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Jane Austen

Emma

Roman

Aus dem Englischen übersetzt von
Ursula und Christian Grawe

Nachwort und Anmerkungen
von Christian Grawe

Reclam

1980, 2015 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
Durchgesehene Ausgabe 2015
Covergestaltung: Anja Grimm Gestaltung, Hamburg, unter Verwendung eines Farbkupferstichs »Anémone simple« von Langlois nach Pierre-Joseph Redouté (1759–1840). akg-images
Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen
Made in Germany 2017
RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN 978-3-15-960975-1
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-020404-7

www.reclam.de

Kapitel 1

Schön, aufgeweckt und reich, bei einem sorgenfreien Zuhause und einem glücklichen Naturell war Emma Woodhouse offenbar mit einigen der erfreulichsten Vorzüge des Daseins gesegnet und hatte beinahe einundzwanzig Jahre fast ohne jeden Anlass zu Kummer und Verdruss auf dieser Welt verbracht.

Sie war die jüngere von zwei Töchtern eines höchst zärtlichen und nachsichtigen Vaters und durch die Heirat ihrer Schwester schon recht früh Herrin seines Hauses geworden. Ihre Mutter war schon zu lange tot, als dass sich für Emma mit der Erinnerung an sie mehr als unbestimmte Vorstellungen von Zärtlichkeit verbunden hätten, und ihren Platz hatte eine ausgezeichnete Erzieherin eingenommen, deren liebende Zuneigung der einer Mutter kaum nachstand.

Sechzehn Jahre hatte Miss Taylor in Mr. Woodhouses Familie mehr als Freundin denn als Erzieherin verbracht und zu beiden Töchtern, besonders aber zu Emma ein enges Verhältnis gehabt. Zwischen ihnen herrschte eher die Vertrautheit von Schwestern. Schon lange bevor Miss Taylor aufgehört hatte, ihr Amt als Erzieherin auszuüben, hatte sie in ihrer Nachsicht Emma fast immer gewähren lassen, und da auch der bloße Schatten von Autorität längst verschwunden war, lebten sie als unzertrennliche Freundinnen miteinander, wobei Emma tat, was sie wollte: Zwar schätzte sie Miss Taylors Urteil sehr, aber sie folgte im Wesentlichen ihrem eigenen.

Das eigentliche Problem bestand deshalb darin, dass Emma zu leicht ihren Willen bekam und dazu neigte, eher zu viel von sich zu halten. Hier lauerten Gefahren, die ihrem ungetrübten Dasein drohten. Vorläufig allerdings war sie sich ihrer so wenig bewusst, dass sie sie durchaus nicht als Verhängnis empfand.

Und doch stand ihr Kummer bevor, gelinder Kummer allerdings und keineswegs in Gestalt von unliebsamer Selbsterkenntnis. Miss Taylor heiratete. Der Abschied von Miss Taylor brachte Emma den ersten seelischen Schmerz. Am Hochzeitstag ihrer geliebten Freundin hing sie zum ersten Mal längere Zeit trüben Gedanken nach. Die Feier war vorüber, das Brautpaar fort, und ihr Vater und sie mussten sich allein und ohne Aussicht auf Gesellschaft, die ihnen den langen Abend verkürzen half, zum Dinner1 niedersetzen. Ihr Vater legte sich wie üblich nach dem Essen hin, und ihr blieb nichts übrig, als dazusitzen und über ihren Verlust nachzudenken.

Ihrer Freundin versprach die Heirat alle Aussicht auf dauerhaftes Glück. Mr. Weston war ein Mann von vortrefflichem Charakter, beträchtlichem Vermögen, passendem Alter und angenehmen Umgangsformen, und es lag ein gewisser Trost darin, dass sie aus Freundschaft die Partie uneigennützig und großzügig immer selbst gewünscht und gefördert hatte; aber leicht fiel es ihr nicht. Tagtäglich und von morgens bis abends würde ihnen Miss Taylor fehlen. Sie rief sich ihre Herzlichkeit ins Gedächtnis zurück, die Herzlichkeit und Zuneigung von sechzehn Jahren: wie sie sie seit ihrem fünften Lebensjahr unterrichtet und mit ihr gespielt hatte; wie sie alles getan hatte, um sie anzuregen und zu unterhalten, wenn sie gesund war, und sie bei den verschiedenen Kinderkrankheiten gepflegt hatte. Sie war ihr zu großem Dank verpflichtet, aber das Beisammensein der letzten sieben Jahre, der Umgang auf gleichem Fuß und das völlige gegenseitige Vertrauen, das sich eingestellt hatte, als sie nach Isabellas Heirat noch mehr aufeinander angewiesen waren, war ihr in der Erinnerung noch teurer und lieber. Sie war eine Freundin und Gefährtin gewesen, wie nur wenige sie besaßen, lebensklug, gebildet, unentbehrlich, gleichmäßig freundlich, mit allen Familienangelegenheiten vertraut, an allen familiären Problemen interessiert und besonders an ihr, an all ihren Vergnügungen und Plänen. Mit ihr konnte sie alles besprechen, was ihr in den Sinn kam, und Miss Taylor liebte sie zu sehr, als dass sie an ihr jemals etwas auszusetzen gehabt hätte.

Wie sollte sie diese Umstellung nur ertragen? Es stimmte zwar, dass ihre Freundin nicht mehr als eine halbe Meile entfernt wohnte, aber Emma wusste nur zu gut, welcher Unterschied zwischen einer Mrs. Weston, nicht mehr als eine halbe Meile entfernt, und einer Miss Taylor im Haus bestehen würde, und bei all ihren natürlichen Gaben und häuslichen Möglichkeiten war sie nun in Gefahr, geistig zu verkümmern. Sie liebte ihren Vater herzlich, aber er war keine Gesellschaft für sie. Er war ihr im ernsten und scherzhaften Gespräch nicht gewachsen.

Ihr unglückseliger Altersunterschied (und Mr. Woodhouse hatte nicht gerade früh geheiratet) wurde noch wesentlich durch seinen Gesundheitszustand und seine Gewohnheiten vergrößert, denn da er in seiner geistigen und körperlichen Unbeweglichkeit sein Leben lang ein kränkelnder Mann gewesen war, wirkte er älter, als er war; und wenn er auch wegen seiner Herzensgüte und seiner immer gleichbleibenden Freundlichkeit überall sehr beliebt war, hatte er doch nie durch Talente geglänzt.

Obwohl Emmas Schwester nur sechzehn Meilen entfernt in London wohnte, also durch die Heirat nicht eigentlich von ihrer Familie getrennt war, war sie natürlich für den täglichen Umgang zu weit weg, und man musste in Hartfield viele lange Oktober- und Novemberabende überstehen, bevor Isabella und ihr Mann mit ihren kleinen Kindern zu Weihnachten zu Besuch kamen, um das Haus endlich wieder mit ihrer unterhaltsamen Gesellschaft zu füllen.

