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© für die Originalausgabe und das eBook: 2006, 2017 LangenMüller in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Wolfgang Heinzel

Umschlagbild: mauritius images, Mittenwald

eBook-Produktion: VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH, Heimstetten

ISBN 978-3-7844-8336-8

Widmung

Meinem Leuchtturm,

dem Zweiwelten-Bär

Gottfried von Einem,

in Wiedersehensfreude

gewidmet

Motto

Die Kinderrevolution ist ein blinder Protest gegen Materialismus und Geldherrschaft. Die Kinderrevolution ist der Aufstand der Zukunft gegen unsere Industrie-, Konsum- und Konkurrenzgesellschaft. Die Kinderrevolution macht uns darauf aufmerksam, dass wir den Sinn unseres Lebens verloren haben, dass wir lebendigen Leibes tot sind.

Inhalt

Die Kunst des Fragens.
Von Giselher Guttmann

Kinderrevolution? Wie man aus Krokodilen Schmetterlinge macht

Das Wachs, der Docht und die Flamme

Die schlafende Prinzessin

Die zehn Gebote der neuen Schule

Unsere Adresse – die Milchstraße

Man erkennt die Welt nicht, indem man sie auswendig lernt

Die Flügel der Seele

Was ist Glück?

Lernen lebenslänglich

Der langweiligste Mensch

Parasiten-Knigge

Behütet die Erde

Arbeit ist Gebet

Drachen und Pferde auf der Schulbank

Abc und Einmaleins

Großer Bruder, große Schwester

Dehnt euch aus!

Intelligenz ist wichtiger als ein gutes Gedächtnis

Der Verlust der Kindheit

Wie werde ich ein Zauberer?

Kein Muster, das verbindet

Künstliche Höllen und Paradiese

Superdroge Seele

Die Welt ist ein Prozess

Alles fließt

Das Lenken der Aufmerksamkeit

Die Erbsünde des Erfolgs

Tote Information

Gewalt in der Schule

Die Religion des Herzens

Wir brauchen einen anderen Kompass

Umstieg der gesamten menschlichen Zivilisation

Eine andere Wahrnehmung der Welt

Wunderschöne Erde

Der Lehrer als Tänzer

Das Delfinspiel

Ich bin ein Indianer, eine Birke, ein Wolf

Durch alle Fenster scheint das eine Licht

Die Welt ist eine lebendige Ganzheit

Wir sind Kelten

Unsere Ahnen im dritten Jahrtausend

Die Wurzeln der Gegenwart

Das Ereignis der Rose

Hochzeit der Hemisphären

Keine Trennung von Körper und Geist

Alles ist lebendig, bewusst und beseelt

Gutes Mädchen, böser Bub

Der Leib

Das Entstehen und Vergehen von Formen

Alles ist im Wandel

Die Schule des Leibes

Verdutzt im Licht

Die Dialekte des Seins

Der sechste Sinn

Wünschelrute

Der Mond in der Sonne

Dimensionen des Bewusstseins

Die Schule des Todes

Erfüllte Stille

Die pluralistische Seele

Die mystische Tradition – ausradiert

Weltbilderbuch

Kein Lied, kein Gedicht

Tausend goldene Löwen

Das Netz der Sprache

Wie erkennt man seinen Mythos?

Metaphysik von Raum und Zeit

Summe über alle Geschichten

Liebe

Wir wachsen von Frage zu Frage

Schmetterlingsschule

Resümee

Geist beseelen – Seele begeistern.
Von Wolfgang Mastnak

Die Kunst des Fragens

Warum …?«, so beginnen, gelegentlich auch zum Schrecken der Eltern, zahllose Sätze von drei-, vier- und fünfjährigen Kindern. Von Wissbegier und Tatendurst getrieben will die Welt erkundet werden. Und nicht immer ist es einfach, diesen Wissensdurst zu befriedigen. Denn, warum eigentlich ist der Himmel blau, fallen Gegenstände senkrecht zu Boden …? Auch wenn das Wissen für die rechte Antwort verfügbar sein sollte – es lässt sich nicht leicht in eine Form gießen, die das fragende Kind zu verstehen vermag.

