Ulrich Horstmann
Die Aufgabe der Literatur
Wie Schriftsteller lernten, das Verstummen zu überleben
Sachbuch
Fischer e-books
Ulrich Horstmann ist Professor für Anglistik und Amerikanistik an der Universität Gießen. Er hat zahlreiche wissenschaftliche und literarische Bücher veröffentlicht und wurde 1988 mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet.
Covergestaltung: Buchholz / Hinsch / Hensinger
Foto: Gedenktafel für die gefallenen Kriegsberichterstatter, Arlington, USA © Picture-Allance/dpa
© S. Fischer Verlag GmbH,
Frankfurt am Main 2008
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ISBN 978-3-10-400634-5
Steiner 1977: 46f.
Scherliess 1991: 82.
Vgl. ebd.: 107.
Zit. nach Keitel/Neuner 1992: 229.
Rossini 1947: 117.
Zit. nach Scherliess 1991: 82.
Zit. nach Weinstock 1981: 288.
Zit. nach Scherliess 1991: 22.
Keitel/Neuner 1992: 200f.
Vgl. Rossini 1947: 158.
Ebd.: 108.
Ebd.: 119.
Brief an die Mutter vom 28.1.1802 (Hölderlin 1992: III 464).
Hier arbeitet man u.a. mit einer von dem Leiter der Anstalt, Johann Hermann Ferdinand von Autenrieth, erfundenen und nach ihm benannten Maske zur Ruhigstellung der Patienten. »Sie bestand aus Schuhsohlenleder und umfaßte unten mit einer Art von Boden das Kinn, dem Munde gegenüber befand sich auf der inneren Seite ein weich ausgepolsterter Wulst von feinem Leder, [der] die Lippen […] von vorn gegeneinander[drückte]. Damit der Kranke die Maske nicht mit den Händen herunterreißen konnte, wurden diese auf dem Rücken zusammengebunden. In dieser Zwangslage ließ man die Patienten eine halbe bis eine Stunde lang, und nach den Versicherungen Autenrieths schrien sie später nicht mehr, auch wenn man ihnen die Maske abgenommen hatte« (zit. nach Bertaux 1981: 154 f.). Hölderlin neigte in dieser Phase zu Wutausbrüchen und dürfte also mit dem beschriebenen Utensil behandelt, d. h. halb erstickt worden sein.
Vgl. Bertaux 1981: 159.
Zit. ebd.: 180f.
Vgl. Pöggeler 2004: 289.
Brief an Schiller vom 23.8.1797; vgl. Kurz 2003: 224.
Zit. nach Bertaux 1981: 114.
Zit. nach Bertaux 1981: 135.
Zit. ebd.: 679.
Vgl. Burdorf 1993.
Kurz 2003: 225.
Vgl. Schmidt 1992: 508ff.
Vgl. Bertaux 1981: 413ff.
Ebd.: 156.
Zit. ebd.: 192.
Ebd.: 200f.
Schmidt 1992: 512f.
Ebd.: 512.
Ebd.
Oestersandfort 2004: 339f.
Ebd.: 341.
Ebd.: 338.
Clares Brief war an James Hipkins gerichtet und wurde von ihm auf Drängen des Superintendenten Dr.Wing verfaßt: »Dear Sir, I am in a Madhouse und quite forget your name and who you are – you must excuse me for I have nothing to commu[n]icate or tell of and why I am shut up I don’t know – I have nothing to say so I conclude Yours respectfully John Clare« (zit. nach Bate 2003: 522).
Vgl. Williams 1986: 11 und Porter 1994: 269.
Bate 2003: 486.
Die Einordnung bezieht sich nicht auf ›Komfortklassen‹, sondern bezeichnet die niedrigste Stufe der erforderlichen Betreuungsintensität. Clare gilt also als leichter(er) Fall (vgl. Bate 2003: 468).
Zit. Nach Bate 2003: 430.
Lucas 1994: 72.
Clare 1951 b: 290.
Clare 1986: 186.
Zit. nach Bate 2003: 475.
In der 1821 zu Papier gebrachten biographischen Skizze »I was born at Helpstone« heißt es dazu: »For my mother would often stop her wheel, or look off from her work, to urge with a smile of the warmest rapture in my father’s face her prophesy of my success, saying ›she’d be bound I should one day be able to reward them with my pen for the trouble they had taken in giving me schooling‹« (Clare 1986: 33).
Williams 1986: 3.
Vgl. Clare 1951 a: 30.
Vgl. Williams 1986: 7.
Clare 1951 b: 273.
Vgl. etwa ebd.: 275f., 278.
Ebd.: 272.
Ebd.: 283.
Vgl. Bate 2003: 412.
Clare 1951 b: 268.
Clare 1951 a: 231.
Ebd.: 232.
Porter 1994: 270.
Zit. nach Bate 2003: 430.
Zit. ebd.: 466.
Vgl. Porter 1994: 266.
Vgl. ebd.: 262.
Clare 1951 b: 291.
Ebd.: 299.
Der Titel des 1863/64 entstandenen Gedichts lautet »Birds Nests«.
Zit. nach Bate 2003: 518.
Zit. ebd.: 524.
Zit. ebd.
Zit. ebd.: 510.
Vgl. ebd.: 544.
Williams 1986: 18.
Walser 1968: X 410.
Hermann Hesse: in Kerr 1979: I 61.
Stefan Zweig: ebd.: 139.
Eduard Korrodi: ebd.: 123.
Alfred Polgar: ebd.: 141.
Elias Canetti: ebd.: II 12.
Walser 1967: IV 336.
Walser 1964: 60.
Ebd.: 65.
Walser 1968: X 295.
Ebd.: 296.
Ebd.: 176.
Ebd.: 296.
