Über Maxim Gorki

Maxim Gorki wurde am 28. März 1868 als Aleksej Peschkow in Nishny Nowgorod in bedrängten, ärmlichen Verhältnissen geboren. In seinen frühen Werken schildert er Erlebnisse und Menschen; denen er in seiner Kindheit und Jugend und während seiner Wanderjahre ab 1888 begegnete, und stellt die dunkelsten Seiten des Lebens dar. Schon bald gibt er sich den Namen Gorki – der Bittere. Dennoch tritt er zugleich als einer der größten Optimisten der russischen Literatur in Erscheinung. Schnell wird er im In- und Ausland berühmt. Seine Romane; Erzählungen, Theaterstücke werden in über hundert Sprachen übersetzt. Sein Verhältnis zu den Mächtigen nach der Revolution in Russland ist voller Widersprüche, viele Jahre verbringt er im Ausland. Am Ende ist er eine Galionsfigur Stalins und Gegenstand eines maßlosen Personenkults. Gorki starb am 18. Juni 1936 in Moskau.

Ganna-Maria Braungardt, geboren 1956, studierte russische Sprache und Literatur in Woronesh (Russland); Lektorin; seit 1991 freiberufliche Übersetzerin. Übertrug Polina Daschkowa, Ljudmilla Ulitzkaja, Boris Akunin und viele andere in Deutsche.

Olga Grjasnowa, geboren 1984 in Baku, Aserbaidschan. Längere Auslandsaufenthalte in Polen, Russland, Israel und der Türkei. Für ihren vielbeachteten Debütroman »Der Russe ist einer, der Birken liebt« wurde sie mit dem Klaus-Michael Kühne-Preis und dem Anna Seghers-Preis ausgezeichnet. Zuletzt erschien 2014 »Die juristische Unschärfe einer Ehe«. Beide Romane wurden für die Bühne dramatisiert. Olga Grjasnowa lebt mit ihrer Familie in Berlin.

Informationen zum Buch

»Maxim Gorki – das ist eine Epoche.« Marina Zwetajewa

Einem der bekanntesten und umstrittensten Autoren Russlands zum 150. Geburtstag – Maxim Gorki.

Als junger Mann aus dem Volk wurde er mit seinen ersten Erzählungen in ganz Europa berühmt. Die Texte dieser Auswahl, die in der Neuübersetzung von Ganna Maria Braungardt frisch erstrahlen, entstammen vorrangig der frühen Phase seines Schaffens, als seine ursprüngliche Kraft noch ihren ganzen Zauber ausübte. Sie zeigen, warum wir ihn heute wieder lesen sollten.

Meistererzählungen in neuer Übersetzung

»Kaum jemand durchschaut die Armut und die moderne Gesellschaft, ihre Kleinbürger und Betrüger besser als Maxim Gorki. Vielleicht wäre es endlich an der Zeit, sich neu mit seinem Werk auseinanderzusetzen.« Olga Grjasnowa

Mit seinen frühen Erzählungen traf Maxim Gorki den Nerv der Zeit: Romantische Legenden von der Würde und der Kraft der Armen, derjenigen, die von den Segnungen der Industrialisierung ausgeschlossenen waren. Doch Gorki bringt ihnen weder Mitleid entgegen wie Dostojewski, noch will er sie erziehen wie die sogenannten Volkstümler, noch will er von ihnen lernen wie Tolstoi. Die Menschen, die Gorki interessierten und die ihm imponierten, waren arm, grob, ungebildet, unbekümmert um moralische Normen, aber willensstark und von ungebrochenem Stolz. Die Texte dieser Auswahl, die in der Neuübersetzung von Ganna Maria Braungardt frisch erstrahlen, entstammen vorrangig der frühen Phase des späteren sowjetischen Staatsautors, als seine ursprüngliche Kraft noch ihren ganzen Zauber ausübte.

»Unsere Existenz ist immer und überall tragisch, aber der Mensch verwandelt diese unzähligen Tragödien in Kunstwerke. Ich kenne nichts Erstaunlicheres, nichts Wunderbareres als diese Verwandlung.« Maxim Gorki, Über das Buch (1925)

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Maxim Gorki

Jahrmarkt in Holtwa

Meistererzählungen

Aus dem Russischen
von Ganna-Maria Braungardt

Mit einem Geleitwort von Olga Grjasnowa und einem Nachwort von Christa Ebert

Inhaltsübersicht

Über Maxim Gorki

Informationen zum Buch

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Olga Grjasnowa, Gorki und ich

Jemeljan Piljai

Großvater Archip und Ljonka

Einst im Herbst

Tschelkasch

In der Steppe

Der Schandzug

Die Holzflößer

Die Geschichte mit dem Silberschloss

Der Khan und sein Sohn

Jahrmarkt in Holtwa

Kain und Artjom

Ein Pogrom

Die Erzählung des Filipp Wassiljewitsch

Das Mädchen

Italienische Märchen und Erzählungen

Ein Mensch wird geboren

Das »Synbol«

Christa Ebert, Maxim Gorki – Licht und Schatten des Ruhms

Anmerkungen

Impressum

Gorki und ich

Der Geist Maxim Gorkis verfolgt mich schon mein Leben lang. Nicht allein seine Literatur, sondern auch sein kulturpolitisches Wirken prägten meinen Weg, insbesondere die Institutionen, die seinen Namen tragen.

Angefangen hat es in der Grundschule, als Gorkis Porträt neben dem von Alexander Puschkin auf mich fünfmal in der Woche herabsah. Es war die berühmte Aufnahme mit dem mächtigen Schnurrbart und dem Mittelscheitel. Sie flößte mir nicht Respekt, sondern Angst ein.

Gorkis Erzählungen las ich erst Jahre später, viele zum ersten Mal in diesem Buch. Von seinen Stücken durfte ich einige auf der Bühne sehen – Nachtasyl, Sommergäste, Kinder der Sonne.

Sie haben mich stark beeindruckt, und ich habe mir immer wieder vorgenommen, Gorkis Werke zu lesen, nur kam ich nicht dazu.

Als ich am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig studierte, sollte ich für den damaligen Rektor des Maxim-Gorki-Literaturinstituts in Moskau, Boris Tarassow, dolmetschen. Eigentlich bin ich nur für jemanden eingesprungen. Tarassow war nach Leipzig gekommen, um über eine mögliche Zusammenarbeit der Literaturinstitute zu sprechen. Das Maxim-Gorki-Literaturinstitut in Moskau ist eine Legende. Noch heute ist es die Kaderschmiede russisch-sprachiger Schriftsteller, Literaturübersetzer und Kritiker, unter ihnen Jewgeni Jewtuschenko, Bella Achmadulina, Juri Andruchowitsch, Viktor Pelewin, Juri Kasakow, Fasil Iskander und Anatoli Pristawkin.

Maxim Gorki hatte 1933 die Gründung des Instituts angeregt, da er erkannt hatte, dass Schriftsteller, Literaturkritiker und Übersetzer eine fundierte Ausbildung brauchen. 1936 erhielt das Institut seinen Namen. Nach dem russischen Vorbild wurde das Literarturinstitut in Leipzig gegründet, das in der DDR den Namen Johannes R. Becher trug.

