Konfuzius
Gespräche
Aus dem Chinesischen von Richard Wilhelm
Fischer e-books
Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.
Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.
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ISBN 978-3-10-401921-5
Yu Jo, ein direkter Schüler und Landsmann Kungs. Nur von ihm und dem Schüler Dsong Schen wird in Lun Yü als »Meister« gesprochen.
Vgl. Anm. zu I, 2.
Dem Kaiser des ganzen Reichs unterstanden zusammen 10 000 Kriegswagen. Je eine Stadt hatte einen Kriegswagen zu stellen, ein Staat mit 1000 Kriegswagen hatte daher 1000 Städte und gehörte zu den größten Staaten in der damaligen Welt des Ostens. Die Untertanen hatten Frondienste zu leisten für den Bau von Wällen, Wegen usw. Dabei sollte der Einzelne nicht länger als drei Tage herangezogen werden, und zwar zu einer Zeit, da die Arbeiten des Landbaus nicht beeinträchtigt wurden.
Nach den chinesischen Kommentaren ist damit gemeint die Sorge für die Beerdigungsbräuche, und mit der »Nachfolge« der Dahingegangenen der regelrechte Vollzug der Ahnenopfer. Der zugrundeliegende Gedanke ist, daß eine wirkliche Kultur nur dadurch bestehen kann, daß sie ihre Wurzel im Erbe der Väter nicht preisgibt.
Ein Kabinettstück aus dem Umgang Kungs mit seinen Schülern. Das Wort des Dsï Gung bezieht sich auf sein eigenes Leben: er war arm gewesen, ohne schmeichlerisch zu sein, und war reich geworden, ohne hochmütig zu sein. Dafür will er sich vom Meister eine gute Zensur holen. Der aber durchschaut ihn und hält ihm sofort ein höheres Ideal vor für weiteres Streben. Dsï Gung aber zeigt sich darin als des Meisters würdiger Schüler, daß er sofort auf dessen Gedanken eingeht und ihn mit einer Stelle aus der »Schrift« belegt. Darüber freut sich dann der Meister, und nun erteilt er ihm ein aufrichtiges Lob.
Das chinesische Wort de, das in der Regel mit »Tugend« übersetzt wird, hat in Wirklichkeit eine weit umfassendere Bedeutung. Die chinesischen Kommentare erklären es: Was die Wesen erhalten, um zu entstehen, zu leben, heißt »de«. Es schließt das ganze Wesen der Persönlichkeit und die Macht, die von einer Person ausgeht, mit ein.
D. h. des »Schï Ging«.
Auch hier ein Beispiel für die Methode Kungs. Er sucht durch seine Antwort immer den Fragenden zum Denken anzuregen. Bei dem vornehmen Mong I ist ihm das nicht gelungen. Der zog sich mit der halbverstandenen Antwort zurück, ohne weiter zu fragen. So muß der Meister einen indirekten Weg gehen, indem er Frage und Antwort seinem Schüler Fan Tschï erzählt. Der geht auf seine Intention ein und fragt weiter, so daß der Meister seine Erklärung anbringen kann. Da Fan Tschï mit Mong I bekannt war, so war es sicher, daß die Antwort an ihre rechte Adresse kam.
Der Lieblingsjünger Kungs, der seine Ahnentafel im Konfuziustempel dem Meister zunächst hat.
Vgl. Kant: Erfahrung ohne Begriffe ist blind, Begriffe ohne Erfahrung sind leer.
Die Antwort Kungs läßt erkennen, wie sehr er die Innerlichkeit des Gefühls lebens wichtig nimmt, sogar auf Kosten der äußeren Form.
Schang ist der Vorname des Dsï Hia.
