image

Stiftung und Nachlass

Lutz Förster

Stiftung und Nachlass

Mit einer Einführung von Ise Bosch

3. Auflage

StiftungsRatgeber, Band 3

Image

Impressum

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag:

Autoren:

Coverfotos: © Anhees – Fotolia.com

ISBN: 978-3-941368-11-8
eISBN: 978-3-941368-33-0

 

Inhalt

Vorwort

Einführung: Worauf es beim Nachlass-Stiften ankommt

von Ise Bosch

I. Motivationen des Gebens

II. Die Bedeutung von Stiftungen und gemeinnützigen Organisationen

III. Die Frage nach dem Stiftungszweck

IV. Die Frage nach der richtigen Form

Vom Zweck ausgehen

Die Stiftung bürgerlichen Rechts oder selbstständige Stiftung

Gute Stiftungsarbeit kostet Geld – welches Volumen passt zu welcher Rechtsform?

Die Treuhandstiftung

Die gemeinnützige GmbH

Die Zustiftung

Die Verbrauchsstiftung

Nachlass-Spenden

V. Ihr Nachlass als Verwirklichung Ihres persönlichen Willens

Gesetzliche Erbfolge | von Dr. Lutz Förster

I. Erbrecht der Verwandten

II. Erbrecht der Ehegatten

1. Zugewinngemeinschaft

2. Gütertrennung

3. Gütergemeinschaft

4. Eigentums- und Vermögensgemeinschaft in der ehemaligen DDR

III. Erbrecht des nichtehelichen Kindes

1. Erbfälle vor dem 01.04.1998

2. Erbfälle ab 01.04.1998

IV. Erbrecht der Lebenspartner

Gewillkürte Erbfolge | von Dr. Lutz Förster

I. Testierfreiheit

II. Errichtung einer Stiftung von Todes wegen

III. Abgrenzung Testament und Erbvertrag

1. Testament-Arten

2. Erbvertrag

3. Gebühren

IV. Gestaltungsformen in ihrer Beziehung zur Stiftung

1. Stiftung als Erbin

2. Stiftung als Nacherbin

3. Stiftung als Vermächtnisnehmerin

4. Stiftung als Auflagenbegünstigte

5. Stiftung und Testamentsvollstreckung

Stiftung und Pflichtteilsrecht | von Dr. Lutz Förster

I. Pflichtteilsberechtigte

II. Höhe des Pflichtteilsanspruches

1. Berechnung

a) Pflichtteilsquote

b) Nachlasswert

c) Anrechnung von Vorempfängen

2. Pflichtteilsergänzungsanspruch

3. Pflichtteilsrestanspruch

III. Beschränkter und beschwerter Nachlass

1. Beschwerungen und Belastungen

2. Ausschlagung durch den Ehegatten

IV. Pflichtteilsentziehung

V. Entstehung und Verjährung, Stundung

VI. Gestaltungsmöglichkeiten

1. Berücksichtigung des Pflichtteils

2. Pflichtteilsverzichtsvertrag

Stiftung und Steuern in der Nachlass-Strategie | von Dr. Lutz Förster

I. Steuerrecht der Stiftung: Rechtslage ab 01.01.2007

1) Steuervorteile des Zuwendungsgebers

2) Steuervorteile der Stiftung

II. Erbschaft- und Schenkungsteuer

1. Steuerpflichtige Übertragungen

2. Steuerfreie Übertragungen

3. Änderungen aufgrund des Erbschaftsteuerreformgesetzes und des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes

4. Steuerfallen

a) Berliner Testament

b) Güterstand der Gütertrennung

c) Vor- und Nacherbschaft

d) Vorweggenommene Erbfolge

e) Barvermögen, Wertpapiere

f) Betriebsvermögen

g) Lebensversicherung

h) Vermächtnis

5. Bewertung von Immobilien und Unternehmen

a) Unbebaute Grundstücke

b) Bebaute Grundstücke

c) Erbbaurecht

d) Betriebe der Land- und Forstwirtschaft

e) Bewertung von Unternehmen und Betriebsvermögen

Besondere Verfügungen zugunsten von Stiftungen | von Dr. Lutz Förster

I. Behindertentestament

1. Einführung

2. Rechtliche Situation

3. Stiftung als Nacherbin

4. Zusammenfassung

II. Unternehmensnachfolge

1. Einführung

2. Güterstand

3. Teilungsanordnung

4. Schenkungen

a) Ausstattung, Pflichtteilsansprüche

b) Sicherungen des Übergebers

5. Gesellschaftsrecht

6. Unternehmensverbundene Stiftung

Anhang

1. Mustertexte

Testament mit Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung von Todes wegen

Testament mit Stiftung als Nacherbe

Testament und Vermächtnis zugunsten einer Stiftung

Testament mit Testamentsvollstreckeranordnung

Pflichtteilsverzichtsvertrag

Behindertentestament – Gemeinschaftliches Testament

2. Einschlägige Gesetzestexte

Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Auszug aus der Abgabenordnung (AO)

Auszug aus dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG)

Auszug aus dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)

Auszug aus dem Bewertungsgesetz (BewG)

Auszug aus dem Heimgesetz (HeimG)

3. Dokumentation

Ergänzung zum Kapitel „Stiftung und Steuern in der Nachlass-Strategie“, Abschnitt I. Steuerrecht der Stiftung: Rechtslage bis 31.12.2006

Ergänzung zum Kapitel „Stiftung und Steuern in der Nachlass-Strategie“, Abschnitt II.3.: Rechtslage bis 31.12.2006

4. Service

Literatur

Über den Bundesverband Deutscher Stiftungen

Adressen und Hinweise

Über die Autoren

Vorwort

Mehr als fünfundsechzig Jahre Frieden auf deutschem Boden haben das private Vermögen hierzulande in eine ungeahnte Höhe steigen lassen. Laut seriösen Untersuchungen befinden sich rund sechs Billionen Euro Vermögen in privaten Händen. Davon werden jährlich etwa 200 Milliarden Euro vererbt oder als Schenkung weitergegeben. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass weniger als ein Viertel aller Deutschen ein Testament verfasst haben, wie in den Medien berichtet wird.

