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Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2016 Droste Verlag GmbH, Düsseldorf
Umschlaggestaltung: Katja Holst, Frankfurt, unter Verwendung
von Illustrationen von Sandra Kamperdicks, Düsseldorf
Illustrationen: Sandra Kamperdicks, Düsseldorf
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-7700-4127-5

www.drosteverlag.de

Vorwort

Die Autorenfilmerin Margarethe von Trotta hat einmal gesagt, dass sie ganz ohne Vorsatz immer wieder Frauenfiguren ins Zentrum ihrer Filme rückt. Nach ihrer Ansicht kommen in einer von Männern geschriebenen Geschichte die Lebenswege der Frauen ohnehin immer zu kurz und bieten ihr gerade deshalb besonders spannenden Stoff.

Als Stadtführerin nutze ich gern Lebensläufe besonderer Menschen, um das Ineinandergreifen der Zahnräder der Geschichte in Düsseldorf sichtbar werden zu lassen. Auch mich faszinieren besonders die Schicksale von Frauen, die entgegen allen gesellschaftlichen Normen in ihrer Zeit einfach »ihr Ding gemacht« haben. Deshalb habe ich für meine Touren nach und nach nicht nur Biografien bedeutender Altstadtbewohnerinnen recherchiert, sondern auch spannende Geschichten aus der His-torie von Kaiserswerth bis nach Benrath gesammelt.

Als der Droste Verlag für dieses Buch auf mich zukam, hatte ich zunächst nur diese historischen Protagonistinnen meiner Führungen im Sinn. Meine Lektorinnen Ute Voges und Anna Lefringhausen haben mich jedoch überzeugt, dass bedeutende Düsseldorferinnen von heute nicht fehlen dürfen. Dass ich einigen von ihnen bei Interviews persönlich »auf den Zahn fühlen« durfte, hat mir schließlich den größten Spaß gemacht.

Kaffee und Apfeltörtchen brauchte ich nicht, um zur Malerin und Bildhauerin Hannelore Köhler direkt einen guten Draht zu haben. Beide haben wir einige Zeit in Dresden verbracht, beide sind wir in Düsseldorf »sesshaft« geworden und beide haben wir noch einen Koffer in Paris. In Hannelore Köhlers Atelier hängen viele ihrer Leinwände mit Pariser Straßenszenen, die mit entzü-ckender Alltagskomik wie ihre Skulpturen in Düsseldorfs Straßen von der großen Menschenliebe ihrer Urheberin zeugen. Statt nach einer habe ich mich erst nach drei Stunden verabschiedet.

Es hätte seit dem Mittelalter viele Frauen in Düsseldorf gegeben, die ebenfalls einen Platz unter den Porträtierten verdient hätten. Bei manchen gab es nicht genug belastbares Quellenmaterial, zu anderen habe ich keinen Zugang gefunden. In meiner daher sehr persönlichen Auswahl kam ich an den Berühmten wie der Medici-Kurfürstin, Clara Schumann oder der spukenden Jakobe von Baden natürlich nicht vorbei. Noch wichtiger war mir jedoch, weniger bekannte Düsseldorferinnen mit Charakter vor dem Vergessen zu bewahren, sodass sie in der Stadtgeschichte nicht wieder zu kurz kommen.

Antje Kahnt

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Sophie von Sachsen-Lauenburg

Um 1420/30–09.09.1473

Düsseldorfer Adresse: Altstadt, Bergische Burg Düsseldorf, Burgplatz; Benrath, Wasserburg, Urdenbacher Allee
In Düsseldorf mehrmals zwischen 1444 und 1467

Die vergessene »Retterin von Düsseldorf«

Sonderlich viel ist nicht überliefert über die Herzogin, die vor über fünfhundert Jahren die Geschicke von Jülich und Berg lenkte. Die Tochter des Herzogs von Sachsen-Lauenburg kam 1444 in unsere Region. Im September heiratete sie Herzog Gerhard II. in der Düsseldorfer Burg. Gerhard, seit 1428 Graf von Ravensberg, hatte erst 1437 die Herzogswürde in Jülich und Berg von seinem Onkel geerbt, damit aber auch die langwierigen Konflikte mit Geldern.

