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Der Spielmann vom Himmelpfortgrund


Der Spielmann vom Himmelpfortgrund


1. Auflage

von: Kurt David

CHF 7.00

Verlag: Edition Digital
Format: EPUB
Veröffentl.: 01.06.2023
ISBN/EAN: 9783965219342
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 170

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Seine ersten musikalischen Erfahrungen machte er bei einem Spielmann, Spielmann wollte er auch werden. Der Vater hingegen wollte etwas Solides aus ihm machen, er sollte Schulmeister werden wie er selbst und seine Brüder. Ein schwerer Konflikt im Leben des jungen Franz Schubert, der immer wieder aufbrach. Aber es ist auch nicht leicht für einen braven und etwas despotischen Lehrer, ein Genie zum Sohn zu haben. Kurt David zeichnet in seiner meisterhaften Erzählung ein warmherziges Schubert-Bild vor dem Hintergrund seiner Zeit, der Zeit der napoleonischen Kriege, der Zeit Metternichs und des Wiener Kongresses.
Draußen in der Vorstadt
Sonnenblumen vor weißen Wolken
Nur einmal gibt es das auf der Welt
Die Kaiserin gießt selbst den Kaffee in die Tassen
Die Männer mit den finsteren Gesichtern
Mutters Hand bewegte sich wie ein welkes Blatt
Der Tod kam am Tage der Blumen
Ein Mädchenkopf blickt aus dem Himmel
Wie war doch Ihr Name?
Im Zuckerwasser blitzt die Sonne
Wo du nicht bist, dort ist das Glück
Lieber kleiner Junge
Er kam leise und lächelnd und in Schwarz, wie ein Totengräber
So zerteilte mich die Liebe und der Schmerz
Die Musik lächelt über den Tod hinaus
Am 13. Juli 1924 in Reichenau in Sachsen geboren. Kurt David absolvierte nach dem Besuch der Handelsschule eine kaufmännische Ausbildung. Von 1942 bis 1945 nahm er als Soldat der Wehrmacht am Zweiten Weltkrieg teil. Von 1945 bis 1946 war er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Den Plan einer Ausbildung zum Musiker musste er wegen einer Kriegsverwundung aufgeben. David gehörte vier Jahre der Volkspolizei der DDR an und war anschließend zwei Jahre lang Kreissekretär beim Kulturbund der DDR. Seit 1954 lebte er als freier Schriftsteller zuerst in Oberseifersdorf/Zittau, danach bis zu seinem Tod in Oybin. In den 1960er Jahren unternahm er mehrfach Reisen in die Mongolei und durch Polen. 1970 erhielt er den Alex-Wedding-Preis, 1973 den Nationalpreis, 1980 den Vaterländischen Verdienstorden und 1984 den Lion-Feuchtwanger-Preis. Er starb am 2. Februar 1994 in Görlitz.
Davids frühe Werke haben die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit unter dem Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg zum Thema. Es folgten Bände mit Reiseberichten. Den größten Teil in Davids Werk bilden die Kinder- und Jugendbücher, von denen vor allem der humoristische Band „Freitags wird gebadet“ in der DDR ein großer Publikumserfolg, auch in der Fassung als Fernsehserie, war. Eine weitere Facette in Davids Schaffen bilden historische Romane, die Themen aus der Geschichte der Mongolen behandeln. Außerdem schrieb David Biografien über die Komponisten Beethoven und Schubert.
„Was soll das Gebrüll?“, fragte sich Schober. Auch die anderen Freunde blieben an der Tür stehen und schüttelten die Köpfe. Mayrhofer lachte.
„Freunde, ich zitierte nur den Herrn Polizeichef von Wien“, sagte Senn, „den allergnädigsten Herrn Sedlnitzky. Und wenn ihr euch gesetzt habt, spiel ich den Kaiser.“
„Du bist noch genauso rebellisch wie damals im Konvikt, wo sie dich rausgeworfen haben wegen der Karzergeschichte mit den Stiefeln“, meinte Schubert.
Schober, der um sein Institut bangte, sagte vorsichtig: „Michl, wenn du jetzt gar den Kaiser nachahmst, bitt ich dich, mach’s leis, ganz leis, möcht keine Scherereien, verstehst. Du magst ja mit deiner Sach recht haben und den Metternich ehr ich erst, wenn man ihn wird begraben, aber ich sag mir halt, lieber ein bißl feig dahinleben als gar nicht, verstehst, also sprich leis, Michl!“
