Cover

Ashley Carrington

Hickory Hill

Roman

hockebooks

4

Tief gruben sich die Räder der Kutsche in den aufgeweichten Boden. Schlamm spritzte zu beiden Seiten hoch. Der Regen hüllte den Vierspänner in einen grauen Schleier. Die Feuchtigkeit drang auch ins Wageninnere, sodass Alice die Decken enger um die Schultern zog.

Sie hatte jedes Gefühl für Zeit verloren. Stunden mussten seit ihrem überstürzten Aufbruch von Rose Hall vergangen sein. Charles hatte Sam, der das Gespann lenkte, die Anweisung gegeben, so schnell wie möglich zu fahren. Und so schlingerte, rutschte und schwankte die Kutsche über die kurvige Straße, die durch den heftigen Regen voll tiefer Schlaglöcher war.

Alice empfand Mitleid mit den drei Schwarzen, die sich oben auf dem Kutschbock drängten und dem Wetter ausgesetzt waren. Trotz der Regenumhänge musste ihnen kalt und ihre Kleidung klamm vor Nässe sein.

Charles saß ihr gegenüber. Seit Beginn der Fahrt hatte er kein einziges Wort an sie gerichtet und sich in düsteres Schweigen gehüllt. Er starrte mit verkniffenem Gesicht vor sich hin und trank Brandy, den er in zwei silberne flache Taschenflaschen gefüllt hatte. Stunde um Stunde war so verstrichen. Das Trommeln des Regens auf dem Dach der Kutsche, dumpfer Hufschlag, aufspritzendes Wasser und die heiseren Rufe des Kutschers waren die einzigen Geräusche, die sie auf dieser trostlosen Fahrt begleiteten.

Endlich sagte Charles: »Die Fortune wird Kurs auf die Bahamas nehmen, eine kleine Inselkette bei Florida. Vielleicht bleiben wir auch in der Karibik. Jamaika soll schön sein und viel bieten. Dort können wir abwarten, bis die Armeen des Königs dieses aufständische Pack geschlagen und die Rebellion erstickt haben. Lange kann es nicht dauern. Es soll sehr sonnig da unten sein. Nehmen wir diese Reise als Erholung.« Es war, als wollte er sich damit selber Zuversicht zusprechen.

Alice nickte nur, weil sie nichts darauf zu erwidern wusste, und das Schweigen senkte sich erneut über sie. Und im Laufe der nächsten Stunden nahm ein Plan in ihrem Kopf Gestalt an. Sie musste den Versuch wagen und fliehen, kurz bevor sie an Bord der Fortune gingen. Charles würde es nicht riskieren, sie zu verfolgen und dabei sein Leben aufs Spiel zu setzen. Er war als Königstreuer bekannt, und darin lag ihre Chance. Er musste das Land verlassen. Und gewannen die Rebellen den Unabhängigkeitskrieg, wer würde dann den Anschuldigungen eines Loyalisten Glauben schenken? Man würde alles für den versuchten Racheakt eines Mannes halten, dessen Frau ihn verlassen und sich zu den Freiheitskämpfern gesellt hatte.

Doch was geschah, wenn die britischen Truppen diesen Krieg gewannen?

Alice beschloss, das Wagnis einzugehen und zu hoffen. Ohne Hoffnung hätte das Leben seinen Sinn verloren. Sie wollte nicht aufgeben, sie wollte kämpfen und leben und sehen, wie ihr Kind heranwuchs und in den Armen seines Vaters lachte. Diese Hoffnung war jedes Wagnis wert.

5

Früh brach die Dunkelheit herein. Im fahlen Licht des Tages lenkte Sam die Kutsche in den Hof der Taverne, die sich Bull’s Head nannte. Stallknechte eilten zu ihnen hinaus und die stämmige, rotwangige Wirtin öffnete ihnen selbst den Wagenschlag.

»Herzlich willkommen, die Herrschaften!«, grüßte sie ehrerbietig, erkannte sie doch an der Ausstattung und an den edlen Pferden, dass zahlungskräftige Gäste ins Haus gekommen waren.

»Euer bestes Zimmer, ein heißes Bad für mich und meine Gattin und danach ein gutes Essen, könnt Ihr dafür sorgen?«, fragte Charles knapp.

»Ihr werdet keinen Grund zur Klage finden. Das Zimmer ist in ein paar Minuten gerichtet. Wollt Ihr Euch derweil in der Schankstube aufwärmen?«, schlug die Wirtin vor und hielt ihnen die Tür auf.

Charles nickte und trat mit Alice durch die Tür. Der Schankraum war klein und bot nicht mehr als fünf schweren Eichentischen Platz. Die Decke war niedrig und rußgeschwärzt. An den Wänden hingen holzgeschnitzte Leuchter, deren Kerzen im Windzug flackerten.

Ausgelassenes Gelächter drang ihnen entgegen. Eine Gruppe junger Männer saß um einen runden Tisch, der am anderen Ende des Raumes in einer Ecke stand. Flinten lehnten hinter ihnen an der Wand. Große Krüge Wein standen auf dem Tisch.

Charles warf der Gruppe einen abschätzenden und verächtlichen Blick zu und setzte sich mit Alice an einen der freien Tische.

»Womit kann ich Euch dienen?«, erkundigte sich die Wirtin.

»Bringt uns einen Krug Wein«, sagte Charles. »Aber nicht gepanscht, sondern das Beste, das Ihr zu bieten habt. Es soll Euer Schaden nicht sein.«

»Sehr wohl, der Herr.« Die Wirtin eilte davon und kam Augenblicke später mit einem steinernen Krug und zwei Zinnbechern wieder. Sie goss ein. »Zum Wohle, die Herrschaften.«

Aus der Ecke stieg erneut Gelächter auf und hallte durch den Raum. Einer der jungen Männer, ein gut aussehender, kräftiger Bursche mit rötlichem Haar und einer markanten Nase, hob seinen Becher.

»Auf General Washington!«, rief er.

»Auf General Washington!«, fielen seine Freunde ein und leerten ihre Becher.

Charles’ Gesicht verdüsterte sich. Grimmig trank er seinen Wein.

»Auf Patrick Lee!«, rief ein anderer Mann, und ein weiterer Toast folgte.

»Auf die Patrioten Virginias!«

Alice sah, wie Charles zusammenzuckte. Seine Augen verengten sich und seine Hand krampfte sich um den Becher.

»Charles, bitte …«, flüsterte Alice und wollte ihn zurückhalten, etwas Unbedachtes zu tun. Doch es war schon zu spät.

Charles hob den Becher und seine Stimme drang schneidend durch den Raum, als er rief: »Auf unseren König!«

Es wurde still im Schankraum.

Alle Augen richteten sich auf Charles, während er den Wein in einem Zug austrank. Das fröhliche Lachen der Männer verstummte.

Der Rothaarige erhob sich langsam, trat zu Charles und Alice an den Tisch und musterte sie. »Ich muss Euch soeben falsch verstanden haben, mein Herr. Das mag am Wein liegen. Erlaubt, dass ich …«

»Gar nichts erlaube ich!«, fuhr Charles ihn an. »Und Ihr habt Euch nicht verhört. Ich trinke auf das Wohl unseres Königs und aller aufrechten Männer, denen Treue kein leeres Wort ist!«

»Wollt Ihr damit sagen, ich wäre kein aufrechter Mann?«, erkundigte sich der Rothaarige.

