Mit dem Boss im Bett

Mit dem Boss im Bett

Mit den Junggesellen im Bett 8

Virna DePaul

Inhalt

Klappentext

BÜCHER von VIRNA DEPAUL

Prolog

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

Kapitel Sechzehn

Epilog

Mit dem Vater des Babys im Bett

BÜCHER von VIRNA DEPAUL

Über Die Autorin

Impressum

Klappentext

Nachdem er dahintergekommt, dass seine Verlobte seinen besten Freund liebt, kehrt der reiche Eric Davenport Los Angeles den Rücken, um zu seinen Kleinstadtwurzeln zurückzukehren. Ein Jahr später eröffnet er seine Ranch, und Liebe ist das letzte, woran er jetzt denkt.


Lexi Fischer ist ein Rodeo Baby, das sich im Wohnmobil ihres Vaters in Filme verliebt hat. Jetzt fährt sie übers Land und nimmt Gelegenheitsjobs an, um nach L.A. zu kommen und sich ihren Traum eines Lebens als Drehbuchautorin zu erfüllen.


Als Lexi Eric begegnet, ist er eine irritierende Kombination aus Bodenständig und Kultiviert. Mehr als eine Nacht hätte es nicht sein sollen, doch dann macht Eric Lexi ein Angebot, das sie nur schwer ablehnen kann: Wenn sie den Sommer lang für ihn arbeitet, verspricht er ihr, dafür zu sorgen, dass sie nach L.A. kommt und schwört, seine Hände bei sich zu behalten.


Lexi kann dem Angebot nicht widerstehen und nimmt es an. Doch im Lauf des Sommers geraten die Gefühle zwischen Lexi und ihrem Boss außer Kontrolle. Kann Eric eine weitere Frau überleben, der es bestimmt ist, ihn zu verlassen? Und wird Lexi begreifen, dass Liebe ihre Träume nicht verhindern, sondern sie viel eher wahr werden läßt?

BÜCHER von VIRNA DEPAUL

DIE SERIE ,MIT DEN JUNGGESELLEN IM BETT‘


DIE SERIE, LIEBE AM SPIELFELDRAND


DIE SERIE, KISS TALENTAGENTUR


DIE SERIE, ROCK’N’ROLL CANDY


DIE SERIE, HEIMKEHR NACH GREEN VALLEY


DIE SERIE, ÄRZTE ZUM VERLIEBEN


DIE SERIE, HART WIE STAHL


DIE SERIE, GLÜHEND HEIßE COPS REIHE


DIE SERIE, SEXUALKUNDEROMANE


DIE SERIE, BILLIONAIRE BAY


NAGELPROFIS


ABENTEUER SEX(T)


EIN BILD VON EINEM MANN


SEAL – EIN LEBEN LANG


DER COWBOY, DER MICH LIEBT


VERRÜCKT NACH DEM VERKEHRTEN KERL


Erlösung für einen Vampir


Nacktfotos senden/ löschen

Prolog

Am Vorabend seiner Hochzeit mit Brianne Whitcomb saß Eric Davenport neben dem Bett, in dem seine Verlobte lag, und wartete auf das Geräusch, das das Ende seines Lebens, so wie er es gekannt hatte, bedeuten könnte oder zumindest das Ende seines Lebens mit Brianne.

Als Vizepräsident der Firma, durch die sein Vater zum Multimillionär aufgestiegen war, bevor er vierzig wurde, hatte Eric eine privilegierte Erziehung genossen und war mit dem Wissen ausgestattet, dass es für ihn immer einen Platz im Unternehmen seines Vaters geben würde. Ihm war bewusst, wie viel Glück er hatte, und er hatte das Leben in vollen Zügen genossen. Doch in letzter Zeit hatte ihn eine gewisse Rastlosigkeit erfüllt. Er fühlte sich unzufrieden. Und dieses diffuse Gefühl der Unzufriedenheit hatte sich allmählich verstärkt und auf alles Einfluss genommen: auf seine Arbeit, das Zuhause, sogar auf seine Beziehung zu Brianne. Die gleiche Unzufriedenheit hatte er auch in ihr wahrgenommen, aber er hatte dies auf Stress zurückgeführt, indem er sich einredete, dass sich die Dinge wieder normalisieren würden, sobald die Hochzeit über die Bühne gegangen wäre.

Dann hatte er vor einer Woche die Wahrheit herausgefunden.

Ach Gott, Brianne, in was für ein Schlamassel haben wir uns da hineinmanövriert, dachte er.

Brianne schlief tief, denn sie war sicherlich erschöpft von dem Besuch der Freunde und der Familie, die zu dem am frühen Abend stattfindenden Probedinner gekommen waren, ganz zu schweigen von all der Arbeit, die in der Vorbereitung und Planung einer Hochzeitsfeier in den feinsten Kreisen der Gesellschaft steckte. Auch wenn Brianne von Beruf nicht Eventmanagerin wäre, hätte sich die Hochzeitsplanung durch Briannes Perfektionismus und Sinn für Ästhetik als schwierige Aufgabe erwiesen, aber angesichts ihres gewählten Berufs, war sie erst recht fest entschlossen, eine Veranstaltung zu organisieren, über die die Leute noch jahrelang reden würden.

Das Witzige an der Sache war, dass Brianne trotz ihrer Verbindungen zur High Society eine der bodenständigsten, nettesten und freundlichsten Frauen überhaupt war, ganz zu schweigen von ihrer umwerfenden Schönheit und einem Körper, der für die Sünde geradezu geschaffen war. Kein Wunder, dass er die Gelegenheit, sich mit ihr zu verabreden, ergriffen hatte, als sie sich ihm bot, und daraus waren dann sechs fantastische Jahre geworden.