Highbury, das große und seiner Einwohnerzahl nach fast städtische Dorf, zu dem Hartfield trotz seines eigenen Namens und seines getrennten Grund und Bodens eigentlich gehörte, konnte ihr keine ebenbürtige Gesellschaft bieten. Die Woodhouses waren dort die angesehenste Familie. Man sah allgemein zu ihnen auf. Sie hatten zwar viele Bekannte, denn ihr Vater war zuvorkommend zu jedermann, aber es gab niemand unter ihnen, den sie anstelle von Miss Taylor auch nur einen halben Tag akzeptiert hätte. Es war schon eine trostlose Umstellung, und Emma konnte darüber nur seufzen und sich Unerfüllbares wünschen, bis ihr Vater erwachte und sie wieder Heiterkeit ausstrahlen musste, denn er brauchte Aufmunterung. Er war kein ausgeglichener Mensch, sondern neigte zu Depressionen; er hing an Menschen, an die er gewöhnt war, und ließ sie ungern gehen, denn jeder Wechsel war ihm zuwider. Die Ehe als Quelle der Veränderung war immer eine leidige Sache, und er hatte sich noch nicht einmal mit der Heirat seiner eigenen Tochter abgefunden und sprach von ihr immer in mitleidigem Ton, obwohl es doch ganz und gar eine Liebesheirat gewesen war, als er sich nun auch noch von Miss Taylor trennen sollte. Da er auf seine leise Art zum Egoismus neigte und sich nicht vorstellen konnte, dass andere Menschen nicht seiner Meinung waren, zweifelte er nicht daran, dass Miss Taylor sich selbst und ihnen einen schlechten Dienst erwiesen hatte und viel glücklicher gewesen wäre, wenn sie den Rest ihres Lebens in Hartfield verbracht hätte. Emma lächelte und plauderte, so heiter sie nur konnte, damit er nicht auf solche trüben Gedanken verfiel, aber als der Tee serviert wurde, konnte er sich nicht enthalten zu wiederholen, was er schon bei Tisch gesagt hatte:

»Arme Miss Taylor! Wenn sie nur wieder hier wäre. Es ist ein wahrer Jammer, dass Mr. Weston ausgerechnet auf sie verfallen musste.«

»Ich kann dir nicht zustimmen, Papa, das weißt du genau. Mr. Weston ist ein so umgänglicher, angenehmer und ausgezeichneter Mann, dass er eine gute Frau von Herzen verdient, und du kannst doch nicht wollen, dass Miss Taylor ihr Leben bei uns verbringt und meine Launen über sich ergehen lässt, wenn sie ein eigenes Haus haben kann.«

»Ein eigenes Haus! Wo ist der Vorteil bei einem eigenen Haus? Unseres ist dreimal so groß, und du hast doch gar keine Launen, mein Kind.«

»Und wie oft wir uns gegenseitig besuchen werden! Wir werden uns ständig sehen! Wir müssen den Anfang machen, wir müssen ihnen möglichst bald einen Hochzeitsbesuch machen.«

»Mein Kind, wie soll ich denn zu ihnen hinkommen? Randalls ist doch viel zu weit. Wie soll ich denn zu Fuß zu ihnen hinkommen?«

»Nein, Papa, wer denkt denn an zu Fuß gehen? Wir fahren natürlich mit der Kutsche.«

»Mit der Kutsche! Aber es ist James bestimmt nicht recht, für einen so kurzen Weg die Pferde anzuspannen, und wo sollen die armen Pferde bleiben, während wir den Besuch machen?«

»In Mr. Westons Stall natürlich, Papa. Das haben wir doch alles schon besprochen. Wir haben alles gestern Abend mit Mr. Weston verabredet. Und was James betrifft, so kannst du sicher sein, dass er immer gerne nach Randalls fährt, weil seine Tochter dort Dienstmädchen ist. Ich bezweifle höchstens, dass er uns noch irgendwo anders hinfahren will. Dafür hast du gesorgt, Papa. Du hast Hannah die gute Stelle besorgt. Niemand hat an Hannah gedacht, bis du darauf gekommen bist. James ist dir so dankbar.«

»Ich bin froh, dass ich daran gedacht habe. Es ist ein Glück, denn ich möchte auf keinen Fall, dass der arme James denkt, wir übergehen ihn, und außerdem bin ich überzeugt, dass sie ein sehr adrettes Hausmädchen ist. Sie ist ein höfliches Kind und weiß sich nett auszudrücken. Ich halte viel von ihr. Immer wenn ich sie sehe, knickst sie und fragt mich sehr adrett, wie es mir geht, und wenn sie zum Handarbeiten hier ist, dann fällt mir immer auf, dass sie den Türknopf richtig dreht und nicht mit der Tür knallt. Sie wird bestimmt ein ausgezeichnetes Stubenmädchen, und es ist eine Wohltat für die arme Miss Taylor, jemanden um sich zu haben, den sie schon kennt. Immer wenn James seine Tochter besucht, hört Miss Taylor dann auch gleich von uns. Er kann ihr erzählen, wie es uns allen geht.«

Emma gab sich alle Mühe, das Gespräch in diesem erfreulicheren Fahrwasser zu halten, und hoffte, mit Hilfe von Backgammon ihren Vater einigermaßen durch den Abend zu schleusen, so dass sie nur mit ihrer eigenen Niedergeschlagenheit zu kämpfen hatte. Aber kaum war der Spieltisch aufgestellt, da trat ein Besucher ins Zimmer und machte diese Mühe überflüssig.

Mr. Knightley, ein Mann von Charakter, etwa sieben- oder achtunddreißig Jahre alt, war nicht nur ein sehr alter und enger Freund der Familie, sondern ihr als älterer Bruder von Isabellas Mann noch besonders verbunden. Er wohnte ungefähr eine Meile von Highbury entfernt und war ein ständiger, immer willkommener Besucher – heute mehr denn je, da er gerade von ihren gemeinsamen Verwandten aus London zurückkam. Er war einige Tage fort gewesen und hatte, zu einem späten Dinner heimgekehrt, nun einen Spaziergang nach Hartfield gemacht, um zu berichten, am Brunswick Square2 gehe es allen gut. Es war ein glücklicher Umstand, und er hielt Mr. Woodhouse eine Zeitlang bei guter Laune. Mr. Knightley wirkte anregend, was Emmas Vater immer guttat, und seine vielen Fragen nach der »armen Isabella« und ihren Kindern wurden zu seiner vollen Zufriedenheit beantwortet. Als seine Neugier gestillt war, bemerkte Mr. Woodhouse dankbar: »Wie nett von Ihnen, Mr. Knightley, noch zu dieser späten Stunde herüberzukommen. Es muss ein scheußlicher Gang gewesen sein.«

»Keineswegs, Sir3, es ist eine wunderschöne Mondnacht und so milde, dass ich weiter von Ihrem großen Kaminfeuer wegrücken muss.«

»Aber es muss doch nasskalt und schmutzig draußen sein. Hoffentlich haben Sie sich keine Erkältung geholt.«

»Schmutzig, Sir! Sehen Sie meine Schuhe an. Nicht ein Spritzer!«

»Nanu, das ist ja eigenartig, denn hier hat es richtig gegossen. Beim Frühstück hat es eine halbe Stunde lang furchtbar gegossen. Ich wollte sogar die Hochzeit verschieben lassen.«

»Apropos, ich habe Ihnen noch gar nicht zu dem freudigen Ereignis gratuliert. Aber da ich ja weiß, wie Sie beide sich bei dem freudigen Ereignis fühlen, war es mir mit den Glückwünschen nicht eilig. Ich hoffe, es ist alles gut verlaufen? Wie war Ihnen allen zumute? Wer hat am meisten geschluchzt?«