Charles musterte ihn mit unverhohlener Verachtung. »Nehmt es, wie Ihr wollt!«

»Jack, lässt du dir eine Beleidigung von diesem Tyrannenfreund gefallen?«, rief einer der Männer zu dem Rothaarigen hinüber.

Jack beugte sich zu Charles vor. »Ich will Euch sagen, was ich von Eurem König halte. Ein ehrlicher Mann ist mehr wert als all die gekrönten Schurken, die je gelebt haben. Das hat Thomas Paine über Könige im Allgemeinen und über Euren George im Besonderen geschrieben. Und ich stimme mit ihm überein, wenn er diesen Unterdrücker ein königliches Scheusal nennt!«

Mit einer abrupten Bewegung ergriff Charles Alices Becher und schüttete dem Mann den Wein ins Gesicht. »Das halte ich von Euch Verrätern!«, rief er.

Jack zuckte zurück, er wischte sich den Wein aus dem Gesicht. Seine Freunde waren aufgesprungen und kamen näher. Messer blitzten, eine Klinge setzte sich an Charles’ Kehle.

»Aufhängen!«, brüllte einer.

Charles zuckte nicht mit der Wimper. »Ich wusste, dass ihr ehrlose Schurken seid, Gesindel!«, sagte er.

»Lasst ihn los!«, befahl Jack und sah Charles kalt an. »Dafür werdet Ihr mir mit der Waffe Genugtuung verschaffen! Wenn Ihr wirklich die Ehre im Leib habt, die Ihr mir absprecht!«

»Nichts lieber als das!«, erwiderte Charles verächtlich.

»Ted, hol zwei Pistolen!«, befahl Jack, der offensichtlich der Wortführer war.

»Bemüht Euch nicht«, sagte Charles und erhob sich mit Würde. »Ich stehe Euch mit meiner eigenen Waffe zur Verfügung. Sofort, wenn Euch das recht ist.«

»Ich erwarte Euch draußen im Hof!«, erklärte Jack und verließ den Raum.

»Tu es nicht!«, beschwor Alice Charles, als er Sam nach seiner Waffe schickte. »Er wird dich töten! Tu es nicht, Charles! Das ist es doch nicht wert!«

Mit einem leichten Lächeln sah er sie an. »Du erstaunst mich mit deiner Besorgnis um mein Leben. Ich glaubte, du würdest dir nichts sehnlicher wünschen als meinen Tod? Würde er dich doch von mir befreien.«

»Was immer du mir angetan hast, ich habe dir nie den Tod gewünscht. Das hieße Unrecht mit einem noch größeren vergelten. Ich habe nichts für König George übrig und ebenso wenig für Duelle!«, sagte Alice eindringlich.

»Keine Sorge, ich habe eine sichere Hand«, beruhigte er sie. Dann wandte er sich Sam zu, der die Pistole aus der Kutsche geholt hatte.

»Schussbereit?«, fragte er knapp.

Sam nickte. »Ich habe Pulver und Feuerstein sorgfältig geprüft, Master!« In seinen dunklen Augen stand die Angst.

Charles überprüfte die Waffe selbst noch einmal und schritt dann hinaus in den Hof.

Am liebsten wäre Alice allein im Schankraum geblieben, doch sie ging mit bis zur Tür.

Jacks Freunde hatten Laternen im Hof aufgehängt.

Zehn Schritte voneinander entfernt nahmen die beiden Duellanten Aufstellung. Einer von Jacks Freunden führte das Kommando. Jack und Charles maßen sich mit kalten, abschätzenden Blicken.

Dann zählte der junge Mann laut und deutlich von eins bis drei. Bei drei durften die Duellanten schießen.

Alice starrte zu Charles hinüber, angsterfüllt. Und sie hatte nicht gelogen. Was immer auch zwischen ihnen lag, niemals würde sie ihm den Tod wünschen. Im Grunde hatte er ihr oft leidgetan.

»Drei!«, schallte es über den Hof.

Sie erhoben ihre Pistolen gleichzeitig. Doch Charles machte keine Anstalten, den Abzug zu ziehen. Verächtlich und hocherhobenen Hauptes blickte er seinen Kontrahenten an.

Jack runzelte die Stirn, zögerte einen kurzen Augenblick und drückte ab … Knallend löste sich der Schuss. Mündungsfeuer schoss aus dem Lauf, Rauch trieb über den Hof.

Die Kugel schien Charles verfehlt zu haben. Doch plötzlich taumelte er. Die Hand mit der Waffe sank herab. Verblüffung zeigte sich auf seinem Gesicht. Und ein dunkler, feuchter Fleck breitete sich auf seinem weißen Hemd aus. Er tastete nach der Wunde und blickte auf das Blut an seiner Hand. Dann schwankte er und stürzte zu Boden.

»Charles!«, schrie Alice auf. Sie rannte zu ihm hinüber und kniete auf dem schlammigen Boden nieder.

»Warum hat der Kerl nicht geschossen?«, fragte jemand verwundert.

»Er hat bekommen, was er verdient hat«, erwiderte Jack hart. »Lasst uns gehen.«

Alice sah, dass Charles tödlich getroffen war. Das Blut strömte nur so aus der Wunde. »Warum hast du so lange gewartet?«, rief Alice fassungslos.

»Irgendwann … verliert … jeder … einmal«, stieß Charles hervor. »Es ist … vielleicht … auch besser so … Es ist … gut … auch für dich … jetzt bist du frei …«

»Du Narr! Warum musstest du alles zerstören … jetzt auch dich selbst!« Ohnmächtiger Zorn und echter Schmerz klangen aus Alices Worten. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hatte sie Charles geliebt; wenn auch nicht so stark, wie sie Richard liebte, doch geliebt hatte sie ihn. Und sie erkannte, dass trotz der Demütigungen und Qualen der vergangenen Jahre noch ein Gefühl für Charles in ihr lebendig war.

Charles griff nach ihrem Arm. »Alice, es geht bald … mit … mir … zu Ende. Ich will noch eine Schuld … begleichen«, sagte er angestrengt. »Das Testament für dich ist in meiner Reisetasche … in … der … großen Tabaksdose.«

»Testament?«

»Alice … Shadwells … Testament!«, flüsterte Charles beschwörend. »Arthur Moore wollte es mir verkaufen … Er hat es wohl … Sally Lee abgenommen. Sally hat dich hintergangen … von Anfang an … Sie fand das Testament zu deinen Gunsten kurz vor Alice Shadwells Tod. Sie behielt es. Du warst so leichter zu erpressen! Ich bin mit Sally einer Meinung gewesen. Du hättest mich verlassen, hättest du das Testament besessen … Ich brauche es jetzt nicht mehr!«

Charles’ kaum noch verständliche Worte beschworen in Alice die Bilder und Schatten der Vergangenheit wieder herauf. Die Fair Wind, die feuchten Kabinen, Alice Shadwell dem Tode nahe, das fehlende Testament, Sallys seltsames Verhalten. Bitterkeit erfasste Alice, als ihr klar wurde, was wirklich geschehen war.