Irgendwie habe ich damals meine Schüchternheit überwunden und Boris Tarassow gefragt, ob ich an seinem Institut ein Austauschsemester machen dürfte. Ein halbes Jahr später saß ich im Flugzeug nach Moskau.

Das Niveau der Lehre am Institut war tatsächlich überwältigend, und auch für meine berufliche Laufbahn erwies sich dieser Aufenthalt als ein sehr wichtiger. Denn Schreiben ist auch ein Handwerk und kann durch ein Studium auf ein höheres Niveau gehoben werden, oder um einen meiner Lieblingssätze Maxim Gorkis zu zitieren: »Man muss kein Kind geboren haben, um über eine Geburt zu schreiben.«

Im Wohnheim des Instituts waren die ausländischen Studenten in einem gesonderten Flügel untergebracht, der mit dem »russischen« Wohnheim allein über einen gemeinsamen Keller verbunden war. Der »russische« Teil des Wohnheims war allerdings für uns »Ausländer« sehr wichtig, denn nur dort gab es zwei Waschmaschinen – in unserem Teil durften keine angeschlossen werden. Deshalb benutzte meine koreanische Mitbewohnerin ihre Waschmaschine als Nachttisch, vier Jahre lang. Wir, Studenten und Doktoranden um die dreißig, schlichen also immer wieder durch den Keller in den anderen Teil des Wohnheims, vorbei an einem schlechtgelaunten Wachmann und voller Sorge, erwischt zu werden.

Erlaubt waren in unserem Teil jedoch externe Mieter, die nichts mit dem Literaturinstitut zu tun hatten – allen voran Zirkusartisten und Arbeitsmigranten aus dem Kaukasus. Sie nutzten das Wohnheim als billiges Hotel. Ich habe von ihnen viel über die Aufzucht und die Trainingsmethoden von Pinguinen gelernt. Maxim Gorki hätte es sicherlich gefallen.

Ein paar Jahre später übernahm Shermin Langhoff die Intendanz des Maxim Gorki Theaters in Berlin, und eine neue Ära brach für dieses ehrwürdige Theater an. Es wurde »post-migrantisch«. Auch meine beiden Romane wurden dort für die Bühne dramatisiert. Das Theater ist für mich ein zweites Zuhause. Ich habe dort viele Freunde gefunden und enorme künstlerische und intellektuelle Anregungen erhalten. Zurzeit ist mein Mann Oberspielleiter des neugegründeten Exil-Ensembles. Auch dieses Exil-Ensemble ist etwas, das Gorki, der viele Jahre seines Lebens im Exil verbrachte, bestimmt gefallen hätte.

Obwohl die russische Gesamtausgabe der Werke Maxim Gorkis in meinem Bücherregal steht, habe ich erst jetzt, nach vielen Jahren der Abstinenz, wieder darin gelesen. Vielleicht liegt es daran, dass ich Gorki niemals lesen »musste« – im Gegensatz zu Generationen sowjetischer Schüler vor mir. Ich wurde nach dem Zusammenbruch der UdSSR eingeschult, und möglicherweise waren da schon alle so müde von der Pflichtlektüre, dass man sich noch nicht einmal die Mühe machte, die nach Gorki benannten Institutionen und Denkmäler zu ersetzen. Auch am Maxim-Gorki-Literaturinstitut wird auffallend wenig Gorki gelesen und am Maxim-Gorki-Theater wenig Gorki gespielt. Er verschwindet allmählich, und die Erinnerung an ihn wird überschrieben. Was schade wäre, denn kaum jemand durchschaut die Armut und die moderne Gesellschaft, ihre Kleinbürger, Betrüger und Kleinkriminelle besser als Maxim Gorki. Vielleicht wäre es nun endlich an der Zeit, sich neu mit seinem Werk auseinanderzusetzen.

Olga Grjasnowa

Jemeljan Piljai

Uns bleibt nichts weiter übrig, wir müssen ins Salz! Die Saline, das is ne verfluchte Plackerei, aber es muss sein, sonst kommts noch so weit, dass wir verhungern.«

Nach diesen Worten zog mein Kamerad Jemeljan Piljai zum zehnten Mal den Tabaksbeutel aus der Tasche, überzeugte sich, dass der noch ebenso leer war wie am Tag zuvor, spuckte aus, drehte sich auf den Rücken und schaute, vor sich hin pfeifend, in den wolkenlosen, Hitze verströmenden Himmel. Wir beide lagen hungrig auf einer sandigen Landzunge drei Werst vor Odessa, von wo wir fortgegangen waren, weil wir keine Arbeit gefunden hatten. Jemeljan streckte sich im Sand aus, den Kopf der Steppe, die Beine dem Meer zugewandt, und die Wellen, die sanft rauschend ans Ufer rollten, wuschen seine schmutzigen nackten Füße. Er blinzelte gegen die Sonne, rekelte sich bald wie eine Katze, bald rückte er näher zum Meer hin, sodass ihn die Welle fast bis zu den Schultern überspülte. Er mochte das. Ich blickte zum Hafen hinüber, wo sich ein Wald in schwere schwarzgraue Rauchwolken gehüllter Masten erhob, von wo das dumpfe Rasseln von Ankerketten drang und die Pfiffe von Lokomotiven.

Ich entdeckte nichts, was unsere erloschene Hoffnung auf Verdienst hätte wiederbeleben können, stand auf und sagte zu Jemeljan: »Na dann, auf zum Salz!«

»Ja … geh! Aber wirst du das schaffen?«, fragte er gedehnt, ohne mich anzusehen.

»Das sehn wir dort.«

»Wir gehn also hin?«

»Versteht sich!«

»Gut! Na, das ist ein Wort … auf denn! Und das verfluchte Odessa – hols der Teufel! –, das bleibt hier, wo es ist. Hafenstadt! In der Erde soll sie versinken!«

»Schön, steh auf, gehn wir los; fluchen hilft nicht.«

»Wohin? Zum Salz, wie? Ja. Aber weißt du, Bruder, da beim Salz, das bringt auch nichts, selbst wenn wir hingehn.«

»Aber du hast doch gesagt, wir müssen hin.«

»Das ist wahr, das hab ich gesagt. Was ich gesagt hab, hab ich gesagt; meine Worte nehme ich nicht zurück. Aber es wird nichts bringen, das ist auch wahr.«

»Warum denn nicht?«

»Warum? Meinst du, die warten da auf uns, von wegen, bitte, liebe Herren Jemeljan und Maxim, seid so gut, zerschindet euch für uns die Knochen, dafür kriegt ihr ein paar Groschen! O nein, so läuft das nicht! Die Sache ist doch so: Jetzt sind wir beide, du und ich, selber Herr über unsere Haut …«

»Schon gut, genug! Auf jetzt!«

»Warte! Wir müssen zum Herrn Vorsteher von dieser Saline gehn und mit aller Hochachtung zu ihm sagen: ›Gnädiger Herr, hochverehrter Räuber und Blutsauger, wir sind gekommen, um Euer Gierigkeit unsere Haut anzubieten, wollen Sie nicht geruhen, sie uns für sechzig Kopeken am Tag abzuziehen!‹ Und dann …«

»Also los jetzt, steh auf und komm. Bis zum Abend schaffen wirs bis zu den Fischern; wenn wir ihnen das Schleppnetz einholen helfen, kriegen wir vielleicht ein Abendbrot.«

»Ein Abendbrot? Das ist richtig. Das kriegen wir; die Fischer sind ein gutes Völkchen. Ja, gehen wir … Aber nützen wirds uns beiden nichts, mein Lieber, wir beide haben nun mal die ganze Woche nichts als Pech, so ist das.«

Er stand auf, klitschnass, reckte sich, schob die Hände in die Taschen seiner Hose, die er sich aus zwei Mehlsäcken genäht hatte, kramte darin und betrachtete belustigt die leeren Hände, die er hervorgezogen hatte und sich vors Gesicht hielt.