Seelig protokolliert in Wanderungen mit Robert Walser die Indifferenz, mit der Walser auf von ihm veranlaßte Neuauflagen bzw. die Veröffentlichung noch unpublizierter Texte reagiert, und gibt auch folgenden Erlebnisbericht des behandelnden Arztes weiter: »Anfangs habe er sich bemüht, Robert Artikel, die über ihn selbst oder über [seinen erfolgreich als Maler, Bühnenbildner und Illustrator tätigen Bruder] Karl Walser erschienen seien, unauffällig in die Hand zu spielen. Er sei schließlich aber geradezu böse geworden und habe ihn, den Chefarzt, ostentativ nicht mehr gegrüßt. Als er ihn deswegen angesprochen habe, […] sei er aufgebraust: ›Was belästigen Sie mich mit all diesem Geschreibsel? Sehen Sie denn nicht, daß ich mich darum foutiere? Lassen Sie mich doch damit in Ruhe!‹« (Seelig 1984: 62 f.). In Seeligs Grabrede wird die genau spiegelbildliche Szene zwischen ihm und Walser erinnert, dem er einmal ein längeres literarisches Nachleben vorherzusagen wagte: »Wie angewurzelt stehen bleibend, sah er mich tiefernst an und sagte, wenn mir unsere Freundschaft lieb sei, dürfe ich ihm nie mehr mit solchen Komplimenten kommen. Er, Robert Walser, sei eine Null und wolle vergessen sein« (Seelig 1978: 202).
Martin Walser 1997: 184.
Seelig 1984: 19.
Walser 1968: x 323.
Ebd.: 429.
Seelig 1984: 11.
Walser 1989: x 283.
Ebd.
Ebd.: 429.
Ebd.: 283.
Nizon: Kerr 1978: 11 37.
Zit. nach Mächler 2003: 188.
Zit nach Nizon: Kerr 1978: 11 30.
Walser 1968: x 429.
Ebd.: x 431.
Walser 1975: XII/2 301.
Greven 1980: 132.
Ebd.
Nizon: Kerr 1978: 11 28.
Walser 1975: XII/2: 343.
Vgl. Walser 1968: x 432ff.
Greven 1968: 437.
Zit. nach Seelig 1984: 26.
Zit. ebd.: 46.
Mächler 2003: 228.
Amann 2006: 155.
Zit. nach Seelig 1984: 49.
Zit. ebd.: 123.
Vgl. Cassidy 1964: 37.
Ebd.: 47.
Thomas 1979: 1.
Vgl. Cassidy 1964: 118.
Zit. nach Gosse 1962: 241.
Zit. ebd.: 239.
Vgl. Thomas 1979: 140.
Gosse 1962: 242.
Ebd.: 237.
Thomas 1979: 140.
Zit. nach Thomas 1979: 153.
Henderson 1974: 221.
Zit. nach Fuller 1968: 229.
Zit. nach Henderson 1974: 238.
Rooksby 1997: 2.
Ebd.: 1f.
Vgl. Cassidy 1964: 150.
Ebd.: 152.
Henderson 1974: 218.
Thomas 1979: 227.
Henderson 1974: 217.
Vgl. Thomas 1979: 219.
Zit. nach Fuller 1968: 287.
Zit. ebd.: 265.
Zit. nach Henderson 1974: 229. Swinburne verwendet hier ein geläufiges biblisches Bild für Heuchelei: »Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr gleich seid wie die übertünchten Gräber, welche auswendig hübsch scheinen, aber inwendig sind sie voller Totengebeine und alles Unflats!« (Mt 23:27).
Zit. nach Henderson 1974: 249.
Rimbaud 1982: 308.
Starkie 1990: 9.
Zit. ebd.: 482.
Zit. nach Therre 1979: 204.
Zit. nach Starkie 1990: 516.
Rimbaud 1979: 14.
Ebd.: 12.
Rimbaud 1963: 270.
Rimbaud 1979: 15.
Ebd.
Ebd.: 16.
Ebd.
Ebd.: 72.
Ebd.: 73.
Rimbaud 1982: 206.
Starkie 1990: 146ff.
Vgl. ebd.: 174f.
»Für Alchimisten war der Abstieg zur Hölle symbolisch für das Eingehen in sich selbst. Das ist ein erschreckendes Erlebnis, und es besteht immer die Gefahr einer vollkommenen Auflösung der Persönlichkeit. […] Nach allem, was die Alchimisten sagen, unternimmt der magische Weise seinen Abstieg als ein ›Erlöser‹. Auch Rimbaud hoffte, er könne ein solcher Erlöser sein« (Starkie 1990: 377). Der literarische Renegat klammert sich also weiterhin an ein zunehmend dekonturiertes Heil.
Rimbaud 1982: 322.
Ebd.: 275.
Rimbaud 1979: 52.
Ebd.: 26.
Zit. nach Brunel 1995: 64f.
Rimbaud 1982: 280.
Vgl. Starkie 1990: 17.
Therre 1979: 200.
Starkie 1990: 490f.
Rimbaud 1979: 23.
Ebd.: 195.
Ebd.
Ebd.: 197.
Rimbaud 1982: 162.
Ebd.: 204.
Zit. nach Brunel 1995: 69.
McQuade 1987: II 456.
Zit. nach St. Pierre 1987: 1.
Zit. nach Morris 1999: 409.
St. Pierre 1987: 9.
Bierce 1967: 185.
Ebd.: 186.
Bierce 1987: 289f.
Ebd.: 239.
Ebd.: 114.
Bierce 1966: XI 339f.
Ebd.: 342.
Ebd.: 339.
Bierce 1967: 196f.
Zit. nach Morris 1999: 408.
Zit. ebd.: 409.
Vgl. Nickell 1992: 24.
Ebd.: 25.
Morris 1999: 417.
Vgl. ebd.: 414.
Zit. nach Nickell 1992: 33.
Bierce 1987: 24.
Nickell 1992: 30.
Bierce 1967: 164.
Vgl. ebd.: 174.
Vgl. Nickell 1992: 31.
Vgl. Bierce 1967: 165.
Zit. nach Nickell 1992: 29.
Vgl. Morris 1999: 425.
Bierce 1967: 196.
Ebd.
Ebd.
Ebd.: 197.