Doch jetzt hatte er den Verdacht, dass sie beide sich selbst an der Nase herumgeführt hatten. Jetzt fragte er sich, ob die Tatsache, dass sie von der ganzen Welt als das ideale Paar betrachtet wurden – der Mann sowie die Frau stammten aus einer ähnlichen sozialen Schicht, teilten die gleichen Interessen und stritten sich nie – irgendwie die Tatsache verschleiert hatte, dass sie eigentlich viel besser als gute Freunde zueinander passten und nicht als Geliebte.

Indem er all die Gründe ignorierte, die erklärten, warum er und Brianne zusammengehörten, spielte er nun des Teufels Advokat, und konzentrierte sich nur auf die Gründe, die darauf verwiesen, das dem nicht so sein könnte.

Insbesondere auf einen sehr bedeutsamen Grund.

Er wünschte sich, dass er das nicht tun müsste. Dass er seine Bedenken als typisches Nervenflattern vor einer Hochzeit abtun könnte. Er wünschte sich, jetzt zu Brianne ins Bett steigen zu können.

Sie in die Arme zu nehmen.

Ihr zu sagen, wie sehr er sie liebte.

Ihr zu sagen, wie aufgeregt er sei, am nächsten Tag vor all ihren Freunden und der Familie die ewigen Gelübde der Treue mit ihr auszutauschen.

Das war es, was er tun und wie er sich fühlen sollte.

Er hatte den Rest seines Lebens mit ihr verbringen wollen. Aber das war zu dem Zeitpunkt, als er sich selbst überzeugt hatte, dass sie die gleichen Gefühle hatte.

Stattdessen würde er wahrscheinlich etwas tun müssen, was seine Familie und Freunde nicht verstehen würden, etwas, wofür ihn Brianne aller Wahrscheinlichkeit nach abgrundtief hassen würde – zumindest eine Zeitlang. Obwohl er, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun, eingestehen musste, dass es, wenn er die Hochzeit absagen würde, für Brianne nicht gänzlich überraschend käme. Sie hatte auch gespürt, dass zwischen ihnen irgendetwas nicht stimmte. Vorhin hatte sie ihn gefragt, ob er, Eric, sich die Sache noch einmal überlegen wollte.

Worüber sie nicht gesprochen hatte, waren die Gründe, warum sie selbst sich die Sache eventuell noch einmal überlegen wollte.

Als könnte sie seine Gedanken lesen, rührte sich Brianne in exakt diesem Moment. Sie streckte die Arme und Beine aus und lächelte auf eine Weise, wie er sie eigentlich nie zuvor hatte lächeln sehen. Dann stöhnte sie. Das Geräusch war gehaucht und lustvoll. Ihre Hand wanderte zu ihrer Brust, umfing den üppigen Hügel und verriet den erotischen Inhalt ihres Traumes, bevor sie erneut stöhnte.

Eric schloss die Augen und hörte zu, welche Worte von ihren verführerischen Lippen perlten.

Sie sagte, dass sie ihn begehrte. Sie sagte, dass sie ihn brauchte.

Nur der Name, den sie nannte, war nicht Eric.

Es war der Name seines besten Freundes.

Gabe.

Kapitel Eins

Ein Jahr später


Buffalo Falls, Montana


Eric hatte sechzig Jahre alten Bourbon probiert. Französischen Wein. Saki aus einem Kloster in Japan. Champagner, bei dem die Flasche zwanzigtausend Dollar kostete. Doch als er zusah, wie die goldenen Luftbläschen in seinem Glas hochstiegen, und er einen kräftigen Schluck probierte, musste er zugeben, dass ein Budweiser vom Fass das Getränk der Götter war. Er schob sich die Baseballkappe aus der Stirn und trank noch einen Schluck, wobei er die Hektik des Alltags wie Wasser unter der Dusche von sich abtropfen ließ.

„Heb noch etwas für die Fische auf, Eric!“, sagte Jacob, während er Eric freundschaftlich auf den Rücken schlug und sich auf den Barhocker neben ihm setzte. Jacob Tedesco und sein Bruder Dean waren seit Kindertagen Erics Freunde gewesen. Fast jeden Sommer hatten sie in der Jugend miteinander verbracht. Vom Flussufer aus hatten sie Steine über den Fluss geworfen und über Mädchen geredet, alles kaum mehr als einen Kilometer von dieser Bar entfernt, in der sie gerade saßen. Obwohl sie über die Jahre in Verbindung geblieben waren, war die Freundschaft zwischen Eric und Jacob sogar noch stärker geworden, seit Eric letztes Jahr nach Buffalo Falls gezogen war. Dabei hatte er nicht nur sein Zuhause in L.A. zurückgelassen, sondern auf einen Schlag auch seine Firma, seine Verlobte und seine besten Freunde.

Soviel zum Thema ‚ganz von vorne anfangen‘.

„Fische trinken kein Bier, Jake“, erwiderte Eric, während er gerade erkannte, dass es ihm nicht so viel Schmerz bereitete, an sein altes Leben zu denken, wie früher einmal.

Das war jetzt schon eine geraume Zeitlang so.

Gott sei Dank.

Es hatte sich also doch herausgestellt, dass Brianne Gabe bereits geliebt hatte, als sie mit Eric zusammen gewesen war – sogar als sie verlobt gewesen waren. Und ja, ihre Weigerung, sich selbst ihre Gefühle Gabe gegenüber einzugestehen, hatte Eric gezwungen, rigoros durchzugreifen und sein Leben in Kalifornien hinter sich zu lassen. Doch letzten Endes waren die beiden Menschen, die er am meisten liebte, dorthin gekommen, wo sie hingehörten: in die Arme des jeweils anderen. Und nun war Eric da, wo er hingehörte. Montana war sein neuer Ausgangspunkt gewesen. Und jetzt war es seine Zukunft.

