), Hamburg

Copyright © der Originalausgabe 1985 Martin Kelter Verlag (GmbH & Co. ), Hamburg

Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen, unter Verwendung eines Motiv von thinkstockphotos, München

ISBN 978-3-95520-738-0

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Christa Moosleitner

Das Erbe vom Sandnerhof

Ein Heimatglück-Roman

dotbooks.

1

»Sepp, wo steckst du denn nur?« erklang die ungeduldige Stimme vom Buchner Alois, dessen Blicke über den Hof schweiften und Ausschau nach dem alten Knecht hielten. »Sepp, hörst mich?«

»Kruzifix!« erklang es drüben aus dem Stall. Augenblicke später tauchte dann der alte Knecht drüben in der Türe auf. Jetzt erkannte er den Buchner, der ein ganz aufgeregtes Gesicht machte.

»Was hast denn, Buchner?« erkundigte er sich bei ihm. »Siehst ja so aus, als wenn es ganz wichtige Neuigkeiten gäb ...«

»Das kannst aber glauben«, sagte der Buchner. »Ich bin sofort gekommen, als ich es gehört hab. Weil es doch schließlich den Hof und damit auch dich betrifft.«

Sepp runzelte unwillkürlich die Stirn, als er den Buchner so reden hörte. Er stellte die Mistgabel beiseite, weil er ahnte, daß er jetzt sowieso nicht dazu kam, mit dem Ausmisten weiterzumachen. So wie der Buchner dreinschaute, brachte er keine gute Nachricht.

»Ich hab's vom Bürgermeister gehört«, stieß der Buchner jetzt aufgeregt hervor. »Gerade eben. Das Testament vom Sandner ist eröffnet worden. Und rat mal, was da dringestanden hat, Sepp!«

»Woher soll ich das denn wissen?« gab der Knecht zurück, ahnte aber schon, daß das, was er gleich zu hören bekam, sicherlich nicht angenehm war. Sonst hätte der Buchner nicht so aufgeregt getan. »Nun red schon, Alois!«

»Einem aus der Stadt hat er den Hof vermacht, Sepp!« erzählte der Buchner. »Stell dir doch mal vor, was das bedeutet. Ich will zwar nix gegen den alten Bauern sagen – Gott beschütze seine arme Seele – aber das ist doch net richtig gewesen. Gut, er war zwar net verheiratet und ein alter Griesgram dazu. Das weißt ja selbst. Aber einen aus der Stadt als Erben einsetzen – selbst wenn es ein Verwandter ist – das kann doch net gutgehen. Meinst net auch?«

Sepp sagte erst einmal gar nichts, sondern mußte begreifen, was er da gerade zu hören bekommen hatte. Das waren wirklich keine guten Nachrichten. Wenn einer aus der Stadt auf den Hof kam, dann war es nur noch eine Frage der Zeit, bis es mit dem Sandnerhof zu Ende ging. Da konnte sich Sepp dann noch so sehr anstrengen, und das, obwohl er schon nicht mehr der Jüngste war.

»Und was geschieht jetzt?« fragte Sepp, der sich natürlich große Sorgen um den Hof machte.

»Na was wohl!« entgegnete der Buchner. »Der Bürgermeister muß den Erben anschreiben und ihm alles sagen, was ihn hier erwartet. Bleibt ihm gar nix anderes übrig, Sepp. Das ist seine Pflicht. Wir können also nur abwarten und hoffen.«

»Du magst recht haben, Alois«, sagte der Knecht und seufzte. Unwillkürlich schweiften seine Blicke über das Haus und die Stallungen, wo er lange Jahre seines Lebens verbracht hatte. Im Grunde genommen war er schon hier zu Hause, so viel verband ihn mit den Geschicken des Hofes. Noch konnte er sich nicht vorstellen, daß all das vielleicht einmal ein Ende haben sollte. Und dann mußte er auf seine alten Tage womöglich noch zusehen, wo er blieb. Nicht gerade ein ermutigendes Schicksal! Schließlich hatte er sich all die Jahre über buchstäblich für den Hof aufgeopfert. Der alte Sandner hatte das gewußt. Aber dem Erben mußte man so etwas erst einmal klarmachen. Und da er dazu noch aus der Stadt kam, würde das ganz gewiß nicht leicht werden.