Vgl. Nickell 1992: 25.
Zit. nach Hamilton 1994: 454 a.
Jackson 2005: 232.
Der Grund für das Desinteresse der Fachwelt liegt in der Weigerung der Rational Meaning-Verfasser, den Dialog mit dem zu suchen, was akademisch en vogue ist. Während die Lyrikerin Laura Riding sich in Bezug auf den modernistischen Dichtungsbegriff mit seinem Akzent auf Normbruch und avantgardistischer Experimentierfreude als höchst anschlußfähig erwies, betont Laura (Riding) Jackson im dritten »Preface«-Entwurf gerade die Gegenläufigkeit ihres Projekts, das den gesamten Forschungstrend der letzten Jahrzehnte negiert und attackiert: »Little effort has been made within the textual bounds of the book to maintain a running counterpart of argumentative presence to the marathonic semiological triumphs of purgation of language and literature of all problems of meaning-perception, and sense-making« (Jackson 1997: 36). Der akademische Betrieb wird als geistlos – »a programmatic disestablishment of the will-to-think« (ebd.: 35) – und verleumderisch, kurz als mafiös erlebt und reagiert auf die Denunziation spiegelbildlich mit Unprofessionalitäts- und Anachronismus-Vorwürfen an die Adresse der Jacksons.
Symptomatisch in diesem Zusammenhang, wie etwa der Bevorworter des 1997 endlich erschienenen ›Lebenswerks‹, selbstredend Vertreter der akademischen Zunft, auf die Sperrigkeit einer Publikation reagiert, die sich ohne falsche Bescheidenheit als »a charter of human rights to the dignity of a speech of unlimited truth, and a declaration of linguistic independence from ideas of language that enslave the mind to other laws than those of its natural relation with its words« (ebd.: 8) avisiert. Er führt nämlich einen scholastischen Eiertanz auf, in dessen Verlauf sich Rational Meaning von einem »treatise on the philosophy of language« in eine »ars poetica« verwandelt und nach erneuter Drehung schließlich als »an anti-poetics« dasteht (ebd.: IX f.). Nachdem die Auslagerung aus dem sprachwissenschaftlichen in den ästhetisch-poetologischen Diskurs erfolgt ist, können die polemischen Spitzen fast schon goutiert werden: »Rational Meaning is at its best when decrying structuralist and positivist taxonomies that picture language as a nonhuman system, as a corpse« (ebd.: xv), denn es geht jetzt um fachfremde, also mehr oder weniger laienhafte Sticheleien. Außerdem schreckt der Wälzer mit seinem prophetischen Pathos und seiner ewigen Rechthaberei potentielle Leser ohnehin ab, und hintertreibt von sich aus jede Breitenwirkung der aufgestellten heterodoxen Behauptungen: »Rational Meaning is in many ways a frustrating work« (ebd.: XVIII). So kommt es, daß sich die Haltung des Kommentators ebenso ändern kann wie die Kategorisierung seines Gegenstands. Aus anfänglicher Unsicherheit und Irritation wird nach der argumentativen Entschärfung ein paternalistisches Durchwinken dieses dickköpfigen und gleichsam aus dem Leim gegangenen ›Prosagedichts‹. »Yet the vitality of the work«, schreibt Charles Bernstein, »is not in its intellectual durability and universality but in its fragility and peculiarity; not in its rational unity but in its utopian, obsessive unreasonableness, even its ›idiotic defiance‹« (ebd.: XVI).
Jackson 2005: 234.
Hamilton 1994: 454 b.
Jackson 1986: 406.
Ebd.: 408.
Ebd.: 407.
Ebd.: 409.
Jackson 2005: 64f.
Ebd.: 54.
Ebd.: 65.
Vgl. ebd.
Ebd.
Ebd.: 255.
Ebd.: 254.
Ebd.: 230.
Ebd.
Ebd.: 204.
Ebd.: 208f.
Ebd.: 209.
Ebd.: 205.
Ebd.: 214.
Ebd.: 212.
Ebd.: 206.
Ebd.: 212.
Ebd.: 211.
Vgl. ebd.: 231, 233.
Ebd.: 231.
Vgl. ebd.: 239f.
Ebd.: 260.
Hamilton 1988: 155.
Sommers 2006: 9.
Hamilton 1988: 4.
Zit ebd.: 115.
Zit. ebd.: 116.
Ebd.: 208.
Salinger 1962: 47.
Ebd.
Ebd.: 52.
Salinger 1963: 112.
Ebd.: 114.
Ebd.: 116f.
Ebd.: 125.
Ebd.: 138.
French 1988: 110.
Ebd.: 14.
Ebd.: 110.
Vgl. Sommers 2006: 65.
Zit. nach Hamilton 1988: 126.
Salinger 1963: 157.
Ebd.: 123f.
Ebd.: 123.
Ebd.: 187.
Ebd.: 248.
Salinger 1962: 58.
Salinger 1963: 135.
Hamilton 1988: 150.
Zit. ebd.: 125.
Sommers 2006: 68f.
Zit. nach Hamilton 1988: 172.
Sommers 2006: 69.
Zit. nach Hamilton 1988: 202.
Zit. nach Sommers 2006: 82.
Zit. nach Roberson/Battenfeld 1992: 2.
Ebd.
Samuelson 1978: 128.
Ebd.: 135.
Zit. nach Roberson/Battenfeld 1992: 3.
Zit. ebd.: 7.
