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Anna Staub

XXL-Leseprobe: Die bestellte Braut

Green Hollow I





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

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Green Hollow I - Die bestellte Braut

von

Anna Staub

 

 

 

Alle Namen, Personen und Handlungen in diesem Roman sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Prolog

 

Boston, 15. Mai 1870

 

Verehrte Damen,

haben Sie sich nicht auch schon das ein oder andere Mal über die hohen Ansprüche geärgert, die die Bostoner Gentlemen an eine Ehefrau stellen?

Sie können kochen, nähen und backen, doch für die hiesige Gesellschaft ist das einfach nicht genug?

Glauben Sie mir, es gibt noch einen Ort, an dem solche Tugenden geschätzt werden und die Männer Sie voller Dankbarkeit empfangen!

Wenn Sie noch unverheiratet sind, dies aber ändern wollen und auch vor einem kleinen Abenteuer nicht zurückschrecken, dann kann Ihnen Smiths Eheanbahnungsinstitut für Heiraten in den Westlichen Territorien bei der Erfüllung Ihres Lebenstraumes behilflich sein!

Interessierte Damen von unzweifelhaftem Ruf melden sich wochentags zwischen 12 und 17 Uhr in der Fisher Row 5 am Hafen.

 

Ihr

Josiah Smith


Ich sehe jeden Tag so viele hübsche, junge Damen, bei denen es mir ein Rätsel ist, warum sie noch nicht verheiratet sind.

 

1,85 Meter, dunkle Augen und schwarze Haare. Vielleicht würde er sogar einen Bart haben! Nun ja, warum auch nicht? Obwohl… Wie wahrscheinlich war es, dass ihr zukünftiger Ehemann genau ihren Wunschvorstellungen entsprechen würde? Am Ende war er blond, nur so groß wie sie und hatte einen Bierbauch! Doch mitten in ihren Überlegungen konnte die junge Frau die Stimme ihrer verstorbenen Mutter hören: Kind, im schönsten Apfel kann ein dicker Wurm sitzen. Du kannst die Menschen nicht nach ihrem Äußeren…

Ein harter Knuff in den Rücken brachte Steffiney O'Brian augenblicklich in das Hier und Jetzt zurück und ließ sie unvermutet einen Schritt nach vorne stolpern. Doch bevor sie sich noch richtig umgedreht hatte, hörte sie schon eine tiefe Stimme, die sich entschuldigte.

„Verzeihen Sie, Miss, es war nicht meine Absicht. Das Gedränge hier ist wirklich unerträglich dicht. Ich hoffe, ich habe Ihnen nicht wehgetan?“, fragte der Gentleman, der sich ganz offensichtlich für den Zusammenstoß verantwortlich fühlte und gleichzeitig den Hut zog.

Der Herr hatte einen gepflegten dunklen Schnurrbart und trug einen eleganten Straßenanzug, der so gar nicht in das von Arbeitern bevölkerte Hafenviertel von Boston passen wollte.

„Nein, es ist nichts passiert. Danke“, antwortete die junge Frau etwas aus dem Konzept gebracht.

„Sie sollten vorsichtig sein, Miss. Es steht mir nicht zu, mich einzumischen, aber eine Dame wie Sie sollte sich nicht in so einer Gegend aufhalten. Zumindest nicht ohne Begleitung. Darf ich Sie vielleicht irgendwohin bringen?“ Die ehrliche Besorgnis in der Stimme des Gentlemans war deutlich herauszuhören und Miss O'Brian neigte dankend den Kopf.

„Sie haben Recht, aber ich habe hier einen Termin. Ich werde mir danach sofort eine Droschke nehmen, um in die Stadt zu fahren. Haben Sie vielen Dank für Ihre Sorge“, lächelte die junge Frau, und nachdem der fremde Herr noch einmal den Hut gezogen hatte, ging er davon. Allerdings nicht ohne einen Blick zurückzuwerfen, ob Steffiney ihren Weg in das etwas heruntergekommene Gebäude in der Fisher Row am Hafen sicher fand.