„Stellen alle Milliardäre das Offensichtliche so fest?“, fragte sein Freund Dylan Quinn, der sich den Barhocker auf Erics anderer Seite schnappte. Er gab dem Barmädchen Zeichen, dass er ein Bier wollte. „In diesem Fall setz mich auf die Liste! Das klingt nicht allzu schwer.“

Die Barkeeperin Marina Howell – auch jemand, den Eric praktisch von Kindheit an kannte – brachte schnell je ein Bier für Jacob und Dylan. Behutsam stellte sie die Gläser hin, um ja keinen Tropfen zu verschütten. Für Jacob und Eric hatte sie ein breites Lächeln parat, doch vor Dylan senkte sie die Augenlider, während ihre Wangen einen verführerischen Pfirsichton annahmen.

„Willst du auch noch eins, Eric?“

„Im Moment reicht es mir, Marina“, sagte er und verwendete dabei automatisch den leisen Tonfall, den die meisten Leute ihr gegenüber anschlugen. Irgendetwas Zartes hatte sie schon immer umgeben, irgendetwas neben ihrer schlanken Statur, das den Eindruck vermittelte, sie könne von einem starken Windstoß umgeworfen werden. Und das war auch schon so vor all den Geschehnissen, die vor fünf Jahren passiert waren.

Noch einmal sagte sich Eric, wie viel Glück er trotz der Ereignisse des letzten Jahres wahrlich gehabt hatte. Marina musste mit weitaus Schlimmerem zurechtkommen. Das galt auch für Dean, Jacobs Bruder. Als einziger Überlebender eines schrecklichen Flugzeugabsturzes war Dean mit der Tragödie auf seine Art umgegangen: indem er alles hinter sich ließ und in der Wildnis Alaskas Trucks fuhr. Jacob behauptete, Dean gehe es gut, aber Eric wusste, dass sich Deans Familie Sorgen um ihn machte. Auch Jacob und Dylan hatten ihr Schicksal zu tragen und mussten irgendwie damit klarkommen. Das mussten alle. Eric hatte nur das Glück, dass er sich dank seines Geldes etwas leichter als die meisten Menschen von seinen Problemen entfernen konnte. Das würde er sicherlich auch nicht so schnell vergessen. Er wollte keine Zeit mehr vergeuden. Er musste einen Traum verwirklichen, und das packte er nun auch endlich an.

Sobald Marina außer Hörweite war, wandten sich Jacob und Eric um und starrten Dylan an.

„Nun sag mal, was war denn das jetzt, bitteschön?“, fragte Jacob Dylan mit flatternden Augenlidern wie eine Südstaatendebütantin.

„Was?“, fragte Dylan und schaute sinnierend in sein Bier. Doch für einen Sekundenbruchteil flackerte sein Blick zu Marina.

„Ich glaube, Jake will wissen, warum Marina Howell wie eine Südstaatenschönheit errötete, sobald sie in deine Nähe kam“, sagte Eric. Dylan hielt einige Zeit mit ihm Augenkontakt, doch dieses Duell der Blicke musste er natürlich verlieren. Eric hatte seinem Vater nicht geholfen, seine Firma in ein Milliardenunternehmen zu verwandeln, indem er gegenüber irgendjemandem einen Rückzieher gemacht hatte.

Andererseits war diese Starrköpfigkeit nicht gerade hilfreich bei deiner Verlobung mit Brianne, nicht wahr?

Mist! Er war also doch nicht so gut darüber hinweg, wie er gedacht hatte.

Egal.

Mit spielerischer Leichtigkeit aufgrund langer Übung wischte Eric die Gedanken an Brianne und ihre gelöste Verlobung beiseite und konzentrierte sich stattdessen lieber auf die Tatsache, dass Dylan in der Tat als Erster weggeschaut hatte.

„Wer weiß schon, warum Frauen irgendetwas tun“, meinte Dylan. „Sie bleiben ein immerwährendes Geheimnis.“

„Das klingt deutlich wie die bitteren Reminiszenzen eines abgewiesenen Mannes“, sagte Jake, während er mit Eric anstieß.

„Ja, klar, ihr beide wisst natürlich über Zurückweisung besser Bescheid als irgendjemand sonst“, feuerte Dylan zurück. Sobald er dies gesagt hatte, riss Dylan die Augen auf und schoss Blitze auf Eric. „Mist, das habe ich nicht so gemeint, Eric. Ich habe von Jake hier gesprochen. Natürlich hat Brianne dich nicht abgewiesen. Ich meine, du hast sie zuerst zurückgewiesen und dann––“

Eric setzte ein gezwungenes Lächeln auf und machte eine wegwerfende Handbewegung. Ach Gott, würde er jemals seine Vergangenheit hinter sich lassen können? Nein, nicht wenn jeder in dieser Stadt wusste, was geschehen war. „Ich weiß, was du gemeint hast, Dylan. Jetzt hör auf, uns hinzuhalten und erzähle uns von Marina!“

Dylan starrte ihn einige weitere Sekunden lang an, dann entspannte er sich schließlich und sagte: „Ich habe euch bereits gesagt, dass es da nichts zu sagen gibt. Können wir jetzt das Thema fallen lassen, unser Bier genießen und uns lieber auf die Damen an dem Tisch dort drüben konzentrieren, die die ganze Zeit schon in unsere Richtung schauen?“

Unauffällig blickten erst Jake und dann Eric in Richtung des Tisches mit vier wunderschönen Frauen, die tatsächlich in ihre Richtung schauten. Sie sahen nicht bekannt aus, waren keine Ortsansässigen von Buffalo Falls, und Eric fragte sich kurzzeitig, was sie wohl sahen. Eines stand fest: Sie betrachteten Eric in seinen Jeans und seinem Button-down-Hemd nicht mit der Ansicht, er sei ein Milliardär, der gerade vor einem Jahr den Baumarkt seiner Großeltern übernommen hatte, den er nun managte.

Du liebe Zeit, sogar er wusste, wie absurd sich das anhörte.

