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Fußnoten

1

Vgl. dazu als Beispiel für einen methodologisch tatsächlich neu konturierten literaturgeschichtlichen Gegenstand etwa Gerhard Plumpe, Epochen moderner Literatur. Ein systemtheoretischer Entwurf, Opladen 1995.

2

Da dieses Beispiel tatsächlich und wortwörtlich aus der eigenen Schublade stammt, mögen ihm die Ungeschicklichkeiten des Stils nachgesehen werden – zumal der Text unmittelbar in die (mechanische Schreib-)Maschine geschrieben ist.

3

›Seminare‹, die fast ausschließlich auf (oft anderthalbstündigen) Referaten von Studierenden (meist auch noch über Sekundärliteratur) basieren – und die leider immer noch zur Realität an den Universitäten gehören –, werden in dieser Darstellung prinzipiell nicht berücksichtigt. Sie sind fast grundsätzlich didaktische Katastrophen und haben einen den Gegenstand wie das Interesse und den Spaß an der Sache tötenden Effekt. Sie wären im Prinzip protokollierbar wie eine Vorlesung – meist lohnt sich der Aufwand aber nicht angesichts der zu breitausgetretenen Referatsgegenstände und vor allem angesichts der Tatsache, dass kaum ein solches Referat in der Lage ist, seine Zuhörer(innen) auch nur eine halbe Stunde zu interessieren.

4

Bernd Witte / Theo Buck / Hans-Dietrich Dahnke / Regine Otto / Peter Schmidt (Hrsg.), Goethe-Handbuch, Bd. 1: Gedichte, Stuttgart/Weimar 1996, Bd. 2: Dramen, ebd. 1997, Bd. 3: Prosaschriften, ebd., Bd. 4.1: Personen, Sachen, Begriffe. A–K, ebd. 1998, Bd. 4.2: Personen, Sachen, Begriffe. L−Z, ebd., Erg.-Bd.: Chronologie, Bibliographie, Karten, Register, ebd. 1999; Helmut Koopmann (Hrsg.), Schiller-Handbuch, Stuttgart 1998. – Vgl. beispielsweise auch Hartmut Binder, Kafka-Handbuch, Bd. 1: Der Mensch und seine Zeit, Bd. 2: Das Werk und seine Wirkung, Stuttgart 1979; Helmut Koopmann (Hrsg.), Thomas-Mann-Handbuch, Stuttgart 1990; Jan Knopf, Brecht-Handbuch, Bd. 1: Theater, Stuttgart 1980, Bd. 2: Lyrik, Prosa, Schriften, ebd. 1984.

5

Einen vollständigen Überblick über den fast unübersehbaren Bestand an Personalbibliographien liefert Hansjürgen Blinn in seinem Informationshandbuch deutsche Literaturwissenschaft, 4., völlig neu bearb. und stark erw. Ausg,., Frankfurt a. M. 2001, S. 146172.

6

Zu weiteren Epochenbibliographien vgl. Blinn, Informationshandbuch, S. 122135.

7

Vgl. dazu die grundlegenden Ausführungen von Bodo Plachta im ersten Kapitel seines Buches Editionswissenschaft, Stuttgart 1997, S. 1126: »Editionstypen und ihre Merkmale«.

8

Natürlich wird hier nicht der Anspruch erhoben, die zum Teil äußerst differenzierten Darstellungen der genannten Autoren auch nur annähernd vollständig in einen Fragenkatalog umzuwandeln. Alle diese Kataloge sind vorläufig und notwendigerweise beliebig verlängerbar – zur intensiveren Orientierung sei auf die Bücher der genannten Autoren verwiesen: Christian Wagenknecht, Deutsche Metrik. Eine historische Einführung, München 52015; Dieter Burdorf, Einführung in die Gedichtanalyse, Stuttgart/Weimar 32015; Horst Joachim Frank, Wie interpretiere ich ein Gedicht?, Tübingen 62003; Bernhard Asmuth, Einführung in die Dramenanalyse, Stuttgart/Weimar 72009; Manfred Pfister, Das Drama, München 112014; Benedikt Jeßing: Dramenanalyse. Eine Einführung, Berlin 2015; Jochen Vogt, Aspekte erzählender Prosa, München 112014; Gérard Genette, Die Erzählung, übers. von Andreas Knop, München 32010; Matias Martinez / Michael Scheffel, Einführung in die Erzähltheorie, München 92012.

9

Vgl. Anm. 8.

10

Jochen Vogt, Einladung zur Literaturwissenschaft, München ²2001, S. 177.

11

Ebd., S. 178 f.

12

Ebd., S. 180.