Was sie auch tat und darüber hinaus sogar mit einem Lächeln im Gesicht. Wenn ihr zukünftiger Ehemann auch nur halb so aufmerksam sein würde wie der fremde Gentleman auf der Straße eben, dann war das hier sicher nicht die schlechteste Idee, die sie in ihrem Leben gehabt hatte.

Im Inneren des Gebäudes, das eigentlich wie ein kleines Lagerhaus aussah, führte eine schmale, hölzerne Stiege einige Stufen hinauf und überall roch es nach Fisch. Steffiney war mehr als erleichtert, als sie oben angekommen die kleine Tür aufstieß, die in den Warteraum von Mr. Smiths Büro führte.

Sie hatte sich schon bei ihrem ersten Besuch hier gefragt, warum ein Heiratsvermittler sich ausgerechnet in Bostons schäbigem Hafenviertel niederließ und nicht direkt in der Stadt, wo sicher noch mehr heiratswillige Frauen den Weg in sein Büro gefunden hätten. Aber wahrscheinlich war die Vermittlung von Frauen in den Westen, wie jedes Geschäft, das seinen Mitmenschen helfen sollte, nicht besonders einträglich.

Nun, immerhin roch es hier oben nicht mehr so penetrant nach Fisch wie eben im Treppenaufgang. Steffiney nahm mit einem zuversichtlichen Lächeln auf einem der wackligen Holzstühle Platz und wartete.

Mr. Smith war ein vielbeschäftigter Mann und er rief die einzelnen Damen auf, wenn er soweit war. Diesmal war sie allerdings, im Gegensatz zu ihrem letzten Besuch hier, allein in dem kleinen Warteraum.

Sie war überrascht gewesen, dass Mr. Smith sich innerhalb einer Woche schon wieder bei ihr gemeldet hatte und sie noch einmal in sein Büro bat. Er hätte bereits einen passenden Kandidaten gefunden, und wenn sie interessiert wäre, dann sollte sie ihn doch so schnell wie möglich aufsuchen, hatte in dem kurzen Telegramm gestanden.

Gestern Abend war es im Haus von Mrs. Ruly abgegeben worden, wo sie ein kleines Zimmer unter dem Dach bewohnte und verköstigt wurde.

Und gleich heute, nachdem sie ihre Schicht im Bostoner Stadtkrankenhaus beendet hatte, war sie hierher geeilt. Es war nicht so, dass sie die Arbeit als Krankenschwester nicht mochte, aber mit 27 Jahren noch unverheiratet zu sein, war im Lebenslauf einer Frau nun mal ein Makel. Und Steffiney O'Brian war fest entschlossen, diesen Makel zu tilgen. Dabei hatte ihr das Schicksal geradezu in die Hände gespielt. In Form einer halb zerrissenen Anzeige, die sie auf dem Flur ihres Krankenhauses gefunden hatte.

Einfach nur dazusitzen und ihr Schicksal zu beklagen, das lag ihr nicht. Sie würde diese Sache selbst in die Hand nehmen!

Doch bevor sie dazu kam, diese Gedanken weiter zu verfolgen, öffnete sich die Tür von Mr. Smiths Büro und der kleine, dürre Mann mit den schütteren, graubraunen Haaren steckte seinen Kopf zur Tür hinaus. Er schien überaus erfreut zu sein sie zu sehen.

„Ah, Miss O'Brian, nicht wahr? Sie müssen entschuldigen, dass ich mir nicht alle Gesichter merken kann. Ich sehe jeden Tag so viele hübsche, junge Damen, bei denen es mir ein Rätsel ist, warum sie noch nicht verheiratet sind“, lispelte der Heiratsvermittler, während er der jungen Frau entgegeneilte und ihr herzlich die Hand schüttelte.

