Die schönsten Blumengedichte
Ausgewählt von Gesine Dammel
Insel Verlag
Hans Magnus Enzensberger
Das Blumenfest
Die ersten Blumen
Joseph von Eichendorff
Schneeglöckchen
Hermann Hesse
Die ersten Blumen
Nikolaus Lenau
Primula veris
Friedrich Rückert
[Himmelschlüsselchen]
Johann Wolfgang Goethe
Frühling
Christian Morgenstern
Die Primeln blühn und grüßen
Friedrich Rückert
[Das Veilchen]
Johann Wolfgang Goethe
Das Veilchen
Barthold Hinrich Brockes
Die Trauben-Hyazinthe
Theodor Storm
Hyazinthen
Marie Luise Kaschnitz
Tulpen
Karl Krolow
Violette Tulpen
Paul Celan
Tulpen
Annette von Droste-Hülshoff
Vergißmeinnicht
Rose Ausländer
An eine Narzisse
Hermann Hesse
[Der Duft der Narzissen]
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Maiglöckchen
Eilt euch, eil dich, die Bäume blühen!
Christian Morgenstern
Die Weidenkätzchen
Max Dauthendey
Eilt euch, eil dich, die Bäume blühen!
Josef Mühlberger
Blühender Magnolienbaum
Karl Kraus
Flieder
Hermann Hesse
Der Blütenzweig
Barthold Hinrich Brockes
Kirschblüte bei der Nacht
Achim von Arnim
Der Kirschbaum
Hermann Hesse
Voll Blüten
Peter Huchel
Holunder
Vom Sommer sind sie übervoll
Christian Morgenstern
[Butterblumengelbe Wiesen]
Johann Wolfgang Goethe
Ein Gleichnis
Hermann Lenz
Löwenzahn
Peter Huchel
Löwenzahn
Rose Ausländer
Löwenzahn
Ricarda Huch
Mondenweißer Jasmin
Johann Wolfgang Goethe
[Rosen, ihr blendenden]
Selma Meerbaum-Eisinger
Der Sturm
Johann Wolfgang Goethe
[Rosenknospen]
Ludwig Tieck
Rosen
Friedrich Hölderlin
An eine Rose
Hermann Hesse
Nelke
Günter Eich
Lupinen
Ludwig Uhland
Der Mohn
Peter Huchel
Die Sonnenblume
Karl Krolow
Sonnenblumen
Reinhold Schneider
Die Sonnenblumen unterm Mond
Josef Mühlberger
Sonnenblume
Rainer Maria Rilke
Blaue Hortensie
Hermann Hesse
Enzianblüte
Rainer Maria Rilke
Rosa Hortensie
Ludwig Uhland
Die Malve
Johann Wolfgang Goethe
[Ihr verblühet, süße Rosen]
Klabund
Die letzte Kornblume
Ernst Stadler
Die Rosen im Garten
Friedo Lampe
Sommer verglüht
Die letzte Rose
Friederike Mayröcker
Paradies- und Schlangenbaum, Ende August
Rose Ausländer
Spätsommer
Günter Eich
Später Mohn
Max Dauthendey
Die bunten Astern
Christian Wagner
Distelhäupter am Weg
Ricarda Huch
Herbstzeitlose
Detlev von Liliencron
Herbst
Selma Meerbaum-Eisinger
Den gelben Astern ein Lied
Gottfried Benn
Astern
Peter Gan
Auf eine Oktoberrose
Georg von der Vring
Die letzte Rose
Eisblumen
Josef Mühlberger
Rose vor nahem Winter
Eduard Mörike
Auf eine Christblume
Hermann Lingg
Die weiße Weihnachtsrose
Rainer Maria Rilke
Feuerlilie
Karl Krolow
Eisblumen
Friederike Mayröcker
die Gewächshausblumen in Bad Aussee
Josef Mühlberger
Orchidee
Wilhelm Busch
Das traurige Röslein
Robert Walser
Blumen
Friedrich Rückert
Schneeglöckchen
Rainer Maria Rilke
Die Sprache der Blumen
Quellenverzeichnis
Hans Magnus Enzensberger
Ich schenke Blumen.
Ich streue Blumensamen aus.
Ich pflanze Blumen.
Ich sammle Blumen.
Ich pflücke Blumen.
Ich pflücke verschiedene Blumen.
Ich raufe sie aus.
Ich zerreiße Blumen.
Ich zerstöre sie.
Ich knüpfe Blumen.
Ich binde Blumen.
Ich mache Blumen.
Ich erfinde Blumen.
Ich hole sie aus der Luft.