»Ach, die arme Miss Taylor! Was für eine traurige Geschichte!«

»Die armen Woodhouses, wenn ich bitten darf, denn ›die arme Miss Taylor‹ kann ich beim besten Willen nicht sagen. Ich schätze Emma und Sie sehr, aber wenn es um Abhängigkeit und Unabhängigkeit geht, kein Zweifel, man dient lieber einem Herrn als zweien.«

»Besonders, wenn einer von beiden ein so launisches, anspruchsvolles Geschöpf ist«, rief Emma halb im Scherz. »Das wollten Sie doch damit sagen, nicht wahr? Und Sie hätten es auch gesagt, wenn mein Vater nicht hier wäre.«

»Ich glaube, er hat völlig recht, mein Kind«, sagte Mr. Woodhouse mit einem Seufzer. »Ich fürchte, manchmal bin ich wirklich launisch und anspruchsvoll.«

»Aber liebster Papa! Du glaubst doch nicht im Ernst, Mr. Knightley oder ich hätten dich gemeint. Was für ein haarsträubender Gedanke! Nein, nein, ich habe nur mich gemeint. Mr. Knightley hat immer etwas an mir auszusetzen, im Spaß natürlich, alles nur im Spaß. Wir sagen uns immer offen die Meinung.«

Mr. Knightley war tatsächlich einer der wenigen Menschen, die an Emma Woodhouse etwas auszusetzen hatten, und der einzige, der es ihr auch sagte; und wenn schon Emma selbst das nicht besonders schätzte, ihrem Vater gefiel es, wie sie wusste, so ganz und gar nicht, dass er auf keinen Fall Verdacht schöpfen sollte, sie werde nicht von jedermann für vollkommen gehalten.

»Emma weiß genau, dass ich ihr niemals schmeichle«, sagte Mr. Knightley, »aber ich hatte an niemanden im Besonderen gedacht. Miss Taylor war daran gewöhnt, zwei Herren zu dienen; jetzt hat sie nur noch einen. Dabei kann sie doch nur gewinnen.«

»Gut«, sagte Emma, geneigt, den Fall auf sich beruhen zu lassen. »Sie wollten von der Hochzeit hören, und ich berichte Ihnen gern davon, denn wir haben uns alle ganz reizend benommen. Alle waren pünktlich, zeigten sich von ihrer besten Seite, keine Tränen, kaum lange Gesichter. Nein, nein, wir wussten ja alle, dass wir auch nur eine halbe Meile voneinander entfernt sein und uns natürlich täglich sehen würden.«

»Die liebe Emma, sie trägt alles so gefasst«, sagte ihr Vater, »aber in Wirklichkeit, Mr. Knightley, geht ihr der Verlust Miss Taylors sehr nahe, und ich bin sicher, sie wird ihr viel mehr fehlen, als sie ahnt.«

Emma wandte sich, zwischen Lachen und Weinen schwankend, ab.

»Es ist ganz ausgeschlossen, dass eine solche Freundin Emma nicht fehlen sollte«, sagte Mr. Knightley. »Wenn wir das annehmen müssten, Sir, würden wir sie weniger gernhaben. Aber sie weiß auch, wie vorteilhaft die Heirat für Miss Taylor ist; sie weiß, wie erfreulich es für Miss Taylor sein muss, in ihrem Alter Herrin eines eigenen Zuhause und unter so günstigen Bedingungen für ihr Leben versorgt zu sein, und daher muss ihre Freude ihren Schmerz überwiegen. Alle wahren Freunde von Miss Taylor können nur froh sein, dass sie sich so glücklich verheiratet hat.«

»Und einen Anlass zur Freude für mich haben Sie noch vergessen«, sagte Emma, »und zwar einen ganz besonderen: dass ich die Ehe zustande gebracht habe. Ich habe die Ehe nämlich vor vier Jahren zustande gebracht; und sie tatsächlich stattfinden zu sehen und recht zu behalten, obwohl so viele Leute überzeugt waren, Mr. Weston werde nicht wieder heiraten, ist Entschädigung genug für mich.«

Mr. Knightley sah sie kopfschüttelnd an. Ihr Vater antwortete liebevoll: »Ach, mein Kind, wenn du nur nicht immer Heiratspläne schmieden und Voraussagen machen würdest, denn alles, was du sagst, geht in Erfüllung. Lass bitte die Finger davon.«

»Für mich selbst will ich das gern versprechen, Papa, aber für andere Leute muss ich unbedingt weiter Heiratspläne schmieden. Das ist das größte Vergnügen der Welt! Und dann noch nach diesem Erfolg! Alle waren überzeugt, Mr. Weston werde nicht wieder heiraten. Um Gottes willen, nein, Mr. Weston, der schon so lange Witwer war und anscheinend ohne Frau so vollkommen zufrieden, ständig mit seinen Geschäften in London befasst und immer gut gelaunt, Mr. Weston brauchte doch nicht einen einzigen Abend im Jahr alleine zu Hause zu verbringen, wenn er nicht wollte. O nein, Mr. Weston würde bestimmt nicht wieder heiraten. Einige Leute wollten sogar von einem Versprechen wissen, das er seiner Frau auf dem Totenbett gegeben, und andere davon, dass sein Sohn und dessen Onkel es ihm verboten hatten. Aller möglicher Unsinn wurde verkündet, aber ich hielt kein Wort davon für wahr. Seit dem Tag (vor ungefähr vier Jahren), als Miss Taylor und ich ihn auf der Broadway Lane trafen und er, weil es zu nieseln anfing, mit so viel Galanterie davonschoss und für uns zwei Regenschirme von Bauer Mitchell lieh, war es für mich beschlossene Sache. Von dem Augenblick an habe ich die Ehe sorgfältig geplant, und jetzt, wo mein Werk von solchem Erfolg gekrönt worden ist, lieber Papa, soll ich das Heiratspläneschmieden aufgeben?«

»Ich verstehe nicht, was du mit ›Erfolg‹ meinst«, sagte Mr. Knightley. »Erfolg setzt Bemühung voraus. Du hast deine Zeit wahrlich sinnvoll und angemessen verbracht, wenn du dich die letzten vier Jahre bemüht hast, diese Ehe zustande zu bringen. Eine würdige Beschäftigung für eine junge Dame! Aber wenn, was ich fast vermute, dein Heiratspläneschmieden, wie du es nennst, nur heißen soll, dass du sie geplant hast, indem du eines schönen Tages zu dir gesagt hast: ›Ich glaube, Mr. Weston wäre eine gute Partie für Miss Taylor‹, und wenn du dir das lang genug eingeredet hast, warum sprichst du dann von Erfolg? Wo ist dein Verdienst? Worauf bist du stolz? Du hast richtig geraten, das ist alles.«