Mit etwas Mühe verbiss sich Miss O'Brian eine passende Antwort und lächelte etwas mühsam. Sie wunderte es gar nicht, dass es so viele unverheiratete Damen gab, aber einem Mann zu erklären, dass man als alleinstehende Frau etwas eingeschränkt war, erschien ihr irgendwie sinnlos. Von den frühen Morgenstunden an musste sie arbeiten, um ihr kleines Zimmer in Mrs. Rulys Pension für alleinstehende Damen bezahlen zu können. Ihr blieb also gar nicht die Zeit sich hübsch zu machen und den lieben langen Tag in Kaffeesaloons zu sitzen, um sich von interessierten Herren ansprechen zu lassen. Mal ganz abgesehen davon, dass man als Frau schnell ins Gerede kam, wenn man sich zu viel allein oder in männlicher Gesellschaft bewegte. Und das war dann der sichere Todesstoß für den guten Ruf. Der ja wiederum unerlässlich war, um einen Mann von tadellosem Charakter für sich einzunehmen. Mal ganz abgesehen davon, dass ihr schmales Gehalt als Krankenschwester keine großen Sprünge oder außergewöhnlichen Ausgaben zuließ.

„Kommen Sie nur herein, ich habe wirklich außergewöhnlich gute Nachrichten für Sie.“ Und mit diesen wohlmeinenden Worten riss er Steffiney aus ihren Gedanken, um sie in sein kleines, kahles Büro zu führen. Das dunkle Zimmer, in dem sich nicht mehr als ein Schreibtisch, zwei Stühle, einer für den Heiratsvermittler und einer für die Kundinnen, und ein Schränkchen für seine Unterlagen befand, war zwar nicht sehr gemütlich oder anheimelnd, aber deswegen war sie ja auch nicht hier.

„Nehmen Sie Platz, nehmen Sie Platz“, sagte der Heiratsvermittler zu seinem Gast und Miss O'Brian kam der Aufforderung nach. Der alte Holzstuhl gab ein bedenkliches Quietschen von sich, als die kleine, zierliche Frau sich darauf niederließ und unwillkürlich schoss Steffiney der Gedanke durch den Kopf, was wohl passiert wäre, wenn jemand mit den Ausmaßen von Mrs. Ruly auf dem fragilen Sitzmöbel Platz genommen hätte.

„Nun, Mr. Smith?“, fragte sie gleich darauf gespannt, denn die Neugier auf ihren zukünftigen Mann war doch größer als ihre hypothetischen Betrachtungen in Bezug auf ihre Wirtin.

„Ja, Miss O'Brian, wie ich schrieb. Ich habe gute Neuigkeiten. Gerade gestern Morgen ist mir die Anzeige eines Witwers aus dem Colorado-Territorium auf den Schreibtisch geflattert und da musste ich sofort an Sie denken. Der Herr scheint wie für Sie gemacht zu sein. Charles Augustus Sullivan, Besitzer eines kleinen Stücks Land in der Nähe von Green Hollow, Colorado“, eröffnete er mit einem breiten Lächeln, während er in den Papieren auf seinem Schreibtisch zu kramen begann.

Und Steffiney rutschte, hochrot im Gesicht, auf ihrem Stuhl ein Stück nach vorne. Ihre Aufregung war ihr deutlich anzusehen, und ohne dass sie es merkte, öffnete und schloss sie immer wieder den kleinen Beutel, in dem sie ihr Geld, ein Taschentuch und ein paar Pfefferminzbonbons aufbewahrte.

„Colorado?“, fragte sie etwas zittrig. Wenn sie ehrlich war, hatte sie keine genaue Vorstellung, wo dieser Landstrich liegen sollte. Sie war nicht ungebildet, aber der Westen war noch so unerschlossen und selbst in den Büchern der Schulkinder waren jenseits der Gründungsstaaten noch viele weiße Flecken. Und es war ja schon eine ganze Weile her, dass sie die Schulbank gedrückt hatte.

„Ja, warten Sie“, murmelte Mr. Smith, während er jetzt ein einzelnes Blatt Papier unter einem Stapel Briefe hervorzog. „Ah ja, da haben wir es ja. Wie ich sagte, Charles Augustus Sullivan, wohnhaft auf der Black Creek Ranch nahe Green Hollow im Colorado-Territorium. Wenn man dem Leumunds-Zeugnis seiner Nachbarn glauben will ein sehr angenehmer Mann, der sich für die Gemeinde engagiert und über den jeder nur Gutes zu sagen hat. Er hatte das Unglück seine Frau schon recht früh zu verlieren und ihm sind nur seine vier Söhne geblieben“, fuhr er dann mit einem ernsten Blick fort.

