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Peter Scherbening

Das Handbuch für Finanzberater

Wie Sie Ihr Unternehmen professionell aufbauen und erfolgreich seriös beraten

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1. Auflage 2016

Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung.

Vorwort: Warum dieses Buch?

Als ich 2001 vom Rechtsanwaltsberuf auf den des Finanzberaters und Versicherungsmaklers umsattelte, erhielt ich – seinerzeit bei MLP – zwar eine fundierte Ausbildung in Sachen Versicherungen, aber viele Fragen, die im Beratungsalltag des Finanzberaters wichtig sind, wurden damals nicht erörtert, vielleicht, weil sie als allzu selbstverständlich betrachtet wurden, wie zum Beispiel die Frage, was bei der Begrüßung und Verabschiedung eines Kunden zu beachten ist oder wie unterschiedlich der Gesprächsverlauf sein kann, je nachdem, wie die ersten 15 Minuten des Gesprächs ablaufen.

Über die Jahre habe ich viele Bücher über Verkaufen, Service, und Beratung gelesen und viele Seminare dazu besucht. Doch die meisten für mich Erfolg bringenden Details habe ich über die Jahre durch eigene Erfahrungen und engen Austausch mit vielen Kollegen im Allgemeinen und einem befreundeten Finanzmakler im Besonderen gelernt. Durch die von uns über Jahre praktizierte Routine, Beratungsgespräche im Anschluss genau zu analysieren und den Dingen auf den Grund zu gehen (Warum ist es nicht so gelaufen wie erwartet bzw. gewünscht? Warum hat es heute ganz besonders gut geklappt? Welche Formulierung im Gespräch könnte man ganz konkret verbessern, um noch überzeugender rüberzukommen? usw.), haben wir so viele Facetten des Beratungsalltags durchgesprochen und beleuchtet, dass es mir auf diese Weise gelang, mit der Zeit immer professioneller und effizienter in der Beratung zu werden und all die Fehler zu vermeiden, die mich am Anfang meiner Vermittlertätigkeit so manchen Kunden gekostet haben.

Auf diese Weise ist ein Wissen entstanden, das ich noch in keinem Buch, das sich mit Beratung oder Verkauf befasst, in dieser Detailvielfalt gesehen habe, ein Buch, das ich mir selbst zum Anfang meiner Karriere als Finanzberater sehr gewünscht hätte, weil es auch wichtige Details behandelt, die andere Autoren offenbar für nicht so wichtig erachten.

Sie sind fasziniert von den Verdienstmöglichkeiten im Vertrieb, von den Freiheiten als Selbständiger und haben Freude daran, Menschen in finanziellen Dingen zu beraten? Dann werden Sie sich nicht nur mit den Zulassungsvoraussetzungen für den Beruf des Finanzberaters, sondern auch mit vielen praktischen Fragen beschäftigen müssen, angefangen mit der Erstellung eines Geschäftsplans über die konkrete Kundenakquise und die Herausforderungen an ein gutes und erfolgreiches Beratungsgespräch bis hin zum Ausbau Ihres Unternehmens, sobald Sie mehr Kundenzulauf haben, als Sie selbst bewältigen können.

Auf der anderen Seite gilt es auch, sich mit den vielen Vorurteilen und Vorbehalten auseinanderzusetzen, die in der Bevölkerung gegenüber Finanzberatern und insbesondere Versicherungsvertretern weit verbreitet sind.

So begegnen die meisten Kunden dem Versicherungsvermittler häufig doch eher mit einer gewissen (gesunden oder mitunter auch übertriebenen) Skepsis. Zu viel haben sie schließlich schon in den Medien über die angeblichen wie auch zum Teil tatsächlichen Tricks der Versicherungsbranche, die Provisionsgesteuertheit der Vermittler und auch die unseriösen Beratungsmethoden der Banker gehört, gelesen oder gar selbst erfahren.

Wie also soll man in einem solchen Umfeld Kunden gewinnen, diese seriös und bedarfsgerecht beraten und dabei auch noch genügend Geld verdienen? Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Umwälzungen im Versicherungsmarkt aufgrund des LVRG (Lebensversicherungsreformgesetz), das zum 1.1.2015 in Kraft getreten ist, erlangt die Antwort auf diese Frage für so manchen Vermittler existenzielle Bedeutung.