»Und kennen Sie nicht das Vergnügen und den Triumph, richtig geraten zu haben? Dann tun Sie mir leid. Ich hatte Sie für klüger gehalten, denn verlassen Sie sich darauf, richtig zu raten ist niemals bloßes Glück. Eine gewisse Begabung gehört immer dazu, und was mein unglückliches Wort ›Erfolg‹ angeht, um das Sie sich zanken wollen, so glaube ich nicht, dass ich keinerlei Anspruch darauf habe. Sie haben zwei hübsche Standpunkte formuliert, aber ich finde, es gibt noch einen dritten, eine Möglichkeit zwischen Nichtstun und Allestun. Wenn ich Mr. Westons Besuche bei uns nicht ermutigt und hier und da ein bisschen nachgeholfen und allerlei Unebenheiten geglättet hätte, wäre aus allem vielleicht gar nichts geworden. Sie kennen ja Hartfield gut genug, um zu wissen, was ich meine.«

»Ein aufrichtiger und offener Mann wie Mr. Weston und eine vernünftige und unaffektierte Frau wie Miss Taylor kann man getrost sich selbst überlassen. Wahrscheinlich hast du mit deinem Eingreifen eher dir selbst geschadet als ihnen genützt.«

»Emma denkt nie an sich selbst, wenn sie anderen helfen kann«, mischte sich Mr. Woodhouse wieder ein, der nur die Hälfte verstand. »Aber, Kind, tu mir den Gefallen, schmiede keine Heiratspläne mehr. Ehen sind Unsinn. Es ist traurig, wie sie die häusliche Gemütlichkeit zerstören.«

»Nur eine Ehe noch, Papa, nur Mr. Eltons. Der arme Mr. Elton! Du magst ihn gern, Papa. Ich muss mich nach einer Frau für ihn umsehen. In Highbury gibt es niemand, der ihn verdient. Er ist nun schon ein ganzes Jahr hier und hat sein Haus so gemütlich eingerichtet, dass es ein Jammer wäre, wenn er nicht bald heiratete. Und als er heute die Hände des Brautpaars zusammentat, sah er aus, als ließe er sich diesen freundlichen Dienst auch nicht ungern gefallen.«

»Mr. Elton ist ein adretter junger Mann, ohne Frage, und ein ausgezeichneter junger Mann, und ich mag ihn wirklich gern. Aber wenn du ihm einen Gefallen tun willst, mein Kind, lade ihn eines Tages zum Essen bei uns ein. Das scheint mir sinnvoller. Mr. Knightley ist sicher so freundlich, auch zu kommen.«

»Mit dem größten Vergnügen, Sir, jederzeit«, sagte Mr. Knightley lachend, »und ich bin völlig Ihrer Meinung, dass es viel sinnvoller wäre. Lade ihn zum Essen ein, Emma, setz ihm einen schönen Braten vor, aber um eine Frau lass ihn sich selber kümmern. Verlass dich darauf, ein Mann von sechsundzwanzig oder siebenundzwanzig Jahren kann für sich selber sorgen.«

Kapitel 2

Mr. Weston stammte aus einer angesehenen Familie in Highbury, die seit zwei oder drei Generationen immer mehr zu Ansehen und Wohlstand gelangt war. Er hatte eine gute Erziehung erhalten, aber da er schon früh zu finanzieller Unabhängigkeit gekommen war, hatte er sich für die solide berufliche Laufbahn seiner Brüder nicht interessiert und seinen lebendigen, aufgeschlossenen Geist und sein Bedürfnis nach Geselligkeit dadurch befriedigt, dass er Offizier geworden war.

Hauptmann Weston war allgemein beliebt, und als er bei einem der gesellschaftlichen Anlässe, die das Soldatenleben mit sich brachte, mit Miss Churchill aus einer hochvornehmen Familie in Yorkshire bekannt geworden war und sie sich in ihn verliebte, wunderte sich niemand außer ihrem Bruder und seiner Frau, die ihn aber niemals gesehen hatten und deren Familienstolz durch diese Verbindung verletzt war.

Da aber Miss Churchill volljährig war und über ihr Vermögen, das allerdings zum Familienbesitz in keinem Verhältnis stand, verfügen konnte, ließ sie sich die Heirat nicht ausreden. Sie fand statt und wurde von Mr. und Mrs. Churchill, die sich von ihrer Schwester in aller Form lossagten, als unaussprechliche Kränkung empfunden. Aber die ungleiche Verbindung war auf die Dauer nicht glücklich. Mrs. Weston hätte eigentlich darin mehr Erfüllung finden müssen, denn in seiner menschlichen Güte und seelischen Ausgeglichenheit dachte ihr Mann nur daran, wie er sich für die ihm zugefallene Liebe dankbar erweisen könne. Es fehlte ihr zwar nicht an Entschlossenheit, aber an Ausdauer. Sie war resolut genug, ihren Willen gegen den ihres Bruders durchzusetzen, aber nicht bereit, unvernünftiges Bedauern über den unvernünftigen Zorn ihres Bruders und die Sehnsucht nach dem Luxus ihrer Jugend zu überwinden. Sie lebten über ihre Verhältnisse, und trotzdem blieb ihr Lebensstil weit hinter dem von Enscombe zurück. Nicht dass sie ihren Mann nicht liebte, aber sie wollte gleichzeitig die Frau von Hauptmann Weston und Miss Churchill von Enscombe sein.

Hauptmann Weston, der vor allem in den Augen der Churchills eine fabelhafte Partie gemacht hatte, hatte, wie sich bald herausstellte, in Wirklichkeit den Kürzeren gezogen, denn als seine Frau nach dreijähriger Ehe starb, war er eher ärmer als vorher und hatte für ein Kind zu sorgen. Von dem Unterhalt dieses Kindes allerdings wurde er bald befreit. Da die langwierige Krankheit seiner Mutter auf die Gemüter ohnehin begütigend gewirkt hatte, war durch den Jungen eine halbe Aussöhnung zustande gekommen, und Mr. und Mrs. Churchill, die weder eigene Kinder noch für irgendwelche Nachkommen in der unmittelbaren Verwandtschaft zu sorgen hatten, erboten sich bald nach ihrem Tod, die Erziehung des kleinen Frank zu übernehmen. Obwohl der Vater und Witwer dabei vermutlich Skrupel und innere Widerstände zu überwinden hatte, gab er doch anderen Überlegungen den Vorrang, und das Kind wurde der Obhut und dem Wohlstand der Churchills anvertraut. Mr. Weston konnte nun ganz seinem eigenen Vergnügen leben und seine finanzielle Lage verbessern, so gut es ging.

Ein vollständiger Neuanfang erschien ihm wünschenswert. Er nahm seinen Abschied und wurde Kaufmann, und da seine Brüder mit ihren Firmen in London schon etabliert waren, hatte er die denkbar besten Voraussetzungen dafür. Diese Tätigkeit bot ihm gerade Beschäftigung genug. Das kleine Haus in Highbury hatte er behalten und verbrachte dort den größten Teil seiner Freizeit, und so vergingen die nächsten achtzehn oder zwanzig Jahre seines Lebens zwischen nützlicher Beschäftigung und sorgloser Geselligkeit auf angenehme Weise. Inzwischen hatten sich seine Vermögensverhältnisse so stabilisiert, dass er sich einen ihm schon lange in die Augen stechenden Besitz in der Nähe Highburys kaufen, sogar eine so unvermögende Frau wie Miss Taylor heiraten und sich sein Leben entsprechend den Neigungen seiner freundlichen und geselligen Disposition einrichten konnte.

