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Leben mit einem Hundesenior

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Holen wir uns einen Hund in die Familie, dann denken wir zuerst einmal an gemeinsame Ausflüge und an vielfältige Ausbildungsmöglichkeiten.

Wir möchten uns mit unserem Hund in der Natur aufhalten, aktiv sein und uns sportlich betätigen. Und die ersten Jahre mit Hund gestalten sich auch meist so, wenn es nicht schon im jungen Alter Einschränkungen gibt.

Doch dann, „auf einmal“, wird der geliebte vierbeinige Partner älter und das gemeinsame Leben kann nicht mehr so wie sonst gestaltet werden. Je nach Rasse/Größe beginnt der Alterungsprozess beim Hund schon mit 8 bis 10 Jahren. Und das muss uns allen bewusst sein, wenn wir uns für ein Leben mit einem Hund entscheiden.

Daher sollten Sie sich schon mit dem Einzug eines Hundes in die Familie Gedanken darüber machen, wie das gemeinsame Leben mit Ihrem vierbeinigen Freund auch im Alter aussehen könnte. Denn das Alter geht nicht nur bei uns Menschen, sondern auch beim Hund mit körperlichen und auch geistigen Einschränkungen einher. In Bezug auf die Anschaffung eines Hundes, egal ob Welpe oder erwachsener Hund, weise ich oft darauf hin, dass kein Hund die Entscheidung trifft, bei einem Menschen zu leben. Wir entscheiden für den Hund, wir holen ihn von seiner Mutter und den Geschwistern weg oder nehmen ihn aus dem Tierheim oder anderen Lebensumständen auf. Er wird gezwungen, sich an uns und unser Leben sowie unseren Lebensrhythmus anzupassen. Und genau das funktioniert in den meisten Fällen auch wunderbar, denn Hunde sind hervorragend darin, sich auf den jeweiligen Menschen und ein neues Leben mit vollkommen unterschiedlichen Bedingungen und Gegebenheiten einzustellen.

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Ob groß oder klein, Hundesenioren haben einen ganz besonderen Charme.

Ist es dann nicht nur fair, wenn sich auch der Mensch an den alten Hund anpasst und dessen Bedürfnisse in den Vordergrund stellt?

Der Ausspruch: „Jeder will alt werden, aber keiner will es sein!“ von Martin Held passt hier hervorragend. Jeder wünscht sich, dass sein Hund möglichst lange lebt und so alt wie nur möglich wird. Doch dass das Alter auch beim Hund mit vielen Einschränkungen verbunden ist, die auch den Zweibeiner und das gemeinsame Leben betreffen, daran denkt erst einmal niemand.

DER GEMEINSAME WEG

Das Leben mit einem alten Hund wird sich verändern, bei dem einen mehr, dem anderen weniger. Dies bedeutet u. U., dass die Lebensgewohnheiten deutlich umgestellt werden müssen. Manches davon kommt überraschend, vieles ist aber auch absehbar. Wer sich einen Molosser anschafft, obwohl er in einer Wohnung im 4. Stock – natürlich ohne Aufzug – wohnt, sollte sich frühzeitig überlegen, wie der Hund im Alter in die Wohnung bzw. nach draußen gelangen soll. Denn viele alte Hunde sind körperlich so eingeschränkt, dass ihnen das Treppenlaufen schwerfällt. Und wer nicht gerade ein Bodybuilder ist, wird einen Hund von ca. 90 kg Körpergewicht nicht mal eben so die Treppe hinauf- oder hinuntertragen. Die Haltung eines so großen und schweren Hundes wird im Alter schnell zu einer ganz besonderen Aufgabe!

In den meisten Fällen muss sich der Zweibeiner von seinem Hund verabschieden, und nicht umgekehrt. Wie oft habe ich schon den Ausspruch gehört: „Ich wünschte, mein Hund könnte ewig leben …!“ Und selbstverständlich, noch weitere gemeinsame Jahre, noch länger eng mit dem vierbeinigen Partner zusammen sein können, wer wünscht sich das nicht! Doch trotz Fortschritt in der Medizin, die schon vieles vollbringt und nicht nur uns Menschen, sondern auch dem Hund zu einem längeren Leben verhelfen kann: Wunder vollbringen kann sie noch nicht! Und wie wäre es, wenn der Hund 20 oder sogar 30 Jahre leben würde? Der Abschied fällt uns ja schon nach der relativ kurzen Zeit von 10 bis 15 Jahren schwer, das musste ich selbst mit meiner Hündin Mina bereits erfahren. Ein Vierteljahrhundert in enger Verbundenheit – der Verlust wäre für viele wohl nahezu unerträglich.

