VVorwort zur 7. Auflage

Das bewährte Grundlagenwerk wurde für die 6. Auflage gründlich überarbeitet und den aktuellen Erfordernissen eines Studiums angepasst. Die 7. Auflage ist durchgesehen und, sofern erforderlich, aktualisiert.

Damit liegt nach wie vor ein kompaktes Buch vor, das alle wesentlichen Aspekte der Materie mit Theorie und Praxisbeispielen näherbringt.

Worms, im Herbst 2017

Germann Jossé

Vorwort zur 1. Auflage

In Zeiten eines zunehmenden Wettbewerbsdrucks müssen Unternehmen zu marktfähigen Preisen anbieten und – im Sinne eines Controlling – Kosten planen und überwachen. Deshalb werden vertiefte Kenntnisse über Kosten verlangt, über deren Zusammensetzung und Wirkung.

Das vorliegende Buch richtet sich an Studenten und Praktiker. Es verdeutlicht Hintergründe, erklärt unterschiedliche Verfahren mit Zahlenbeispielen und zeigt Probleme auf – kurz: das „Basiswissen Kostenrechnung“ wird Schritt für Schritt umfassend dargestellt.

Nach einer Einführung werden die Kostenartenrechnung und die Kostenstellenrechnung ausführlich behandelt, die beide Grundlage unterschiedlicher Kostenrechnungssysteme sind. Darauf bauen die Kostenträgerrechnung mit Vollkosten auf sowie die verschiedenen Formen der Deckungsbeitragsrechnung.

Wesentliche Bedeutung in der Praxis haben auch die (Grenz-) Plankostenrechnung sowie neuere Ansätze im Kostenmanagement, wie z.B. die Zielkostenrechnung und die Prozesskostenrechnung.

VIEin umfangreiches Glossar (mit Querverweisen) rundet die umfassende Aufbereitung des Themas ab. Das Stichwortverzeichnis am Ende des Buches dient der raschen Orientierung.

Mit diesem Buch wünschen wir dem Leser einen zuverlässigen Helfer, der bei vielfältigen Kostenproblemen in Theorie und Praxis stets zur Seite steht.

Worms, im Frühjahr 1998

Germann Jossé

XIIIAbkürzungsverzeichnis

a.a.O.

am angegebenen Ort

AB

Anfangsbestand

AO

Abgabenordnung

B

Beschäftigung

BAB

Betriebsabrechnungsbogen

BE

Betriebsergebnis

BEP

Break-Even-Point (Gewinnschwelle)

BGA

Betriebs- und Geschäftsausstattung

Bi

Istbeschäftigung

BP

Planbeschäftigung

Δ

Abweichung

DB

Deckungsbeitrag

db

Deckungsbeitrag je Stück oder Leistungseinheit

E

Erlöse

e

Stückerlös

EK

Einzelkosten

EStG

Einkommensteuergesetz

F

Fertigung

FB

Fertigungsbereich

FEK

Fertigungseinzelkosten

FGK

Fertigungsgemeinkosten

FK

Fremdkapital

FuE

Forschung und Entwicklung

G

Gewinn

GK

Gemeinkosten

GKR

Gemeinschaftskontenrahmen der Industrie

GoB

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

GuV

Gewinn- und Verlustrechnung

HGB

Handelsgesetzbuch

HK

Herstellkosten

HKU

Herstellkosten des Umsatzes

i

Ist-

i.e.S.

im engeren Sinn

XIVIKR

Industriekontenrahmen

IuK

Informations- und Kommunikations- technologien

i.w.S.

im weiteren Sinn

K

Gesamte Kosten

k

Stückkosten; Durchschnittskosten

k’

Grenzkosten

KER

Kurzfristige Erfolgsrechnung

Kf

fixe Kosten (gesamt)

kf

fixe Kosten je Stück oder Leistungseinheit

kH

Herstellkosten je Stück

ki

Istkosten (je Stück)

