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Beate Gokorsch

Die Prinzessin auf der Erbse hatte Multiple Sklerose

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© 2017 Beate Gokorsch

Verlag und Druck: tredition GmbH, Grindelallee 188, 20144 Hamburg

ISBN

Paperback: 978-3-7439-5299-7
Hardcover: 978-3-7439-5300-0
e-Book: 978-3-7439-5301-7

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Für Irena

Die immer für mich da war und mich begleitet hat. Sie gab mir viel Hoffnung und Zuversicht. Danke

Für Petra

Ohne sie wäre das Buch nie entstanden. Sie hat immer an mich geglaubt und hat mit mir gearbeitet. Ohne sie hätte ich das Buch niemals schreiben können. Danke

Meine Krankheitsgeschichte

Kapitel 1: Krankheitsgeschichte

Kapitel 2: Im Pflegeheim

Kapitel 3: Der Weg aus dem Heim

Kapitel 4: Das führt Sie direkt in den Wald

Der Ratgeber

Kapitel 5: Grundsätzliches

Kapitel 6: HSP – Hochsensible Personen

Kapitel 7: Das sogenannte Fatigue-Syndrom

Kapitel 8: Der Rollator

Kapitel 9: Der Rollstuhl und was daran wichtig ist

Kapitel 10: Entnahme von Nervenwasser

Kapitel 11: Stehständer

Kapitel 12: Motomed

Kapitel 13: Lifter

Kapitel 14: Subrapubischer Katheter

Kapitel 15: Integra-Maus

Kapitel 16: Kommunikation und alles, was dazugehört

Kapitel 17: Umfeld-Steuerung

Kapitel 18: Das Blatt-Wende-Gerät

Kapitel 19: Einlagen oder Windeln

Kapitel 20: Krankengymnastik, Ergotherapie und Logopädie

Kapitel 21: Cortison

Kapitel 22: Mitoxandron

Kapitel 23: Alle anderen Medikamente

Kapitel 24: Homöopathie

Kapitel 25: Das Menta-move und die Kraft des mentalen

Kapitel 26: Die Langsamkeit

Kapitel 27: Emotionale Inkontinenz

Kapitel 28: Das Weh-Geschrei

Kapitel 29: Die Prinzessin auf der Erbse

Kapitel 30: Die Wenn-Du-Nurs

Kapitel 31: Wohin mit der Wut

Kapitel 32: Ernährung

Kapitel 33: Marianne-Strauß-Klinik

Kapitel 34: Bioenergetische Behandlungen

Kapitel 35: Schwerbehindertenausweis

Kapitel 36: Internetforen

Kapitel 37: Patientenverfügung

Kapitel 38: Vorsorgevollmacht

Kapitel 39: Pflegegrade

Kapitel 40: Palliativstation

Kapitel 41: PAsst! Pflegedienst

Kapitel 42: ABW

Kapitel 43: Gesetzliche Betreuerin oder gesetzlicher Betreuer

Kapitel 44: Psychotherapie

Kapitel 45: Psychohygiene

Kapitel 46: Das liebe Geld

Kapitel 47: Das ist alles so unbequem

Kapitel 48: Feldenkrais

Kapitel 49: Sie sind ein(e) Angehörige(r) oder Freund(in) eines schwer erkrankten Menschen

Kapitel 50: Sterben

Kapitel 51: Zu guter Letzt

Kapitel 52: Ganz zum Schluss

Kapitel 53: Klugscheißerei

Kapitel 54: Literaturverzeichnis

Danksagung

Vorwort

Schon die Prinzessin auf der Erbse hatte Multiple Sklerose.

Seit meiner Erkrankung denke ich oft an das Märchen, in dem die Prinzessin grün und blau ist vom Liegen auf der Erbse durch mehrere Matratzen hindurch. Ich fühle mich wie diese Prinzessin. Doch auch, wenn eine so empfindlich ist, und wenn sie von Kopf bis Fuß gelähmt ist, kann das Leben schön sein.

Dieses Buch möchte Ihnen Mut machen. Mut dazu, trotz Ihrer schweren Erkrankung gelassen in die Zukunft zu schauen. Mut dazu, unbequem zu sein, wenn es notwendig ist. Und Mut dazu, auf Ihre eigenen Bedürfnisse zu achten, auch wenn sie den anderen Menschen nicht passen sollten.

Außerdem möchte es Ihnen den Umgang mit den Hilfsmitteln, die Sie eventuell benötigen, erleichtern. Dazu soll es Möglichkeiten aufzeigen, wie sich das Leben mit einer schweren Erkrankung gestalten kann. Es ist immer von Vorteil, genau zu wissen, wovon man (oder frau) redet, wenn man (oder frau) etwas haben will. Vielleicht hilft Ihnen dieses Buch, sich im Dschungel der vielen Hilfsmittel ein bisschen besser zurechtzufinden. Vielleicht nehmen Sie die eine oder andere meiner Anregungen für Ihr Leben auf.