Es gibt einen enormen Beratungsbedarf bei der Errichtung eines Testamentes, vor allem, was die richtige Form, die steuerlichen Gesichtspunkte und die Gestaltung etwaiger Pflichtteilsrechte angeht. Liegt keine letztwillige Verfügung vor, wird der Nachlass eines Menschen nach der gesetzlichen Erbfolge, den Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), verteilt. Diese Regelung entspricht meistens nicht den Wünschen des Erblassers*. Nur wenn Sie als Erblasserin oder Erblasser eine individuelle Verfügung hinterlassen, ist gewährleistet, dass Ihr Wille vollständig erfüllt und umgesetzt wird.

Zum 1. Januar 2007 ist die Reform des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts in Kraft getreten: Hierdurch werden Stiftern erhebliche steuerliche Anreize gewährt, die das Gemeinwohl weiter stärken werden.

Dieser Ratgeber möchte Ihnen Grundkenntnisse zum Thema Erb- und Stiftungsrecht vermitteln. In den Formulierungen müssen wir uns eng an die gesetzlichen Vorlagen halten, aber wir versuchen, die Sachlage so allgemein verständlich wie möglich zu erklären – damit Ihr Stifterwille nachhaltig umgesetzt werden kann und damit die Stiftung Ihre Zuwendung oder Schenkung annehmen und verwenden kann, ohne dass sie durch etwaige Ansprüche Dritter gefährdet wird.

Die relevanten Passagen aus Gesetzen, auf die im Text verwiesen wird, haben wir im Anhang für Sie zusammengestellt. Im Anhang finden Sie zudem Musterformulare sowie Hinweise auf weiterführende Literatur und nützliche Adressen.

* Wegen der besseren Lesbarkeit verwenden wir in diesem Buch nicht durchgängig eine geschlechtergerechte Sprache. Mit „Erblasser“, „Erbe“, „Stifter“ etc. sind immer auch Frauen gemeint.

Einführung

Worauf es beim Nachlass-Stiften ankommt

von Ise Bosch

„Ich gründe einfach eine Stiftung

die kann das dann weitermachen.“

da ist das Geld besser aufgehoben.“

das ist mir lieber, als so viel Erbschaftsteuer zu zahlen.“

Das sind womöglich Ihre ersten Überlegungen im Beratungsgespräch mit dem Rechtsanwalt oder Notar, mit der Bank- oder Steuerberaterin oder auch im Gespräch mit dem Partner oder der Partnerin. Hier scheint eine Lösung in Sicht für eine vielleicht verzwickte oder persönlich schwierige Situation!

Und wie geht es weiter? Zu den rechtlichen Fragen – Rechtsformen, Gestaltung der Satzung oder der Verträge – ist Rat noch am ehesten zu finden. Eine Grundlage dafür finden Sie im folgenden Hauptteil dieses Bandes und im Ratgeber „Die Gründung einer Stiftung“ (siehe Literatur im Anhang). Mustersatzungen sind ebenfalls im Anhang oder per Mausklick unter www.stiftungen.org/muster zu finden: „Zweck der Stiftung ist …“ – und damit tauchen die nächsten Fragen auf. Die Abgabenordnung listet mögliche gemeinnützige Zwecke auf (siehe Anhang S. 154), aber auch wenn Sie Ihre Interessen darunter wiederfinden, beantwortet das noch nicht die Frage: Was genau soll die Stiftung tun? Was soll sie fördern, wo Hilfe leisten, auf welchen gesellschaftlichen Misstand eine Antwort geben?

Bei der selbstständigen, rechtsfähigen Stiftung genießt der Stiftungszweck den höchsten Rang: Die Vermögensmasse, die Sie stiften, gehört danach „sich selbst“ und damit quasi dem Stiftungszweck. Ab dann wacht die Stiftungsaufsichtsbehörde darüber, ob die Mittel der Stiftung für die Ziele eingesetzt werden, die in der Satzung festgelegt sind. Sobald die Stiftungssatzung (oder -verfassung) unterzeichnet ist, können Sie den Stiftungszweck einer selbstständigen Stiftung grundsätzlich nicht mehr ändern. Die Möglichkeiten einer späteren Zweckerweiterung oder -änderung, Zusammenlegung und Auflösung können in der Satzung erwähnt werden, aber immer muss die Stiftungsaufsichtsbehörde prüfen, ob eine Erfüllung des ursprünglichen Stiftungszweckes ganz und gar nicht mehr möglich ist, sodass eine Änderung der Satzung unausweichlich ist – und sie ist gehalten, dies im engen Sinne zu tun.

Gerade die Frage des Stiftungszweckes ist also immens wichtig. Es ist eine Entscheidung für immer. Wie können Sie sich hier orientieren? Nur zwei inhaltliche Aspekte werden vorab von der Stiftungsaufsichtsbehörde geprüft und sind deshalb auf jeden Fall Gegenstand der rechtlichen Beratung: ob der Stiftungszweck erreichbar erscheint, und ob die verfügbaren Mittel im rechten Verhältnis dazu stehen. Die wirklich zentralen inhaltlichen Fragen – wie könnte die Umsetzung in der Praxis aussehen, wie zukunftsgerichtet ist das Vorhaben, und ist die Satzung dafür optimal gestaltet? – müssen Sie selbst im Blick behalten. Ist zu erwarten, dass Ihre Stiftung auch in fünfzig, in hundert oder in dreihundert Jahren noch sinnvoll ist?

