cover

Text: Donald Wigal

Übersetzung: Dr. Martin Goch

 

Layout: Baseline Co. Ltd,

61A-63A Vo Van Tan St.

4. Etage

Distrikt 3, Ho Chi Minh City

Vietnam

 

© Parkstone Press USA, New York.

© Confidential Concepts, worldwide, USA.

© Pollock Estate / Artists Rights Society, New York, USA

© Daros Collection, Switzerland / Artists Rights Society, New York, USA, p. 196

© Barnett Newman / Artists Rights Society, New York, USA, p. 132

© Mark Rothko / Artists Rights Society, New York, USA, p. 235

© Ruth Kligman, p. 246

© Willem de Kooning Estate / Artists Right Society, New York, USA p. 235

© Adolph Gottlieg, Estate / Artists Rights Society, New York / ADAGP, Paris, p. 220

© Robert Motherwell Estate / Artists Rights Society, New York / ADAGP, Paris, p. 135

© Rudolph Burckard / Artists Rights Society, New York . ADAGP, Paris, pp. 242-244

 

Weltweit alle Rechte vorbehalten.

Soweit nicht anderes gesagt ist, liegt das Copyright der wiedergegebenen Arbeiten bei den jeweiligen Photographen. Trotz intensiver Nachforschungen ist es aber nicht in jedem Fall möglich gewesen, die Eigentumsrechte festzustellen. Wo dies der Fall ist, würden wir eine entsprechende Information begrüßen.

 

ISBN : 978-1-78310-643-1

 

Donald Wigal

 

 

 

Jackson Pollock

Verschleierungen

 

 

 

 

 

 

DANKSAGUNGEN

 

 

Der Autor dankt Ruth Kligman; Athos Zacharius; der Kunstabteilung der Smithsonian Institution; Jerry Saltz, Kunstkritiker der Village Voice; dem Photographen Robin Holland; den Künstlern James Cullina von ArtSleuth, Bob Stanley, Kathy Segall und Bill Rabinovitch; den Autoren Carmel Reingold, James Robert Parish, George Sullivan, Susan Waggoner und William Kuhns; den Agenten Stephany Evans, Elaina Zucker, Robert Markel; Barlow Hartman und Mercedes Ruehl; James Yohe von Ameringer/Yohe/Fine Art; Tina Dickey, Herausgeberin des Catalogue Raisonné zu Hans Hofmann; Maggie Seildon von der Jason McCoy Gallery; Cheryl Orlick von der Albright-Knox Art Gallery; Bradley D. Cook vom Archiv der Indiana University; Jennifer Ickes vom New Orleans Museum of Art; Isabella Dervaux, Kuratorin für moderne und zeitgenössische Kunst, National Academy Museum; Verity Hawson, Lillian Kiesler, Cornelia Sontag, und Elaine de Sérésin von Parkstone Press; für Unterstützung bei der Recherche Frank O’Donnell, Edie LaGuardia Hansen, Dr. Mark Cooper und Gene Carney; Vera Haldy für die deutsche Übersetzung; Herbert Verbesey und Gerard Sullivan für die lateinische Widmung; Antonio Bautista, Michael Morris; Cheryl Murray von Entertainment Law Digest; ebenso Alternative Research für Online-Recherchen; Richard Taylor und seinem Jackson Pollock-Zentrum an der University of Oregon.

Vielen Dank an Catherine O’Reilly für ihr Engagement, ihre Großzügigkeit und ihre gewissenhafte und kenntnisreiche redaktionelle Tätigkeit an diesem und einem Dutzend weiterer Bücher während der vergangenen 25 Jahre.

WIDMUNG

Ich widme dieses Buch jenen Kollegen, mit denen mich eine große Gemeinsamkeit verbindet. Sie ermöglichten meine Arbeit während des vergangenen Jahres: Tom Brenn, Paul Cibrowski, Joe Clark, Richard Csarny, Jim Cullina, Gene Carney, Jim DeVito, Joe Fagan, Bill Gannon, Brian Griffin, Bob Higdon, John Kane, Mel Kubander, Joe LaSala, Joe Manzo, Joe Maurer, Charlie Miller, Bob Moriarty, SM, Frank O’Donnell, SM, Andy Oravets, Frank Poliafico, Bob Schult, Bruce Segall, Rhett Segall, John Spellman, Brian Trick, Herb Verbesey, Joe Wessling, Ken White, Jim Wolf. Gestas cum sociis res meminisse juvat. (Es erfreut mich, mich an all die Dinge zu erinnern, die wir teilten).

Donald Wigal

Manhattan, 2005

EINFÜHRUNG

 

 

Vorwort

Einleitung

Der Mythos des Künstler-Cowboys

Die Kämpfe der frühen Jahre: Energie sichtbar machen

Glänzende Jahre auf dem Gipfel: Kunst als Selbstentdeckung

Das Genie seiner Gesten: Einbeziehung der Kunst und anderer Menschen in die Selbstzerstörung

Anhänge

Bibliographie

Ausgewählte Literatur

Anmerkungen

Index

Der Autor hat sich bemüht, genau zu sein und Quellen anzugeben. Wie in anderen Büchern über Pollock sind aber wahrscheinlich immer noch Fehler enthalten, besonders in der Chronologie sowie den Titeln und der Datierung von Kunstwerken. Während der ersten etwa zwei Jahre nach Erscheinen des Buches können Korrekturen in englischer Sprache bei donwigal@ix.netcom.com angefordert werden.