13

Ebd.

14

Dies betrifft vor allem Forschungsbeiträge, die mit einem schwammig bleibenden ›Diskurs‹-Begriff operieren und sich deswegen schon den Anschein einer ›Diskursanalyse‹ geben zu können meinen, um damit methodologisch auf einer modisch erscheinenden Welle mitzureiten – einer genaueren Überprüfung aus der Perspektive des durchaus präziseren Diskursbegriffes etwa bei Foucault aber niemals standhalten. Ähnliches ließe sich für den Begriff des ›Systems‹ belegen – mit den Moden ändert sich auch das Wörterbuch des ›Etikettenschwindels‹.

15

vgl. Vogt, Einladung zur Literaturwissenschaft, S. 197.

16

Ein Volltext-Exzerpt kann allenfalls angezeigt sein, wenn sich bei der Vorbereitung von Master- oder Doktorarbeit das eine oder andere Buch als absolut wichtige Forschungsarbeit herausstellt!

17

Genauere zahlenmäßige Angaben zur Menge der heranzuziehenden Forschungsliteratur in Hauptseminar- bzw. Abschlussarbeit sind eigentlich nicht möglich. Zur ungefähren Orientierung mögen folgende Hinweise dienen: Eine Hauptseminararbeit sollte auf 1020 Forschungsbeiträge rekurrieren, eine Bachelor-Arbeit auf 2030, eine Master-Arbeit auf 5080.

18

An dieser Stelle sind natürlich die möglicherweise in der ersten Arbeitsphase, bei der Recherche nach Informationen und Forschungsbeiträgen zum Gegenstand in Literaturgeschichten, Epochenmonographien und anderen Nachschlagewerken gefundenen und exzerpierten Hintergrundinformationen zu Text und Autor(in) von größter Wichtigkeit – literatur- oder gattungsgeschichtliches Wissen hat man nicht von selbst, man muss es sich erwerben. Die Quellen, aus denen wir solch allgemeineres Wissen beziehen, müssen dann natürlich auch schon in der Einleitung angegeben werden.

19

Vgl. dazu Renate von Heydebrand / Simone Winko, Einführung in die Wertung von Literatur. Systematik – Geschichte – Legitimation, Paderborn [u. a.] 1996.

20

Eberhard Ostermann, Art. »Essay«, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, hrsg. von Gert Ueding, Bd. 2, Tübingen 1994, Sp. 146068, hier Sp. 1461 f.

21

Vgl. zur Einführung in die Textsorte »Essay« außerdem Wolfgang Adam, »Der Essay«, in: Otto Knörrich (Hrsg.), Formen der Literatur in Einzeldarstellungen, Stuttgart 21991, S. 8898; Klaus Weissenberger, »Der Essay«, in: K. W. (Hrsg.), Prosakunst ohne Erzählen. Die Gattungen der nicht-fiktionalen Kunstprosa, Tübingen 1985, S. 105124.

22

Es ist z. B. denkbar, in einer Lehrveranstaltung von allen Teilnehmer(inne)n die Abfassung eines Lexikonartikels zu Gattungs- und Epochenbegriffen und/oder zu Autorinnen und Autoren im Zusammenhang des Seminargegenstandes zu verlangen oder die Beteiligung an einem entsprechenden Wiki im Moodle-Kurs. So entstünde im Verlauf des Semesters ein selbst geschriebenes Kleinlexikon, das für alle Teilnehmer(inne)n den Gesamtgegenstand der Veranstaltung zumindest lexikalisch erschließt.

1. Einleitung

Die erste Auflage dieses Bandes wurde zu einer Zeit verfasst, zu der die technischen Computer- und Speichermöglichkeiten weit hinter den gegenwärtigen zurückstanden und die Möglichkeiten der digitalen Recherche, der Nutzung von digitalen Angeboten zur Literaturverwaltung und anderes mehr noch lange nicht entwickelt waren oder noch in den Anfängen steckten. Zudem wurden bei Erscheinen der Erstauflage an den meisten deutschen Universitäten noch die »alten« Magisterstudiengänge mit Grund- und Hauptstudium angeboten, die Einführung der gestuften Bachelor- und Master-Studiengänge wurde damals an wenigen Standorten erst noch geplant! Insofern scheint eine Aktualisierung und Erweiterung des Bandes dringend geboten.

Darüber hinaus bietet die Aufnahme der »Arbeitstechniken des literaturwissenschaftlichen Studiums« in die neue Lehrbuchreihe des Reclam Verlages, »Reclams Studienbuch Germanistik«, die Möglichkeit, den bisherigen Band aus der Universal-Bibliothek auch optisch so darzubieten, dass der Text eine bessere Übersichtlichkeit und Lesbarkeit bekommt; Marginalien in der Randspalte helfen, die Orientierung im Text zu verbessern.