»Nichts! Ich such schon den vierten Tag, und immer – nichts! So ist das, mein Lieber!«

Wir gingen am Ufer entlang, wechselten nur hin und wieder ein paar Worte. Die Füße sanken in den weichen Sand ein, die Muscheln darin klapperten melodisch unter den sanften Schlägen der anrollenden Wellen. Bisweilen lagen da von einer Welle angespülte gallertartige Quallen, kleine Fische, merkwürdig geformte Holzstücke, durchnässt und schwarz … Vom Meer her wehte ein herrlicher frischer Wind, umfing uns mit Kühle und eilte weiter in die Steppe, wo er da und dort den feinen Sand aufwirbelte. Jemeljan, sonst immer fröhlich, war offenbar betrübt, und weil ich das bemerkte, versuchte ich ihn abzulenken.

»Komm, Jemelja, erzähl mir was!«

»Ich würd dir ja was erzähln, Bruder, aber mein Mundwerk ist schwach, denn mein Bauch ist leer. Der Bauch, das ist das Wichtigste am Menschen, einer kann noch so eine Missgeburt sein, aber jemanden ohne Bauch, den wirst du nicht finden! Und wenn der Ruhe hat, dann ist auch die Seele lebendig; alles menschliche Tun kommt vom Bauch …«

Er schwieg eine Weile.

»Ach, Bruder, wenn das Meer mir jetzt tausend Rubel vor die Füße werfen würde – platsch! Ich würd sofort eine Schenke aufmachen; dich würd ich als Gehilfen anstellen, und mir selber würd ich ein Bett unterm Tresen einrichten und einen Schlauch direkt aus dem Fass in meinen Mund legen. Sobald ich Lust hab auf einen Schluck vom Quell der Freude und des Frohsinns, befehl ich dir: ›Maxim, dreh den Hahn auf!‹, und dann – gluck, gluck, gluck – läufts direkt in meine Kehle. Trink, Jemelja! Eine guuute Sache, verdammt noch mal! Und die Bauern, die Herren der Schwarzerde – oho! –, die würd ich ordentlich plündern, denen würd ich das Fell über die Ohren ziehn! Wenn so einer kommt, was trinken will: ›Jemeljan Pawlytsch! Gib mir ein Gläschen auf Kredit!‹ – ›Wie? Was? Auf Kredit?! Du kriegst nichts auf Kredit!‹ – ›Jemeljan Pawlytsch, sei barmherzig!‹ – ›Bitte, gern: Bring mir dein Fuhrwerk, dann kriegst du ein Gläschen.‹ Ha-ha-ha! Quälen würd ich ihn, den Dickwanst!«

»Na, warum denn so grausam! Schau dich um, er hungert doch, der Bauer.«

»Waas? Er hungert? Und ich, hungere ich nicht? Ich, mein Lieber, ich hungere seit meiner Geburt, und das steht nicht im Gesetz geschrieben. Tjaa! Er hungert – warum? Eine Missernte? Bei ihm ist erst im Kopf Missernte, und dann auf dem Feld, so ist das! Warum gibts denn in andern Ländern keine Missernten?! Darum, weil die Leute da den Kopf nicht auf den Schultern tragen, damit sie sich dran kratzen können: Sie benutzen ihn zum Denken, so ist das! Dort, mein Lieber, dort kann man den Regen auf morgen verlegen, wenn er heute nicht gebraucht wird, und die Sonne ein Stück wegschieben, wenn sie zu sehr brennt. Und was haben wir für Mittel? Keine, mein Lieber … Ach was! Das ist alles Spaß. Aber wenn ich wirklich tausend Rubel hätte und eine Schenke, das wäre was Richtiges …«

Er verstummte und langte aus Gewohnheit nach seinem Tabaksbeutel, zog ihn heraus, stülpte ihn um, schaute hinein, spuckte wütend aus und warf ihn ins Meer.

Eine Welle erfasste den schmutzigen Beutel und wollte ihn schon forttragen, doch nachdem sie diese Gabe genauer betrachtet hatte, warf sie sie verärgert zurück ans Ufer.

»Du nimmst ihn nicht? O doch, das wirst du!«

Jemeljan packte den nassen Tabaksbeutel, steckte einen Stein hinein, holte weit aus und warf den Beutel ins Meer.

Ich lachte.

»He, was bleckst du die Zähne? So sind die Menschen! Liest Bücher, trägt sogar welche mit sich rum, aber einen Menschen verstehen, das kann er nicht! Schreckgespenst, vieräugiges!«

Damit meinte er mich, und daran, dass Jemeljan mich vieräugiges Schreckgespenst nannte, erkannte ich, dass er sehr wütend auf mich war: Nur wenn er äußerst gereizt und voller Hass auf alles war, erlaubte er sich, über meine Brille zu spotten; eigentlich verlieh mir diese unfreiwillige Zierde in seinen Augen so viel Gewicht und Bedeutsamkeit, dass er mich in den ersten Tagen unserer Bekanntschaft nie anders als mit »Sie« und in einem respektvollen Ton ansprechen konnte, obwohl ich mit ihm zusammen auf einem rumänischen Dampfer Kohle schippte und genau wie er zerlumpt, zerkratzt und schwarz wie ein Teufel war.

Ich entschuldigte mich bei ihm, und um ihn etwas zu beruhigen, begann ich von fremden Ländern zu erzählen, versuchte ihm zu beweisen, dass seine Aussagen über die Steuerung von Wolken und Sonne ins Reich der Mythen gehörten.

»Sieh an! So ist das! Ach! Ja, ja …«, warf er hin und wieder ein; aber ich spürte, dass sein Interesse an fremden Ländern und dem Leben dort ungewohnt gering war; Jemeljan hörte mir kaum zu, er starrte eigensinnig in die Ferne.