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© Melanie Grande/Kosmos

Martin Rütter und seine Golden Retriever-Hündin Mina, die Martin 16 Jahre lang begleitet hat, hatten eine innige und vertraute Beziehung.

Das Zusammenleben mit einem Hundesenior rückt das eigene Leben viel mehr in unser Bewusstsein. Wir lernen, jeden gemeinsamen Tag zu genießen, denn es kann der letzte sein, und das gilt nicht nur in Bezug auf unseren vierbeinigen Freund, sondern generell für unser Leben. „Genieße den Augenblick“, so wie es unsere Hunde tun. Denn diese leben im Hier und Jetzt, kein Hund trauert der Vergangenheit hinterher oder macht sich Sorgen um die Zukunft. Das, was jetzt ist, das zählt, und sonst nichts. Wenn wir Menschen also mit Wehmut auf den alten Freund schauen, der tief schlafend neben uns auf dem Sofa liegt, hat der Hund solche Gefühle nicht. Er freut sich über jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, die er mit uns verbringen darf.

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© Melanie Grande/Kosmos

So aktiv Mina in ihrer Jugend auch war, liebte sie es im Alter einfach im Garten zu liegen und zu dösen.

ZEIT – DAS SCHÖNSTE, WAS SIE IHREM HUND GEBEN KÖNNEN!

Schenken Sie Ihrem Hundesenior jeden Augenblick, den Sie ermöglichen können. Er wird sich über jede Minute freuen. Doch er wird auch keine Angst davor haben, dass Ihre gemeinsame Zeit einmal zu Ende geht. Er wird sein Leben genießen, bis zum letzten Augenblick, solange er nur bei Ihnen sein kann.

Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen versichern: Das Zusammenleben mit einem alten Hund, der seinen Menschen viele Jahre lang begleitet hat, ist einfach wundervoll. Viele gemeinsame Erlebnisse, sowohl positive als auch negative, Erfolge, berührende Situationen, all das schweißt zusammen, sodass eine tiefe Bindung entsteht. Man kennt sich genau, kennt die Stärken und Schwächen des anderen, versteht sich blind – fast ohne Worte.

Dieses wunderbare Gefühl, eine feste Einheit mit seinem Hund zu sein, ist eine der schönsten Erfahrungen, die man machen kann. Genießen Sie daher jeden Tag mit ihrem alten Freund, achten Sie noch mehr als sonst auf seine Bedürfnisse und schenken Sie ihm einen Teil Ihres Lebens.

Vom schnellen Sprinter zum Genießer

Natürlich möchte ich nicht behaupten, dass alle alten Hunde krank, stark eingeschränkt und pflegebedürftig sind. Wie heißt es so schön? Altern ist keine Krankheit! Das Leben verändert sich lediglich, und mit den körperlichen und geistigen Möglichkeiten ändern sich oft auch die Interessen und Motivationen. War es dem Jungspund noch wichtig, jedem Vogel im Park hinterherzujagen oder beim Ertönen der Klingel zur Haustür zu rennen, zeigt sich die Weisheit des Alters darin, dass der alte Hund ganz gelassen dem Vogel hinterherschaut oder bei Besuch nur dann aufsteht, wenn es sich wirklich lohnt, wenn also z. B. ein Leckerli oder aber eine Kuscheleinheit in Aussicht stehen.

Alte Hunde genießen ihr Leben jedoch genauso wie junge Hunde, sie setzen nur andere Prioritäten. Und wenn es die körperlichen Möglichkeiten noch zulassen, darf es auch gern mal ein ausgelassener Sprint oder aber ein genussvolles Wälzen in der Wiese sein.

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Der 12 Jahre alte Bruce rennt zwar nicht mehr so schnell, doch ein Sprint macht ihm noch Spaß!