Auch der Roman selbst handelt im übrigen von Ausgelieferten, denn das Geschichtsbild ist zyklisch, und obwohl ein Kloster im Südwesten der USA den Schauplatz und die Mönchsgemeinschaft den eigentlichen Protagonisten abgibt, kommt Miller ohne eschatologische Hoffnungen aus. Nach der »Flame Deluge«, der ›Sintglut‹ eines globalen Atomkriegs, durchmißt er in drei Sechshundertjahressprüngen den Kulturzyklus, der nach einem neuen Mittelalter, einer neuen Renaissance und Moderne im Jahre 3781 gemäß der perversen Logik des Unausweichlichen mit der Reinszenierung der Apokalypse endet. Es gehört zu den bitteren Ironien dieses da capo, daß der »Albertian order of St. Leibowitz« mit seinen Reliquien und »Memorabilia« ungewollt die Konterbande naturwissenschaftlicher Erkenntnisse tradiert, die eine Wiederauferstehung der autodestruktiven Forschung ermöglichen, und daß der sagenhafte Ordensgründer selbst ein Rädchen in der Megamaschine des militärisch-industriellen Komplexes gewesen sein muß. Ein im ersten Kapitel auftauchender Einkaufszettel, der im »fall-out shelter« ein halbes Jahrtausend überdauert hat, macht dem aufgeweckten Leser darüber hinaus klar, wen sich die Mönche als Namenspatron ausgesucht haben: einen auf koscherer Kost bestehenden praktizierenden Juden. Eine detaillierte Interpretation des Canticle, das die Unvereinbarkeit von heiler Welt und menschlichem Heilsverlangen wieder und wieder demonstriert, habe ich an anderer Stelle vorgelegt (Horstmann 1986).
Zit. nach Roberson/Battenfeld 1992: 8.
Zit. ebd.
Miller/Greenberg 1985: II.
Ebd.
Ebd.
Ebd.
Ebd.: 5.
Ebd.: 15.
Ebd.: 11f.
Ebd.: 5.
Ebd.: 16.
Zit. nach Bisson: 2 (Internet).
Ebd.
Bisson 2000: 663.
Jonas 1997 (Internet).
Leeper (Internet).
Anon. (Internet).
Breuer 2005: 18.
Zit. nach Brockmeier 2001: 19.
Zit. ebd.
Zit. ebd.: 18.
Beckett 1995: 26..
Beckett 1989: 101.
Zit. nach Gontarski 1995: XVII.
Beckett 2006: 11.
Ebd.: 36.
Ebd.: 44.
Ebd.: 80.
Ebd.: 83.
Ebd.: 58.
Ebd.: 64.
Ebd.
Ebd.: 69.
Ebd.: 80.
Ebd.: 88.
Beckett 1983: 145.
Zit. nach Brater 1994: 8.
Beckett 1983: 109.
Ebd.: 52.
Zit. nach Brockmeier 2001: 82.
Ebd.: 83.
Beckett 1986: 97.
Zit. nach Bair 1978: 639.
Beckett 1995: 236.
Beckett 1983: 139.
Vgl. Brater 1994: 50ff.
Cooke 1985: 30.
Beckett 1986: 282.
Ebd.: 280.
Ebd.: 218.
Ebd.: 222.
Beckett 1995: 182.
Ebd.: 184.
Ebd.: 185.
Koeppen 1986: V 254.
Ebd.: VI 224.
Ebd.: VI 227.
Ebd.: VI 228.
Ebd.: VI 229.
Häntzschel 2006 b: 164.
Treichel 1995: 8.
Vgl. Häntzschel 2006a: 65.
Vgl. ebd.: 56.
Koeppen/Muller 1991: 65.
Koeppen 1986: V 237.
Ebd.: V 236.
Vgl. Koeppen 1995: 15.
Vgl. Koeppen 1986: V 238.
Ebd.: V 239.
Ebd.: V 240.
Ebd.: III 89.
Ebd.: III 88.
Ebd.: III 77.
Ebd.: III 89.
Ebd.
Ebd.
Ebd.: III 169.
Ebd.
Ebd.: III 169.
Ebd.: III 170.
Ebd.: III 171.
Häntzschel 2006 b: 6.
Zit. nach Häntzschel 2006 a: 62.
Ebd.: 55.
Koeppen 1987: 32.
Häntzschel 2006 b: 145.
Zit. nach Häntzschel 2006 a: 126.
Zit. ebd.
Zit. nach Treichel 1984: 194.
Ebd.
Koeppen 1986: V 253.
Ebd.: 255.
Koeppen 1995: 33.
Ebd.: 110.
Koeppen 1995: 45.
Vgl. Häntzschel 2006 b: 59.
Zit. nach Häntzschel 2006 a: 127.
Die Urteile der Sekundärliteratur reichen von der Ehrenrettung bis zum Gegenteil. »Wir wüssten von Jakob Littner und seinem Weg durch die östlichen Ghettos heute nichts, wenn Koeppen nicht im Winter 1946/47 die Erinnerungsnotizen des Mannes in eine lesbare Form gebracht hätte«, schreibt Josef Quack in Wolfgang Koeppen. Erzähler der Zeit und fügt hinzu: »Erst als Koeppen sich entschloß, seine Autorschaft an dem Buch [sic!] zu enthüllen, fand die Geschichte Jakob Littners jene Aufmerksamkeit, die sie von Anfang an verdient hätte« (Quack 1997: 88). Dieser Generalabsolution widersprechen Günter und Hiltrud Häntzschel mit der Feststellung, »dass sich Koeppen im Vorwort von 1992 vom Bearbeiter des Textes zu dessen Verfasser stilisiert hat« (Häntzschel 2006 a: 129), obwohl er den Urtext teilweise »bis in einzelne Formulierungen hinein« (ebd.) übernommen hat. Und Jörg Döring nennt die dort praktizierte Verschleierungsstrategie – »Der Entkommene suchte einen Schriftsteller. Der Verleger berichtete mir das Unglaubliche. Ich hatte es geträumt. […] Da wurde es meine Geschichte« (Koeppen 1992: 6) – schlicht »unanständig« (Döring 2003: 334). Was sind die Fakten? 