Abkürzungen

AOTC

Art of This Century, Manhattan

AbEx

Abstrakter Expressionosmus

Benton

Thomas Hart Benton

Guggenheim

Peggy Guggenheim

Krasner

Lee Krasner

MoMA

Museum of Modern Art, Manhattan

Pollock

Jackson Pollock

Vorwort

 

 

Jeder der fünf Abschnitte dieses Buches ist einer Zeitspanne von mindestens zehn Jahren gewidmet. Jeder der Unterabschnitte nennt zu Beginn einige historische Ereignisse, die zumindest indirekt relevant für Pollock waren oder als Hintergrundinformation von Bedeutung sind. Die für das jeweilige Jahr genannten Ereignisse werden nicht unbedingt in chronologischer Reihenfolge genannt, so dass dieses Buch nicht als eine strikt chronologische Darstellung zu verstehen ist.

Obwohl bei der Abfassung dieses Buches mehr als 20 Pollock-Biographien gesichtet wurden, ist das umfassende Werk von Naifeh und Smith gemeint, wenn von "Pollocks Biographen" die Rede ist. Ebenso sind mit "de Koonings Biographen" stets Stevens und Swan und mit "Peggy Guggenheims Biographin" immer Mary V. Dearborn gemeint.

Untitled (Self-portrait) (Ohne Titel (Selbstporträt)), 1931-1935.

Öl auf Gips und Leinwand, auf Holzfaserplatte geklebt,

18,4 x 133 cm, The Pollock-Krasner Foundation, New York.

 

"Es ist für mich jetzt nur noch eine Frage der Zeit und der Arbeit, bis dieses Wissen ein Teil von mir ist. Noch gut 70 Jahre und ich werde ein guter Künstler sein." (403)

– Im Alter von 20 Jahren

 

 

Einleitung

 

 

Vor etwa 50 Jahren starb der Künstler Jackson Pollock, doch lebt er in seinen Biographien und vor allem in seinen Werken fort. Ein Großteil seines Genies kam darin zum Ausdruck, wie er das Sichtbare verhüllte, während er das Unsichtbare enthüllte.

Ein Überblick über die wesentlichen Ereignisse in Pollocks Leben kann seine gepeinigte Seele sowie sein außerordentliches Werk entfalten und gleichzeitig illustrieren, in welch turbulenten Zeiten er lebte. Dieser Abriss bietet aber keine endgültige Erklärung seines Verhaltens oder seines Genies, sondern soll mit dem Rest der Welt vor diesem Mann und seinem Werk stehen und von dem Negativen verwirrt, von dem Positiven beeindruckt und der Ambiguitäten bewusst sein. Dabei wird deutlich werden, dass Pollock, indem er sich und seine Kunst auf so einzigartige Weise verhüllte, in paradoxer Weise viel von seinem inneren Leben preisgab, so dass wir in der Lage sind, seine spirituelle Reise – wenn nicht gar einen Teil der universellen menschlichen Reise – besser zu verstehen. Vieles in Pollocks Leben und ein großer Teil seiner radikal neuen Kunst erweisen sich als mystisch und gleichzeitig profan, als hässlich und zugleich beeindruckend. Pollock scheint, wie seine Kunst, zuweilen unschuldig und einfühlsam. Gleichzeitig jedoch wirken sein Leben und seine Kunst rau, aggressiv und machohaft. Die Biographin Andrea Gabor nennt ihn “...brilliant und naiv, sanft und agressiv, verletzlich und zerstörerisch” und kommentiert: “…nur wenige Künstler… schienen den maskulinen Exzess dieser Zeit stärker zu personifizieren als Jackson Pollock, der zu einem Archetyp der ungezügelten künstlerischen Vitalität wurde.” (427)

Die Phasen in Pollocks Leben und Kunst überlappen sich und bilden häufig Gegensatzpaare wie Kind – Mann, Engel – Ungeheuer und Schöpfer – Zerstörer. Viele Menschen werden von dem, was in seiner Kunst hässlich ist, auf Distanz gehalten, während sie gleichzeitig von dem, was in Pollocks wilder Präsenz und seiner brillanten Leistung schön ist, angezogen werden. Gleichzeitig trieben Pollock – oder trieb Pollock – seine selbstzerstörerischen Neigungen und seine Isolation vor 50 Jahren ironischerweise in seinen sehr öffentlichen Tod.

Mehrere interessante Aspekte von Pollocks Leben finden hier keine Beachtung, unter anderem seine Beziehungen mit den Familien seiner Brüder, seine Vorliebe für Hunde, seine Begeisterung für alte Autos etc. Das Ziel dieses Buches ist es, sein Werk in seinen historischen Kontext einzuordnen. Was Pollock über The She-Wolf (Die Wölfin) sagte, gilt für sein gesamtes Werk: “…jeder Versuch von mir, etwas über es zu sagen, eine Erklärung des Unerklärlichen zu versuchen, könnte es nur zerstören.” Aber einige Menschen benötigen sicherlich eine gewisse Hilfe, um den Punkt zu erreichen, an dem man die Kunst nur noch als Kunst erfährt.