Und dann sind da noch die rein praktischen Fragen. Sie erwägen eine Stiftung per Nachlass und überlegen, wer dafür verantwortlich sein soll, dass Ihr Wille als Stifter oder Stifterin gut umgesetzt wird. Wer leitet Gründung und Stiftungsaufbau, wer füllt die Stiftung Jahr für Jahr mit Leben, wer stellt sicher, dass sie sowohl nach Ihren Wünschen arbeitet als auch auf der Höhe der Zeit ist? Wer hat die Fachkenntnis, nicht nur für die rechtlichen und verwaltungstechnischen Dinge, sondern auch für die Inhalte?

Sie mögen Menschen aus Ihrem Umfeld für diese Arbeit im Auge haben: Kollegen, Freundinnen, Familienmitglieder, die Ihre Interessen teilen und die Sie für fähig halten, in Ihrem Sinne zu handeln. Über eine Generation hinaus ist das schwer sicherzustellen. Das bedeutet, dass Sie Mittel für ein professionelles Stiftungsmanagement einplanen müssen – oder von vornherein die Anlehnung an eine Einrichtung suchen sollten, die ein solches Management vorhalten kann. Wenn Sie keine wirklich große Vermögensmasse einsetzen können oder wollen, dann rücken andere Rechtsformen ins Zentrum der Überlegungen: die Treuhandstiftung, die Verbrauchsstiftung, eine Zustiftung zu einer bestehenden Stiftung oder eine große Nachlass-Spende.

Diese Einführung vertieft all diese Fragen und zeigt mögliche Lösungen auf. Ich möchte mich dem Thema von zwei Seiten nähern: von der Motivation der Gebenden her und von der Seite des Bedarfs. So kommen wir zu den Grundfragen bei der Gestaltung des gemeinnützigen Nachlasses und zu den Alternativen, zwischen denen Sie entscheiden können.

I. Motivationen des Gebens

Teilen zu wollen ist eine zutiefst menschliche Eigenschaft. Die Beweggründe dafür sind wissenschaftlich schwer zu erfassen, aber ihre Beschreibung ergibt ein vielfältiges und aussagekräftiges Bild. Unser Bedürfnis, etwas weiterzugeben oder zu helfen, ist in gewisser Weise das Herz unserer Gesellschaft – eine der wenigen Möglichkeiten, die wir haben, um in unserem Handeln den eigenen Idealen wirklich zu entsprechen.

„Ich möchte etwas zurückgeben.“ Das Bedürfnis, der Gesellschaft etwas davon zurückzugeben, was sie uns großzügig gegeben hat, kann eine Motivation sein, beim Testament auch an andere Menschen als die eigenen Nachkommen zu denken: „Weil ich selbst eine gute Schule besuchen konnte, setze ich mich dafür ein, dass andere auch diese Chance bekommen.“

„Das soll nie wieder passieren.“ Viele von uns machen einschneidende Erfahrungen mit Krankheit, Not, Gewalt oder Ungerechtigkeit und entwickeln dann ein starkes Bedürfnis, sich für andere Menschen in ähnlicher Lage einzusetzen. Wer diesen Wunsch zu Lebzeiten nicht umsetzen konnte, kann es per Vermächtnis tun.

„So möchte ich in Erinnerung bleiben.“ Dies mag, speziell für die Gestaltung des Testamentes, die stärkste Motivation sein. Am deutlichsten erinnert eine selbstständige Stiftung, womöglich Trägerin Ihres Namens, an Ihr soziales Engagement. Eine nichtselbstständige Stiftung (auch Treuhandstiftung genannt) sieht nach außen hin nicht anders aus als eine selbstständige Stiftung; sie kann Ihren Namen tragen und anderweitig Ihr Andenken lebendig halten. Eine Zustiftung zu einer bestehenden Stiftung wird dort langfristig dankbar gewürdigt werden; auch gegenüber der Öffentlichkeit können Ihr Name und Ihre Person auf Wunsch dauerhaft Erwähnung finden. Eine oder mehrere große Spenden aus dem Nachlass werden Ihnen die Dankbarkeit der Vermächtnisnehmer ebenfalls sichern.

„Meine Erben brauchen nicht so viel.“ Derzeit erben die Kinder derer, die während des „Wirtschaftswunders“ ein Vermögen erwerben konnten. Es sind überwiegend Menschen, die ihrerseits schon gut situiert sind und auch Verständnis dafür aufbringen, dass ihre Eltern ein gemeinnütziges Vermächtnis hinterlassen wollen. Gegebenenfalls sollten Sie sich von Familienmitgliedern, die ein gesetzliches Pflichtteil erben würden, Pflichtteilsverzichte ausstellen lassen (siehe Kapitel „Stiftung und Pflichtteilsrecht“, Abschnitt VI.2., S. 83). Klarheit hilft allen Beteiligten. Darüber hinaus: Unterschätzen Sie nicht die Wirkung Ihres „gemeinnützigen Nachlasses“ im Kreise der Familie. Eine Familie, die Vorbilder für soziales Engagement unter sich hat, kann sich glücklich schätzen – auch wenn dies nicht bedeutet, dass Ihre Erbinnen und Erben sich unbedingt für dieselben Themen engagieren wollen wie Sie.