1946 gelangt auf Vermittlung des Münchener Oberbürgermeisters Scharnagel das Typoskript »Mein Weg durch die Nacht« des jüdischen Briefmarkenhändlers Jakob Littner, in dem er von seinem Martyrium berichtet, in die Hände des von den Amerikanern lizenzierten Jungverlegers Herbert Kluger. Der bittet Koeppen um Bearbeitung der Vorlage. Sie findet statt, allerdings unter dem Projekt kaum förderlichen Bedingungen. Erstens ist Littner vor seiner Abreise wenig kooperativ und seinem Ghostwriter »trotz seiner Leiden unsymphatisch« (zit. ebd.: 331), und zweitens hält Koeppen das Rohmanuskript für »etwas primitiv« (zit. ebd.: 25). Er literarisiert und sublimiert es also, findet einen neuen Titel mit Dostojewski-Touch, ist aber mit dem Endprodukt als »verkrampfte[m] Kompromiß« (zit. ebd.: 332) zu keinem Zeitpunkt zufrieden. Vielleicht erklären diese literarästhetischen Gewissensbisse, warum er noch in den 80er Jahren auf Anfrage eines recherchierenden Germanisten »jede Kenntnis des Littner-Buches« (ebd.: 18) in Abrede stellt. Gegenüber Reich-Ranicki und Unseld war sein Erinnerungsvermögen weit entgegenkommender, und schon 1975 wurde bei Suhrkamp eine Neuauflage angekündigt, die – bei Koeppen bekanntlich nichts Außergewöhnliches – aber Absichtserklärung blieb. Vielleicht spielte damals auch noch die »sehr komplizierte Rechtslage wegen der Urheberrechte« (ebd.: 23 f.), auf die er 1989 in einem offenbar kaum rezipierten taz-Interview zu sprechen kam, eine Rolle. Suhrkamp allerdings entschloß sich schon wenig später zur Flucht nach vorn und beanspruchte gegenüber dem Kupfergraben-Verlag, in dem 1985 ein unveränderter Reprint der Erstausgabe von Jakob Littner, Aufzeichnungen aus einem Erdloch erschienen war, das Copyright. Der mußte – wohl auch angesichts des ökonomischen und juristischen Übergewichts des Frankfurter Verlagshauses – klein beigeben und die Restauflage abtreten (vgl. ebd.: 18). Nicht besser erging es dem in New York lebenden Littner-Rechtsnachfolger, der sich 1993 mit seinem Plagiatsvorwurf ebenfalls nicht durchsetzen konnte. 1999 schließlich hat der in den USA lebende Germanist Reinhard Zachau das Originalmanuskript wiederentdeckt, so daß die Textteile der beiden Verfasser problemlos auseinanderzudividieren sind. Krankheit und Tod haben die »Irritationen« (vgl. Häntzschel 2006 a: 129), die Jakob Littners Aufzeichnungen auslösten, nicht mehr zu Koeppen durchdringen lassen. Er scheint bei der Neupublikation von seinen Urheberrechten an einer Geschichte überzeugt gewesen zu sein, die er sich in des Wortes doppelter Bedeutung zu eigen gemacht hatte, und denkt sogar über Honorarnachforderungen gegenüber Kupfergraben nach (vgl. Koeppen/Unseld 2006: 498). Auch Unseld, der den ›Roman‹ zur Revitalisierung des jüngst erworbenen Jüdischen Verlags nutzte, hielt die Grenze zur Enteignung offenbar ebensowenig für überschritten wie Reich-Ranicki, der mit Verve dazu beitrug, das Buch zu einem Verlagscoup und publizistischen Ereignis zu machen.
Häntzschel 2006 b: 37.
Koeppen 1995: 164.
Ebd.: 198.
Koeppen/Muller 1991: 66.
Koeppen 1995: 111.
Koeppen 1986: V 349.
Ebd.: V 350.
Ebd.
Ebd.: V 351.
Ebd.
Ebd.
Ebd.
Koeppen/Unseld 2006: 289.
Koeppen 1986: VI 227.
Ebd.: V 264.
Koeppen 1995: 54.
Ebd.
Ebd.: 64.
Koeppen/Muller 1991: 65.
Ebd.
Vgl. Estermann 2005: 683.
Koeppen 1986: V 252.
Vgl. Jehle 1990: 88.
Hildesheimer 1991: I 477.
Hildesheimer 1989: 22.
Jehle 1990: 463.
Zit. ebd.: 207.
Hildesheimer 1991: I 422f.
Hildesheimer/Guetg 1989: 363.
Zit. nach Jehle 1990: 163.
Zit. ebd.: 171.
Hildesheimer 1989: 17f.
Ebd.: 35.
Hildesheimer/Rodewald 1971: 142f.
Ebd.: 157.
Hildesheimer 1991: VII 162.
Ebd.: VII 159.
Ebd.: VII 160.
Ebd.
Hildesheimer 1989: 34.
Jehle 1990: 99.
Ebd.: 174.
Hildesheimer 1984: 241.
Hildesheimer 1991: I 275.
Ebd.
Ebd.: 302.
Zit. nach Jehle 1990: 130.
Jens 1989: 336f.
Hildesheimer 1991: IV 264.
Hildesheimer 1991: IV 250.
Ebd.: VII 725.
Ebd.: VII 718.
Ebd.: VII 738.
Zit. nach Jehle 1990: 521.
Jehle 1990: 577.
Zit. nach Jehle 1990: 172.
Baumgart 1989: 342.
Hildesheimer 1991: IV 257.
Hildesheimer 1984: 152.
Ebd.: 154.
Hildesheimer 1991: IV 199.
Hildesheimer 1984: 153.
Hildesheimer 1991: IV 227.
Ebd.: IV 226.
Ebd.
Ebd.: IV 262.
Ebd.
Ebd.: IV 222f.
Ebd.: IV 224.
Hildesheimer 1985: 14.
Ebd.: 12.
Hildesheimer 1991: I 432f.
Ebd.: I 97.
Ebd.: I 98.
Ebd.: 30.