KLR

Kosten- und Leistungsrechnung

kP

Plankosten (je Stück)

krp

Kostenrechnungspraxis

KS

Kostenstelle

Kv

variable Kosten (gesamt)

kv

variable Kosten je Stück oder Leistungseinheit

kVV

Verwaltungs- und Vertriebskosten je Stück

lmi

leistungsmengeninduziert

lmn

leistungsmengenneutral

M

Material

MEK

Materialeinzelkosten

MGK

Materialgemeinkosten

m.a.W.

mit anderen Worten

P

Plan(-kosten)

p

Stückpreis

PKR

Plankostenrechnung

PKS

Prozesskostensatz

q

Verrechnungspreis

r

Produktionsfaktor (-menge)

Summe

SB

Schlussbestand

SEK

Sondereinzelkosten

TP

Teilprozess

V

Vorkostenstelle

XVVK

Vorlaufkosten

VS

Verrechnungssatz

Vt

Vertrieb

VtGK

Vertriebsgemeinkosten

Vw

Verwaltung

VwGK

Verwaltungsgemeinkosten

x

Ausbringungsmenge

xA

abgesetzte Menge

xkm

kritische Menge (Break-Even-Menge)

xP

produzierte Menge

1 1. Kapitel
 
Grundlagen

1.1 Stellung und Aufgaben der Kostenrechnung innerhalb des betrieblichen Rechnungswesens

Im Mittelpunkt unternehmerischer Tätigkeit steht der Prozess der betrieblichen Leistungserstellung und Leistungsverwertung: verschiedene Produktionsfaktoren werden miteinander kombiniert, um neue Produkte zu schaffen. Dadurch fällt in der Beschaffung, der Produktion und dem Absatz von Gütern und Dienstleistungen1 eine Vielzahl von Güter- und Geldströmen an.

Aufgabe des betrieblichen Rechnungswesens ist es, diese zu

1.1.1 Aufgaben

Aus der generellen Aufgabe des betrieblichen Rechnungswesens lassen sich folgende Detailaufgaben ableiten:

Die Dokumentation ist zum einen nach außen gerichtet und muss deshalb gesetzlichen Anforderungen genügen (z.B. die Jahresbilanz; GoB). Zum anderen dient sie rein internen Zwecken (z.B. unterjähriger Abschluss oder Kalkulation von Preisen).

Im Einzelnen soll das Rechnungswesen:

1.1.2 Teilgebiete

Damit die Unternehmungsleitung Entscheidungen treffen kann (Disposition als Aufgabe des dispositiven Produktionsfaktors), benötigt sie eine Reihe von Verfahren. Je nach verfolgtem Zweck unterscheidet man diese Teilgebiete:

In diesem Sinne ist „Buchhaltung“ Aufgabe von zwei Teilgebieten: die Geschäftsbuchhaltung (= Finanzbuchhaltung) als lückenlose Dokumentation 3aller Geschäftsvorfälle sowie die Betriebsbuchhaltung als eher zeitbezogene Kostenrechnung.

Die Finanzbuchhaltung erfasst sämtliche Geschäftsvorfälle, und zwar unabhängig davon, ob sie in Erfüllung des Betriebszweckes angefallen sind (z.B. Rohstoffeinkauf) oder nicht (z.B. Wertpapierverkauf). Sie führt die Inventur durch und erstellt den Jahresabschluss. Aufgrund ihrer Rechenschafts- und Informationsaufgabe richtet sie sich nach diversen gesetzlichen Bestimmungen, u.a. nach dem HGB, der AO und dem EStG.

Aufgabe der Kostenrechnung (oder Kosten- und Leistungsrechnung) ist die Kostenerfassung und -überwachung sowie die Kalkulation der Preise. Da sie somit internen Zwecken dient, ist sie nicht an gesetzliche Vorgaben gebunden.2 Sie ist wie in Abb.1.1 gegliedert.

img

Abb.1.1: Teilgebiete des Rechnungswesens

Die Betriebsstatistik generiert Zeit- und Betriebsvergleiche (z.B. Soll-Ist-Vergleiche) und ermittelt Kennzahlen. Sie verwendet dazu Zahlen der anderen Teilbereiche des Rechnungswesens, aber auch zusätzliche Daten.