Auf Miss Taylor nahm er bei seinen Plänen schon seit längerem Rücksicht, aber da ihn keine jugendliche Leidenschaft trieb, hatte er den Entschluss, nicht zu heiraten, bevor er Randalls kaufen konnte, nicht umstoßen wollen, denn der Erwerb von Randalls lag ihm seit langem am Herzen. Er verfolgte dieses Ziel beharrlich, bis er es erreicht hatte. Nun hatte er sein Vermögen gemacht, sein Haus erworben und seine Frau bekommen. Ein neuer Lebensabschnitt, von dem er sich mehr Glück versprach als in seinem ganzen bisherigen Leben, begann. Unglücklich war er eigentlich nie gewesen, nicht einmal in seiner ersten Ehe; davor hatte ihn seine Ausgeglichenheit bewahrt. Aber seine zweite Ehe würde den Beweis erbringen, welche Quelle des Glücks eine menschlich reife und liebenswerte Frau darstellt und wie viel besser es ist zu wählen, als gewählt zu werden, Dankbarkeit hervorzurufen als empfinden zu müssen.

Er konnte sich dabei ganz von seinen Wünschen leiten lassen. Sein Vermögen stand zu seiner Verfügung, denn dass Frank das Erbe seines Onkels antreten würde, verstand sich von selbst. Er war offiziell adoptiert worden und würde bei seiner Volljährigkeit den Namen Churchill annehmen. Es erschien deshalb unwahrscheinlich, dass er jemals auf die finanzielle Unterstützung seines Vaters angewiesen sein würde. Zu dieser Befürchtung bestand also kein Anlass. Seine Tante war zwar eine unberechenbare Frau, und sie beherrschte ihren Mann vollständig, aber es überstieg Mr. Westons Vorstellungsvermögen, dass diese Launen Einfluss auf das Schicksal eines geliebten, und noch dazu zu Recht so geliebten Menschen haben könnten. Er traf mit seinem Sohn jedes Jahr in London zusammen und war stolz auf ihn; sein günstiger Bericht über diesen prächtigen jungen Mann veranlasste ganz Highbury dazu, auch stolz auf ihn zu sein. Er wurde in dem Ort so weit als zugehörig betrachtet, dass seine Verdienste und seine Aussichten die öffentliche Meinung beschäftigten.

Mr. Frank Churchill war ein Ruhmesblatt Highburys, und es herrschte das lebhafte Bedürfnis, ihn kennenzulernen, obwohl diese Ehre so wenig erwidert wurde, dass er in seinem ganzen Leben noch nicht dort gewesen war. Sein bevorstehender Besuch bei seinem Vater war zwar immer wieder Gesprächsthema gewesen, aber nie zustande gekommen.

Jetzt, zur Hochzeit seines Vaters, so nahm man allgemein an, werde der Besuch als eine angemessene Geste endlich stattfinden. Und wenn Mrs. Perry bei Mrs. und Miss Bates zum Tee war oder wenn Mrs. und Miss Bates den Besuch erwiderten, gab es darüber nur eine Meinung. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, Mr. Frank Churchill in ihrer Mitte zu empfangen, und diese Hoffnung verstärkte sich noch, als man hörte, er habe seiner neuen Mutter zu diesem Anlass geschrieben. Tagelang beherrschte der reizende Brief, den Mrs. Weston erhalten hatte, das Gespräch bei jedem Vormittagsbesuch in Highbury. »Ich nehme an, Sie haben schon von dem reizenden Brief gehört, den Mr. Frank Churchill Mrs. Weston geschrieben hat? Es soll ein ganz reizender Brief gewesen sein. Mr. Woodhouse hat mir davon erzählt. Mr. Woodhouse hat ihn sogar gesehen, und er sagt, dass er noch nie einen so reizenden Brief gesehen hat.«

Es war in der Tat ein unbezahlbarer Brief. Mrs. Weston hatte sich natürlich eine sehr positive Meinung von dem jungen Mann gebildet, und eine solche wohltuende Aufmerksamkeit war ein unwiderleglicher Beweis für seine Lebensart und daher für sie ein höchst willkommener Anlass, noch mehr Glückwünsche entgegenzunehmen, als sie schon zu ihrer Hochzeit empfangen hatte. Sie selbst war von ihrem Glück zutiefst überzeugt und alt genug, um zu wissen, für wie glücklich man sie halten musste, wo sie doch nichts zu bedauern hatte, als dass sie Freunden, mit denen sie nach wie vor befreundet war und die den Verlust ihrer Gesellschaft schmerzlich empfanden, räumlich etwas ferner gerückt war.

Sie war sich darüber im Klaren, dass sie manchmal vermisst wurde, und konnte nicht ohne Schmerz daran denken, dass Emma ihretwegen auch nur eines einzigen Vergnügens beraubt oder einer Stunde Langeweile ausgesetzt war. Aber die gute Emma war kein schwacher Charakter; sie war der Situation besser gewachsen als die meisten Mädchen und besaß Verstand und Energie und Lebensmut, die sie hoffentlich unbeschwert und glücklich durch alle die kleinen Schwierigkeiten und Entbehrungen hindurchschleusen würden. Und dann war es ein großer Trost, dass Randalls in so bequemer Entfernung von Hartfield lag, so leicht erreichbar war, sogar für eine einsame Spaziergängerin, und dass Mr. Westons Charakter und Umstände sie in der kommenden gesellschaftlichen Wintersaison nicht davon abhalten würden, jeden zweiten Tag der Woche zusammen zu verbringen.

Für Mrs. Weston überwog in ihrem neuen Leben die Dankbarkeit bei weitem das Bedauern, und ihre Zufriedenheit, ihr Übermaß an Zufriedenheit, ihr heiteres Genießen war so berechtigt und so offensichtlich, dass Emma, obwohl sie ihren Vater kannte, über sein nicht enden wollendes Bedauern der »armen Miss Taylor« nur staunen konnte, wenn sie sie nach einem Besuch in Randalls von häuslicher Behaglichkeit umgeben zurückließen oder sie nach einem Besuch bei sich hinausbegleiteten und sie am Arm ihres Mannes auf ihre eigene Kutsche zuschritt. Und trotzdem geschah das nie, ohne dass Mr. Woodhouse einen leisen Seufzer ausstieß und sagte:

»Ach, die arme Miss Taylor! Wie gerne würde sie bei uns bleiben.«

Es bestand keine Aussicht, Miss Taylor zurückzugewinnen, und wenig Hoffnung, dass die Klagen über ihr unglückliches Schicksal aufhören würden. Nach einigen Wochen allerdings war das Schlimmste für Mr. Woodhouse vorüber. Die Gratulationsbesuche hörten auf, er brauchte sich nicht mehr über die Glückwünsche zu einem so trostlosen Ereignis zu ärgern, und der Hochzeitskuchen, der eine Quelle des Unbehagens für ihn gewesen war, war aufgegessen. Er selbst vertrug nichts schwer Verdauliches und konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es nicht allen anderen Menschen ebenso ging. Was für ihn ungesund war, musste es für alle sein, und er hatte deshalb verzweifelt vom Backen eines Kuchens abgeraten, und als das nichts nützte, alle beschworen, nicht davon zu essen. Er war sogar so weit gegangen, Mr. Perry, den Apotheker, diesbezüglich zu konsultieren. Mr. Perry war ein intelligenter, gebildeter Mann, dessen häufige Besuche einer der Lichtblicke in Mr. Woodhouses Leben waren, und auf das Thema angesprochen, musste er einräumen (obwohl er es offensichtlich nur widerwillig tat), dass Hochzeitskuchen, außer in Maßen genossen, für viele, wenn nicht die meisten Menschen schlecht bekömmlich sei. Mit dieser seine eigene Meinung unterstützenden Ansicht hoffte Mr. Woodhouse jeden Besucher der Neuvermählten zu überzeugen, und doch wurde der Kuchen gegessen, und Mr. Woodhouses menschenfreundliche Befürchtungen ließen erst nach, als er alle war.