Kurz nach der Heirat errang er in der Hubertusschlacht bei Linnich am 3. November 1444 einen entscheidenden Sieg gegen Geldern. Seinen vom Kaiser bestätigten Anspruch auf dieses Herzogtum konnte er zwar nicht durchsetzen, aber er verdrängte die Eindringlinge aus seinem Hoheitsgebiet und beendete damit den Zweiten Geldrischen Erbfolgekrieg. Zum Dank stiftete er den Hubertusorden in Anlehnung an den Orden vom Goldenen Vlies, den die mit Geldern verbandelten Burgunder ins Leben gerufen hatten.

Ende des fünfzehnten Jahrhunderts regierte der Herrscher noch aus dem Sattel. Vom Herzogspaar sind gut einhundertfünfzig Reisen in ihrem Gebiet belegt, bei denen sie Campingurlaubern gleich die nötigste Habe mit sich führten. Nach Düsseldorf kamen sie selten – meist nur für Festivitäten –, denn die Burg war für längere Aufenthalte zu klein. Trotzdem schenkten sie der Stadt Beachtung. Um 1450 ließ der Herzog die Burg modernisieren, zur gleichen Zeit holte er die Kreuzbrüder in die Stadt. Die Herzogin wurde zu einer großen Unterstützerin des Ordens. 1460 rief sie die Bevölkerung zu Spenden für die Bauaktivitäten an der Ratinger Straße auf und bedachte den Orden mit zahlreichen Zuwendungen. Den Prior dieses ersten Düsseldorfer Klosters erwählte sie zu ihrem Beichtvater. An der Decke des südlichen Schiffes der derzeit nicht zugänglichen Kreuzherrenkirche erinnert das sächsische Wappen an die Gönnerin des Ordens.

Die Fehde mit Geldern hatte in der herzöglichen Kasse ein empfindliches Loch hinterlassen. Da lange Zeit kein Thronfolger in Sicht war, schloss Gerhard 1451 zur Finanzierung seiner Ausgaben mit dem Kölner Erzbischof Dietrich von Moers einen brisanten Vertrag. Gegen Zahlung von 104.000 Gulden verpfändete er seinen Erbanspruch. Dietrich von Moers witterte ein todsicheres Geschäft. Doch im elften Ehejahr schenkte Sophie ihrem Gemahl schließlich doch noch den ersehnten Thronerben. Der Deal platzte, das Geld war längst futsch und Düsseldorf fiel nicht unter die direkte Fuchtel des Kölner Kirchenmannes. Wen wundert es bei dem »irren Pakt«, dass Gerhard spätestens 1460 dem Wahnsinn verfiel und nicht mehr regierungsfähig war?

Nun schlug die zweite wichtige Stunde der Herzogin. Ab sofort nahm sie das Heft selbst in die Hand und führte für ihren Gemahl die Regierungsgeschäfte, der offiziell auf allen Urkunden verzeichnet blieb. Er wurde von Zeitgenossen als »zur Innenpolitik neigend« beschrieben und war kein Anhänger von Jagd und Schlachtgetümmel. Ihm hatte die »Mehrung des Gottesdienstes« in seinem Land am Herzen gelegen. Die Herzogin förderte neben den Kirchen nun nachweislich auch die höfische Kultur. Sie unterhielt eine kleine Kapelle aus Pfeifern, Trompetern und Lautenschlägern und hatte mehrere Hofnarren, die mit ihren gewitzten Reden als Vorgänger der Theaterkultur gelten. Neben der bergischen Stammburg bei Solingen hielt sie sich besonders gern auf der Burg Nideggen in der Eifel auf. Im Sommer war die Benrather Burg ein beliebtes Quartier. Dort hatte sie zwei Wohnkammern mit einer festen Grundausstattung aus einem Schränkchen, Tischen und mehreren Betten eingerichtet.

Trotz finanzieller Nöte schickte sie den ältesten Sohn zur Ausbildung nach Dijon. Die burgundische Residenz Karls des Kühnen hatte damals eine Vorreiterfunktion für die höfische Kultur. Erbprinz Wilhelm konnte dort die diplomatische Grundlage für seine spätere Regentschaft legen.

