Commander Reilly #6: Kampf um drei Sonnen: Chronik der Sternenkrieger

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker, 2017.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Commander Reilly #6: Kampf um drei Sonnen

Übersicht über die Serie “Chronik der Sternenkrieger”

Copyright

Kapitel 1: Krisensektor Dreisonnensystem

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Kapitel 2: Signale aus dem Nirgendwo

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Kapitel 3: Ein Sarg für Raimondo

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Kapitel 4: Schlachtformationen

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Kapitel 5: ARTEFAKTE

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Kapitel 6: Die Herren der Herren

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Further Reading: 30 Sternenkrieger Romane - Das 3440 Seiten Science Fiction Action Paket: Chronik der Sternenkrieger

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Commander Reilly #6: Kampf um drei Sonnen

Chronik der Sternenkrieger

Science Fiction Roman von Alfred Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 143 Taschenbuchseiten.

Im Jahr 2234 übernimmt Commander Willard J. Reilly das Kommando über die STERNENKRIEGER, ein Kampfschiff des Space Army Corps der Humanen Welten. Die Menschheit befindet sich im wenig später ausbrechenden ersten Krieg gegen die außerirdischen Qriid in einer Position hoffnungsloser Unterlegenheit. Dem ungehemmten Expansionsdrang des aggressiven Alien-Imperiums haben die Verteidiger der Menschheit  wenig mehr entgegenzusetzen, als ihren Mut und ihre Entschlossenheit.

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Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jack Raymond Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

Übersicht über die Serie “Chronik der Sternenkrieger”

in chronologischer Reihenfolge

Einzelfolgen:

Commander Reilly 1: Ferne Mission (Handlungszeit 2234)

Commander Reilly 2: Raumschiff STERNENKRIEGER im Einsatz

Commander Reilly 3: Commander im Niemandsland

Commander Reilly 4: Das Niemandsland der Galaxis

Commander Reilly 5: Commander der drei Sonnen

Commander Reilly 6: Kampf um drei Sonnen

Commander Reilly 7: Commander im Sternenkrieg

Commander Reilly 8: Kosmischer Krisenherd

Commander Reilly 9: IN VORBEREITUNG

Terrifors Geschichte: Ein Space Army Corps Roman (Handlungszeit 2238)

Erstes Kommando: Extra-Roman (Handlungszeit 2242)

Erster Offizier: Extra-Roman (Handlungszeit 2246)

Chronik der Sternenkrieger 1 Captain auf der Brücke  (Handlungszeit 2250)

Chronik der Sternenkrieger 2 Sieben Monde 

Chronik der Sternenkrieger 3 Prototyp

Chronik der Sternenkrieger 4 Heiliges Imperium

Chronik der Sternenkrieger 5 Der Wega-Krieg

Chronik der Sternenkrieger 6 Zwischen allen Fronten

Chronik der Sternenkrieger 7 Höllenplanet

Chronik der Sternenkrieger 8 Wahre Marsianer

Chronik der Sternenkrieger 9 Überfall der Naarash

Chronik der Sternenkrieger 10 Der Palast

Chronik der Sternenkrieger 11 Angriff auf Alpha

Chronik der Sternenkrieger 12 Hinter dem Wurmloch

Chronik der Sternenkrieger 13 Letzte Chance

Chronik der Sternenkrieger 14 Dunkle Welten

Chronik der Sternenkrieger 15 In den Höhlen

Chronik der Sternenkrieger 16 Die Feuerwelt

Chronik der Sternenkrieger 17 Die Invasion

Chronik der Sternenkrieger 18 Planetarer Kampf

Chronik der Sternenkrieger 19 Notlandung

Chronik der Sternenkrieger 20 Vergeltung

Chronik der Sternenkrieger 21 Ins Herz des Feindes

Chronik der Sternenkrieger 22 Sklavenschiff

Chronik der Sternenkrieger 23 Alte Götter

Chronik der Sternenkrieger 24 Schlachtpläne

Chronik der Sternenkrieger 25 Aussichtslos

Chronik der Sternenkrieger 26 Schläfer

Chronik der Sternenkrieger 27 In Ruuneds Reich

Chronik der Sternenkrieger 28 Die verschwundenen Raumschiffe

Chronik der Sternenkrieger 29 Die Spur der Götter

Chronik der Sternenkrieger 30 Mission der Verlorenen

Chronik der Sternenkrieger 31 Planet der Wyyryy

Chronik der Sternenkrieger 32 Absturz des Phoenix

Chronik der Sternenkrieger 33 Goldenes Artefakt

Chronik der Sternenkrieger 34 Hundssterne

Chronik der Sternenkrieger 35 Ukasis Hölle

Chronik der Sternenkrieger 36 Die Exodus-Flotte (Handlungszeit 2256)