»Danke, daß du mir das gesagt hast, Alois«, wandte er sich dann wieder an den Buchner und griff wieder nach der Mistgabel. Was der Buchner natürlich stirnrunzelnd zur Kenntnis nahm. »Und jetzt will ich wieder in den Stall gehen. Auch wenn ich mir jetzt so meine Gedanken mach – die Arbeit muß trotzdem getan werden ...«

Er verabschiedete sich vom Buchner, wandte sich ab und ging mit schlurfenden Schritten zurück in den Stall. Der Buchner sah ihm mit angespannter Miene nach, als auch er sich schließlich zum Gehen wandte.

Der alte Knecht hatte es ganz gewiß nicht leicht jetzt. Vor allem, weil der Sandner so plötzlich gestorben war. Nun überstürzten sich natürlich die Ereignisse, und jeder in Neukirchen fragte sich, wie es wohl weitergehen sollte. Erst recht, wo nun bekannt war, daß einer aus der Stadt der Erbe vorn Sandnerhof sein sollte.

Das geht nie im Leben gut, dachte der Buchner und ging zurück ins Dorf. Einer aus der Stadt wird sich nie hier eingewöhnen ... Und für den alten Knecht bedeutete das, daß es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er den Hof verlassen mußte. Und das war bitter nach all den Jahren ...

2

Schwarzer Qualm stieg aus dem Auspuff, als der alte Überlandbus auf dem Marktplatz von Neukirchen zum Stehen kam. Von den wenigen Fahrgästen machte sich nur ein einziger zum Aussteigen bereit. Ein junger, aber kräftiger Bursche von fünfundzwanzig Jahren, der sich jetzt abmühte, seinen schweren Koffer aus dem Gepäcknetz zu holen, während er mit gemischten Gefühlen aus dem Fenster blickte.

Er hieß Franz Gerber und hatte bis vor wenigen Tagen noch nicht geahnt, daß sein Onkel Paul ihn als Erbe eingesetzt hatte. Ausgerechnet Onkel Paul, den er in seinem Leben vielleicht dreimal gesehen hatte und ihn kaum noch in Erinnerung hatte. Nur ein einziges Mal war er mit seiner Mutter in Neukirchen gewesen, um den eigenbrötlerischen Onkel auf seinem Hof zu besuchen, und das war schon mehr als zehn Jahre her, so daß sich Franz kaum noch richtig daran erinnern konnte. Und das Schicksal hatte ausgerechnet ihn auserwählt, um diesen Hof zu erben.

Ganz gewiß keine leichte Aufgabe für ihn. Trotzdem war Franz seinem verstorbenen Onkel dafür dankbar, denn die Enge der Stadt und der Arbeitsplatz in der schmutzigen Fabrik hatten ihm nie so besonders behagt. Nun bot sich eine Chance für ihn, das zu ändern. Und Franz war bereit, sein Glück zu versuchen.

Er nahm seinen Koffer und verließ den Bus. Während der Bus dann weiterfuhr, blieb er erst einmal stehen und schaute sich auf dem Marktplatz um. Die Sonne schien, und kein einziges Wölkchen zeigte sich am Himmel. Die schneebedeckten Gipfel der östlichen Alpen schienen zum Greifen nahe. Alles in allem eine sehr idyllische Landschaft, die sehr auf Franz wirkte. Hier würde er sich bestimmt wohler fühlen als in der Stadt – da war er sich ganz sicher!

Frohen Mutes hob er den Koffer und blickte sich suchend um. Zuerst einmal mußte der Bürgermeister aufgesucht werden, denn der hatte ihm ja auch geschrieben.

Was für ein Glück, daß sich gerade eine Haustür öffnete und eine ältere Frau mit einer Schüssel in der Hand heraustrat, die sie jetzt auf dem Hof auszuschütten begann. Sie war damit beschäftigt, daß sie Franz erst wahrnahm, als er schon fast vor ihr stand.

»Grüß Gott«, sagte Franz mit freundlicher Stimme. »Ich möcht zum Bürgermeister Schuster. Können's mir vielleicht sagen, wo ich da hin muß?«

Die Frau erwiderte erst einmal gar nichts, sondern blickte ihn überaus neugierig und mißtrauisch an. Natürlich sah man Franz auch an seiner Kleidung an, daß er nicht aus dieser Gegend kam. Aber daß man ihn deswegen so mißtrauisch ansah, erstaunte ihn doch.

»Was wollens denn vom Bürgermeister?« fragte die Frau statt dessen.

Auch das noch, stöhnte Franz, beschloß aber, seinen guten Willen zu zeigen und gab der Frau bereitwillig Auskunft darüber, wie er hieß, und was ihn nach Neukirchen geführt hatte. Seltsamerweise bezweckte er damit aber genau das Gegenteil, denn die Frau sah ihn nun ganz erschrocken an.

