Impressum

Vollständige eBook-Ausgabe des bei Möllers & Bellinghausen Verlag GmbH (Quinto) 2007 erschienenen Werkes mit der ISBN 978-3-89835-847-7
Die Verwertung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar.

Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.

© eBook: Quinto, Möllers & Bellinghausen Verlag GmbH, München 2015

Text: Martin Baltscheit, Illustrationen: Ulf K.

Layout eBook: Eva Tillmann, Quinto
eISBN: 978-3-89835-458-5

www.quinto-verlag.de

Inhalt

Eine handvoll Buchstaben

Der Sommersonnentag

Der Talentetauscher

Die Perücke

Das Kunstwerk

Das Buch de L.

Das wilde Sommerfest

Martin Baltscheit

Ulf. K

Weitere eBooks mit Herrn Paul

Der kleine Herr Paul ging in die Küche, da lag noch ein Haufen Kehricht auf dem Boden.

Herr Paul bückte sich. „Nanu? Das sind ja Buchstaben!“

Er nahm eine Hand voll auf und sah sie sich an. Die Buchstaben mussten beim Sortieren aus den Büchern herausgefallen sein. Eine Reihe A’s waren dabei, aber auch E’s, U’s und viele Umlaute. Der kleine Herr Paul setzte sich an den Tisch. Vielleicht waren es einfach nur Buchstaben, die der Bücherwurm nicht mochte? Aber die Buchstaben sahen nicht schlecht aus oder krank. Sie waren gesund und sehr hübsch, alle sehr verschieden, viele hatten kleine Füße am Ende ihrer Linien und manche waren ohne Schuhe unterwegs.

Einige waren größer als die anderen, manche auch sehr fett, aber alle waren tiefschwarz und sahen einsatzbereit aus.

‚Vielleicht hatten sie Angst gefressen zu werden und sind vor dem Bücherwurm geflohen‘, dachte Herr Paul, doch dann fiel ihm ein, dass er der einzige Bücherwurm in seiner Wohnung war, und er breitete die Buchstaben vor sich aus. Da lagen sie nun faul in der Sonne, und er versuchte ein Wort aus ihnen zu bilden. Es ging ganz gut, sogar ein kleiner Satz war möglich: Regenland ist nah. Andere Worte hießen Rosenfisch, Herzwolke oder Flügelblume. Und dann musste der kleine Herr Paul lachen über Brotfurz und Bartborsteln.

„Das gibt ja alles überhaupt keinen Sinn!“, rief er, nahm die pfeifende Kanne vom Feuer und goss das Wasser in eine Tasse. Vielleicht konnte er jemandem mit den Buchstaben eine Freude machen. Er könnte sie in einen Umschlag stecken und einem Schriftsteller schenken. Eine gute Idee, der kleine Herr Paul würde zu seinem Lieblingsschriftsteller gehen, an der Tür klingeln und sagen: „Guten Tag, verehrter Schriftsteller, ich habe alle Ihre Bücher gelesen und möchte Ihnen etwas schenken!“

Aber der Schriftsteller könnte ihn falsch verstehen und sagen: „Was schenkst du mir Buchstaben, gefallen dir meine nicht? Was soll ich mit deinen Worten? Geh und erzähl deine eigenen Geschichten!“

Der kleine Herr Paul rührte mit einem Löffel im heißen Wasser, bis ein Kegel Luft mit der Spitze nach unten zeigte. Ein Sog, ein Sog zum Mittelpunkt der Erde. Herr Paul nahm einen der Buchstaben und warf ihn ins Wasser. „AAA!“, schrie das A, und er fischte es sofort wieder heraus.

„Oh Verzeihung!“, sagt er und trocknete den Buchstaben mit einer Serviette ab. „Das tut mir Leid, ich habe nicht nachgedacht …“ Zum Glück erholte sich das A schnell wieder.

Der kleine Herr Paul nahm neue Buchstaben und legte sich ein Wort zurecht. Es brauchte eine Weile, denn für Pfefferminz fehlte ein drittes F und Kamille mochte Herr Paul nicht. Aber dann hatte er Glück, Jasmin funktionierte. Er nahm die sechs kleinen Buchstaben, legte sie auf den Löffel und schickte sie baden. Die Buchstaben fielen ins Wasser, lösten sich auf und der Jasmintee schmeckte köstlich.

Nun holte sich der kleine Herr Paul ein großes Glas, füllte es mit kaltem Wasser aus dem Hahn und legte sich ein neues Wort zurecht: Sturm! Den Sturm warf er ins Glas und wartete ab. Zuerst passierte nichts. Herr Paul ging dichter heran und berührte mit der Nase den Rand des Glases.

Da begann sich die Oberfläche des Wassers zu kräuseln, die Wellentäler wurden tiefer, ein kräftiger Wind blies von Süd-Süd-Ost über das kleine Meer.