Eines Tages werden unsere Kinder

Antworten geben,

die wir nicht hören wollen,

weil wir ihnen keine Antworten gaben,

als sie uns Fragen stellten. 

Impressum


Bibliografische Informationen der Deutschen National-bibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.


ISBN: 978-3-95894-044-4 (Print) // 978-3-95894-045-1 (E-Book)


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Ein sehr sensibles Blau


In der Einleitung zu seinem Buch „Über das Aussterben der Naturvölker“, Verlag von Friedrich Fleischer, Leipzig 1868, schreibt Dr. Georg Gerland, Lehrer am Kloster „Unserer lieben Frauen“ zu Magdeburg:

„Und wenn es sich als wahr bestätigt, daß, wie man behauptet hat, diese Naturvölker aus einer Lebensunfähigkeit, welche ihrer Natur anhaftet, dem Aufhören entgegen gehen, so ist, da die nothwendige Folgerung jener Behauptung dahin führt, daß man verschiedene Arten, höhere und niedere im Geschlecht Mensch annimmt, die Beantwortung dieser Frage auch für die Philosophie maßgebend.“

Der über diesen Satz geneigte Leser möge bitte mein Buch nicht schon hier aus der Hand legen. Es stimmt: Dieser Satz ist gefüllt mit Nebensätzen, und wir,  die wir in unserer hastigen Zeit gewohnt sind, zügig zur Sache zu kommen, verlieren gar leicht die Aufmerksamkeit. Wir erzählen nicht mehr, wir berichten in knappen Sätzen, die manchmal sogar wie gestottert klingen. Aber in der Tat: Der oft geheimnisvolle Untergang von Naturvölkern entbehrt nicht eines philosophischen Aspektes: Wenn es nicht äußere Einflüsse wie Katastrophen und Kriege waren, wie konnte dann ein solches Volk von hoher Kultur wie das der Maya zugrunde gehen? Lebten sie allmählich, wie oben genannt, aus einer Unfähigkeit  gegen eine natürliche Verhaltensweise?  Hörten sie nicht auf ihre klugen Medizinmänner oder waren diese schon vor ihnen ausgestorben? Und überhaupt: Was sind Naturvölker? Man muß annehmen, sie sind der Natur sehr verbunden, sie leben natürlich. Also wissen sie mit ihr umzugehen. Oder folgen sie ihrer einfachen Natur gemäß naiv dem Werden und Vergehen? In dem Satz steht, daß eine gewisse Lebensunfähigkeit, die ihrer Natur anhaftet, sie ihrem Aufhören entgegen gehen lässt. Naturvölker wären demnach fatalistisch. Die Natur sitzt ihnen gewissermaßen auf der nackten Haut. In Gerlands Buch steht, die ist kupferfarben. Es ist noch immer eine traurige Tatsache, daß unterschiedliche Hautfarben Distanzen schaffen. Sie schleichen sich oder schon wieder ein. Sie schaffen beinahe unbewusst Abstufungen vor allem bei denen, die sich eine bestimmte Ordnung um sich aufgebaut haben. Höhere und niedere Art Mensch eben. Naturvölker reiben in der Vorstellung solcher die Ordnung Liebender, wenn sie frieren, Holz in Holz und erzeugen so nach langer Mühe ein Feuer. Wir drehen die Heizung auf  oder nehmen ein Streichholz, reiben es an der Schachtel zur Flamme, halten es an ein Stück Feueranzünder, legen, sofern wir noch einen haben, Holz im Ofen drauf, hören das Knistern und Prasseln und wähnen uns so der Natur näher. Meistens hocken wir um einen Grill und hören die Bratwürste zischen. Wir sind nicht kupferfarben, wir sind weiß. Wir sind kein Naturvolk, wir gehören zu den so genannten zivilisierten  Völkern. Wir vollziehen unser Treiben nicht wie jene. Wir wissen, was wir tun. Wir sind nicht nur Weiße, wir sind auch weise. Aber wenn man uns sagt, was wir manchmal so tun, hören wir das gar nicht gern. Und wissen wir wirklich immer, was wir tun?