AUF DIE BEDÜFNISSE EINSTELLEN

Es gibt also keinen Grund, alte Hunde zu bedauern, denn das Leben kann für sie noch genauso schön sein wie in früheren Jahren. Lediglich wir müssen lernen, uns auf die veränderten Bedürfnisse unseres Hundes einzustellen, den Lebensrhythmus anzupassen und zu akzeptieren, dass nach und nach Veränderungen eintreten. Für den Hund sind diese „ganz normal“, sie gehören zum Altwerden dazu. Und solange wir nichts Unmögliches von ihm verlangen, wird er die Veränderungen annehmen. Denn schließlich gibt es auch im Alter so viele Dinge, die Spaß machen, die unser Hund erleben kann und die ihn zufriedenstellen. Sei es, einen besonders guten Leckerbissen abzustauben (den wir dem alten Hund ehrlicherweise doch oft und gern gönnen ...), ganz in Ruhe draußen einer Spur nachzugehen, das Fell von der Sonne wärmen zu lassen oder eben einfach nur die gemeinsame Zeit mit uns zu genießen.

Das Zusammenleben mit einem alten Hund gleicht oftmals dem eines lange verheirateten Ehepaars. Man versteht sich ohne Worte, ein kurzer Blick reicht … Mensch und Hund sind zu einer Einheit geworden, das Leben ist entspannt und ohne große Diskussionen, wie man sie mit dem pubertierenden Junghund bzw. dem gerade erwachsenen Hund häufig führen muss. Jeder kennt den anderen genau, seine Bedürfnisse, seine Vorlieben, aber natürlich auch seine Macken und Probleme. Wenn der Hund den Artgenossen vom Haus gegenüber halt nicht leiden kann, dann weicht man ihm auf dem Spaziergang einfach aus. Wozu sich noch groß aufregen?

TROTZ ALTER AKTIV

Ein alter Hund will jedoch keinesfalls auf das Abstellgleis geschoben werden. Diese Gefahr besteht leider häufig, wenn zusätzlich ein jüngerer Hund ins Haus kommt. Der alte Hund „darf“ sich nun ausruhen, entspannen, braucht keinen Stress mehr. Dabei vergisst man aber, dass auch alte Hunde gern aktiv und unterwegs sind und sich über die gemeinsame Beschäftigung mit ihrem Menschen freuen. Und dies gilt umso mehr, je aktiver Hund und Halter in den vorherigen Jahren waren. Ein Hund, der jahrelang mit seinem Menschen mehrfach die Woche beim Hundesport aktiv war und jedes zweite Wochenende auf Prüfungen gestartet ist, wird die Welt nicht mehr verstehen, wenn er nun Zuhause bleiben soll, während Herrchen oder Frauchen mit dem jüngeren Hund fortgehen.

Aber natürlich braucht ein alter Hund nicht mehr so viel Bewegung und Beschäftigung wie ein junger Hund. Die Spaziergänge werden kürzer, es wird mehr geruht und tiefer geschlafen. Ein alter Hund, der sich wohl in seinem Leben fühlt, strahlt eine Ruhe und Gelassenheit aus, wie man sie bei einem jungen Hund nicht finden wird. Gern darf es öfter mal auch etwas gemütlicher zugehen. Aber mal ehrlich … gibt es etwas Schöneres, als gemeinsam mit seinem alten Hund auf dem Sofa zu liegen und dabei dem leisen Schnarchen des Hundes zu lauschen? Und wenn es dann noch draußen stürmt und regnet, ist der Gedanke, dass eine ganz kurze Gassirunde ausreicht, auch nicht zu verachten.

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Die 8 Jahre alte Mischlingshündin Akira hat immer noch viel Spaß am Training mit dem Futterbeutel, auch wenn sie mittlerweile länger braucht, um den Beutel zu suchen und zu bringen.

Melanie und Dolores Hofmann mit Foxy

Foxy ist ein Jack Russell Terrier-Mädchen und im Alter von 8 Wochen vom Bauernhof zu uns gekommen. Sie war günstiger als ihre Geschwister, weil sie einen Überbiss hatte, ein richtiges Schnäppchen also. Die anderen Familien wollten sie aufgrund ihres Fehlers nicht, ich fand sie aber gerade deshalb besonders. Und wir blieben über alle Lebensphasen zusammen: Welpenalter, Pubertät, Erwachsensein und letztlich auch das Alter.

