image

Joe Kelbel

Laufen bis es knallt

Pleiten, Pech und Pannen eines Ultraläufers

image

Impressum

© mainbook Verlag Frankfurt, 2017

Alle Rechte vorbehalten

Gestaltung: Anne Fuß

Bildrechte: Joe Kelbel

Weitere Titel: www.mainbook.de

eISBN 9783946413585

Titelmotiv: Jbel Zagora – Laufen bis es knallt!

INHALT

Vorwort

1Mit Blaulicht durch die Ewige Stadt – Rom 2009

2Der ist ja blau – Marathon Vignoble d´Alsace 2010

3La Gran Ducale, die Großherzögliche – Luxemburg 2013

4De Zestig van Texel – Niederlande 2013

5Der Seewolf – Kiel 2013

6Faszination Freiheit und der Riss der Achillessehne – 100 Meilen Berlin 2013

7Gipfeltreffen der Champions – Zermatt Ultraks 2013

8Wer Ahr sagt, muss auch P sagen – Ahrweiler 2013

9„Suchen Sie sich ein anderes Hobby“ – Achillessehnen-OP 2013

10Rund um Seurasaarenselkä Fölisöfjärden – Helsinki 2014

11Der letzte Kenianer – Iten Kenia 2016

12Wahnsinn hoch über dem Atlantik – Nationalpark Peneda Geres, Portugal 2015

13Sinnlos ist hier nichts – Pfälzerwald 2015

14Schlemmen wie die Römer – Conimbriga, Portugal 2016

15Majestätisch! – Ouarzazate, Marokko 2016

16Hoch über Afrika – Zaouiat Ahansal, Marokko 2016

17Über den Regenbogen – Illocos Norte, Philippinen 2017

18Der längste Tag meines Lebens – Ouikameden, Marokko 2016

19Der Weg der Legenden – Burgos, Spanien 2016

Vorwort

Beim Knochenbrecher, beim Knakenbreker, wie der Orthopäde genannt wurde, der mit brachialer Gewalt falsch verheilte Knochen brach, bei dem wäre ich Stammgast gewesen. Die guten, wahren, starken, unsterblichen Läufer gehen nämlich erst dann zum Arzt, wenn sie im Sterben liegen.

Montags Sepsis, freitags Intensivstation. Montags Herzflimmern, mittwochs Herzoperation. Das bin ich. Und dann schaut die blonde Krankenschwester nach, ob ich nahe der Beinvene rasiert bin, da werde ich aber wieder lebendig. Samstags Riss der Achillessehne und dann 6 Wochen so tun, als sei nichts passiert. Das bin ich, ich bin unsterblich!

Und dann gibt es diejenigen Läufer, die bei jedem Wehwehchen einen Termin beim Arzt brauchen, für die ist mein Buch nicht geeignet. Dies ist ein Buch gegen postmarathonale Depression, gegen läuferische Endzeitstimmung.

Dies ist ein Buch für diejenigen, die in der Nacht vor einem Wettkampf, so wie ich, im Traum die Arme ausbreiten und über die Laufstrecke fliegen! In den Kurven diejenigen Läufer überfliegen, die vor einem gestartet sind. Dies ist ein Buch für unsterbliche Überflieger!

Dieses Buch zu schreiben, ist mir nicht leicht gefallen, Schwächen und Tränen gehören halt nicht zu meinem Repertoire.

Hinfallen, aufstehen, Krone richten und weiter geht das Läuferleben.

Wer mehr Überlebenswillen möchte: Ich schreibe wöchentlich bei marathon4you.de und trailrunning.de

Euer Joe, laufend glücklich

1Mit Blaulicht durch die Ewige Stadt

Rom-Marathon (2009)

Was für ein herrlicher Sonntagmorgen. Grell leuchtet die Frühlingssonne über dem dunklen Grün der Pinien, dahinter die imposante Kulisse des Kolosseums, dessen hohle Fenster mit dem stechenden Frühlingsblau eines makellosen Himmels gefüllt sind.

Ich stehe fröstelnd auf dem Balkon, genieße den Anblick. Ist es die Kühle des Morgens oder die göttliche Erhabenheit dieses Startplatzes, wo jahrhundertelang die Gladiatoren ihren Kampf antraten, der mich zittern lässt?

Mein Blick schweift nach links, Richtung Circus Maximus, wo sich bunte Läuferpunkte auf bleichem Grün wie auf einer Ameisenstraße bewegen. Ich schließe meine Augen, die durch die grell-bunte Blütenpracht der Balkonkästen brutal gefoltert werden und warte, bis der Kaffee endlich durchgelaufen ist.