»Warum das alles?«, flüsterte Alice verzweifelt. »Warum dieses gegenseitige Quälen und Erpressen, Morden und Betrügen?«

»Gib acht auf mein Kind!«, bat Charles und versuchte vergeblich sich aufzurichten. »Es ist doch mein Kind, nicht wahr?«, fragte er unsicher.

Alice bettete seinen Kopf in ihre Arme.

Tiefe Trauer erfasste sie, als sie in seinen Augen las, wie verzweifelt er sich einen Sohn wünschte und wie viel für ihn im Angesicht des Todes von ihrer Antwort abhing.

»Ja, es ist unser beider Kind … dein Kind«, log sie. »Du hattest recht, es war eine Lüge. Ich wollte dir wehtun, dich verletzen, damit du mich freigibst. Deshalb tat ich es. Es ist dein Kind, Charles, und es wird dein Sohn sein.«

Sein Gesicht entspannte sich. »Gut«, flüsterte er, »ein Sohn … Dann war doch nicht alles umsonst. Alles in meinem Leben war so ohne Sinn …« Seine Stimme brach ab. Langsam sank er zurück. Charles Coleman war tot.

Sanft schloss Alice ihm die Augen. Dann weinte sie.

Sie weinte um Charles und um ihrer beider Unglück. Aber sie weinte auch aus Trauer und um einer Hoffnung willen.

6

Rose Hall war nicht niedergebrannt oder von der aufgebrachten Menge, von der Andrew Harris gesprochen hatte, geplündert worden. Wie der Butler Jerry seiner Herrin berichtete, waren die zwei Dutzend Reiter unverrichteter Dinge wieder abgezogen, als an der Abwesenheit des verhassten königstreuen Charles Coleman keinerlei Zweifel mehr bestanden hatte.

Alice sorgte für eine standesgemäße Bestattung ihres Mannes auf dem kleinen Familienfriedhof hinter der Kapelle. Dann packte sie einige Sachen zusammen und nahm das Angebot der O’Farrells, vorerst bei ihnen zu leben, mit großer Dankbarkeit und Erleichterung an. Rose Hall wirkte nach dem gewaltsamen Tod von Charles noch kälter, abweisender und erdrückender auf sie als schon zuvor.

Auf dem schönen Besitz der O’Farrells, der viele Erinnerungen an Hickory Hill in Alice weckte, fand sie Ruhe und Geborgenheit nach den schrecklichen Ereignissen der letzten Monate. Alice lebte unter Amandas Fürsorge auf. Und sie fand neuen Lebensmut und Zuversicht in den langen Gesprächen, die sie mit diesen guten Freunden über vieles führen konnte.

Doch noch immer hatte sie keine Nachricht von Richard erhalten, und die Sorge um ihn quälte sie. Nachts lag sie oft bis in die frühen Morgenstunden wach. Sie dachte angestrengt an ihn, als hoffte sie, ihn mit der Kraft ihrer von Liebe und Sehnsucht erfüllten Gedanken vor den Gefahren des Krieges schützen zu können. Und mit all ihrer Stärke musste sie sich gegen die Angst wehren, die der Gedanke, dass Richard vielleicht nicht mehr lebte, in ihr hervorrief.

Er wird zu mir zurückkommen! Er wird zu uns zurückkommen! – sagte sie sich dann immer wieder voller Hoffnung und strich über ihren gewölbten Leib, der die Frucht ihrer Liebe trug.

Wenn Amanda auch keine Fragen stellte, so blieb ihr doch nicht verborgen, dass Alice nicht um Charles trauerte, sondern von Angst und Hoffnung erfüllt war. Amanda war nicht blind, Alice hatte ihr schon im letzten Jahr zu verstehen gegeben, dass sie in der Ehe mit Charles litt. Amanda ahnte, dass es einen anderen Mann in Alices Leben gab; und es fiel ihr nicht schwer, zu erraten, wer dieser Mann war.

Der März brachte sonniges Wetter und die gelbe Farbenpracht der Forsythien. Eines Nachmittags saß Alice mit Amanda im vorderen Salon des Hauses und beschäftigte sich mit einer Handarbeit, als Jasper einen Mann von untersetzter Statur zu ihnen ins Zimmer führte. Es war Dan Potter, der für die Dauer von Richards Abwesenheit die Verwaltung von Hickory Hill übernommen hatte.

Alice musste sich zusammennehmen, um ihre angespannte Erwartung und Freude nicht allzu offen zu zeigen. Denn Potter berichtete ihnen, dass er am gestrigen Tag ein Schreiben von Richard Campbell erhalten habe.

»Erzählt! Wie ergeht es ihm unter General Washington? Ich hoffe doch, er ist bei bester Gesundheit«, sagte Alice atemlos. Ihr Herz klopfte heftig.

»Es geht ihm gut, soweit ich es seinem Schreiben entnehmen kann«, beantwortete Dan Potter ihre Frage mit einem Lächeln. »Mister Campbell nahm an der Schlacht bei Princeton teil, wo Washington den Rotröcken eine schwere Niederlage zufügte. Das neue Jahr lässt sich gut an, wie er schreibt. Unsere Truppen kämpfen tapfer. Wir dürfen hoffen, dass der Krieg nicht mehr lange dauert.«

Alice strahlte, sie wäre Potter am liebsten um den Hals gefallen. Richard lebte! Er war bei bester Gesundheit! Und das Ende des Krieges schien nahe zu sein!

»Mister Campbell bat mich in seinem Brief, Euch dieses Buch mit den besten Empfehlungen zurückzugeben. Er lässt ausrichten, dass er es bedaure, es nicht persönlich tun zu können, zumal ihm dieses Buch die glücklichsten Stunden seines Lebens beschert habe«, sagte Dan Potter weiter und reichte Alice, die seinen Worten erstaunt gelauscht hatte, ein kleines in Leder gebundenes Buch. Sie vermochte sich nicht daran zu erinnern, Richard jemals ein Buch geliehen zu haben.

»Ich verstehe nicht …«, begann sie, als sie es entgegennahm. Doch dann fiel ihr Blick auf den Titel. »Die Insel« lautete er, und da begriff sie. Eine Welle des Glücks durchströmte sie.

Richard sandte ihr mit diesem Buchtitel eine Botschaft, die nur sie verstand. Er wollte ihr damit sagen, dass er sie liebte und die Stunde ihrer größten Liebe auf der kleinen Insel im Duck Creek nicht vergessen hatte.

»Oh, das … ist … äußerst reizend von Mister Campbell«, brachte Alice mühsam hervor, als sie alle Blicke auf sich gerichtet sah.

»Das muss ja ein außergewöhnliches Buch sein«, meinte Amanda und lächelte leicht. »Ich würde es gern mal lesen, wenn du erlaubst.«

Der Verwalter erhob sich. »Entschuldigt, aber es ist mir leider nicht vergönnt, Eure Gesellschaft länger zu genießen. Es warten dringende Arbeiten auf mich.« Er verabschiedete sich höflich.