Wie man sieht, hat es der anfangs zitierte Satz in sich. Er sagt uns, man vermutet verschiedene Arten, höhere und niedere im Geschlecht Mensch.  Das ganze Leben besteht aus Vermutungen. Wir vermuten, die höchst entwickelten Lebewesen zu sein. Aber hinter ihren Gitterstäben beobachten uns die Affen im Zoo erschrocken und bitten Herrn Darwin um Verzeihung dafür, weil sie uns geschaffen haben. Vielleicht sind wir die Primaten und nicht sie und bedürfen in einer übersättigten Welt wieder einer ganz natürlichen Lernfähigkeit. Die Ansicht, es gibt höhere und niedere Arten im Geschlecht Mensch, hat besonders ab 1933 zu einer Tod bringenden Arroganz geführt. Aus niederer Art wurden Untermenschen, die es zugunsten einer höheren Art, einer Herrenrasse, zu vernichten galt. Solche Haltungen können nur entstehen, wenn zuvor in einem Volk alle menschliche Kunst und Kultur gewaltsam erdrosselt wurde. Als ich in einer Passagiermaschine nach Sibirien unterwegs war und erlebte, wie wir stundenlang über den Ural flogen, wußte ich, diese große unendliche russische Weite hat schon dadurch den kleinen deutschen Eroberer besiegt. Ich war nur 12000 Kilometer von der Erde entfernt und doch wie entwurzelt. Der einzige Boden, den ich noch spürte, war der des Flugzeuges. Seitlich in der Helligkeit dieses zeitlich verlängerten Tages  hing fast in der derselben Höhe ein weißlicher Mond. Den hatten schon höhere Arten vom Geschlecht Mensch mit den Fußspitzen berührt. Und weit vorher hatte man einen kleinen Hund namens Laika ins All geschossen, um feststellen zu können, ob man da oben überleben kann. Was wird er gespürt haben, der kleine Hund? Hat er unter dem Gefühl des Druckes und der Einsamkeit gewinselt oder laut gejault? Gottlob, er kam zurück. Und der Traum, sich den Sternen zu nähern, wuchs wieder ein Stück. Wäre der kleine Hund nach seiner Landung tot geborgen worden, hätte man den Traum trotzdem nicht aufgegeben, sondern nur die Schultern gezuckt und gesagt: Armer Hund.

Der Wunsch, die Sterne zu erreichen, ist nicht nur ein Gedankenprivileg der Poeten. Die höhere Art Mensch möchte gern wissen, ob es dort irgendwo auf einem besonders hell schimmernden und lockenden Stern Wärme, Luft, Wasser und andere Lebewesen gibt. Die Vorstellung aber, sie könnten klüger sein, will nicht so recht in ihre Köpfe. In den utopischen Weltraumfilmen wird schon dafür gesorgt, daß sie entweder riesige Ohren oder schwulstige Stirnen haben. Quasimodos des Weltalls. Der Quasimodo von Notré Dame gehörte zur niederen Art. Aber er hatte ein gutes Herz und eine große Seele.

In der Unendlichkeit des Alls wird es bestimmt andere Lebewesen geben. Doch ob sie die Menschheit dieser Erde jemals zu Gesicht bekommt, ist zu bezweifeln. Die Unendlichkeit  -  wir behaupten, wir können sie durch unsere  astronomischen Berechnungen erklären. Aber in unseren dinglichen Vorstellungen kommt da oben ein Stern und hinter diesem wieder einer und noch einer und kommen Lichtjahre bis zum nächsten. Selbst Lichtjahre können wir uns nicht vorstellen. Hinter unserer Unendlichkeit kommt immer ein Punkt. Wir können ohne Punkte gar nicht leben. 