Es ist Frühling in Rom! Der germanische Gladiator und Ultraläufer ist wieder auf Marathontour. Die gestern gekaufte Knieschiene gibt mir Sicherheit, und so springe ich fröhlich von Stufe zu Stufe, könnte glatt irgendeine Nationalhymne pfeifen. Unten angekommen reiße ich die schwere Holztür auf. Ein greller Lichtstrahl nimmt mir die Sicht. „Du ewige Stadt, ich trete an!“

Ich schiebe meinen durch das Mainhochwasser geschwärzten Laufschuh auf die erste Stufe, da haut es mich brutal vom Sockel: Zehn, fünfzehn lautstarke Italiener mit rosa-weißen Frotteepulswärmern und rosa-weißen Stirnbändern ziehen wie die Klasse 7b der Mädchenschule an meinen germanisch-kämpferischen Auge vorbei. Ein Zucchinibauer verzieht sich sogleich in die nahen Büsche des Palatino, weil die Aufgeregtheit seine Blase überreizt, das muss Abahachi sein, dann kann ja Winnetouch nicht weit sein. Tatsächlich läuft der wie von Sinnen mit einen Affenzahn zum McDonalds-Zelt, um sich für ein rotes Cap mit gelben Buchstaben anzustellen. Dieser Tag beginnt hochnotpeinlich! Ich bekomme erste Zweifel an meinem Vorhaben den Rom-Marathon zu finishen.

Um in den Startblock zu gelangen, muss man im Uhrzeigersinn um das Kolosseum herumgehen. Vor dem Konstantinbogen herrscht grandiose Stimmung: Eine gutgeformte Aerobic-Trainerin steht auf der Bühne und gibt den Takt für das Aufwärmprogramm vor. Unter ihr mehrere Reihen von Spinning-Fahrrädern, die von ebenso gutgebauten Hüpferinnen bearbeitet werden. Die grelle Schreierei jedoch ist grausam, dazu noch diese laute Musik, dieses Durcheinander und diese italienische Angeberei. Pacemaker versammeln sich für ein Gruppenfoto. Klasse, wie sich die bunten Luftballons vor der urigen Kulisse des Kolosseums abheben.

Ab 8 Uhr ist Eingang zu den Startblöcken. Man tut gut daran, sich frühzeitig dorthin zu begeben, denn wie Rinder, so werden wir durch lange, mit hohen Zäunen abgesperrte Korridore getrieben.

Im Startblock wird es schnell eng. Bunte Kleidungsstücke fliegen wie Blumensträuße über unsere Köpfe. Wortfetzen aus riesigen Lautsprechern und laute Musik machen schnell die Unterhaltung schwierig, da setzt sich die Menge auch schon in Bewegung.

Das Feld ist so eng, dass ich oft in tiefe Schlaglöcher trete, der Boden von Rom gibt nach, ich sehe nur Schuhe und Strümpfe. Panikartig rennen männliche Läufer nach rechts, um das anscheinend letzte Grün der Stadt zu bewässern. Jede Sekunde stolpert jemand, Flüche werden ausgestoßen. Dazwischen dieses typische italienische: „MAAMAAA!“ oder MAARIOOO!“ Mehrfach gibt es „Auffahrunfälle“ und Tritte in die Hacken.

Ich stolpere weiter Richtung Circus Maximus. Bei der ersten Getränkestation, bei km 5, bricht eine Art Weltuntergang aus. Ellbogen und Fäuste bahnen sich den Weg zum allerersten Tisch. Ich bin unglücklicherweise zu nahe dran, kann nicht gegen die quer laufenden Massen angehen, die Station ist zwar mindestens 500 Meter lang, doch hier am ersten Tisch werden die Läufer zu Bestien.

Irgendwie komme ich durch, wenn auch klatschnass. Bei km 6 fliegt ein deutscher Riese über einen querstehenden Handbiker. Mit gekonnter Rolle kommt er fast wieder auf die Füße, stark blutend und sichtlich wütend: „Arschloch, blödes!“

Mein Knie fängt an zu rebellieren, ich lasse mich zurückfallen und genieße, wie das Läuferfeld sich langsam auflockert. Bei Km 10, ich bin schon mehr als eine Stunde unterwegs, blockiert mitten auf der engen Tiberbrücke wieder ein Handbiker die Strecke. Viele Leute sind schon am Gehen und bei km 15 schließe ich mich nach kurzem innerlichen Kampf den „Walkern“ an.

Bei km 16 frage ich einen Ordner nach der nächsten Metrostation. Das war ein Fehler, denn nun beginnt ein gänzlich anderer Marathonbericht:

Der gelbe Ordner ruft per Funk die Sanitäter, daraufhin werde ich von vier dick-vermummten orangenfarbenen, total übergewichtigen Zivildienstleistenden eingekreist. Ich brülle laut nach einer Metrostation, da greifen diese acht fetten, orangen Spinnenarme nach mir, einige stützen, die meisten verhaften. Ich wehre mich so gut ich kann, was die Umklammerung verstärkt, mein Bein ist plötzlich schmerzfrei, doch ich kann mich nicht bewegen, eine orangene Spinne dreht mich in Silberfolie, als wäre ich Vorrat für den restlichen Winter. Das hochrote Gesicht meines Lateinlehrers erscheint mir vor meinen, um Gnade bettelnden Augen, dekliniere buoni, bene oder buona, ach was, ich hab doch nix, alles ist bene.

Ich will nur weg hier!