»Das letzte Haus da die Straße entlang!« sagte sie und wandte sich rasch ab, so als habe sie gerade festgestellt, daß Franz eine ansteckende Krankheit besaß. Sie lief zurück ins Haus und schlug die Tür hinter sich zu.

Während Franz kopfschüttelnd seinen Koffer aufhob und die Straße hinunterging, war er sich der Tatsache bewußt, daß die Frau ihn wahrscheinlich hinter den Gardinen beobachtete. Warum nur? Schließlich war er doch kein Verbrecher, sondern statt dessen der neue Erbe vom Sandnerhof. Und da war doch ganz gewiß nichts Anrüchiges dran!

Er vergaß diesen kurzen Zwischenfall aber dann, als er vor dem Haus des Bürgermeisters stehenblieb und es dann nach kurzem Anklopfen betrat. Augenblicke später stand er einem untersetzten bärtigen Mann gegenüber, dem er sich vorstellte.

»Grüß Gott«, sagte nun auch der Bürgermeister und reichte ihm die Hand. »Willkommen in Neukirchen, Herr Gerber. Ich muß schon sagen – ganz so jung habe ich mir den Erben aber net vorgestellt.«

»Macht's vielleicht was aus?« stellte Franz die Gegenfrage und wunderte sich über das Verhalten des Bürgermeisters. »Ich bin alt genug, um arbeiten zu können, oder?«

»Ja, ja«, sagte der Bürgermeister Schuster daraufhin. »War ja net so gemeint. Wollen wir dann gleich zum Hof gehen?«

»Das wäre mir schon recht«, antwortete Franz, denn er wollte so schnell wie möglich den Hof begutachten. Schließlich würde das ja von nun an sein Zuhause sein. Und je eher er sich mit den hiesigen Verhältnissen vertraut machte, um so früher konnte er sich darauf einstellen.

3

»Wir haben den Sandner stets im Dorf geachtet«, schilderte der Bürgermeister Franz auf dem Weg zum Hof. »Zwar hat er schon seinen Dickkopf gehabt, aber wir sind mit ihm ausgekommen. Schließlich ist er ja einer von uns gewesen ...«

Mit den letzten Worten wollte der Bürgermeister wohl zum Ausdruck bringen, daß es eine besondere Ehre war, zu der Dorfgemeinschaft zu gehören, und daß da nicht jeder aufgenommen wurde. Auch gut, Franz dachte sich seinen Teil. Natürlich konnte er den Bürgermeister verstehen. Der war genauso mißtrauisch ihm gegenüber wie wahrscheinlich jeder im Dorf. Vielleicht legte sich das aber noch, wenn er erst länger hier war.

Zehn Minuten später sah Franz dann den Hof. Obwohl er schon sehr lange nicht mehr hiergewesen war, konnte er sich doch noch an, einiges erinnern, was in seinem Gedächtnis haftengeblieben war. Seine Aufregung wuchs, als er an der Seite des Bürgermeisters sich den Gebäuden näherte, die allesamt gut in Schuß waren. Man konnte sofort sehen, daß hier jemand ständig Hand angelegt hatte. Wie es sich eben für einen tüchtigen Bauern gehörte.

»Da drüben ist Sepp Vollmer, der Knecht vom Sandner«, sagte der Bürgermeister und wies auf einen älteren graubärtigen Mann, der gerade das Haus verließ und zu den Stallungen hinübergehen wollte. Als er sah, daß sich Besuch näherte, blieb er natürlich stehen und wartete ab.

»Der Onkel hat einen Knecht gehabt?« entfuhr es dem überraschten Franz. »Davon habens mir ja gar nix geschrieben, Herr Bürgermeister ...«

»Weshalb hätt ich das denn tun sollen?« entgegnete dieser achselzuckend. »Ein Knecht gehört zu einem Hof wie das Vieh und das restliche Inventar. Das hättest dir doch denken können, Bub.«

Unvermittelt redete er Franz im vertrauten Ton an, um ihm zu zeigen, daß er im Grunde genommen noch ziemlich grün hinter den Ohren war.

Franz merkte das, schwieg aber, obwohl er sich über den beißenden Ton des Bürgermeisters ärgerte. Die mußten ihn hier ja für einen ausgemachten Trottel halten. Höchste Zeit, daß er ihnen bewies, daß dem nicht so war.