Dieses Buch soll daher Anregungen geben, wie ein engagierter Versicherungs- und/oder Finanzanlagenvermittler sich selbst eine Beratungsphilosophie erarbeitet, die ihn vom Durchschnitt der Vermittler abhebt und ihn deshalb über kurz oder lang praktisch zwangsläufig erfolgreich machen wird.

Dabei stehen hier weniger die reinen Verkaufsaspekte im Vordergrund – Bücher mit diesem Fokus gibt es schließlich schon im Überfluss –, sondern viel mehr strategische Überlegungen sowie viele Details und Erfahrungen, die Ihnen im Vergleich zu Ihren Mitbewerben oft das nötige Quäntchen Vorsprung geben können, das Sie brauchen, um die Unterschrift Ihrer Kunden tatsächlich zu erhalten.

In den vergangenen Jahren habe ich sehr viele Bücher von hochbezahlten Verkaufstrainern gelesen und deren Seminare besucht. Dabei fiel mir eine – aus meiner Sicht äußerst unangenehme – Gemeinsamkeit all dieser Autoren/Seminarleiter auf: Sie alle glauben, »die Weisheit mit Löffeln gefressen« zu haben. Das heißt: Sie suggerieren, dass nur ihr beschriebener Weg wirklich zum Erfolg führt und alle anderen es halt nicht richtig können. Ich werde versuchen, diesen Fehler zu vermeiden. Meine Gespräche mit vielen sehr erfolgreichen Kollegen haben mir immer wieder gezeigt, dass viele Wege nach Rom führen. Ich habe auch einige sehr erfolgreiche Kollegen kennengelernt, die ihre Kunden betrogen haben – leider. Die nachhaltig wirklich erfolgreichen Kolleginnen und Kollegen zeichnen sich meines Erachtens jedoch durch folgende Gemeinsamkeiten aus: ein Höchstmaß an Beratungskompetenz, ein Höchstmaß an Integrität und ein Höchstmaß an Professionalität.

Möglicherweise wird Ihnen das Buch an der einen oder anderen Stelle zu juristisch, zu zahlenlastig, zu esoterisch oder zu weitschweifig sein. Ich hoffe jedoch, Ihnen mit diesem Buch an so vielen verschiedenen Stellen und auf so vielen verschiedenen Gebieten wirklich praktisch nutzbare Hilfestellungen (oder zu Neudeutsch: Input) geben zu können, dass Sie auch dann eine Menge profitieren können, wenn Sie sich nur auf diejenigen Kapitel konzentrieren, die Sie auch sofort ansprechen.

Möge dieses Buch Ihnen helfen, mit einem guten Gefühl, mit Kompetenz, Konsequenz und Empathie Ihre Kunden zu beraten, und mögen Sie auf diese Weise so erfolgreich werden, wie Sie es sich wünschen!

Noch ein Hinweis für alle Leserinnen: Bitte fühlen Sie sich auch angesprochen, selbst wenn ich fast durchgängig die männlichen Substantivformen verwende. Den Gleichbehandlungsgrundsatz konsequent zu beherzigen, würde einfach zu sehr sperrigen Sätzen führen. Deshalb: Wann immer von »Kunde« oder »Berater« o. Ä. die Rede ist: Denken Sie sich bitte einfach die weibliche Form dazu. Ich meine SIE alle. image

Berlin, März 2016

Peter Scherbening

1
Einführung

Was können Sie von diesem Buch für sich erwarten und was nicht? Für wen ist dieses Buch konzipiert? Und wie können Sie die Inhalte am besten für sich nutzen? Auch wenn das Inhaltsverzeichnis sicher schon einen guten Überblick gibt, möchte ich auf diese Fragen kurz eingehen.

Erwarten können Sie Folgendes:

Das Buch ist insbesondere für Berufseinsteiger gedacht, die als Handelsvertreter oder selbständige Makler ihre ersten Schritte in die Selbständigkeit wagen. Im Hinblick auf die vielfältigen sowohl juristischen als auch fachlichen Informationen und die zahlreichen Beispiele und Analysen von Beratungssituationen aus dem Alltag sowie die Denkanstöße für die Reflektion der eigenen Beratung eignet es sich jedoch durchaus auch für berufserfahrene Kollegen, die sich ihre Offenheit für neue Impulse bewahrt haben und den Mut haben, ihre bisherigen Beratungsansätze zu hinterfragen.