Man trägt mich auf einer Bahre zurück zu km 15 ins Sanitätszelt, wirft mich unsanft auf die Pritsche. Über mir wabert eine dicke Orange, droht mit Riesenspritze, als wolle sie mir einen Einlauf machen. Zweimal versuche ich aufzustehen, erst als ich die Spritze fotografiere, gelingt es mir auf die Beine zu kommen und Richtung Zeltausgang zu flüchten. Augenblicklich aber reißt mir jemand meine Startnummer ab. „NOME! TUO NOME!“ Mein Name wird in einem riesigen Formular festgehalten. Das Zelt füllt sich, ich rette mich ans Tageslicht, da steht der Klaus und schießt Fotos von mir. Oh Mann, was für ein scheiß Tag.

image

Die dicke Orange will mir einen Einlauf machen.

image

Mir erscheint das hochrote Gesicht meines Lateinlehrers.

image

Internationale Einigkeit unter „Schwerverletzten“.

image

Als ich ins Ziel humpele, habe ich meine Bestzeit um 20 Sekunden verpasst.

Die orangene Chefin ruft mich zurück ins Zelt, ich solle mich setzen, der Krankenwagen komme gleich. Dabei will ich doch nur zur Metrostation! Frieden! Bitte!

Mittlerweile sind alle Pritschen belegt, und ich versuche wieder zu flüchten, doch mit der Silberfolie um die Schultern bin ich zu auffällig zwischen all den fetten Orangen! Anderthalb Stunden studiere ich meine Mitleidenden und höre mir deren Krankheitsgeschichten an. Auch wenn ich kaum etwas verstehe, io capisco: Ich bin der einzig Normale hier.

Da kommt endlich ein Krankenwagen aus dem ersten Weltkrieg. Avanti! Avanti! Wir fünf „Verletzte“ werden blitzschnell reingeworfen, die Tür knallt zu. Ich klammere mich irgendwie an eine, an den Fahrzeugboden festgeschraubte Pritsche, als sich in der ersten Kurve sämtliche Schubladen an der Kabinenfront öffnen und mir zahllose Spritzen und spitze Operationsbestecke entgegenrasseln. Das Chaos wird perfekt, als Sauerstoffmasken aus den Fächern über unseren Sitzen fallen.

Mit Höchstgeschwindigkeit geht es am Ufer des Tibers mehrfach hoch und wieder runter, weil der Fahrer nicht über die Marathonstrecke findet. Ich versuche noch letzte Fotos aus den gestreiften Fenstern zu schießen, um zu beweisen, dass hinter uns vier Polizeimotorräder und vor uns zwei Streifenwagen unsere Irrfahrt begleiten, da bremst der Krankenwagen so krass, dass meine Nase gegen die Kamera, und die gegen die Trennscheibe donnert.

Man schiebt jemanden hinein, der bei der Geburt wohl zu wenig Sauerstoff bekam, der Quasimodo brüllt sogleich: „Crampo, Crampo“, als sei das wichtig, dann rollt er mir vor die Füße, weil der Fahrer des Krankenwagens auch ein Sauerstoffproblem hat und zu schnell anfährt.

Wir schleudern gegen die hintere Kabinenwand, während wir im Höllenspeed mit Blaulicht durch die Stadt rasen. Es gelingt mir, mich an einem Gitter hochzuziehen, um nach vorne Bilder zu schießen. Da ist die Marathonstrecke … der Piazza Venezia mit der riesigen Schreibmaschine … Tatüüüüü-Tatüüüüü-Tatüüüüü … Verrückt; wir waren doch fast wieder am Start … Es geht wieder über den Tiber … Da sehe ich die Kuppel des Vatikan … Was ist jetzt los? Wohin? Warum zurück? Ich will hier raus! Stau. Links, rechts durch die vier, fünf Reihen Autos … Tatüüüü-Tatüüüü-Tatüüüü!

Der gleiche Weg. Wieder die Piazza Venezia. Vollbremsung. Es sieht aus, als wollen Hände helfen, doch die Hände sind kräftig, fesselnd, man zerrt uns ins Zentrallager. Als ich mich nicht auf die zugewiesene Pritsche legen will, weil ich überhaupt nicht müde bin, drücken mich wieder zwei fette Orangen in die Horizontale. Warum ist das Pflegepersonal so grausam zu mir?

Es muss etwa km 40 sein und um mich herum sieht es aus wie nach dem Rückzug von Al Alamein: Läufer liegen zitternd oder apathisch auf den Pritschen, Ärzte wieseln mit Amputationswerkzeugen von Pritsche zu Pritsche und rufen nach Tupfern.

Ich springe wütend auf die Beine, da werde ich umzingelt. „Inspezione! Examination!“

Ich sage: „Nix Inspezione! Mio finalemento alla Casa! Claro?“

Meine Silberfolie hält mich gefangen wie eine Zwangsjacke, da kommt mir die rettende Idee: Ich zücke meine Kamera und mache Bilder von den Halbtoten um mich herum. Es klickt und blitzt. Im Nu kommt der Chef angeschossen. Ich sage ihm: „Mio tuto in ordine, mio solamente alla casa, tu capito? – lasciare mio in pace! Ich will hier weg!“

Wir einigen uns.