Chronik der Sternenkrieger 37 Zerstörer

Chronik der Sternenkrieger 38 Sunfrosts Weg (in Vorbereitung)

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Sammelbände:

Sammelband 1: Captain und Commander

Sammelband 2: Raumgefechte

Sammelband 3: Ferne Galaxis

Sammelband 4: Kosmischer Feind

Sammelband 5: Der Etnord-Krieg

Sammelband 6: Götter und Gegner

Sammelband 7: Schlächter des Alls

Sammelband 8: Verlorene Götter

Sammelband 9: Galaktischer Ruf

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Sonderausgaben:

Der Anfang der Saga (enthält “Terrifors Geschichte”, “Erstes Kommando” und

Chronik der Sternenkrieger #1-4)

Im Dienst des Space Army Corps (enthält “Terrifors Geschichte”, “Erstes Kommando”)

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Druckausgabe (auch als E-Book):

Chronik der Sternenkrieger: Drei Abenteuer #1 -12 (#1 enthält Terrifors Geschichte, Erstes Kommando und Captain auf der Brücke, die folgenden enthalten jeweils drei Bände und folgen der Nummerierung von Band 2 “Sieben Monde” an.)

Ferner erschienen Doppelbände, teilweise auch im Druck.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

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Kapitel 1: Krisensektor Dreisonnensystem

„Austritt aus dem Sandström-Raum in fünf Sekunden“, meldete Lieutenant Clifford Ramirez. Der Rudergänger der STERNENKRIEGER nahm ein paar Schaltungen an seiner Steuerkonsole vor, während er rückwärts zählte. „Zwei, eins, null, Übertritt...“

„Alle Systeme laufen normal“, meldete Fähnrich White, die über Interkom aus dem Maschinentrakt zugeschaltet worden war.

„Ich messe hier ein paar Interferenzen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit der 5-D-Resonanz haben, die uns aus dem Sandström-Raum geworfen hat“, meldete Fähnrich Marceau.

„Sie haben recht, Mister Marceau“, gestand Thorbjörn Soldo zu, der sich ebenfalls die Ortungsanzeigen auf den Displays seiner Konsole anzeigen ließe. „Aber ich glaube nicht, dass diese Interferenzen etwas mit dem Phänomen zu tun haben.“

„Worum handelt es sich Ihrer Meinung nach, I.O.?“, fragte Commander Reilly.

„Um eine Art fünfdimensionales Hintergrundrauschen. Anders kann ich es nicht beschreiben. Es ist nur sehr schwach. Vielleicht bekomme ich etwas mehr heraus, wenn ich die Taster etwas feiner auf dieses Phänomen abstimme...“

„Haben Sie eine Theorie, wodurch dieses 5-D-Rauschen verursacht wird?“, hakte Reilly nach.

Soldo schüttelte den Kopf.

„Nein, Sir. Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass es sich um Emissionen von technischen Anlagen handelt, die auf 5-D-Basis arbeiten.“

„Aber Sie wollen mir jetzt nicht erzählen, dass die Xabo über derartige Technik verfügen?“, fragte Reilly.