Einige Anhänger von Pollocks Kunst mögen es vorziehen, nichts über sein turbulentes Leben zu wissen. Der folgende biographische Abriss ist daher für jene gedacht, deren Kunstgenuss von solchem Wissen profitiert. Es gibt ferner Kunstliebhaber, die eine wissenschaftliche Analyse von Kunstwerken sinnvoll finden, während andere dies nicht tun. Für die Erstgenannten könnte Richard Taylor, ein Physikprofessor an der University of Oregon, interessant sein. Seine faszinierenden Studien beschäftigen sich mit dem “fraktalen Expressionismus” und den so genannten “chaotischen Prozessen“ in der Kunst Pollocks. (107)

Abbildungen

Für viele Leser sind Reproduktionen nicht viel mehr als Postkarten, die sie an die Kunstwerke selbst erinnern, für die es in der Tat keinen Ersatz gibt. Jemand hat vorgeschlagen, die ersten beiden Abbildungen in Originalgröße abzubilden, da diese Werke klein sind.

Es muss jedoch deutlich gemacht werden, dass die Abbildungen häufig nicht in einem einheitlichen Maßstab zur Größe der Originalbilder wiedergegeben sind, so dass kleine und große Werke hier etwa gleich groß erscheinen können. In einer Pollock-Biographie z.B. ist eine Reproduktion von Guernica etwa ein Drittel so hoch wie Pollocks auf der gegenüberliegenden Seite abgebildetes Birth (Geburt). Tatsächlich ist Picassos Bild aber drei Mal so hoch wie Birth.

Die Chronologie der hier wiedergegebenen Ereignisse entspricht der in Dutzenden vorliegender Biographien, obwohl andere Fakten und vor allem die Reihenfolge, in der Pollocks Werke vollendet wurden, sich unterscheiden mögen. Die Chronologie wird in diesem Buch generell gegenüber der Entwicklung von Themen zurückgestellt.

Gemäldetitel

Nach den Titeln von Pollocks Gemälden gefragt, äußerte Lee Krasner, Pollock habe gewollt, dass die Menschen “reine Gemälde” ansehen und nicht von Titeln abgelenkt werden. In einem Interview im New Yorker vom August 1950 erklärte Pollock: “Ich habe mich entschlossen, nicht weiter zu der Verwirrung [durch verbale Titel] beizutragen.” In der Folgezeit erhielten manche Werke nur Nummern, andere aber durchaus verbale Titel und manche wiederum beides. Ein und dasselbe Werk konnte in unterschiedlichen Ausstellungen mit unterschiedlichen Titeln erscheinen. Die alphabetische Liste am Ende dieses Buches bezieht sich primär auf die Titel in den Ausstellungen. Vollständige Informationen zu diesem Themenkomplex finden sich im vierbändigen Catalogue Raisonné of Patintings, Drawings and Other Works, herausgegeben von Francis V. O’Connor und Eugene V. Thaw und 1978 publiziert von der Yale University Press. Ein Supplement wurde 1995 von der Pollock-Krasner Foundation herausgegeben.

Die Worte in den Titeln von Pollocks Werken haben häufig, wenn überhaupt, nur wenig mit den Bildern zu tun. (Siehe weiter unten im Abschnitt über das Jahr 1943 die Bemerkungen zu Moby Dick). Die Galeristin Betty Parsons fügte zu manchen Titeln den Buchstaben ‘A’ hinzu, was vermutlich bedeuten soll, dass sie im genannten Jahr ausgestellt, aber nicht verkauft wurden. Sie könnten jedoch nicht einmal in dem im Titel genannten Jahr gemalt worden sein. Spätere Titel sollten Zahlen, Wörter und Kombinationen aus beiden enthalten, wobei Titel auch Daten enthielten und manche wiederum nicht. Zudem implizieren weder die Zahlen noch die Daten eine chronologische Reihenfolge. Der Anhang bietet jedoch eine Liste der in diesem Buch reproduzierten Bilder. Die Titel sind chronologisch nach – wenn dieses bekannt ist – ihrem Entstehungsjahr oder dem im Titel genannten Jahr angeordnet.

Ebenfalls unter den hier genannten Titeln zu finden sind die beiden Serien Sounds in the Grass (Töne im Gras) und Accabonac Creek. Mehr als 50 Werke Pollocks tragen überhaupt keinen Namen, aber einige von ihnen weisen in ihrem Titel eine Jahreszahl auf, während die anderen ein Jahr zugewiesen bekommen.

Biographien

Im Gegensatz zu anderen Biographien verweist das vorliegende Buch gelegentlich auf fiktionale oder poetische Werke über Pollocks reales Leben. Diese fiktionalen Texte sind weniger verlässlich als die eigentlichen Biographien und zuweilen geradezu unerhört. Die einfallsreichsten dieser Werke, wie etwa das Gedicht Jackson Pollock von Frank O’Hara oder der Film aus dem Jahr 2005 PollockSquared (PollockEingefangen) von Bill Rabinovitch, können jedoch Wahrheiten zum Ausdruck bringen, wie es die reinen Tatsachen nur schwer können.

Derartige Fiktionen können auch hilfreiche Verbindungen zwischen bekannten Fakten herstellen. Dieses Buch bemüht sich, anerkannte Tatsachen von Fiktionen zu unterscheiden. In der Bibliographie sind die benutzten echten Biographien zu finden.