Warum aber schwindet dieses »Warum«, sobald genau diejenige Institution ihre Türen für die Wissbegierigen öffnet, die sich zur Beantwortung aller Fragen anbietet, da in ihr Kundige über das rechte Wissen verfügen und auch die Fertigkeit besitzen, es in kindgerechter Form zu vermitteln? Warum läuft man nicht voll Freude in die Schule und bedauert das Ende jedes Unterrichtstages?

»Was war heute?« ist ein oft vernommener Beginn von elterlichen Fragen an die von der Schule heimgekehrten Kinder. Und eine ebenso häufige Erwiderung ist der Einwortsatz »Nichts«. Wie ist dieses »Nichts« zu deuten? Mag es heißen, dass man über die unliebsamen Stunden, die nun endlich vergangen sind, gar nicht sprechen, nicht an sie erinnert werden möchte? Oder aber fehlt nur der eigentlich gemeinte Zusatz »… Berichtenswertes«? Sollte, müsste es nicht endlich eine Schule geben, von der man heimkehrend voll Begeisterung erzählen möchte?

Vor vielen Jahren begegnete mir die erste Auflage der »Schmetterlingsschule«, als ich eben an einem Unterrichtsmodell arbeitete, das später als »Lernen unter Selbstkontrolle« Verbreitung fand und zu einer möglichst eigenständigen Gestaltung des Lernens anregen sollte. Denn schon lange war es mein Verdacht, dass die Schule unentwegt Fragen beantwortet, die niemand gestellt hat. Doch Neugier lässt sich nicht verordnen, und Begeisterung kann nicht befohlen werden. »Man erkennt die Welt nicht, indem man sie auswendig lernt«, lautete zu meiner Freude das erste Gebot der »Schmetterlingsschule«. Und die These: »Die Schule soll uns nicht lehren, zu antworten. Die Schule soll uns lehren, zu fragen« gab die Kompassrichtung vor, in die der Weg einer Schule der Zukunft zielen müsste.

Wer würde der Raupe ansehen, dass einmal aus ihr ein bunter Schmetterling wird? Einer Puppe, dass dieses versteinerte Gebilde die Vorstufe eines Lebewesens ist, das sich einmal mit seinen Flügeln in die Luft erheben wird? Lotte Ingrisch sieht die Kinder als wissenshungrige Raupen, die sich am Ende, mit den von ihnen erwählten Kenntnissen ausgerüstet, als bunte Schmetterlinge in die Luft erheben sollten. Ich möchte dieses Bild aber ebenso für viele unserer gegenwärtigen Schulen leihen. Stecken nicht auch sie in einem dieser Vorstadien, da sie vor einem gewaltigen Richtungswechsel stehen, ausgelöst durch neue Technologien, welche die Bedeutung von Wissen in ein völlig anderes Licht gerückt haben?

Nur wenn die Forderung von Lotte Ingrisch erfüllt wird, die Schule der Wissensvermittlung in eine zu wandeln, in welcher die Kunst des Fragens gelehrt wird, nur dann wird auch sie sich wie ein bunter Schmetterling in die Luft erheben können, um den Wissensdurst von begeistert Lernenden zu stillen. »Wir brauchen einen anderen Kompass«, fordert eine Kapitelüberschrift. Dieses Buch liefert ihn.

Univ.-Prof. Dr. Giselher Guttmann,

Neuropsychologe,

Dekan der Freud-Universität Wien

Kinderrevolution?
Wie man aus Krokodilen Schmetterlinge macht

Bildung ist der zweite Lehm, aus dem von Generation zu Generation ein neuer Adam geformt wird, eine neue Eva. Zum allgemeinen Entsetzen sind jetzt Wölfe aus dem Lehm geworden, Geier und Krokodile. Was ist passiert? Ein Irrtum, und die Folgen sind fatal.

Der Homo oeconomicus hält sich für ein Erfolgsmodell und reproduziert sich selbst an den Schulen. Sein Gott ist die Wirtschaft, der Konkurrenzkampf sein Weg und sein Ziel der Gewinn. Er hat ein Warenhaus aus der Welt gemacht, die Natur verwüstet und uns in die Krise absoluter Sinnlosigkeit gestürzt.

