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Über dieses Buch

Kleiner Roman für Leser ab 7 Jahren

Wie jeden Sommer verbringen Liv, Carlotta und Stine mit ihren Eltern eine Ferienwoche auf dem Land. Dieses Jahr planen Mama und Papa eine Wanderung durch das Teufelsmoor. Aber die Geschwister bleiben lieber in der sicheren Gästewohnung. Zunächst haben die Mädchen auch eine lustige Zeit, doch nach und nach machen sie sich große Sorgen um ihre Eltern. Was ist, wenn sie im Schlamm versinken und die Geschwister Waisenkinder werden? Also schmieden die drei einen Überlebensplan.

Die Autorin

Nikola Huppertz, geboren 1976, studierte Musik an der Folkwang-Hochschule Essen/Duisburg und Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und experimentierte nebenbei mit dem Schreiben. Seitdem hat sie zahlreiche Kinder- und Jugendbücher, Gedichte und Kurzprosa in Literaturzeitschriften sowie Geschichten für den Rundfunk veröffentlicht.

Die Illustratorin

Maja Bohn, geboren 1968, machte eine Buchhändlerlehre und arbeitete danach mehrere Jahre im Verlagswesen in Berlin. Mitte der neunziger Jahre begann sie ein Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Seit dem Abschluss ist sie als freiberufliche Illustratorin und Autorin im Kinder- und Schulbuchbereich für das In- und Ausland tätig. Maja Bohn arbeitet und lebt mit ihrer Familie in Berlin.

Einmal, letzten Sommer, da waren wir Waisenkinder, Stine, Carlotta und ich. Einen ganzen Tag lang, und es fing damit an, dass Carlotta nicht mit auf die Moorwanderung wollte. Auch wenn sie hinterher behauptete, ich hätte nicht mitgewollt und damit hätte es begonnen.

»Du hattest Angst, Liv«, sagte sie, als wir abends in unseren Betten lagen und nicht schlafen konnten, weil die Mücken uns hungrig um die Köpfe surrten und wir selber so vollgefuttert waren und so aufgedreht und froh. »Du hattest Angst, dass man da irgendwo reintritt, wenn gerade keiner hinguckt, und dann im schwarzen Schlamm versinkt.«

»Aber das hast du doch gesagt«, gab ich zurück und zog mir die Decke aus Mückenschutzgründen bis übers Kinn. »Das mit dem Schlamm und mit dem Versinken. Und dass man dann eine Moorleiche wird.«

»Ja, aber nur aus Spaß«, sagte sie. »Ich wollte dich bloß veräppeln, haha.« Doch das stimmte nicht, das hätte sie nur gern so gehabt, weil sie dreizehn Monate älter ist als ich und nie was zugeben kann.

Dabei weiß ich noch genau, wie sie sich am Morgen im Bad mit Mama gestritten hatte, weil sie nämlich Angst hatte, und dass sie dann sagte: »Ich komm nicht mit.«

Und Stine, die wollte sowieso nie was im letzten Sommer. Die saß nur von morgens bis abends in unserem Zimmer rum und lackierte sich die Nägel in allen möglichen Farben und entfernte den Nagellack wieder und blätterte in ihren Zeitschriften und maulte, weil wir kein WLAN hatten und ihr Smartphone nur so ein kleines Datenvolumen. Und wenn Mama dann meinte, wir wären nicht nach Minte gefahren, um in der Bude zu hocken und zu daddeln, sagte sie: »Und ich bin nicht nach Minte gefahren, um tausend Kilometer durch die Gegend zu latschen.«

In Minte, da gibt es jede Menge Gegend.

Sonst gibt es nicht so viel, außer der Straße und zwei Bauernhöfen, von denen einer Tiere hat und der andere keine, und dann sind da noch ein paar gewöhnliche Häuser und natürlich das Haus von Marlies und Henner.

Und das reicht ja auch dicke.

Zu Marlies und Henner fahren wir jeden Sommer und normalerweise ist es das Beste vom ganzen Jahr. Weil es in Marlies’ und Henners Haus eine echte Gastwirtschaft gibt, mit Zapfhähnen hinter dem Tresen und betrunkenen Leuten davor, und im Zimmer nebenan gibt es einen kleinen Einkaufsladen mit einer Fertigeistruhe, aus der wir uns einmal pro Tag was nehmen dürfen, ohne zu bezahlen. Dann gibt es noch eine geräumige Diele zum Feiern, zum Beispiel wenn im Dorf Schützenfest ist oder irgendwelche uralten Leute goldene Hochzeit haben oder beerdigt worden sind. Hinter dem Haus ist ein Garten, darin stehen ein großer Kirschbaum mit dunklen, süßen Kirschen und ein Schleifstein mit Kurbel und eine Laube mit einem Kicker drin.

Also echt gut.