In der Zeit der zunehmenden Krankheit ihres Mannes brachte Sophie noch drei weitere Kinder zur Welt, Anna, Adolf und Gerhard, die Jahre später als Anlass für einen Angriff auf ihre Integrität und die Ehre des jülich-bergischen Herzogs herhalten mussten: Friedrich von Sombreff, Herr zu Tomburg und Landskron, stellte öffentlich die Vaterschaft Gerhards in Abrede. Im Juli 1473 ließ die Regentin deshalb das Jülicher Heer unter Führung ihrer beiden ältesten Söhne Wilhelm und Adolf die Tomburg bei Rheinbach belagern. Nach acht Wochen floh der Burgherr und sein Domizil wurde restlos zerstört. Einen Tag, nachdem die Ehre des Hauses Jülich-Berg wiederhergestellt war, erhielt Sophie von Sachsen-Lauenburg vom Prior der Düsseldorfer Kreuzbrüder die letzte Ölung. Sie starb auf Burg Nideggen an »schwerer Krankheit«. In ihrem Testament vermachte sie dem Marienstift (heute St. Lambertus), der Benrather Kirche sowie dem Kreuzbrüderorden wertvollen Besitz. Außerdem wollte sie in der Kreuzherrenkirche ihre letzte Ruhestätte finden. Da sie jedoch an einer Epidemie und fern von Düsseldorf starb, wird ihr Grab eher in Nideggen vermutet, dort verliert sich ihre Spur 1473. Das im neunzehnten Jahrhundert in der Kreuzherrenkirche gefundene Skelett schreibt man deshalb Jakobe von Baden zu.

»… wollen begrauen liegen in der Cruytzbroerder Ordens Kirchen zo Duysseldorp …«

 

»Wir begeren dat de dry Altair in der Capellen zo Benroede gewyet werden.«

Quellen:

Bernhard Endrulat: Das Testament der Herzogin Sophia von Jülich. In: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Band 15 (1879), S. 97–103.

Annette Fimpeler-Philippen und Sonja Schürmann: Das Schloß in Düsseldorf. Düsseldorf 1999.

Antje Kahnt: Die Düsseldorfer Kreuzherrenkirche. Frankfurt (Oder) 2010.

Brigitte Kasten: Die Hofhaltung im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert. In: Klaus Flink und Wilhelm Janssen (Hg.): Territorium und Residenz am Niederrhein. Kleve 1993, S. 171–187.

Wolf-Rüdiger Schleidgen: Die Kreuzherren in Düsseldorf. In: Düsseldorfer Jahrbuch 78 (2008), S. 13–51.

Erich Wisplinghoff: Der bergische Herzogshof um die Mitte des 15. Jahrhunderts. Dargestellt nach der Hofhaltungsrechnung des Jahres 1446/47. In: Düsseldorfer Jahrbuch 57/58 (1980), S. 21–46.

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Anna von Kleve

20.09.1515–28.07.1557

Düsseldorfer Adresse: Altstadt, Herzogliche Burg, Burgplatz
In Düsseldorf zwischen 1515 und 1539

Die verhinderte Königin

Geschieden – geköpft – gestorben – geschieden – geköpft – gerade noch überlebt: So lassen sich die Schick-sale der Ehefrauen Heinrichs VIII. von England zusammenfassen. Anna von Kleve hatte als Vierte nicht das schlechteste Los gezogen.

Anna war die mittlere Tochter des Herzogs Johann III. von Jülich-Kleve-Berg und wurde »auf der Baustelle« geboren. Die Düsseldorfer Burg war 1510 bei einem Brand stark beschädigt worden. Da Annas Mutter, Maria von Berg, sich gern am Hof ihrer Familie aufhielt, waren die wichtigsten Wohnräume recht schnell wieder hergerichtet worden. Trotz der Einschränkungen verbrachten große Teile des Hofes alljährlich die Wintermonate in Düsseldorf und wechselten nur in den warmen Monaten nach Kleve. Da sich die Aufbauarbeiten über zehn Jahre hinzogen, hielt sich die Herzogin mit ihren drei kleinen Töchtern Sibylle, Anna und Amalia auch häufiger auf Schloss Burg bei Solingen auf. Dem in Düsseldorf geborenen Stammhalter Wilhelm wurde der mit Erasmus von Rotterdam in Kontakt stehende Humanist Konrad Heresbach als Lehrmeister an die Seite gestellt. Für die Erziehung der drei Schwestern war jedoch hauptsächlich die Herzogin selbst verantwortlich. Sie ließ den Mädchen nur wenig klassische Bildung angedeihen, sondern unterwies sie vor allem im Lesen und Schreiben sowie in Handarbeiten. Anders als an den großen europäischen Höfen in Frankreich und England spielten hier Kunst, Literatur, Musik und Fremdsprachenkenntnisse kaum eine Rolle. Bei einer frühen Heirat konnte ja der Bräutigam seinem »Rohdiamanten« in Ausbildung und Erziehung noch den letzten Schliff geben.