1958 erschien in der Zeitschrift Akzente u.a. das Gedicht »Rezept«, in dem ein passionierter Küchenmeister »in seinem großen Kessel ›feiertägliche Gäste‹ zusammenkocht [und] garmacht (Jehle 1990: 58), sowie das Prosastück »Der Brei auf unserem Herd«, das untersucht, welcher von den sprichwörtlich vielen Köchen eigentlich diese Speise verdirbt und wie er das anstellt. Ein Jahr später reagiert Hildesheimer anläßlich einer Umfrage auf das Stichwort Zukunftsprojekte mit der Auskunft: »Im Augenblick schreibe ich an dem Buch ›Giftpilze und ihre Zubereitung‹. Untertitel: ›Wie erspare ich mir das Altern, das Diät-Halten und den lästigen Verkehr mit meinem Nächsten‹. Es wird, wie der Name schon sagt, ein Kochbuch« (Hildesheimer 1991: VII 573). Erst mit den »Anti-Rezepten« von 1974 wird die Reformkost verdaulicher, kommen dem Titel zum Trotz landläufigere Vorstellungen von Genießbarkeit zum Zuge.
Hildesheimer 1991: I 104.
Larkin 1983: 55.
Ebd.: 26.
Ebd.: 62f.
Larkin 1992: 334.
Ebd.: 448.
Larkin 2002: 474f.
Larkin 2004: 112.
Ebd.
Larkin 1983: 62.
Larkin 1992: 696.
Larkin 2004: 13.
Vgl. Bradford 2005: 238.
Larkin 1992: 497.
Larkin 1992: 716.
Ebd.: 106.
Ebd.: 7.
Larkin 1989: 84.
Ebd.: 81
Ebd.: 92.
Larkin 1986: 58.
Larkin 1992: 574.
Ebd.: 696.
Nachwelt
Mein Biograph Jake Balokowsky bannt
die Seite hier auf Mikrofilm. Unkongenial
in Jeans und Schlappen hockt er da
in seinem Pferch in einem US-Lesesaal
und hadert vollklimatisiert, wieso’s geschah:
»Jetzt bin ich wohl ein gutes Jahr lang eingespannt
Wegen des alten Knackers. Wollte eigentlich nach Tel Aviv
und unterrichten. Aber Myras Clan« – die Hand zählt Pinkepinke
hin –
»will mich in sicherer Stellung sehn. Wo Kindlein kommen –«
Er zuckt die Schultern. »Die Chose hier macht keinen Sinn,
doch hab ich diesen Arsch erst mal zur Brust genommen,
schind ich ein paar Semester raus und geh aktiv
an die Protest-Theater-Forschung ran.« Es zieht
die beiden hin zum Cola-Automaten. »Was das für einer ist?
Mein Gott, ich sag es doch. Ödesten angelesenen Kram
verbrät er. Vulgärpsychologie zum xten Male aufgetischt,
null Schmackes, Drive, nein, einfach lahm,
der alte Schlag, das alte Lied: naturbelassener zäher Schiet.«
(Übersetzung U. Horstmann; vgl. auch Horstmann 2007: passim.)
Noyes 1956: 1207.
Ebd.: 1222.
Polheim 1972: 144.
Noyes 1956: 1215.
Ebd.
Bierce 1967: 166.
Hildesheimer 1984: 241.
Salinger 1953: 18.
Estermann 2006: 552.
Zit. nach Jehle 1990: 171.
Hildesheimer 1991: IV 256.
Walter Gebert hat die Verfahren in seiner Studie zur Produktivität des Negativen bei Yeats materialreich dargestellt und einer kritischen Analyse unterzogen. Dabei wird deutlich, daß der Ausgangspunkt des Schaffens bei diesem Autor nie ›überbordende Fülle‹, sondern im Gegenteil immer ein »Mangelzustand« (Gebert 2008: 14) ist, dessen Aufhebung nicht auf natürlichem Wege erreicht werden kann: »Es bedarf dazu [vielmehr] einer ›Operation‹. [Sie] hat den Charakter einer gewaltsamen Anstrengung, sie zwingt das ›ganz andere‹, die Verwandlung herbei« (ebd.). Mit welchen alchimistischen Feuern Yeats dabei zu spielen bereit war, zeigt seine zeitweilige Nähe zu faschistischer Gewaltverherrlichung wie auch das ›Weltbild‹ seiner Gedichte selbst: »Inhaltlich scheint die Palette der Grausamkeiten nahezu unbegrenzt, und sie konnte es gut und gerne mit der mittelalterlichen Halsgerichtsordnung aufnehmen: Es wird gelästert, geschlagen, vergewaltigt und gebrannt, Selbst- und Fremdzerfleischungen sind, wie wir gesehen haben, keine Seltenheit« (ebd.: 95).
Hildesheimer 1993: 37.
Larkin 1992: 106.
Sudhoff 1989: 35.
Schmidt 1974: 8.
Ebd.: 18.
Ebd.: 17.
Ebd.: 10.
Ebd.: 20.
Ebd.: 13.
Ebd.: 22.
Ebd.: 22.
Vgl. ebd.: 16.