Der Geist des Hauses, der seinen Sitz in der Südwestecke des Gebäudes hat, scheint eine Gottheit zu sein, die in ältester Zeit verehrt wurde und dem römischen Lar entspricht, dessen Verehrung aber offenbar schon zu Kungs Zeit wesentlich zurückgegangen war. Der Herdgeist oder Küchengott, dessen Verehrung vielleicht auf Einflüsse des persischen Feuerdienstes zurückzuführen ist, ist noch heute eine der populärsten Gottheiten Chinas. Namentlich am 25. des letzten Monats, wenn er in den Himmel steigt und Bericht erstattet über die Hausbewohner, wird ihm eifrig geopfert und Honig auf die Lippen gestrichen, damit er nur Freundliches aussage. Der Weise schneidet aber alle die Beziehungen, die der Frager im Sinne hat, ab mit dem Hinweis auf die sittliche Verantwortung, die der Mensch dem höchsten Wesen gegenüber hat, vor der alle solche Spitzfindigkeiten in nichts zusammensinken. Die Szene ist zugleich einer der Höhepunkte in der Religionsgeschichte, wo die unmittelbaren Forderungen des Gewissens mit elementarer Gewalt hervorbrechen, und tritt in dieser Beziehung würdig dem Ausspruch des alttestamentlichen Propheten zur Seite (Micha 6, Vers 8): »Er hat dir gesagt, Mensch, was recht ist! Und was fordert Jahwe von dir, außer recht tun, Liebe üben und demütig wandeln vor deinem Gott?«
I ist der Grenzplatz des Staates We, wohin sich Kung begab, als er infolge der Intrigen, die den Herrscher von Lu umsponnen hatten, sich aus seiner amtlichen Stellung zurückziehen mußte. Die Szene fällt in den Anfang der langen Wanderzeit Kungs.
Aus den beiden Verheiratungen geht gerade in ihrer Zusammenstellung hervor, daß Kung weder auf besondere Begabung (beide Männer spielen keine hervorragende Rolle im konfuzianischen Schülerkreis) noch auf äußere Glücksumstände (Gung Ye Tschang war im Gefängnis, Nan Yung in den besten Verhältnissen) entscheidenden Wert legte, sondern allein auf einen einfachen, soliden Charakter.
Nach einer in Gia Yü (Schulgespräche) überlieferten Tradition war Tsi-Diau Kai eben mit der Lektüre des Schu Ging (Buch der Urkunden) beschäftigt, und seine Antwort bezog sich auf die darin enthaltenen Lehren.
Staat mit 1000 Kriegswagen ist ein Lehnsstaat erster Ordnung (etwa Lu).
Bezirk von 1000 Familien entspricht einer Leistung von 100 Kriegswagen, eine größere Grafschaft innerhalb eines Lehnsstaats.
Vgl. I, 15; V, 3, I usw. Auch hier ist die beabsichtigte Lehre an den begabten, aber von Einbildung nicht freien Schüler klar. Durch Vergleiche mit dem »unerreichbaren« Jünger Yen Hui, »den der Meister liebhatte«, soll Dsï Gung zum Bewußtsein seiner eignen Unzulänglichkeit kommen. Der Jünger besitzt Selbsterkenntnis genug, dies anzuerkennen, und der Meister tröstet ihn, indem er sich ebenfalls an natürlicher Auffassungsgabe als hinter Yen Hui zurückstehend bekennt.
Worüber der Meister oft sprach, das waren die praktischen Berufsfragen. Die letzten Weltanschauungsprobleme waren Kung zu heilig, um viel darüber zu reden.
Be I und Schu Tsi sind zwei Prinzen aus dem Ende der Yindynastie. Als der Vater dem Jüngeren die Nachfolge auf dem Thron zugesagt hatte, weigerte sich dieser, seinen älteren Bruder zu verdrängen. Ebenso weigerte sich der ältere Bruder, das Recht des jüngeren zu verkürzen. Schließlich zogen sie sich beide in die Verborgenheit zurück und ließen das Reich dahinten. Als später König Wu, der Gründer der Dschoudynastie, auftrat, wandten sie sich gegen ihn, und als er Sieger blieb, verhungerten sie freiwillig auf dem Schouyangberg, um das Brot der neuen Dynastie nicht essen zu müssen. Obwohl sie demnach auf der gegnerischen Seite der von Kung so hoch verehrten Dschoudynastie stehen, ist Kung über sie stets des Lobes voll.
Es ist hier wohl ein Scherzwort überliefert. Der Jemand, der den Essig entlehnte, war wohl Kung selbst, und der Vorwurf der Unehrlichkeit ist natürlich lange nicht so ernst gemeint, wie humorlose Kommentatoren im Detail ausführen.
Der Jünger Min Dsï Kiën spielt in den Lun Yü an verschiedenen Stellen eine sehr bedeutende Rolle, während sonst nicht viel von ihm bekannt ist. Seine Zurückhaltung erklärt sich daraus, daß er mit der Usurpatorenfamilie Gi nichts zu tun haben wollte. Daher diese überaus bestimmte Absage mit der Drohung, falls man ihn nicht in Ruhe lasse, außer Landes nach Tsi (der Wenfluß ist nördlich von Lu im Staate Tsi) zu gehen, um dem Einfluß der Familie Gi sich zu entziehen.