Wie bisher stellt der vorliegende Band die verschiedenen Arbeitstechniken und handwerklichen Verfahren vor, die von Studentinnen und Studenten eines literaturwissenschaftlichen Faches im Laufe ihres Studiums verlangt werden. Viele digitale Arbeitsmöglichkeiten – etwa die Recherche in online-Datenbanken oder die Literaturverwaltung z. B. mit Citavi – bieten bei den literaturwissenschaftlichen Arbeitsverfahren vielfache und praktische Hilfe; dennoch steht aber auch in diesem Band nach wie vor der handwerkliche Grundcharakter der Arbeit am literarischen Text und bei der Vorbereitung wissenschaftlicher Arbeiten im Zentrum der Darstellung.

Die erste und grundsätzliche Vorbedingung für ein solches Vorhaben ist die genaue Orientierung am spezifischen Gegenstand der Literaturwissenschaft. Die Verfahren zur Verfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit können nicht abstrakt, völlig losgelöst von ihrem wissenschaftlichen Gegenstand vorgestellt und erst recht nicht eingeübt werden. Schon die germanistische Mediävistik oder Linguistik setzen teilweise oder großenteils andere handwerkliche Fertigkeiten voraus – die verschiedenen Literaturwissenschaften liegen einander auf jeden Fall näher. Aus diesem Grund wird im Folgenden versucht, relativ stark exemplarisch die verschiedenen Arbeitstechniken zu präsentieren, immer wieder ausgehend von konkreten Gegenständen literaturwissenschaftlicher Beschäftigung.

Die wichtigste Voraussetzung aller hier vorzustellenden Verfahren ist die intensivste Beschäftigung mit der Sache – und das heißt im Falle der Literaturwissenschaft: die intensivste Beschäftigung mit einem literarischen Text. Diese nämlich, die fundierte und differenzierte Erarbeitung eines literarischen Textes und seiner Erforschung, schafft die Vorbedingung dafür, dass ein angeblich psychopathologisches Phänomen eben nicht eintreten kann: die sogenannte Schreibhemmung. Die meisten Blockaden bei der Abfassung von Hausarbeiten und Referaten sind durch die strukturierte und systematische Erarbeitung der Sache selbst im Vorhinein abwendbar, ›Schreibhemmungen‹ sind zuallermeist Effekte eines handwerklichen Mangels, praktisch nie psychopathologische und damit therapiebedürftige Tatbestände. Erfahrungen des »Im-Augenblick-nicht-weiter-Kommens« gehören zum Studienalltag; im Folgenden wird zuweilen auf mögliche Gefahrenstellen bei Studienprojekten hingewiesen und versucht, mit einigen handwerklichen Ratschlägen Abhilfe anzubieten. Im Ernstfall hilft ein gut vorbereiteter Sprechstundenbesuch, bei dem man sachlichen Rat und handwerklich-praktische Hilfe bekommt.

Die intensivste Beschäftigung mit einem literarischen Gegenstand setzt die Lust am Text voraus. Diese ist unabdingbar für den erfolgreichen Abschluss einer Arbeit. Das heißt im Klartext: Man sollte nach Möglichkeit niemals einen Text bearbeiten, den man nicht mag. Es muss so etwas entstehen oder existieren wie eine affektive Beziehung zum Text, zum Gegenstand der Arbeit, wenigstens Interesse, im besten Falle Auf- oder Erregung, Spannung oder Rührung. Die gründliche, analytische und deutende Lektüre und Wiederlektüre eines literarischen Textes ist eine spannende, individuell sinnstiftende und persönlich bereichernde, lebendige kulturelle Praxis. Spannender noch, wenn die eigene Lektüre mit anderen Verstehensmöglichkeiten in einen produktiven Dialog tritt: im Seminar mit den Lektüren der Mitstudierenden, in der schriftlichen Arbeit mit den Deutungsperspektiven der Forschung. Nur durch ihre immer neue Lektüre leben literarische Texte weiter, werden ihre Überlieferung und ihr Verstehen in eine Zukunft hinein verlängert. Dies ist die innerste Aufgabe der Literaturwissenschaft – und ihr elementarer gesellschaftlicher Praxisbezug: Sie ist kulturelle Erinnerungs- und Verstehenspraxis.