Getreu dem Motto des Münsteraner Juristen-Repetitors Josef Alpmann »Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung.« werden Sie immer dort, wo es auf die Genauigkeit der Rechts-grundlagen ankommt, die einschlägigen Gesetzestextes im Original lesen können. Dies erscheint mir auch für Nichtjuristen sinnvoll, da ich Sie als Leser für intelligent genug halte, diese Texte zu verstehen, und auf diese Weise Missverständnisse ausgeschlossen werden können, die möglicherweise ansonsten durch freie Umformulierung der Texte durch mich entstehen könnten.

2
Berater oder Verkäufer?

Wenn es um den zweiten Teil des Untertitels dieses Buches (»erfolgreich seriös beraten«) geht, drängt sich eine Frage gleich auf: Seriös beraten und erfolgreich sein – geht das überhaupt? Ganz so einfach, wie der Buchtitel es möglicherweise suggeriert, ist die Antwort jedoch nicht; denn die weitere Frage, die ich vor die Beantwortung der ersten stellen möchte, ist folgende: Berater oder Verkäufer? Wie sehen Sie sich, und wie werden Sie von Ihren Kunden gesehen?

Wenn es nach der Meinung der diversen selbsternannten Verbraucherschützer geht, ist ein »echter, unabhängiger Berater« nur derjenige, der seine Kunden unabhängig von Abschlussprovisionen berät – am besten wahrscheinlich auch noch gleich kostenlos. Unberücksichtigt bleibt dabei die Tatsache, dass auch der Honorarberater (zu den Einzelheiten und diversen Unterkategorien dieses Begriffs siehe Kapitel 4.3) mit seinen Kunden Geld verdienen will und deshalb ebenfalls Interessenkonflikten unterliegt.

Während der auf Provisionsbasis agierende (sprich: beratende) Vermittler den Interessenkonflikt hat, dass er geneigt sein wird, vor allem diejenigen Produkte zu empfehlen, an denen er das Meiste verdient, ist der Honorarberater dem Interessenkonflikt ausgesetzt, seine Beratung mehr als nötig in die Länge zu ziehen, um auf diese Weise seinen Verdienst (getreu dem Motto »Zeit ist Geld«) zu erhöhen.

Kann im Übrigen davon ausgegangen werden, dass der auf Honorarbasis beratende Vermittler wirklich besser, objektiver und unabhängiger berät als der »provisionsgetriebene« Vermittler? Von der Theorie her vielleicht. Vom Grundgedanken des Gesetzes her (siehe dazu ausführlich Kapitel 18) allerdings nicht. Aber wie sieht es in der Praxis aus?

Ein Vermittler, der sein Einkommen ausschließlich dadurch erzielt, dass seine Kunden bei ihm am Ende der Beratung auch einen oder besser gleich mehrere Anträge unterschreiben, wird häufig versucht sein, seine Kunden so zu beraten, dass diese am Ende auch tatsächlich unterschreiben. Das mag dann zwar durchaus auch im Interesse des Kunden sein, aber dennoch hat ein solches Beratungsgespräch immer (zumindest auch) den Charakter eines Verkaufsgesprächs. Selbst wenn der Provisionsvermittler über eine so große Anzahl von Kunden verfügt, dass er keinerlei Abschlussdruck hat, wird er als vernünftig agierendes Wirtschaftssubjekt keinerlei Interesse daran haben, »für lau« zu beraten. Am Ende möchte er mit dem Kunden Geld verdienen. Und das kann er grundsätzlich nur dadurch, dass der Kunde bei ihm einen Antrag unterschreibt. Umso mehr gilt dies für diejenigen Berater, deren Kundenstamm – gerade am Anfang – noch eher übersichtlich, um nicht zu sagen »klein« ist.

Demgegenüber hat der Honorarberater diesen Abschlussdruck nicht, da er weiß, dass er so oder so, also egal, ob der Kunde am Ende einen Antrag unterschreibt oder nicht, Geld verdient haben wird. Und manch ein Honorarberater ist dann auch noch clever genug, seinen Kunden zwar Netto-Tarife, also Tarife ohne Abschlussprovision, zu vermitteln, für die Vermittlung jedoch dennoch eine Vermittlungsprovision in Form eines zusätzlichen Beratungshonorars zu verlangen, dessen Höhe sich nach der Höhe der Beitragssumme bemisst und ihm den zusätzlichen Vorteil bietet, dass dieses Honorar auch noch stornosicher ist.