Dass Foxy alt wird, wurde mir das erste Mal so richtig bewusst, als ich mit ihr Agility ausprobieren wollte. Da war sie ca. 12 Jahre alt! Sie hat alle Übungen gemeistert. Doch als ich sie noch einmal durch den Reifen schicken wollte, setzte sie sich hin, legte den Kopf schief und sah mich ganz müde an. Ihr Blick sagte deutlich: „Es reicht doch jetzt wirklich, ich schaffe nicht noch eine Runde.“ Bis zu diesem Zeitpunkt war sie immer bei jedem Spaziergang mit dabei, war mit unseren anderen Hunden mitgelaufen, hat unermüdlich apportiert. Nach diesem Erlebnis habe ich aber bewusster darauf geachtet, was ich Foxy noch zumuten konnte, denn ich wollte sie auf keinen Fall überfordern.

Ein Jahr später kam dann der große Schock, mit fast 13 Jahren erkrankte sie am Vestibularsyndrom. Ich machte mir große Sorgen um mein Ömchen, aber ich muss sagen, dass sie sich wirklich sehr gut davon erholt hat. Lediglich die leicht schiefe Kopfhaltung blieb. Vielleicht war sie noch etwas tüddeliger durch den Anfall geworden, vielleicht lag es aber auch einfach an ihrem Alter, ich hatte damals plötzlich große Angst um sie. Nach dem Anfall habe ich viel geweint, da ich mich bewusst damit auseinandersetzen musste, dass wir irgendwann nicht mehr jeden Tag zusammen sein können. Doch letztlich konnte ich dann diese letzten drei Jahre mit ihr umso mehr genießen, da mir klar wurde, dass jeder Augenblick zählt und der Abschied einfach irgendwann zum Leben dazugehört.

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Seit der Erkrankung am Vestibularsyndrom hat Foxy eine leicht schiefe Kopfhaltung.

Und ... es gibt so viele schöne Momente, die einem ein Lachen ins Gesicht zaubern, auch heute noch in der Erinnerung. Der Rückruf ging mit etwa 15 Jahren leider gar nicht mehr, da sie nichts mehr hörte. Okay, nicht schlimm – kommt sie halt an die Leine. Aber man meint nicht, was die kleine Omma auf einmal laufen konnte, wenn es ihr plötzlich in den Sinn kam. So schnell kam ich gar nicht hinterher! Danach befand sie sich dann für mindestens einen Tag im Tiefschlaf, denn mit 15 Jahren Vollgas geben geht, strengt aber doch ungemein an. Beim Apportieren konnte es passieren, dass Foxy zum Futterbeutel rannte, ihn einmal ins Maul nahm, losließ und wieder zu mir zurückkam. Ohne Beutel. Wenn wir dann zusammen zum Futterbeutel liefen, freute sie sich total, dass der Beutel dort lag. Vermutlich hatte sie auf dem Rückweg schon längst vergessen, was sie eigentlich dort wollte. Auch die Sehkraft ließ irgendwann nach. Das bedeutete, dass sie immer wieder einmal nach dem Leckerchen schnappte, egal ob da jetzt der Keks oder ein Finger dazwischen war. Es konnte dann auch passieren, dass sie den Finger für einige Sekunden im Maul behielt und darauf herumkaute, bis sie merkte, dass es sich doch nicht um Futter handelte.

Im Alter entschleunigte sich nicht nur Foxy, sie entschleunigte mich gleich mit. Spaziergänge dauerten viel länger, obwohl sie von der Strecke tendenziell immer kürzer wurden. Manchmal blieb sie einfach stehen und schaute in der Gegend herum. Sie konnte auch ewig lang an einem spannend riechenden Grashalm schnuppern. Stellen, die ihr wichtig waren, wurden bis ins hohe Alter immer noch markiert. Oft sammelte sie sich danach kurz, brachte sich in Position und dann wurde heftig gescharrt. Dass sie dabei oftmals umkippte, da die Muskeln immer mehr abbauten, je älter sie wurde, spielte für sie keine Rolle. Andererseits vergaß sie manchmal sogar, dass sie sich lösen musste. Sie stand vor der Tür und wollte unbedingt hinaus. Draußen angekommen, schaute sie hier, schaute da, und rannte dann voller Freude zurück ins Haus. Dort angekommen, stellte sie fest, dass sie dringend musste, und ließ es laufen.

Im letzten Jahr wurde sie oft wach, stand auf und blieb mitten im Raum stehen. Ich musste dann zu ihr hingehen und sie von vorne oder von der Seite anstupsen. Sie schaute mich daraufhin ganz erstaunt an und taperte wieder zu ihrer Decke. Das konnte auch mitten in der Nacht passieren, sodass ich selbst oft nicht viel Schlaf bekam. Aber ganz ehrlich ... ich habe das gern für meine alte Foxy getan. Es waren die Stunden, die uns eng verbanden.