„Meine Nachkommen sollen nicht alles bekommen.“ Das kann ein Grund für das Stiften oder Spenden aus dem Vermächtnis (oder schon zu Lebzeiten, aus dem Vermögen) sein. Ihre Gründe mögen in der persönlichen Beziehung liegen oder in Ihrer Einschätzung der Fähigkeiten Ihrer Erben. Steuerlich ist das Vererben an eine gemeinnützige Stiftung oder eine andere gemeinnützige Institution allemal günstiger als das Vererben an eine Privatperson, die nicht in der gesetzlichen Erbfolge steht. Was auch immer der Hintergrund ist: Diese Entscheidung ist Ihr gutes Recht und möglicherweise sehr sinnvoll. Wegen eventuell bestehender gesetzlicher Pflichtteile sollten Sie sich jedoch unbedingt fachlich beraten lassen (siehe Kapitel „Stiftung und Pflichtteilsrecht“, S. 66 ff.).

Oft animieren uns Vorbilder, per Testament gemeinnützig tätig zu werden: Familienmitglieder, Menschen aus dem persönlichen Umfeld oder auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die uns besonders beeindrucken. Stifterfamilien haben häufig eine ganze Reihe von Stiftungen. Jede Generation verwirklicht so ihre eigenen gemeinnützigen Interessen. Das Verzeichnis Deutscher Stiftungen und andere Veröffentlichungen aus dem Stiftungswesen inspirieren dazu, sich selbst auch als Stifterin oder Stifter zu sehen (siehe Literatur im Anhang, S. 200).

Wenn Sie Ihre eigene Motivation, stiften zu wollen, klären, ist das die beste Grundlage für Ihre weiteren Überlegungen. Geht es Ihnen in erster Linie um einen bestimmten Zweck, den Sie fördern wollen? Um den Zusammenhalt in der Familie? Oder darum, die Erbfolge anders zu gestalten, als die Automatismen des Erbrechts es vorsehen?

Wenn Sie selbst Erbe oder Erbin sind und eine Nachlass-Stiftung als Vermächtnis übernommen haben, dann interessieren Fragen zur Stiftungsgründung und zum organisatorischen Aufbau, und für Sie persönlich die Frage, wie direkt und in welcher Form Sie diese Stiftung betreiben wollen.

Wenn Sie aber der oder die Vererbende sind, dann treten Sie an dieser Stelle innerlich einmal einen Schritt zurück: Warum nicht selbst bei der Gründung und beim Aufbau Ihrer Stiftung beteiligt sein? Immer mehr Stifterinnen und Stifter gründen ihre Stiftung zu Lebzeiten und empfinden die aktive Stiftungsarbeit als große Bereicherung. Gerade wenn Sie Ihr Vermögen nicht unbedingt den gesetzlichen Erbinnen und Erben zukommen lassen möchten, bietet sich das Stiften und Spenden zu Lebzeiten als Lösung an. Kein Erbe und keine Erbin hat Anspruch auf das Geld, das in Stiftungen und Spenden geflossen ist – vorausgesetzt, die Zahlungen wurden über zehn Jahre vor Ihrem Tod getätigt. Ratgeber zum Thema Spenden sowie zu Stiftungsgründung und -aufbau für aktive Stifterinnen und Stifter finden Sie in der Literaturliste im Anhang dieses Bandes.

II. Die Bedeutung von Stiftungen und gemeinnützigen Organisationen

Teilen zu wollen, etwas weitergeben zu wollen – das sind nicht nur menschliche Bedürfnisse, sondern Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens. Hier spricht quasi das Herz der Gesellschaft.

Ohne privates freiwilliges Engagement, ohne gemeinnützige Einrichtungen, ohne Spenden und die Förderung durch Stiftungen ist unser soziales Gefüge nicht denkbar. Viele gemeinnützige Einrichtungen und Organisationen bekommen wesentliche staatliche Unterstützung, aber ohne unentgeltliche Mitarbeit, ohne Spenden und Zuwendungen von Stiftungen kämen sie niemals aus. Und seit sich wegen der Weltfinanzkrise 2008 die öffentliche Hand weiter tief verschuldet hat, ist abzusehen, dass die Bedeutung privater Förderungen zunehmen wird.

Stellen Sie sich Deutschland ohne gemeinnützige Einrichtungen vor. Wir hätten dann z.B.:

keine Beratungsstellen und Zufluchtsorte für Frauen, die Opfer von Gewalt werden

nur wenige betreute Werkstätten und Wohngemeinschaften

nur wenige Bibliotheken

wenig Entwicklungshilfe

keine freiwilligen Feuerwehren

keine Hospize

wenig Katastrophenhilfe

viel weniger Kulturzentren, Kleinbühnen, Orchester, Tanzensembles, Musikfestivals, Museen

insgesamt nur wenig Kunst und Kultur

keine Lobby für Lesben, Schwule, Migrantinnen und Migranten, Behinderte, Arbeitslose…

keine Mietervereine

keine religiösen Gemeinden

keine nichtstaatlichen Schulen, Kindergärten und Tagesstätten

keine Sommerfreizeiten für Kinder und Jugendliche

keine spirituellen Zentren

kaum Suppenküchen und Obdachlosenheime

keine Tierheime

keine nichtstaatliche Lobby gegen Umweltzerstörung, Atomkraft, Waffenexport

keine organisierte Konzernkritik

keine Unfallrettung

keine Zoos und nur wenige botanische Gärten

und vieles andere weniger oder gar nicht.