Alle Kosmonauten und Astronauten schwärmten nach ihrer Rückkehr von der Schönheit der Erde.  Einer beschrieb das wunderbare Blau, welches mit einem zarten weißen Schleier durchzogen war. Ein sehr sensibles Blau.  

Mußten wir erst so hoch fliegen, um zu erkennen, wie schön und zugleich wie verwundbar unsere Erde ist? 

Orkanisches


Am 12. März 1876 fegte ein Orkan, wahrscheinlich in den Nachtstunden, über Mitteldeutschland hinweg. Er war nachmittags und abends über Nordfrankreich und Südengland gekommen. Im selben Monat hatte Alexander Graham Bell seine Erfindung, ein Telefon, angemeldet. Es hätte, wenn es schon Jahre früher wirksam geworden wäre, ganz privat von Haus zu Haus vielleicht noch rechtzeitig vor dem Orkan warnen können. So kam er fast unverhofft, entwurzelte reihenweise Bäume, ließ Dächer durch die Luft fliegen, warf sogar Fabrikschornsteine um. Er schlug eine Bresche entlang der Linie Düsseldorf - Kassel - Leipzig. Zwei Wochen zuvor führten starke Regenfälle in den meisten deutschen Flüssen zu Hochwasser. In Kaub am Rhein kam es am 10. März zu einem Bergsturz. 25 Menschen starben unter den herab kommenden Erdmassen.

1972 suchte ein Orkan Niedersachsen heim. Im Vergleich zu dem von 1876, also vor rund einhundert Jahren, sprach man deshalb von einem Jahrhundertorkan. Aber schon 1990 hieß ein Orkan Daria, 1999 einer Lothar und am 18./ 19. Januar 2007 tobte der Orkan Kyrill bis hinauf in die Höhen des Erzgebirges. Kurz vor dem ersten Haus des fast 1000 Meter hoch liegenden Dorfes Tellerhäuser hielt er an, verschonte Menschen, Tiere und Gebäude. Gott hat uns verschont, sagten die Gläubigen. Aber ein Unwetter fragt nicht nach Gott und Gerechtigkeit. Glück und Unglück sind ein Zufallsspiel. In einer anderen Gegend des Erzgebirges erzählte man sich, ein Mann sei während einer Festlichkeit abends vor das Gasthaus getreten, um eine Zigarette zu rauchen. Durch die Fichten kam ein Rauschen aus den Tälern. Das war eine gewohnte Melodie der Natur, nichts Neues. Aber als er drei Stunden später mit den Gästen zur Heimkehr vor das Haus trat, war der Wald ringsum verschwunden. Das Haus stand plötzlich im freien Gelände. Während die Musik drinnen laut gespielt hatte, waren ihnen die verheerenden Vorgänge draußen entgangen. Innerhalb kurzer Zeit lagen die Fichten flach wie Halme eines Kornfeldes nach heftigem Hagel.  

Auch wenn man mir mechanische Denkweise vorwerfen kann, wir wollen ein bißchen rechnen: Vom Orkan 1876 bis zum nächsten dauerte es 96 Jahre. Der Orkan Daria folgte 18 Jahre später und 9 Jahre darauf der Orkan Lothar. 8 Jahre danach hatten wir den Orkan Kyrill. Wenn sich die Abstände jedes Jahr um ein Jahr verringern, hätten wir bald jedes Jahr einen Orkan und von da ab wahrscheinlich alle Jahre mehrere.