Historischer Kontext

Einige der hier wiedergegebenen Kommentare von Zeitgenossen Pollocks wirken heute nicht besonders bemerkenswert. Man sollte sich jedoch vor Augen halten, dass sie Jahre bevor Pollocks Leistung anerkannt war, geäußert wurden.

Der Boden von Jackson Pollocks Atelier. Der Frühling, East Hampton, Long Island, 1998.

 

"Ich komme erst jetzt wieder in die Malerei hinein und das Zeug beginnt wirklich zu fließen. Großartiges Gefühl, wenn es passiert." (426)

– Im Alter von 36 Jahren

The She-Wolf (Die Wölfin), 1943.

Öl, Gouache und Gips auf Leinwand, 106,4 x 170,2 cm,

The Museum of Modern Art, New York.

Birth (Geburt), 1938-1941.

Öl auf Leinwand, 116,4 x 55,1 cm, Tate Gallery, London.

Untitled, (Scent) (Ohne Titel (Duft)), 1953-1955.

Öl auf Leinwand, 99 x 146 cm. Sammlung David Greffen, Los Angeles.

 

 

Einige dieser Aussagen waren geradezu prophetisch, da sie aus einer Zeit stammen, in der nur ihn unterstützende Verwandte und ein kleiner Freundeskreis Pollocks Arbeiten kannten. Einige seiner Zeitgenossen erkannten nicht nur sein Potenzial, sondern riskierten, indem sie ihn unterstützen, auch ihre Reputation. Dies galt besonders für seine ebenfalls künstlerisch tätigen Brüder oder auch Thomas Hart Benton, Lee Krasner, Howard Putzel, Peggy Guggenheim, Clement Greenberg und James Johnson Sweeney. Die folgenden Seiten bieten ein kurzes Profil von jedem dieser einflussreichen und für Pollock wichtigen Menschen.

Pollocks politische Philosophie

Dieser Überblick weist wie frühere Biographien, Filme, Theaterstücke und Kommentare über Pollocks Leben und Werk wahrscheinlich dasselbe Muster auf, das der politische Kommentator David Walsh im Drehbuch von Ed Harris’ Film Jackson Pollock identifiziert hat. Walsh bemerkt, dass der Film “…eine Reihe biographischer Details ansammelt, ohne ihnen jemals einen tiefen Sinn zu verleihen.” (297) Wie die vorliegende und andere Biographien kann der genannte Film die Beurteilung jedoch dem Leser bzw. Betrachter überlassen.

Die meisten Biographen Pollocks bemühen sich in vorhersehbarer Weise, die persönlichen psychologischen Ursachen für sein zerrüttetes Leben zu ergründen. Auch dieser Überblick befasst sich mit Pollocks Alkoholismus, bezieht die Erkenntnisse von Psychiatern ein und präsentiert die Ergebnisse von Studien wie jener des wegweisenden Pollockforschers Francis V. O’Connor. Auch Walshs folgender Kommentar findet Berücksichtigung: “Ein verzweifeltes Verlangen nach Anerkennung zwingt einen gewöhnlich dazu, etwas zu tun, das auffällt… Pollocks Verlangen nach Anerkennung grenzte an das Psychopathische.“

Walsh betont jedoch, dass Pollocks Probleme und die des Abstrakten Expressionismus und der amerikanischen Nachkriegsmalerei insgesamt zu einem großen Teil mit der dramatischen politischen Situation um die Mitte des 20. Jahrhunderts zusammenhingen. Er verweist besonders auf die Entstehung des Stalinismus in der Sowjetunion und kommunistischer Parteien in der ganzen Welt, auf Trotzkis Opposition gegenüber dem Stalinismus und das tragische Schicksal der sozialistischen Revolution, wie auch auf den konservativen Charakter der amerikanischen Nachkriegsgesellschaft. (296)

Porträts

Kurze Profile von Schlüsselfiguren in Pollocks Leben helfen dabei, den Hintergrund und historischen Kontext von Pollocks Leben zu illustrieren. Knappe Biographien der oben genannten Personen sowie Bemerkungen über Willem de Kooning, Matta, Ruth Kligman und Frank O’Hara sind infolgedessen über das Buch verteilt.

Künstlerische Phasen

Pollocks stilistische Phasen überlappten sich. Wie bei vielen Künstlern üblich, wurden seine frühen Werke (d.h. bis etwa in das Jahr 1947 hinein) gelobt. Anschließend werteten die Kritiker sie wieder ab, da die folgenden Arbeiten noch besser waren. In ganz ähnlicher Weise sieht man Werke nach einer besonders erfolgreichen Periode (in Pollocks Fall etwa nach 1950) als weniger wertvoll an. Aber selbst die weniger erfolgreichen Werke in Pollocks Oeuvre hätten ihm einen wichtigen Platz in der Kunstgeschichte gesichert.