Dem steigenden Bedarf an Stiftungen steht ein wachsendes Interesse daran gegenüber: 2009 wurden in Deutschland 914 neue selbstständige Stiftungen bürgerlichen Rechts gegründet, womit ihre Gesamtzahl auf 17.372 angestiegen ist. Deutschland gilt, dank dem „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ von 2007, als eines der stiftungsfreundlichsten Länder Europas. Deutschlands Stiftungen stammen teilweise aus dem Mittelalter, aber der Großteil sind Gründungen der letzten 20 Jahre. Über 1.000 Stiftungen gibt es inzwischen in den östlichen Bundesländern (vgl. Bundesverband Deutscher Stiftungen [Hg.]: StiftungsReport 2009/10. Berlin 2009, S. 25).

Anzahl der Stiftungserrichtungen in Deutschland

(selbstständige Stiftungen bürgerlichen Rechts)

Images

Die selbstständigen Stiftungen bürgerlichen Rechts in Deutschland bedienen „soziale Zwecke“ mit Abstand an erster Stelle (32 Prozent); danach kommen „Bildung und Erziehung“ sowie „Kunst und Kultur“ (beide 15 Prozent), „Wissenschaft und Forschung“ (13 Prozent) und „Umweltschutz“ (4 Prozent). „Andere gemeinnützige Zwecke“ bedienen 17 Prozent aller Stiftungen. Weitere vier Prozent kümmern sich um privatnützige Zwecke (Bundesverband Deutscher Stiftungen [Hg.]: StiftungsReport 2009/10. Berlin 2009, S. 21).

Das Fördervolumen der deutschen Stiftungen ist beeindruckend: Allein die zehn größten unter ihnen vergaben 2008 zusammen fast 770 Millionen Euro (vgl. unter www.stiftungen.org/statistik die Tabelle der zehn größten deutschen Stiftungen nach Gesamtausgaben). Ein stichfester Überblick über die gesamten Förderungen ist nicht erhältlich, weil bei Weitem nicht alle Stiftungen ihre Finanzdaten veröffentlichen. Laut groben Schätzungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen liegen die Ausgaben der deutschen Stiftungen bürgerlichen Rechts für die satzungsgemäßen Zwecke bei jährlich etwa 16 bis 17 Milliarden Euro (vgl. Verzeichnis Deutscher Stiftungen. Bd. 1: Zahlen, Daten, Fakten zum deutschen Stiftungswesen. Bundesverband Deutscher Stiftungen. Berlin 2008, S. 32). Dennoch wird deutlich: Die Förderungen durch Stiftungen gegenüber staatlichen Förderungen sind gering, selbst wenn sie mit der Summe aller privaten Spenden zusammengenommen werden. In den Jahren 1995 bis 2000 betrugen Spenden und andere private Förderungen in Deutschland ganze 3,4 Prozent des Einkommens im gemeinnützigen Sektor (staatliche Förderung: 64,3 Prozent; Gebühren: 32,3 Prozent) (www.ccss.jhu.edu/pdfs/CNP/CNP_table401.pdf, zuletzt aufgerufen am 15.04.2010).

Ihre wahre Bedeutung erhalten Stiftungen jedoch nicht durch die Geldmengen, die sie verteilen, sondern durch ihre besondere Arbeitsweise. Stiftungen – wie auch private Spender und Spenderinnen – können auf eine Weise agieren, wie es der öffentlichen Hand, oder auch Sponsoren aus der Wirtschaft, selten möglich ist.

Sie können sich sehr direkt an den bestehenden Bedürfnissen orientieren. Sie können ihre jeweiligen Fördergebiete und ihre Projektpartner gut kennenlernen, genau das ermöglichen, was gebraucht wird, und ihre Förderkriterien stets an diese Bedarfe anpassen.

Sie können, wenn sie entsprechend eingerichtet sind, sehr schnell reagieren. Das rechte Geld zur rechten Zeit – das ist ein Schlüssel zum Erfolg.

Sie können unbürokratisch fördern und niedrigschwellige Angebote machen.

Während die öffentliche Förderung prinzipiell mit Legislaturperioden zusammenhängt, können Stiftungen sehr langfristig fördern. Nichts beflügelt ein Projekt so effektiv wie die Aussicht auf eine zehnjährige Förderung.

Sie stehen – im Unterschied zu einer politischen Partei, einer Verwaltung oder der Sponsoring-Abteilung eines Wirtschaftsunternehmens – unter geringem Legitimations- und Rechtfertigungsdruck. So können sie sich kontroverser Themen annehmen, ganz neue Wege einschlagen, wenn nötig auch höhere Summen einsetzen und größere Risiken eingehen.

Nicht zuletzt können sie, als unabhängige und neutrale Einrichtungen, Brücken bilden zwischen Politik und Wirtschaft, zwischen Projekten und öffentlichen Trägern, zwischen großen Verbänden und kleinen Initiativen.

Diese Liste der Vorteile des Stiftens macht allerdings auch deutlich: Überall steckt Arbeit drin. Um ihre Chancen nutzen zu können, muss eine Stiftung gutes Personal und fähige Gremien haben. Um effizient und wirkungsvoll fördern zu können und ihre Strategien entsprechend zu entwickeln, muss sie ihre Förderungen evaluieren und möglicherweise selbst Forschung betreiben. Das bedeutet: Neben Ehrenamtlichen muss es unbedingt auch Hauptamtliche geben, qualifiziert und finanziell entsprechend ausgestattet.

Was denken die Antragstellerinnen und Antragsteller über ihre Arbeit mit Stiftungen? Man sollte meinen, am wichtigsten sei für sie, dass überhaupt und möglichst viel Geld verteilt wird. Es gibt zu diesem Thema noch keine Studien aus Deutschland. Aus den USA liegt eine größere Studie aus dem Jahr 2003 vor, durchgeführt vom Center for Effective Philanthropy. Fast 3.200 Organisationen beantworteten detaillierte Fragen zum Thema, was ihnen in der Zusammenarbeit mit Stiftungen am wichtigsten sei. Aus den Antworten ergaben sich drei Schwerpunkte.