Die affektive Beziehung zum Text, seine tatsächlich zunächst eigene Lektüre ist als individueller Zugang zum Kunstwerk der notwendige Ausgangspunkt seiner wissenschaftlichen Erarbeitung. Die Literaturwissenschaft stellt nun eine Vielzahl methodischer und terminologischer Instrumente zur Verfügung, mit deren Hilfe die eigene individuelle Texterfahrung (zumindest annähernd) begrifflich umgesetzt werden kann; erst dann nämlich kann sie in ein Gespräch mit anderen Deutungen eintreten. Zur geschlossenen Darstellung von eigenem Verständnis und Dialog mit der Forschung verfügt die Literaturwissenschaft über eine Reihe mündlicher und schriftlicher Textsorten, die im Laufe des Studiums gehört und gelesen, erprobt und eingeübt werden sollen. Dazu gehört die Vorlesung(smitschrift) ebenso wie Referat und schriftliche Hausarbeit.

Mögliche Verfahren, sich ein intensives Textverständnis zu erarbeiten, werden im Folgenden ebenso vorgestellt wie Vorschläge und Anleitungen, wie die unterschiedlichen Textsorten, die von Studentinnen und Studenten der Literaturwissenschaft verlangt werden, vorbereitet und abgefasst werden können. An entsprechenden Stellen wird im Einzelfall auf die spezifischen berufsqualifizierenden Fertigkeiten hingewiesen, die in einzelnen Arbeitsschritten etwa der Abfassung einer schriftlichen Hausarbeit oder einer Vorlesungsmitschrift eingeübt werden. Dies trägt einerseits der Tatsache Rechnung, dass in der gegenwärtigen kultur- und bildungspolitischen Diskussion die Legitimität eines geisteswissenschaftlichen Studiums als an seiner konkreten (und möglicherweise in Heller und Pfennig auszudrückenden) Berufsbezogenheit abzumessen gilt. Andererseits soll hier gerade darauf insistiert werden, dass kulturgeschichtliche und literaturwissenschaftliche Fächer grundsätzlich gesellschaftliche Praxis sind, historisches Verstehen, Erinnerung und Traditionsbildung leisten; konkretere ›Berufsfeldorientierung‹ des Studiums weist ja nur in Institutionen hinein, die ebenfalls an dieser gesellschaftlichen Praxis mitarbeiten.

Die Beispiele, die in diesem Band zur Illustration dienen, stammen grundsätzlich aus der germanistischen Literaturwissenschaft. Ich gehe jedoch davon aus, dass die vorgestellten Arbeitstechniken und handwerklichen Verfahren zumindest im Prinzip auch auf andere literaturwissenschaftliche Studiengänge übertragen werden können.

Die hier ausgeführten Überlegungen und Arbeitsvorschläge verdanken sich einer großen Zahl von literaturwissenschaftlich-propädeutischen Lehrveranstaltungen, die ich im Verlauf der vergangenen 25 Jahre angeboten habe. Den Studierenden dieser Übungen zu den Arbeitstechniken Literaturwissenschaft bzw. aus themen-orientierten propädeutischen Übungen gilt weiterhin mein großer Dank für die Bereitschaft zur Mitarbeit und für kluge und konstruktive Kritik, für Anstöße zur Weiterentwicklung eigener Überlegungen. Der mehrmalige Verweis auf Einführungsbände meines akademischen Lehrers Jochen Vogt sei als Dank dafür verstanden, dass ich bei ihm gelernt habe, was ich hier zu vermitteln suche. Ich danke aber insbesondere meinem studentischen Mitarbeiter Gerrit Boehnke, der bei der Vorbereitung dieser zweiten, erweiterten und aktualisierten Ausgabe meines Buches unschätzbare unterstützende Vorbereitungs- und Recherchearbeit geleistet hat.

2. Studienbegleitende Arbeitstechniken

»Ebenso lobe ich, dass du nur wenige Stunden besuchst. Es kommt beim Studieren alles darauf an, daß man über das, was man sich zueignen will, Schritt vor Schritt Herr bleibe. Sobald einem das Überlieferte über den Kopf wächst; so wird man entweder dumpf oder verdrießlich, und kommt gar zu leicht in Versuchung alles abzuschütteln.«

(Goethe am 3. Juni 1808 an seinen Sohn August, der gerade in Heidelberg immatrikuliert worden war)

2.1 Studienorganisation – Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen

Goethes lobende Bemerkung seinem Sohn gegenüber klingt in Studierendenohren unter den Bedingungen der modularisierten, gestuften Studiengänge gewissermaßen wie »Hohn«: Man kann, zusätzlich noch unter dem Zwang, möglichst die Regelstudienzeit einzuhalten, gar nicht ›nur wenige Stunden besuchen‹. Die Module insbesondere der Bachelor-Studiengänge sind mit zu wählenden Pflichtpositionen bestimmter Veranstaltungen oder Veranstaltungstypen versehen – und in allen Modulteilveranstaltungen muss irgendein Nachweis über erfolgreiche aktive Teilnahme erbracht werden.