Und dennoch gefiel es ihm, den Laden zu managen. Vor Kurzem hatte er angefangen, an einem neuen Projekt Gefallen zu finden: Er wollte seine eigene Ranch aufbauen. Leider hatte er keine Zeit, sich um beides zu kümmern. Er musste jemanden finden, der ihm in Vollzeit für den Laden seiner Großeltern als Hilfe zur Verfügung stand, denn er hatte versprochen, sich um das Geschäft anzunehmen, während seine Großeltern auf Weltreise gingen. Er hatte ihnen schon oft eine Reise erster Klasse angeboten, was sie aber abgelehnt hatten. Und jetzt hatten sie fünfzehn verdammte Jahre lang geschuftet und gespart, um sich eine drittklassige Reise quer durch Europa leisten zu können. Sie waren im siebten Himmel und schrieben ihm ausführliche, schwärmerische E-Mails, denen sie verschwommene Selfies beifügten.

Jake nahm seinen Hut ab, warf ihn auf die Bar und stand auf. „Da wir gerade von Frauen sprechen, lass mich mal sehen, ob ich für uns ein paar aufreißen kann!“ Er schlenderte zur Jukebox hinüber, um dort etwas auszusuchen. Eric blickte ihm nach und musste zugeben, dass Jake Tedesco einen sechsten Sinn hatte, wenn es darum ging, im richtigen Moment den richtigen Song auszusuchen.

Während Jake über die Jukebox gebeugt stand und die einzelnen Platten durchsah, deutete Eric in Marinas Richtung. „Also, was ist passiert?“

„Nichts, Mann!“, erwiderte Dylan, und mit seinen dunklen Augen folgte er jeder Bewegung von Marinas Händen, als sie Gläser abtrocknete und an Haken über der Theke hängte. Er zögerte und fuhr dann fort. „Nichts, was nicht schon hunderte Male vorher passiert ist.“

Erich blickte fasziniert zwischen Dylan und Marina hin und her. Hundertmal vorher? Was sollte das jetzt wieder heißen? Er wollte gerade fragen, als er einen Schlag auf den Rücken bekam.

„Eric, was gibt‘s Neues von der alten O’Rourke Ranch?“, fragte Will Owens, während er Marina signalisierte, dass er ein Bier wollte. Owens war noch ein Freund von Eric aus der Kindheit, nicht ganz so eng wie Dylan oder Jacob, aber auch ein guter Kerl. Da er blondes Haar und klare blaue Augen hatte, war er von den Kindern Ken-Puppe genannt worden, bis er sie irgendwann verprügelt hatte, damit sie das nicht mehr sagten.

Eric dachte an die heruntergekommene Ranch, die nun ihn beim Namen rief. Ihm sagte, er solle endlich loslegen. „Naja“, sagte er. „Sie erfordert eine Unmenge Arbeit, hat aber dann eindeutig das Zeug dazu, etwas Herausragendes zu werden.“

„Na klar“, meinte Will, der das Bier von Marina mit einem Augenzwinkern und einem großzügigen Trinkgeld dankend annahm. Blitzartig warf sie ihm ein Lächeln zu und hastete dann an das andere Ende der Bar. „Brauchst du Hilfe auf diesem Feld?“

Will besaß selbst eine erfolgreiche Ranch. Die Arbeit auf einer Farm lag ihm im Blut. Er hätte es Eric übelnehmen können, dass dieser nun in Wills Nähe auch eine Farm betreiben wollte, aber stattdessen bot Will ihm auf großzügige Weise seine Hilfe an.

„Das meinst du tatsächlich ernst, nicht wahr?“, sagte Eric zu Will.

Will nickte. „Natürlich, Mann. Mir ist die Genugtuung sehr wohl bewusst, die es mit sich bringt, wenn man eine Farm erfolgreich managt. Das will ich auch für meinen Freund.“ Nochmals schlug er Eric auf den Rücken. „Wenn ich dich jedoch als reiches Bürschchen betrachte, könnte es mir auch scheißegal sein, ob deine Ranch eines Tages Profit abwirft oder nicht.“

Jacob stieß sein typisches johlendes Gelächter aus, als er zu seinen Kumpeln zurückkam, während die ersten Akkorde von ‚Chain of Fools‘ erklangen. Wieder schauten die Frauen zu ihnen hinüber, und Eric bemerkte, dass ein paar andere Mädchen ihre Köpfe reckten wie Präriehunde, als wollten sie zu der Melodie des Liedes sogleich zu tanzen anfangen.

Bevor das Lied begonnen hatte, waren ihm diese Mädchen nicht aufgefallen. Verwundert schüttelte er den Kopf. Jacob hatte echt eine Gabe.

„Das ist doch die Wahrheit. Und das erinnert mich daran, dass die Getränke heute Abend auf dich gehen, Eric!“, sagte Jake, der sich auf seinem Barhocker zurücklehnte, sich aber herumdrehte, um einen guten Blick auf die Mädchen zu haben, die sich zur Tanzfläche begeben hatten. Er wollte einen guten Überblick über die Früchte seiner Arbeit haben.

„Du zahlst deinen verdammten Drink schon selbst, Tedesco“, knurrte Dylan mit verächtlicher Miene, sodass sogar Medusa Reißaus genommen hätte. „Nur weil Eric Geld hat, heißt das nicht, dass er dir dauernd etwas ausgeben muss.“

„Was sind schon ein paar Bier unter Freunden?“, fragte Jake und hielt in einer Geste der Kapitulation die Hände hoch.

„Ich sage euch was“, sagte Eric der Gruppe. „Die Getränke gehen auf mich, wenn Jake irgendetwas besonders Tolles macht. Sorge für unsere Unterhaltung!“

„Ach je“, murmelte Dylan, der sein Bier hinunterkippte und Marina signalisierte, dass er ein weiteres wollte.

„Was für eine Art Unterhaltung?“, fragte Jake, der offensichtlich für alle Schandtaten bereit war.

„Du musst es schaffen, dass ein Mädchen in weniger als fünfzehn Minuten mit dir die Bar verlässt“, mischte sich Will ein, dem dieser Spaß auch zu gefallen schien.