Pepe Karmel bemerkt: “…was auf Beobachter in den 1940er und 50er Jahren wie eine relativ bruchlose Entwicklung gewirkt hatte, wurde nun in drei Phasen aufgespalten: die frühen Arbeiten, die “klassischen drip paintings und das Spätwerk.” (Der Ausdruck drip wird hier nur in Zitaten verwendet, da Pollock oder Krasner diesen Terminus nicht mochten. Er lässt sich kaum ins Deutsche übersetzen, da er gleichzeitig die Tätigkeiten Tropfen, Gießen, Sprengen und Spachteln von Farbe bezeichnet). Dieses Buch unterteilt Pollocks Leben, angelehnt an die drei von Karmel oben angefügten Zyklen, in vier Abschnitte:

Der Mythos des Künstler-Cowboys

Die Kämpfe der frühen Jahre: Energie sichtbar machen

Glänzende Jahre auf dem Gipfel: Kunst als Selbstentdeckung

Die Gesten eines Genies: Der Einbezug der Kunst und anderer Menschen in die Selbstzerstörung

Reflection on the Big Dipper (Widerschein des Großen Bären), 1947.

Öl auf Leinwand, 111 x 92 cm, Stedelijk Museum, Amsterdam.

 

"Ja, der moderne Künstler arbeitet mit Raum und Zeit und drückt seine Gefühle eher aus, als dass er sie illustriert." (406)

– Im Alter von 38 Jahren

 

 

Der Mythos des Künstler-Cowboys

 

 

“Im Jahr 1912 sank die Titanic. Picasso war erst 22 Jahre alt, aber seine Le Moulin de la Galette und die fast zehn Jahre älteren Die beiden Schwestern wie auch sein aktueller Harlekin waren bereits weithin bekannt.”

Geburt

Im Geburtsjahr Jackson Pollocks wurde der Demokrat Woodrow Wilson (1856-1924) Präsident der Vereinigten Staaten. Aber vor allem die Politik seines ebenfalls demokratischen Nachfolgers Franklin Delano Roosevelt (1882-1945) sollte großen Einfluss auf Pollock und die Kunstwelt ausüben. Zufälligerweise waren sowohl Pollocks Geburts- als auch sein Todesjahr durch große Katastrophen der Schifffahrt gekennzeichnet. Die Titanic sank 1912 auf ihrer Jungfernfahrt, während im Jahr 1956 die Andrea Doria sank. Der Untergang der Titanic war die wichtigste Nachricht des Jahres 1912. In diesem Jahr wurden Arizona und New Mexico Bundesstaaten der USA. Die Ereignisse aus diesem Jahr, die die größten Auswirkungen auf Pollock haben sollten, waren jedoch die Veröffentlichung von C. G. Jungs Zur Psychoanalyse und die Popularität von Werken Picassos wie die des aus diesem Jahr stammenden Bildes Die Violine.

Cody

Jackson Pollock wurde am 28. Januar 1912 auf der Watkins Ranch in Cody, Wyoming, geboren. Cody liegt im Nordwesten dieses Bundesstaates, etwa 80 km vom Yellowstone Nationalpark entfernt. Wyoming ist als der “Cowboystaat“ bekannt und gehörte zum legendären Wilden Westen. Als Jacksons Eltern dorthin zogen, lebten in Cody etwa 500 Menschen. (334) Pollocks früheste Erfahrungen fanden in einer Atmosphäre der Mythologisierung und Romantisierung des Alten Westens statt. Jacksons Geburtsstadt wurde nur sechs Jahre, bevor die Familie Pollock dorthin zog, von Colonel William “Buffalo Bill” Cody (1846-1917) gegründet, vermutlich der bekanntesten historischen Figur aus dem gesamten Bundestaat. Dutzende Orte in dieser Gegend trugen seinen Namen. Er war ein international bekannter Büffeljäger und Showman, ein Förderer – und sogar der Schöpfer – einiger der legendärsten Symbole der “Wildwest-Kultur“. Cody schlachtete ohne jede Not 6570 Büffel ab, in einer Zeit, in der Tier- und Umweltschutz noch keine Rolle spielten. Zurzeit von Jacksons Geburt näherte sich Buffalo Bill bereits dem Ende seines Lebens. Pollock sollte aber auf eine eigentümliche Weise den Pioniergeist und den Mythos des legendären amerikanischen Cowboys weitertragen. Obwohl Pollock nur seine ersten Lebensmonate in Cody verbrachte, ließ er manche Menschen in dem Glauben, er habe bis zu seiner Ankunft in New York in dieser Westernstadt gelebt. Die an Pollock erinnernde Figur in John Updikes von Pollock inspiriertem Roman Sucht mein Angesicht aus dem Jahr 2002 “…erzählte den Leuten immer, dass er ein Cowboy gewesen sei, und es war eine Lüge, aber sein Körper sah so aus.” (429)

Willem de Koonings Biographen bemerken, dass “…Pollocks Selbstzerstörung eine Art Größe hatte, die viele in der Kunstwelt respektierten. Pollock schien eine wirklich amerikanische Figur zu sein, ein authentischer Visionär, Cowboy und Alleingänger.” (189)

Fiktion

Der Titel von Updikes Roman spielt auf den Vers in Psalm 27 an: “Mein Herz denkt an dein Wort ‚Sucht mein Angesicht’. Dein Angesicht, Herr, will ich suchen.“ Der Psalmendichter, Updike und auch Biographen wollen das Bild ihres Gegenstands enthüllen, obwohl sie wissen, dass das Bild letzten Endes ein Geheimnis bleiben wird. Aber gleichzeitig verhüllt Updike seinen Gegenstand – Jackson Pollock – auch, allerdings recht durchsichtig. Einige der Namen im Roman etwa sind offensichtliche Anspielungen, etwa Onna de Genoog alias Willem de Kooning oder Hackmann alias Hofmann. Seamus O’Rourke ist fast ein Anagramm von Mark Rothko. Updikes Hauptfigur trägt den Namen Zack McCoy. Dieser Name kombiniert die leicht abgewandelte Kurzform von Pollocks Vornamen (Jack) mit dem Nachnamen seines Vaters (McCoy).