Obwohl die Modularisierung des Lehrangebots den Studierenden Orientierung bei der Zusammenstellung des Stundenplans für ein Semester zu geben scheint, verlangt das Studium in den meisten literaturwissenschaftlichen Fächern immer noch ein relativ hohes Maß an Selbstorganisation. Innerhalb eines Moduls empfiehlt es sich durchaus, nicht irgendeine der Vorlesungen mit irgendeiner Übung und einem beliebigen Seminar zu kombinieren, sondern aus den Lehrveranstaltungen, die dem Modul zugeordnet sind, diejenigen auszuwählen, die erstens mit eigenen Interessenschwerpunkten verbunden sind, und die zweitens Nach Möglichkeit: Module mit inhaltlicher Kohärenzinhaltlich zusammengehören, also Synergieeffekte innerhalb des Moduls ermöglichen. Ein solches Modul könnte sich etwa zusammensetzen aus einer Vorlesung zum Thema »Lyrik im 18. Jahrhundert: Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm und Drang« und einem Proseminar (bzw. Hauptseminar) »Ode und Hymne – Gattungen der Lyrik im 18. Jahrhundert«; sinnvoll ergänzt werden könnte dieses Modul noch durch eine literaturwissenschaftliche Übung, etwa eine »Einführung in die Gedichtanalyse« (alternativ und um ein zweites Beispiel zu geben, könnte ein solches Modul natürlich auch lauten: Vorlesung »Der klassische Goethe« oder »Romane der Bildung – Von Grimmelshausen bis Grass«, Übung »Erzähltextanalyse« und Proseminar »Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre«).

Dass Module, insbesondere in der auf die Grundkurse oder Einführungen im ersten Semester folgenden Studienphase, aus den genannten drei Veranstaltungsformen zusammengesetzt sind, ist hochschuldidaktisch sehr sinnvoll: Vorlesungen als primär ein breites Grundwissen vermittelnde Veranstaltungen verlangen andere Mitarbeit und Nachbereitung und üben insofern auch andere Formen wissenschaftlichen Umgangs mit den Gegenständen des Faches ein als Übungen, in denen wissenschaftliche Fertigkeiten und analytische Verfahren eingeübt werden und schließlich als (Pro- oder Haupt-)Seminare, die die Gegenstände wie die wissenschaftlichen Verfahren in Eigenarbeit intensiv vertiefen und ihre Umsetzung in Referat und Hausarbeit erproben. Die Möglichkeiten zur Zusammenstellung solcher inhaltlich kohärenten Module hängen im Einzelfall natürlich von der Breite und dem Differenzierungsgrad des Lehrangebots an einem Institut oder Seminar ab. Oft aber erlaubt schon die Abstimmung des Lehrangebots am Institut oder Seminar die Schaffung einer solchen inhaltlichen Kohärenz: Häufig bieten Wissenschaftliche Mitarbeiter(innen) Seminare oder Übungen im Umfeld der Vorlesung ihrer Chefin oder ihres Chefs an, sodass hier die Veranstaltungen miteinander verbunden sind oder sogar aufeinander aufbauen.

Sinnvolle Selbstorganisation des Studiums heißt aber auch, in die eigene Zeitmanagement im Studium: Vor- und Nachbereitungszeiten bedenkenZeitplanung die ganz unterschiedlichen Vor- und Nachbereitungsnotwendigkeiten der gewählten Lehrveranstaltungen mit einzubeziehen: Vorlesungen und Seminare, die tatsächlich intensiv begleitet werden sollen – und aus Letzteren sollen schriftliche Hausarbeiten bzw. mündliche Prüfungen hervorgehen –, verlangen je andersartige Vor- und Nachbereitungsverfahren, die sowohl durch die unterschiedlichen Vermittlungsformen der Lehrveranstaltungen als auch durch ihre je anderen Vermittlungsziele notwendig bedingt sind.

 

Zunächst einmal zu den SeminarvorbereitungVeranstaltungsvorbereitungen: Jede Dozentin bzw. jeder Dozent gibt im Vorlesungskommentar im elektronischen Vorlesungsverzeichnis des Faches an, welche Vorbereitung auf eine Lehrveranstaltung im jeweils kommenden Semester verpflichtend, wünschenswert oder sinnvoll ist. Dazu gehört in jedem Fall die mindestens einmalige Lektüre der Primärliteratur, derjenigen literarischen Texte also, die im Zentrum der Lehrveranstaltung stehen. Ausnahmen bilden lediglich ausdrücklich so bezeichnete Lektürekurse, in denen ein schwieriger oder besonders langer Text in einer schrittweisen, begleiteten Lektüre erarbeitet werden soll.