Wer der »alte Pong« eigentlich ist, läßt sich nicht feststellen. Die einen sehn darin Lau Dsï andere Pong Dsu, der 700–800 Jahre gelebt haben soll: der chinesische Methusalàh, wieder andre einen nicht näher bekannten Mann aus der Zeit der Yindynastie.
Der Fürst Dschou, der Sohn des Königs Wen und Bruder des Königs Wu, gehört zu den Begründern der Dschoudynastie. Er wurde von seinem Bruder als Lehnsfürst des Staates Lu eingesetzt, daher die exemte Stellung, die der an sich kleine Staat auch später bewahrt hat. Er war für Kung das hochverehrte Vorbild, das ihm im Wachen und im Traum immer vor Augen stand. Vielleicht war gerade der Umstand, daß der Fürst Dschou, ohne selbst auf dem Thron zu sitzen, so großen Einfluß ausüben konnte, ein Grund mehr für Kung, sich ihm verwandt zu fühlen. Im Alter, als er seine Hoffnungen allmählich zerrinnen sah, als er so resignierte Worte sprach wie das in Lun Yü VII, 1, da hörten auch die Träume vom Fürsten Dschou auf, daher hier diese Klage.
Die Schaumusik war die zu Kungs Zeit in dem Staate Tsi noch bekannte alte chinesische Musik. Sie wird dem Kaiser Schun zugeschrieben. Der tiefe Eindruck, den Kung von ihr erhielt, zeigt uns deutlich, daß die Musik im chinesischen Altertum etwas ganz anderes war als im heutigen China, wo sie eine recht untergeordnete Rolle spielt. Die – heute vollständig verlorengegangene – alte chinesische Musik gab eine Vermittlung des geistigen Wesens ihres Urhebers. So bringt die Schaumusik das Wesen des alten Herrschers Schun dem Kung vor die Seele in unmittelbarem Verständnis. Der Abschnitt ist daher mit dem Träumen von dem Fürsten von Dschou verwandt.
Der Grund für diese indirekte Art zu fragen liegt in dem Umstand, daß gerade zu jener Zeit der Meister im Gebiet von We war. Eine direkte Kritik der Thronverhältnisse hätte daher den Gesetzen des Dekorums widersprochen. Daher mußte Dsï Gung eine Methode anwenden, die es dem Meister möglich machte, an der Hand eines historischen Vorfalls sein Urteil abzugeben. Was Be J und Schu Tsi angeht, so war ihr Verhalten gerade das Gegenteil von dem des Fürsten von We, und indem Kung es nicht nur billigte, sondern sogar bewunderte, sprach er sein Urteil über den Fürsten.
Das »Buch des Wandels« I Ging ist wohl dasjenige chinesische Buch, das die ältesten Bestandteile enthält. Es ist eigentlich ein Buch der Wahrsagung. Die der Wahrsagung zugrunde liegenden Prinzipien beziehen sich auf die Einrichtung der Natur, den Zusammenhang und die Entwicklung der Angelegenheiten des Menschenlebens und das Verhältnis von Mensch und Welt. Es ist überaus schwer verständlich, und die Chinesen finden jede Wahrheit hineingeheimnißt. Kungs esoterische Lehren beruhen hauptsächlich auf seinen Prinzipien. Er hat es in seinem Alter so oft gelesen, daß der Einband dreimal erneuert werden mußte.
Die regierende Familie von Wu war ebenso wie die von Lu direkt mit dem königlichen Hause der Dschoudynastie verwandt (vgl. VIII, 1 Anmerkung 1); beide hatten den Familiennamen Gi. Während man sonst bei der Ankunft der Braut den Familiennamen außer dem Namen des Staates, von dem sie kam, zu nennen pflegte in der öffentlichen Bekanntgabe an das Volk, hatte es der Fürst Dschau in diesem Fall für besser gehalten, den Familiennamen der Braut ganz zu unterdrücken und sie einfach als Prinzessin zu bezeichnen, da es in China bis auf den heutigen Tag als grober Verstoß gegen den Anstand gilt, wenn man eine Frau desselben Familiennamens heiratet. Dieses Vertuschungssystem des Fürsten hatte in den Nachbarstaaten wohl noch mehr Hohn herausgefordert. Daher der mephistophelische Spott, mit dem der Minister den Kung vor seinem eignen Jünger zu treffen sucht. Kung hatte die irreführende Antwort zunächst gegeben, um sich seines Fürstenhauses anzunehmen und keinen Vorwurf auf den Fürsten Dschau kommen zu lassen. Schön ist der Zug, wie Kung den Vorwurf ohne Gegenwehr auf sich sitzen läßt; damit deckt er den Fürsten vor Verunglimpfung.