Mit 16 Jahren und 2,5 Monaten wollte ihr Herz nicht mehr mitmachen. Deshalb haben wir uns schweren Menschenherzens entschlossen, Foxy gehen zu lassen. Wir waren alle zusammen und Foxy durfte in meinen Armen in eine andere Welt losdüsen. So zerbrochen, wie wir uns fühlten, fühlte es sich trotzdem aus tiefstem Herzen richtig an.

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Jack Russell Terrier-Hündin Foxy ist mit ihren knapp 16 Jahren ein geliebtes Mitglied der ganzen Familie und wird auch von der großen Mischlingshündin Tink voll akzeptiert.

WIE ALT KÖNNEN HUNDE WERDEN?

Generell gilt, dass kleinere Hunde in der Regel ein höheres Alter erreichen als die großen Vertreter ihrer Art. Häufig sind sie zudem länger fit und haben weniger körperliche Einschränkungen, insbesondere in Bezug auf die Riesenrassen. Halter von Deutschen Doggen freuen sich bereits über das Erreichen des 8. Lebensjahres ihrer Vierbeiner. Schaut man sich dagegen einen Terrier in diesem Alter an, scheint er gerade erst in der Blüte seines Lebens zu stehen und kann locker das Doppelte an Jahren und oftmals sogar noch etwas darüber erreichen. Unter Jägern gibt es den Spruch:

5 Jahre ein junger Hund,

5 Jahre ein guter Hund,

5 Jahre ein alter Hund!

Und so rechnet man in der Tat bei den mittelgroßen Rassen wie dem Border Collie oder Dalmatiner, aber auch bei vielen Jagdhunden wie den Retrievern oder Vorstehhunden, mit einem durchschnittlichen Lebensalter von 13 bis 15 Jahren.

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Mit seinen 18 Jahren gilt der Mischlingsrüde Charly als Methusalem unter den Hunden. Martin Rütter stützt ihn, da er manchmal schon sehr wackelig auf den Beinen ist.

DIE ÄLTESTEN HUNDE

Der Australian Cattle Dog Bluey, der in Australien gute 20 Jahre im aktiven Arbeitseinsatz an den Schafen war, wurde laut seines Besitzers, Les Hall, 29 Jahre und 5 Monate alt, erreichte also ein geradezu unglaubliches Alter, bevor er 1939 verstarb. Australian Kelpie-Hündin Maggie starb 2016 im Alter von 30 Jahren. Für einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde reichte es aber nicht, da Maggies Besitzer die Geburtsurkunde verloren hatte und somit keinen gesicherten Nachweis erbringen konnte. Auch wenn ein solches Alter natürlich die absolute Ausnahme darstellt, findet man im Internet immer wieder Berichte über Hunde, die weit über 20 Jahre alt sind. Dabei handelt es sich sowohl um Mischlinge als auch um Rassehunde, und erstaunlicherweise sind es nicht nur die sehr kleinen Rassen, die ein solches Alter erreichen. Bei den größeren Rassen liest man häufiger von Hütehunden wie dem Kelpie, Cattle Dog oder Border Collie, also Rassen, die speziell für anspruchsvolle Belastung bei harter Arbeit gezüchtet wurden. So ist es doch nicht wirklich erstaunlich, dass diese Hunde länger leben als andere Vertreter ihrer Art. Ungewöhnlich ist aber z. B. das Alter der Berner Sennenhündin Penny, die laut Angabe ihrer Familie 25 Jahre alt wurde. Bei so großen Rassen findet man ein solches Alter nun wirklich selten, wobei hinzukommt, dass es gerade bei Berner Sennenhunden große Probleme in Bezug auf das Erreichen eines hohen Alters gibt. Das Durchschnittsalter dieser Rasse wird mit etwa 8 Jahren angegeben, also deutlich unter dem Durchschnitt anderer Rassen ähnlicher Größe. Grund hierfür sind die vielen Krankheiten, unter denen Hunde dieser Rasse häufig leiden, wie z. B. Nieren- und Krebserkrankungen.

Offensichtlich bedingt beim Hund in der Regel jedoch die Größe das zu erwartende Alter: Je kleiner der Hund ist, desto älter kann er werden.