Entsprechend bildet sich auch seit den 60er Jahren gleichsam auf dem Kompost der metaphysischen Bestimmung des Literarischen als ›Ansage‹ des Seins und Verlautbarung eines wie immer gearteten höheren Sinns der Gegenmythos einer Literatur als Repräsentantin des Schweigens und als Statthalterin stiller Absenz aus. Pionierfunktion hatten hier u.a. Maurice Blanchot, George Steiner, Susan Sontag und Ihab Hassan. Der Antinomist Blanchot entwirft in Der Gesang der Sirenen (1959) ein Szenario vom »Tod des letzten Schriftstellers«, mit dem überraschenderweise auch das Schweigen aus der Welt verschwindet. Statt dessen macht sich ein endloses »Gemurmel« (Blanchot 1988: 296), eine Art ubiquitäres Hintergrundrauschen der »falschen Rede« (ebd.: 297) breit, weil nichts mehr die Uneigentlichkeit in Schach halten kann: »Ein Schriftsteller ist der Mensch, der dieser Rede Schweigen gebietet, und ein literarisches Werk ist für jeden, der einzudringen versteht, ein ergiebiges Weilen in der Stille, eine feste Schutzwehr und eine hohe Mauer gegen diese redende Unermeßlichkeit, die auf uns einredet und uns dabei uns selber abwendig macht« (ebd.). Für Blanchot ist also gerade »der Mangel an Schweigen« (ebd.) das untrügliche Alarmsignal, das den Verlust literarischer Autorität signalisiert. Auch für Steiner befinden wir uns in der Nachgeschichte westlicher Kultur, einer Epoche des ›Epilogs‹. Der Essay »The Retreat from the Word« (1961) sieht schon die »gravediggers of literate speech« (Steiner 1977: 26) in die Fäuste spucken und »a new Dark Ages« (ebd.: 35), ein neues halb sprachloses Mittelalter, heraufziehen. Die Literaten sind – so Steiner in »Silence and the Poet« (1966) – sensibel genug, um diesen Trend bereits im 19. Jahrhundert zu erkennen und in einigen ihrer bedeutendsten Köpfe zu verstärken: »There is a widespread intimation, though as yet only vaguely defined, of a certain exhaustion of verbal resources in modern civilization, of a brutalization and devaluation of the word in the mass-cultures and mass-politics of the age. What more is there to say? […] The poet enters into silence« (ebd.: 46). Auch Susan Sontag macht das Ungenügen der Kunst an sich selbst, das Auftreten einer Antikunst, die gegen ihren konventionellen Vorgänger Sturm läuft und ihn abzuschaffen sucht, zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen. In »The Aesthetics of Silence« von 1967 unterscheidet sie dabei zwischen zwei zeitgenössischen ›Artikulationsstilen‹ der Stille, »loud and soft« (Sontag 1987: 203), zeichnet sich aber vor allem durch Anflüge von Humor vor ihren Mitprogrammatikern aus. Sätze wie »The art of our time is noisy with appeals for silence« (ebd.: 187) oder: »The present prospect is that artists will go on abolishing art, only to resurrect it in a more retracted version« (ebd.: 204) zeugen von einer Art Urvertrauen in die Robustheit und Vitalität von Kunst, die man bei anderen Skeptikern vermißt, die oft so apokalyptisch gestimmt sind wie Ihab Hassan zu Beginn von The Literature of Silence (1967). Entmutigten Lesern sei als Antidot die »Lecture on Nothing« aus John Cages Silence (1978) ans Herz gelegt, die die so literaturaffinen Lebensgeister der Unehrerbietigkeit auch im avantgardistischen Kontext und in der Auseinandersetzung mit den neuen Dogmatikern wiederbelebt: »I have the feeling – that we are getting – nowhere. – Slowly –, as the talk goes on – we are getting – nowhere – and that is a pleasure« (Cage 1987: 119).
Man muß und darf sich die Rückfrage gestatten, ob dieses ›Zunichts-Führen‹ nicht den gesamten Schweige-Diskurs charakterisiert. Nicht zuletzt bei seiner Überführung ins Grundsätzliche und Universale, also etwa in Die Philosophie des Schweigens – Das Schweigen der Philosophie (1987) von Wolfgang Piltz – Obacht, Binnen-t! – oder Max Picards Die Welt des Schweigens (1948), wird nämlich die metaphysische ›Schlagseite‹ überdeutlich. Sie steht in eklatantem Widerspruch zu den hier skizzierten Versuchen von Schrifstellern, aus verführerischen Selbstüberhöhungen auszubrechen und den Einflüsterungen eines surrealen Selbstwertgefühls zu entkommen. Wenn es stimmt, daß das Schweigen »wie etwas Urzeithaftes in den Lärm der Welt von heute hinein[ragt]« (Picard 1977: 16) und das Getöse dem philosophischen Geist »nur wie Insektengesumm auf dem breiten Rücken des Urtiers« (ebd.: 17) erscheint, dann schicken sich die ausgemusterten Literaten doch gerade an, die Stille nicht zu hofieren, sondern dem Schweigen, das über sie verhängt worden ist, den breiten Buckel herunterzurutschen.
Kunert 2008: 42f.
Ebd.: 43.
Daß Literatur neben ihrer Unterhaltungsfunktion immer auch zu belehren habe und Instruktion und Kurzweil hier also in demselben rhetorischen Prachtgeschirr gingen, war schon die Überzeugung der Antike. Horaz hat sie auf die klassische Formel »aut prodesse volunt aut delectare poetae« gebracht. Aber obwohl es wohl kaum einen langlebigeren und folgenreicheren Satz in der Geschichte der Literaturtheorie gegeben hat, sagt er nur die halbe Wahrheit. Denn die Literaten haben – um aus dem Lateinischen ins Neudeutsche zu wechseln – als phantasiereiche Stifter und Ausgestalter unterhaltsamer Lernfelder selbst unentwegt neue Lektionen lernen müssen. So zum Beispiel die, daß sich auch das angeblich zeitlose Arsenal des Klassischen verbraucht und erschöpft, ja, das Medium selbst, die ›weltweite‹ lingua franca, unter der Feder wie wieder und wieder verdünnte Tinte verblaßt. Das vulgäre Idiom des jeweils Volkstümlichen poetisiert sich, und wer als Autor den Anschluss an das aufblühende Italienische, Französische, Englische und Deutsche verpaßt, verzichtet in der Neuzeit auf Breitenwirkung und verurteilt sich zu einer scholastisch-akademischen Nischenexistenz. Auch neue Klein- und Großformen wie das Sonett und der Roman, der das Erbe des abgewirtschafteten Epos antritt, wollen eingeübt sein und konterkarieren die Trägheitskräfte der Tradition. Und eines Tages wird selbst die Rückkopplung zum Unstrittigen gekappt, die es noch einem Alexander Pope erlaubt hatte, Literatur als die architektonische Um- und Neugestaltung von Gemeinplätzen zu begreifen. Sein »What oft was thought, but never so well expressed« aus dem Essay on Criticism von 1711 war schon vor dem Jahrhundertende nicht mehr konsensfähig, denn das Originalgenie lebt vom Traditionsbruch, und nicht nur im revolutionären Paris und nicht nur im handgreiflichen Sinn flogen die Pflastersteine.