Bei Annas älterer Schwester Sibylle war diese Rechnung aufgegangen. Als Vierzehnjährige heiratete sie den späteren sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich I.. Zur selben Zeit wurde für die erst zwölfjährige Anna ein Ehevertrag mit Herzog Franz von Lothringen geschlossen. Dagegen hatte allerdings Kaiser Karl V. etwas einzuwenden und so gingen beide Seiten einfach zur Tagesordnung über – der Ehevertrag wurde offiziell nie aufgelöst – und Anna blieb mit ihrer jüngeren Schwes-ter, der ebenfalls noch unverheirateten Amalia, am Rhein.

Beide Prinzessinnen gerieten 1539 ins Visier des eng-lischen Königs. Er hatte seine dritte Frau kurz zuvor im Kindbett verloren und suchte nach seinem Ausschluss aus der katholischen Kirche mit einer neuen Heirat auch politische Verbündete. Der Düsseldorfer Hof war durch Sibylle bereits mit dem lutherischen sächsischen Kurfürsten verbunden. Weil Sachsens Hofmaler erkrankt war, schickte der König eigens seinen Hofmaler Hans Holbein den Jüngeren auf die Reise, der seinem Herrn nach der Rückkehr je ein Porträt von Anna und Amalia vorlegte. Heinrichs Wahl fiel auf die Ältere, die englische Diplomaten in den höchsten Tönen lobten. Im Oktober waren die beiderseitigen Verträge unterzeichnet und Anna machte sich auf eine monatelange Reise über Land.

Erst im Dezember erreichte sie englischen Boden. Heinrich schmachtete ihrer Ankunft entgegen und erwartete sie am Neujahrstag in Rochester. Zu seinem Entsetzen entsprach sie in keiner Weise seinen Vorstellungen. Ihre Erscheinung missfiel ihm, war sie doch nicht nach neuester Mode gekleidet und konnte ihn mangels musikalischer Ausbildung auch nicht mit Gesang oder Tanz beeindrucken. Überrascht war der König, der selbst mehrere Sprachen beherrschte, dass diese nicht zum Lehrpensum an den deutschen Höfen gehörten. In der Anfangszeit konnte er sich mit Anna nicht verständigen, die sich auch noch als katholisch geprägt entpuppte. Da sein Berater Thomas Cromwell, der die Eheanbahnung eingefädelt hatte, kaum Chancen für eine Annullierung des Vertrages sah, fand sechs Tage später die Hochzeit des unwilligen Königs mit der Düsseldorfer Prinzessin statt. Den Text des Ehegelübdes bekam sie zuvor zum Lernen aufgeschrieben.

Diese Verbindung brachte nicht nur den Kaiser in Rage, sondern belastete in der Folge auch die klevisch-englischen Beziehungen schwer. Das damit einhergehende politische Ränkespiel wurde zunächst Cromwell zum Verhängnis, der in Ungnade fiel und im Sommer 1540 geköpft wurde. Ohne ihren Unterstützer sah es für Anna zunächst nicht gut aus, denn prompt ließ sich der König die Annullierung der Ehe durch das Parlament absegnen. Herzog Wilhelm IV. tobte und beorderte seine Schwester zurück nach Düsseldorf.