»Das mag alles sein«, unterbrach er mich und winkte ab. »Aber ich will dich mal was fragen: Wenn uns jetzt ein Mensch mit Geld begegnen würde, mit viel Geld«, unterstrich er, mit einem raschen Seitenblick unter meine Brille, »würdest du, wenn du für dich was rausschlagen könntest, würdest du ihn dann umbringen?«

»Natürlich nicht«, antwortete ich. »Niemand hat das Recht, sein Glück mit dem Leben eines anderen Menschen zu erkaufen.«

»Hmhm! Ja … Das steht so schön in den Büchern, aber nur fürs Gewissen, in Wirklichkeit würde derselbe Herr, der sich das als Erster ausgedacht hat, der würde, wenns ihm schlecht geht, für sein eigenes Weiterleben bestimmt bei passender Gelegenheit jemanden kaltmachen. Das Recht! Hier, das ist das Recht!«

Jemeljan hielt mir seine beeindruckende sehnige Faust unter die Nase.

»Jeder Mensch handelt nach diesem Recht, nur auf verschiedene Art. Das Recht, pah!«

Jemeljan runzelte die Stirn, seine Augen verschwanden tief unter den langen, ausgebleichten Brauen.

Ich schwieg, denn ich wusste aus Erfahrung, dass es sinnlos war, ihm zu widersprechen, wenn er wütend war.

Er schleuderte ein Stück Holz, das ihm vor die Füße geraten war, ins Meer, seufzte und sagte: »Jetzt was zu rauchen …«

Ich blickte nach rechts in die Steppe und entdeckte zwei Schafhirten, die auf der Erde lagen und zu uns schauten.

»Grüß euch, Panowe!«, rief Jemeljan ihnen zu, »habt ihr vielleicht etwas Tabak?«

Einer der Hirten wandte den Kopf dem anderen zu, spuckte einen zerkauten Grashalm aus und sagte träge: »Sie wolln Tabak, he, Michail?«

Michail sah zum Himmel, ersuchte ihn offenbar um Erlaubnis, mit uns zu reden, und drehte sich zu uns.

»Guten Tag!«, sagte er. »Wohin des Wegs?«

»Nach Otschakow, zum Salz.«

»Oho!«

Wir schwiegen und ließen uns neben ihnen auf der Erde nieder.

»He, Nikita, nimm die Tasche da weg, damit die Dohlen sie nicht aufpicken.«

Nikita lächelte listig in sich hinein und griff nach der Tasche. Jemeljan knirschte mit den Zähnen.

»Ihr wollt also Tabak?«

»Wir haben lange nicht geraucht«, sagte ich.

»Wieso nicht? Dann raucht doch.«

»He, du verdammter Chochol1! Halts Maul! Wenn du uns was geben willst, dann tus, aber lass den Spott! Bastard! Oder hast du beim Rumlaufen in der Steppe deine Seele verlorn? Ich zieh dir eins über den Schädel, eh du Piep sagst!«, brüllte Jemeljan und rollte mit den Augen.

Die Hirten zuckten zusammen, sprangen auf, packten ihre langen Knüppel und stellten sich dicht nebeneinander.

»Aha, Brüder, so bittet ihr also! Na los, dann kommt her!«

Die verdammten Chochols waren auf eine Prügelei aus, daran hegte ich nicht den geringsten Zweifel.

Auch Jemeljan hatte, nach seinen geballten Fäusten und dem wilden Feuer in den Augen zu urteilen, nichts gegen eine Prügelei. Ich verspürte keine Lust auf einen Kampf und versuchte, die Parteien zu versöhnen.

»Wartet, Brüder! Mein Kamerad war ein bisschen hitzig – ist doch nicht schlimm! Und ihr – wenn ihr Tabak für uns übrig habt, gebt uns welchen, und dann gehn wir unsrer Wege.«

Michail blickte zu Nikita, Nikita zu Michail, und beide lachten spöttisch.

»Warum sagt ihr das nicht gleich!«

Damit langte Michail in die Tasche seines Kittels, zog einen großen Tabaksbeutel heraus und reichte ihn mir.

»Hier, bedien dich!«

Nikita griff mit einer Hand in die Hirtentasche und hielt mir dann einen großen Laib Brot und ein Stück dick mit Salz bestreuten Speck hin. Ich nahm beides. Michail lachte und schüttete mir noch Tabak in die Hand.

Nikita knurrte: »Lebt wohl!«

Ich bedankte mich.

Jemeljan ließ sich mürrisch auf den Boden sinken und zischte ziemlich laut: »Verdammte Schweine!«

Die Chochols gingen mit schweren, ausgreifenden Schritten weiter in die Steppe und sahen sich ständig nach uns um. Wir setzten uns auf die Erde und aßen das köstliche, fast weiße Brot mit Speck, ohne sie weiter zu beachten. Jemeljan schmatzte laut, schnaufte und mied geflissentlich meinen Blick.

Es wurde Abend. In der Ferne überm Meer war schon die Dunkelheit geboren, sie schwebte darüber und deckte das sachte Kräuseln mit einem bläulichen Schleier zu. In der Steppe aber, ganz weit an ihrem Rand, bildeten die Strahlen der untergehenden Sonne einen riesigen purpurnen Fächer und färbten sanft und lieblich Himmel und Erde. Die Wellen schlugen an den Strand, das Meer – bald zartrosa, bald dunkelblau – war wunderschön und gewaltig.

»Jetzt rauchen wir! Hol euch der Teufel, elende Chochols!« Damit war Jemeljan fertig mit den Chochols und seufzte befreit. »Gehen wir weiter oder übernachten wir hier?«

Ich war zu faul zum Weitergehen.

»Wir übernachten!«, entschied ich.

»Gut, übernachten wir hier.«

Jemeljan streckte sich auf der Erde aus und blickte zum Himmel.

Er rauchte und spuckte ab und zu aus; ich schaute mich um und genoss den wunderschönen Anblick dieses Abends. Über der Steppe lag das klangvolle, monotone Klatschen der Brandung.

»Aber einem Geldsack den Schädel einschlagen, sag, was du willst, das ist eine feine Sache; besonders, wenn mans gekonnt anstellt«, sagte Jemeljan plötzlich.

»Red keinen Unsinn«, sagte ich.

»Unsinn?! Wieso Unsinn? Ich werds tun, auf Ehre und Gewissen! Ich bin siebenundvierzig Jahre alt, und seit zwanzig Jahren zerbrech ich mir den Kopf über diese Operation. Was hab ich denn für ein Leben? Ein Hundeleben. Keine Hütte, kein Stück Brot – schlimmer als ein Hund! Bin ich etwa ein Mensch? Nein, Bruder, ich bin kein Mensch, ich bin schlimmer dran als ein Wurm und ein wildes Tier! Wer kann mich schon verstehen? Keiner! Aber wenn ich weiß, dass Menschen gut leben können, warum soll ich nicht so leben? He? Hol euch der Satan, ihr Teufel!«

Plötzlich wandte er mir das Gesicht zu und sagte hastig: »Weißt du, einmal hätte ich beinahe … habs aber nicht ganz geschafft … verflucht soll ich sein, verdammt, dumm bin ich gewesen, hab Mitleid gehabt. Soll ichs dir erzählen?«

Ich bekundete rasch meine Zustimmung, und Jemeljan zündete sich eine Selbstgedrehte an und begann.