Alice begleitete ihn zum Tor. »Falls es Euch keine allzu großen Umstände macht, wäre ich Euch sehr dankbar, wenn Ihr mich weiterhin über Mister Campbells Befinden unterrichtet halten würdet«, bat sie ihn und fügte hastig hinzu, als müsste sie sich bei Potter für ihr Interesse an Richard rechtfertigen: »Wir reisten auf demselben Schiff von England nach Virginia, und Hickory Hill war einst meine Heimat. Uns verbindet eine große Freundschaft.«

»Es wird mir eine Ehre und ein Vergnügen sein«, versprach Dan Potter.

Mehrere Monate vergingen, bevor der Verwalter von Hickory Hill neue Nachrichten von Richard brachte. Er hatte sich im Kampf ausgezeichnet und diente mittlerweile unter General Horatio Gates, dem ehemaligen britischen Offizier, der auf der Seite der Amerikaner im blauen Rock der Rebellen die Nordarmee befehligte.

Spärlich nur drangen die Nachrichten aus dem Norden zu ihnen. Da Alice nun wusste, dass Richard aktiv an den Kämpfen teilnahm, schlichen die Monate des Wartens mit quälender Langsamkeit dahin. Kaum eine Nacht verging, in der Alice nicht mit klopfendem Herzen aus einem Albtraum erwachte, in dem Richard Campbell in Todesgefahr schwebte.

An einem heißen Tag im Juni des Jahres 1777 setzten die Wehen ein. Und als die Sonne den Abendhimmel mit roter Glut überzog, brachte Alice einen Sohn zur Welt, der seinen Eintritt ins Leben mit kräftigem Geschrei bekannt gab.

»Richard, du hast einen wundervollen Sohn!«, murmelte Alice in jener Nacht, als sie nicht einschlafen konnte. »Hörst du mich? Du musst leben … für mich und unseren Sohn!«

Es vergingen fünf lange Monate, ohne dass Dan Potter einen Brief von Richard erhielt. Es war im Oktober, als der Verwalter von Hickory Hill zögernd äußerte, Mister Campbell müsse wohl etwas Ernstes zugestoßen sein, denn dieses lange Schweigen sei äußerst bedenklich und lasse die schlimmsten Folgerungen zu.

Richard im Kampf gefallen!

Dieser Gedanke verfolgte Alice, er nahm ihr jede Lebensfreude. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, wenn sie Henry, so hatte sie ihren Sohn genannt, in den Armen hielt und daran dachte, dass ihr Kind vielleicht niemals seinen Vater sehen würde.

Als Anfang Dezember noch immer kein Lebenszeichen von Richard eingetroffen war, ertrug Alice das untätige Warten nicht länger. Sie ritt nach Hickory Hill hinüber. Sie war entschlossen, Dan Potter, den sie im Lauf der vergangenen Monate als vertrauenswürdigen und verständnisvollen Mann kennengelernt hatte, über ihre Beziehung zu Richard aufzuklären und ihn zu bitten, in ihrem Auftrag Nachforschungen über Richards Aufenthalt und Befinden anzustellen. Sie musste einfach etwas unternehmen, die Ungewissheit war unerträglich.

Alice war mehr als zwei Stunden geritten, als sie eine Anhöhe erreichte. Kalter Wind blies ihr ins Gesicht und rötete ihre Wangen.

Plötzlich bemerkte sie den Reiter, der ihr auf dem Weg nach Hickory Hill entgegenkam. Er ritt langsam und hielt die Zügel nur mit einer Hand. Der linke Arm steckte in einem Verband.

Alice sah den Reiter an. Dann erstarrte sie. Sie glaubte es erst nicht.

Doch es war Richard!

Sorge und Hoffnung, die ihr Leben über ein Jahr lang beherrscht hatten, lösten sich in einem Schrei. Sie trieb ihr Pferd an, galoppierte Richard entgegen und rief immer wieder seinen Namen. Tränen rannen über ihr Gesicht.

Ihr war, als flöge sie über den Boden. Später konnte sie sich nicht mehr daran erinnern, ihr Pferd gezügelt zu haben und aus dem Sattel gesprungen zu sein. Richard! Er lebte, und er war zurückgekommen.

Sie standen am Rande des kahlen Feldes im schneidenden Wind, lachend und weinend, überwältigt von ihren Empfindungen, die Worte überflüssig machten.

Ihre Zukunft hatte begonnen.

Weitere Titel von Ashley Carrington bei hockebooks

Unter dem Jacarandabaum

978-3-943824-30-8

Diese Familiengeschichte beginnt im Jahr 1908, als Moira Mayfield mit ihrer Mutter ins australische Hinterland umsiedeln muss. Nur widerwillig gewährt ihnen ihre Tante Unterschlupf und Moira, die davon träumt Malerin zu werden, fühlt sich unerwünscht. Wann immer es geht, streunt sie in der Weite des Buschlands umher. Trost und einen kreativen Rückzugsort findet die sensible Moira unter der mächtigen Krone eines Jacarandabaums. Dem schüchternen Adrian Flynn dient der Baum ebenfalls als Zuflucht. Hier beginnt mit einem ersten Kuss die zaghafte Liebesgeschichte, die Moira schließlich bis nach Sydney und Melbourne führt. Doch der Jacarandabaum lässt sie niemals ganz los … eine Familiengeschichte fürs Herz!

Flammende Steppe

978-3-943824-18-6

Südafrika zur Zeit des Burenkrieges: Lena van Rissek wächst Ende des 19. Jahrhunderts in der Provinz Transvaal auf Leeuwenhof, der Farm ihrer Eltern, auf. Eigentlich soll die älteste Tochter von Stefanus van Rissek den Nachbarssohn Fabricius Bloem heiraten, sie fühlt sich aber viel mehr zu ihrem Halbbruder Julian hingezogen. Auch der Einzelgänger ist innerlich zerrissen wegen seiner Zuneigung zu Lena.

Doch mit dem Auftauchen des britischen Lieutenants Lionel Faulkner werden Lenas Gefühle auf eine harte Probe gestellt: Eigentlich müsste sie ihn verachten, schließlich gehört er zu den verhassten Engländern. Lena findet dennoch nach und nach immer mehr Gefallen an dem jungen Offizier. Schließlich bricht der Burenkrieg aus. Bitteres Elend beherrscht den Alltag von Lena und ihrer Familie. Und die beiden Liebsten der jungen Farmerstochter kämpfen auf verschiedenen Seiten …

Küste der Verheißung

978-3-943824-97-1

England, zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der junge Patrick O'Brien und seine Gefährtin Abigail Dixon müssen ihre Heimat verlassen. Denn der ehemalige Wildhüter und das 13jährige Mädchen haben zu lange schon Freier und Zuhälter hereingelegt, auch von einem Lord werden sie gejagt. In Südafrika wollen die beiden als Siedler einen Neuanfang in der Freiheit wagen. Doch in der Fremde trennen sich die Wege des ungleichen Paares, denn Patrick tritt einer Gruppe gesetzesloser Elfenbeinjäger bei. Abigail verliert seine Spur. Doch sie will Patrick, der sie in England beschützte, nicht vergessen. Aus tiefstem Herzen hofft Abigail, ihn eines Tages wiederzusehen …