Soldo zuckte mit den Schultern. „Ausschließen will ich nach diesem Sandström-Raum-Blitz gar nichts mehr, Sir. Allerdings hatte ich nach den bisher vorliegenden Informationen einen deutlich bescheideneren Eindruck von der Xabo-Technik. Aber wenn sie tatsächlich das gefunden haben, wonach sie suchen...“

„Die Superwaffe dieses ominösen uralten Volks, das hier mal gesiedelt haben soll?“

„Genau, Captain.“

„Captain, ich orte gerade den Austritt der CATALINA und der PLUTO“, meldete André Marceau. „Die Entfernung beträgt etwa 20 0000 Kilometer beziehungsweise 34000 Kilometer. Wir bekommen ID-Signale mit einem Datenstrom. Danach ist auf beiden Schiffen alles in Ordnung.“

Na wenigstens mal keine unerfreuliche Nachricht!, dachte Reilly. „Mister Marceau, rufen Sie bitte Bruder Padraig auf die Brücke und geben Sie uns einen kurzen Überblick über das System, in dem wir uns befinden.“

„Aye, Sir.“

Marceau aktivierte eine schematische Übersicht über das System Triple Sun 2244. Schon auf den ersten Blick war erkennbar, dass es sich dabei um ein äußerst komplexes Gebilde handelte.

„Das System besteht aus drei Sonnen, die sich gegenseitig umkreisen. Hundertzwei Planeten hat das System insgesamt, wovon die meisten die gelbe Sonne Triple Sun 2244 C umkreisen. Etwa ein Dutzend Welten umkreist zusätzlich noch eine der beiden anderen Sonnen, die jeweils auch noch einige Trabanten für sich allein haben.“

„Und wo ist Xaboa - ihre Hauptwelt?“, erkundigte sich Reilly.

„Vermutlich handelt es sich dabei um den dritten Planeten der gelben Sonne“, spekulierte Marceau. „Zumindest ist dort die Funkaktivität am größten.“

„Triple Sun 2244-A3“, murmelte Soldo. „Da klingt Xaboa schon viel gefälliger.“

„Senden Sie unsere Kennung und einen formellen Gruß, Marceau“, verlangte Reilly.

„Ja, Sir.“

Augenblicke verstrichen.

„Wir erhalten eine Sandström-Transmission von dort“, meldete Marceau. „Sie wird über eine Relaisstation auf Triple Sun 2244-A44 weitergegeben.“

„Auf den Schirm damit.“

„Ja, Sir!“

Die Gestalt eines uniformierten Xabo erschien auf dem Hauptschirm. „Hier spricht Horangongren von der Raumkontrolle des Neuen Reiches. Wir haben Ihre Kennung erhalten. Sie werden erwartet. Sie bekommen in Kürze eine Peilung, der Sie folgen können. Unser Alpha Dominanter erwartet Sie im Regierungspalast auf Xaboa.“

„Richten Sie dem Alpha Dominanten unsere Grüße aus. Bitte übersenden Sie nähere Daten über dieses Sonnensystem.“

„Als Teil der Verteidigungsstreitkräfte des Dreisonnensystems benötigen Sie in der Tat diese Daten“, gestand der Offizier der Xabo-Raumkontrolle zu. „Sie werden Ihnen mit dem Datenstrom dieser Botschaft übersandt.“

„Danke.“

„Guten Flug.“

Die Verbindung wurde unterbrochen.

Für Augenblicke erschien ein aus verschnörkelten, fremdartig wirkenden Schriftzeichen zusammengesetztes Emblem, in dessen Zentrum die drei stilisierten Sonnen von Triple Sun 2244 zu sehen waren: Orange, rot und gelb. Anschließend gab wieder den freien Blick auf das All.

„Im Datenstrom ist tatsächlich etwas“, meldete Fähnrich Marceau.

„Soll sich Bruder Padraig mal darum kümmern“, meinte Reilly. Wo bleibt der eigentlich?  „Ruder!“

„Ja, Sir?“, meldete sich Ramirez.

„Bremsmanöver einleiten und auf den Peilstahl warten.“

„Es scheint, als hätte Fähnrich Marceau mit seiner Identifizierung des dritten Planeten der gelben Sonne als Hauptwelt der Xabo recht gehabt“, meinte Ramirez. „Wir empfangen von dort gerade einen Peilstrahl auf Sandström-Basis.“

1

„Darf ich mich zu Ihnen setzen?“, fragte Bruder Padraig. Er hatte sich einen Syntho-Drink und ein Sandwich aus dem Automaten in Aufenthaltsraum A gezogen.

Fähnrich Ukasi blickte auf.

Er vollführte dabei eine ruckartige Bewegung, so als wäre er aus seinen Gedanke herausgerissen worden.