Die Planungsrechnung ist zukunftsgerichtet und damit Grundlage für Absatz-, Produktions-, Beschaffungs- und Finanzentscheidungen.

Diese vier Teilbereiche des Rechnungswesens sind durch drei gesonderte Gebiete zu ergänzen: Die Materialabrechnung, die Lohn- 4und Gehaltsabrechnung sowie die Anlagenabrechnung haben eine Sonderstellung zwischen Geschäftsbuchhaltung und Kostenrechnung. Als Aufwands- und Bestandsermittlung sind sie der Geschäftsbuchhaltung zuzuordnen, als Lieferant von Kostendaten der Kostenrechnung.

Die einzelnen Teilbereiche stehen nicht isoliert voneinander, sondern beliefern sich gegenseitig mit Zahlen. Dabei sind die Daten der Geschäftsbuchhaltung der wesentliche Input für alle anderen Bereiche, aber auch die Kostenrechnung beliefert das restliche Rechnungswesen.

Das Zusammenspiel innerhalb des Rechnungswesens und die hauptsächlichen Informationsströme zeigt die nachstehende Grafik Abb.1.2.

img

Abb.1.2: Informationsströme im Rechnungswesen

Ein organisatorischer Zusammenhang zwischen Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung soll kurz aufgezeigt werden: Jeder Finanzbuchhaltung liegt ein Kontenrahmen zugrunde, der 10 Kontenklassen umfasst. Folgt dieser dem Abschlussgliederungsprinzip (des Jahresabschlusses), so liegt ein Zweikreissystem vor, d.h., Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung bilden zwei getrennte Rechnungskreise (im Industriekontenrahmen IKR z.B. ist für die Kostenrechnung die Kontenklasse 9 vorgesehen). Bei Einkreissystemen bilden Finanzbuchhaltung 5und Kostenrechnung eine organisatorische Einheit; sie sind nur möglich, wenn der Kontenrahmen nach dem Prozessgliederungsprinzip geordnet ist (wie z.B. der Gemeinschaftskontenrahmen der Industrie GKR).

In der Praxis wird die Kostenrechnung meist gesondert durchgeführt (Vgl. Kap.2.3).

1.2 Theoretische Grundlagen der Kostenrechnung

An dieser Stelle erscheint es sinnvoll, als Exkurs einige Grundbegriffe der Betriebswirtschaftslehre näher zu erläutern, die im Rahmen der Kostenrechnung von Bedeutung sind.

1.2.1 Betrieb und Unternehmung

Die Begriffe „Betrieb“ und „Unternehmung“ sind in der Literatur verschieden definiert. Manche Autoren verwenden beide synonym, im Sprachgebrauch wird der Betrieb eher als technisch-produktionsorientierter Teilbereich einer Unternehmung angesehen.

Verbreitet ist die Sicht des Betriebes als systemindifferentem Oberbegriff, dessen eine Unterversion – nämlich die autonome, auf Privateigentum basierende und daher erwerbswirtschaftliche – die Unternehmung ist.

Diesem Ansatz folgen wir insofern, als Kostenrechnung nicht nur in erwerbswirtschaftlichen Privatunternehmungen, sondern z.B. auch in öffentlichen Betrieben, planwirtschaftlichen Staatsbetrieben oder Non-Profit-Organisationen durchgeführt wird.