Diese stellte sich jedoch als cleverer heraus, als Heinrich ihr zugetraut hatte. Schnell hatte sie gelernt, sich in Englisch verständlich zu machen, und sich in die englischen Hofsitten eingelebt und neu eingekleidet. Mit kühlem Kopf überblickte sie die Tragweite des königlichen Angebotes, als dessen »Schwester« komfortabel begütert in England zu bleiben. Sie erhielt eine jährliche Apanage von dreitausend Pfund Sterling und neben Schloss Richmond – zuvor im Besitz ihrer Vorgängerin Anne Boleyn – weitere Landgüter. Als zweite Dame des Landes nach der Königin nahm »Madam Anna von Kleve«, wie sie jetzt genannt wurde, eine würdige, aber politisch unkritische Position ein, die ihr ein freies Leben fern des Hofprotokolls ermöglichte. In der Folgezeit besuchte der König sie zuweilen und fand in ihr schließlich noch eine geistreiche Gesprächspartnerin. Anna freundete sich mit ihren Stieftöchtern Mary und Elisabeth an und erlebte die Krönung der Ersteren 1553 an vorderster Front mit. 1557 starb sie auf Schloss Chelsea, das ihr seit dem Tod von Heinrichs letzter Frau Catherine Parr zusätzlich zur Verfügung stand. Ihren Kurzzeitgemahl überlebte sie um zehn Jahre und war damit zugleich die letzte noch lebende seiner sechs Ehefrauen.

»Wenn der König ins Bett geht, gibt er mir einen Kuss, nimmt meine Hand und wünscht mir eine Gute Nacht. Am Morgen küsst er mich und sagt mir auf

Wiedersehen. Ist das nicht genug?«

»Man hat Anna weder so jung noch so schön gefunden, als alle Welt voraussetzte … Sie ist etwa 30 Jahre alt, groß und stark … und von festem, entschlossenem Ansehn.«

Marillac, französischer Gesandter

»Madam Anna von Kleve … ist nichts weniger als traurig, vertreibt sich die Zeit auf jede nur mögliche Weise und zieht alle Tage Kleider von wunderlichem Schnitte an.«

Marillac, französischer Gesandter

Quellen:

John Cooper: Anna von Kleve, die vierte Gemahlin Heinrichs VIII. von England. In: Edmund Spohr und Hatto Küffner (Hg.): Düsseldorfer von Welt. Düsseldorf 2004, S. 24–41.

John Cooper: Die Bedeutung der Bildnisse Anna von Kleves für die Heiratsverhandlungen mit Heinrich VIII. In: Städtisches Museum Haus Koekkoek Kleve und Stadtmuseum Düsseldorf (Hg.): Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich, Kleve, Berg. Ausstellungskatalog. Kleve 1984, S. 155–158.

Annette Fimpeler-Philippen und Sonja Schürmann: Das Schloß in Düsseldorf. Düsseldorf 1999.

Wilhelm Janssen: Kleve, Mark, Jülich, Berg, Ravensberg 1400–1600. In: Städtisches Museum Haus Koekkoek Kleve und Stadtmuseum Düsseldorf (Hg.): Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich, Kleve, Berg. Ausstellungskatalog. Kleve 1984, S. 17–40.

Heike Preuß: Politische Heiraten in Jülich, Kleve und Berg. Städtisches Museum Haus Koekkoek Kleve und Stadtmuseum Düsseldorf (Hg.): Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich, Kleve, Berg. Ausstellungskatalog. Kleve 1984, S. 133–146.

Emile Smit und Jan Zweers: Der Erwerb Gelderns als Beweggrund für die Heirat von Anna von Kleve und Heinrich VIII. von England. In: Städtisches Museum Haus Koekkoek Kleve und Stadtmuseum Düsseldorf (Hg.): Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich, Kleve, Berg. Ausstellungskatalog. Kleve 1984, S. 147–154.

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Jakobe von Baden

16.01.1558– 03.09.1597

Düsseldorfer Adresse: Altstadt, Düsseldorfer Residenz, Burgplatz
In Düsseldorf von 1585 bis 1597

Unglücklich unsterblich

Am 16. Juni 1585 begann das größte Fest, das jemals am Düsseldorfer Schloss gefeiert wurde. Jakobe, die Tochter des Markgrafen Philibert von Baden, heiratete den Jungherzog Johann Wilhelm. Tags zuvor waren die Braut und ihre rund fünfhundert Personen umfassende Reisegesellschaft mit einem phänomenalen Triumphzug begrüßt worden. Die Feierlichkeiten versetzten die Stadt neun Tage in den Ausnahmezustand. An die Trauungszeremonie und den Hofball schlossen sich Turniere zu Land und auf dem Rhein an und die Gäste konnten die erste nachweisbare Opernaufführung in Deutschland sowie Düsseldorfs erstes Feuerwerk bestaunen.