Schlechte Noten für Pisa! Die Schülerinnen und Schüler werden auf einen Arbeitsmarkt vorbereitet, der keine Arbeit für sie haben wird, und auf eine Konsumgesellschaft, die gerade Bankrott macht. Denn Maschinen sind die neuen Sklaven, und Maschinen konsumieren nicht. In den Sackgassen des Fortschritts verbreiten sich Terror und Gewalt.

Wir verlangen von den Kindern, dass sie so werden wie wir. Kein Wunder, dass sie sich mit allen Mitteln dagegen wehren. Die Unterscheidung in In- und Ausländer verschärft die Situation. Rassismus, Nationalismus und Egoismus sind Vokabeln einer dunklen Vergangenheit, und nur gemeinsam können wir sie transzendieren. Durch eine neue Perspektive, in der wir in der Vielfalt die Einheit erkennen, das Ganze in seinen Teilen und das Ich im Du.

Bunte Blumen blühen auf der Wiese. Auf der Erde leben Menschen aller Art. Warum sollten sie einander hassen? Hasst die Lilie den Löwenzahn? Wir sind Blume, wir sind Wiese, Erde und Person. Kleine Noten einer großen Symphonie. Unsere Heimat ist der Kosmos, unsere Adresse die Milchstraße. Auch, wenn wir noch in Wien wohnen, Istanbul oder Berlin. Verstehen Sie? Wer die Welt versteht, will sie nicht mehr beherrschen. Ist die meiste Arbeit, die wir leisten, nicht Gewalt und Terror gegen die Natur?

Die Schöpfung ist noch nicht zu Ende. Beginnen wir den achten Tag! Die Evolution geht weiter. Die Geschichte der Zukunft wird in der Schule geschrieben, und wir schreiben alle mit. Zeit macht Sprünge, und die Zukunft könnte radikal anders sein als unsere Gegenwart.

Das Buch gibt Anleitungen, wie man verstimmte Instrumente auf den Kammerton der Liebe stimmt. Wölfen Flügel wachsen, Geier singen, Krokodile tanzen lässt.

Und wie man das Dornröschen Seele in den Kindern weckt.

Das Wachs, der Docht und die Flamme

An einem Winternachmittag vor zwanzig Jahren ging ich durch die Singerstraße in Wien, und da fiel es mir wie ein Stern auf den Kopf: Schmetterlingsschule! Wie werden kleine Raupen zu Schmetterlingen? Anweisungen zum Schlüpfen, schreib sie. Sofort!

Nein, ein Schulbuch wollte ich auf gar keinen Fall schreiben. Was verstand ich denn von Pädagogik? Meine eigene Schulzeit war eine Katastrophe gewesen. Aber das war lang her, und bestimmt hätte der Unterricht sich inzwischen zum Vorteil der Schüler verändert. Hoffentlich, aber das war nicht mein Problem. Was, zum Kuckuck, ging mich die Schule an?

Dachte ich und setzte mich an die Schreibmaschine. Lernen lebenslänglich, die Überschrift meines ersten Kapitels, ist inzwischen zum Schlagwort geworden. Ich tippte wie in Trance, und in zwei Monaten war die alte »Schmetterlingsschule« fertig. Dass sie von mir ist, glaube ich eigentlich nicht. Weht der Geist nicht, wo er will?

»Der Einfall«, sagte mein Mann Gottfried von Einem. »Das Wort verrät es schon. Etwas fällt in uns ein.« Die Lehrer und Lehrerinnen, die Pädagoginnen und Pädagogen haben dieses Etwas lieb gewonnen, der verehrte Giselher Guttmann, Ordinarius für Psychologie, arbeitete damit an der Wiener Universität, und durch einen Sektionschef des Ministeriums für Unterricht ging sie ins »Sokrates-Programm« der EU ein.

Die »Schmetterlingsschule« hatte ein paar Auflagen in einem Verlag, den es längst nicht mehr gibt. Aber die Pädagogen haben sie nicht vergessen, und so wurde beschlossen, dass sie zum zweiten Mal auf die Welt kommen soll. Nicht ganz als dieselbe, denn die Welt hat sich seither verändert, und so verändert sich auch dieses Buch.

