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Astrid & Roland Zingerle

 

Die gestohlene Zauberkraft

 

Ein Vorlesebuch für Kinder ab vier Jahre

 

 

 

 

 

 

 

 

Mula hat Hunger

 

 

Mula hatte schon wieder Hunger. Kein Wunder, denn als Kuh hatte sie vier Mägen, die alle gefüllt werden wollten, und kaum war der vierte voll, so schien es ihr, war der erste schon wieder leer.

Wie so oft ging Mula zu Rex, dem Schäferhund, der immer eine besondere Spezialität für sie zubereitete.

 

Der Besitzer von Rex war ein armer Mann, der in einer kleinen Hütte mit Garten wohnte. Er war lieb zu Rex und auch dieser mochte ihn sehr. Wenn Rex von ihm eine Semmel bekam, fraß er sie nicht selbst, obwohl er Semmeln gerne hatte. Er erntete das besonders saftige Gras, das im Garten seines Besitzers wuchs, und belegte die Semmel damit, dann verkaufte er sie an Mula. Das Geld, das er damit verdiente, gab er seinem Besitzer.

 

 

„Mmh, Grassemmel ist mein Leibgericht“, sagte Mula, als sie heute zu Rex kam. Sie fraß und schmatzte dabei ganz laut, so sehr schmeckte es ihr.

Dann ging es ans Bezahlen: Mula schloss die Augen, malte mit ihrem Huf Kreise in die Luft, murmelte etwas vor sich hin – und plötzlich rasselten und klimperten Münzen aus dem Nichts auf den Boden.

Rex zählte nach und rief: „Das ist viel zu viel, so teuer ist die Semmel ja gar nicht.“

„Das macht nichts“, antwortete Mula, „ich brauche meine Zauberkraft heute eh nicht mehr und ich weiß, wie wichtig das Geld für euch ist.“

Rex bedankte sich mit einem so kräftigen Schwanzwedeln, dass sein ganzes Hinterteil dabei mitschwang.

Karotten-Eis für Fellino

 

 

Mula war eines von drei Tieren auf der Löwenzahnwiese, das zaubern konnte. Außer ihr hatten noch der Frosch Warzel und der Hase Fellino diese Gabe. Die drei waren die besten Freunde, die man sich nur vorstellen kann und sie verbrachten viel Zeit miteinander.

Während Warzel seine Lieblingsspeise Schokolade einfach herbeizauberte, hatte Fellino einen spannenderen Weg gefunden, um an sein Lieblingsessen Eis zu kommen.

 

Auf der Löwenzahnwiese lebte nämlich ein Maulwurf namens Robert, der nichts lieber tat, als Eissorten zu erfinden. Nun ist es für einen Maulwurf ganz schön schwer, Eis herzustellen, vor allem im Sommer, doch da half Fellino ihm. Wie auch Mula und Warzel konnte Fellino seine Zauberkraft an ein anderes Tier verleihen. Zwar konnte er selbst während dieser Zeit nicht zaubern, aber das machte nichts, denn wenn er sie Robert lieh, bekam er dafür die wunderlichsten Eissorten zu kosten, die ihm aber immer schmeckten.

Na gut, das Regenwurm-Eis war eher was für Maulwürfe gewesen, aber das Wasser- und das Wurzel-Eis hatten ganz wunderbar geschmeckt.

 

„Was hast du heute für ein Eis gemischt?“, fragte Fellino, als er an diesem Tag zu Robert kam.

„Heute gibt’s Karotten-Eis“, meinte der Maulwurf und gab Fellino eine Eistüte mit einer riesigen Kugel darauf.

 

 

Fellino leckte vorsichtig daran – dann wurden seine Augen kugelrund. „Himmlisch“, schrie er begeistert, „so etwas Gutes hast du noch nie gemacht!“

Robert grinste von einem Ohr zum anderen, so sehr freute er sich über das Kompliment. „Warte nur ab“, meinte er dann, „morgen mache ich Blatt-Eis, mit Blättern vom Himbeerbusch.“