»Das war in Poltawa, Bruder … vor acht Jahren. Ich war Gehilfe bei einem Kaufmann, einem Holzhändler. Ein Jahr lebte ich da nicht schlecht, alles ging glatt; dann fing ich plötzlich an zu trinken, vertrank sechzig Rubel von meinem Herrn. Sie haben mich vor Gericht gestellt und zur Zwangsarbeit geschickt, für drei Monate, und so weiter – das Übliche. Ich saß die Strafe ab und kam raus – wohin jetzt? In der Stadt kannten mich alle; woandershin konnte ich nicht – ohne Geld und ohne anständige Kleider. Ich also zu einem zwielichtigen Mann, den ich kannte; er führte eine Schenke, handelte mit Diebesgut und deckte allerlei Gauner und ihre Geschäfte. Ein gutherziger Kerl, grundehrlich und ein kluger Kopf. Er war ein großer Bücherfreund, las eine Menge und verstand viel vom Leben. Ich also zu ihm. ›So und so, Pawel Petrow, hilf mir aus der Patsche!‹ – ›Na‹ sagt er, ›das kann ich machen! Die Menschen müssen einander helfen, wenn sie vom selben Schlag sind. Bleib hier, iss und trink und sieh dich um.‹ Ein kluger Kopf, mein Lieber, dieser Pawel Petrow! Ich hatte großen Respekt vor ihm, und er mochte mich auch sehr. Manchmal saß er am Tag hinterm Tresen und las ein Buch über französische Räuber – alle seine Bücher handelten von Räubern, du hörst ganz gebannt zu … tolle Kerle, machen tolle Sachen –, und am Ende fliegen sie alle mit Karacho auf. Du denkst, so ein Kopf und so geschickte Hände – Donnerwetter! Und am Ende plötzlich – hopp! Vor Gericht! Und basta! Alles aus.

Ein, zwei Monate sitze ich also bei diesem Pawel Petrow, höre ihm beim Lesen zu und bei verschiedenen Gesprächen. Ich sehe – dunkle Gestalten kommen und bringen glitzernde Sachen: Uhren, Armbänder und dergleichen, und ich erkenne – all ihre Operationen sind keinen Groschen wert. Da klaut einer was – Pawel Petrow zahlt ihm dafür den halben Preis – er hat ehrlich gezahlt, Bruder – und dann he! Gib ihm! Gelage, Geprotze, Geschrei – und nichts bleibt übrig! Eine sinnlose Sache, mein Lieber! Bald kommt der eine vor Gericht, bald ein anderer …

Und aus was für schwerwiegenden Gründen? Verdacht auf Einbruchsdiebstahl, und die Beute – hundert Rubel! Hundert Rubel! Wiegen die etwa das Leben eines Menschen auf? Holzköpfe! … Also sag ich zu Pawel Petrow: ›Das ist alles dumm, Pawel Petrow, lohnt die Mühe nicht.‹ – ›Hm! Was soll ich dazu sagen?‹, meint er. ›Einerseits‹, sagt er, ›das Huhn pickt eben Körnchen für Körnchen, andererseits – ja, stimmt, die Menschen haben bei allem zu wenig Achtung vor sich selbst; daran liegt es! Würde ein Mensch, der seinen Wert kennt‹, sagt er, ›sich etwa für eine Beute von zwanzig Kopeken die Hände schmutzig machen mit einem Einbruch?! Auf keinen Fall! Und dann‹, sagt er, ›würde ich, ein Mann von Verstand und mit Beziehung zu europäischer Bildung, würde ich mich für hundert Rubel verkaufen?‹ Und erklärt mir an Beispielen, wie ein Mensch mit Verstand handeln muss. Eine Weile haben wir so geredet. Dann sage ich zu ihm: ›Ich denke schon lange darüber nach, mein Glück zu versuchen, Pawel Petrow, und Sie als Mann mit Lebenserfahrung, geben Sie mir doch einen Rat, wie und was.‹ – ›Hm!‹, sagt er, ›gern! Willst du nicht was Eigenes machen, auf eigne Gefahr und Rechnung, ohne fremde Hilfe? Also, zum Beispiel … Der Obaimow‹, sagt er, ›der kommt doch vom Holzhof in seinem Einspänner allein über die Worskla zurück; und du weißt ja, er hat immer Geld bei sich, auf dem Holzhof holt er sich vom Verwalter seinen Erlös. Den Erlös einer ganzen Woche; sie nehmen jeden Tag dreihundert Rubel und mehr ein. Was meinst du dazu?‹ Ich überlegte. Obaimow, das war der Kaufmann, bei dem ich gearbeitet hatte. Die Sache wäre doppelt gut: Eine Rache dafür, wie er mich behandelt hat, und eine fette Beute. ›Ich muss drüber nachdenken‹, hab ich gesagt. ›Versteht sich‹, meinte Pawel Petrow.«

Jemeljan verstummte und drehte sich bedächtig eine Papirossa. Das Abendrot war fast erloschen, nur ein kleines rosa Band, das mit jeder Sekunde mehr verblasste, färbte den Rand einer Federwolke, die wie erschöpft reglos am nun dunklen Himmel stand. In der Steppe war es still und traurig, und das sanfte Plätschern der Wellen unterstrich mit seinem monotonen weichen Klang noch die Stille und Traurigkeit. Über dem Meer flammten nach und nach Sterne auf, so rein, so neu, wie gestern erst erschaffen zur Zierde des samtigen südlichen Himmels.

»Tja, Bruder, ich hab also über die Sache nachgedacht und mich in der Nacht ins Gebüsch an der Worskla gelegt, mit einer Eisenstange von sieben Pfund. Es war Oktober, das weiß ich noch, Ende Oktober. Die Nacht war genau richtig: finster wie in der menschlichen Seele … Und die Stelle – besser konnte ichs mir nicht wünschen. Gleich an der Brücke, und an der Abfahrt fehlten ein paar Bretter, das heißt, er musste im Schritttempo runter. Ich liege also da und warte. Eine Wut hatte ich damals in mir, mein Lieber, die hätte für zehn Kaufleute gereicht. Und ich hab mir die Sache ganz leicht vorgestellt, kinderleicht: Bumm! Und basta! Tjaa! Da lieg ich also, verstehst du, und alles ist bereit. Wumm! Und her mit dem Geld. Genau so. Wumm, denk ich, und das wars!

Du glaubst wohl, der Mensch ist im Innern frei? Von wegen, Bruder! Kannst du mir erzählen, was du morgen tun wirst? Blödsinn! Du kannst mir nicht sagen, ob du morgen nach rechts oder nach links gehst. Ich hab da gelegen und auf das eine gewartet, aber gekommen ist es ganz anders. Ganz, ganz anders!