Eine große Auswanderersaga aus dem Bestsellerkosmos von Ashley Carrington – angesiedelt im England und Südafrika zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Jahreszeiten der Liebe

978-3-95751-088-4

Südafrika am Ende des 19. Jahrhunderts: Die 19jährige Rose Brandon macht sich aus ihrer wohlbehüteten Heimat in England auf nach Kimberley, um dort ihrem verwitweten Vater nach einem Herzanfall zur Seite zu stehen. Doch bevor sie in der Diamantstadt ankommt, lernt sie auf ihrer Reise den charmanten und gut aussehenden Richald Hamilton kennen, zu dem sie sich schnell hingezogen fühlt. Doch ihr Vater, der seinen Tod nahen fühlt, hat andere Pläne: Um seine Tochter in guten Händen zu wissen, möchte er sie mit Lawrence Gladstone, seinem jungen Partner verheiraten. Rose muss sich zwischen beiden Männern entscheiden und die Zeit läuft ihr davon, denn ihrem Vater geht es immer schlechter.

Verlockendes Land

978-3-95751-089-1

Hendrick McAlister, der jüngste Sohn eines Krämers in Grahamstown, erträgt die ständige Unterdrückung und Tyrannei seiner älteren Brüder nicht mehr; nach einem erbitterten Streit verlässt er das Elternhaus. Am Fuße der Snow Mountains begegnet er dem alten Burenfarmer Hermanus, dessen Hof er wieder zur Blüte bringt. Hendrick genießt mehr und mehr den Respekt der Buren, die sich von der britischen Regierung am Kap zunehmend unterdrückt fühlen. Bei einem geheimen Treffen wird Hendrick schließlich in eines der großen Geheimnisse eingeweiht: Die Buren wollen die Kolonie verlassen und die Bürde der britischen Besatzung abwerfen. Hendrick ist Feuer und Flamme …

Fluss der Träume

978-3-95751-092-1

Fluss der Träume – ein Gesellschaftsroman voll Liebe, Hass und Intrigen. Boston, 19. Jahrhundert: Der Debütantin Daphne Davenport liegen die Söhne der reichsten Geschäftsleute Bostons zu Füßen, ihre Familie lebt im Wohlstand, die Zukunft scheint sorgenfrei. Bis ein heimtückischer Geschäftspartner ihres Vater die Familie in den Ruin treibt. In einer Provinzstadt versucht ihr Vater wieder eine Existenz für die Familie aufzubauen. Wo ihre Mutter und ihre Schwester vergangenen Tagen nachtrauern, stellt sich Daphne der neuen Situation und nimmt ihr Lebens selbst in die Hände. Doch die Vergangenheit holt sie ein und fordert unerbittlich ihren Tribut.

Insel im blauen Strom

978-3-95751-093-8

Ein ergreifender Roman über dunkle Familiengeheimnisse und Schuld, aber auch über Hoffnung und die Kraft der wahren Liebe: Emily Forester bleibt auch als erfolgreiche Schriftstellerin der kanadischen Prince Edward Island, der Heimat ihrer Kindheit, treu. Hier bekam sie als Zehnjährige ein Tagebuch geschenkt, das zum Grundstein ihrer Karriere werden sollte, und hier lernt sie auch die Schattenseiten des Lebens kennen: das komplizierte Verhältnis zu ihrer unglücklichen Schwester und das ernüchternde Ende ihrer ersten großen Liebe. Gefangen in einer leidenschaftslosen Ehe mit einem Geistlichen schreibt sie fernab des Stroms ihren ersten Roman, doch der sittenstrenge Reverend übergibt das Manuskript den Flammen. Als Emily bei einem Besuch auf der Insel nach zehn Jahren ihre Jugendliebe wieder trifft, droht ihr Leben aus den Fugen zu geraten.

Belmont Park

978-3-95751-203-1

Die Liebe von Lavinia Iriving und Denis DeLong steht von Anfang an unter keinem guten Stern. Dennoch heiraten die Tochter eines angesehen Rechtsanwalts aus Nordamerika und der Erbe der Baumwollplantage Belmont Park in den Südstaaten Hals über Kopf – und ohne die Zustimmung ihrer Eltern. Doch Lavinia hat sich das Leben an der Seite ihres Mann auf der Plantage anders vorgestellt: Ihre herrschsüchtige Schwiegermutter führt ein strenges Regiment und ihre Schwägerin intrigiert, wo sie nur kann. Als der seit Langem drohende Bürgerkrieg ausbricht, scheint nicht nur Lavinias Traum von einer eigenen Familie zum Scheitern verurteilt; er droht auch ihre Ehe und Belmont Park zu zerstören.

Der Sohn des Muschelhändlers

978-3-95751-206-2

Vom Tellerwäscher zum Millionär: Ashley Carrington erzählt eine große Geschichte von den Chancen und Schicksalsschlägen im Leben. Henry Maynards erlebt in den »roaming twenties« einen kometenhaften Aufstieg. Er schafft es vom Gelegenheitsarbeiter auf amerikanischen Ölfeldern zum Ölbaron, um dann an Floridas Küsten ein ganzes Hotelimperium zu errichten. Doch der verheerende Hurrikan von 1935 versetzt seinem Unternehmen, das durch riskante Investitionen und familiäre Intrigen bereits angeschlagen ist, den Todesstoß. Dabei waren die Machtkämpfe innerhalb der Familie unausweichlich, als Henry nicht auf sein Herz hörte und seine Jugendliebe, die aus einfachsten Verhältnissen stammende Sally heiratete, sondern vom Ehrgeiz getrieben Leona, die bildschöne Tochter eines New Yorker Wirtschaftsmagnaten …

Der Autor

Ashley Carrington
Ashley Carrington

Mit einer Gesamtauflage in Deutschland von fast sechs Millionen zählt Rainer M. Schröder alias Ashley Carrington zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftstellern von Jugendbüchern sowie historischen Gesellschaftsromanen für Erwachsene. Letztere erscheinen seit 1984 unter seinem zweiten, im Pass eingetragenen Namen Ashley Carrington im Knaur Verlag. Seinem unter diesem Pseudonym verfassten Roman Unter dem Jacarandabaum wurde die besondere Auszeichnung zuteil, von der Bundeszentrale für politische Bildung in der Broschüre »Das 20. Jahrhundert in 100 Romanen« (Stiftung Lesen/Leseempfehlungen Nr. 112) zu den 100 lesenswerten Romane der Weltliteratur des 20. Jahrhunderts gezählt zu werden. Rainer M. Schröder lebt an der Atlantikküste von Florida.

Für R. M. S.,
der mich auf den Weg
zu neuen Ufern führte.

Erstes Buch

Frühjahr 1772

1

Wie ein schwerer nasser Schwamm erfüllte die Dunkelheit die enge Schiffskabine. Die Feuchtigkeit drang auch durch die feinsten Ritzen und bedeckte alles mit einer dünnen Schicht, fein wie Morgentau, doch so salzig wie das Meer.