„Ich dachte, du sagtest, du wolltest, dass ich etwas besonders Tolles mache?“, polterte Jake. „Das ist ja nichts Besonderes, nur typisch für einen Freitagabend.“

Jake stand auf, dehnte und streckte sich wie für einen Langstreckenlauf, ließ die Fingerknöchel knacken, sodass alle Männer lachten und mit den Augen rollten. Er drehte sich um, um den Männern ins Gesicht zu schauen, und begann in einer Art Moonwalk auf die Mädchen auf der Tanzfläche zuzugehen.

„Oh Gott“, sagte Marina, als sie das Bier vor Dylan absetzte. „Auf wen hat er es jetzt wieder abgesehen?“

Sofort wandte sich Dylan ihr zu. Eric bemerkte, dass Dylan mit seiner Hand einen Augenblick länger Marinas Hand auf seinem Glas umfangen hielt. Sie erschrak, als hätte sie sich verbrannt, befeuchtete ihre Lippen und senkte die Augen.

„Du weißt, dass er es auf alle und jeden abgesehen hat“, sagte Dylan in lockerem Tonfall trotz der Intensität des Augenblicks, der sich gerade zwischen ihnen abgespielt hatte.

Marina räusperte sich und blickte auf. Aber sie schaute Eric und Will, und nicht Dylan an. „Er hätte es bei der Brünetten am Ende der Bar versuchen sollen; seit zwanzig Minuten kommt sie nicht von einem Gespräch mit Ray Fogerty los.“ Mit ihrem Daumen wies Marina in die besagte Richtung, bevor sie wieder in Richtung Küche verschwand.

Eric blickte dorthin, wohin Marina gezeigt hatte, und richtig: Dort war Ray. Der unausstehliche Widerling Ray Fogerty, der auf irgendeine Frau einschwatzte.

Sie stand so abgewandt, dass Eric ihr Gesicht nicht sehen konnte. Sie trug ein dünnes graues Top und Jeans. Ihr honigblondes Haar fiel locker über eine hübsche Schulter und bis zu ihrem Ellbogen hinunter. Sie hatte den Kopf auf eine Hand aufgestützt, und Eric sah, dass an jedem Finger ihrer Hand ein Ring glitzerte. Als könnte sie plötzlich spüren, dass die anderen Männer sie anstarrten, strafften sich ihre Schultern. Sie warf das Haar zurück und schaute über die Schulter. Und augenblicklich trafen ihre dunklen Augen Erics.

Ach

Du

Lieber

Schreck

Die Hitze aus ihrem Blick schoss direkt in seinen Körper wie ein elektrischer Schlag. Jeder einzelne Körperteil wurde davon erfasst. Einschließlich ein bestimmter Körperteil, der besonders schwer ignoriert werden konnte. Eric rutschte auf seinem Barhocker herum, in der Hoffnung, den plötzlich eng gewordenen Sitz seiner Hose etwas lockern zu können. Keine Chance.

Die Frau drehte sich schnell um, und Eric konnte sehen, dass ihr Hals und ihre Schultern von einem hübschen leichten Erröten überzogen wurden. Diese Röte wollte er kosten. Mit seinen Zähnen und seiner Zunge wollte er diese Röte jagen, während sie über ihre Haut zog.

Als Eric hörte, wie Will hinter ihm ein leises Pfeifen ausstieß, reagierte er gereizt. Nein. Verdammt nochmal nein!

„Meine“, sagte Eric, wenige Sekunden vor Will.

„Was zum Teufel meinst du, von der schnellen Sorte?“, knurrte Will.

„Mach dich vom Acker, Owens!“, sagte Eric zu seinem Freund, nachdem er den Rest seines Bieres getrunken hatte. Vor mehr als einem Jahr war er nach Montana gezogen. Über ein Jahr war es her, seit er mit Brianne verlobt gewesen war.

Mehr als ein Jahr war es her, dass er sich zu einer Frau stark hingezogen gefühlt hatte. Jedenfalls nichts in der Art, wie er es jetzt fühlte.

Sein Abend war auf einmal viel interessanter geworden.

Atme, Lexi, atme! YOGA-Atemzüge!!!! Obwohl Lexi den Verdacht hatte, dass Yoga-Atemzüge nicht annähernd so hilfreich waren, als wenn man sich selbst innerlich anschrie.

Doch sie konnte den eisblauen Blick des Mannes auf der anderen Seite der Bar immer noch spüren. Die Haut ihres ganzen Körpers prickelte auf eine besonders köstliche Weise, weil sie wusste, dass er sie immer noch beobachtete. Sie konnte es spüren. Was für ein heißer Typ! Die Art von heißem Typ, durch den die Musik in den Hintergrund trat. Kastanienbraunes Haar, feingemeißeltes Gesicht, selbstsicherer Blick. Die Art von Blick, die aussagt: Ach, du trägst einen Slip? Wie süß, dass du dachtest, du würdest einen brauchen.

„Und erinnerst du dich an den Teil, als er sich mit diesem Maschinengewehr aus dem Auto beugt ungefähr soooooooooooo“, sagte der Cowboy, der neben ihr saß und so tat, als würde er mit einem Gewehr in die Luft schießen. Lexi befahl sich, ihm wieder erneut ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Wie hieß er doch gleich wieder? Roy? Rick? Ray? Wie auch immer, er war echt nett, ziemlich süß. Und sie hatte die Zeit halbwegs genossen, mit ihm zu reden. Naja, bis auf die Tatsache, dass er während der letzten fünfzehn Minuten von demselben Actionfilm gefaselt hatte – den sie, wie sie ihm wiederholt gesagt hatte, nicht gesehen hatte.

Lexi rutschte auf ihrem Platz herum und versuchte, den stromschlagartigen Schockzustand zu ignorieren, der ihren Körper erfasste, als sie an die blauen Augen des geheimnisvollen Mannes dachte. Sie hatte einen wirklich guten Mann vor sich sitzen, und sie war unhöflich. Auch wenn er selbst unhöflich war, indem er über etwas weiterlaberte, was sie offensichtlich nicht interessierte.