Im Rahmen der Kostenrechnung interessieren die Kosten und Leistungen, die in Erfüllung des Betriebszweckes (wie er im Handelsregister dokumentiert ist) anfallen, nicht aber außerhalb des Betriebszweckes erfolgte Aufwendungen und Erträge.3 In diesem Sinne ist eine Unternehmung als Gesamtheit aller unternehmerischer Aktivitäten anzusehen, „Betrieb“ hingegen als der wesentliche Teilbereich, 6in dem der Prozess der betrieblichen Leistungserstellung und -verwertung erfolgt: Wertpapiergeschäfte z.B. sind mögliche Tätigkeiten einer Unternehmung, nicht aber eines Betriebes i.e.S.

In der nachfolgenden Darstellung werden beide Begriffe synonym verwendet, wissend, dass „Betrieb“ gängigerweise der Oberbegriff ist und in der Kostenrechnung (soweit Unternehmungen zugrunde gelegt werden) den funktionalen Querschnittsbereich meint, in dem der betriebliche Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess stattfindet.

1.2.2 Produktionsfaktoren

Im Rahmen der Leistungserstellung (Produktion) und Leistungsverwertung (Absatz) werden unterschiedliche Produktionsfaktoren kombiniert, so dass als Output ein neues Produkt4 geschaffen wird.

Nach Gutenberg werden Produktionsfaktoren wie in Abb.1.3 folgt differenziert.

img

Abb.1.3: Produktionsfaktoren nach Gutenberg

Bezieht die Unternehmung fertige Komponenten von außen (z.B. Türschloss), so zählen solche fremdbezogenen Fertigteile (oder Fremdbauteile) ebenfalls zu den Werkstoffen. Soweit (im Industriebetrieb) mit Waren gehandelt wird, sind diese auch dieser Gruppe zuzurechnen.

1.2.3 Grundzüge der Produktions- und Kostentheorien

Die Produktionstheorie untersucht die funktionalen Beziehungen zwischen der (variablen) Einsatzmenge an Produktionsfaktoren und der Ausbringungsmenge6 (Ertrag) als abhängiger Größe. M.a.W., die Auswirkungen auf den Faktorertrag bei unterschiedlichem Faktoreinsatz (Menge) werden modellhaft dargestellt, oder: Wie entwickelt sich der Gesamtertrag bei unterschiedlicher Einsatzmenge an Produktionsfaktoren?

Eine Produktionsfunktion lautet als Formel grundsätzlich (x = Ausbringungsmenge in Stück, kg, Liter o.Ä.; r = Menge eines Produktionsfaktors):

x = f (r1, r2,…, rn)

8Wesentlicher Aspekt einer Produktionsfunktion ist die Frage, wie sich die Produktionsfaktoren zueinander verhalten; man unterscheidet:

Daraus ergeben sich mehrere Typen von Produktionsfunktionen, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll.

Die (sich anschließende) Kostentheorie geht vom Gesamtertrag (als variabler Planungsgröße) aus und untersucht, welche (abhängigen) Kosten dadurch entstehen. Die Kosten stellen hierbei die in Geld bewerteten Produktionsfaktoren dar.

Eine Kostenfunktion lautet (Die Kostenfunktion ist die Umkehrung der Produktionsfunktion, bei der die einzelnen Faktormengen in Geld bewertet wurden; K = Gesamtkosten):

K = f (x)

img

Abb. 1.4: Grundsätzliche Kostentypen

Die Fragestellung lautet: Wie entwickeln sich die Kosten bei unterschiedlichen Ausbringungsmengen? Je nach Kostenverlauf lassen sich – 9in Abhängigkeit ihres Verhaltens bei Änderung der Ausbringungsmenge – die folgenden Kostentypen unterscheiden:

Für den Verlauf der variablen Kosten gibt es vier Grundfälle:

Als Gegensatz zu den variablen Kosten sind die fixen Kosten anzusehen:

Bevor die Kostenverläufe näher dargestellt werden, ist die Einführung weiterer Kostenbegriffe nötig. Neben den Gesamtkosten sind die Kosten zu differenzieren, inwieweit sie für eine bestimmte Menge Leistungseinheiten (z.B. produzierte Erzeugnisse) anfallen. Demnach sind zu unterscheiden:

