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Soweit nicht anders vermerkt, gehört das Copyright der Arbeiten den jeweiligen Photographen. Trotz intensiver Nachforschungen war es aber nicht in jedem Fall möglich, die Eigentumsrechte festzustellen. Gegebenenfalls bitten wir um Benachrichtigung.

 

ISBN : 978-1-78160-758-9

 

 

 

Camille

Pissarro

 

 

 

 

 

 

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1. Die Straße von Versailles
nach Louveciennes, 1870.

Öl auf Leinwand, 100 x 81 cm.

Private Sammlung, Zürich.

Impression, Sonnenaufgang (Paris, Musée Marmottan): So lautete im Jahr 1874 der Titel eines Gemäldes von Claude Monet, das bei der ersten Ausstellung einer sich als “Société anonyme des artistes peintres, sculpteurs, graveurs etc.” bezeichnenden Künstlergruppe gezeigt wurde. Zuvor hatte Monet in Le Havre, der Stadt, in der er aufgewachsen war, eine Reihe von Landschaftsbildern und Seestücken gemalt, von denen er die besten für die Ausstellung auswählte. Die Gestaltung des Katalogs übernahm Edmond Renoir, ein Bruder des gleichnamigen Malers. Zu Recht warf er Monet die Eintönigkeit der gewählten Bildtitel vor – Originelleres als Blick auf Le Havre hatte der Maler sich nicht einfallen lassen. Diesen Titel hatte er für die Darstellung eines Hafens im Morgengrauen vorgesehen: Ein bläulicher Nebeldunst hüllt die Umrisse von Segelschiffen ein, dunkle Bootssilhouetten gleiten gespenstisch dahin, über den Horizont steigt orangefarben die flache Scheibe der Sonne empor und wirft eine erste, rötliche Lichtspur auf die Wasserfläche. Nach den herrschenden ästhetischen Kriterien war das überhaupt kein Gemälde, sondern eher eine Art Skizze in Öl, rasch hingeworfen, um den flüchtigen Augenblick einzufangen, in dem ein neuer Tag anbricht. Offensichtlich war der Titel Blick auf Le Havre für dieses Bild denkbar ungeeignet, schon weil Le Havre auf ihm gar nicht zu sehen war. “Schreiben Sie doch: Impression, schlug Monet daher Edmond Renoir vor, und so begann die Geschichte des Impressionismus. Am 25. April 1874 veröffentlicht der Kritiker Louis Leroy in der Zeitschrift Le Charivari eine satirische Rezension dieser Ausstellung. ”Ein bekannter Künstler verliert angesichts der ausgestellten Werke zunehmend den Verstand. Er hält das gepflügte Feld auf einem Gemälde von Camille Pissarro für Kratzer einer Palette auf einer schmutzigen Leinwand, er kann Oben und Unten, Rechts und Links nicht mehr auseinander halten. Claude Monets Bild Boulevard des Capucines entsetzt ihn, und Monets Impression, Sonnenaufgang brachte das Fass zum Überlaufen. “Impression, dachte ich mir”, murmelt der Künstler. “Impression ist da bestimmt drin. Und diese Freiheit, diese Flüchtigkeit in der Ausarbeitung! Eine Tapete im Urzustand ist ausgearbeiteter als dieses Gemälde!” Und er beginnt herumzutanzen und zu rufen: “Hough! Hough! Ich bin auf dem Pfad des Impressionismus, das Messer an der rächenden Palette!” (Le Charivari, 25. April 1874, zit. nach Renoir, S. 149-151). Leroy überschreibt seine Satire: Ausstellung der Impressionisten. Dank seiner Begriffsstutzigkeit steht der Bildtitel Monets am Ursprung eines neuen Begriffs, so geistreich und treffend, dass er für immer in den Wortschatz der Kunstgeschichte eingehen wird. Monet selbst hat die Urheberschaft für die Bezeichnung “Impressionismus” beansprucht, als er 1880 gegenüber einem Journalisten erklärte: “Ich habe dieses Wort erfunden, jedenfalls habe ich irgendeinem Figaro-Journalisten Gelegenheit gegeben, das Schlagwort in die Welt zu setzen. Mit welchem Erfolg, das wissen Sie ja.” (Venturi Bd. 2, S. 340)

 

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2. Zwei Frauen, plaudernd am Meer, 1856.

Öl auf Leinwand, 28 x 41 cm.

National Gallery of Art, Washington.

 

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3. Das Haus des Père Gallien, Pontoise, 1866.

Öl auf Leinwand, 40 x 55 cm.

Ipswich Borough Council,

Museums and Galleries, Suffolk.

Die Impressionisten und die Klassische Schule

 

Die Gruppe junger Künstler, die auf diese Weise zu der Bezeichnung “Impressionisten” gelangte, hatte sich seit Beginn der sechziger Jahre zusammengefunden. Claude Monet, der Sohn eines Kolonialwarenhändlers in Le Havre, Frédéric Bazille, Spross wohlhabender Eltern aus Montpellier, Alfred Sisley, der von einer in Frankreich lebenden englischen Familie abstammte und der Pariser Schneidersohn Auguste Renoir lernten sich im Atelier des Kunstprofessors Charles Gleyre kennen, von dem sie sich in der Malkunst unterweisen ließen. In ihren Augen verkörperte Gleyre die klassische Schule wie kein anderer.

Charles Gleyre war damals sechzig Jahre alt. Der aus einem Ort am Genfer See stammende Schweizer hatte seit seiner Kindheit in Frankreich gelebt, nach dem Besuch der Ecole des Beaux-Arts jedoch sechs Jahre in Italien verbracht. Seine Erfolge bei den schon seit Jahrhunderten alle zwei Jahre in Paris organisierten Ausstellungen für Gegenwartskunst, den so genannten Salons, hatten ihn bei seinen Zeitgenossen berühmt gemacht. Gleyres Spezialität waren großformatige Gemälde, auf denen er biblische und mythologische Motive in vollendet klassizistischer Klarheit zelebrierte; der Körperbau seiner weiblichen Aktdarstellungen hielt jedem Vergleich mit den Werken des großen Jean-Auguste-Dominique Ingres stand. Seinen Kunstunterricht erteilte Gleyre in einem von Hippolyte Delaroche, einem anderen erfolgreichen Salon-Maler, eingerichteten Atelier. Hier erhielten die Studierenden eine traditionelle, klassische Ausbildung, blieben jedoch von den offiziellen Anforderungen der Ecole des Beaux-Arts verschont und genossen den Vorzug, vom ersten Tag an am lebenden Modell studieren zu können.