Ich mache es so, daß aus den Blumen Sträuße werden, ungleiche, runde Sträuße, immer größer und größer.
Ich mache eine Girlande aus Blumen, ein Laken, einen Strauß, ein Bett aus Blumen, eine Hand.
Ich knüpfe sie.
Ich binde sie.
Ich versehe sie mit Gras.
Ich versehe sie mit Blättern.
Ich mache eine Schlange aus Blumen.
Ich rieche etwas.
Ich rieche sie.
Ich sorge dafür, daß einer Blumen riecht.
Ich schenke einem Blumen.
Ich schenke ihm Blumen.
Ich versehe einen mit Blumen.
Ich versehe ihn mit einer Schlange, mit einer Kette aus Blumen.
Ich versehe ihn mit einer Blumenkette.
Ich lege ihm eine Girlande um.
Ich versehe ihn mit einer Girlande aus Blumen.
Ich bekleide einen mit Blumen.
Ich kleide ihn in Blumen ein.
Ich bedecke ihn ganz mit Blumen.
Ich zerstöre einen mit Blumen.
Ich zerstöre ihn mit Blumen.
Ich verwunde einen, verwunde ihn mit Blumen.
Ich zerstöre einen mit Blumen.
Ich zerstöre ihn.
Ich verwunde ihn mit Blumen.
Mit Trinken, mit Essen, mit Blumen, mit Tabak, mit Kleidern, mit Gold.
Ich bezaubere ihn, ich errege ihn mit Blumen, mit Wörtern.
Ich bezaubere ihn.
Ich sage:
»Mit Blumen liebkose ich ihn.
Ich verführe einen.
Ich richte eine lange Rede an ihn.
Ich bewege ihn mit Wörtern.
Mit Blumen.«
Ich versehe einen mit Blumen, oder ich zerreiße Blumen, oder ich mache Blumen, oder ich hole Blumen aus der Luft und gebe sie ihm, so, daß es ein Fest gibt.
Ich höre nicht auf, einem Blumen in die Hand zu geben.
Oder ich versehe ihn mit einer Kette, einer Schlange.
Oder ich versehe ihn mit einer Girlande aus Blumen, aus Wörtern.
Oder ich bezaubere ihn.
Oder ich gebe ihm etwas.
Oder ich gebe ihm weiter nichts als immer mehr Blumen und Blumen.
Joseph von Eichendorff
's war doch wie ein leises Singen
In dem Garten heute nacht,
Wie wenn laue Lüfte gingen:
»Süße Glöcklein, nun erwacht,
Denn die warme Zeit wir bringen,
Eh's noch jemand hat gedacht.« —
's war kein Singen, 's war ein Küssen,
Rührt' die stillen Glöcklein sacht,
Daß sie alle tönen müssen
Von der künftgen bunten Pracht.
Ach, sie konntens nicht erwarten,
Aber weiß vom letzten Schnee
War noch immer Feld und Garten,
Und sie sanken um vor Weh.
So schon manche Dichter streckten
Sangesmüde sich hinab,
Und der Frühling, den sie weckten,
Rauschet über ihrem Grab.
Hermann Hesse
Neben dem Bach
Den roten Weiden nach
Haben in diesen Tagen
Gelbe Blumen viel
Ihre Goldaugen aufgeschlagen.
Und mir, der längst aus der Unschuld fiel,
Rührt sich Erinnerung im Grunde
An meines Lebens goldene Morgenstunde
Und sieht mich hell aus Blumenaugen an.
Ich wollte Blumen brechen gehn;
Nun laß ich sie alle stehn
Und gehe heim, ein alter Mann.
Nikolaus Lenau
Liebliche Blume,
Bist du so früh schon
Wiedergekommen?
Sei mir gegrüßet,
Primula veris!
Leiser denn alle
Blumen der Wiese
Hast du geschlummert,
Liebliche Blume,
Primula veris!
Dir nur vernehmbar
Lockte das erste
Sanfte Geflüster
Weckenden Frühlings,
Primula veris!
Liebliche Blume,
Primula veris!
Holde, dich nenn' ich
Blume des Glaubens.
Gläubig dem ersten
Winke des Himmels
Eilst du entgegen,
Öffnest die Brust ihm.
Frühling ist kommen,
Mögen ihn Fröste,
Trübende Nebel
Wieder verhüllen;
Blume, du glaubst es,
Daß der ersehnte
Göttliche Frühling
Endlich gekommen,
Öffnest die Brust ihm;
Aber es dringen
Lauernde Fröste
Tödlich ins Herz dir.
Mag es verwelken!
Ging doch der Blume
Gläubige Seele
Nimmer verloren!