Ich sehe: Aus der Stadt kommt jemand, anscheinend ein Betrunkener, er schwankt, hat einen Stock in der Hand. Er murmelt was; murmelt wirr vor sich hin und weint, schluchzt … Als er näher ist, schau ich genauer hin – ein Weib! Pfui Teufel, verdammt! Dir verpass ich eine Abreibung, denke ich, komm nur her. Sie läuft schnurstracks auf die Brücke zu, und plötzlich schreit sie: ›Warum, Liebster!‹ Das war ein Schrei, Bruder! Ich bin richtig zusammengezuckt. Was ist das für eine Geschichte, denke ich. Und sie steuert direkt auf mich zu. Ich lieg da, an die Erde gepresst, und zittre am ganzen Leib – wo war meine ganze Wut hin! Gleich ist sie hier, gleich tritt sie auf mich drauf! Da schreit sie wieder los: ›Warum?! Warum?!‹ und plumpst auf die Erde, wo sie gestanden hat, dicht neben mir. Und dann heult sie so, mein Lieber, ich kann dir gar nicht sagen, wie – es zerriss mir das Herz, als ich das hörte. Aber ich rühre mich nicht, mache keinen Mucks. Und sie heult. Ich wurde furchtbar traurig. Weg hier, denke ich, weg! Da kam der Mond hinter einer Wolke vor, und es wurde taghell und klar, direkt zum Fürchten. Ich hab mich halb aufgerichtet und zu ihr geschaut … Und da war alles zum Teufel, Bruder, alle meine Pläne waren flöten! Ich sehe hin, und es gibt mir einen Stich ins Herz: ein Mädchen, blutjung, ein halbes Kind – semmelblond, Löckchen auf den Wangen, die Augen riesengroß, und wie sie schauen … und ihre Schultern zucken, und aus den Augen kullern große Tränen, eine nach der anderen, kullern und kullern.

Da hat mich das Mitleid gepackt, Bruder. Ich fang also an zu husten: ›Ähm! Ähm! Ähm!‹ Sie schreit: ›Wer ist da? Wer da? Wer ist da?‹ Ist erschrocken … Na, ich gleich … aufgestanden und sag: ›Ich.‹ Und sie: ›Wer sind Sie?‹ Dabei macht sie große Augen und zittert am ganzen Leib wie Sülze. ›Wer sind Sie?‹, hat sie gefragt.«

Er lachte.

»›Wer ich bin?‹, sag ich. ›Vor allem, haben Sie keine Angst vor mir, Fräulein, ich tu Ihnen nichts. Ich bin nichts Besonderes, ein Barfüßler bin ich.‹

Ja, ich hab sie also angelogen; ich konnt ihr ja schließlich nicht sagen, ich lieg hier auf der Lauer, will einen Kaufmann erschlagen.

Und sie darauf: ›Mir ist alles gleich, ich bin hergekommen, um mich zu ertränken.‹ Und wie sie das gesagt hat, mich hats richtig geschaudert – so ganz ernst, Bruder. Tja, was sollt ich da machen?«

Jemeljan zuckte ratlos die Achseln und sah mich mit einem breiten, gutmütigen Lächeln an.

»Und da, mein Lieber, da hab ich plötzlich geredet. Worüber, das weiß ich nicht; aber ich hab so geredet, dass ich mir selber gebannt zugehört hab, vor allem darüber, wie jung sie ist und wie schön. Und dass sie schön war, das stimmt – wunderschön! Ach ja, mein Lieber! Na gut! Ihr Name war Lisa. Also, ich rede, aber was – wer weiß? Mein Herz hat geredet. Ja! Und sie schaut nur, ernst und starr, und plötzlich, da hat sie gelächelt!«, brüllte Jemeljan mit Tränen in der Stimme und in den Augen über die ganze Steppe und schüttelte die geballten Fäuste.

»Und wie sie gelächelt hat, da bin ich richtig weich geworden; bin vor ihr auf die Knie gefallen. ›Fräulein‹, hab ich gesagt, ›Fräulein!‹ Und das wars! Und sie, Bruder, sie packt meinen Kopf, sieht mir ins Gesicht und lächelt wie auf einem Bild: Sie bewegt die Lippen, will was sagen; und schließlich schafft sie es und sagt: ›Mein Lieber, Sie sind ja genauso unglücklich wie ich! Ja? Sagen Sie es mir, mein Guter!‹ Tja, mein lieber Freund, so war das! Aber das war keineswegs alles, sie hat mich auch noch auf die Stirn geküsst, Bruder – jawohl! Verstehst du? Bei Gott! Ach du, mein Lieber! Weißt du, was Schöneres ist mir in meinen ganzen siebenundvierzig Jahren nicht passiert! Wie?! Jawohl! Und warum war ich dort hingegangen? Ach du, dieses Leben!«

Er verstummte, den Kopf auf die Arme gelegt. Bedrückt von der seltsamen Geschichte, schwieg ich und blickte aufs Meer, das aussah wie eine riesige Brust, die in festem Schlaf tief und gleichmäßig atmet.

»Na, und dann steht sie auf und sagt zu mir: ›Bringen Sie mich nach Hause.‹ Wir gingen los. Ich laufe und spüre meine Beine kaum, und sie erzählt mir alles, wie und was. Verstehst du, sie war die einzige Tochter ihrer Eltern, die sind Kaufleute, na ja, und sie war eben verwöhnt; und dann kam ein Student, hat sie unterrichtet, dies und das, jedenfalls, die beiden haben sich verliebt. Dann ist er weggefahren, und sie hat auf ihn gewartet – dass er zurückkommt, wenn er fertig ist mit Studieren, und sie heiratet; so hatten sies abgemacht. Aber er ist nicht gekommen, hat einen Brief geschickt: Von wegen, du passt nicht zu mir. Das Mädchen war natürlich gekränkt. Na, und da wollte sie sich eben … Das erzählt sie mir also alles, und so kommen wir bis zu dem Haus, wo sie wohnt. ›Nun, mein Lieber‹, sagt sie, ›leben Sie wohl! Morgen‹, sagt sie, ›fahre ich fort. Brauchen Sie vielleicht Geld? Sagen Sie es nur, genieren Sie sich nicht.‹ – ›Nein‹, sag ich, ›Fräulein, ich brauche kein Geld, danke!‹ – ›Na, mein Guter, genieren Sie sich nicht, sagen Sie es nur, nehmen Sies an!‹, drängt sie weiter. Ich war ja ganz zerlumpt, aber ich sage: ›Nein, ich brauche nichts, Fräulein.‹ Verstehst du, Bruder, mir war irgendwie nicht danach, nach Geld. Wir haben uns verabschiedet. Ganz freundlich hat sie gesagt: ›Ich werde dich nie vergessen; du bist für mich ein vollkommen Fremder, aber mir so …‹ Na, egal«, unterbrach sich Jemeljan und zündete sich erneut eine Selbstgedrehte an.