Ein weiterer Aspekt ist die Qualifikation des Beraters. Da der Honorarberater (zu den verschiedenen Unterkategorien siehe Kapitel 4.3) keine spezielle Sachkundeprüfung ablegen muss, kann es einem Kunden durchaus passieren, zwar das Gefühl zu haben, von einem Honorarberater objektiv und neutral beraten worden zu sein, während dieser ihn objektiv vielleicht schlicht falsch oder jedenfalls nicht optimal beraten hat. Denn ein Honorarberater verfügt ja nicht einfach dadurch über eine bessere oder fundiertere Sachkenntnis, dass er sein Schild bzw. Etikett »Versicherungsmakler« durch das Schild »Honorarberater« ersetzt.

In Bezug auf die »provisionsgetriebene« Beratung werden mir möglicherweise viele erfolgreiche Versicherungsvermittler entgegenhalten, dass sie ihre Kunden bestmöglich beraten und die Kunden dann allein aufgrund dieser vorbildlichen und völlig uneigennützigen Beratung sich zur Unterzeichnung der vorgeschlagenen Anträge entschließen.

Ist das wirklich so? Ich habe da meine Zweifel. Ein sehr erfolgreicher Kollege, dem ich sehr viele gute Beratungs- und Verkaufsansätze verdanke, sagte mir einmal: »Es ist doch völliger Quatsch zu glauben, wir wären etwas anderes als Verkäufer! Ein Kunde, der sich für den Kauf eines Autos interessiert, erwartet von dem Autoverkäufer doch auch nicht allen Ernstes eine unabhängige und objektive Beratung. Und wenn doch, ist er selbst schuld!« Gewiss eine sehr provokante Aussage, aber auch eine sehr ehrliche. Jeder »normale« Vermittler verdient sein Geld mit Abschluss- und Bestandsprovisionen. Und diese erhält er eben nur, wenn der Kunde auch einen Antrag unterschreibt – völlig banal. Also wird es immer – zumindest auch – das Ziel einer Finanz- bzw. Versicherungsberatung sein, den Kunden nicht nur zu beraten, sondern ihn auch zur Unterschrift zu bewegen. Und das heißt ehrlicherweise nichts anderes als dem Kunden etwas zu verkaufen.

Und auch da unterscheiden sich die meisten Honorarberater tatsächlich überhaupt nicht von den Provisionsvermittlern. Denn kein Honorarberater wird es sich auf Dauer leisten können, seine Kunden für einen Stundensatz von 150 bis 250 Euro oder einem Pauschalhonorar von 200 bis 500 Euro zu beraten, ohne an den von ihm vermittelten Abschlüssen auch etwas zu verdienen. Deshalb ist es bei Honorarberatern auch durchaus üblich, sich die Vermittlung der sogenannten Nettotarife, also derjenigen Tarife, die keine Vertriebskosten enthalten und deshalb naturgemäß günstiger sind als die üblichen (Brutto-)Tarife, zusätzlich vergüten zu lassen. Da der Kunde diese Tarife in der Regel nur über den Vermittler und nicht direkt von der jeweiligen Gesellschaft bekommen kann, ist es für den Honorarberater ein Leichtes, dem Kunden die Pistole auf die Brust zu setzen und zu sagen: »Sie können diesen Tarif gern über mich abschließen, dafür berechne ich Ihnen aber ein Honorar von 2% der Beitragssumme.« Spätestens dann wird der Kunde merken, dass auch der Honorarberater bei seiner Beratung durchaus ein großes Abschlussinteresse hat.

Je nach Anspruch und Seriosität des Beraters kann der Verkauf ein reiner Produktverkauf sein (»Sie sollten diese Versicherung abschließen, weil sie diese ... Vorteile für Sie hat.«) oder auch einfach zunächst der Selbstverkauf des Beraters, der sich dem Kunden als vertrauensvolle Persönlichkeit verkauft, dem der Kunde einfach vertrauen kann und soll. So oder so hat erfolgreiche Finanzberatung immer auch etwas mit erfolgreichem Verkauf zu tun.

Dieses Buch hat zum Ziel, Ihnen jenseits von Produktverkäufen Wege aufzuzeigen, erfolgreich zu beraten und zu verkaufen, ohne den Kunden dabei über den Tisch zu ziehen oder ihm irgendeinen Schrott zu verkaufen, den er nicht braucht, nur, damit Sie Ihre Provision verdienen.