Grundsätzlich sollte die vorlesungsfreie Zeit zur Lektüre der PrimärtexteLektüre der Primärliteratur genutzt werden – spätestens hier kann man sich dann immer noch gegen die Teilnahme an dieser Veranstaltung entscheiden. Allein schon aus dieser Perspektive erscheint es sinnvoll, die notwendige Vorbereitung einer Lehrveranstaltung immer mit in die Zeitplanung für das kommende Semester mit einzubeziehen: Die Zeit, die für die Lektüre zur Verfügung steht, ist ein knappes Gut – und die Zeit wird umso knapper, wenn man aus dem vergangenen Semester noch die eine oder andere schriftliche Hausarbeit fertigzustellen hat! In dem besonderen Fall, dass für eine Lehrveranstaltung mehrere größere Primärtexte als gelesen vorausgesetzt werden und der Kommentar erkennen lässt, dass die Texte in einer bestimmten Reihenfolge bearbeitet werden, kann man sich erlauben, die Lektüre des zweiten, dritten oder vierten Textes in die Semesterzeit selbst zu verschieben – allerdings mit der Konsequenz, dann während der intensiven Erarbeitung des ersten Textes im Seminar noch nicht die vielfältigen Bezüge zu den anderen Texten wahrnehmen zu können, wie etwa die Anspielungen, ironischen Brechungen, die Traditionsaufnahmen und -brüche. Eine gute Vorbereitung der Primärliteratur lässt ihre Erarbeitung im Seminar viel intensiver werden.

Die Lektüre der literarischen Texte, die Gegenstand einer Lehrveranstaltung sein werden, sollte niemals ohne Bleistift, ggf. ›Aktives‹ Lesen: Markierungen, Notizenbunte Marker und ein Blatt Papier vorgenommen werden. Auffälligkeiten beispielsweise stilistischer Art, dramatische Konflikte oder zentrale Figurenkonstellationen, die für die weitere Entwicklung eines Dramas entscheidend sein können, zukunftsgewisse oder -ungewisse Vorausdeutungen im Drama oder im Erzähltext, Erscheinungsweisen erzählerischer Ironie, Leseranreden o. Ä. sollten mindestens im Text markiert werden; der Seitenrand sollte schon nach der ersten Lektüre eigene Anmerkungen, Zeichen und Abkürzungen aufweisen. Komplexe Figurenanlagen oder auffällige Gestaltungsmittel des Textes können schon beim ersten Lesen auf dem bereitliegenden Blatt Papier notiert werden – natürlich kann das auch direkt am Computer geschehen: Die Notizen sind besser lesbar und stehen als Datei immer zur Verfügung. Mit einer solchen Vorbereitung kann man möglicherweise schon zu Beginn eines Seminars eigene Ideen zur thematischen Schwerpunktsetzung in schriftlichen Hausarbeiten oder mündlichen Prüfungen entwickelt haben: Die Vorbereitung solcher Studienprojekte kann sehr früh im Semester beginnen!

Dozentinnen und Dozenten geben in Veranstaltungskommentaren neben der Pflichtlektüre der zentralen Texte des Seminars auch häufig Weiterführende LiteraturempfehlungenEmpfehlungen zur Einführung in eine literaturgeschichtliche Epoche, eine Biographie oder ein Gesamtwerk, einen gattungsgeschichtlichen oder -poetologischen oder auch einen literaturtheoretischen Komplex. Diese Lese-Empfehlung bedeutet nicht gleich, dass man die entsprechenden (und meist ziemlich kostspieligen) Bücher kaufen müsste. Wenn die Vertiefung eines bestimmten literaturwissenschaftlichen Gegenstandes allerdings geplant ist, empfiehlt sich der Kauf wenigstens einiger der angegebenen empfohlenen Einführungsbücher: Preisgünstige Autoren-, Epochen- oder Gattungsmonographien erscheinen in Studienbuchverlagen oder -reihen wie etwa der »Sammlung Metzler«, bei UTB oder bei Reclam. Hinweise auf große literaturgeschichtliche Werke, auf Handbücher und Lexika oder auch auf Spezialliteratur zu einem Gegenstand verstehen sich in der Regel als Rat, eine Bibliothek aufzusuchen, in den entsprechenden Büchern zu stöbern, das eine oder andere evtl. durchzulesen (vielleicht mit einem Notizzettel bei der Hand) oder sogar den einen oder anderen Band auszuleihen, um ihn daheim intensiv lesen können.