Häufig hört man (oder frau) oder denkt bei sich selbst den Satz: „Was sollen denn die Leute denken?“ So erging es auf jeden Fall mir selbst, vor allem am Anfang meiner Erkrankung. Wenn man (oder frau) jedoch genau hinschaut, kennen nur die wenigsten Leute andere Menschen, die Multiple Sklerose oder eine andere schwere Erkrankung haben. Sie aber haben diese schwere Erkrankung und was andere Menschen denken könnten, kann Ihnen am Knie (vornehm ausgedrückt, sonst würde ich sagen, einen halben Meter höher) vorbeigehen.

Ich glaube, es kommt nicht darauf an, wie Bekannte, Freunde oder sonst wer ihre Krankheit einschätzt, sondern darauf, wie Sie sich selbst mit der Krankheit sehen. Und darauf, wie Sie selbst das Leben noch genießen wollen. Niemals hätte ich gedacht, dass ich mein Leben als schwerbehinderte Frau noch genießen kann. Aber ich kann zumeist und darauf, so glaube ich, kommt es an.

Und das, so meine Überzeugung, ist für meinen Zustand viel besser als jede pessimistische Einschätzung.

Kapitel 1: Krankheitsgeschichte

Damals, ich war gerade 42 und stand mitten im Leben. Meine Tochter war erwachsen, ich liebte meinen Beruf als Sozialpädagogin und Leiterin des Frauenhauses am Ort. Ich hatte mir mit meiner Lebensgefährtin ein kleines Häuschen (wirklich klein, nämlich 50 m²) mit einem großen Garten völlig außerhalb der Stadt und doch mittendrin gekauft. Es ging mir richtig gut.

Da traf mich unvorbereitet der Schlag, als ich am selben Tag die Diagnose Multiple Sklerose erhielt und den Hinweis, ich sollte unbedingt meine Rente beantragen.

Klar, ich hatte schon mit etwas unangenehmem gerechnet, denn natürlich hatte das Ganze eine Vorgeschichte. Ich konnte, zum Beispiel, nicht mehr lange mit meinem Hund gehen, mit dem ich oft und lange spazieren ging, ohne mit den Füßen so richtig auf zu platschen. Das war für mich ein ziemlich ernstes Problem, denn das Laufen mit dem Hund machte mir richtig Spaß. Ich hatte ebenfalls mit dem Gleichgewicht Probleme. Das fiel sogar meinem Nachbarn auf und es trug mir, völlig zu Unrecht, den Ruf ein, ich hätte ein Alkoholproblem. Und ich brauchte alle Kräfte, um beim Schwimmen nach fünf Bahnen noch aus dem Wasser zu kommen. Und das, obwohl ich jeden Sonntag, wenn wir Zeit und Lust dazu hatten,

50 Bahnen geschwommen bin. (Ich bin nicht wirklich sportlich, aber schwimmen ist das einzige, was ich gerne und regelmäßig tat).

Aber mit einer solchen Nachricht habe ich nicht gerechnet. Das traf mich wie ein Keulenschlag. Da war ich erst mal bedient. Ich ging nach Hause und musste mich erholen. Ich spürte, wie ich eine große Wut bekam, nur leider hatte ich niemand auf den ich diese Wut richten konnte. Das machte mich völlig hilflos.

Gleich anschließend musste ich auf Reha gehen. Das war im Jahr 2003, nachdem ich die Auskunft noch nicht verdaut hatte und sozusagen unter Schock stand.

Die erste Hälfte meiner Zeit in der Reha stand ich noch immer unter Schock. Aber dann kam eine Frau, die auch mit einer Frau zusammen lebte. Sie war um einige Jahre älter als ich, Tierärztin und hatte ihre Diagnose auch mit 42 erhalten. Sie lebte immer noch. Das holte mich wieder raus aus meinem Schock. Zu meinem Glück beschlossen wir, noch im gleichen Jahr mit unseren Partnerinnen mit einander nach Norwegen in den Urlaub zu fahren. Das war eine super Idee, denn dieser Urlaub war sehr schön und ich lernte von ihr einige wichtige Kniffe, um mit dem Rollstuhl zu fahren. (Welche Tipps und Kniffe das waren, steht im zweiten Teil dieses Buches.)

Da ich noch keinen eigenen Rollstuhl hatte, nahm ich einen Leih-Rollstuhl mit nach Norwegen. Ich wollte bis zu diesem Zeitpunkt nicht, dass mich jemand in einem Rollstuhl sitzen sieht.

Wir amüsierten uns köstlich in diesem Urlaub. Es tat mir gut, wieder zu sehen, wie sehr das Leben Spaß machen kann.

Wieder zu Hause, konnte ich mich jetzt eher den Problemen des Alltags stellen. Auch der Tatsache meiner Krankheit konnte ich wieder eher ins Auge sehen als vor dem Urlaub, bevor ich kapiert habe, dass es auch nach dem Erhalt der Diagnose noch ein Leben gibt.