„Natürlich, Sir.“

Er hatte seinen Syntho-Tee bereits leer getrunken. Ein Handheld-Computer lag vor ihm auf den Tisch. Gleichungen waren auf dem Schirm zu sehen.

„Sie nutzen Ihre Freizeit, um Gleichungen zu lösen?“, fragte Bruder Padraig „Das ist bemerkenswert.“

„Ich nutze meine Zeit, um Probleme zu lösen“, korrigierte Ukasi. „Das ist ein kleiner Unterschied, wie ich finde. Mathematik ist schließlich kein Selbstzweck, sondern...“ Er zögerte.

Bruder Padraig hob die Augenbrauen.

„Sondern was?“

„Eine Sprache. Damit kann man es am ehesten vergleichen. Die Mathematik ist eine Sprache, um die Natur so exakt wie möglich zu beschreiben. Um ehrlich zu sei, beschäftige ich mich immer noch mit der 5-D-Resonanz, die uns aus dem Sandström-Raum gerissen hat. Man kann diesem Phänomen nur mathematisch beikommen, da bin ich mir ganz sicher. Aber bislang ergibt das für mich alles keinen Sinn. Wie ich auch die Variablen austausche, ich bekomme das Phänomen einfach nicht in den Griff.“

„Und das ängstigt Sie?“

„Es ist eigentlich völlig unmöglich, dass diese Resonanz so auf verschiedene Schiffssysteme übergegriffen hat, wie wir es erlebt haben! Es gibt da ein paar Paradoxien, über die ich – rein mathematisch gesehen – einfach nicht hinweg komme.“

„Wir wissen nur ansatzweise, was im Sandström-Raum geschieht“, sagte Padraig. „Wenn man es genau nimmt, wissen wir nicht einmal hundertprozentig, was dieses Kontinuum eigentlich ist. Warum sollte die Resonanz eines 5-D-Impulsese da nicht vollkommen unvorhergesehene Wirkungen haben?“

„Weil es nicht logisch ist, Bruder Padraig.“

„Wenn Dinge sich nicht berechnen lassen, verunsichert Sie das?“

Ukasi antwortete nicht sofort. „Schon möglich.“

„So wie die Sache mit Ihrer Ernennung zum Lieutenant. Weil unsere Mission unvorhergesehenerweise verlängert wurde, werden Sie nun später in den Offiziersstand erhoben.“

Ukasi fixierte Bruder Padraig mit einem durchdringenden Blick.

„Unterlassen Sie das, Bruder Padraig. Und versuchen Sie es nie wieder. Ich kann das nämlich nicht ausstehen.“

„Entschuldigen Sie, aber wovon sprechen Sie?“

„Davon, dass Sie mir sagen, was ich denken oder fühlen sollte.“

„Es war nicht meine Absicht, Ihnen zu nahe zu treten!“

„Vielleicht sollten Sie Ihre Übungen in der Mantan-Meditation öfter wiederholen, Bruder Padraig!“

Ukasi erhob sich und ging davon, noch ehe Bruder Padraig dazu kam, noch etwas zu sagen.

Der Olvanorer atmete tief durch. Was hat ihn so wütend gemacht?, fragte er sich. Eigentlich war es meine Absicht, ihm meine Anerkennung für die gute Zusammenarbeit bei der Untersuchung der 5-D-Resonanz auszusprechen...

Aber dazu war es nun nicht mehr gekommen.

Padraig nahm einen Schluck aus dem Becher mit dem Syntho-Drink.

Vielleicht hat er sogar Recht und du solltest tatsächlich deine Mantan-Meditation öfter wiederholen, um in Zukunft sensibler zu werden... Aber da war noch eine andere Frage, die Bruder Padraig beschäftigte. Woher weiß Ukasi von den Übungen des Mantan?

Die besondere Form der Meditationstechnik wurde ausschließlich hinter den Mauern von Saint Arran, dem Stammkloster der Olvanorer auf Sirius III gelehrt. Außenstehende wurden nicht in diese Lehre eingeführt.

Wie war es also möglich, dass Ukasi davon wusste?

Bruder Padraigs Kommunikator summte. Die Anweisung lautete, sofort auf die Brücke zu kommen.