  Gesamtkosten K = Fixe Kosten Kf + variable Kosten Kv

  Stückkosten k = Gesamtkosten K : Ausbringungsmenge x

  Grenzkosten K’ = Kostenzuwachs dK : Mengenzuwachs dx

Es ergeben sich die in Abb.1.5 bis 1.9 dargestellten Kostenverläufe:

Bei proportionalen Kosten steigen die Gesamtkosten gleichmäßig an, da ein Stück (auch das letzte) immer konstante Kosten verursacht.

img

11 Abb.1.5: Proportionaler Kostenverlauf

img

Abb.1.6: Degressiver Kostenverlauf

Steigen die Gesamtkosten degressiv, sinken die Stück- und die Grenzkosten degressiv – jedes weitere Stück verursacht immer weniger Kosten.

img

Abb.1.7: Progressiver Kostenverlauf

Bei progressivem Verhalten der Gesamtkosten steigen die Stückkosten sowie die Grenzkosten progressiv.

img

12 Abb.1.8: Verlauf fixer Kosten

Die gesamten Fixkosten bleiben bei Beschäftigungsschwankungen konstant. Die Stückkosten sinken bei Beschäftigungszunahme degressiv, da sich die fixen Kosten nunmehr auf mehr Produkte verteilen. Bei Beschäftigungsschwankungen fallen keine Grenzkosten an, sofern sie sich innerhalb der vorgegebenen Beschäftigungsgrenzen bewegen, die von der Kapazität determiniert werden.

img

Abb.1.9: Verlauf sprungfixer Kosten

Intervallfixe Gesamtkosten steigen bei Überschreiten der Kapazitätsgrenze sprunghaft an und bleiben dann (innerhalb eines Intervalles) fix. Die Durchschnittskosten sinken degressiv mit Sprüngen, die Grenzkosten betragen Null mit Sprüngen.

Der im Zusammenhang mit den (sprung-)fixen Kosten erwähnte Begriff der Kapazität bedarf einer näheren Betrachtung. Sie wird definiert als Nutzungspotential (z.B. einer Maschine oder eines ganzen Werkes) innerhalb eines Zeitraumes. Die Formel für Kapazität lautet:

Kapazität =

maximales Produktionsvermögen

Bezugsperiode

13Untersuchen wir das Kostenverhalten bezüglich der Auslastung der Kapazität: Die Kapazität wird vollständig genutzt, wenn der Beschäftigungsgrad 100% beträgt, d.h., es fallen keine Leerkosten an. Bei nicht 100%iger Nutzung bleibt ein Teil ungenutzt.

Entsprechend können die Fixkosten aufgeteilt werden in Nutzkosten (= Kosten der genutzten Kapazität) und Leerkosten (= Kosten der ungenutzten Kapazität). Beide zusammen ergeben 100%.9

Die Formeln lauten:

Nutzkosten = Fixkosten Kf · Beschäftigungsgrad

Leerkosten = Fixkosten Kf – Nutzkosten

img

Abb.1.10: Nutzkosten und Leerkosten

Ein letzter Aspekt der Kostenentwicklung soll an dieser Stelle beleuchtet werden: Die gesamten Stückkosten setzen sich i.d.R. (z.B. im Industriebetrieb) aus variablen und fixen Kostenbestandteilen zusammen. Die variablen Stückkosten bleiben (bei unterstellt proportionalem Verhalten) konstant, während die fixen Stückkosten degressiv abnehmen. Addiert man beide, so ergibt sich eine insgesamt degressiv abnehmende Stückkostenkurve (verschiebt man die Kurve kf um die Höhe kv parallel nach oben, erhält man die Kurve k), s.Abb.1.11.10