Es gab sogar das eigenartige Gerücht in Highbury, dass alle kleinen Perrys mit einem Stück von Mrs. Westons Hochzeitskuchen in der Hand gesehen worden waren, aber das wollte Mr. Woodhouse auf keinen Fall glauben.

Kapitel 3

Auf seine Art war Mr. Woodhouse durchaus ein geselliger Mensch. Er hatte es gern, wenn seine Freunde ihn besuchen kamen, und aufgrund verschiedener zusammenwirkender Faktoren – seine lange Anwesenheit in Hartfield, seine Freundlichkeit, sein Vermögen, sein Haus und seine Tochter – konnte er über seinen eigenen kleinen Zirkel im großen Ganzen verfügen, wie es ihm gefiel. Über diesen kleinen Kreis hinaus pflegte er kaum Umgang mit anderen Familien; seine Abneigung gegen spätes Zubettgehen und große Dinnergesellschaften machte ihn für alle Bekanntschaften ungeeignet, die sich nicht völlig auf seine Lebensgewohnheiten einstellten.

Glücklicherweise war daran in Highbury, Randalls eingeschlossen, und in der Nachbargemeinde, wo Mr. Knightleys Besitz Donwell Abbey lag, kein Mangel. Nicht selten hatte er durch Emmas Überredung einige der Erwählten und Genehmsten zum Essen bei sich, aber noch lieber waren ihm gemütliche Abende, und außer wenn er nicht zu Geselligkeit aufgelegt war, gab es kaum einen Abend in der Woche, an dem Emma nicht eine Kartenpartie für ihn zustande brachte.

Die Westons und Mr. Knightley kamen aus echter, langer Freundschaft, und Mr. Elton, ein junger Mann, dem sein Junggesellendasein ohnehin nicht behagte, fand es keineswegs zu verachten, dass er an freien Abenden die Langeweile seines Alleinseins gegen die Annehmlichkeiten und die Gesellschaft in Mr. Woodhouses Wohnzimmer und das Lächeln seiner reizenden Tochter eintauschen durfte.

Danach kam die zweite Garnitur, von der Mrs. und Miss Bates und Mrs. Goddard am geschätztesten waren, weil sie für eine Einladung nach Hartfield fast immer zur Verfügung standen. Und sie wurden so regelmäßig abgeholt oder nach Hause gebracht, dass Mr. Woodhouse es nicht als Zumutung für James oder die Pferde empfand. Wäre es nur einmal im Jahr vorgekommen, hätte er es für unerträglich gehalten.

Mrs. Bates, die Witwe eines früheren Vikars von Highbury, war eine so alte Dame, dass sie jenseits von allem, außer Tee und Kartenspiel, war. Sie lebte mit ihrer unverheirateten Tochter ziemlich eingeschränkt und erfreute sich all der Anteilnahme und Achtung, die eine harmlose alte Dame in so bescheidenen Verhältnissen genießt. Dafür, dass sie weder jung, schön, reich noch verheiratet war, erfreute sich ihre Tochter einer ungewöhnlichen Beliebtheit. Miss Bates hatte die denkbar schlechtesten Voraussetzungen, um viel öffentliches Ansehen zu genießen, und besaß nicht einmal die geistige Überlegenheit, den Mangel auszugleichen oder all denen äußeren Respekt einzuflößen, die ihr nicht wohlwollten. Großer Schönheit und Klugheit hatte sie sich nie rühmen können. Ihre Jugend war ohne Aufregungen vergangen, und ihre reifen Jahre verbrachte sie damit, eine kränkliche Mutter zu betreuen und das geringe Einkommen zu strecken, soweit es ging. Und doch war sie eine glückliche Frau und eine, von der niemand ohne Wohlwollen sprach. Ihre eigene unerschöpfliche Freundlichkeit und ihre immerwährende Zufriedenheit wirkten dieses Wunder. Sie mochte alle, nahm an dem Glück aller teil, sah in allen nur das Gute und hielt sich für den glücklichsten Menschen der Welt, weil sie gesegnet war mit einer so ausgezeichneten Mutter, so vielen guten Nachbarn und Freunden und einem in jeder Hinsicht so ausreichenden Zuhause. Ihre angeborene Schlichtheit und Heiterkeit, ihre zufriedene und dankbare Haltung waren überall eine Empfehlung für die anderen und eine Quelle des Glücks für sie selbst. Sie konnte sich endlos über Kleinigkeiten auslassen, was ganz nach Mr. Woodhouses Geschmack war, und steckte voller Trivialitäten und harmlosem Klatsch.

Mrs. Goddard war die Leiterin einer Schule – nicht etwa eines Seminars oder einer Anstalt, die sich in langen Sätzen voller gebildetem Unsinn dazu bekannte, reichliche Erkenntnisse mit einer gediegenen Moral auf der Basis neuer Prinzipien und neuer Systeme zu vereinigen, und in der den jungen Damen für enorme Summen Gesundheit ausgetrieben und Eitelkeit eingebläut wird, sondern es handelte sich um ein richtiges, solides, altmodisches Pensionat, wo eine angemessene Menge von Fertigkeiten für einen angemessenen Preis erworben wird und wohin man Mädchen schicken kann, damit sie aus dem Weg sind und sich ein bisschen Bildung zusammenkratzen können, ohne Gefahr zu laufen, als Genie zurückzukommen. Mrs. Goddards Schule stand – und zwar zu Recht – in hohem Ansehen, denn Highbury galt als besonders gesundes Fleckchen Erde. Mrs. Goddards Haus und Garten waren weiträumig, und sie gab den Mädchen reichlich gesunde Nahrung, ließ sie im Sommer viel draußen frei herumlaufen und behandelte im Winter eigenhändig ihre Frostbeulen. Es war daher kein Wunder, dass unterdessen ein Trupp von vierzig Mädchen – zwei und zwei – hinter ihr in die Kirche marschierte. Sie war eine schlichte, mütterliche Frau, die in ihrer Jugend hart gearbeitet hatte und sich nun den Luxus eines gelegentlichen Teebesuchs gönnen zu dürfen glaubte; und da sie Mr. Woodhouse viel zu verdanken hatte, kam sie sehr gern der Verpflichtung nach, ihm zuliebe ihr adrettes, mit Handarbeiten geschmücktes Wohnzimmer zu verlassen und an seinem Kamin ein paar Pfennige zu gewinnen oder zu verlieren, wenn ihre Zeit es erlaubte.