Das Wort Kungs ist nicht ganz eindeutig. Jedenfalls ist es so zu verstehen, daß Kung das Wortgeplapper der Gebetslitaneien ablehnt.
Der Leib, der von den Eltern unversehrt überkommen ist, soll gewissenhaft geschont werden, damit er keinen Schaden nimmt. Das ist auch eine Forderung der Pietät. Der zugrunde liegende Gedanke ist das Verantwortlichkeitsgefühl dem Leib als einem anvertrauten Gut gegenüber.
Dieser Abschnitt verteidigt die große Einfachheit Yüs, der vom Pflug zum Thron aufgestiegen war. Es wird von ihm erzählt, daß er unter dem Essen sich oft zehnmal von Bittstellern unterbrechen ließ und daß er beim Waschen des Morgens dreimal sein Haar provisorisch aufstecken mußte, um Geschäfte zu erledigen. Ihm wird die Flußregulierung in der nordchinesischen Ebene zugeschrieben. Er zuerst hat dem Gelben Fluß ein festes Bett gegeben, zurzeit als er sintflutartig alles überschwemmte. Während dieser Zeit kam er im Laufe von vielen Jahren dreimal an seinem Haus vorbei; ohne zum Hineingehen Zeit zu finden. – Der Sinn unsres Abschnitts ist nun, daß Yü bei aller persönlichen Sparsamkeit es nicht an der Sorge für andre und für das öffentliche Wohl habe fehlen lassen.
Das Scherzwort Kungs anläßlich der Äußerung des Unbekannten, der bei aller Größe Kungs spezielle Taten und Talente vermißt, die sich statistisch nachweisen lassen, zeigt den Gegensatz der Standpunkte unter den Menschen, den auch Schiller im Auge hat in dem bekannten Wort, daß edle Naturen mit dem bezahlen, was sie sind, Gemeine mit dem, was sie tun.
Dsï Gung konnte es nicht mit ansehen, daß der Meister ohne Amt blieb, statt sich bei einem Fürsten der Zeit einen einflußreichen Posten zu besorgen und so seinen Lehren Erfolg zu verschaffen. Das legt er ihm im Gleichnis nahe. Der Meister antwortet im Gleichnis und erklärt seine Zurückhaltung.
Der Ausspruch Kungs ist einer jener Ausbrüche der Verzweiflung, daß er zur Tatenlosigkeit und Erfolglosigkeit in China verurteilt sei. Die kulturstolze Bemerkung des Ungenannten, daß mit China die Welt des möglichen Wohnens aufhöre, weist er mit weitem Blick für das Menschenwesen zurück. Die Menschennatur ist allenthalben so, daß sie dem Edlen sich beugt und ihm entsprechend sich umgestaltet.
Kung kehrte im 11. Jahr des Fürsten Ai von seinen Wanderungen nach Lu zurück. Es war in seinem 69. Lebensjahre, fünf Jahre vor seinem Tode.
Bei den Staatsbesuchen der Fürsten wurde in China großes Zeremoniell beobachtet. Kam der Gast an, so hatte er 90 Schritte westlich vor dem Palasttore vom Wagen zu steigen und durch einen Kordon von Beamten sich mit dem ihn am Tor der Ahnenhalle erwartenden Wirt zu verständigen. Auf beiden Seiten wurden hierzu drei Stufen von Beamten ausgesucht, die, in bestimmten Abständen voneinander stehend, unter Verbeugungen nach rechts und links (beim Empfang und Weitergeben der Nachricht) die Verständigung der Fürsten vermittelten. Kung hätte seinem Amt entsprechend eigentlich nur den zweiten Rang der Gastempfänger einnehmen sollen. Er scheint jedoch wegen seiner Erfahrung auf diesem Gebiet zum wichtigen ersten Rang, der eigentlich den höchsten Adelsgeschlechtern zustand, berufen worden zu sein. Nachdem der Zweck des Besuchs auf diese Weise kund war, kam der eigentliche Empfang. Beim Abschied hatte der Wirt so lange am Tor zu warten, bis der Gast sich nicht mehr umsah.