LEBENSERWARTUNG ANDERER TIERARTEN

Schaut man sich in der Natur andere Tierarten an, zeigt sich erstaunlicherweise genau das Gegenteil. Elefanten werden etwa 60 bis 70 Jahre alt, Nilpferde 40 bis 50 Jahre, Bären und Kühe 20 bis 30 Jahre, Maulwürfe dagegen nur 4 bis 6 Jahre und Hamster bzw. Mäuse sogar nur 2 bis 3 Jahre. Lange Zeit ging man davon aus, dass Ursache hierfür der langsamere Stoffwechsel sei. Doch Papageien und Sittiche, die nun wirklich nicht zu den großen Tieren gehören und mit einem Herzschlag von etwa 300-mal pro Minute mit Sicherheit keinen langsamen Stoffwechsel haben, passen leider so gar nicht in diese These. Was wirklich für ein langes Leben verantwortlich ist, konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden. Diskutiert wird u. a. die Lebensweise (wenig Feinde, gesicherte Lebensbedingungen), die Ernährung (Nahrung, die sich nicht schnell bewegt/vegan/vegetarisch), die Aktivität (je weniger aktiv, desto älter), aber auch genetische Faktoren sollen eine Rolle spielen.

EINFLÜSSE AUF DAS ALTER BEIM HUND

Dass Umwelteinflüsse, und hier insbesondere die Ernährung und Haltung des Hundes in Bezug auf das Alter eine Rolle spielen, ist längst bekannt.
Defizite können die Lebenserwartung deutlich verkürzen, aber auch ein „Zuviel“ kann sich negativ auswirken. Genauso wie beim Mensch führt Übergewicht beim Hund zu Herzkrankheiten, Diabetes und Gelenkserkrankungen. Bei Wildtieren gibt es diese Problematik kaum, denn ein Überangebot an Nahrung besteht nur selten dauerhaft. Beim Haushund ist das jedoch anders. Gerade in der heutigen Zeit, in der das schlechte Gewissen über fehlende Zeit für Auslastung und Beschäftigung mit einem Extra-Leckerli beruhigt wird, ist Adipositas ein immer häufiger auftretendes Problem.

Natürlich kann auch das Gegenteil, also zu große Beanspruchung zu einer Verkürzung der Lebenszeit führen. Auch wenn heutzutage die wenigsten Hunde noch im „harten Arbeitseinsatz“ stehen und diesbezüglich gefährdet sind, muss man diesen Gedanken für Hunde im Sporteinsatz, die eine bestimmte Leistung erbringen müssen und dafür regelmäßig trainiert werden, doch berücksichtigen. Aber auch andere Umwelteinflüsse, auf die wir keinen bis wenig Einfluss haben, wie z. B. die CO2-Belastung der Luft, die Belastung von Nahrungsmitteln etc., die genauso wie bei uns Menschen zu einer verkürzten Lebensdauer führen können, beeinflussen das Alter des Hundes.

Ein entscheidender Faktor spielt auch die tägliche Bewegung. Dass Bewegung zu einer gesunden Lebensweise gehört, ist bei Menschen bereits bekannt, denn dadurch wird der Stoffwechsel aktiviert. Vergleicht man nun das Leben eines kleinen mit dem eines großen Hundes, wird schnell klar, dass kleine Hunde sich deutlich mehr bewegen. Sie brauchen nicht nur mehr Schritte, um sich im Alltag in Haus und Garten zu bewegen, auch der tägliche Spaziergang bedeutet für den kleinen Hund proportional zu seiner Körperlänge gesehen deutlich mehr Weg als für den großen Hund.

Fazit: Große Hunde altern offenbar schneller als kleine Hunde. Wie alt ein Hund nun aber wirklich wird, lässt sich niemals vorhersagen. Und das ist auch gut so.

LEBENSERWARTUNG HÜNDIN/RÜDE

Bei Hunden ist es übrigens ähnlich wie bei uns Menschen in Bezug auf Frauen und Männer: Hündinnen leben durchschnittlich länger als Rüden, was in einer Studie an Leonbergern nachgewiesen werden konnte (Zaminer, 2011). Die Leonberger-Hündinnen lebten im Durchschnitt etwa ein halbes Jahr länger als die Rüden dieser Rasse. Ursächlich hierfür ist offensichtlich der Einfluss von Östrogen, wie in einer Studie an Rottweilern nachgewiesen werden konnte (Waters et al., 2011). Hierbei zeigte sich, dass die Hündinnen, die erst später, also mit etwa 6 bis 8 Jahren kastriert wurden, eine deutlich höhere Lebenserwartung hatten als Hündinnen, die bereits früh kastriert wurden.