Als wichtigster wurde die Qualität der Interaktion genannt: eine konsistente, professionelle Bearbeitung, leichter Zugang, fairer Umgang. Zweitens ist eine gute Kommunikation der Strategie und Ziele der Stiftung gewünscht. Und drittens wird für wichtig erachtet, dass die Stiftung auf ihrem Fördergebiet ein ausgewiesenes Fachwissen hat: dass sie sich innerhalb der Szene, in der sie fördert, sehr gut auskennt und dass sie die Fähigkeit hat, Inhalte voranzutreiben und politisches Handeln mitzugestalten. Der Höhe, Art und Langfristigkeit von Förderungen wurden ein geringerer Stellenwert eingeräumt.

Fazit der Studie: In jedem der drei Punkte sollte die Stiftung bereit sein zu investieren. Sie braucht erstens Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die adäquat auf die Antragsteller reagieren können, zweitens effektive Kommunikationsmittel und drittens sollte sie das Expertenwissen ihrer Programm-Manager konsequent weiterentwickeln (www.effectivephilanthropy.org/images/
pdfs/ListeningToGrantees_reprint.pdf
, zuletzt aufgerufen am 15.04.2010).

Falls Ihnen solch ein Vorhaben eine Nummer zu groß erscheint: Sie haben Alternativen. Statt einer selbstständigen können Sie eine unselbstständige Stiftung gründen, die sich inhaltlich und organisatorisch auf Zuarbeit stützt; Sie können aus dem Nachlass große Spenden an gemeinnützige Einrichtungen tätigen und eine einmalige Zustiftung zu einer bestehenden gemeinnützigen Stiftung machen. Beides ist gänzlich steuerfrei, und es entbindet Sie von der Verantwortung, weit in die Zukunft zu planen. Oder Sie gründen eine Verbrauchsstiftung, die einen zeitlich begrenzten Zweck erfüllt und damit das Stiftungsvermögen innerhalb weniger Jahrzehnte aufbraucht.

Denjenigen, die ein gemeinnütziges Vermächtnis gestalten möchten, stellen sich zwei Grundfragen: Zu welchem Zweck und in welcher Form?

III. Die Frage nach dem Stiftungszweck

Zur Frage des Stiftungszwecks steht Ihnen die gesamte große Welt des gemeinnützigen Engagements offen. Wenn Sie sich da nicht so recht auskennen, suchen Sie fachliche Beratung bei Einrichtungen, die nicht nur das Stiftungsrecht, sondern auch die Praxis der Philanthropie gut kennen. Nicht jede Vorstellung ist umsetzbar; manches wird eher zu viel als zu wenig gefördert. Auch Stiftungen mit den besten Absichten haben mit ihrer Arbeit schon Schaden angerichtet.

Dies zu wissen ist ganz besonders wichtig, wenn Sie die Gründung einer selbstständigen Stiftung erwägen. Hier gibt es, nachdem Sie Ihre Unterschrift geleistet haben, keinen Raum für nachträgliche Änderungen. Nichts ist für Testamentsvollstrecker frustrierender, als erleben zu müssen, dass aus rechts- und steuertechnischen Gründen Ihr letzter Wille nicht wirklich umgesetzt werden kann; oder dass die Stiftungssatzung verhindert, dass die lebendigen gemeinnützigen Interessen der Nachkommen, die Ihre Stiftung „erben“, wirklich zum Zuge kommen können.

Und: Sehr viele Stiftungen sind, gerade in der letzten Zeit, mit zu wenig Kapital ausgestattet, um effektiv agieren zu können, und haben keine rechte Wirkung, aber die rechtliche Situation verhindert die Zusammenlegung mit einer anderen Stiftung.

Also: Der Stiftungszweck muss stimmig sein. Und Sie sollten Vorgaben für das Profil der Einrichtung machen – über die Anforderungen der Satzung hinaus. Dies muss keine inhaltliche Festlegung auf alle Zeiten sein, es kann auch die Aufforderung sein, flexibel auf neue Bedürfnisse zu reagieren. Der überlieferte Stifterwille ist im Alltag einer Stiftung eine wichtige, manchmal die wichtigste Richtschnur für diejenigen, die dort Entscheidungen zu treffen haben.

Einen ersten Anhaltspunkt für die Festlegung auf einen Zweck sehen viele in der Liste anerkannt gemeinnütziger Zwecke nach § 52 der Abgabenordnung (siehe Anhang S. 154). Letztlich muss der Stiftungszweck einer gemeinnützigen Stiftung in dieser Liste vorkommen, weitere Zwecke sind theoretisch möglich, müssen aber ein Anerkennungsverfahren durchlaufen. Allerdings ist diese Auflistung kein vollständiger Katalog der Bedarfe. Viele Zwecke sind zu pauschal angegeben, um als Leitbild dienen zu können (z.B. „Kunst und Kultur“), andere kommen nur am Rande vor. Einige Beispiele:

§ 52 AO Abs. 2 Nr. 10 listet „Hilfe für Verfolgte“ vieler Art auf, doch es fehlt: „Verfolgung aufgrund von sexueller Orientierung und Identität“ – während „Schutz von Ehe und Familie“ unter Punkt 19 eigens als gemeinnütziger Zweck anerkannt wird.

Wer gezielt Frauen fördern möchte, wird aufgrund der Formulierung des relevanten Punktes 18, „Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern“, immer wieder verunsichert, auch von Fachleuten: Müssen dann nicht auch Männer gefördert werden? (Gleiches gilt, auch wenn es in der Praxis seltener nachgefragt wird, sicherlich auch umgekehrt.)