Das waren die Damen, die Emma regelmäßig zur Verfügung standen, und sie schätzte sich darüber um ihres Vaters willen glücklich, denn natürlich waren sie kein Ersatz für den Verlust von Mrs. Weston. Sie freute sich, dass ihr Vater so zufrieden aussah, und war stolz auf ihr Organisationstalent, aber die dahinplätschernde Weitschweifigkeit der drei Damen bestätigte jedes Mal ihre eigenen Befürchtungen für diese Abende.

Als sie eines Vormittags dasaß und dem üblichen Abschluss des Tages mit gemischten Gefühlen entgegensah, kam ein Brief von Mrs. Goddard, die in aller Bescheidenheit um die Erlaubnis bat, Miss Smith mitbringen zu dürfen, eine Emma höchst willkommene Bitte, denn Miss Smith war ein siebzehnjähriges Mädchen, das sie von Ansehen gut kannte und das sie wegen ihrer Schönheit seit langem interessierte. Sie schickte deshalb eine sehr liebenswürdige Einladung zurück, und gleich erschien der Hausherrin der Abend in einem anderen Licht.

Harriet Smith war die natürliche Tochter eines Unbekannten. Ein Unbekannter hatte sie vor einigen Jahren zu Mrs. Goddard gegeben und vor kurzem finanziell dafür gesorgt, dass sie Familienanschluss bei Mrs. Goddard fand. Das war alles, was man über ihre Herkunft wusste. Außer den in Highbury erworbenen hatte sie anscheinend keine Freunde und war gerade von einem langen Aufenthalt bei zwei früheren Schulfreundinnen auf dem Lande zurückgekehrt.

Sie war ein ausgesprochen hübsches Mädchen und genau der Typ von Schönheit, den Emma besonders bewunderte. Sie war klein, mollig und blond, mit zartem frischem Teint, blauen Augen, hellem Haar, regelmäßigen Gesichtszügen und einem lieblichen Ausdruck. Bevor der Abend vorüber war, war Emma so angetan von ihrem Benehmen und ihrer Art, dass sie die Bekanntschaft um jeden Preis fortsetzen wollte.

Miss Smiths Unterhaltung fiel ihr nicht als besonders geistreich auf, aber insgesamt fand sie das Mädchen in seiner ansprechenden Natürlichkeit und seinem Geplauder sehr einnehmend. Sie drängte sich nicht vor, sondern war so zurückhaltend und bescheiden, für die Einladung nach Hartfield so dankbar, auf naive Weise von dem ihrer eigenen Häuslichkeit so überlegenen Lebensstil so beeindruckt, dass sie durchaus verständig sein musste und Förderung verdiente. Und Förderung sollte sie erfahren. Diese blauen Augen und all dieser natürliche Charme durften nicht an die kleinbürgerliche Welt Highburys und ihresgleichen verschwendet werden. Die schon gemachten Bekanntschaften waren ihrer unwürdig. Die Freunde, von denen sie gerade zurückgekommen war, waren rechtschaffene Leute, aber doch kein Umgang für sie. Es handelte sich um eine Familie Martin, die Emma dem Namen nach kannte, weil sie einen großen Bauernhof von Mr. Knightley gepachtet hatten und in der Gemeinde Donwell lebten, gediegene Leute, gewiss. Mr. Knightley sprach, wie sie wusste, in den höchsten Tönen von ihnen, aber sie waren bestimmt ziemlich gewöhnlich und ungebildet und als vertrauter Umgang für ein Mädchen völlig ungeeignet, dem zur Vollkommenheit nur ein bisschen mehr geistige Anregung und Eleganz fehlte. Sie würde sich um sie kümmern, sie würde sie aus ihrem schlechten Umgang lösen und sie in bessere Gesellschaft einführen, sie würde ihre Meinungen und Manieren prägen. Das wäre eine interessante und gewiss auch menschenfreundliche Aufgabe, als sinnvolle Beschäftigung bei ihrer sozialen Stellung, ihrem Ansehen und ihrer vielen Freizeit wie geschaffen.

Sie war so damit beschäftigt, die sanften blauen Augen zu bewundern, sich zu unterhalten, zuzuhören und zwischendurch all ihre Pläne zu durchdenken, dass der Abend mit einer ganz ungewohnten Geschwindigkeit verging und der späte Imbiss, traditioneller Abschluss ihrer kleinen Runde, auf den sie sonst ungeduldig warten musste, zubereitet war und angerichtet vor dem Kamin stand, bevor sie es richtig merkte. Obwohl sie auch sonst eine aufmerksame Gastgeberin war, nahm Emma heute beim Essen die Pflichten der Hausherrin mit einer über das Übliche weit hinausgehenden Zuvorkommenheit, mit der Freude eines von seiner eigenen Idee begeisterten Menschen wahr und bot das Hühnerfrikassee und die gedünsteten Austern so beflissen an, dass die Gäste ihre übergroße Höflichkeit überwanden und zulangten, wie es der frühen Stunde entsprach.

Bei solchen Gelegenheiten lagen die Empfindungen des armen Mr. Woodhouse in beklagenswertem Widerstreit. Er schwärmte für einen üppig gedeckten Tisch, weil es in seiner Jugend üblich gewesen war, aber da er von der Unzuträglichkeit des Imbisses überzeugt war, sah er es mit Bedauern, wie sich der Tisch mit Speisen füllte, und während seine Gastfreundschaft die Besucher gern zum Genuss eingeladen hätte, fürchtete seine Sorge um ihre Gesundheit, dass sie auch zulangen würden.

Eine kleine Schüssel mit dünnem Haferschleim, wie er selbst ihn aß, war das Einzige, was wirklich Gnade vor seinen Augen fand; aber während die Damen sich an den besseren Sachen gütlich taten, rang er sich dazu durch zu sagen:

»Mrs. Bates, darf ich vorschlagen, dass Sie sich an eins dieser Eier wagen? Ein weichgekochtes Ei ist nicht unbekömmlich. Serle versteht sich aufs Eierkochen wie kein anderer. Nicht von Serle gekochte Eier kann ich allerdings nicht empfehlen. Sie brauchen aber keine Angst zu haben, sie sind ganz klein, sehen Sie, eins unserer kleinen Eier wird Ihnen nicht schaden. Miss Bates, Emma soll Ihnen noch ein kleines Stückchen Obsttorte auftun, ein ganz kleines Stückchen. Wir essen nur Apfeltorte. Sie brauchen also nicht zu fürchten, dass unser Eingemachtes nicht bekömmlich ist. Vor dem Pudding muss ich Sie allerdings warnen. Mrs. Goddard, wie wär’s mit einem halben Glas Wein? Mit einem kleinen halben Glas, mit Wasser gemischt? Das liegt Ihnen bestimmt nicht schwer im Magen.«

Emma ließ ihren Vater ruhig reden und sorgte dafür, dass ihre Gäste nicht zu kurz kamen; und an diesem Abend war es ihr eine ganz besondere Freude, sie zufrieden weggehen zu sehen. Miss Smiths Begeisterung entsprach ganz ihren Absichten. Miss Woodhouse war in Highbury eine so bedeutende Persönlichkeit, dass die Erwartung, sie kennenzulernen, Harriet in Angst und in Freude zugleich versetzt hatte, aber das bescheidene, dankbare Mädchen ging, überwältigt von der Leutseligkeit, mit der Miss Woodhouse sie den ganzen Abend behandelt hatte, nach Hause. Sie hatte ihr zum Schluss sogar die Hand gereicht.