The Real McCoy

Offensichtlich wurde er nur von seiner Familie Jack genannt. (146) Er unterzeichnete aber mindestens einen Brief mit “Jacks.” (384) Im Jahr 1930 legte Pollock seinen ersten Namen, Paul, ab. Jahre später nannte seine Frau Lee Krasner ihn sogar in seiner Gegenwart nur “Pollock”. McCoy war der Geburtsname von Jacksons Vater LeRoy. Nach dem Tod seiner Eltern im Jahr 1897 nahm sich eine Familie namens Pollock des Vaters Jackson Pollocks an, die ihn zehn Tage vor seinem 21. Geburtstag adoptierten. Er nahm dann den Namen Pollock an. Er bat zwar einen Anwalt, dafür zu sorgen, dass er seinen Namen wieder in McCoy ändern konnte, aber das war zu kostspielig. (383)

Seltsamer als Dichtung

Während Biographien häufig keine Fiktionen berücksichtigen, gibt es Romane, Dramen und Filme über Pollock, die, mit den üblichen Vorbehalten, dabei helfen, einige Löcher in den Pollock verhüllenden Schleiern zu stopfen. Der Literaturkritiker des Time Magazine hielt Updikes Roman Sucht mein Angesicht für “schön und weise”. (63)

Composition with Pouring II (Komposition mit Gießverfahren II), 1943.

Öl auf Leinwand, 64,7 x 56,2 cm. Smithsonian Institution, Washington, DC.

Male and Female (Mann und Frau), 1942.

Öl auf Leinwand, 184,4 x 124,5 cm, Philadelphia Museum of Art, Philadelphia.

 

 

Updikes Porträt Pollocks illustriert in der Tat nicht nur einige Details wesentlich plastischer als die meisten ernsthaften Biographien, sondern kombiniert auch Tatsachen mit Gerüchten aus der Sensationspresse über Pollocks Affären, Homosexualität und uneheliche Kinder. Viele Pollock-Anhänger schenken dem Roman Glauben, sie mögen die sensationellen Schlagzeilen der Regenbogenpresse und perpetuieren unnötigerweise gewisse Mythen. Andere meinen jedoch, es gebe in der Realität “genug“ Gewalt, Schocks und Ausschweifungen, so dass Übertreibungen nicht notwendig seien.

Es gibt einen weiteren Roman über Pollocks Leben, Top of the World, Ma! (Sieh mich an, Ma!) von Michael Guinzburg. Dieser Roman präsentiert viele auch in Updikes Buch zu findenden Episoden aus Pollocks Leben. (30) Der Titel bezieht sich auf einen Ausspruch des Schauspielers James Cagney in dem Film Maschinenpistolen aus dem Jahr 1949. Er lautet im Original “Sieh mich an, Ma! Auf dem Gipfel der Welt.“ Dieser Ausspruch wäre für Pollock auf dem Höhepunkt seiner Karriere gegenüber seiner Mutter zweifellos angemessen gewesen.

Die Familie Pollock

Der 1912 geborene Jackson war der jüngste von fünf Söhnen seiner Eltern LeRoy McClure (1876-1933) und Stella May (1875-1958). Seine Brüder waren Charles Cecil (1902-1988), Marvin Jay (1904-1986), Frank Leslie (1907-1994) und Sanford “Sande” LeRoy (1909-1963). Jacksons Mutter wollte, so erzählt seine Schwester Elizabeth, dass alle ihre fünf Söhne künstlerische Berufe ergriffen. Sie hielt sie für “potenzielle Genies“. In einem Brief an Charles schrieb Sanford jedoch, dass er glaube, dass die emotionalen Probleme ihres Bruders Jackson “...bis in seine Kindheit zurückgehen, bis in seine Beziehung mit der Familie und unserer Mutter.” (145)

Die Informationen über die Familie Pollock und ihre Herkunft verraten Einiges über den jüngsten Sohn, den “Cowboy”, der die Mythologie seiner Wurzeln kultivierte. Seine Cody und der Western-Kultur länger als Jackson ausgesetzten Brüder haben sich offenbar stärker von dieser Herkunft gelöst und ihrer jeweils neuen Umgebung angepasst. Auf Grund des rebellischen Temperaments Jacksons und seinem Bedürfnis nach Individualität ist es durchaus möglich, dass er nicht die Rolle eines urbanen Cowboys angenommen hätte, wenn seine Brüder in ihr verhaftet geblieben wären.