Die Fixkostendegression bewirkt, dass die gesamten Stückkosten mit zunehmender Ausbringungsmenge sinken. Man bezeichnet dieses 14Phänomen als Gesetz der Massenproduktion (economies of large scale). Gerade anlagenintensive Unternehmungen sind deshalb bestrebt, ihre hohen Fixkosten zu minimieren; eine Steigerung ihrer Ausbringungsmengen senkt ihre fixen Stückkosten.

img

Abb.1.11: Fixkostendegression

Der stetige Kooperations- und Konzentrationsprozess hat im Gesetz der Massenproduktion eine wesentliche Ursache – man verdeutliche sich die Auswirkung der Fixkostendegression z.B. anhand der Konzentrationsentwicklung deutscher Zeitungsverlage.11

1.2.4 Kennzahlen

Dass eine Unternehmung das Ziel der Wirtschaftlichkeit verfolgen soll, findet seinen Niederschlag im ökonomischen Prinzip (= Wirtschaftlichkeitsprinzip).12 Es fordert:

15Zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit werden grundsätzlich zwei Größen (in Geld) gegenübergestellt. Von praktischem Interesse sind vor allem die folgenden Kennzahlen:13

Wirtschaftlichkeit =

Erträge

bzw.

Aufwendungen

Wirtschaftlichkeit =

Leistungen

Kosten

Eine andere Darstellungsart vergleicht zwei wesensgleiche Größen mit unterschiedlichem Zeitbezug miteinander:

Wirtschaftlichkeit =

Sollkosten

Istkosten

In allen Fällen sollte die Maßzahl >1 sein. Allerdings kann trotz eines Wertes <1 wirtschaftliches Handeln vorliegen, wenn es z.B. darum ging, nicht zu noch höheren Kosten zu produzieren – man denke beispielsweise an ein Hallenbad oder ein städtisches Schauspielhaus.

Ein weiterer Kritikpunkt an dieser Kennzahl liegt darin begründet, dass Wertgrößen zueinander in Bezug gesetzt werden. Steigen z.B. bei gleicher Menge Faktoreinsatz deren Einstandspreise und/oder sinken die Verkaufspreise, so wurde zwar nach wie vor gleich wirtschaftlich produziert, die Kennzahl hat sich allerdings verschlechtert.

Ein vereinfachtes Beispiel soll diese Problematik verdeutlichen.

Für zwei Vergleichsperioden liegen die folgenden Daten vor:

Vorperiode

laufende Periode

Faktoreinsatz in kg
Aufwand pro kg
Aufwand insgesamt

2000
      5€ 
     10000

1800
      6
     10800

produzierte und verkaufte Stücke
Ertrag pro kg
Ertrag insgesamt

3000
      10
     30000

3000
      9
     27000

Wirtschaftlichkeit

    30 000 = 3,0     10000

    27 000 = 2,5     10800

16Erläuterung: Zur Produktion der gleichen Stückzahl wurde im Vergleich zur Vorperiode eine geringere Menge Faktoreinsatz benötigt und damit wirtschaftlicher gearbeitet. Trotzdem sank die Wirtschaftlichkeit von 3 auf 2,5. Gründe dafür sind einerseits in den gestiegenen Faktorpreisen je kg zu sehen, andererseits in den gesunkenen Verkaufspreisen je Stück.

Unter Produktivität versteht man eine mengenmäßige Beziehung. Da hier nicht in Geld bewertet wird, kann keine Gesamtproduktivität berechnet werden. Stattdessen wird die Produktivität für Teilbereiche ermittelt, z.B. der Output in Stück eines bestimmten Produktes im Verhältnis zur dazu eingesetzten Menge an Rohstoffen (= Materialproduktivität), Mannstunden (= Arbeitsproduktivität) oder Maschinenstunden (= Maschinenproduktivität), d.h. zu genau einem Produktionsfaktor. Allgemein lautet die Formel:

Produktivität =

Ausbringungsmenge

Faktoreinsatzmenge

Als letzte Kennzahl soll hier die Rentabilität vorgestellt werden. Man versteht darunter den Gewinn in bezug zu einer bestimmten Größe (Kapital oder Umsatz).