Wie ich voraussagte, ging das Zeitalter der Arbeit zu Ende. Die leere Zeit wurde zur Depression, die leere Zeit wurde zur Aggression, und ein völlig neuer Klassenkampf hat begonnen. Es geht nicht mehr um pro und contra Rechtschreibreform, es geht um pro und contra Institution Schule schlechthin. Sie kann ihre Aufgabe, Vergangenheit in den Schülern zu kopieren, nicht mehr erfüllen. Die Schüler weigern sich, eine kranke und krank machende Vergangenheit zu wiederholen, und Recht haben sie. Wenn wir überhaupt noch eine Zukunft haben wollen, müssen wir radikal mit den alten Werten und Ordnungen brechen. Der Amoklauf einzelner Schüler kündigt eine Revolution an, deren Ausmaß erschreckend sein wird. Der Krieg der Jungen gegen die Alten hat begonnen, und er wird an allen Fronten geführt werden.

Können wir diesen Krieg vermeiden? Nein, das glaube ich nicht. Zeitalter haben einander noch nie friedlich abgelöst. Nur seine Grausamkeit können wir vielleicht mildern, wenn wir ein falsch gewordenes System ebenso aufgeben wie eine falsch gewordene Autorität. Wenn wir Verbündete der Jugend werden, der Zukunft, einer gerechteren Welt. Wenn es uns gelingt, die Verzweiflung der Kinder in Hoffnung zu verwandeln.

Genau das hat »Die neue Schmetterlingsschule« sich in den Kopf und ins Herz gesetzt.

Sie lehrt die Geographie des Himmels, die Rasse des Lebens und den Kosmos als unsere Heimat. Wir sind alle vom Himmel gefallen. Vor Jahrmilliarden und noch nicht fix und fertig. Die Erde empfing den Samen des Lebens und brütete ihn aus. Kann sein, wir sind noch nicht einmal geboren. Wir sind irdische Außerirdische in den ersten Stadien ihrer Entfaltung. Unser Mutterschoß, das gemeinsame Territorium, ist die Erde. Wie sollten wir einander fremd sein?

Das Buch ist eine Kerze. Sie sind das Wachs, und ich bin der Docht. Ohne uns kann das Feuer des Geistes sich nicht entzünden. Ohne uns kann die kleine Schmetterlingsflamme nicht leuchten.

Wer oder was aber der Geist ist, weiß ich auch nicht. Ein namenloses Feuer vielleicht, das uns verzehrt. Zurück bleiben Asche und Licht.

Die schlafende Prinzessin

Es waren einmal ein König und eine Königin, die hatten drei Söhne. Der älteste war ein Drache, der mittlere ein Pferd und der jüngste ein Mensch. Die drei Brüder waren so verschieden voneinander, dass keiner die Sprache der anderen verstand. Obwohl der König sein Reich keinem von ihnen versprach, riss der Jüngste die Herrschaft an sich und übte sie mit großer Grausamkeit aus.

Als die Königin zuletzt noch eine Tochter gebar, fürchtete der jüngste Sohn um seine Macht und warf einen bösen Zauber über die kleine Prinzessin, dass sie schlief und niemals erwachte.

Der alte König und seine Königin sind der Mensch. Ihre drei Söhne sind das Drachenhirn, das Pferdehirn und der Neocortex, der sich gern Homo sapiens nennt. Das schon bald dreihundert Millionen Jahre alte Drachenhirn ist Kriegs- und Sozialminister. Das Pferdehirn, obwohl rund hundert Millionen Jahre jünger, leidet an Altersstarrsinn, was seinem Ministerium für Identität und Bewusstsein schlecht bekommt. Der Neocortex ist erst fünfzig Millionen Jahre alt und, obwohl ihm jede Reife dafür fehlt, Verstandesminister.

Alle drei Minister gehören wegen Unfähigkeit abgesetzt. Schauen Sie sich die Welt an! Der Mensch muss einen Weg aus dem grauen Labyrinth seines Gehirns suchen, in dem Krieg und Stumpfsinn herrschen und der Verstand wütet wie Minotaurus. Sollen wir das Ungeheuer erschlagen?

Nein, Ungeheuer muss man erlösen. Das Gehirn ist in den Kopf eingesperrt. Mit einem Ariadnefaden finden wir vielleicht gemeinsam den Ausgang ins Freie. Und wer weiß, was dann Wunderbares aus ihm und uns wird?