»Sepp, komm doch mal her!« rief der Bürgermeister jetzt dem Knecht zu. »Ich bring dir hier deinen neuen Herrn. Das hier ist der Gerber Franz. Der Sandner war sein Onkel, verstehst?«

Franz fühlte gleich, wie er von den Augen des erfahrenen Mannes gemustert und sicherlich sofort eingestuft wurde. Nicht gerade zu seinem Vorteil, das war ihm klar. Aber auch diese Schwelle mußte Franz so schnell wie möglich überwinden, wie so vieles andere auch noch.

»Grüß Gott, Herr Vollmer«, sagte Franz dann freundlich und wollte dem Knecht die Hand reichen.

»Ach geht« schnaufte der Knecht. »Ich bin kein Herr Vollmer – ich bin der Sepp, sonst nix.«

Auch das noch – wie man es anfaßte, es war immer falsch. Franz hatte sich nun wirklich Mühe geben wollen, und dann trat er wieder unbewußt ins Fettnäpfchen. Sein erster Kontakt fiel ja wirklich mehr als schlecht aus!

»Ich laß euch beide jetzt allein, Sepp«, meldete sich nun der Bürgermeister zu Wort, der wohl schon die ganze Zeit auf eine passende Gelegenheit gewartet hatte, um sich aus dem Staub zu machen. »Kannst ihm ja dann den Hof zeigen, Sepp. Also bis auf bald, alter Freund!«

Er ging schleunigst davon, bevor Sepp ihm noch etwas sagen konnte. Nun standen sich die beiden schweigend gegenüber, und keiner wußte so recht, wie er sich dem anderen gegenüber verhalten sollte.

»Ich glaub, ich schau mir dann mal das Haus an«, sagte Franz schließlich und blickte hinüber zum alten Haus.

»Ich hab noch im Stall zu tun«, sagte der Knecht knapp und wandte sich ab. Aber vom Stall aus schaute er dem Buben hinterher, wie dieser das Haus betrat und dann in der Tür verschwand.

»Gütiger Himmel!« schnaufte der alte Knecht. »Das wird ja was Schönes werden ...«

4

»Sepp?«

Noch ein wenig zögernd blieb Franz im Eingang zum Stall stehen und spähte umher. Er konnte den Knecht nicht gleich ausmachen, weil dieser gerade so sehr mit dem Melken der Kühe beschäftigt gewesen war, so daß er ihn gar nicht gehört hatte. Erst jetzt hielt er in seiner Arbeit inne und schaute nach drüben zum Eingang.

»Was ist denn?« fragte er mürrisch. »Ich hab noch viel zu tun. Die Kühe müssen gemolken werden und ...«

»Ich möcht auch was tun«, sagte Franz und kam nun auf ihn zu. »Sepp, ich weiß, daß ich so gut wie keine Erfahrung mit der Landwirtschaft hab, aber irgendwann muß ich es ja lernen, oder? Wir beide müssen uns wohl oder übel zusammenraufen, um den Hof weiter zu erhalten. Also von wem kann denn sonst die Erfahrung kommen, wenn net von einem erfahrenen Knecht?«

»Na, dann auf geht's!« schlug Sepp vor und erhob sich sofort vom Melkschemel. Er deutete auf den freien Platz. »Bitte schön – die Kühe warten schon auf eine kräftige Hand.«

Franz nickte und nahm auf dem wackligen Schemel Platz, der aber sein Gewicht hielt. Unter dem Euter der Kuh stand ein Eimer, der schon halb voll war. Franz wußte, daß ihn der Knecht jetzt besonders beobachtete. Also mußte er notgedrungen sein Bestes geben.

Er machte sich am Euter zu schaffen und versuchte die Kuh zu melken. Das war aber doch nicht so leicht, wie es bei Sepp ausgesehen hatte. Franz konnte sich abmühen, wie er wollte, aber es kam einfach keine Milch heraus. Langsam wurde die Kuh unruhig und schaute schon zu Franz herüber. Wahrscheinlich schien sie sich zu fragen, warum er nicht endlich mit dem Melken begann.

»Ach geh!« schimpfte der Knecht und trat auf Franz zu. »Schau her – so mußt das machen!«

Er melkte an Franz' Stelle weiter und zeigte ihm, wie er die Handgriffe anzusetzen hatte. Franz begriff schnell und tat es ihm nach – natürlich nicht mit einem so großen Erfolg. Aber immerhin kam wenigstens Milch zum Vorschein, und das war schon ein ganz brauchbares Ergebnis.

Trotzdem schaute Sepp immer noch mißtrauisch herüber zu Franz, weil er sich wohl Sorgen machte, daß Franz mit seinen ungeschickten Bewegungen womöglich noch die Kuh zum Verzweifeln brachte.

5