Erstens kommt es anders



Helmut Hafner

Über die Kurzgeschichte

Der Baron von Lüttritz führt ein Leben nach Plan: keine Überraschungen, nichts Unvorhergesehenes. Bis ihm eines Tages ein Verkehrsunfall und die hübsche Besitzerin einer Tanzschule in die Quere kommen und sein ganzes bisheriges Leben auf den Kopf stellen. Endlich begreift er: Die Liebe kann man zum Glück nicht planen.

Baron Friedrich von Lüttritz war der Inbegriff von Disziplin und Verlässlichkeit. Er verbrachte die meiste Zeit seines Lebens damit, die Angestellten seines Bauunternehmens auf Trab zu halten. Das weibliche Geschlecht spielte in Friedrichs Leben bislang eine eher untergeordnete Rolle.

Claudia Hengstenberg, Chefsekretärin und Mädchen für alles, war eine der wenigen Frauen, die er akzeptierte. Sie erwartete Friedrich am Montagmorgen bereits mit der Unterschriftenmappe.

„Morgen, Herr Baron, nichts Besonderes”, sagte sie zur Begrüßung, die knapp ausfiel wie gewohnt. Friedrich schien unnütze Plaudereien zu hassen. Tatsächlich war seine kühle Perfektion nur ein Panzer, der ihn unverwundbar machen sollte.

„Sehr schön, Claudia. Ich möchte im Übrigen nicht gestört werden. Wir haben heute Abend ein Konzert, auf das ich mich vorbereiten muss”, wies er seine rechte Hand an.

Zweimal im Jahr lud die Familie von Lüttritz enge Freunde zu einem Musikabend und er war der Star der Truppe. Er spielte hervorragend Fagott, obwohl er im Laufe der Jahre eine immer größere Abneigung zu diesem Instrument entwickelt hatte und sich mehr zu den südamerikanischen Rhythmen hingezogen fühlte.