Während seines gesamten Lebens erwähnte Pollock immer wieder, dass er in Cody aufgewachsen sei. Tatsächlich verbrachte er jedoch weniger als seine ersten zehn Lebensmonate dort, bevor die Familie nach National City in der Nähe von San Diego in Kalifornien zog. Dies war der erste von mehreren Umzügen in Jacksons Jugendzeit. Schon nach nur acht Monaten in San Diego zog die Familie weiter, denn im Jahr 1913 kaufte LeRoy im Alter von 37 Jahren eine Farm in Phoenix, Arizona. Er verkaufte sie nur vier Jahre später und zog dann in das kalifornische Chico, wo er eine andere Farm kaufte, die er wiederum verkaufte, um anschließend in Janesville ein Hotel zu erstehen. Während seiner ersten zehn Lebensjahre lebte Pollock auf Grund der unsteten Lebensweise seines Vaters in sechs verschiedenen Häusern in drei verschiedenen Bundesstaaten, doch wohnte die Familie allein in Kalifornien in acht verschiedenen Orten.

Religion

Jacksons Eltern stammten ursprünglich aus Iowa, dem unmittelbar westlich von Jacksons Geburtsstaat Wyoming gelegenen Bundesstaat. Sie hatten schottische bzw. irische Wurzeln und waren Presbyterianer, während ihre Vorfahren zu den Quäkern gehörten, aber sie zwangen den Kindern kein Bekenntnis auf. Offensichtlich konnte sich keiner seiner Brüder daran erinnern, ob Jackson getauft wurde (Updike erinnert seine Leser daran, dass es bei den Quäkern keine Taufe gibt).

In einem Brief an Charles und Frank aus dem Jahr 1929 gesteht Jackson, er habe “...die Religion fürs Erste aufgegeben“, obwohl er im Vorjahr stark von der Theosophie beeindruckt worden war. Biblische Motive finden sich nur in wenigen Zeichnungen Pollocks und illustrieren in erster Linie seine Studien an klassischen Künstlern wie etwa El Greco.

Die Tatsache, dass Jackson nicht getauft worden war, sollte anlässlich seiner Heirat ein Thema werden. Er war es jedoch, der eine Heirat wollte und nicht seine Frau Lee Krasner. Lee war im jüdischen Glauben erzogen worden.

Pollock der Cowboy

Eine wesentlich zu dem Mythos des Cowboys Pollock beitragende Fotografie von Lee Ewing aus dem Jahr 1927 ist die einzige, die Pollock in Cowboykluft zeigt. Es gibt aber auch Photos, die zeigen, dass er gelegentlich sogar formelle Kleidung trug und wie ein Mitglied eines europäischen Königshauses mit einem Spazierstock in der Hand posierte. Der Übersetzer einer deutschen Pollock-Biographie kommentiert mit Verweis auf diese kuriosen Photos, dass der junge Mann zu dieser Zeit “...dandyhafte Kleidung kultivierte”. (123)

Nach dem Abschluss der Dreharbeiten zu seinem Film Pollock bedauerte der Regisseur Ed Harris - sein Kommentar findet sich auf der DVD-Ausgabe des Films -, dass das bekannte Cowboy-Photo in dem Film nicht deutlicher gezeigt wurde. (45) Das Photo ist nur kurz zu sehen und zudem nur am Rande einer Szene, die Pollocks Apartment an der Eighth Street im Greenwich Village in Manhattan zeigt.

Vermutlich auf Grund der Bewunderung der Amerikaner für die Pioniere des amerikanischen Westens und den Mythos des amerikanischen Cowboys wurde Pollock sein seltsames Verhalten häufig nachgesehen. Die Toleranz erstreckte sich zuweilen sogar auf sein rücksichtsloses Autofahren unter Alkoholeinfluss. Minuten, bevor er betrunken tödlich verunglückte, sollte ein Polizist - leider für ein letztes Mal - gnädig über seinen Zustand hinwegsehen.

Easter and the Totem (Ostern und das Totem), 1953.

Öl auf Leinwand, 208,6 x 147,3 cm, The Museum of Modern Art, New York.

 

"Kein Chaos, verdammt!" (413)

– Im Alter von 38 Jahren

The Flame (Die Flamme), 1934-1938.

Öl auf Leinwand, geklebt auf Holzfaserplatte,

51,1 x 76,2 cm, The Museum of Modern Art, New York.

 

"Ich fühle mich auf einer großen Fläche einfach wohler als auf etwas im Maß 2 * 2 [d.h. 2 * 2 Fuß]; ich fühle mich auf einer großen Fläche mehr zu Hause." (406)

– Im Alter von 38 Jahren

 

 

Wie einige der rauen Figuren aus Westerngeschichten pflegte Jackson einen häufig prahlerischen und groben Wildwestgeist, vor allem in den Bars von Manhattan, während seine Kunst die kultivierten Betrachter in den besten Museen der ganzen Welt in ihren Bann zog (290). Die Kunstwelt sollte für immer durch Pollocks einzigartigen, wichtigen und unauslöschlichen Beitrag verändert werden. Noch zu seinen Lebzeiten war Pollock ein wichtiger Orientierungspunkt geworden, da man die moderne Kunst in die Phasen “vor“, “gleichzeitig mit“ oder “nach“ Pollock einzuteilen begann.