2

Bruder Padraig versuchte zunächst, Ukasi einzuholen und zur Rede zu stellen. Aber der war nirgends zu finden. Padraig hatte plötzlich das Gefühl, genau das zu tun, was der Fähnrich beabsichtigt hatte. Es war kein Zufall, dass er die Mantan-Meditation erwähnte!, ging es dem Mönch durch den Kopf. Die Erkenntnis brach sich plötzlich Bahn. Aber warum? Eine Provokation?

Plötzlich wusste Padraig, dass er damit richtig lag.

Aber warum provoziert er mich? Eigentlich war Padraig überzeugt davon, Ukasi keinerlei Anlass dafür gegeben zu haben. Und ihre Zusammenarbeit war auch recht reibungslos verlaufen, wenn man einmal davon absah, dass Ukasi zuletzt immer abweisender und mürrischer geworden war. Das feine Gespür für soziale Zusammenhänge sagte Padraig, dass er mit seiner Vermutung richtig lag und Ukasi die hinausgeschobene Beförderung nicht so recht verdauen konnte. Padraig hatte schon seit längerem das Gefühl, dass der Fähnrich das Ende seiner Ausbildung förmlich herbeisehnte. Er wollte sich beweisen. Auf ein anderes Schiff versetzt werden und demonstrieren, dass er als Offizier eigenverantwortliche Entscheidungen treffen konnte.

3

Bruder Padraig erschien schließlich mit einiger Verspätung auf der Brücke.

„Sie kommen gerade im richtigen Augenblick“, begrüßte ihn Commander Reilly.

Bruder Padraig war im ersten Moment gar nicht richtig bei der Sache. Aber eine kleine Konzentrationsübung sorgte dafür, dass er schon im nächsten Moment geistig vollkommen präsent war. Nichts als der Augenblick zählt. Gott begegnet dir nicht im Gestern, nicht in ferner Zukunft, sondern in der Magie des Moments!, hatte Padraig eines der Axiome der Olvanorer im Kopf.

„Wir bekommen eine Transmission von einem Olvanorer-Schiff auf einer Sandström-Funkfrequenz herein“, meldete André Marceau. „Der ID-Kennung nach handelt es sich um die HOPE, einen kleinen, überlichtschnellen Transporter vom Typ XXC-13.“

„Dann muss die HOPE vom Paranda-System aus hier her geflogen sein“, stieß Bruder Padraig hervor.

„Schalten Sie den Kanal frei, Fähnrich!“, bestimmte Commander Reilly. 

Auf dem Panorama-Schirm erschien das Gesicht eines weißhaarigen Olvanorers.

„Hier spricht Bruder Marius, Kommandant der HOPE. Wir sind in diplomatischer Mission im Triple Sun-System.“

„Ich grüße Sie, Bruder Marius“, sagte Reilly.

„Wie ich sehe, lassen Sie sich von einem unserer Mitbrüder beraten.“

„Bruder Padraig leistet wertvolle wissenschaftliche Arbeit an Bord der STERNENKRIEGER und würde sich sicher sehr für Ihre Meinung zu den Ursprüngen der 5-D-Resonanz interessieren.“

„Bruder Marius war einer meiner Lehrer in Saint Arran“, sagte Bruder Padraig.

„Es freut mich zu sehen, dass ein begabter Schüler sich weiterentwickelt hat“, antwortete Marius.

Bruder Padraig erkannte sofort, dass das eine für christophorische Verhältnisse schon fast unverhohlene Kritik war, die darauf abzielte, dass Bruder Padraig sich bereit erklärt hatte, an Bord eines Kriegsschiffes zu dienen.

„Das Leben ist voller Widersprüche, verehrter Bruder Marius“, antwortete Padraig daher.

Der weißhaarige Olvanorer ging darauf nicht weiter ein. „Es gibt im Dreisonnensystem, wie es von seinen Bewohnern genannt wird, eine heraufdämmernde diplomatische Krise, die nur in zweiter Linie mit den Qriid zu tun hat. Darüber würde ich mich gerne mit Ihnen austauschen.“

„Sprechen Sie!“, forderte Bruder Padraig ihn auf.