Als ich ins Ziel humpele, habe ich meine Bestzeit um 20 Sekunden verpasst.

2Der ist ja blau!

Molsheim, Elsass, Marathon du Vignoble d‘Alsace (2010)

Bacchus, der Gott des Weines, erschreckte ein Mädchen so fürchterlich, dass es zu Kristall erstarrte. Daraufhin seufzte der Gott, und als sein Atem den Stein berührte, färbte er sich rotblau, wie die Farbe des Weines. Den Stein nannten die Griechen amethystos, „dem Rausche entgegenwirkend“, und hingen sich Amulette aus Amethyst um den Hals, um die Nachwirkungen des Weingenusses abzumildern. Sah man einen Griechen mit solch einem Amulett, ahnte man, was dieser vorhat und sagte: „Der ist ja blau!“ Naja, und noch ein, dem Kater vorbeugendes Mittelchen haben die Griechen erfunden: den Marathon.

„Während eines Marathons kann ich keinen Wein trinken“, so lautet die Aussage der meisten Läufer. Doch dann stehen schon bei km 2,5 die Winzer in ihren Elsässer Trachten und lassen den goldenen Wein blitzen, da wird eine Läuferleber schwach.

Will man diese Kultur und die Heimatliebe der Elsässer beschreiben, muss man schon weit zurückgehen in der Geschichte: Als 496 die Franken die Alemannen besiegten und das linke Rheinufer zwischen Basel und der Pfalz als Herzogtum zum Fränkischen Reich gehörte, entstand der Name Elsass, von althochdeutsch ali-saz (Fremdsitz).

Nach dem Tode Karls des Großen 814 stritten Karls drei Enkel um das Erbe ihres Großvaters. Sie teilten das Reich unter sich auf. Einer erhielt das Westfrankenreich (Frankreich), einer das Ostfrankenreich (Deutschland), und Lothar das Reich des Lothar (Elsass-Lothringen).

Lothar erbte zwar den kleinsten Teil, aber dafür den wertvollsten, verbunden mit dem Kaisertitel. Das gefiel Karl dem Kahlen und Ludwig dem Deutschen nicht. In den Straßburger Eiden verbündeten sie sich gegen Lothar und nahmen ihm alles ab.

Bis in die Neuzeit prügelten sich nun die Herrscher links und rechts des Rheines um das Erbe von Lothar, bis zu dem Tag, an dem der Marathon du Vignoble d´Alsace erfunden wurde.

Im Jahr 2010 ist der große Saal des Hotel de la Monnaie in Molsheim brechend voll. In dem Gebäude hatten die Bischöfe von Straßburg ihre Münzen geprägt und nun stehen Linksrheinische und Rechtsrheinische Schlange, kämpfen um Nudeln und gefüllte Weingläser.

Marathontag: Der Wasserkessel weckt mit lautem Pfeifen den gesamten Campingplatz auf. Aus allen Richtungen kriechen unheimliche, verkleidete Gestalten an und fragen mich nach Aspirin und Paracetamol. Schleppend zieht sich der Zombiezug zum Shuttlebus, der uns die 2 oder 3 Kilometer zum Start bringen wird.

Plötzlich ist Start. 7:30 Uhr, alle sind weg. Also, nix wie hinterher! Beim ersten Verpflegungsstand (Km 2,5) habe ich aufgeholt. Nach dem ersten Gläschen lässt es sich schon besser plaudern, die Verkleidung ist immer der Aufhänger für ein nettes Gespräch. Die Zuschauer nennen mich Cro-Magnon, ich rufe zurück: „Je suis le Grand Manier“ und tappe mit meiner Gummikeule auf die Köpfe der Zuschauer.

Der Bruche-Kanal, der parallel zum gleichnamigen Flüsschen verläuft, stammt aus der Zeit des Sonnenkönigs, der das Elsass befestigen ließ, damit die Alemannen es nicht rückerobern können. Über diesen Kanal wurden die Steine für die Wehranlagen transportiert. Am Ufer sitzt ein Angler und raucht. Ich frage ihn, ob er auch Sport mache, da öffnet er seinen zahnlosen Mund, dass ihm beinahe seine Gitane Mais herausfällt und brüllt mir ein fröhliches „Allez-y Cron Magnon!“ entgegen.

Markant die Wallfahrtskirche Maria Altbronn bei Ergersheim. 1350 wütete hier die schwarze Pest, das Dorf ist deshalb verschwunden, geblieben ist die Kirche, und unser harter Kampf hinauf, durch die Felder.