Sogar 50 Jahre nach Pollocks Tod ist dies immer noch so. In einer Kritik der ersten Ausstellung der frühen Werke der italienischen Malerin Carla Accardi in Manhattan im Jahr 2005 bemerkt Roberta Smith von der New York Times, dass unter den Werken eindrucksvolle Arbeiten aus der Mitte der 1950er Jahre zu finden sind, deren Felder aus verstreuten und sich überlappenden Kreisen und Zeichen in Weiß, Gelb und Schwarz “...wie eine kontrollierte Antwort auf die Arbeiten von Jackson Pollock wirken”. (389)

Aber nicht alle Bezüge auf Pollock sind durch ein Verständnis seiner Arbeitsweise charakterisiert. Während des Präsidentschaftswahlkampfs des Jahres 2004 sprach Daniel Okrent von der New York Times von der seiner Ansicht nach unzulänglichen Berichterstattung der Zeitung über die Kampagne. Er verglich ihr Chaos mit einem “…von Jackson Pollock adaptierten Muster“. Der Titel seines Artikels lautete “Wie würde Jackson Pollock über diese Kampagne berichten? (378)

Politik in der Familie Pollock

Walsh zufolge war Pollocks Vater LeRoy ein Sozialist und so wurde auch sein Sohn ein solcher. Wie Pollocks Biographen hervorheben, war LeRoy ein Anhänger sozialistischer Arbeiterführer und “…feierte die Nachricht, dass die russischen Arbeiter die Kontrolle über ihre Regierung übernommen hatten“. Zwei seiner fünf Söhne sollten in der Arbeiterbewegung aktiv werden und einer der Kommunistischen Partei beitreten. Zwei andere wurden Künstler und waren politisch weniger stark interessiert. (300)

Frühe Schleier

Die Unterscheidung zwischen dem authentischen und dem fabrizierten Pollock begann schon zu seinen Lebzeiten. Pollock selbst pflegte den Mythos, dass er ein ungehobelter Cowboy sei.

Das Land war sehr an Cowboy-Legenden interessiert. Die Popularität dieses Symbols kam in der Alltagskultur mit ihren zahlreichen populären Western-Filmen und -Romanen und der Country- und Western-Musik zum Ausdruck. Die meisten Amerikaner können ihr Bild vom Wilden Westen auf Filme zurückführen, vor allem jene von John Ford (eigentlich Sean Aloysius O’Fearna, 1895-1973). Etwa die Hälfte seines umfangreichen Werks gehört in die Kategorie Western. Laut seinem Freund Ted Dragon sah Pollock sich gerne die wöchentlichen Western- oder Science Fiction-Filme an. Für den Kinobesuch zahlte ihr wohlhabender Freund Alfonso Ossorio. (318) Der Regisseur eines Großteils dieser Western dürfte Ford gewesen sein. Diese Filme prägten Pollocks Bild vom Westen mindestens ebenso stark wie seine frühen Lebensjahre.

Das Western-Thema begegnete ihm sogar in der klassischen Musik, u.a. in Aaron Copelands Ballettmusik aus den 1940er Jahren. Vor allem in diesen Jahren gab es mehrere Broadway-Musicals über Western-Themen und in den 1950er Jahren zahlreiche einschlägige Fernsehsendungen, bei denen es sich in der Regel nicht um Dokumentationen handelte und die nur wenig von der Realität des Westens widerspiegelten.

Die östlichen oder urbanen Versionen des Cowboys entwickelten sich zu den rebellischen jungen Männern der 50er Jahre, die Pollocks Persönlichkeit erheblich eher glichen. Sogar Malerkollegen verglichen Pollock mit Marlon Brandos Figur Stanley Kowalski in Endstation Sehnsucht. Kommentatoren hielten es sogar für möglich, dass Pollock den Dramatiker zu dieser Figur inspiriert haben könnte. Tennessee Williams und Pollock wurden im Jahr 1944 Freunde, d.h. einige Jahre vor der Entstehung des Dramas. Benton malte 1948 ein Bild des ursprünglichen Theaterensembles. Einige Kommentatoren erkennen in der physischen Erscheinung der Hauptfigur in Bentons Skizze für die Pokerparty-Szene aus dem Stück die Züge des jungen Pollock. (224)

Im Jahr 1950 verbrachte Williams viel Zeit mit Pollock. Man sah ihn häufig auf seinem Fahrrad zu Pollocks Haus in Springs fahren. Williams’ Drama Die tätowierte Rose und sein Roman Mrs. Stone und ihr römischer Frühling, die beide von der Kritik gefeiert wurden, erschienen in jenem Jahr.

 

“Im Jar 1913 erschien Freuds Totem und Tabu. In Paris feierte Strawinskys Le Sacre du Printemps Premiere. In Manhattan schockierte die revolutionäre Armory Show mit wegweisenden Werken des Postimpressionismus und des Kubismus die Kunstwelt.”

Die Entstehung des Abstrakten Expressionismus

Während Pollocks Kindheit schienen Kulturschocks (z.B. Freud, Dada und Strawinsky) die Welt auf ihn vorzubereiten. Ryder und andere Vorläufer starben im Jahr 1917. Pollock sollte sie später bewundern, während andere Künstler, die ihn faszinieren sollten (z.B. Matisse und Picasso), in ihrer Blüte standen. Dieses Jahrzehnt sah ferner die Veröffentlichung der grundlegenden Schriften der jungianischen Psychologie, die den künftigen Künstler stark prägen sollte.

Number 1 (Nummer 1), 1949, 1949.

Lack und Metallfarben auf Leinwand, 160 x 259,1 cm.

Museum of Contemporary Art, Los Angeles.

Sammlung Rita und Taft Schreiber.