„Ich interessiere mich mehr für die Filme alter Schule“, erklärte sie ihm und trank einen Schluck puren Whisky.

„Ach, du meinst wohl so etwas wie ‚Stirb langsam‘?“, fragte er, und seine Augen leuchteten auf wie bei einem Kind unter dem Weihnachtsbaum.

Lexis Augen dagegen leuchteten schwächer als eine Glühbirne, nachdem jemand einen Föhn eingeschaltet hatte. „Nein. Nicht wirklich. Ich meinte so etwas wie ‚Casablanca‘ oder ‚Frühstück bei Tiffany‘. ‚Wer die Nachtigall stört‘. ‚Planet der Affen‘…“ Lexis Stimme verebbte, als sie mehr und mehr erstaunt erkannte, dass ihm keiner der genannten Filme irgendetwas sagte. Null Beweis von Wiedererkennung in seiner Miene.

„Tja“, sagte er und kratzte sich über sein glattes Kinn. „Ich glaube, das sind Filme, die meine Mutter mag.“

Grundgütiger! Lexi musste sich stark zusammenreißen, um bei dieser unsinnigen Aussage nicht mit den Augen rollen zu müssen. Sie war doch ein echt heißes Mädchen, nicht wahr? Klar, sie kleidete sich etwas nachlässig, trug nie Makeup oder unternahm irgendwelche Dinge mit ihrem Haar außer es zu waschen, aber sie hatte all die weiblichen Kurven an den richtigen Stellen. Sie hatte genug Busen und Hintern, um wenigstens ein kleines Zeichen einer Anstrengung von diesem Typen erwarten zu können. Jedenfalls war sie heiß genug, um nicht mit seiner Mutter verglichen zu werden.

Mit dieser Unterhaltung ging es rasend schnell bergab. Lexi hatte sich nicht die Augen ausgeweint, nachdem sie ihr Pferd hatte verkaufen müssen – auch wenn das neue Zuhause von Maple nun wie der wahrgewordene Traum eines jeden Pferdes aussah – um sich dann in eine Bar zu schleppen, damit ihr der neueste Bourne-Film von einem Typen nacherzählt wurde, der einen Teller Pommes Frites bestellt und ihr keine angeboten hatte. Sie war in diese Bar gekommen, um …naja, sie wusste selbst nicht so genau, was die Antwort darauf war.

Um ihre Sorgen zu ertränken? Vielleicht. Ihr würde Maple so sehr fehlen. Ein wunderschöner schwarzweißer Schecke mit einer seidenweichen Mähne und Augen, die dir das Herz brechen konnten. Augen, die, wenn Lexi daran dachte, ihr tatsächlich das Herz brachen. Und so starrte sie gedankenverloren in ihren Drink und hörte dem Matt Damon-Begeisterten, der neben ihr saß, nicht mehr wirklich zu.

Geld war Scheiße. Nein. Korrektur. Geld war verdammt Scheiße. Wenn es kein Geld gäbe, hätte sie heute Morgen nicht das für sie liebste Geschöpf der Welt verkaufen müssen, um über die Runden zu kommen. Lexi kippte den restlichen Whisky hinunter, ehe ihr klar wurde, dass wenn es kein Geld gäbe, sie auch nicht in der Lage gewesen wäre, Maple überhaupt zu kaufen. Und damit verwirrte sie sich jetzt vollkommen.

„Hörst du mir überhaupt zu?“, fragte Ron/Roy/Ricky mit verärgerter Stimme und riss Lexi damit aus ihrer auf Maple beruhenden depressiven Versunkenheit.

„Was? Ach so. Es tut mir leid…“ Lexi hielt inne in der Hoffnung, mit etwas druckvoller Nachhilfe doch noch auf seinen Namen zu kommen, scheiterte jedoch, da er ihr partout nicht einfallen wollte, sodass sie einfach weiterredete. „Mir geht nur so viel durch den Kopf.“

„Tatsächlich?“, fragte er und kippte noch mehr von seinem Drink hinunter. „Denn du siehst nicht aus wie eine Frau, die in diesem hübschen kleinen Kopf eine Tonne Dinge herumwälzen muss.“

In diesem Moment sah Lexi Rot. Vor Wut.

„Sollte das ein Kompliment sein, Roy?“

„Ich heiße Ray“, schnauzte er. „Und natürlich war das ein Kompliment. Ich bezeichnete dich als hübsch.“

„Es hörte sich eher danach an, als bezeichnetest du mich als dumm.“

„Wenn du es auf diese Weise verstehen willst“, meinte er schulterzuckend und von ihr wegschauend. Dann platzte er lauter heraus als er während des ganzen Abends gewesen war. „Verdammt! Warum sind Frauen nur immer so empfindlich?“

„Vielleicht weil du sie als dumm bezeichnest.“ Lexi stand auf.

Plötzlich umschloss seine Hand die empfindsame Haut ihres Oberarms etwas zu fest. „Warte mal, du stehst auf und willst einfach gehen, nachdem ich meinen ganzen Abend verschwendet habe, um mit dir zu reden? Ich habe dir diesen Drink gezahlt!“ Wütend wies er auf ihr leeres Glas.

Lexi nahm einen seiner Finger zwischen ihre und kniff energisch zu. Schnell ließ er sie los, war aber nun ebenfalls aufgestanden.