Während die gerade geschilderte Vorbereitung einer VorlesungVorbereitung eines Pro- oder Hauptseminars gleichsam obligatorisch ist, muss für eine Vorlesung nicht unbedingt in gleicher Weise vorgearbeitet werden. Natürlich ist eine Vorlesung umso lehrreicher, je intensiver man den literarischen oder auch theoretischen Gegenstand der Ausführung schon kennt – und hierfür die im Kommentar empfohlene Literatur durchgearbeitet oder zumindest gelesen hat. Die Vorlesung kann aber grundsätzlich – da sie nicht auf die aktive mündliche Mitarbeit angewiesen ist – als Anregung zum Lesen, als erste Phase des Kennenlernens gegenüber einem bisher fernen oder fremden Gegenstand genutzt werden.

 

Vorlesung und Seminar verlangen, über die Differenz bei der Vorbereitung hinaus, ganz unterschiedliche Mitschreib-, Protokollierungs- und NachbereitungNachbereitungsverfahren. Im Folgenden werden sowohl unterschiedliche Verfahren der Mitschrift in Lehrveranstaltungen vorgestellt als auch die »sekundären« Effekte dieser Arbeit für das gesamte Studium skizziert.

In den meisten Seminaren und Übungen wird eine Anzahl mehr oder weniger umfänglicher mündlicher und schriftlicher Arbeitsaufgaben verlangt: Protokolle und Thesenpapiere, Referate und Sitzungsmoderationen, schließlich schriftliche Hausarbeiten. Alle diese Arbeitsformen werden in diesem Band noch vorgestellt. Immer aber – und das gehört zur Studienorganisation – ist bei diesen Arbeitsformen der enge Kontakt zur Dozentin oder zum Dozenten notwendig. Das heißt vor allem bei größeren Projekten wie Referaten oder Hausarbeiten, dass man die einzelnen Arbeitsschritte in den SprechstundenbesuchSprechstunden bespricht: die Eingrenzung des Themas, die Auswahl der Sekundärliteratur, die Konzeption der Arbeit, gegebenenfalls sogar stilistische oder formale Details. Sprechstundenbesuche sollten gut vorbereitet werden – ein Notizzettel mit den zu klärenden Fragen reicht dabei schon völlig aus. Bei allen Arbeitsschritten, die einen Sprechstundenbesuch angezeigt erscheinen lassen, wird in den folgenden Ausführungen ausdrücklich darauf verwiesen. – Über die Vorbereitung konkreter Arbeitsvorhaben hinaus sind Sprechstundenbesuche auch in allen Fragen der Studienberatung und -betreuung angezeigt.

Studienorganisation heißt zuletzt auch, dass der eigene ComputerorganisationComputer vorbereitet werden muss. Es sollte grundsätzlich ein Dateiordner unter dem Namen »Studium« angelegt werden, eine Ebene tiefer Dateiordner für die Studienfächer: beispielsweise »Germanistik / Neuere Deutsche Literaturwissenschaft«. In diesem Ordner liegen dann etwa Dateiordner mit den Namen »Vorlesungsmitschriften«, »Seminare«, »Hausarbeiten« usw. Ein zusätzlicher Ordner unter dem Titel »Ideenkartei« nimmt alle Einträge interessant erscheinender Themen, Ideen, Text- oder Forschungsdetails auf, die sich im Laufe eines Studiums ansammeln und aus denen z. B. die Leitidee der B. A.- oder M. A.-Arbeit entstehen kann.

2.2 Vorlesungsmitschrift

Selbstverständnis der VorlesungVorlesungen präsentieren meist in rein monologischer Form einen größer umrissenen systematischen oder historischen Teilbereich der Literaturwissenschaft, oft aus der aktuellen Forschungsarbeit der oder des Lehrenden heraus perspektiviert – ein Wissen also, das einerseits umfängliches Grundwissen des Faches darstellt, andererseits aber auf die Forschungsinteressen und Arbeitsschwerpunkte der oder des jeweiligen Lehrenden zurückgeht. Die Aneignung dieses Wissens im Zuhören und intensiven Nacharbeiten verhilft also dazu, sich größere literarhistorische oder systematische Wissenbestände des Faches zugänglich und verfügbar zu machen.

