Vielleicht stimmst du mir ja zu. Ich meine nämlich, dass ein Buch dann gut ist, wenn es spannend und angenehm zu lesen ist. Sehr gut ist ein Buch dann, wenn man dadurch angeregt wird, über den Inhalt nachzudenken. Wenn man darüber sprechen möchte. In der Schule zum Beispiel.

Oder auch zu Hause.

Darum bemühe ich mich beim Schreiben.

Ich wohne in Herne. Schon seit einigen Jahren. Und ich lebe gerne hier. Denn die Menschen im Ruhrgebiet sind offen und direkt. Da komme ich, wenn ich etwas über sie wissen will, mit meinen Fragen oft schnell zum Ziel.

Mich interessieren Dinge, die ganz viel mit dem echten Leben zu tun haben.

Da geht es auch mal um Gewalt. Und um Angst, um Frust. Wie bei dem Lorenz Nachtigall. Bei meinen Gesprächen mit jungen Leuten erfahre ich, was sie sich erträumen, was sie bedrückt, was ihnen aber auch Spaß macht. Darüber schreibe ich dann. Das heißt, ich lasse mir zu den Themen eine passende Geschichte einfallen. Manchmal wird aus der Geschichte dann ein ganzes Buch.

Und wie gesagt: Es muss spannend und gut lesbar sein.

Ich freue mich, wenn mir Jugendliche etwas zu meinen Geschichten und zu meinen Büchern schreiben. Das passiert durchaus nicht selten. Wenn du Lust dazu hast, dann melde dich bei mir oder dem Verlag. Die Briefe und Mails werden alle von mir beantwortet. Versprochen!

Mit dem Buch, das du jetzt in deinen Händen hältst, wünsche ich dir eine spannende Lesezeit.

Volker W. Degener

www.volkerwdegener.de

Oh, Mann! Fast hätte er sich verschluckt. Sein Handy meldet sich, und Nick greift hastig in seine Hosentasche.

Eine SMS von Jana. MUSS AUSLIEFERN. KOMMSTE MIT?

Nick trinkt das Glas Wasser leer. Nach dem Unterricht meint er jedes Mal, zu verdursten. Während er sich dann langsam dem Küchenfenster nähert, tippt er eine Antwort und grinst dabei. PER PEDES?

Die Rückfrage: WAS HEISST DAS?

Nick antwortet: ZU FUSS ODER FLUGZEUG. DANN UM FÜNF BEI MIR! MIT RAD.

Klar, das kann Nick einrichten, und deshalb steht er fast pünktlich vor dem Zoogeschäft. Ganz genau heißt es „Tier-Paradies“ und gehört Janas Eltern.

Zum Glück muss er nicht lange warten.

Jana benutzt den Seitenausgang. Ihr Fahrradkorb ist voll beladen. Dosen mit Katzenfutter vom Feinsten. Auf dem Gepäckträger liegt ein großer Sack mit Katzenstreu.

„Unser Spezialservice“, erklärt Jana, nachdem ihr Nick einen schnellen Kuss gegeben hat. „Die Kundin wohnt außerhalb und ist nicht mehr gut drauf. Aber jedes Mal gibt’s ein schönes Trinkgeld. Nur, die Fahrt dahin ist ziemlich langweilig.“

Nick lächelt süßsauer.

„Verstehe. Dann bin ich also dein Entertainer. Und wo genau geht’s hin?“

„Richtung Kanal, kurz vorher rechts ab.“

Und schon ist Jana auf der Straße. Nick bleibt hinter ihr und bewundert verstohlen ihren sportlichen Körper, ihre dunkelblonden Haare, einfach alles an ihr.

Für Nick ist die Fahrt zu der Katzenoma nicht eine Sekunde langweilig.

Als sie vor dem weiß gestrichenen Einfamilienhaus ankommen, werden sie schon erwartet. Eine etwas dickliche Frau mit blau schimmerndem Silberhaar steht in der Haustür. Die Kundin stützt sich an einer Mauerseite des Eingangs ab.

„Hallo Frau Vollrath!“

„Oh, heute mit Begleitung.“

Nick kann nicht erkennen, ob das ein Vorwurf sein könnte oder Anerkennung bedeutet.

Jana bleibt ganz locker. Sie lässt ihr Fahrrad ausrollen und lehnt es gegen den Mülltonnenkasten.

„Mein Freund Nick – Nikolaus Thon.“

„Ein schöner Name. Seid ihr Schulfreunde? Gleiche Schule, gleiche Klasse? Passt doch!“ Nick murmelt einen Gruß und lächelt die Hausbesitzerin an. Gut, dass Jana jetzt alles regelt.

„Eigentlich nicht. Nick geht zur Gesamtschule, 9. Klasse, und ich in eine Realschule,

8. Klasse. Die liegen sogar ziemlich weit auseinander, die beiden Schulen.“

„Dann wird’s aber schwierig mit dem Verabreden. Oder?“

„Nö, überhaupt nicht.“

Bevor sie die Sachen ins Haus tragen können, bewegt sich Frau Vollrath langsam zur Seite. Jetzt erkennt Nick, dass sie sich auf einen weißen Stock stützt.

Die Küche, in der sie die Dosen abstellen, ist ungewöhnlich groß, mit einer Kochfläche in der Mitte des weiß gekachelten Raums. Frau Vollrath bemerkt Nicks erstaunte Miene.

„Ja, früher lebten hier fünf Leute“ erklärt sie. „Aber jetzt – jetzt hab ich nur noch mich und Mink und Monk.“

Und schon schleichen zwei hellbraune Siamkatzen in die Küche. Sie streichen an den Schränken entlang und beschnuppern die jungen Gäste.

Jana ist ihnen wohlvertraut. Nick dagegen beäugen sie erst einmal aus der Entfernung. „Lieferung wie immer, Frau Vollrath.“

Jana legt eine Quittung auf den Küchentisch und bekommt ein wortreiches Dankeschön und zwei Scheine in die Hand gedrückt.

Sie bedankt sich mit einem Lächeln, das Nick so sehr mag.

„Wollt ihr nicht noch etwas bleiben? Wir könnten es uns auf der Terrasse bequem machen.“

Mit einem kurzen Blick haben sich Jana und Nick verständigt.

„Ich habe noch ein paar Aufträge“, erklärt Jana schnell. „Wir müssen leider sofort zurück.“

Nick ist froh, sich nach wenigen Minuten wieder aufs Rad schwingen zu können.

Das geht nicht sofort, weil es sich Mink und Monk in Janas Fahrradkorb bequem gemacht haben.

„Ihr habt’s doch so gut hier. Warum wollt ihr denn weg?“

Ganz vorsichtig setzt Jana die federleichten Tiere auf die Erde. Beleidigt miauend schleichen sie hinters Haus.

„Reichlich neugierig, die Tante“, stellt Nick unterwegs fest.

„Nette Frau und gute Kundin“, korrigiert ihn Jana. „Aber irgendwie total einsam.“

An einer Stelle, die sich Nick schon auf dem Hinweg gemerkt hat, steigt er in die Bremsen. Links und rechts stehen hoch gewachsene Büsche. Der Weg ist hier ziemlich schmal. Jana bremst sofort, direkt neben Nick.

„Altsein ist echt blöd“, meint er.

„Du meinst, gut, dass wir weder einsam noch alt sind.“

„He, das hört sich an wie – wie – ach komm!“ Er legt einen Arm um Jana und zieht sie an sich. Die beiden Fahrräder verlieren ihren Halt und fallen scheppernd zu Boden.