Miss O'Brians Hände krampften sich augenblicklich in die Falten ihrer Schwesternschürze, die sie ganz vergessen hatte abzulegen.

Vier Kinder! Das würde sicherlich eine Herausforderung werden. Vor allem wenn man so gar keine Erfahrung als Mutter vorweisen konnte.

„Ist das ein Problem?“, fragte der Heiratsvermittler plötzlich misstrauisch, da er ihr Zögern wohl bemerkt hatte.

„Nein, nein gar nicht“, beeilte sie sich zu antworten. Etwas nervös fuhr sie sich durch die kastanienbraunen Haare, nur um zu ihrem Ärger zu bemerken, dass sie in ihrer Aufregung und der Eile zu Mr. Smith zu kommen, sogar vergessen hatte, das weiße Häubchen abzunehmen.

„Es ist natürlich… Nein, es ist kein Problem“, sagte sie schließlich fest. Sie war zwar bei Weitem noch nicht zu alt, um eigene Kinder zu bekommen, aber eben nach den Maßstäben der Gesellschaft auch nicht mehr die Jüngste. Und von daher konnte es nur von Vorteil sein, wenn Mr. Sullivan bereits Nachwuchs hatte. Nur für alle Fälle.

„Sehr gut. Dann kann ich davon ausgehen, dass Sie das Angebot des Herrn annehmen?“, fragte er dann etwas hastig und Miss O'Brian nickte verwirrt.

Irgendwie hatte sie gedacht, dass noch mehr Formalitäten zu klären wären, aber jetzt ging alles ganz schnell. Fast zu schnell.

Mr. Smith überreichte ihr ein Schreiben, das bestätigte, dass sie die für Mr. Sullivan von 'Smiths Eheanbahnungsinstitut für Heiraten in den Westlichen Territorien' ausgewählte Braut war. Es folgte ein unordentlich beschriebenes Blatt, auf dem stand, welchen Zug sie nach Westen nehmen musste, wo sie die Richtung wechseln sollte und dass sie in einem Ort namens Cheyenne in eine Postkutsche in den Süden umsteigen musste. Mr. Smith versäumte es nicht zu erwähnen, welches Glück sie hätte, nachdem er ihre unsichere Miene bei der Betrachtung dieses Reiseplans bemerkte. Dass sie so weit mit der bequemen Eisenbahn kam, war keine Selbstverständlichkeit. Noch vor einem Jahr hätte sie von Omaha im Nebraska-Territorium mit der Postkutsche reisen müssen. Was weitaus unbequemer gewesen wäre und sie sehr viel länger auf der Straße gehalten hätte. So wäre es von Cheyenne aus lediglich noch eine Tagesreise bis Green Hollow. Eine lange Fahrt, aber immerhin nur eine.

Und Steffiney schwirrte nur so der Kopf von den ganzen fremden Namen und Orten. Sie würde sich in der Bibliothek eine Karte von Amerika ausleihen müssen, um sich etwas mit ihrer Reiseroute vertraut zu machen.

Nachdem der eifrige Heiratsvermittler seine Gebühr kassiert hatte, schien er Miss O`Brian mit einem Mal sehr schnell loswerden zu wollen. Bevor die junge Frau so recht wusste, wie ihr geschah, stand sie schon wieder auf der überfüllten kleinen Straße, die zum Hafen hinunterführte, und sah sich nach einer Droschke um. Ihr Geld, das sie dabei hatte, würde gerade noch reichen, um bis zu Mrs. Rulys kleiner Pension zu kommen.

Als sie nach diesem langen Tag endlich wieder in ihrem kleinen Dachzimmer stand und die Nadeln löste, die ihr Schwesternhäubchen an Ort und Stelle hielten, war sie doch etwas ärgerlich. Sie hatte nicht einmal die Gelegenheit gehabt, Mr. Smith noch irgendwelche Fragen zu stellen. Und sie musste zugeben, dass sie jetzt, wo sie so ganz allein in der abgeschiedenen Stille ihres kleinen Zimmers war, etwas Angst vor ihrem eigenen Mut bekam.