Grundsätzlich sind Basiswissen oder Forschungsorientierungzwei verschiedene Arten von Vorlesung an jeder Universität denkbar: einerseits Vorlesungen, die ›einfach‹ Grundwissen vermitteln, andererseits Vorlesungen, die neueste Forschungsperspektiven präsentieren. Beispielsweise ist eine Vorlesung zum »Sturm und Drang« wahrscheinlich weitgehend eine Vorlesung, die das literaturgeschichtliche Grundwissen zu dieser Epoche ausbreitet. Wenn sie allerdings von jemandem gehalten wird, der sich intensiv forschend mit Gegenständen dieses literaturgeschichtlichen Bereichs beschäftigt, dann heißt das natürlich, dass hier eben nicht nur Grundwissen, sondern auch aktuelle Forschung präsentiert wird. Häufig auch verlässt die Lehrveranstaltungsform der Vorlesung den Bereich der bloßen Grundlagenvermittlung völlig: Sie präsentiert einen nur scheinbar klaren Gegenstand aus völlig neuer methodologischer Perspektive – und dadurch verändert sich natürlich auch der Gegenstand selbst. Als Beispiel wäre hier etwa eine Vorlesung zur Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts aus systemtheoretischer Perspektive zu nennen, die, sowohl was den Zuschnitt epochaler Segmente als auch was die Begründung und inhaltliche Füllung der einzelnen Epochenbegriffe angeht, zu Ergebnissen kommt, die vom alten Grundwissen deutlich abweichen.1

Eine Vorlesung zu besuchen ist also ›Sinn‹ des Vorlesungsbesuchssinnvoll, weil man erstens Grundwissen präsentiert bekommt und zweitens im Idealfall am Prozess der Herstellung eines Wissens teilnehmen kann, über das in dieser Form noch niemand verfügt. An einer Vorlesung intensiv teilzunehmen heißt im besten Fall, ganz aktuelle Ergebnisse avancierter Forschung präsentiert zu bekommen. Und ebenso sinnvoll ist es, diese Ergebnisse in irgendeiner Weise aufzuschreiben. Auch das Grundwissen aufzuschreiben, macht Sinn. Denn der oder die Vortragende hat dieses Wissen selbst ja aus mehr oder weniger unzähligen literaturwissenschaftlichen Werken, literaturgeschichtlichen Darstellungen, Biographien und Werkinterpretationen zusammengetragen – in einer Dichtheit, wie sie selten ein einzelnes Lehrbuch zu bieten vermag, und zusätzlich noch aus der Perspektive einer Forscherin oder eines Forschers, die/der Freude an diesem Gegenstand hat, vielleicht sogar noch etwas Neues an ihm entdeckt.

Nutzbarkeit und Zweck der VorlesungsmitschriftVorlesungsmitschriften begleiten oft das gesamte Studium und dienen selbst noch in der Prüfungsvorbereitung der Selbstverständigung über ganze Themenkomplexe. Die gute Vorlesungsmitschrift gibt es nicht, ihre Qualität ist auch nicht von der Kongenialität des Zuhörers abhängig, von seiner Ausdauer o. Ä. – Hier handelt es sich um eine eigentlich schlichte und einübbare handwerkliche Technik, deren positive Effekte allerdings nicht zu unterschätzen sind.

Generell hat die Vorlesungsmitschrift doppelten Sinn: Sie ist einerseits die Möglichkeit, an einem kompetent aufbereiteten, mehr oder weniger brillant vorgetragenen und ebenfalls mehr oder weniger an der neuesten Forschung orientierten Wissen zu partizipieren, andererseits aber schon die Chance, in der nachbereitenden Aneignung dieses Wissens grundlegende wissenschaftliche Verfahren einzuüben.

Wenn eine Vorlesung durch eine intensive Mitschrift begleitet werden soll, dann geht das natürlich nur bei Nur eine Vorlesung pro Semester intensiv nacharbeiteneiner Vorlesung pro Semester. Das Ergebnis einer solchen Mitschrift ist im besten Fall ein selbst geschriebener 50- bis 100-seitiger Text, der erstens selbst für die intensivste Prüfungsvorbereitung zu diesem Gegenstand noch völlig ausreicht, der zweitens damit auch Mitstudentinnen und -studenten zur Verfügung gestellt werden kann und der drittens auf der Festplatte des Computers auch ein reichhaltiges Reservoir differenzierten und ausformulierten Wissens darstellt, auf das man etwa im Falle von Referat oder schriftlicher Hausarbeit ruhig zurückgreifen darf.

Ein sorgfältiges Protokoll ist also schon allein aus studienökonomischen Erwägungen ein sinnvolles Unterfangen. Zu Beginn des Studiums basiert dieses Protokoll auf einer Ausgangspunkt: Mitschrift des Gehörten