»Als sie weg war, hab ich mich auf eine Bank vorm Tor gesetzt. Mir war traurig zumute. Da kam der Nachtwächter vorbei. ›Was lungerst du hier rum, willst wohl was klauen?‹ Das hat mich tief ins Herz getroffen! Ich hab ihm in die Fresse gehauen – wumm! Geschrei, Pfiffe … aufs Revier! Na schön, aufs Revier, meinetwegen, mir doch egal; und ich hab ihm noch eine reingehauen! Und mich auf die Bank gesetzt, ich wollte nicht weglaufen. Hab die Nacht dort verbracht; am Morgen wurde ich wieder freigelassen. Ich hin zu Pawel Patrow. ›Wo hast du dich rumgetrieben‹, fragt er und lacht. Ich sehe ihn an – derselbe Mann wie gestern; aber ich sehe irgendwie was ganz Neues. Na, ich hab ihm natürlich alles erzählt, wie und was. Er hat ernst zugehört, und dann sagt er zu mir: ›Jemeljan Pawlytsch, Sie sind ein Trottel und ein Dummkopf; seien Sie so gut und verschwinden Sie!‹

Tja, was solls? Hat er nicht recht? Ich bin gegangen, und das wars. Ja, so war die Sache, Bruder!«

Er verstummte und streckte sich auf der Erde aus, die Arme unterm Kopf verschränkt, und schaute zum Himmel – der samten war und voller Sterne. Auch ringsum war alles still. Das Rauschen der Brandung war sanfter und leiser geworden, es erreichte uns nur noch als schwaches, schläfriges Seufzen.

1893

Großvater Archip und Ljonka

Sie warteten auf die Fähre, hatten sich beide in den Schatten des Steilufers gelegt und blickten lange schweigend auf die trüben Wellen des Kuban zu ihren Füßen. Ljonka döste ein, doch Großvater Archip verspürte einen dumpfen, drückenden Schmerz in der Brust und konnte nicht einschlafen. Ihre abgerissenen und gekrümmten Gestalten hoben sich kaum von der dunkelbraunen Erde ab – zwei klägliche Häuflein, ein größeres und ein kleineres, ihre erschöpften, gebräunten und staubigen Gesichter hatten die gleiche Farbe wie ihre braunen Lumpen.

Die lange, knochige Gestalt von Großvater Archip lag ausgestreckt quer auf dem schmalen Sandstreifen, der sich wie ein gelbes Band zwischen Steilhang und Fluss am Ufer entlangzog; Ljonka hatte sich neben dem Großvater zusammengerollt und schlief. Er war klein und zart, in seinen Lumpen wirkte er wie ein krummer Ast, abgebrochen vom Großvater, einem vertrockneten alten Baum, den die Flusswellen angespült und hier in den Sand geworfen hatten.

Der Großvater stützte den Ellbogen auf, hob den Kopf und blickte zum sonnenbeschienenen und spärlich mit schütterem Weidengebüsch bewachsenen gegenüberliegenden Ufer; zwischen den Büschen ragte die schwarze Bordwand der Fähre hervor. Dort war es öde und leer. Ein schmaler grauer Weg führte vom Fluss in die Steppe; er war unerbittlich gerade und trocken und stimmte wehmütig.

Die trüben, entzündeten Augen des alten Mannes mit den geschwollenen roten Lidern zwinkerten unruhig, und das von Falten durchzogene Gesicht war in einem Ausdruck verzehrenden Grams erstarrt. Hin und wieder hustete er verhalten und hielt sich mit einem Blick auf seinen Enkel den Mund zu. Der Husten war heiser und keuchend, er zwang den Großvater aufzustehen und trieb ihm große runde Tränen in die Augen.

Außer dem Husten und dem leisen Schurren der Wellen über den Sand gab es in der Steppe keine Geräusche … Sie erstreckte sich beiderseits des Flusses, gewaltig, braun, von der Sonne verbrannt, und nur weit hinten am Horizont, für das Auge des Alten kaum auszumachen, wogte üppig ein goldenes Weizenfeld und stieß direkt an den blendend hellen Himmel. Vor ihm zeichneten sich die Umrisse dreier schlanker Pappeln ab; sie schienen bald kleiner, bald höher zu werden, und der Himmel und der Weizen darunter schienen zu schwanken, sich auf und nieder zu bewegen. Und plötzlich verschwand alles hinter einem glitzernden silbrigen Schleier aus Steppendunst …

Dieser Schleier, wogend, hell und trügerisch, schwebte bisweilen aus der Ferne fast bis ans Flussufer und war dann selbst wie ein Fluss, der plötzlich vom Himmel herabströmt, ebenso rein und ruhig wie dieser.

Großvater Archip, der diese Erscheinung nicht kannte, rieb sich die Augen und dachte bekümmert, dass diese Hitze und die Steppe ihm auch noch das Augenlicht nahmen, wie sie ihm schon die letzte Kraft in den Beinen geraubt hatten.

Heute ging es ihm noch schlechter als sonst in letzter Zeit. Er spürte, dass er bald sterben würde, und obwohl er das vollkommen gleichmütig hinnahm, ohne darüber nachzudenken, wie eine notwendige Pflicht, wollte er doch nicht hier sterben, in der Ferne, sondern in der Heimat, und außerdem beunruhigte ihn der Gedanke an seinen Enkel … Wo sollte Ljonka hin?

Diese Frage stellte er sich mehrmals am Tag, und jedes Mal krampfte sich etwas in ihm zusammen, ihm wurde kalt und so übel, dass er sofort nach Hause zurückkehren wollte, nach Russland …

Aber nach Russland war es weit … Er würde es sowieso nicht schaffen, würde irgendwo unterwegs sterben. Hier am Kuban gaben die Leute reichlich Almosen; es war ein wohlhabendes Volk, wenngleich grob und spöttisch. Sie mochten keine Bettler, denn sie waren reich …

Der Großvater richtete den tränenfeuchten Blick auf den Enkel und strich ihm mit seiner rauen Hand über den Kopf.

Der Junge regte sich und hob die blauen Augen, die groß und tief waren, unkindlich nachdenklich, und in dem mageren, pockennarbigen Gesicht mit den schmalen, blutleeren Lippen und der spitzen Nase noch größer wirkten.

»Kommt sie?«, fragte er, schirmte mit der Hand die Augen ab und schaute auf den Fluss, der die Sonnenstrahlen reflektierte.

»Nein, noch nicht. Sie steht noch. Was soll sie hier? Hat sie ja keiner gerufen, also steht sie noch …«, sagte Archip langsam, während er weiter den Kopf seines Enkels streichelte. »Hast du geschlafen?«

Ljonka machte eine unbestimmte Kopfbewegung und streckte sich im Sand aus. Beide schwiegen.

»Wenn ich schwimmen könnte, würde ich jetzt baden«, erklärte Ljonka, auf den Fluss blickend. »Ein schrecklich schneller Fluss! So sind die Flüsse bei uns nicht. Was treibt ihn so? Rennt, als könnte er zu spät kommen …«

Missmutig wandte sich Ljonka vom Wasser ab.

»Weißt du was«, sagte der Großvater nach kurzem Überlegen, »wir machen unsere Gürtel ab, schnüren sie zusammen, ich binde sie dir ums Bein, und dann gehst du ins Wasser, baden …«

»Naa!«, sagte Ljonka gedehnt und wandte vernünftig ein: »Was dir so einfällt! Meinst du etwa, er würde dich nicht wegziehen? Dann ertrinken wir beide.«

»Das ist wahr! Er würde uns wegziehen. So, wie der rast … Im Frühjahr tritt er bestimmt über die Ufer – oho! Und wie steil es hier reingeht – zum Fürchten! Bodenlos tief!«

Ljonka wollte nicht reden, er antwortete dem Großvater nicht, nahm einen Klumpen Lehm in die Hand und zerdrückte ihn mit ernster, konzentrierter Miene zwischen den Fingern zu Staub.