Sie würde den langen Weg in den Westen ganz allein hinter sich bringen müssen. Sie hatte niemanden, der ihr helfen konnte und für einen kurzen Augenblick fragte sie sich, ob sie jemals dort ankommen würde, in Green Hollow. Alles war so schnell gegangen, dass sie gar nicht wirklich darüber nachgedacht hatte.

Mr. Smith hatte sie noch gefragt, wann sie gedachte aufzubrechen und für eine schnelle Abreise plädiert. Er selbst würde Mr. Sullivan ein Schreiben zukommen lassen, das ihre Ankunft ankündigte. Sie müsste sich nur noch um die Fahrkarten für die Eisenbahn kümmern und ihre Habseligkeiten zusammenpacken.

Mit einem entmutigten Blick ließ Steffiney sich auf ihr Bett sinken und sah sich in ihrem Zimmer um, das nun schon so lange ihr zu Hause war. Es war nichts Besonderes und bis auf ein paar Kleinigkeiten gehörte ihr nicht mal etwas von der Einrichtung, aber hier war sie zu Hause. Es war so schwierig gewesen, als alleinstehende Frau eine passende Unterkunft zu finden. Wenn überhaupt, dann gab es meist nur Zimmer für Junggesellen, die sich nicht dafür rechtfertigen mussten, noch unverheiratet zu sein. Eine Frau ohne Mann oder anderweitigen Schutz eines weiteren Familienangehörigen fiel dagegen sehr aus dem Rahmen und weder die Gesellschaft noch der Wohnungsmarkt in Boston war auf so eine Abnormität besonders gut eingestellt.

Seufzend warf Miss O'Brian ihre abgewetzten Handschuhe von sich und öffnete das kleine Retikül, um ein dünnes Bündel Bargeld herauszuziehen. Sie hatte gleich auf dem Rückweg in die Stadt an der kleinen Bank haltgemacht, die ihre wenigen Ersparnisse verwaltete und ihr kleines Konto aufgelöst. Das meiste Geld war in die Fahrkarten geflossen, die sie in den Westen bringen sollten und was jetzt noch übrig war, reichte gerade für die Verpflegung, die sie auf dem Weg benötigen würde und um ihre Miete für die kommenden Tage zu begleichen.

Nächste Woche um diese Zeit würde sie bereits in einem Zug Richtung Westen sitzen und ihrem neuen Leben entgegen fahren.

Steffiney konnte nichts dafür, aber für einen kurzen kindischen Augenblick traten ihr die Tränen in die Augen. Sie schaute zu dem kleinen Bild, das die Hochzeit ihrer Eltern zeigte, zu dem Spitzendeckchen auf dem Nachttisch neben ihrem schmalen Bett, zu den wenigen Büchern im Regal und den Schreibutensilien auf dem kleinen Schreibtisch unter dem Fenster.

Nein, nein! Das war doch zu albern. Ärgerlich schüttelte sie kurz den Kopf. Alles, was für eine Frau in der Gesellschaft zählte, war eine Ehe. Eine Ehe und Kinder in die Welt zu setzen. Frauen konnten nicht einfach allein bleiben und ein Geschäft eröffnen oder studieren. Oder, wenn sie es doch taten, dann wurden sie von ihren Mitbürgern meist schief angesehen und im schlimmsten Fall gemieden. Frauen mussten heiraten, wenn sie sich ihren Platz in der Gesellschaft sichern wollten. Und jetzt endlich würde sie auch zu ihrem Recht kommen. Da würde sie doch nicht weinen! Und ihre Erinnerungsstücke an bessere Zeiten konnte sie auch mitnehmen. Sie war schließlich nicht die erste Braut, die in den Westen fuhr, um dort zu heiraten. Wenn andere das konnten, würde sie das auch schaffen.

Und mit diesem Gedanken ging Steffiney O'Brian zu Bett, fest entschlossen nur noch die positiven Seiten ihres Umzugs nach Green Hollow, Colorado zu sehen.