„Ich schlage vor, Sie machen sich anhand der Daten, die ich Ihnen übersende, zunächst ein eigenes Bild. Darin ist auch eine Darstellung unserer Brüder Menzius und Basileios enthalten, die sich gegenwärtig auf Xabo aufhalten und ausführlich mit dem Alpha Dominanten der Xabo konferiert haben. Ich werde anschließend über einen verschlüsselten Kanal erneut Kontakt mit Ihnen aufnehmen.“

„So fern Captain Reilly nichts dagegen hat, können wir gerne so vorgehen“, erklärte Bruder Padraig. „Captain?“

„In Ordnung“, nickte Reilly.

Die Verbindung wurde unterbrochen.

„Captain, wir bekommen gerade einen Sandström-Funkspruch von der MERRITT herein. Es ist Admiral Raimondo.“

„Auf den Schirm!“, fordert Reilly.

Im nächsten Moment erschien die Gestalt des Admirals auf dem Hauptschirm. Die Sendung wurde verschlüsselt, aber im Konferenzmodus gesendet. „Commander Reilly! Wir sind offensichtlich entdeckt worden. Etwa zwei Dutzend Qriid-Schiffe materialisieren aus dem Sandström-Raum und es kann kaum einen Zweifel daran geben, dass sie beabsichtigen, uns anzugreifen. Setzen Sie Ihre Mission im Triple Sun-System fort und bereiten Sie Ihre Gastgeber darauf vor, dass wir möglicherweise zu ihnen flüchten müssen.“

„Aye, aye, Admiral“, bestätigte Reilly.

„Die Distanz zwischen Rendezvous und Triple Sun 2244 beträgt weniger als drei Lichtjahre, Commander. Ich glaube, es wäre an der Zeit, dass die Xabo sich auf eine Schlacht vorbereiten.“ 

„Ich werde es ihnen ausrichten, Sir.“

„Eine Nachricht an das Oberkommando wurde abgesetzt. Viel Glück! Raimondo Ende.“

Die Verbindung wurde unterbrochen.

„Offenbar sehen uns die Qriid längst als Gegner an“, kommentierte Soldo.

„Da kann ich Ihnen nur zustimmen“, sagte Bruder Padraig.

„Mit anderen Worten, jede Art des diplomatischen Taktierens hat nun zwangsläufig ihr Ende“, mischte sich Lieutenant Barus ein.

Reilly überlegte kurz. Dann wandte er sich an Fähnrich Marceau. „Verständigen Sie unsere Verbündeten über die neue Lage, Fähnrich.“

„Aye, aye, Sir.“

4

Im Rendezvous-System...

„Alles bereit zum Kampfeinsatz“, meldete Lieutenant Commander Brabak Gossan, der Erste Offizier des Zerstörers  MERRITT. „Gefechtsbereitschaft aller Einheiten ist hergestellt.“

„Danke, I.O.“, antwortete Captain Walid Al-Kebir.

„Entfernung zu den Feindeinheiten Bandit 1-9 beträgt zwischen 0,46 und 0,75 AE“, meldete Peter Göransson, der Ruderoffizier.

„Es wird also noch ein bisschen dauern, bis wir Gefechtskontakt bekommen“, schloss Gregor Raimondo.

Seit Stunden materialisierten schon ständig weitere Qriid-Schiffe an verschiedenen Punkten des Rendezvous-Systems. Noch waren nicht alle Einheiten, die Raimondos Erkundungsflottille gehört hatten, am Rendezvous-Punkt 01 eingetroffen.  Kommunikationsoffizierin Lieutenant Lana Badriles hatte zwar ein verstümmeltes Sandström-Signal aufgefangen, das möglicherweise vom Leichten Kreuzer TOULOUSE stammte, noch war die Identifizierung nicht sicher. Insgesamt galten drei Schiffe als vermisst.

Raimondo hielt es inzwischen durchaus für möglich, dass sie andernorts auf Qriid-Verbände gestoßen und vernichtet worden waren.

Die Schiffe des Space Army Corps hatten sich in der Nähe des Gasriesen Rendezvous IV begeben und erwarteten dort den Feind. Der Gasriese hatte die zwanzigfache Ausdehnung des Jupiters, besaß aber nur das Fünfzehnfache seiner Masse. Um den vierten Planeten des Rendezvous-Systems kreisten über zweihundert Monde unterschiedlichster Größe. Vier von ihnen waren selbst Gasriesen von der Größe Saturns und besaßen ihrerseits wiederum zahllose Submonde. Ein komplexes System im System, das man wohl erst nach längerer astronomischer Beobachtung in seinen Feinheiten voll erfassen konnte. Aber dazu war jetzt keine Zeit.