Der Begriff „Menschenrechte“ erscheint in § 52 AO nicht; wer hier fördern will, muss die Zwecke spezielleren, zugelassenen Zwecken zuordnen.

Meine Empfehlung wäre, den Zweck zunächst für sich persönlich festzuhalten und erst anschließend mit § 52 der Abgabenordnung abzugleichen. Sie brauchen ein Statement, das wirklich Ihren Willen abbildet, und das Sie in der Satzung, in einer Präambel oder im Testament verwenden können.

Jede soziale Einrichtung, jede Stiftung muss, um zielgerichtet arbeiten zu können, ihre inhaltliche Ausrichtung formulieren. Sinnvoll ist ein prägnantes, durchformuliertes „Mission Statement“: ein gemeinnütziges Leitbild, das Ziele und Umsetzung knapp erfasst. Dies ist die Chance, die Ihnen die Arbeit am eigenen Testament eröffnet: auch Ihre gemeinnützigen Interessen so prägnant zu formulieren, dass die Nachwelt etwas damit anfangen kann. Und vielleicht stellen Sie dabei fest, dass Sie das Thema so sehr interessiert, dass Sie vor Ihrem Tod mit der Förderarbeit beginnen möchten.

Manche haben „ihren“ Stiftungszweck klar im Kopf. Das mag häufig ein Zweck sein, den Sie schon jetzt regelmäßig fördern, oder ein Thema, mit dem Sie sich gründlich beschäftigt haben und zu dem Sie dann auch ein gemeinnütziges Vermächtnis hinterlassen möchten. Wer so weit ist, befindet sich damit klar im Vorteil gegenüber anderen, denen diese Orientierung noch fehlt. Mein Rat an Sie wäre, sich die Arbeit, die Sie fördern wollen, konkret und langfristig vorzustellen und davon ausgehend zu entscheiden, in welcher Form das am besten geschieht und was zu den Summen passt, über die Sie verfügen – selbstständige Stiftung, Treuhandstiftung, Verbrauchsstiftung, Zustiftung, Nachlass-Spenden.

Was tun, wenn Sie den konkreten Zweck noch nicht vor Augen haben? Wo beginnen? Bei sich selbst. Welche Themen bewegen Sie immer wieder, wo haben Sie ein lebhaftes Interesse einzugreifen? Und als Nächstes: Was sehen Sie als realistische Mittel an, wie dies geschehen könnte? Die folgende Liste änderungswerter Missstände, gemeinnütziger Themen und Begriffe soll lediglich inspirieren und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit:

Altenbetreuung

Altersdiskriminierung

Antirassismus, Antifaschismus

Archive

Armut

Artenvielfalt

Arbeitsplatzbeschaffung

Ausbildung

Behindertenhilfe

Bildung

Büchereien

Bürgerrechte

christliche Themen

demokratische Rechte

Entmilitarisierung

Entwicklungshilfe

Erinnerungskultur, Gedenkstätten

Gefängnis

Geschichte

Gesundheitspflege, Gesundheitsvorsorge

Gewalt in der Familie, Gewalt gegen Frauen

Gleichberechtigung von Frauen und Männern

Hospizarbeit, Sterbebegleitung

interkultureller Austausch, internationale Verständigung

Jugendaustausch

Kinderhilfe und Elternarbeit

Kunst- und Kulturprojekte

Lesben- und Schwulenbewegung

Lesen

Mädchen-/Jungenarbeit

Mediation, Streitschlichtung

Medien

medizinische Forschung

Meinungsbildung, Interessenvertretung, Gesetzesinitiativen

Menschenrechte

Migranten, Asylsuchende

Musik

nachhaltige Energien

nachhaltige Entwicklung

Naturschutz

Nord-Süd-Konflikt/-Dialog

Obdachlosigkeit/bezahlbarer Wohnraum

Recht auf Schwangerschaftsabbruch

Rechtsbeistand, Rechtsberatung

Religion, religiöse Vielfalt, interreligiöser Dialog

Schulen und Kindergärten in freier Trägerschaft

Seniorenbildung

soziale Verantwortung der Wirtschaft

Spielsucht

Spiritualität

Sport und Erholung

Stipendien

Suchtbehandlung und -prävention

Tierschutz

Umweltschutz

Wissenschaft und Forschung

Was spricht Sie an? Was fehlt Ihrer Meinung nach? Welches Thema liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen? Wo, glauben Sie, kann Ihr Vermächtnis viel bewirken, einen Unterschied machen? Bei welchen Themen haben Sie eine konkrete Vorstellung davon, wie Ziele erreicht werden können?

Ein guter Anhaltspunkt sind größere Spenden, die Sie schon gemacht haben. Vergegenwärtigen Sie sich diese und betrachten Sie sie kritisch: Welche Förderung war aus Ihrer Sicht erfolgreich, was fühlte sich gut an, welche Organisation und welches Projekt haben Ihnen besonders gefallen? Und aus welchen Gründen? Hat das Thema Sie innerlich berührt? Haben die Menschen, die Ihnen begegnet sind, Sie inspiriert? Schätzen Sie die Arbeitsweise der Einrichtung, den Umgang mit Ihnen? Welche Spenden würden Sie in eine dauerhafte Förderung umwandeln wollen? Welche Alternativen taten sich auf, nachdem Sie gespendet hatten? Welche davon würden Sie gern näher betrachten?

Ergänzend sei an dieser Stelle auf meinen ausführlichen Leitfaden zur Orientierung beim Spenden verwiesen, der sich zentral mit der Entwicklung eines persönlichen gemeinnützigen Leitbildes beschäftigt (Ise Bosch: „Besser spenden! Ein Leitfaden für nachhaltiges Engagement“, siehe Literaturliste S. 200).