Sitzen wir zehn Jahre nach einem runden Geburtstag erneut zu einem runden zusammen, sehen wir uns an und rufen: „Mein Gott, wie die Zeit vergeht!“

Das Jahr mit ständigen Orkanen ist für uns so weit entfernt. Stellen wir uns aber einmal vor, es leben dann dort unsere Nachkommen, so ist das in Äonen gerechnet nur ein Augenblick. Die hätten dann jedes Jahr einen Orkan, den ein anderer gleich danach ablöste. Sie kämen mit dem Beseitigen von gewaltigen Zerstörungen nicht mehr nach und lebten vielleicht wie unsere weit entfernten Vorfahren, und das ist noch gar nicht lange her, wieder notdürftig in Hütten oder Höhlen. Bells Erfindung könnte ihnen auch nicht mehr helfen, da die Orkane wie aus heiterem Himmel kommen, heftig und bösartig. Und sie dächten an uns, die wir durch unsere Lebensweise und unsere Ansprüche solche Orkane säten, die nun in voller Blüte oder besser in voller Stärke und Gewalt aufgegangen sind.

Zeit wirkt auf uns subjektiv, obwohl eine Stunde genormt sechzig Minuten hat und regelmäßig abläuft. Sie ist also eine Frage unseres Emppfindens. Geht es uns gut, verweht sie wie im Flug. Haben wir Ängste, scheint sie zu stehen. Unsere Ängste beziehen sich auf die Spanne unseres Lebens. Was danach ist, verdrängen wir. Nähert sich uns auf der Autobahn ein schneller Wagen mit 150 Stundenkilometern, retten wir uns durch einen Sprung zur Seite. Derselbe Wagen langsam auf der Dorfstraße: Wir laufen ruhig weiter. Wir haben ja Zeit. Aber er kann uns genau so schnell töten. Die ach so fernen Jahre sind der langsam sich nähernde Wagen. 

Nur eine Fußnote?


Die DDR roch. Ich konnte geschlossenen Auges mit dem Linienbus von Altenburg nach Leipzig fahren und bemerkte am Geruch, wenn sich der Bus Borna näherte. Hunderttausende Tonnen Braunkohle wurden dort verarbeitet. Das ausgestoßene Schwefeldioxid und andere Schadstoffe färbten den blauen Himmel weißlich. Auf den Fensterstöcken sammelte sich dort über Nacht oft feiner gelblicher Staub. Wer den Geruch nicht gewohnt war, bekam, wenn er sich länger in der Gegend aufhielt, ein Gefühl von Übelkeit. Ob nun von physischer oder psychischer Ursache: Das Ergebnis war gleich. Die Zahl der von Schadstoffen befallenen Gegenden ließ sich beliebig weiter aufzählen: Merseburg, Leuna, Gräfenhainichen, Bitterfeld, Wolfen, Lübbenau, Vetschau, Lippendorf ...

Fuhr ich durch Glauchau an der Mulde, war es der Gestank des Spinnstoffwerkes, fast ein Markenzeichen der Stadt. An besonders windstillen Tagen drückte der Gestank bis tief in die Straßen. Die Leute klagten nicht mehr, sie hatten sich daran gewöhnt. Die Mulde roch nach Industrieableitungen, führte dunkelgraues undurchsichtiges Wasser, kein Fisch war mehr zu sehen. Hinter dem Spinnstoffwerk, beinahe unbemerkt, befand sich ein kleinerer Betrieb, der ein viel schlimmeres Gift in den Himmel spie: Cadmium. Der Blick auf die hohen Schornsteine verhinderte manchmal den Blick auf die kleinen. Als ich einmal am Rand des Meeraner Stadtpark an der Rückseite eines großen Textilbetriebes vorbei spazierte, sah ich, wie hinter dem riesigen Schornstein ein kleinerer, mehr ein Rohr aus Weißblech, eine in die Nase beißende Wolke ausstieß. Ich schrieb der Betriebsleitung und wollte wissen, was das sei. Was ich nicht wußte, schon lange vor mir hatten Anwohner gegen diesen Ausstoß protestiert. Die Betriebsleitung lud mich zu einem Gespräch ein, und ich erfuhr, ich müßte doch als ehemaliger Textilarbeiter wissen, was ein Textilbetrieb verheizt. Mehr erfuhr ich nicht. Später wußte ich, es war Formaldehyd gewesen. 