Ausschlaggebend für die Entscheidung, sich hier her zurückzuziehen war die Tatsache, dass es hier genügend Materiebrocken gab, in deren Ortungsschatten man notfalls fliehen konnte, falls die Schlacht einen unglücklichen Verlauf nahm. Die Alternative wäre eine sofortige Flucht ins Triple Sun System gewesen, wofür sich vor allem Captain Al-Kebir ausgesprochen hatte.

Aber Raimondo war anderer Ansicht gewesen.

Erstens wollte er eventuell noch eintreffende Nachzügler aus seiner Flottille, die Rendezvous-Punkt 01 ansteuerten, nicht allein lassen und zweitens waren die Space Army Corps Einheiten bei einer sofortigen Flucht dadurch im Nachteil, dass ihre Geschwindigkeit sehr gering war. Im Gegensatz dazu materialisierten die Qriid-Schiffe mit ungefähr vierzig Prozent Lichtgeschwindigkeit und hätten jeden Fluchtversuch abfangen können.

Eine Flucht macht erst Sinn, sobald auch der Feind abgebremst hat und man als erster wieder beschleunigen kann!, wusste Raimondo.

Außerdem blieben den Space Army Corps Schiffen auf diese Weise der taktische Vorteil erhalten, den Gegner in einer geschlossenen Formation zu empfangen.

Dies entsprach ohnehin der bevorzugen Kampfdoktrin des Space Army Corps. Auf diese Weise konnten die Breitseiten der Gauss-Geschütze am Besten zur Wirkung gebracht werden.

Die MERRITT bildete das Zentrum der Formation. Die sechzig Geschütze ihrer linken Breitseite zeigten in Richtung der herannahenden Feindflottille. Die anderen Schiffe des Verbandes gruppierten so um den als Flaggschiff fungierenden Zerstörer, dass im Gefechtsfall nicht die Gefahr bestand, die eigenen Schiffe zu treffen.

Die enorme Feuerkraft mehrerer hundert Gauss-Geschütze war der Trumpf auf Seiten des Space Army Corps. Die Qriid verfügten dafür mit ihren Traserkanonen über die größere Reichweite und Zielgenauigkeit. Die verheerende Wirkung dieser Trasergeschütze war bekannt und sie experimentierten inzwischen auch bereits mit Schilden, deren Aufgabe es war, die Panzerung zu verstärken. Aber noch war es nicht soweit. Keines dieser Abwehrsysteme war einsatzbereit und es gab sogar schon Stimmen, die laut darüber nachdachten, die dafür eingesetzten Mittel doch besser in den Bau weiterer Kampfschiffe zu stecken.

Raimondo hatte diese Debatten in den Stäben und in der Politik hautnah mitbekommen.

Den Admiral hatte so manche Stellungnahme aus dem Humanen Rat regelrecht angewidert. Vielen Ratsmitgliedern schien die Sicherheit der Raumsoldaten weniger wert zu sein, als die Interessen ihrer Heimatwelt oder der jeweiligen Lobby, deren Interessen sie wahrnahmen. Eines Tages, so hatte Raimondo sich vorgenommen, würde er dafür sorgen, dass sich etwas zum Besseren änderte.

Jedenfalls war bis auf weiteres nicht mit der Entwicklung einer wirksamen Defensivbewaffnjung gegen die Traserstahlen zu rechnen. Also blieb nichts anderes übrig, als das Augenmerk auf die Offensive zu legen und diese Schwäche mit Hilfe der imposanten Feuerkraft auszugleichen.

„Es materialisieren weitere fünf Qriid-Schiffe“, meldete Lieutenant Sergej Sergejewitsch Michailow, der auf der MERRITT den Posten eines Ortungsoffiziers bekleidete. Während bei den kleineren Space Army Corps Schiffen - insbesondere den Leichten und Schweren Kreuzern – diese Funktionen lediglich von einem einzigen Offizier ausgeübt wurden, war es auf den schweren Dreadnought-Schlachtschiffen und - zumindest auf den neueren - Zerstörern üblich, beides zu trennen.