3
Spezialist oder Generalist?

Obwohl ich selbst in meiner Eigenschafft als Makler immer als Generalist gearbeitet habe, erscheint es mir inzwischen gerade für Berufseinsteiger wichtig, sich zu überlegen, ob die Tätigkeit als Generalist wirklich sinnvoll ist, oder ob es nicht vielleicht besser ist, sich eine Nische zu suchen, in der man als Spezialist tätig wird.

3.1 Der Generalist

Aus Kundensicht hat es viele Vorteile, einen Generalisten als Ansprechpartner zu haben; denn als Generalist sind Sie für Ihre Kunden der Ansprechpartner für alle Angelegenheiten rund um die Themen Geldanlage, Finanzierung und Versicherungen. Wo immer den Kunden der Schuh drückt, wird er SIE anrufen, um das Thema mit Ihnen zu besprechen – vorausgesetzt, Sie haben sich auch gleich zu Beginn Ihres ersten Beratungsgesprächs gegenüber Ihrem Kunden entsprechend eingeführt und positioniert. Soll heißen: Wenn der Kunde Sie als Versicherungsmakler kennenlernt, wird er möglicherweise nicht darauf kommen, sich mit dem Thema Geldanlage oder Immobilienfinanzierung an Sie zu wenden, wenn Sie ihn nicht ausdrücklich darauf hingewiesen haben, dass Sie auch diese Gebiete mit Ihrer Beratung abdecken.

Und umgekehrt kann es Ihnen als Anlageberater einer Bank durchaus passieren, dass Ihnen Ihr Kunde bei einem Folgegespräch beiläufig erzählt, dass er gerade woanders eine Krankenversicherung abgeschlossen hat, ganz einfach, weil er gar nicht daran gedacht hat, sich mit diesem Thema an Sie zu wenden. Mir ist das sogar schon passiert, obwohl ich meine Kunden (damals als Berater für die Tochtergesellschaft einer großen Bank) ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass ich alle Bereiche von A-Z rund um die Themen Geldanlage und Absicherung abdecke.

Sofern Sie als Generalist auch noch Makler sind und nicht Versicherungsvertreter, haben Sie in der Regel auch nicht das Problem, Kunden möglicherweise an konkurrierende Versicherungsvertreter zu verlieren, weil diese Ihren Kunden »ein besseres Angebot« machen können oder die von Ihnen vertretene Gesellschaft Ihre Kunden gerade mal wieder im Rahmen einer Bestandsbereinigung oder erheblichen Prämienerhöhung vergrault hat. Denn als Makler können Sie hier einfach eine Umde-ckung vornehmen und auf diese Weise dem Kunden nachhaltig dokumentieren, dass Sie auf seiner Seite und nicht auf der der Versicherung stehen.

Die Arbeit als Generalist bringt jedoch nicht nur Vorteile mit sich, insbesondere dann, wenn Sie als Makler aktiv werden. Warum? Weil Sie wie ein »Feld-, Wald-, Wiesen-Anwalt« von allen Themen, wegen derer Kunden möglicherweise Ihren Rat suchen werden, etwas verstehen sollten, zumindest in den Grundzügen. Und das sind wirklich sehr, sehr viele Themen:

  • Sachversicherungen: Privathaftpflichtversicherung, Hausratversicherung, Bauleistungsversicherung, Wohngebäudeversicherung, Bauherrenhaftpflichtversicherung, Grundeigentumerversicherung, Rechtsschutzversicherung, Betriebshaftpflichtversicherung, Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, Kfz-Versicherung, Flottenversicherung usw.
  • Absicherung biometrischer Risiken (Personenversicherungen): Unfallversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung, Erwerbsunfähigkeitsversicherung, Private Krankenversicherung, Funktionsweise des gesetzlichen Krankenversicherungssystems, Pflegezusatzversicherung, Zahnzusatzversicherung, ambulante und stationäre Zusatztarife, Risikolebensversicherungen, Sterbegeldversicherung usw.
  • Altersvorsorge: Lebensversicherungen (kapitalbildend/fondsgebunden), Rentenversicherungen (kapitalbildend/fondsgebunden), Riester, Rürup, Betriebliche Altersvorsorge, Funktionsweise des gesetzlichen Rentenversicherungssystems, Hybridmodelle usw.
  • Geldanlage: Funktionsweise der Aktienmärkte, Aktien, Renten, Unternehmensanleihen, Wandelanleihen, Immobilien, Rohstoffe, Fonds (Aktien-, Renten-, Immobilien-, Hedge-, Branchen-, Index-, Rohstofffonds, ETFs u. s. w.), Zertifikate, Derivate, geschlossene Beteiligungen (Schiffe, Flugzeuge, Pflegeheime, Eisenbahnen, Immobilien u. v. m.), Nachrangdarlehen, mündelsichere Anlagen usw.
  • Immobilienfinanzierung: Grundzüge des Immobilienrechts, Hypotheken, Grundschulden, Forwarddarlehen, Beleihungsauslauf, Bausparverträge/Bauspardarlehen