Ein „Mission Statement“ besteht klassisch aus zwei Teilen: dem Thema und Ziel der Förderung (z.B. „Migrantenkinder brauchen bessere Bildungschancen.“) sowie dem Mittel der Umsetzung (z.B. „Deshalb soll meine Stiftung Programme fördern, die namhafte Bildungsträger zu diesem Zweck auflegen.“).

IV. Die Frage nach der richtigen Form

Bei der Suche nach dem richtigen Vehikel für Ihr gemeinnütziges Vermächtnis findet sich hinausgehend über die selbstständige Stiftung, die im Hauptteil dieses Bandes schwerpunktmäßig betrachtet wird, eine Reihe weiterer Möglichkeiten zur Gestaltung Ihres philanthropischen Nachlasses. Diese sind mit (zum Teil erheblich) weniger bürokratischem Aufwand verbunden und auch mit deutlich geringerem Kapitaleinsatz realisierbar, als dies bei der klassischen Stiftungsrechtsform „Stiftung bürgerlichen Rechts“ der Fall ist:

Gründung einer unselbstständigen Stiftung (Treuhandstiftung) von Todes wegen

Gründung einer ähnlich fördernden gemeinnützigen Einrichtung in Form einer gemeinnützigen GmbH

Verbrauchsstiftung

Stiftungsfonds

Zustiftungen an bestehende Organisationen

Testamentsspenden.

Vom Zweck ausgehen

Die Frage nach der passenden Form für den gemeinnützigen Nachlass ist in vielfältiger Weise verknüpft mit der Frage nach dem Förderzweck: Falls Sie schon einen konkreten Zweck vor Augen haben – etwa die dauerhafte Förderung einer bestimmten Organisation –, sollten Sie sich eng daran orientieren, wie diese Förderung durch Ihr Testament optimal einzurichten ist. Das kann eine selbstständige oder eine Treuhandstiftung mit dieser Zweckvorgabe sein, in der Ihr Vermögen langfristig angelegt ist und die Renditen jährlich an das Projekt weitergereicht werden.

Möchten Sie dauerhaft eine breite Palette sozialer Zwecke unterstützt wissen, dann können Sie entweder per Nachlass eine Zustiftung bei einer schon bestehenden Stiftung machen oder eine selbstständige oder nichtselbstständige Stiftung zu diesen Zwecken gründen.

Schwebt Ihnen vor, ein neues Thema zu etablieren – etwas nachhaltig zu fördern, wofür es bislang noch gar keine fördernde Einrichtung gibt –, dann könnte die Wahl auf eine selbstständige Stiftung oder eine Treuhandstiftung fallen. Wie weit reichen Ihre Mittel? Viele selbstständige Stiftungen werden in der Hoffnung gegründet, dass später andere zustiften werden. In der Praxis wird diese Hoffnung häufig enttäuscht.

Wenn Sie die ganze verfügbare Summe gern bald für einen bestimmten Zweck einsetzen würden, sollten Sie sich die Optionen Verbrauchsstiftung und Nachlass-Spenden genauer ansehen.

Ein Statement können Sie so formulieren: „Ich als Bürger / Bürgerin fördere vor Ort… (entsprechend einsetzen: „selbstständige Stiftung“ / „Unterstiftung mit regionalem Bezug“ / „Großspende an ansässige Organisation“). Falls Sie sich einer sozialen Bewegung (z.B. Anti-Atom, Frauenbewegung) zugehörig fühlen: Zu einigen gibt es Gemeinschaftsstiftungen, die Sie über das „Netzwerk Wandelstiften“ (siehe S. 204) finden können.

Die Stiftung bürgerlichen Rechts oder selbstständige Stiftung

Stiftungen haben in Deutschland diverse Regime- und Regierungsarten, Kriege, Inflation, Depression und Währungsreformen überstanden; an vielen Orten sind sie Grundpfeiler im Sozialgefüge. Die Rechtsform einer Stiftung hat einen hervorragenden Ruf, und eine Stiftungsgründung ist zu Recht eine respektable Angelegenheit. Der Aspekt, dass sie auf Dauer bestehen bleiben muss, ist für viele anziehend. Das heißt aber auch, dass Sie keine Wahl haben: Sie müssen langfristig denken.

Es ist also durchaus eine „Typfrage“, welche Rechtsform für Sie attraktiv ist. Wenn Sie wünschen, dass Ihre Nachlass-Stiftung in jedem Fall auf Dauer als eigene Einrichtung erhalten bleibt, spricht das für die Errichtung einer selbstständigen Stiftung. Sie sollten genügend Mittel einbringen können, die solch eine Einrichtung auf Dauer auch wirklich sinnvoll machen. „Es gibt viel zu viele Stiftungen, die seit Jahrzehnten und teilweise seit Jahrhunderten bestehen und weder leben noch sterben können“, sagt Marcus Lutter, Professor für Europäisches Wirtschaftsrecht an der Universität Bonn. Die Untergrenze setzt er bei einer Million Euro an.

Stiftungsmanagement im Überblick

Die Stiftungsarbeit umfasst drei Management-Bereiche:

Förderungen: Antragsbearbeitung, Vorentscheidungen, Zuarbeit zu den Entscheidungsgremien, Umsetzung der Gremienbeschlüsse, Projektbegleitung, Evaluation

Vermögensverwaltung: extern oder „inhouse“; ggf. Anlage-Ausschuss, Umsetzung der Beschlüsse

Interne Verwaltung: Aufbau der Geschäftsstelle, Gremienpflege, ggf. Spenderbetreuung und Fundraising