VERGLEICH ALTER: MENSCH – HUND

Früher sagte man, dass ein Hundejahr sieben Menschenjahren entspricht. Doch ist eine solch allgemeine Zuordnung überhaupt zutreffend?

Wenn man die unterschiedliche Entwicklung der Hunde je nach Größe/Rasse betrachtet, kann eine solche Richtlinie wirklich nur ein grobes Maß vorgeben. Da in Bezug auf das Lebensalter Unterschiede von bis zu 10 Jahren bestehen (großer Hund 8 bis 10 Jahre, kleiner Hund 16 bis 18 Jahre), kann eine solche Formel nicht für alle Hunde zutreffen. Hinzu kommt, dass die Entwicklung des Hundes nicht linear verläuft. Die Entwicklung von der Geburt des Welpen über den Junghund, den pubertierenden Hund bis zum jung-erwachsenen Hund vollzieht sich in der Regel innerhalb des ersten Lebensjahres. Danach folgen viele Jahre des erwachsenen Hundes, bevor dann die ersten Alterserscheinungen einsetzen.

VERGLEICH ALTER MENSCH – HUND

MENSCHENJAHRE

ALTER HUND

Große Rassen über 45 kg

Mittlere Rassen 15 – 45 kg

Kleine Rassen bis 15 kg

3 Wochen

6 – 9 Mon.

6 – 9 Mon.

6 – 9 Mon.

6 Wochen

2 – 3 Jahre

2 – 3 Jahre

2 – 3 Jahre

8 Wochen

5 Jahre

6 Jahre

6 Jahre

6 Mon.

7

10

12

12 Mon.

10

12

15

18 Mon.

13

15

18

2

18

20

22

3

25

26

27

4

35

32

32

5

45

38

37

6

55

45

42

7

65

51

47

8

75

58

52

9

85

64

57

10

95

70

62

11

76

67

12

82

72

13

88

77

14

94

82

15

100

87

16

92

17

97

18

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ALTERSANZEICHEN BEIM HUND

SINNESLEISTUNGEN

Mit zunehmendem Alter lassen das Gehör des Hundes sowie die Augenleistung nach. Dass der Hund nicht mehr so gut hört, fällt vielen Menschen oftmals erst dann auf, wenn er fast vollständig taub ist. Dies liegt daran, dass Hunde aufmerksame Beobachter sind und ihren Menschen sehr gut lesen können, auch ohne Hörzeichen oder Worte zu verstehen. Die Verschlechterung des Sehens dagegen beeinträchtigt den Hund viel mehr, sodass viele Hunde eine deutliche Einschränkung der Aktivität oder sogar generelle Verunsicherung zeigen. Zudem ist gerade der altersbedingte graue Star auch für den Menschen gut sichtbar, die Augen des Hundes werden im Bereich der Linse grau. Die Riechleistung des Hundes kann im Alter ebenfalls abnehmen, jedoch fällt uns Menschen dies meist kaum auf, da der Hund selbst mit abnehmender Riechleistung immer noch so viel besser riechen kann als wir!

VERÄNDERUNG DES FELLS

Das Fell des Hundes verändert sich ebenfalls, er bekommt weiße Haare: Zunächst am Kopf, beginnend an der Schnauze, meist unter dem Kinn, dann auch an den Augenbrauen bzw. im ganzen Gesicht. Bei einigen Hunden findet man die weißen Haare aber auch am ganzen Körper, hier insbesondere an den Pfoten und am Unterbauch. Anfangs tauchen nur einige vereinzelte weiße Haare auf, später sind ganze Bereiche komplett weiß. Dabei gilt: Je dunkler die Fellfarbe des Hundes ist, desto eher fallen die weißen Haare auf. Bei Hunden mit weißer Fellfarbe ist dieses Altersanzeichen daher natürlich nicht zu beobachten. Dagegen kann man bei Hunden mit weißem Fell und andersfarbigen Flecken, wie z. B. beim Dalmatiner oder English Pointer, feststellen, dass die Flecken auf einmal nicht mehr so klar abgegrenzt wirken.