Scharrachbergheim. Hier stehen die Halbmarathonis und warten auf ihren Start. Ich habe noch nie einen solch begeisterten Empfang erlebt. Keuleschwingend laufe ich durch das Spalier der jubelnden Menge, links und rechts draufschlagend. Ich habe Tränen in den Augen, als Eric, der Sträfling, mir ein Weinglas entgegenhält. Ach so, es ist wieder einer der zahllosen Verpflegungsstände hier.

image

Gilbert ist unter Marathonläufern fast bekannter als sein Vorbild aus Galiläa.

image

Je suis le Grand Marnier.

image

Mein Arzt sagt, ich solle viel trinken. Nach dem Weinmarathon erstmal ein großes Bier.

image

Lothar, der Enkel Karls des Großen, erbte den schönsten Teil des Reiches.

An der nächsten Verpflegungsstelle steht ein ganzes OP-Team und löffelt Nudelsalat. Sie bestätigen mir die grundlegende Theorie: „Man muss viel trinken während eines Marathons.“ Also hoch die Gläser!

Im 30-jährigen Krieg haben die Bewohner von Marlenheim eine Kompanie der Schweden mit Wein abgefüllt und dann hinterrücks abgeschlachtet. Ich bleibe am Munsterkäse kleben.

An der Verpflegungsstation bei km 36 ziehen mich starke Winzerhände aus dem Rennen. Ich, Vertreter einer ausgestorbenen Höhlenbewohnerrasse, werde zum Genuss edler Speisen und Getränke gezwungen. Es gibt hausgemachte Pasteten mit Wildschwein, Thunfisch, Kaninchen und Geflügel. Eine Stunde und zehn Minuten hänge ich an dieser Verpflegungsstelle, dann laufe ich grölend weiter.

Jennifer sieht zwar gut aus, aber nur optisch, denn wir werden voraussichtlich über der 6 Stundenmarke finishen. Ich schiebe sie wortwörtlich bis zur nächsten Verpflegungsstation bei km 38 (km 37 haben wir ausgelassen, da gab es nur Wasser und Iso). Während ich meine Energiereserven mit Muscatel und Lebkuchen auffrische, zieht sie weiter und wird mit 6:02 ihren ersten Marathon finishen, weit vor mir, denn bei km 41 gibt es Crémant, und hier sammeln sich die letzten Läufer. Der Besentraktor dreht drohend in Sichtweite seine Runden, schafft es aber nicht, die schwierigen Kurven der schnurgeraden Dorfstraße zu durchbrechen. Wie ein mahnender Finger leuchtet der weiße Stuhl auf seinem Anhänger, der heilige Thron, der dem Letzten gebührt.

Mit 6:15 Stunden sind wir nicht die letzten, die mit Purzelbaum über die Ziellinie rollen.

„Zögern Sie zu den Winzern zu gehen, denn da geht die Verkostung weiter!“, steht auf dem großen Plakat.

3La Gran Ducale, die Großherzögliche

Luxemburg (2013)

Luxemburgs pittoreske Hauptstadt wird vom autofreien, tiefen Petruss-Tal zerschnitten, welches mit seinen vielen ungezählten Treppen, zahllosen Gassen, Durchgängen, Brücken, Tunnel und Höhlen an urwaldartigen Steilhängen ein hervorragendes Trailrevier bietet.

„La Gran Ducale“ mit 56 km und 950 Hm ist das Glanzstück der „DKV Urban Trail Luxemburg“ genannten Veranstaltung, die Schlamm, Sand, Felsen, Schotter, Berge, Feld, Wald, Tunnel, Höhlen, Treppen und halbnackte Brasilianerinnen zu bieten hat.

Wegen des verkaufsoffenen Sonntags ist der Startort dieses Jahr an der Gëlle Fra, nächste Jahr wohl wieder auf dem Knuedler. Nun, der Wilhelmsplatz wird Knuedler genannt, nicht weil der König der Niederlande und Großherzog von Luxemburg (1792-1849), der „Schlanke Billy“ eine verknuedelte Biografie aufweist, sondern weil hier einst das große Franziskanerkloster stand, dessen Mönche einen Gürtel um die Kutte trugen, den man Knued nannte. Ein paar Steine des Klosters sind im Rathaus verarbeitet, Napoleon hat das Kloster geplättet.

Und die Gëlle Fra (mit zwei Pünktchen über dem ersten “e” ) ist jetzt kein Mitbringsel vom 1 km entfernten Bahnhof, sondern die „Goldene Frau“, die aber auch sehr spärlich bekleidete ist, und auf dem 21 m hohen Steinobelisken über dem Place de la Constitution schwebt.

Wer wie ich aufgrund der jüngsten Ereignisse sein Geld in Luxemburg lassen will, der lässt es im Grand Hotel Cravat direkt am Startort. Monsieur Cravat reserviert für Gäste die Zieldusche.

In Luxemburg Stadt wird viel Portugiesisch gesprochen. 65% sind Ausländer. In den zahlreichen, sehr gemütlichen Kneipen wird sehr gutes Englisch gesprochen. Ein donnerndes, Luxemburger „Moijen!“ gibt Freunde und Freibier.

image

Man baut für uns extra Schikanen ein. Hier ist es ein Baugerüst.

image

Luxemburg ist gestapelte Geschichte.

image

Die letzten drei im Ziel: Joe, Kai und Sébastian.