Ich ahne es schon. Noch schläft die verzauberte Prinzessin, unser viertes und jüngstes, das Schmetterlingshirn. Wir müssen die Schöne in uns wach küssen. Steht sie auf, versinkt die Welt der Larven und Puppen. Sie breitet ihre Flügel aus und fliegt …

Hören wir nicht auf, die Prinzessin zu küssen! Sie schläft in allen Kindern der Welt. Wecken wir sie behutsam auf.

Die zehn Gebote der neuen Schule

1. Man erkennt die Welt nicht, indem man sie auswendig lernt.

2. Die Welt ist ein Prozess. Nichts steht fest, kein Wissen ist endgültig.

3. Die Welt ist eine lebendige Ganzheit. Als solche ist sie nicht nur mehr, sondern etwas anderes als die Summe ihrer Teile. Statt sie künstlich in einzelne Lehrfächer zu kanalisieren, soll sie als Hierarchie von einander enthaltenden Systemen gelehrt werden, in der jeder Teil ein Ganzes und zugleich Teil einer größeren Ganzheit ist. Das gilt auch für den Menschen.

4. Der menschliche Leib ist im Leib der Erde enthalten, der Leib der Erde im Leib der Milchstraße, der Leib der Milchstraße im kosmischen Leib, und der kosmische Leib worin? Die Leiblehre reicht von Biologie und Turnunterricht bis zur Astronomie und Kosmologie. Alles ist lebendiger Teil des lebendigen Kosmos und erfährt sich selbst und seinen Sinn nur in diesem Zusammenhang.

5. Die Schule soll die Grundbegriffe der Ökologie, der biologischen Landwirtschaft, den Umgang mit Heilkräutern und der Wünschelrute lehren.

6. Die Schule soll mit dem Entstehen und Vergehen der Formen vertraut machen, den Wandlungen des Lebens, der Evolution als geistigem Prozess, den morphischen Feldern der Seele, der Biologie und Theologie des Todes und der Geographie jenseitiger Welten im Plural von Religion, Kultur und Erfahrung. (Warum nicht in der Biologiestunde, der Philosophiestunde, der Geographiestunde?)

7. Der bisherige Unterricht basiert einseitig auf der linken, rationalen Hirnhälfte und vernachlässigt sträflich die rechte, irrationale. So ist die Seele zuerst aus der Schule verschwunden und dann aus dem Leben. Das radikal andere Programm der Schmetterlingsschule bewirkt eine Harmonie beider Hirnhemisphären und mit ihr auch der beiden Hemisphären des Seins – der sichtbaren und der unsichtbaren Welt.

8. Die Schule soll die Welten und Weltbilder der Seele lehren, den gleichen mystischen Kern aller Religionen und ihre unterschiedlichen Biographien. Mythen, Märchen und Künste sind, wie auch die Wissenschaften, die Sprachen und Dialekte des Seins. Verstümmeln wir sie nicht durch Ideologien!

9. Liebe verbindet die Teile zur Ganzheit: Menschen, Tiere, Pflanzen, Steine, Dinge, Sterne. Mikro- und Makrokosmos. Liebe ist kein Gefühl, sondern ein Zustand. Die Einheit der Vielfalt, der kosmische Geist. Liebend, erfahren wir uns als Teil eines lebendigen und bewussten Universums, als Person in der Person. Liebe ist der Akt der Erkenntnis schlechthin, und alles Wissen bleibt ohne sie tot.

10. Die Schule soll uns nicht lehren, zu antworten. Die Schule soll uns lehren, zu fragen. Nicht von Antwort zu Antwort wachsen wir, sondern von Frage zu Frage. Jede Frage öffnet, jede Antwort schließt eine Tür. In der Frage fließen, in der Antwort erstarren wir. Vor allem, wenn wir sie für die letzte und einzige halten. Die Frage ist wichtiger als die Antwort. Nicht, wer alte Antworten gibt, hat die Prüfung bestanden. Die Prüfung besteht, wer eine neue Frage stellt.