Man unterscheidet folgende Rentabilitätskennzahlen:

Eigenkapitalrentabilität =

(bereinigter) Gewinn14

Eigenkapital

Gesamtkapitalrentabilität =

(bereinigter) Gewinn + FK-Zinsen

Gesamtkapital

Umsatzrentabilität =

(bereinigter) Gewinn

Umsatz

Eine Umsatzrentabilität von 8% beispielsweise bedeutet, dass pro 100 € Umsatz 8 € Gewinn erzielt wurden.

Wirtschaftlichkeit und Rentabilität beziehen sich also auf Geldgrößen, die Produktivität auf Mengengrößen. Mit allen drei Kennzahlen lässt sich die Erreichung unternehmerischer Ziele überprüfen – in der Praxis werden sie allerdings oft nicht gleichzeitig erfüllt: Angenommen, die Umsätze im Beispiel der Vorseite wurden mit deutlich niedrigerem Kapital erzielt, so ist die Kapitalrentabilität gestiegen, 17die Umsatzrendite jedoch gesunken. In beiden Fällen wurde zwar wirtschaftlich gearbeitet, die entsprechende Kennzahl verschlechterte sich jedoch.

Die Materialproduktivität im Beispiel hat sich verbessert, da der gleiche Mengenoutput mit weniger Faktoreinsatz erzielt wurde. Um die Maschinenproduktivität positiv zu beurteilen, müssten beispielsweise die Maschinenstunden verringert worden sein.

Das Beispiel zeigt, dass die drei Kennzahlen nur bedingt im Gleichklang stehen, ihre Entwicklung im Zeitvergleich durchaus auch divergierend sein kann.

1.3 Begriffe des Rechnungswesens

Das Problem: Sind Kosten auch Ausgaben? Oder vielleicht Auszahlungen? Kann sein, kann nicht sein, lautet die (vorläufige) Antwort.15

Bisher wurde der Begriff „Kosten“ mehrfach verwendet, aber nicht von „Aufwendungen“ abgegrenzt. Zusammen mit der Klärung weiterer Grundbegriffe soll dies nachfolgend geschehen. Zunächst eine Übersicht

img

Abb.1.12: Begriffspaare des Rechnungswesens

Die Begriffspaare sind jeweils derselben logischen Ebene zuzuordnen: 

Ausgaben und Einnahmen verändern das Geldvermögen, das sich aus Zahlungsmittelveränderungen plus Veränderungen an Forderungen und Verbindlichkeiten zusammensetzt, wie die Übersichten zeigen:

      Auszahlungen   
+ Schuldenzugänge   
+ Forderungsabgänge

      Einzahlungen   
+ Forderungszugänge   
+ Schuldenabgänge

   = Ausgaben

   = Einnahmen

Ein Beispiel soll den Unterschied kurz veranschaulichen: Beim Barkauf von Büromaterial liegt eine Auszahlung vor, da die Zahlungsmittel direkt betroffen sind.

Hingegen handelt es sich beim Zielkauf von Büromaterial nur um eine Ausgabe, da ein Schuldenzugang das Geldvermögen mindert. Mit dem Rechnungsausgleich (per Bank oder gegen bar) liegt ein Schuldenabgang vor (die Verbindlichkeiten nehmen ab) sowie eine Auszahlung (z.B. die Bank nimmt ab).

Während ein Werteverzehr oder Aufwand die Inputseite (= Verbrauch von Produktionsfaktoren) bezeichnet, ergeben sich auf der Outputseite Wertezuwächse (Erträge).

Ein Aufwand kann gleichzeitig eine Auszahlung (z.B. Barkauf von Büromaterial) oder eine Ausgabe (Zielkauf von Rohstoffen) darstellen. 19Dagegen liegt in den Fällen einer Materialentnahme oder einer Abschreibung auf Maschinen weder eine gleichzeitige Auszahlung noch Ausgabe vor.