Nichts half gegen diese klamme, salzige Nässe. Kein Winkel des Schiffes war frei davon. Sooft sie auch abgewischt wurde, stets kehrte sie wieder. Zu lange war der Dreimaster Fair Wind schon dem stürmischen Wetter des eisigen Atlantiks ausgesetzt, um noch eine trockene Stelle an Bord aufzuweisen.

Starr vor Kälte lag Mary Bancroft in ihrem schmalen, harten Kajütbett. Die feuchten, kratzigen Wolldecken hatte sie bis zum Kinn hochgezogen. Sie war vollständig angekleidet und trug unter den Decken noch einen breiten wollenen Schal um ihre Schultern. Doch ein Gefühl der Wärme und Geborgenheit wollte sich einfach nicht einstellen. Ihr war, als hätte sich die klamme Kälte auch schon in ihrem Körper festgesetzt. Was hätte sie jetzt für ein kleines wärmendes Feuer gegeben, für den warmen Schein flackernder Flammen.

Mary unterdrückte einen tiefen Seufzer und starrte in die beklemmende Dunkelheit, die ihr voll böser Verheißungen schien, und schmeckte Salz auf der Zunge. Die Fair Wind stampfte und rollte schwer in der aufgewühlten See. Und jedes Mal, wenn ein Brecher donnernd über das Vorschiff hereinbrach, ging ein bedrohliches Zittern und Ächzen durch den Dreimaster, durchlief die ganze Länge des Schiffes und ließ auch Marys Koje erzittern. Einen Augenblick schien es, als wollte sich die Fair Wind der zerstörerischen Naturgewalt beugen und sich in die eisige Tiefe drücken lassen. Doch dann bäumte sich das Schiff jedes Mal wieder auf, schüttelte die Wassermassen ab und ging mit der Zähigkeit eines ausdauernden Kämpfers, dem Ermüdung und Resignation fremd sind, den nächsten heranrollenden Wellenberg an.

Mary Bancroft wusste, dass die Fair Wind ein gutes, solides Schiff war. Es hatte schon ganz andere Stürme bestanden. Das hatten ihr alle versichert. Der Bootsmann, der Erste Offizier und sogar Captain Taylor, als er einmal halbwegs nüchtern gewesen war, was selten genug der Fall war. Auch Richard Campbell hatte Vertrauen in die Fair Wind, und das beruhigte sie am meisten, denn seine Worte waren stets mit Bedacht gewählt. Was er sagte, hatte Hand und Fuß. Darauf konnte man bauen. Außerdem hörte sich nachts unter Deck alles viel schlimmer an, als es in Wirklichkeit war. Mit dieser Erkenntnis hatte sie sich auch zu beruhigen versucht.

Und doch, sie vermochte einfach kein Auge zuzutun. Aber das lag nicht allein daran, dass es ihr unmöglich war, das unaufhörliche Heulen und Toben des Sturmes in der Takelage und das Ächzen und Knarren der Planken und Spanten zu überhören. Es lag auch an Sally und ihrem angsterfüllten Gestammel, das aus dem anderen Kajütbett der engen Kabine an ihr Ohr drang.

Die siebzehnjährige Kammerzofe Sally Lee kauerte wie ein Häufchen Elend auf ihrer Koje, ihre Lippen bewegten sich in einem unaufhörlichen, monotonen Gebet. Und dieses angsterfüllte Beten war schlimmer als alles andere. Es machte die feuchte Dunkelheit noch beklemmender.

»Sally!«, rief Mary mit zurechtweisender Stimme, als sie den endlosen Strom immer wiederkehrender Worte nicht länger ertragen konnte.

Die Zofe schien sie nicht zu hören.

»Sally!« Diesmal war Marys Stimme scharf und schneidend. »Hör endlich mit dem Gewimmer auf! Du machst dich ja verrückt damit … und mich auch!«

Jäh brach das Gemurmel ab. Nach einem Moment der Verwirrung kam Sallys zitternde Stimme aus der Dunkelheit. »Ich … ich … habe gebetet … für unsere Rettung«, sagte sie aufschluchzend.

»Du hast jetzt lange genug gebetet! Nun reicht es! Dein Gestammel raubt einem die letzten Nerven!«, erwiderte Mary ungehalten und wurde sich in dem Augenblick, als sie das sagte, bewusst, dass die schrecklich langen Tage dieser stürmischen Überfahrt ihre Spuren hinterlassen hatten. Einlenkend fügte sie deshalb hinzu: »Es ist gut, dass du für uns gebetet hast. Doch nun hab auch Vertrauen in Ihn … und in die Zuverlässigkeit des Schiffes und seiner fähigen Mannschaft. Auch dieser Sturm geht vorbei. Es wird alles gut werden, Sally. Versuch jetzt etwas zu schlafen.«

»Schlafen?«, wiederholte Sally Lee wehklagend.

»Ja, schlafen.«

»Wie könnt Ihr bloß an Schlaf denken?«, zeterte die Zofe. »Wo uns jeden Moment die See verschlingen kann.«

Mary zwang sich, Sally nicht wieder anzufahren. »Das bildest du dir nur ein. Wir sind in einen ungemütlichen Sturm geraten, doch weit davon entfernt, ernstlich in Gefahr zu sein. Das hat Captain Taylor gesagt.«

»Der Captain ist ein gottloser Trunkenbold. Nicht einen Penny würde ich für sein Wort geben!«

»Seine Einschätzung deckt sich aber mit der seines Ersten Offiziers und Mister Campbells, und deren gesunden Menschenverstand wirst du doch wohl nicht in Zweifel ziehen wollen, oder?«

Sally überging diesen Einwand. »Ich werde jedenfalls kein Auge zutun! O Gott, warum konnten wir nicht in London bleiben?«, klagte sie. »Warum haben wir uns nur von der Herrin dazu überreden lassen, mit auf diese schreckliche Reise zu gehen?«

»Weil wir es gut bei Miss Alice haben und sie uns mehr als großzügig entlohnt«, half Mary geduldig dem Gedächtnis der Kammerzofe nach. »Oder solltest du schon vergessen haben, dass Miss Alice dir einen halben Jahreslohn als Bonus für die Reise gegeben hat?«

»Für kein Geld der Welt würde ich es noch einmal tun«, jammerte Sally Lee, die jetzt nicht gern daran erinnert werden wollte, dass niemand sie gedrängt hatte, in Miss Alices Diensten zu bleiben und mit ihr und ihrer Gesellschafterin Mary Bancroft die Seereise über den Ozean anzutreten. »Die See wird uns nie wieder freigeben! Ich weiß es!«

»Du redest dummes Zeug.«

»Und sollte uns das Schicksal wirklich verschonen, was erwartet uns dann?«, fuhr Sally mit einer Mischung aus Angst und Anklage fort. »Die Wildnis von Amerika! Es soll dort überall Indianer geben, und keiner ist seines Lebens sicher!«

»Virginia ist kein wildes Land, das von blutrünstigen Indianern unsicher gemacht wird!«, widersprach Mary, ärgerlich über Sallys maßlose Übertreibungen. »Virginia ist eine der blühendsten Kolonien Englands und nicht minder zivilisiert. Also erzähl nicht solche Schauermärchen.«

»Was kümmert mich Virginia? England ist meine Heimat. Und verflucht sei der Tag, an dem ich an Bord dieses Schiffes ging!«, rief Sally.