Sie sehen: Selbst, wenn Sie den einen oder anderen Teil (zum Beispiel Geldanlage oder Immobilienfinanzierung) von vornherein gar nicht abdecken wollen, bleibt auch beim Rest ein sehr großes Feld übrig, das es zu bespielen gilt.

3.2 Der Spezialist

Der Spezialist macht sich das Leben zumindest lern-, weiterbildungs-und abwicklungstechnisch deutlich leichter, indem er sich auf ein Thema oder Gebiet fokussiert, das ihm besonders erfolgversprechend erscheint und das er als Nische besetzt, um sich so von seinen Mitbewerbern abzugrenzen. Ein Beispiel, das mir hier dazu gerade einfällt, ist ein Maklerkollege in Süd-deutschland, der sich auf die Versicherung von Photovoltaikanlagen spezialisiert hat und damit so erfolgreich ist, dass er inzwischen ein Büro mit über zehn Angestellten führt.

Als Spezialist sollten Sie sich allerdings ein Segment suchen, das wirklich zukunftsträchtig ist und Ihnen nicht nur kurzfristig einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Das Thema Private Krankenversicherung könnte so ein Segment sein, ebenso wie der Bereich der berufsbegleitenden Absicherungen wie Betriebsund Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen. Auch als Spezialist für die betriebliche Altersvorsorge hat sich so manch ein Makler- oder Versicherungsvertreterkollege erfolgreich sein Unternehmen aufgebaut.

Die Tätigkeit für eine Bausparkasse zähle ich ebenfalls hierzu. Zwar gibt es eine Reihe von Bausparkassen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ihren Kunden auch Versicherungsprodukte zu vermitteln. Die meisten Bausparkassenvertreter haben hieran jedoch überhaupt kein Interesse, nicht zuletzt, weil sie auch so ganz gut verdienen. So ist eine ehemalige Kollegin von mir, die als Maklerin nur sehr mäßig (30000 bis 40000 Euro Umsatz pro Jahr) verdient hat, über Umwege am Ende bei einer Bausparkasse gelandet, bei der sie nun 60000 bis 70000 Euro pro Jahr verdient – und das fast ausschließlich durch die Vermittlung von Bausparverträgen und Bauspardarlehen. Da sie von ihren Kunden auch nur als die Person wahrgenommen wird, die ihnen hilft, ihren Lebenstraum einer eigenen Immobilie zu verwirklichen, ist es ihr inzwischen völlig egal, ob ihre Kunden ihre Riesterverträge oder Sachversicherungen bei ihr oder woanders abschließen. Sie verdient auch ohne diese Verträge genug und hat dabei ein entspanntes Leben, weil sie sich um Akquise nicht groß zu kümmern braucht und ihr Arbeitsaufwand sehr überschaubar ist.

Eine weitere Spezialisierungsmöglichkeit kann darin bestehen, dass Sie sich Ihre Fremdsprachenkenntnisse zu Nutze machen. Wenn Sie fließend Englisch sprechen, können Sie sich beispielsweise als Berater profilieren, der seine Kunden auf Englisch berät. Gerade unter den sogenannten Expatriates bestehen häufig enge Netzwerkverbindungen, von denen Sie rasch profitieren können, weil Sie von zufriedenen Kunden schnell weiterempfohlen werden.

Allerdings sollten Sie gerade bei ausländischen Kunden auch Ihr Kosten-/Nutzen-Verhältnis ständig im Auge behalten. Denn die tollste Empfehlungsquote nutzt Ihnen natürlich nichts, wenn Sie beispielsweise überwiegend innerhalb einer Gruppe von Geringverdienern weiterempfohlen werden.