Mit diesem Rummel war die junge Herzogin sicher zu beeindrucken. Nachdem sie bereits sehr früh beide Eltern verloren hatte – ihre Mutter, Mathilde von Bayern, war 1565 gestorben, der Vater 1569 – war das Waisenkind am Hof ihres Onkels, Herzog Albrechts V. von Bayern, in München aufgewachsen, einem der glanzvollsten deutschen Höfe, dessen frühbarocker Prunk Jakobe stark prägte. Von ihrer Großmutter erzogen hatte sie zudem eine umfassende Bildung erhalten.

Der Bräutigam war zunächst für die kirchliche Laufbahn vorgesehen gewesen und als Kind bereits zum Bischof von Münster bestimmt worden. Nach dem Tod des älteren Bruders rückte er an den Platz des Thronfolgers. Sein Vater, Wilhelm der Reiche, war durch seine zweite Gemahlin, Erzherzogin Maria von Habsburg, mit Kaiser Rudolf II. verschwägert, der sich aus Prag in die Heiratsanbahnungen einmischte. Jakobe war dessen Wunschkandidatin, weil die Tochter des protestantischen Markgrafen von Baden mit der Übersiedlung nach München nicht nur den Ort gewechselt hatte, sondern sich fortan zum katholischen Glauben bekannte. Auch der Papst befürwortete die Verbindung und verlieh der »frommen Frau« später für ihre Glaubenstreue am Düsseldorfer Hof die Goldene Rose.

Wilhelm, der Sympathien für die Protestanten hegte, war zunächst gegen die Heirat gewesen, weil er fürchtete, sie könne seinen Sohn in dessen gegenreformatorischer Gesinnung bestärken. Tatsächlich schweißte der gemeinsame Glaube Jakobe und Johann Wilhelm zusammen und sie versuchten, dem schwachen Altherzog und seinen immer autarker agierenden Hofräten sukzessive die Macht zu entziehen. Jakobe setzte sich zudem für eine Aufbesserung der Finanzen des Fürstenpaares ein, welche trotz hoher Verpflichtungen nicht an die Einnahmen ihrer Höflinge heranreichten. Dadurch brachten sie den Altherzog gegen sich in Stellung. Dessen Intrigen ließen Johann Wilhelm um sein Leben fürchten. Die Furcht wuchs sich 1589 zu Verfolgungswahn und »Leibesblödigkeit« aus. Den Jungherzog bekam man tags wie nachts nur noch gerüstet zu Gesicht: Als er bis an die Zähne bewaffnet die eigenen Höflinge attackierte, ließ der Vater ihn schließlich im Schlossverlies zum Schutz der Allgemeinheit einsperren.

Alsdann versuchte sich Jakobe als Regentin an Stelle ihres Mannes zu positionieren. In der schwierigen politischen und finanziellen Lage fehlte ihr jedoch für die Regierungsgeschäfte das diplomatische Geschick. Als Katholikin versuchte sie einige evangelische Räte für sich zu gewinnen. Damit machte sie jedoch Front gegen ihre Familie und zog den Unmut des Kaisers auf sich. Deshalb wechselte sie reumütig das Lager, zu dem nach dem Tod des Altherzogs jedoch auch ihr Erzfeind, Graf von Waldenburg, genannt Schenkern, stieß. Mithilfe des labilen Jungherzogs hatte dieser ein außerordentliches Vermögen angehäuft und verfügte über großen Einfluss in der Verwaltung des Landes. Für ihn war es ein Leichtes, die Herzogin wegen ihres Wankelmuts in Misskredit zu bringen. Sie sah sich schließlich allein gegenüber den Hof-räten, die sich ohnehin nicht als Diener des Herzogspaares verstanden, sondern eigene Pfründe sicherten.