»Niemand hat dich dazu gedrängt: Es war deine ganz persönliche freie Entscheidung, Sally!«, wies Mary sie zurecht.

»Frei? Was hab’ ich denn gewusst? Wo die Herrin von allem so geschwärmt hat. Konnte ich da ahnen, was in Wirklichkeit passieren würde?«, beschwerte sich die Zofe voller Selbstmitleid. »Niemand hat mir auch nur ein Wort davon erzählt, wie es sein würde.«

»Wenn es dir in Virginia nicht gefällt, steht es dir frei, mit dem nächsten Schiff nach London zurückzukehren«, erinnerte Mary sie. »Miss Alice hat versprochen, deine Passage nach England zurück zu bezahlen, falls du dich dazu entschließen solltest.«

»Ich soll diese grässliche Reise noch einmal machen?«, rief Sally entrüstet und entsetzt zugleich. »Nie wieder werde ich nach dieser Fahrt einen Fuß auf ein Schiff setzen. Der Herr sei mein Zeuge!«

Mary Bancroft zuckte im Dunkeln die Achseln. »Dann wirst du dich wohl oder übel an den Gedanken gewöhnen müssen, für immer in Virginia zu bleiben.«

Darauf wusste Sally Lee nichts zu erwidern und sie versank in ein finsteres Grübeln.

Mary war dankbar für Sallys Schweigen. Zumindest nahm sie ihr nervtötendes Gemurmel nicht wieder auf. Sie hatte Verständnis für Sallys dumpfe Angst vor der furchteinflößenden Gewalt der unbändigen See. Sie war ja selbst nicht frei von Furcht. Doch wofür sie nicht das geringste Quäntchen Verständnis aufzubringen vermochte, war ihre Undankbarkeit. Es war einfach nicht gerecht, jetzt so zu tun, als hätte irgendjemand sie zu dieser Überfahrt überredet oder gar gedrängt.

Was Mary betraf, so bereute sie es nicht, dass sie Alice Shadwells Angebot, mit ihr nach Virginia zu gehen, angenommen hatte. Sie war knapp siebzehn Jahre alt gewesen, als sie als Gesellschafterin in Alice Shadwells Dienste getreten war. Zwei Jahre lag das nun schon zurück. Es waren gute Jahre gewesen.

Alice war nur knapp drei Jahre älter als Mary und nie so etwas wie eine Herrin für sie gewesen. Auch wenn sie bei Miss Alice angestellt war, so war ihr Verhältnis doch mehr das einer tiefen Freundschaft zwischen zwei Freundinnen, die einander blindlings vertrauten.

Nein, sie hätte es wahrhaft nicht besser treffen können. Der einzige Schatten, der von Anfang an auf ihrer tiefen Freundschaft lag, waren Alices angegriffene Gesundheit und die Sorge, ob sie jemals kräftig genug sein würde, um ein ganz normales Leben zu führen.

Alice Shadwell hätte diese anstrengende Reise eigentlich nie antreten dürfen. Doch sie hatte alle guten Empfehlungen in den Wind geschlagen und ihren Willen durchgesetzt. Und was Mary im Stillen befürchtet hatte, war dann auch wirklich eingetreten: Ihr gesundheitlicher Zustand, zu Beginn der Reise schon nicht gerade der allerbeste, hatte sich von Woche zu Woche verschlechtert. Alice Shadwell war mittlerweile nur noch ein Schatten ihrer selbst. Das Schlimmste stand zu befürchten, nämlich dass sie die Küste Virginias nicht mehr sehen würde.

Das Gefühl, zur Tatenlosigkeit verdammt zu sein und außer tröstenden Worten nichts weiter tun zu können, bedrückte Mary stärker als alles andere, stärker als die Strapazen der Schiffspassage, die zermürbende Kraft des tagelangen Sturmes und Sallys Hysterie.

Mary wünschte plötzlich, Sally würde etwas sagen, damit sie etwas erwidern und sich in ein Gespräch flüchten konnte, wie nichtig oder überspannt die Dinge auch sein mochten, die Sally beschäftigten.

Doch die Kammerzofe verharrte in ihrem dumpfen Schweigen, und so lauschte Mary auf das Heulen des Sturmes und die rauen Stimmen der Seeleute, die dann und wann in abgerissenen Wortfetzen zu ihnen in die Kabine drangen.

2

Mary Bancroft war gerade in einen benommenen Halbschlaf gefallen, als ein leises, aber energisches Klopfen an der Kabinentür sie plötzlich hochfahren ließ. Sie brauchte einen Augenblick, um zu sich zu kommen. Dann sah sie den schwachen Lichtschein, der unter der Türschwelle hindurch in die Kajüte sickerte.

Es klopfte wieder.

»Ja? Wer ist da?«, fragte Mary und hörte, wie Sally sich nun jäh aufrichtete.

»Mein Gott, es ist etwas passiert!«, stieß die Kammerzofe hervor. »Ich wusste doch, dass diese Reise ein schreckliches Ende nehmen würde!«

»Still!«, brachte Mary sie zum Schweigen, als nun eine Stimme jenseits der Tür zu vernehmen war.

»Miss Bancroft?«

»Ja?«

»Ich bin es, Richard Campbell. Entschuldigt, wenn ich Eure Nachtruhe störe, doch es ist wichtig.«

Sally zog die Luft scharf ein, als erwartete sie im nächsten Moment die Nachricht, dass die Fair Wind leck geschlagen und nicht mehr zu retten sei.

»Eure Herrin, Miss Shadwell …«, wollte Richard Campbell fortfahren.

»Einen Augenblick!« Mary schlug die klammen Decken zurück und sprang aus der Koje.

»Ihr werdet mich doch nicht allein lassen, nicht wahr?«, fragte Sally verängstigt. »Das werdet Ihr mir doch nicht antun! Wartet auf mich! Ich komme mit!«

»Du bleibst hier!«, sagte Mary bestimmt. »Sollte Miss Alice deiner Dienste bedürfen, werde ich dich holen.« Hastig fuhr sie mit der Hand durch ihr volles blass goldenes Haar, das ihr bis auf die schlanken Schultern fiel. Es fühlte sich strähnig und salzverkrustet an, doch jetzt war keine Zeit mehr, zur Bürste zu greifen und ihrem Haar wieder etwas Glanz und Form zu geben. Sie wusste auch, dass ihr Kleid zerknittert war, und sie hasste es, Richard Campbell so unter die Augen zu treten.

Mit einem unterdrückten Seufzer zog sie den breiten wollenen Schal enger um die Schultern und hielt ihn vor ihrer sehr fraulichen Brust zusammen. Dann straffte sie sich, trat zur Tür und schob den Riegel zurück.

Vor ihr stand Richard Campbell, ein schlanker, hochgewachsener Mann von siebenundzwanzig Jahren, der Sohn eines angesehenen Londoner Kaufmanns und der einzige weitere Passagier der Fair Wind. Er trug keine Perücke. Sein dunkles, sanft gewelltes Haar war windzerzaust und gab ihm ein wagemutiges Aussehen. Und der Umhang, den er über seine tadellose Kleidung geworfen hatte, glänzte im Licht der Laterne, die er in der Linken hielt, vor Nässe.