„Ganz leis“, hauchte Senn und trat vor die Freunde, die auf einer hölzernen Eckbank saßen und lauschten, schmunzelten und die Köpfe einzogen. „Verlasst’s euch drauf, ich werd leis sein, so leis wie Seine Majestät, wenn er durch die Wirtshäuser schleicht, in seinem alten Kaputrock. Und nun präpariert euch, ihr seid’s jetzt des Kaisers Dozenten am Laibacher Lyzeum. Also bleibt brav sitzen, schaut’s ein bissl blöd, ich geh und komm als Kaiser Franz wieder.“ Er verschwand.
Auf dem Flur klirrte ein Eimer.
Unter den Fenstern ratterte eine Kutsche vorbei.
Plötzlich trat Senn wieder ein. Als Kaiser. In eine große braune Decke gewickelt und einen blauen Kochtopf auf dem Kopf, mit einem Besen herumfuchtelnd, sagte er: „Dozenten von Laibach, hört’s zu. Ich brauche kane Gelehrten, sondern brave Bürger. Die Jugend zu solchen zu bilden, liegt Ihnen ob. Wer mir dient, muss lehren, was ich befehle.“
„Das machen’s ja zur Genüge“, unterbrach Schober.
„Wer das nicht kann“, brummte Senn mit tiefer kaiserlicher Stimme, „wer mir mit neuen Ideen kommt – wo ich selber schon keine hab – der kann gehen, oder ich werde ihn entfernen. Am liebsten sein mir die Dichter, welche nicht dichten, und die Maler, welche nicht malen.“
„Und die Musiker, Majestät?“, rief Schubert lachend dazwischen.
„Ja, die Musiker, Dozenten, die Musiker, jaja, hinter deren Bübereien ist schwer zu kommen. Was heißt das schon: Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Der Erlkönig? Dozenten! Ich kenne keinen Erlkönig, aber ich kenn die Jakobiner, und die können reiten! Wenn’s den Rossini nicht gäb, möcht ich die ganze Musik verbieten.“
Die Freunde klatschten in die Hände, bogen sich vor Lachen, stießen sich an und fuhren erschreckt zusammen, als es plötzlich klopfte.
Senn riss die Decke vom Leib, warf sie in einen Winkel, den Kochtopf dazu und begann mit dem Besen die Stube zu fegen.
Fünf Polizisten stürmten herein.
„Sie sind der Senn, Michael, Tiroler?“
„Ja, der bin ich! Und Sie sind’s gnädige Kommando von Herrn Sedlnitzky?“
Sie ließen ihn unbeachtet stehen, durchwühlten einen Schrank, einen Tischkasten, einen Koffer. Danach rissen sie Bücher vom Regal, durchblätterten sie, schüttelten die Bücher, aber nichts, auch kein Zettel, fiel heraus.
„Verhaftet im Namen Seiner Majestät!“, sagte ein Polizist zu Senn.
„Da hört sich aber alles auf!“, schrie Schober, gerade er, der vor Minuten noch geglaubt hatte, feige sein zu dürfen.
„Schmeißt’s doch die Kerle hinaus!“, schrie ein anderer.
Und Schubert brüllte wütend: „Ja, sein mir denn in einem Gefängnis? Was seid’s ihr Polizisten nur für nichtsnutzige Kerle!“
„Im Wiener Gefängnis, Franzl“, schrie Senn. „Aber ich hab keine Angst und scher mich einen Teufel um die Metternichschen. Mich kriegt ihr nicht, dazu seid’s viel zu dumm, zu dumm, hört’s ihr’s! Und gefunden habt ihr auch nichts, gar nichts, also lasst mich aus von der Verhafterei!“
Es dauerte geraume Zeit, bis die Polizeileute über den Tumult Herr wurden. Sie schleppten Senn zu ihrem Fiaker, während zwei Beamte zurückblieben und die Namen der anderen notierten.
Michael Senn wurde zu vierzehn Monaten Gefängnis verurteilt, weil er einer illegalen Studentenvereinigung angehört und die Polizei im Tagebuch eines anderen Freundes den Satz gefunden hatte: „Senn ist der einzige Mensch, den ich fähig halte, für eine Idee zu sterben.“ Auch Franz Schubert, dem es nicht gegeben war, wie Senn zu kämpfen, der lieber duldete als sich auflehnte, hatte sich an diesem Abend offen und mutig auf Michaels Seite gestellt. So geschah es, dass ihm wegen „Beleidigung von Amtspersonen“ eine schwere Rüge erteilt und ihm gleichzeitig von der Metternichschen Polizei bescheinigt wurde, er wäre ein „grobes Subjekt“.
Schubert sah Michael Senn nie wieder, doch vergaß er ihn nicht. Außer zwei Liedern, die er für ihn vertont hatte, kannte er eins, das ihm Senn im Konvikt geschenkt hatte:

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