image.png


Impressum

 

Entflammte Begierde –Geschichte einer Nymphomanin

erotische Erzählungen von

Sara Martinelli

 

Cover-Foto: amokiv/istock

Cover-Design: Thomas Bedel

 

© 2016 by Roter Mund Verlag eine Marke der ProCon Lang GmbH - All rights reserved

ISBN: 978-3-946346-57-9

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.


Inhalt

 

Titel

Impressum

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 1

 

Mein Name ist Julie Meyer, ich bin 32 Jahre alt und arbeite als Sprechstundenhilfe. Gerade im Moment sitze ich an der Haltestelle und warte auf meinen Bus stadtauswärts, wo ich zusammen mit meiner Freundin Carolin in einer kleinen Wohnung lebe. Ich beobachte eine Gruppe von Studenten, die ein paar Meter weiter ihre Köpfe zusammenstecken. Ich mag es, mich in andere Menschen hineinzuversetzen – es macht mir Spaß, mir ihre Gedanken vorzustellen. Die Praxis, in der ich arbeite, liegt gegenüber der Universität. Früher habe ich dort Psychologie studiert, dann aber vorzeitig abgebrochen, weil mir die Theorie zu öde war und ich ohnehin lieber mit Menschen – insbesondere Männern – spiele, statt sie zu therapieren. Ja, ganz recht: Besonders viel Spaß macht es bei Männern – am besten noch welche, die sich zu mir hingezogen fühlen und denken, sie wären gerade dabei, mich zu erobern, obwohl die Sache in Wirklichkeit anders herum läuft. Es ist mir im Prinzip egal, wie alt sie sind – nur zu jung dürfen sie nicht sein. Ich bin auf der Jagd nach dem starken Geschlecht, und das ununterbrochen. Ich gebe Kerlen das Gefühl, dass sie auf der Jagd nach mir sind, das ist der Reiz an der Sache. Ich spiele insgeheim mit ihnen, mache sie mir hörig, und wenn ich sie dann so weit habe, fressen sie mir aus der Hand. Sie machen alles für mich, nur um mich endlich flachzulegen. Manchmal ist es, als wären sie regelrecht berauscht von mir, und wenn sie dann zum Schluss wieder zu sich kommen, machen sie beinahe einen verdutzten Eindruck, als wären sie über ihre eigenen Triebe erschrocken.

Als der Bus schließlich vor mir anhält, hänge ich mir meine Tasche um, steige die Stufen hoch, zeige meine Busfahrkarte und visiere die hinteren Reihen an, bei denen man sich aber noch gegenübersitzen kann. Ich sitze gerne hinten. Es vermittelt einem ein kleines bisschen Privatsphäre, sofern es so etwas in einem öffentlichen Bus überhaupt gibt. Und ich habe Glück. Alles frei, und keiner der Studenten folgt mir so weit nach hinten. Ich lege die Tasche auf den Sitz neben mir und setze mich in Fahrtrichtung ans Fenster. Eigentlich habe ich noch gar keine Lust, heimzufahren. Es ist gerade mal vier Uhr nachmittags – viel zu früh, um diesen sonnigen Tag zuhause vor dem Fernseher zu verbringen. Manchmal fahre ich bis zum Zoo, der sich in der Nähe der Endhaltestelle befindet. Nirgendwo sonst trifft man so häufig auf alleinstehende Väter, die ein paar Stunden mit ihren Kindern unterwegs sind. Alleinstehende Väter sind leichte Beute – fast schon zu leicht, um ehrlich zu sein. Mal sehen, was mir heute begegnet.

Ich schlüpfe aus meinen Ballerinas und stelle die Füße auf den Sitz gegenüber, dabei streiche ich mir den Rock glatt – einen kurzen, eng anliegenden schwarzen Rock, in dem meine Bluse steckt. Röcke verschaffen einem doch so viel mehr Freiheit als Hosen. Eigentlich müsste ich als Sprechstundenhilfe weiße Hosen und etwas Langweiliges wie Birkenstocksandalen tragen, aber seit ein paar Monaten macht der Chef bei mir eine Ausnahme. Er ist verheiratet, und verheiratete Männer lassen sich in der Regel gern auf Kompromisse ein, wenn man sie erst einmal dort hat, wo man sie haben will.

Der Bus ist schon angefahren, als er plötzlich noch einmal abbremst und sich die vordere Tür öffnet. Ich sehe einen Mann angerannt kommen, der in letzter Sekunde hereingelassen wird. Er trägt einen hellgrauen Anzug mit schlechtsitzender, in verschiedenen Blautönen gestreifter Krawatte. Er bedankt sich beim Busfahrer und kommt dann eiligen Schrittes nach hinten. Vorsichtshalber nehme ich meine Beine von der Sitzbank und schlüpfe zurück in die Ballerinas. Tatsächlich kommt er auf mich zu, bedenkt mich mit einem gestressten Lächeln und setzt sich mir gegenüber. Sein Sakko und einen Aktenkoffer platziert er neben sich. Ich mustere ihn – er wirkt gehetzt. Sein kurzes dunkelbraunes Haar ist leicht zerzaust. Er schaut ungeduldig auf seine Armbanduhr, was meine Vermutung bestätigt, dass er zu spät dran ist – wofür auch immer. Während er ein Tablet aus seinem Aktenkoffer holt, treffen sich unsere Blicke. Flüchtig, und dennoch bleibt seiner für einen Moment an mir hängen. Dann räuspert er sich und tippt etwas in den Bildschirm. Ich schätze ihn auf 35, vielleicht auch ein wenig älter.

»Warum so gestresst?«, frage ich trocken. Er sieht auf, verwundert über meine Direktheit. »Ich, äh … bin spät dran«, erwidert er mit dünner Stimme. Ich nicke langsam. »Geschäftstermin?«

»Mhm.«