„Meinst du dieses Fünf-Dollar-Glas mistigen Whisky? Kurzmeldung Ron: Die Frauen schulden dir gar nichts, auch wenn du ihnen noch so viel ausgibst. Und selbst wenn ich dir in irgendeiner verkehrten Welt etwas schulden würde? Dann betrachte meine Schuld als beglichen, nachdem ich dir vierzig Minuten lang zugehört habe, wie du über Matt Damons—“

„Ray? Ray Fogerty? Bist du das?“ Eine maskuline Hand sauste herunter und landete direkt auf Rays Schulter. Unter der Wucht der Begrüßung knickten Rays Knie ein, und er wurde auf recht effektive Weise wieder auf den Barhocker zurückplatziert. „Mann, seit ich wieder in der Stadt bin, habe ich dich nicht gesehen.“

Lexis Blick folgte der Hand, die immer noch Rays Schulter umklammert hielt, zu einem muskulösen Unterarm, bis zu einem sehr attraktiven Ellbogen und hinauf zu einer breiten Schulter des Mannes mit den eisblauen Augen. Er ragte von hinten über ihr auf, und sie konnte tatsächlich die Hitze spüren, die von seinem Brustkorb an ihren Rücken ausstrahlte. Sie erschauerte und widerstand dem Drang, sich in diese wohlige Wärme sinken zu lassen. Er war ein Fremder, und wie aus ihrer Interaktion mit Ray ersichtlich wurde, war die letzte Gelegenheit, als sie es mit einem Fremden probiert hatte, ja auch nicht besonders heiß ausgegangen.

„Ja, wie geht es dir, Eric?“, murmelte Ray in sein Bier, der durch den hinter Lexi stehenden Mann deutlich eingeschüchtert war.

„Es geht gut. Wirklich gut. Konnte nicht umhin, zu bemerken, dass es hier etwas angespannt zur Sache ging“, sagte der Mann, also Eric.

Lexi reckte den Kopf, um Eric direkt ins Gesicht zu schauen. „Anspannung ist offenbar mein zweiter Vorname in diesen Tagen“, sagte sie zu ihm, und sein Gesicht wurde von einem Grinsen erhellt.

„Dann hast du wohl auch einen ersten Vornamen?“, fragte er.

„Lexi.“

„Ray, ich werde dich nun ablösen und dir Lexi hier aus den Händen nehmen, sodass du einen freien Abend bekommst.“

Ray blickte sich nicht einmal mehr um. Seine Ohrspitzen färbten sich rot, aber er kippte sein restliches Bier hinunter und zog ein paar Geldscheine hervor, um seine Rechnung zu bezahlen.

Schon war Ray verschwunden, und Eric hatte seinen Platz eingenommen. Er reichte der hübschen Barkeeperin sein leeres Glas, und es war beinahe so, als wäre Ray niemals hier gewesen.

„Presto change-o“, sagte Lexi und machte dann ein Geräusch, als würde man auf einer Bananenschale ausrutschen. Heute Abend fühlte sie sich etwas leichtsinnig. Durch den Whisky und all die Veränderungen in ihrem Leben.

„Wie bitte?“, fragte Eric, während er ohne Worte eine weitere Runde Getränke für sie beide orderte.

„Ach nichts“, erwiderte Lexi und wischte die Sache als unbedeutend weg. „Du hast nur so schnell mit Ray Platz getauscht, dass es ein ‚presto change-o‘, ein schneller Wechsel, war! Und das erinnerte mich an diesen alten Zeichentrickfilm ‚Presto Change-o‘, bei dem es all diese verschiedenen Arten von Soundeffekten gibt.“ Sie machte nochmals das Geräusch der Bananenschale.

„Klar, ich erinnere mich daran“, sagte Eric, und in seinen Augenwinkeln zeigten sich Lachfältchen, als er sie anlächelte. Er gab einen melancholischen Posaunenton von sich, der Lexi zum Lachen brachte. „Welches Tier aus dem Zeichentrickfilm wurde durch diesen Ton charakterisiert?“

„Eine Katze, glaube ich?“

„Könnte auch ein Bär gewesen sein.“

„Nein, es hatte einen langen Schwanz. Auch das Mädchen hatte einen langen Zopf. Den konnte sie im Kreis schwingen wie ein Lasso und dabei rufen ‚komm her großer Junge‘.“

Dieses Mal war es Eric, der lachte. „Ich muss sagen, Anspannung scheint doch nicht wirklich dein zweiter Vorname zu sein.“

Lexi wirkte plötzlich sichtlich ernüchtert.

„Ach du Schande“, Eric zog eine Grimasse. „Mein neues Lebensziel ist, dir niemals wieder einen Anlass zu geben, solch ein Gesicht machen zu müssen.“

„Also mir ging es ziemlich gut, bis du mich daran erinnert hast“, sagte sie, während sie ihn spielerisch in die Seite stupste. Sie bemühte sich, die Fassung zu bewahren, als sie auf steinharte Muskeln traf, wo eigentlich weicher Bauch hätte sein sollen. „Ich habe diesen großen Umzug zu bewältigen, und heute Morgen musste ich etwas, das ich sehr liebte, verkaufen, um das durchzuziehen. Ich bin einfach…deprimiert. Und gestresst.“

„Was musstest du verkaufen?“, fragte er und machte auf spaßige Art übergroße Augen. „Deinen Körper? Oder noch besser: deine Jungfräulichkeit? Hast du sie an den Höchstbietenden versteigert?“ Er legte eine Hand auf ihren Arm. „Bin ich nur um Stunden zu spät dran?“

Lexi merkte, dass sie wieder lachen musste, während sie spielerisch seine Hand wegschlug. Normalerweise verhielt sie sich nicht so dumm, und ganz gewiss nicht bei einem Mann, den sie gerade erst kennengelernt hatte. Da musste etwas in der Luft liegen. „Mehr als ein halbes Jahrzehnt zu spät. Diesen Preis habe ich an Steve Jessup ‚versteigert‘ für den hohen Preis von zwei Eintrittskarten zu einem Radiohead-Konzert an unserem dreiwöchigen Kennenlerntag.“ Erics Grinsen löste ein Kribbeln in ihrem Magen aus. „Was ist mit dir?“

„Wann habe ich ‚meinen Stängel versteigert‘?“, fragte Eric. Auf der Suche in seinen Erinnerungen legte er das Gesicht in Falten. „Hmmmm. Das war mit Shawny Lowenschuss. Und diesen Preis hat sie sich erobert, indem sie verdammt gut aussah in ihrer Cheerleader-Uniform.“

„Cheerleaderin, soso.“ Lexis Gesicht verschwand in ihrer Hand, und dann ließ sie ihre Finger um den Rand ihres Glases streifen. „Das würdest du tun.“

„Das tat ich“, bekräftigte er mit vielsagend hochgezogenen Augenbrauen.