Vom Hotelzimmer beobachte ich, wie eine dicke Kreidelinie durch die Fußgängerzone gezogen wird. Start 10 Uhr, 86 Starter, 77 werden ankommen, Zeitlimit 8 Stunden.

Pflichtausrüstung: 1 Liter Wasser, Nahrung, Handy, Taschenlampe, es wird schon mal dunkel unterwegs. Chip in der Startnummer. Verpflegungsstellen? Keine Ahnung, der 56 km Lauf findet zum zweiten und letzten Mal statt, leider. Ein kleiner Wüstenultraläufer, der eine diebische Freude daran hat, uns über jede Treppe, jeden Durchgang, durch jeden Tunnel und an jede Sehenswürdigkeit zu führen, hat die Streckenführung entworfen.

Den Streckenverlauf nachzuvollziehen ist unmöglich, sich zu verlaufen aber auch. Es geht hin und her, drunter und drüber, hoch und runter in einer Schlagzahl, dass du nach Gnade winselst und hechelnd über dem nächsten Geländer hängst.

Es geht los.

Luxemburg City besteht aus meterhoher Geschichte links und rechts der Petruss an urigen Sandsteinufern. Oberhalb laufen wir an den Sehenswürdigkeiten der Neuzeit vorbei: Fischmarkt und „Groussgaass“, Knuedler, Place d´Armes, Clairfontain, Rathaus, Grossherzogliches Palais, Cercle Citè, Kathedrale unserer lieben Frau von Luxemburg, St. Michaelskirche, Johanneskirche, Kongregationskirche, dann geht es eine Schicht tiefer in das tiefe Tal der Petruss mit der Bourbon-Schleuse von 1728, die das gesamte Tal zu Verteidigungszwecken fluten sollte, dann die Bastion Beck, während der ersten spanischen Herrschaft erbaut, über uns Cornich, der schönste Balkon Europas, darunter die Schießscharten, die Spanischen Türmchen. Wo bin ich? Schon am Bock Felsen? Bock-Kasematten, Petruss-Kasematten, Wenzel-Rundweg und ganz hinten die Quirinius-Kapelle. Oh, wie geil ist das denn!

Imposante, sympathische Stadt. Niemals würde ich die Reihenfolge der Sehenswürdigkeiten kapieren, dies ist ein unglaublicher Zeitrafferfilm. Versuche Fotos zu schießen, muss dabei auf die Treppen achten, und auf Hundekacke, wenn ich die nicht treffe, dann machen das die beiden Besenradler, die dicht hinter mir sind.

Radieschen wachsen auf spanischen Mauern! Luxemburg, lange spanisch, lange französisch, hat alte Mauern in neue integriert. Ich bin hellauf begeistert von dieser Stadt, von diesem Trail, der alles, was ich bisher erlebte, in den Schatten stellt. Ich laufe über schmale Mauersimse, steile Treppen, metallene Strukturen, die so stark wippen, dass es mich und die Besenradler aus dem Rhythmus wirft. Tore, Gänge, uralte Verteidigungslinien entdecke ich im Schnelldurchgang.

Verrückte Hindernisse, und sei es nur eine Hundepinkelstelle, alles wird erlaufen, und wenn nur der Anschein entsteht, es würde zu langweilig, dann hat man Stahlkonstruktionen aufgebaut, die nur dazu dienen, uns zu schikanieren. Mal müssen wir drunter, mal drüber, aber wir springen freudestrahlend wie ein junges Fohlen auf der Weide, lachen in die grelle Sonne und betreiben Hochleistungssport zwischen uralten Befestigungsanlagen. Dann geht´s hinab in das Tal der Alzetl, durch das Viadukt der Passerele und zurück Richtung Grande-Duchesse Charlotte, um dann doch wieder die Richtung zu wechseln, um nach kurzem Abstieg die steilsten Treppchen der Welt zu nehmen, die dann wieder runterführen, über winzige Brücken und dann doch hinauf in die steilen Sandsteinfelsen, und wieder aus Versehen nach unten abbrechen.

Vielleicht km 10, man weiß es nicht, da beginnt irgendwie der Wald. Nicht irgendein Wald, er ist durchsetzt mit alten Mauern und Treppen, die mit moderner Graffiti im Halbdunkeln leuchten, urige Plätze, Burgen und kriegerische Anlagen. Bunker, Tunnel und vergitterte Fenster, teils Tausende Jahre alt. Dazwischen frühlingshafte, im Sonnenlicht verführerisch funkelnde Flussabschnitte mit springenden Forellen und Autobahnbrücken mit eisigem Durchzug. Felder, Matsch und gewaltige Baustellen, Rodungsstücke und Tiefflieger, Kraftwerksanlagen und quakende Frösche. Es sind unzählige Täler, die wir hoch- und zurücklaufen, nicht einfach so, denn immer wieder kann man kleine, sinnfreie Abstecher nach oben oder nach unten machen, um dann auf allen Vieren unter Bäumen und über Felsen zu kraxeln, oder auf uralten Stufen, schräg am Hang, völlig fertig zu hängen, mal auf unwegsamem Gelände, mal in tiefem Sand, aber nie normal. Wenn ich die zahllosen, jungen Helfer frage, ob sie Bier haben, sind sie froh, dass es deutschsprachige hier im dunklen Wald gibt, und dann kommt die übliche Antwort: „Nein! Immer noch nicht, wir sind dieselben wie vorhin!“

Dieselben wie vorhin? Derselbe Weg? Dasselbe Tal? Dasselbe Land?