Der Großvater sah ihn an und dachte mit zusammengekniffenen Augen nach.

»Siehst du …«, sagte Ljonka leise und ausdruckslos, wobei er den Staub von den Händen schüttelte. »Die Erde hier … ich hab sie in die Hand genommen und zerdrückt, und nun ist sie Staub … nur winzige Körnchen, mit dem Auge kaum zu sehen …«

»Ja, und?«, fragte Archip, hustete und blickte durch die Tränen, die ihm in die Augen traten, in die trocken glänzenden großen Augen seines Enkels. »Was willst du damit sagen?«, fügte er hinzu, als sein Hustenanfall abgeklungen war.

»Naa«, Ljonka schüttelte heftig den Kopf, »dass sie überall so ist!« Er wies mit der Hand über den Fluss hin. »Und alles ist auf ihr gebaut … Die vielen Städte, durch die wir beide schon gelaufen sind! So viele! Und so viele Menschen überall!«

Ljonka konnte seinen Gedanken nicht fassen, versank erneut schweigend in Gedanken und blickte um sich.

Der Großvater schwieg eine Weile, dann rückte er ganz dicht an seinen Enkel heran und sagte zärtlich: »Mein kluger Junge du! Das hast du richtig gesagt – alles ist Staub … die Städte, die Menschen, auch wir beide – alles Staub. Ach du, Ljonka, Ljonka! Wenn du lesen und schreiben könntest! Du würdest es weit bringen. Was soll nur aus dir werden?«

Der Großvater drückte den Kopf seines Enkels an sich und küsste ihn.

»Warte«, rief Ljonka ein wenig lebhafter und befreite sein flachsblondes Haar aus den zitternden krummen Fingern des Großvaters. »Was sagst du? Staub? Die Städte und alles?«

»So hat Gott es nun mal eingerichtet, mein Kleiner. Alles ist Erde, und die Erde selbst ist Staub. Und alles auf ihr stirbt … So ist das! Darum muss der Mensch in Mühsal und Demut leben. Auch ich werde bald sterben …«, wechselte der Großvater jäh das Thema und setzte wehmütig hinzu: »Wohin wirst du dann gehen, ohne mich?«

Diese Frage hörte Ljonka vom Großvater oft, er war es schon leid, über den Tod zu reden, er drehte sich wortlos weg, riss einen Grashalm aus, steckte ihn in den Mund und kaute langsam darauf herum.

Doch für den Großvater war das ein wunder Punkt.

»Warum sagst du nichts? Was wirst du ohne mich anfangen?«, fragte er leise, zu seinem Enkel gebeugt und erneut hustend.

»Hab ich dir doch gesagt …«, antwortete Ljonka, aus den Augenwinkeln zum Großvater blickend, unwillig und abwesend.

Er mochte diese Gespräche auch deshalb nicht, weil sie häufig im Streit endeten. Der Großvater sprach oft lange über seinen nahen Tod. Anfangs hörte Ljonka ihm aufmerksam zu, erschrak, wenn er sich die neue Situation vorstellte, und weinte, doch dann wurde er müde – und hörte dem Großvater nicht mehr zu, hing seinen eigenen Gedanken nach, und der Großvater merkte das, wurde ärgerlich und klagte, Ljonka liebe ihn nicht, schätze seine Sorge nicht, und warf dem Enkel schließlich vor, er wünsche sich den baldigen Tod des Großvaters.

»Was hast du gesagt? Du bist noch dumm, du kannst dein Leben nicht verstehen. Wie alt bist du jetzt? Nicht einmal elf Jahre. Und ziemlich schwach, taugst nicht zur Arbeit. Wo willst du denn hin? Du glaubst, gute Menschen werden dir helfen? Wenn du Geld hättest, ja, dann würden sie dir helfen, beim Verprassen nämlich, das ja. Aber Almosen sammeln – das ist selbst für mich alten Mann nicht leicht. Sich vor jedem verneigen, jeden anbetteln. Du wirst beschimpft, sogar geprügelt, verjagt … Meinst du, irgendwer hält Bettler für Menschen? Keiner! Ich gehe seit zehn Jahren betteln, ich weiß Bescheid. Sie tun, als wär ein Stück Brot tausend Rubel wert. Sie geben es dir und denken, nun steht ihnen die Himmelspforte offen. Du fragst dich, warum sie auch mal mehr geben? Um ihr Gewissen zu beruhigen; darum, mein Freund, nicht aus Mitleid! Wer dir ein Stück Brot gibt, der geniert sich nicht, wenn er selber isst. Ein satter Mensch ist ein wildes Tier. Er hat nie Mitleid mit dem Hungrigen. Sie sind Feinde, der Satte und der Hungrige, sind einander auf immer und ewig ein Dorn im Auge. Darum können sie einander nicht verstehen und kein Mitgefühl füreinander aufbringen …«

Der Großvater war ganz berauscht von Schwermut und Erbitterung. Seine Greisenlippen bebten, die trüben Augen huschten unter den geröteten Lidern unstet hin und her, die Falten auf dem dunklen Gesicht wurden schärfer.

Ljonka mochte den Großvater nicht, wenn er so war, und fürchtete sich dann ein wenig.

»Also frage ich dich, was wirst du machen mit der Welt? Du bist ein schwaches kleines Kind, und die Welt ist ein wildes Tier. Sie wird dich auffressen. Und das will ich nicht … Ich liebe dich doch, mein Kind! Du bist das Einzige, was ich habe, und ich bin der Einzige, den du hast … Wie soll ich da sterben? Ich kann unmöglich sterben, wenn du allein bleibst … Wer soll sich um dich kümmern? O Herr! Warum liebst du deinen Knecht nicht?! Leben kann ich nicht mehr, und sterben darf ich nicht, denn das Kind … ich muss es doch behüten. Sieben Jahre hab ich es gehegt und gepflegt … ich allein … ich alter Mann … Hilf mir, Herr!«

Der Großvater setzte sich auf und fing an zu weinen, den Kopf auf den zitternden Knien.

Der Fluss eilte geschäftig dahin und schlug klatschend ans Ufer, als wollte er mit seinem Rauschen das Schluchzen des alten Mannes übertönen. Klar strahlte der wolkenlose Himmel, verströmte sengende Hitze und lauschte gelassen dem rastlosen Tosen der trüben Wellen.

»Hör auf, nicht weinen, Großvater«, sagte Ljonka streng, den Blick abgewandt, drehte sich dann zum Großvater hin und setzte hinzu: »Wir haben doch über alles gesprochen. Ich geh schon nicht unter. Such mir Arbeit in einer Schenke oder wo …«

»Sie werden dich zu Tode prügeln«, stöhnte der Großvater unter Tränen.

»Vielleicht auch nicht. Was, wenn nicht!«, rief Ljonka beinahe übermütig. »Was? Ich lass mich nicht von jedem prügeln!«

Plötzlich stockte er, schwieg eine Weile und sagte dann leise: »Oder ich geh ins Kloster …«