Es war sonst für Beamte nicht üblich, mit dem Ausland zu verkehren. Kung machte eine Ausnahme. Seine Höflichkeit gegen den Boten war eine Ehrung für den, dem die Botschaft galt. Freiherr Kang ist der auch sonst genannte Minister Gi Kang von Lu. Es war nicht Sitte, Medizin als Geschenk zu schicken, da die Geschenke aus Höflichkeit beim Empfang gekostet werden mußten und die Medizinen häufig giftig waren. Kung nimmt das Geschenk an und gibt die Erklärung, warum er es nicht kostet, so daß er nicht als unhöflich erscheint.
In dem Donner und Sturmwind hörte man »die Stimme des Herrn«, daher geziemte sich Ehrfurcht.
Die Fasanenhenne ist das Kreuz aller Erklärer und Übersetzer. Die chinesischen Kommentare nehmen Korruption des Textes an, und man wird sich dabei beruhigen müssen. Der rätselhafte Paragraph ist ein würdiger Schluß des rätselhaften Buches, das im ganzen und einzelnen dem Kritiker so manche ungelöste Frage darbietet.
Das Lied vom weißen Zepterstein steht Schï Ging III; 3; 2, 5. Die Zeilen heißen:
»Ein Flecken in einem weißen Nephritzepter kann weggeschliffen werden; Einen Flecken in der Rede kann man nicht beseitigen.«
Die Beherzigung dieser Worte ist ein Zeichen für die vorsichtige Zurückhaltung Nan Yungs.
Yen Lu ist der Vater von Yen Hui (Yen Yüan) und war ebenfalls Kungs Schüler. Da die Familie zu arm war, um einen Doppelsarg, wie er zu einem Begräbnis ersten Rangs gehörte, kaufen zu können, stellt er das obige Ansinnen an Kung. Kung war prinzipiell gegen jeden Beerdigungsluxus (vgl. IX, 2 und XI, 10), deshalb auch diese Ablehnung.
Nach den Gia Yü war das Lautenspiel Dsï Lus mit kriegerischem Geist erfüllt, es offenbarte eine Lust zu töten, die Kung verletzte. Den alten Berichten nach muß die alte chinesische Musik sehr genau die Seelenzustände ausgedrückt haben, und Kung hatte ein besonderes Verständnis für ihre Deutung. – Als die andern Jünger den Dsï Lu aber diesen Tadel empfinden ließen, nimmt sich Kung seiner an und erkennt seine überragende Begabung und seine Kenntnisse, denen nur die letzte harmonische Vollendung fehle, an.
Die Bemerkung war nicht so schlimm gemeint. War es doch Jan Kiu gewesen, der Kungs Rückberufung nach Lu durchgesetzt hatte. Die Lektion galt weit mehr dem Freiherrn Gi als seinen Beamten.
Diese Aussprüche über die Jünger klingen sehr hart, fast mehr wie lieblose Äußerungen der Mitschüler oder deren Nachfolger als wie Urteile des Meisters. Bezeichnenderweise fehlt auch das: »Der Meister sprach.«
Der Begründer des Staates Lu war der bekannte Dschou Gung, der Bruder des ersten Königs der Dschoudynastie, Wu. Das Fürstentum We wurde einem andern Bruder, Kang Schu, übertragen. Dieses brüderliche Verhältnis der Fürsten ist für Kung ein Bild für die Übereinstimmung in ursprünglicher Blüte und späterem Verfall, der sich in beiden Staaten zeigte.
Abschnitt 11 und 12 behandeln wieder den Unterschied in der Wirksamkeit eines Talents, das – außerhalb der Tradition und ohne Fühlung mit den göttlichen Ordnungen der Vergangenheit – immerhin einige äußere Erfolge zu erreichen vermag, und dem berufenen Genius, der wirklich erlösend wirken kann.
Dsang Wu Dschung hatte, da er mit der Familie Mong in Feindschaft lebte, den Staat Lu und sein dortiges Lehen, die Stadt Fang, verlassen müssen und war in den Staat Dschu geflohen. Da er jedoch Familienhaupt war und ohne ihn die Ahnenopfer unterblieben, so kehrte er zurück, besetzte seine Stadt Fang und sandte an den Fürsten die Bitte, einen Nachfolger für ihn einzusetzen. »Dann werde er nicht wagen, gewaltsam den Platz festzuhalten, sondern gutwillig gehen.« Kung hat wohl recht über ihn.