Vielleicht 40 km dauert das Wirrwarr aus Trails unterschiedlicher Beschaffenheit, ich bin nahe der Verzweiflung, es gibt einfach keine Orientierung und kein Bier.

An den Verpflegungsstationen kann ich Zeit gutmachen, die Besenradler müssen sich um die Kriegsversehrten kümmern, ehe diese wimmernd und offiziell ihr „did not finished“ bekanntgeben und die Radler aus ihrer Pflicht entlassen.

Mental prägend sind die unzählbaren, ekelhaften Brücken, die wir unterqueren, wirklich von beiden Talseiten von ganz unten bis nach ganz oben, hier hat der Trailmaster alle erdenklichen Quälereien umgesetzt. Dann folgen sonnendurchflutete Steilhänge mit flinken Eidechsen und kleinen Blüten. 950 Höhenmeter laut Ausschreibung, das ist sehr stark untertrieben. Nach 6 Stunden komme ich zurück nach Luxemburg Stadt, ich bin bereit für das, was nun folgt!

Es beginnt mit den Resten der Vauban-Feste, dann durch die Abtei Neumünster, wieder zurück, die Alzette entlang, steil hinauf auf den Bock-Felsen, gesäumt von Spaziergängern, deren lange schwarze Mäntel nach Jahre altem Weihrauch, Gruft und Frittenbude stinken. Uralte, leere Fensterhöhlen grinsen mich mit ihren schwarzen Mündern an, drohen mit imaginären Kanonen und treiben mich zur Eile.

Du denkst, du wärst nahe des Zieles? Vielleicht, zunächst geht es hinauf zum Museum für – äh – moderne Kunst: „Brasiiil lalalalala, Brasiiil!“, ein mit drallen Brasilianerinnen vollgepfropfter Kleinwagen mit dröhnenden Lautsprechern fährt neben mir. Nicht nur dunkle Hände und pralle Arme hängen aus den dunklen Fenstern. Brüllend vor Lachen ringe ich gebückt nach Atem, wiehernd kämpfe ich nach Luft, wie bekloppt ist das denn! Das ist wahrlich eine Hauptstadt hier! Ich bin total verdattert, das ging so schnell, dass ich kein Foto gemacht habe, dabei gab es hier alle dunklen Berge, Höhlen und Schluchten mit dem gesamten brutalen Profil Luxemburgs in einem Fenster! Das ist ja unglaublich! Sehnsüchtig winke ich der Truppe hinterher, um die nächste Treppe anzugehen.

Aber das gibt Schub, 5 Plätze mache ich gut, ehe wir die – für heute nicht letzten – Stufen hoch zum Europazentrum dackeln. EU-Einrichtungen, RTL, Kongresszentren, Philharmonie. Dann geht es direkt durch das Fort Thüngen und die Drai Eechelen, schmale Durchlässe, dunkle Tunnel und ruck-zuck wieder hinab ins Tal der Alzette. Äh, waren wir nicht gerade oben?

Dann die Katakomben: Der Tunnel bei Pfaffental, ich glaube es ist der Aqua Tunnel, ein Abwasserkanal, der in den 1950ern gebaut wurde. Er ist 1 km lang, kalt, warm und nass wie der mit Kippen gefüllte Rosenkübel bei Sonja auf dem Balkon. Ab und zu ein paar funzelige Lampen, dann ein Wasserfall, der in einem lauten Wirbel ins finstere Bodenlose stürzt, wie das Klo in holländischen Zügen.

Hinter mir flüstern die Besenradler, ja ich bin wieder Letzter und es rinnt mir eiskalt den Rücken runter, nicht wegen der Radler, sondern weil ich raus will, es ist ein Abwasserkanal, es ist scheiße hier unten!

Oh wie grausig, der ideale Ort, eine Leiche zu beseitigen. Irgendwie war der Tunnel dann doch zu klein für die Leichen und den Mist der Stadt, wurde mal als Bunker genutzt, und nun für Trailläufer reaktiviert, nur für Trailläufer, und nur für die ganz Bekloppten.

Nach unendlich langer Ewigkeit klettere ich die Stufen hinauf zum Ausgang. Die Sonne prallt mir ins Gesicht, heiß und trocken. Ist jetzt endlich Schluss? Vielleicht noch 300 Meter, ich greife nach dem Geländer, und … es macht knacks! Laut und deutlich. Uh, das schmerzt. Der Ringfinger ist zwei Etagen tiefer und steht seltsam nach oben ab, naja, den braucht man eh nur zum Heiraten.

Dieser Trail ist für diejenigen, die den Kick suchen, das Außergewöhnliche. La Gran Ducale, die Großherzögliche, bricht dir die Knochen!