Mary zog die Tür hinter sich zu.

»Ich bedaure aufrichtig, wenn ich Euch aus dem Schlaf geholt habe«, entschuldigte er sich noch einmal mit seiner tiefen, vollen Stimme.

Mary lächelte gequält. »Seid unbesorgt. Tiefer Schlaf war mir nicht vergönnt gewesen.«

Er nickte mitfühlend. »Ich selbst war voller Unruhe und vermochte nicht zu schlafen. So bin ich kurz an Deck gegangen. Doch der Sturm und die Brecher ließen mich schnell erkennen, dass mein Platz nicht dort oben das Deck ist.« Der Anflug eines Lächelns glitt über sein ausdrucksvolles Gesicht mit den dunklen, ernsten Augen, deren feine Lachfältchen in den Winkeln jedoch erkennen ließen, dass er Fröhlichkeit und Humor ebenso schätzte wie eine ernste, anspruchsvolle Unterhaltung.

»Ja, und dann?«, fragte Mary erwartungsvoll.

»Ich glaubte, Eure Herrin rufen gehört zu haben. Ich bin mir aber nicht sicher, Miss Bancroft«, erklärte er. »Bei diesem Sturm fällt es manchmal schwer, sein eigenes Wort zu verstehen. Doch ich dachte, ich sollte Euch zumindest davon unterrichten – auch auf die Gefahr hin, dass ich mich geirrt hätte.«

»Das ist sehr aufmerksam von Euch, und ich bin Euch sehr zu Dank verpflichtet.«

»Vielleicht solltet Ihr …«, begann Richard Campbell, brach dann aber abrupt ab. Er wandte den Kopf und blickte den Gang hinunter. »Habt Ihr es auch gehört?«

»Ja.« Mary hatte die schwache Stimme ihrer Herrin im selben Augenblick gehört wie er. Und sie hatte plötzlich Schuldgefühle, dass sie die Nacht nicht an ihrer Seite verbracht hatte, sondern in der Kabine mit Sally. Die Tatsache, dass Alice ausdrücklich darauf bestanden hatte, änderte kaum etwas daran.

»So habe ich mich also doch nicht getäuscht.«

»Bitte entschuldigt mich … Und vielen Dank noch mal«, sagte Mary hastig und eilte zu Alice Shadwell, die in ihrer Kabine auch nachts eine Lampe brennen hatte.

Alice saß halb aufrecht im Bett, von mehreren weichen Kissen im Rücken gestützt. Die Lampe, die an einem massiven Haken unter der rauchgeschwärzten Decke hing und mit den Bewegungen des Schiffes hin und her schwankte, warf ihren unsteten Schein auf das schmale, ausgezehrte Gesicht einer Todkranken. Alices Haut, die im Fieber zu glühen schien, spannte sich straff über den Wangenknochen, die mit erschreckender Deutlichkeit hervortraten. Und ihre großen Augen, die so voller Lebensfreude sprühen konnten, blickten müde und glanzlos aus tiefen Höhlen. Langes blondes Haar umfloss wie ein goldenes Vlies ihr eingefallenes Gesicht.

Ihre Augen leuchteten auf und bekamen einen schwachen Glanz, als Mary in die Kabine trat und zu ihr ans Krankenlager eilte.

»Alice!«

»Ich weiß, es ist nicht recht, dass ich dich um deinen Schlaf bringe …«

»Psst«, machte Mary, die es schmerzte, ihre Herrin und zugleich Freundin so geschwächt von der Krankheit zu sehen, und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich bin geradezu dankbar, dass ich etwas tun kann. Ich konnte sowieso nicht schlafen und habe mich nur ruhelos hin und her gewälzt. Und Sally ist alles andere als eine angenehme Gesellschaft.«

Alice Shadwell nickte kaum merklich. »Sie ist eine tüchtige Zofe, aber sie hat nicht deinen Willen und deine innere Festigkeit, Mary.«

Mary wollte nicht auf Sally herumhacken. Das war nicht ihre Art und sie wechselte schnell das Thema. »Außerdem hätte ich dich gar nicht erst allein lassen sollen. Mein Platz ist hier an deiner Seite.«

Schwach schüttelte Alice den Kopf. »Nein, nein, du bekommst schon wenig genug Schlaf. Du hast so viel für mich getan, all die Jahre …«

»Fang nicht wieder davon an!«

»Es ist die Wahrheit …«

»Ich will nichts davon hören!«, fiel Mary ihr energisch ins Wort und berührte schnell Alices Stirn. Sie brannte heiß unter ihrer Hand, und Mary hatte Mühe, sich ihren Schreck nicht anmerken zu lassen.

Das Fieber war gestiegen!

»Ich werde dir kühle Umschläge machen und dir noch etwas von der Medizin geben, die der Arzt dir in London verschrieben hat.«

»Nein!«, widersprach Alice mit erstaunlich kräftiger Stimme und hielt Marys Hand fester. »Weder die Medizin noch die Umschläge können mir jetzt noch helfen.«

»Ganz sicher werden sie dir helfen!«, entgegnete Mary bestürzt. »Doktor Latimer hat einen ausgezeichneten Ruf und seine Medizin …«

Alice Shadwell ließ sie nicht ausreden. Nüchtern sagte sie: »Mary, ich habe nicht mehr lange zu leben. Du weißt es, und ich weiß es.«

Die Worte trafen Mary wie scharfe Messerstiche und sie zuckte unwillkürlich zusammen. »Das … das darfst du nicht sagen, Alice! … Ja noch nicht einmal denken!«

Ein schwaches Lächeln huschte wie ein Schatten über das vom Tod gezeichnete Gesicht. »Mary, versuch nicht, mich oder dich über die Schwere meiner Krankheit hinwegzutäuschen. Es ist so, wie ich es gesagt habe. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit auf dieser Welt.«

»Alice!«

»Nein, sag nichts«, bat Alice sie eindringlich. »Das Schicksal wird seinen Lauf nehmen, und wir beide wissen, dass ich Virginia niemals wiedersehen werde.«

Mary schüttelte stumm den Kopf.

»Es wäre schön gewesen, wenn ich die weiten fruchtbaren Täler und die blauen Berge in der Ferne noch einmal hätte sehen können«, fuhr Alice fort, und ein Anflug von Trauer schwang in ihrer Stimme mit. Doch sie hatte sich gleich wieder unter Kontrolle. »Aber es ist mir nun mal nicht bestimmt, und damit habe ich mich längst abgefunden.«

»Aber ich nicht!«, brach es verzweifelt aus Mary heraus.

Alice drückte die Hand ihrer treuen Gesellschafterin. Mary hatte Licht und Freude in ihr von Krankheit und Kummer beherrschtes Leben gebracht, und sie war es, die nun in diesen schweren Stunden des Trostes bedurfte. Sterben mochte ein schweres Joch sein, doch die Schmerzen der trauernden Hinterbliebenen waren oft ungleich länger und stärker.