Analoges gilt für Erträge: Sie können als Einzahlung entstehen (z.B. Zinsgutschrift auf dem Bankkonto), als Einnahme (z.B. Zielverkauf fertiger Erzeugnisse) oder weder noch (z.B. Bestandserhöhung an Erzeugnissen).

Alle bisherigen Begriffe sind dem Bereich der Finanzbuchhaltung zuzuordnen. Da sie das Gesamtvermögen verändern, fließen sie in die Bilanz ein. Aufwendungen und Erträge münden außerdem in die GuV.16

Ausschließlich dem Bereich der Kostenrechnung zuzuordnen ist das nächste Begriffspaar:

Inwieweit Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen Aufwendungen und Kosten bestehen, zeigt die nachstehende Grafik:

img

20Nichtkosten: Aufwendungen, aber keine Kosten sind:

Nichtkosten werden in der Kostenrechnung nicht berücksichtigt. Üblicherweise werden sie als neutrale Aufwendungen bezeichnet.

img

Abb.1.13: Abgrenzung von Aufwand zu Kosten

21Grundkosten: Aufwendungen, die im Rahmen der betrieblichen Leistungserstellung in gleicher Höhe anfallen und nicht periodenfremd oder außerordentlich sind, heißen Grundkosten. Ein Beispiel dafür ist Büromaterial20 oder die Eingangsrechnung eines Spediteurs. Der Verbrauch von Rohstoffen zählt dann zu den Grundkosten, wenn in der Kostenrechnung keine (abweichenden) Verrechnungspreise angesetzt werden.

Anderskosten: Übernimmt die Kostenrechnung die Aufwandsposten der Geschäftsbuchhaltung, ordnet ihnen aber andere Beträge zu, so handelt es sich um Anderskosten. Der gebuchte betriebliche Aufwand wird demnach durch einen neuen kalkulatorischen Wert in anderer Höhe ersetzt. Dazu zählen (Vgl. hierzu ausführlich in Kap.2.2.3):

Zusatzkosten: Den Zusatzkosten steht kein betrieblicher Aufwand gegenüber, d.h. die Kostenrechnung muss Zusatzkosten zusätzlich berücksichtigen und dafür einen geeigneten (kalkulatorischen) Wertansatz finden. Zusatzkosten sind:

Im Rahmen der kostenrechnerischen Vorarbeiten muss im Einzelnen geprüft werden, ob ein Aufwand neutral ist oder betrieblich bedingt (= sachliche Abgrenzung) und ob Anders- oder Zusatzkosten angesetzt werden sollen (= kalkulatorische Abgrenzung).21

Gleiches gilt analog für Leistungen und Erträge:22

Nichtleistungen: Nichtleistungen sind neutrale Erträge, aber keine Leistungen, wenn sie

22 img

Grundleistungen: Dies sind betriebliche Erträge, die für die Zwecke der Kostenrechnung unverändert aus der Finanzbuchhaltung übernommen werden. Dazu zählen i.d.R. sämtliche

Zusatzleistungen: Die (seltenen) Zusatzleistungen sind kalkulatorische Betriebserträge, die nicht aus der Finanzbuchhaltung stammen. Sie entstehen beispielsweise, wenn kalkulatorische Kosten auf die Verkaufspreise aufgeschlagen werden oder wenn aufgrund eines Preisanstiegs mit höheren Verkaufspreisen kalkuliert wird.24

Eine Grafik soll die obigen Begriffe im Zusammenhang verdeutlichen:

img

23Es ist ersichtlich, dass sich die einzelnen Begriffe zum Teil überlappen. Fall 5 charakterisiert Kosten, die gleichzeitig einen Aufwand, eine Ausgabe und eine Auszahlung darstellen. Fall 7 bezeichnet die eben beschriebenen neutralen Aufwendungen, Fall 16 die neutralen Erträge.