4De Zestig van Texel

Insel Texel, Niederlande (2013)

Mit dem Zug brauche ich 6 Stunden bis zum Höllentor. Es liegt an der Spitze von Nord-Holland, war die wichtigste Versorgungsstation der Schiffe der Ostindien-Kompanie, bekam wegen seiner starken Befestigung (De Schaans), den zahllosen Kanonen, Strandräubern (Jutters) und den unberechenbaren Winden den Namen „Den Helder“, Zum Höllentor.

Die Fähre von Den Helder nach Texel braucht 20 Minuten, überquert die Meerenge, die die Nordsee im Jahre 1170 in das Holländische Festland gerissen hat und Texel seitdem vom Festland trennt. Für die Ostindien-Kompanie (VOC Vereenigde Oostindische Compagnie) ab 1602 ein wunderbarer Platz, um wochenlang auf günstigen Ostwind für die Reise zu den Molukken zu warten. Teilweise mehr als 100 Schiffe lagen hier vor Reede. Mindestens 400 liegen immer noch vor der Insel. Schiffe, die es nicht zu den Gewürzinseln geschafft haben.

Die „Sechzig von Texel“ findet jedes zweite Jahr an Ostermontag statt, im jährlichen Wechsel mit dem JKM (Jan Knippenbergmemorial), dem längsten Strandlauf der Welt über 100 Meilen. Die Strecke, auf ein Ziffernblatt übertragen, startet im Süden von Texel, bei 5 Uhr, in t´Hoorntje, umrundet die Insel, um dann bei 3 Uhr ins Landesinnere nach Den Burg abzubiegen.

„Welcom ob Texel“

Am Samstag treffe ich Martien, den Organisator, beim Filmvortrag über den TransAlpin. In zahlreichen Gesprächen mit Martien und anderen Ultraläufern versuche ich hinter den Mythos der „Zestig van Texel“ zu kommen. Jeder hier hat mindestens eine Rechnung offen mit diesem Lauf. Auch ich werde in zwei Tagen eine Rechnung in Texel offen haben.

Die Läufer der 120 km starten um 4:35 Uhr, laufen zunächst entgegen des Uhrzeigersinnes, um dann die Laufrichtung des 60 km-Laufes aufzunehmen. Man muss eine zeitliche Qualifikation nachweisen (100 km in 9:30), dennoch erreichen nur 50 % das Ziel innerhalb des Zeitlimits von 13 Stunden.

Ich werde die 60 km (Zeitlimit 7 Std) angehen. Durchschnittsalter der Läufer: 39 Jahre, Erfolgsquote innerhalb des Zeitlimits: 70 %. Die Startzeit (10:35 Uhr) richtet sich nach der Fähre, es soll keine Behinderung geben. Martien erwartet dieses Jahr Spitzenzeiten, das Watt ist gefroren, der Laufuntergrund also optimal, gegen Mittag ist starker Gegenwind angesagt.

Das Trinkwasser von Texel ist eisenhaltig und so rein, dass es an Bord der Segelschiffe 6 Monate haltbar war, damit kam man dicke bis nach Kapstadt, ansonsten hatte man noch „Tesselsche“ an Bord, das süße Bier. 1619 eroberte die VOC Jakarta und machte es zu ihrer Hauptstadt Batavia (lat. für Niederlande). Das Flaggschiff der VOC nannte sich auch Batavia. Es strandete 1629 vor der Küste Australiens. Jeronimus, ein habgieriger Typ, brachte die Gestrandeten um, um sich das Gold der Batavia anzueignen. Die Strafexpedition erhängt die Überlebenden und setzte zwei von ihnen auf das Australische Festland aus, es waren die ersten Europäer auf australischem Boden. 322 Menschen starben.

Der eisige Ostwind lässt uns 400 Ultraläufer an der Startline zittern. Ich denke an den Film „Der Seewolf“ mit Kapitän Wolf Larsen, der mit bloßer Hand eine rohe Kartoffel zerquetschen konnte. Wie oft haben wir das auf dem Schulhof nachprobiert.

Die ersten 5 Kilometer gehen über spiegelglatte Radwege. Bevor es heftig wird, genießen wir den Blick über die gefrorenen Binnenseen auf denen Wasservögel eistanzen, dann geht es über die sandigen Dünen auf den kilometerbreiten Strand.

Ein traumhafter Lauf! Das Licht, die Luft, die gleißend-weißen Muschelfelder, schrille Schreie der Möwen, die Weite, müheloser Flug über lockeren Sand, einfach überwältigend, paradiesisch, ich möchte nie wieder anhalten.

image

Das Laufen im Sand ist ungewohnt und fordert Kraft.

image

Im Westen der Insel ist der Strand 30 Kilometer lang.

image

Das Herz springt beim Anblick der Läuferkarawane, die über den kilometerweiten Strand zieht.

image

Das Licht, die Luft, der schrille Schrei der Möwen, ich möchte nie wieder anhalten.

image

Meine Eigenverpflegung ist mit Warnhinweis versehen.