Kapitel 4

Bald ging Harriet Smith in Hartfield ein und aus. Emma, wie immer schnell entschlossen, hatte keine Zeit verloren, sie einzuladen und ihr Mut zu machen, und sie ermuntert, recht häufig wiederzukommen. Und je besser sie sich kennenlernten, desto mehr Gefallen fanden sie aneinander. Dass Harriet eine angenehme Begleitung auf ihren Spaziergängen sein würde, war ihr von vornherein klar. Besonders in dieser Hinsicht entbehrte sie Mrs. Weston schmerzlich. Ihr Vater ging nie weiter als bis in den Garten, wo er sich je nach Jahreszeit für den längeren oder den kürzeren Weg entschied, und daher war Emmas Bewegungsfreiheit seit Mrs. Westons Heirat ziemlich eingeschränkt. Einmal war sie allein bis Randalls gegangen, aber es hatte nicht viel Spaß gemacht, und eine Harriet Smith, die ihr zu jeder Zeit auf ihrem Spaziergang zur Verfügung stehen würde, bedeutete deshalb ein Privileg mehr. Und je öfter sie mit ihr zusammen war, desto besser gefiel sie ihr in jeder Hinsicht und bestätigte sie in ihren eigenen gut gemeinten Plänen.

Harriet war durchaus nicht besonders intelligent, aber sie war von Natur aus freundlich, gelehrig und dankbar; sie war ganz ohne Eitelkeit und wollte nur zu jemandem aufsehen und sich belehren lassen. Ihre schnelle Anhänglichkeit war liebenswert, ihr Bedürfnis nach guter Gesellschaft und ihr Wunsch zu lernen, was elegant und geistreich war, zeigten durchaus Anlage zu Geschmack, obwohl wirkliche Einsicht nicht vorhanden war. Alles in allem kam ihr Harriet Smith genau wie die jüngere Freundin vor, die sie sich gewünscht hatte, wie genau das, was in ihrem Zuhause noch fehlte. Mrs. Weston konnte sie natürlich nicht ersetzen. Zwei solche Freundinnen konnte es nicht geben, zwei hätte sie auch gar nicht gewollt. Dies war in jeder Hinsicht etwas anderes, ein eigenes und für sie ganz neues Verhältnis. Ihre Verehrung für Mrs. Weston beruhte auf Dankbarkeit und Wertschätzung. Harriet war ihr lieb, weil sie ihr nützlich sein konnte. Für Mrs. Weston konnte sie nichts, für Harriet alles tun.

Ihr erster Versuch, sich nützlich zu erweisen, bestand darin, herauszufinden, wer ihre Eltern waren, aber Harriet wusste es nicht. Sie war bereit, alles zu erzählen, aber in diesem Punkt waren Fragen vergebens. Emma blieb auf ihre eigene Phantasie angewiesen, konnte sich allerdings nicht vorstellen, dass sie in Harriets Lage die Wahrheit nicht herausbekommen hätte. Harriet fehlte es an Beharrlichkeit, sie war mit dem zufrieden, was Mrs. Goddard ihr freiwillig erzählte, und ließ es dabei bewenden.

Mrs. Goddard und die Lehrerinnen, die Mitschülerinnen und die Schule nahmen natürlich einen großen Teil ihrer Unterhaltungen ein, ja, sie hätten sich darauf beschränken müssen, wären da nicht die Martins von der Abbey-Mill-Farm gewesen. Die Martins allerdings beschäftigten Harriet außerordentlich; sie hatte zwei glückliche Monate bei ihnen verbracht und Spaß daran, von ihrem Vergnügen dort zu erzählen und die vielen Annehmlichkeiten und Wunder der Farm zu beschreiben. Emma ermutigte ihre Redseligkeit, denn sie fand dieses Lebensbild aus so anderen sozialen Kreisen erheiternd und amüsierte sich über die kindliche Naivität, mit der Harriet so begeistert von Mrs. Martins »zwei Wohnzimmern, sage und schreibe zwei richtig schönen Wohnzimmern« sprach, von denen eins mindestens so groß wie Mrs. Goddards Stube war, und dass sie ein Stubenmädchen hatten, das schon fünfundzwanzig Jahre bei ihnen war, und acht Kühe, darunter zwei Alderneys und eine kleine Waliser, eine richtig niedliche kleine Waliser Kuh; und dass Mrs. Martin gesagt hatte, weil sie die Kuh so gerne mochte, wollten sie sie ihre Kuh nennen; und dass sie einen richtig hübschen Pavillon im Garten hatten, in dem sie irgendwann im nächsten Jahr alle Tee trinken wollten, einen richtig hübschen Pavillon, groß genug für zwölf Personen.

Eine Zeitlang hörte Emma amüsiert zu, ohne weiter nachzudenken, aber als sie mehr über die Familie Martin erfuhr, wurde sie stutzig. Sie hatte die Familienverhältnisse falsch verstanden, sie hatte gedacht, es handle sich um Mutter und Tochter und einen Sohn und seine Frau, die alle zusammenlebten, aber als sich herausstellte, dass der Mr. Martin, der eine Rolle in ihrer Erzählung spielte und dessen große Gefälligkeit bei allen möglichen Gelegenheiten immer besonders betont wurde, unverheiratet war, dass es gar keine junge Mrs. Martin gab, keine Frau, da witterte sie bei all dieser Gastfreundschaft und Aufmerksamkeit der Familie Martin Gefahr für ihre arme kleine Freundin. Wenn sie nicht gut aufpasste, stimmte Harriet womöglich ein für allemal ihrem eigenen Abstieg zu.

Dieser anregende Gedanke veranlasste sie zu weiteren und weiter reichenden Fragen. Sie brachte Harriet zum Reden über Mr. Martin, und das schien ihr zu gefallen. Harriet sprach mit der größten Bereitwilligkeit darüber, wie er an ihren Mondscheinspaziergängen und ihren lustigen abendlichen Spielen teilgenommen hatte, und hielt sich besonders dabei auf, wie unterhaltsam und zuvorkommend er dabei immer war. Eines Tages hatte er einen Umweg von drei Meilen gemacht, um ihr ein paar Walnüsse zu bringen, weil sie erwähnt hatte, dass sie Walnüsse so gern mochte. Und überhaupt war er so zuvorkommend. Eines Abends hatte er sogar den Sohn des Schafhirten hereingerufen, nur damit er ihr etwas vorsang. Sie mochte Singen so gern. Und er hatte auch eine sehr schöne Stimme. Sie fand ihn so klug, und er konnte alles. Er hatte eine so schöne Schafherde, und während ihres Aufenthalts hatte er für seine Wolle die höchsten Preise im ganzen Bezirk erhalten. Sie war überzeugt, dass alle nur Gutes über ihn sagten. Seine Mutter und seine Schwestern mochten ihn richtig gern. Eines Tages hatte Mrs. Martin ihr erzählt (und Harriet errötete leicht dabei), dass es einen besseren Sohn gar nicht geben könne und sie deshalb sicher sei, wenn er mal heirate, werde er ein guter Ehemann. Nicht dass er schon heiraten solle. Sie habe es damit ganz und gar nicht eilig.

»Gut gemacht, Mrs. Martin!«, dachte Emma. »Du weißt, worauf du hinauswillst.«