Ende der siebziger Jahre war ich für eine Legislaturperiode Abgeordneter des Bezirktages Karl-Marx-Stadt. Regelmäßig verbrachte ich meinen Urlaub im Erzgebirge. Dort sah ich bei meinen Wanderungen wie an den Einzugsgebieten des böhmischen Windes nach und nach ganze Reihen von Fichten abstarben. Ohne Nadeln ragten sie gespenstig wie Totengerippe in den Himmel. Einheimische erzählten mir, große Chemiegebiete auf der tschechischen Seite seien die Verursacher. Ich stellte als Abgeordneter schriftlich die Frage, ob dagegen etwas unternommen wird. Ein Oberforstmeister besuchte mich darauf und erklärte mir, man sei sich dieser Situation bewußt. Aber meine Bitte, ob ich auf meine schriftliche Anfrage auch eine schriftliche Antwort bekäme, erfüllte sich nicht. Es wurde sich generell in der Öffentlichkeit nicht zu solchen brisanten Themen festgelegt. Die DDR befand sich auch hier in einer Zwangslage. Es gab Proteste einzelner und von Gruppen. Aber man war bemüht, dies unter einer Glocke zu halten. Was blieb der DDR auch anderes übrig? Ihre Devisenschwäche nötigte sie, auf eigene Energieträger zurückzugreifen. Und das war im überwiegenden Maß die Braunkohle. Mit Sicherheit wußten die Verantwortlichen, wann auch diese Vorkommen erschöpft sind. Womöglich ahnten sie da schon das Ende der DDR und verschwiegen es in ihren Erfolgsberichten. Umso mehr lobten sie auf ihren roten Transparenten die maximalen Produktionsergebnisse und die siegreiche Kraft der Arbeiterklasse. Die nüchternen Berichte der Kombinatsdirektoren blieben wahrscheinlich im Geheimtresor von Günter Mittag. Indessen liefen die Dreckschleudern der DDR auf Hochtouren, fraßen sich in die Gemäuer, ließen die Häuserwände aussehen wie an Krebs erkrankt. Auch die Analysen der Mediziner blieben geheim oder wurden nur in Tabugesprächen erörtert. Erkrankungen der Atemwege wurden, wenn es sich dabei zum Glück um Raucher handelte, damit erklärt. 

In den Städten heizten die Betriebe und fast alle privaten Haushalte mit Braunkohle und Koks. In den Schwefeldioxidgebieten mußte bei starkem Niedergang der Ausstöße und bei schlechtem Tageslicht die Beleuchtung eingeschaltet werden. Blätter kräuselten sich vorzeitig und gaukelten schon im Sommer den Herbst vor. 

Wenn ich an meine Zeit in der DDR zurück denke, kann ich mich nicht erinnern, unter dem größten Teil der Leute schon ein ausgeprägtes Umweltbewußtsein festgestellt zu haben. Es war eher Sarkasmus oder schwarzer Humor, mit dem sie sich in die Situation fanden. Dort, wo Tonnen von Schwefeldioxid in die Luft gepulvert wurden, verdienten die meisten Arbeiter sehr gut. Es war ein Trostpflaster. In meiner Geburtsstadt Meerane servierten etwa zwanzig Fabrikschornsteine einen Teller voller graubrauner Rauchschwaden über die Stadt. Und im Winter sorgten zusätzlich Wolken verheizter Brikett und von verbranntem Koks aus den privaten Essen für einen Tiefflug des Rauches. Das Ganze gab, auch wenn es für Außenstehende unwahrscheinlich klingen mag, ein Gefühl von rastloser Arbeit und menschlicher Nähe. Und außerdem: Es blieb dem Staat in seiner Lage gar keine andere Möglichkeit, als so zu riechen. Wenn jetzt mein Nachbar ein dünnes weißes Rauchfähnchen verbrannten Holzes in meinen Garten rieseln lässt, rege ich mich darüber auf. Aber ist das schon ein Ausdruck von gewachsenem Umweltbewusstsein?