Tu, was ich sage, ist sich selbst der Preis.

„Etwas“, antwortete sie. Die Wahrheit war, dass seine Gegenwart allein sie bereits entspannte. Doch das änderte auch nichts an dem Haufen Mist, der ihr Leben mittlerweile geworden war.

Eric beugte sich etwas weiter vor. Lexi merkte, wie sie diese Bewegung wie ein Spiegelbild automatisch nachmachte. Dieses ganze ‚die Musik/andere Menschen/die Welt tritt in den Hintergrund‘ passierte erneut. Und Lexi fand sich mit dem bestaussehenden Mann, den sie je gesehen hatte, in einem wunderbaren wirbelnden Strudel wieder.

„Ich kann mir eine wirklich großartige Art und Weise vorstellen, wie du deinen Stress los wirst“, sagte er mit leiser heiserer Stimme.

Lachend warf Lexi ihr Haar zurück und beugte sich näher heran. „Darauf würde ich wetten.“

„Könnte allerdings eine etwas schweißtreibende Angelegenheit werden“, sagte er, während er eine Strähne ihres glänzenden Haares durch die Finger zog. „Könnte etwas grob sein für ein solch feingliedriges Mädchen wie du es bist.“

Auf einmal war die witzige Atmosphäre vorbei, und Lexis Herz fing wild zu hämmern an, als sich in ihrem Kopf ungestüme Bilder dessen abspielten, was er ihr da ins Ohr flüsterte. Sie beide, ineinander verknäult und schweißgebadet auf dem Rücksitz ihres Autos auf dem Parkplatz. Oder im Badezimmer der Bar. Oder, verdammt nochmal, hier, gleich jetzt. Lexi trank einen Schluck. Sie war offensichtlich schon ein wenig zu lange hier. Sie musste sich beruhigen.

„Ich glaube nicht, dass ich jemals zuvor als feingliedrig bezeichnet wurde“, sagte sie, und auch wenn sie gerade flirtete, so war es doch die Wahrheit. Sie war stark, direkt. Und oft wurde sie als einschüchternd beschrieben.

Er lehnte sich etwas zurück, aber seine Knie befanden sich nun jeweils an jeder Seite ihrer Knie, so dass sie eingefangen war. „Du glaubst also, dass du mit einem gewissen Gehämmer zurechtkommen würdest?“

Großartig! Lag es an ihr oder hatte die Hitze in diesem Raum plötzlich zugenommen? „Wie bitte?“

Und wieder grinste er. „Hast du jemals eine Mauer niedergerissen mit nichts anderem als einem Schlegel, und dabei die Wut, die du niemals herausgelassen hast, auch mit weggerissen?“

„Wie bitte?“, fragte sie erneut.

„Ich habe gerade eine Ranch gekauft, ungefähr eineinhalb Kilometer von hier. Da gab es eine alte Scheune, die ich wegreißen musste, und ich kann dir sagen, das hilft mehr als jede Therapie.“

Lexi lehnte sich zurück, und ein überraschtes leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Du meinst es ernst.“

„Ernst wie ein Kobrabiss.“ Er warf ein paar Geldscheine auf die Theke. „Kommst du mit?“

Sie neigte den Kopf zur Seite und musterte ihn. Er war auf jeden Fall attraktiv. Sein Körper rank und schlank, und sein Gesicht das eines griechischen Gottes. Aristokratisch. Bis auf das große breite Grinsen, das es in zwei Hälften zerlegte. Und diese besonderen Augen. Blauer als der Himmel an einem klaren Tag. „Ich verschwinde nur kurz mal für kleine Mädchen.“

Eric nickte, lächelte und zeigte damit an, dass er warten würde. Sie rutschte vom Barhocker und schlängelte sich durch die Bar in Richtung Badezimmer. Halb dort angekommen, traf sie unvermittelt auf die Barkeeperin.

Lexi tippte sie an der Schulter an. „Hallo!“

Marina drehte sich um und wurde sofort blass. „Ich gehe nicht mit ihm. Er gehört ganz dir. Ich habe echt keine Ahnung, warum er mich geküsst hat. Ich––“

„Langsam, langsam!“ Abwehrend hielt Lexi die Hände hoch, als ihr klar wurde, dass die Frau dachte, sie würde wie eine Verrückte auf sie losgehen oder sowas. „Schnee von gestern, Mädchen. Da ist schon mehr nötig, damit ich anfange, in einer Bar loszuschlagen. Eigentlich“, Lexi legte den Kopf schief und tat so, als würde sie intensiv nachdenken, „glaube ich nicht, dass ich niemals in einer Bar losschlägern würde.“

Marina bedachte sie mit einem erleichterten Lächeln. „Gibt es irgendetwas, womit ich dir helfen kann? Willst du einen Drink bestellen?“

„Nein“, sagte Lexi. „Ich schätze, ich wollte nur etwas über ihn erfragen.“ Sie wies mit einem Kopfnicken in die Richtung, wo Eric an der Bar auf sie wartete. „Mit ihm weggehen. Ist das sicher? Nicht sicher? Sollte ich stattdessen lieber einen Termin für einen Gehirnscan machen? Von Frau zu Frau: Was denkst du?“

Marina schaute zu Eric und brauchte nicht einmal einen Sekundenbruchteil, um zu antworten. „Sicher. Großartige Idee. Noch großartigerer Typ. Du hast dir einen von den guten Kerlen geschnappt.“

Ohne weitere Worte verschwand Marina wieder hinter der Bar, um weiterzuarbeiten, und Lexi lächelte seit Langem wieder einmal richtig froh.