Unsere Adresse – die Milchstraße

Demokrit, ca. 460–371 v. Chr.: »Das Universum ist das Vaterland der guten Seele.«

Erwin Schrödinger: »Die egoistische Lebenseinstellung (ist) für das einzelne Tier eine arterhaltende Tugend, wird dagegen artschädlich für das mit anderen in Gemeinschaft lebende. Phylogenetisch alte Staatenbildner wie die Ameisen und Bienen haben daher den Egoismus längst abgelegt. Der in dieser Hinsicht offenbar viel jüngere Mensch ist erst im Begriffe, das zu tun, die Umbildung ist bei uns eben im Gange … Wir (stehen) am Beginn einer biologischen Umbildung von egoistischer zu altruistischer Einstellung.«

(»Mein Leben, meine Weltansicht«, Wien, Hamburg 1985)

Teilhard de Chardin: »In unserem Geist vollzieht sich allmählich das vielleicht wunderbarste Ereignis … das Bewusstsein gewinnt für immer Zutritt zu einem Rahmen neuer Dimensionen; damit entsteht ein völlig neues Universum … durch einfache Umwandlung seiner inneren Eigenschaften.«

(»Der Mensch im Kosmos«, München 1959)

Erich Jantsch: »Indem ein System in seiner Selbstorganisation die Grenzen seiner eigenen Identität überschreitet, wirkt es schöpferisch … In der Selbsttranszendenz können wir nicht nur über uns selbst als Individuen, sondern auch über die Menschheit hinausgelangen.«

(»Die Selbstorganisation des Universums«, München 1979)

David Bohm: »Die umfassendere, tiefere und innerlichere Wirklichkeit (ist) weder Bewusstsein, noch Körper, sondern vielmehr eine noch höherdimensionale Wirklichkeit, die deren gemeinsame Grundlage darstellt und ihrer Art nach über beide hinausgeht.«

(»Die implizite Ordnung«, München 1985)

Joel de Rosnay: »Man könnte sagen, dass wir im Begriff sind, neue Lebensformen zu erfinden: einen planetaren Makroorganismus … dessen Zellen wir sind. Er besitzt sein eigenes Nervensystem, von dem das Internet ein Embryo ist, und einen Stoffwechsel, der die Materialien recycelt … Unsere Erfindungen entsprechen den Mutationen der biologischen Evolution … Der Mensch schafft neue ›Arten‹: das Telefon, den Fernseher, das Auto, den Computer, die Satelliten … Diese neue Evolution entmaterialisiert sich.«

(»Die schönste Geschichte der Welt«, Bergisch Gladbach 2000)

Man erkennt die Welt nicht, indem man sie auswendig lernt

Gebildet ist, wer ein Lexikon richtig aufschlagen kann. Oder, im Zeitalter der Elektronik, mit einem Computer intelligent umzugehen versteht. Das menschliche Gehirn existiert durch das Internet auch außerhalb unseres Kopfes. Es besteht also keine Notwendigkeit mehr, ihn mit Daten zu überfüttern. Die unsanfte Berieselung der Schüler mit Information erstickt nur die Neugier, lähmt die Phantasie, stumpft den Geist ab. Da Information noch dazu unverändert abrufbar bleiben muss, wird ihre organische Verarbeitung, die psychische Um- und Einwandlung, systematisch blockiert.

Von allen Prüfungen verdient der Pisa-Test selbst die schlechtesten Noten. Statt auf die Zukunft, bereitet man die Schülerinnen und Schüler auf eine tote Vergangenheit vor. Es geht aber nicht mehr um das Erlernen alter Fertigkeiten, die der neue Sklavenstand der Maschinen ohnedies besser beherrscht. Es geht um ein anderes Verständnis der Welt und unseres Umgangs mit ihr. Ungewohnte Arbeitsfelder werden dann entstehen. Berufe, in denen Sinn und Nutzen einander nicht ausschließen. Alles ist möglich, und was möglich ist, kann wirklich werden. Setzen wir dem Kopf und Herzen keine Grenzen!

Nicht Informationen an sich, sondern ihre immer neuen, immer größeren Verknüpfungen durch Vernunft und Phantasie sollten Ziel allen Lehrens sein. Die Schule der Vergangenheit ist ein Lagerhaus mechanischen Wissens, das an jede neue Generation zwangsverteilt wird. Die Schule der Zukunft wird eine Stätte der Bewusstseinserweiterung sein, der Inspiration und Transzendenz. Spirituelles Wachstum der Schüler ist ihre erste Aufgabe, ihr letzter Sinn.