Das Haar ungebunden, in Zöpfe geflochten zu tragen, war nach Li Gi III, III, 14 die Sitte der östlichen J-Barbaren und der westlichen Jung-Barbaren, welch letztere damals das Reich bedrohten, ebenso wie die links zugeknöpfte Kleidung.
Der Vorfall fiel ins Jahr 481, zwei Jahre vor Kungs Tod. Kungs Meinung war, daß man nicht dulden dürfe, daß im Nachbarstaat eine solche Untat vorkomme, um nicht die öffentliche Moral zu gefährden. Darum remonstriert er auf solenne Weise (Baden und Fasten war vor heiligen Handlungen üblich). Der Fürst Ai aber, machtlos in den Händen der 3 Adelsgeschlechter (Gi, Mong und Schu), wagt nicht einzugreifen und verweist ihn an diese. Überaus taktvoll ist Kungs Mißbilligung darüber ausgedrückt. Daß er bei den Adelsgeschlechtern, die dieselben Tendenzen hatten wie der Fürstenmörder im Nachbarstaat, kein Gehör finden werde, war ihm von Anfang an klar. Dennoch geht er hin.
Sï ist der Rufname Dsï Gungs.
Die sieben Kulturschöpfer sind wohl 1. Yau, 2. Schun, 3. Yü, 4. Tang, 5. König Wen, 6. König Wu, 7. Dschou Gung.
Dieses Nicht-tun (Wu We) spielt auch in der taoistischen Philosophie eine große Rolle. Der Sinn ist der, daß, wie der Himmel ohne irgend eine sinnfällige Äußerung die ganze Welt in ihrem regelmäßigen Gang erhält nur durch die stille Wirksamkeit des ewigen Gesetzes der Vernunft (Tao), so auch der Mensch, der zum Herrscher berufen ist, nur durch die geistige Schwerkraft seines Wesens alles in Ordnung halte. Kung stimmt in diesem Punkt vollkommen mit Lao Dsï überein.
Das Gleichnis ist von einem Wagen genommen, wie aus der zweiten Hälfte unzweifelhaft hervorgeht.
Die Musiker waren zu jener Zeit alle Blinde, daher die rücksichtsvolle Art, mit der Kung ihm alles mitteilt, um ihm jede Verlegenheit zu ersparen.
Der Abschnitt ist gänzlich außerhalb der Sphäre der Lun Yü. Er findet sich in Li Gi I, II, II, 19 und ist vermutlich durch irgend ein Versehen hier in den Text eingedrungen, obwohl er sich auch in den alten Manuskripten findet.
Yang Ho war der oberste Hausbeamte der Familie Gi, der die Herrschaft an sich gerissen hatte und durch Anstellung Kungs sein Ansehen stärken wollte. Als Kung auf seine Aufforderung, ihn zu besuchen, nicht einging, machte er ihm ein Geschenk, das nach den Regeln der Höflichkeit von seiten Kungs einen Dankesbesuch erforderte. Kung sucht auch hierbei der Begegnung auszuweichen. Unglücklicherweise begegnet er dem Usurpator auf dem Weg. Seine Weisheit besteht nun darin, daß er widerspruchslos die Tiraden des Usurpators über sich ergehen läßt und nur mit einem: »Zu Befehl« antwortet, ohne natürlich in seine Dienste einzutreten. Ein anderes Benehmen wäre für ihn eine Lebensgefahr gewesen.
Gemeint ist rücksichtslose Konsequenz, die das eigne und andrer Leben schädigt.
Der Abschnitt ist ein Bericht, wie nach Kungs Weggang die Musiker, die unter ihm mit der rechten Art, Musik zu machen, bekannt geworden waren (III, 23), das Land verließen, um nicht Zeugen des Verfalls der Kultur sein zu müssen.
Was dieser Satz hier zu tun hat, ist unklar.
Hier fehlt die Bezeichnung. Unzweifelhaft ist Tang gemeint, wie aus dem Vornamen Li hervorgeht.
Auch hier fehlt die Einleitung.
Wenn die Menschen einen nicht erkennen, doch nicht murren: Ist das nicht auch edel?«