Doch wodurch entsteht die weiße Fellfarbe? Hierbei spielt der Farbstoff Melanin eine Rolle. „Die Haare sind entweder weiß oder farblos, verursacht durch einen im Alter erschwerten Abbau von Wasserstoffperoxid, das dann wiederum eine verminderte Produktion des Farbstoffes Melanin nach sich zieht. Das fehlende Melanin führt zu einer Hypopigmentierung und wird durch Einlagerung von Luftbläschen in den Haarschaft ersetzt. Solche Haare erscheinen für das menschliche Auge weiß.“ (Strodtbeck, 2015, S. 141)

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Die 9 Jahre alte Schäferhündin Jule hat nur viele einzelne weiße Haare an der Brust und am Bauch.

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Das Fell der 12 Jahre alten Mischlingshündin Trixi ist an der Schnauze bereits komplett weiß.

Entwicklung von Mensch und Hund

Gerade die ersten Meilensteine der Lebenszeit des Hundes lassen sich gut mit denen des Menschen vergleichen.

Welpe = Kleinkind

In den ersten 3 Wochen ist der Welpe auf die Versorgung durch die Mutterhündin angewiesen, dieser Zeitraum entspricht daher dem des menschlichen Babys. In den darauffolgenden 4 bis 5 Wochen kann man den jungen Welpen zunächst mit einem Kleinkind im Krabbelalter, später dann mit einem Kleinkind im Kindergartenalter vergleichen.

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Junghund = Teenager

Beim Wechsel des Welpen in die neue Familie mit 8 bis 10 Wochen entspricht dieser vom Entwicklungsstand her fast dem eines Schulkinds.

Ganz deutlich ist dann der Eintritt der Pubertät, beim Hund je nach Größe/Rasse mit 6 bis 9 / 12 / 18 Monaten, sodass der Hund nun dem 12- bis 14-jährigen Teenager entspricht. Schon hier wird also mehr als deutlich, dass die Theorie „1 Hundejahr = 7 Menschenjahre“ insbesondere im ersten Lebensjahr des Hundes kaum zutreffen kann.

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Jung-Erwachsener

Mit 1,5 bzw. 2 Jahren entspricht der jung-erwachsene Hund dann dem 18-jährigen Menschen: scheinbar erwachsen, aber noch nicht wirklich gereift! Dies tritt dann erst im Alter von 2,5 bis 3 Jahren ein, der Hund ist zu einer erwachsenen Persönlichkeit herangereift und entspricht damit etwa dem menschlichen Alter von 25 Jahren.

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Erwachsener

Mit 4 bis 5 Jahren ist der Hund dann in der Mitte seines Lebens, also entsprechend des menschlichen Alters von 35 bis 45 Jahren. Wie lange diese Zeit andauert, hängt wieder von der Rasse/Größe des Hundes ab.

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Senior

Bei großen Hunden setzt mit 6 Jahren der Alterungsprozess ein, mit 7 bis 8 Jahren gilt ein solcher Hund bereits als sehr alt, vergleichbar mit dem menschlichen Alter von etwa 70 bis 80 Jahren. Bei mittelgroßen Hunden beginnt das Altern mit etwa 9 bis 10 Jahren, bevor sie dann mit 12 bis 14 Jahren richtig alt sind. Bei kleinen Hunden startet dieser Prozess erst mit 12 bis 14 Jahren und sie kommen erst mit 16 bis 18 Jahren ins hohe Alter.

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WANN ERGRAUT EIN HUND?

Wann und wie stark ein Hund „ergraut“, ist individuell. So gibt es Hunde, bei denen bereits in jungen Jahren ein Bärtchen zu sehen ist, andere dagegen haben selbst mit 12 Jahren noch kaum ein weißes Haar. Hierbei unterscheiden sich unsere Hunde also nicht von uns Menschen, die Veranlagung ist genetisch individuell bedingt. Nicht damit gemeint sind Veränderungen der Fellfarbe durch Krankheiten, die es natürlich auch beim Hund gibt, wie z. B. bei Vitiligo, der Weißfleckenkrankheit, bei der sich weiße Hautflecken, beim Hund weißes Fell, an verschiedenen Körperstellen bilden. Der Ausbruch dieser Krankheit kann in jedem Lebensalter erfolgen. Der bekannteste an Vitiligo erkrankte Hund ist wohl der schwarze Labrador Retriever-Rüde Rowdy, bei dem das Fell um beide Augen in einem breiten Ring komplett weiß ist.

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Vizsla-Hündin Arany hat mit 7 Jahren bereits einige weiße Haare im Gesicht.

HAUT UND KRALLEN