„Die wollen uns fertig machen, Sir“, lautete der Kommentar von Captain Al-Kebir.

Raimondo nickte leicht. War das ein versteckter Hinweis darauf, dass ich eine Fehleinscheidung getroffen habe, als ich entschied, dass wir uns bei Rendezvous IV sammeln, anstatt die ehrlose Flucht zu ergreifen? Die beiden Männer wechselten einen Blick. Während Captain Walid Al-Kebir zumindest etwas Kampferfahrung vorweisen konnte, hatte Raimondo innerhalb seiner außerordentlich steilen Karriere niemals ein Schiff kommandiert, das in Gefechte verwickelt gewesen war. Ich hoffe, Sie ziehen in Betracht, dass ich trotzdem recht habe, Captain Al-Kebir!, dachte Raimondo. Aber er hütete sich davor, die Sache anzusprechen. Ganz gleich, was dann dabei herauskam – er konnte nur verlieren und seine eigene Autorität beschädigen.

„Wir haben es mit einer Übermacht von mindestens drei zu eins zu tun, Admiral“, sagte Al-Kebir.

„Das ist richtig, Captain. Aber die werden nicht alle zur gleichen Zeit unsere Formation erreichen. Also wird diese Übermacht im Gefechtsgeschehen keine allzu große Rolle spielen.“

„Vorausgesetzt, es bleiben nach den ersten Angriffswellen genügend Schiffe unbeschädigt“, konnte sich Al-Kebir eine spitze Bemerkung einfach nicht verkneifen.

5

Die Stunden krochen dahin. Jede der eintreffenden Qriid-Einheiten brauchte mindestens sieben Stunden, um ihre Geschwindigkeit zumindest soweit herunterzubremsen, dass sie nicht einfach mit einem Höllentempo an der Schlachtformation der Space Army Corps Einheiten vorbeirauschte. Die Gefahr, von einem Gauss-Geschoss getroffen zu werden, war dann zwar minimal – die Möglichkeit, selbst in das Kampfgeschehen eingreifen zu können, allerdings auch.

Die Qriid näherten sich in einer weit auseinander gezogenen Formation. Auf diese Weise boten sie der geballten Feuerkraft von Tausenden von Gauss-Geschossen, die pro Minute durch die Rohre der Space Army Corps Schiffe gejagt werden konnten, weniger Treffermöglichkeiten. 

„In fünf Minuten sind die ersten Qriid-Schiffe auf Traserschussweite heran!“, meldete Michailow.

„Lassen Sie eine Transmission im Konferenzmodus aussenden!“, befahl Raimondo an Captain Al-Kebir gewandt.

„Ja, Sir.“

Der Captain gab den Befehl an Lieutenant Badriles weiter.

„Der Kanal ist frei geschaltet“, meldete die Funkoffizierin der MERRITT. „Sie können sprechen, Admiral.“

„Hier spricht Raimondo! Geben Sie Ihren Waffenoffizieren Feuer frei, sobald diese eine Trefferchance sehen. Ich wünsche Ihnen viel Glück! Halten Sie unter allen Umständen die Formation. Davon hängt viel ab!“

Die Meldungen der einzelnen Schiffe trafen ein, wonach durchgängig Feuerbereitschaft gemeldet wurde.

„Waffen! Der Befehl des Admirals gilt natürlich auch für Sie!“, wandte sich Captain Al-Kebir an Lieutenant Isztvan Detari, den Waffenoffizier der MERRITT.

„Aye, aye, Sir.“

„Waffen! Sie haben Jetzt die Schiffskontrolle!“, bestätigte Ruderoffizier Peter Göransson.

„Verstanden, Ruder!“, gab Detari zurück, dessen Finger daraufhin nur so über die Sensorpunkte seines Touch Screens schnellten.

Da die Gauss-Geschütze starr montiert waren, musste man zu ihrer Ausrichtung das Schiff in die richtige Position bringen.

„Raketensilos feuerbereit?“, fragte Detari über Interkom an den Maschinentrakt.

„Raketensilos auf ‚go’!“, kam es von dort zurück.

„Raketen Feuer frei!“, befahl Detari.