Es beginnen, wenn man so will, die zwei Jahrhunderte der Zumutung, in denen ein ehedem hofierter und zurückgelehnter Leser sich anstrengen und mobilisieren muß, um den romantischen, modernen und postmodernen Avantgarden auf den Fersen zu bleiben. Wo er ein Buch aufschlägt, experimentiert er mit, und es wird mit ihm experimentiert, so daß es durchaus tröstlich erscheinen will, wenn auch die Verursacher ständiger Reorientierung von den Geistern, die sie riefen, eingeholt und heimgesucht werden. Den Schriftstellern ihrerseits wird nämlich in diesem Zeitraum, so jedenfalls die These des vorliegenden Buches, über den ständig wachsenden Innovationsdruck hinaus ein Lernprozeß von nie dagewesener Rigorosität und Schmerzhaftigkeit zugemutet, weil sich die Aufgabe der Literatur um die Aufgabe der Literatur erweitert.
Hinter diesem Wortspiel verbirgt sich damit etwas erbarmungslos Spielverderberisches wie die Medusa hinter einer venezianischen Karnevalsmaske. Es geht nämlich nicht mehr um das unfreiwillige Ende einer Schriftstellerkarriere, es geht um seine Steigerungsform, den kreativen GAU als größten anzunehmenden Unfall der Künstlerexistenz. Was ist gemeint? Nichts anderes als der einschneidende Unterschied zwischen dem Am-Schreiben-gehindert-Werden und dem Sich-das-Schreiben-Verbieten. Exogen bedingte Produktionseinstellungen sind die Regel, schließlich ist auch ein ›unsterblicher‹ Autor nicht gegen Alter und Krankheit gefeit, und eines Tages erlischt selbst die überbordendste Phantasie, im Extremfall synchron mit dem Lebensfunken. Das ist Biologie und – mit Ausnahme des Betroffenen – für alle anderen als natürliches Faktum hinnehmbar. Tragisch wird die Terminierung unter Umgehung der Naturgesetze, d. h. dann, wenn sich kollektive Besserwisserei einmischt und Inquisition oder politische Zensur auf den Plan treten, um einen mißliebigen Autor mundtot zu machen. Aber auch diese Interventionen sind so alt wie das Schreiben selbst, und trotz des totalitären Accelerando der Bespitzelungen, Gehirnwäschen, Berufsverbote und literarischen Existenzvernichtungen im 20. Jahrhundert hat die Zielgruppe – angefangen beim Schreiben unter Pseudonym oder für die Schublade – über ganze Epochen hinweg Adaptions-, Vermeidungs- und Subversionsstrategien ausbilden können, die das Schlimmste verhütet und die Kontinuität künstlerischen Schaffens gesichert haben.
Eben dieser Erfahrungsschatz und die Möglichkeit des Rückgriffs auf und in die Trickkiste der Vorgänger fehlt nun beim Auftauchen des neuen ›worst case scenario‹, bei dem die Schreibblockade endogene Ursachen hat und, salopp formuliert, auf eine ›innere Stimme‹ zurückzuführen ist, die die Fortsetzung des Schaffensprozesses kategorisch untersagt. Dabei soll der Einfluß externer Faktoren keineswegs in Abrede gestellt werden; entscheidend aber ist, daß die literarische Exkommunikation und Demissionierung letztlich selbstund eben nicht fremdbestimmt erfolgt. Solches Verstummen ohne zureichenden objektiven Grund, will sagen, körperliche Gebrechen oder den Zwang der äußeren Umstände, ist kulturgeschichtlich neu und wird von George Steiner in seinem Aufsatz »Silence and the Poet« (1966) auf den Beginn des 19. Jahrhunderts datiert, wobei die Frequenz der Fälle, wie die folgende Abhandlung zeigt, allmählich, aber stetig zunimmt. Steiner notiert:
This election of silence by the most articulate is, I believe, historically recent. The strategic myth of the philosopher who chooses silence because of the ineffable purity of his vision or because of the unreadiness of his audience has antique precedent. It contributes to the motif of Empedocles on Aetna or to the gnomic aloofness of Heraclitus. But the poet’s choice of silence, the writer relinquishing his articulate enactment of identity in mid-course, is something new. It occurs […] in two of the principal masters, shapers, heraldic presences if you will, of the modern spirit: in Hölderlin and Rimbaud. [1]
In seiner Debütphase ist das intrinsische Schreibverbot schlechterdings nicht handhabbar, weder auf seiten der Opfer, die ja zugleich Täter sind, noch auf der ihrer späteren Interpreten, die immer wieder versuchen, das so noch nicht dagewesene Nein in seine Vorgängerformen, d. h. objektivierbare Auslöser rückzuübersetzen, und einen Hölderlin, sein englisches Analogon John Clare und selbst noch einen Robert Walser pathologisieren und krank schreiben, was das Zeug hält. Aber nur der Anschein gibt ihnen recht, denn die drei Autoren haben sich nicht deshalb als Teilnehmer des jeweils zeitgenössischen literarischen Diskurses disqualifiziert, weil sie verrückt geworden sind. Vielmehr kommt zuerst das Versagen der Stimme, das – von der Präzisierung hängt alles ab – jetzt ein frei gewähltes und doch irreversibles Sich-die-Stimme-Versagen geworden ist. Darauf folgt ein sich bis ins Selbstzerstörerische aufschaukelnder Ausbruch von Autoaggression, denn wie soll sich ein Ich erklären, daß es sich selbst aus dem Kernbezirk seiner Identität ausgesperrt hat und seiner Einbildungskraft ein für allemal den Riegel vorschiebt? Und erst dieses Sekundärphänomen, die Abstoßung des Neinsagers durch die Relikte einer ehedem schöpferischen Persönlichkeit, ruft die einschlägigen gesellschaftlichen Institutionen – auf gut deutsch Irrenhäuser – auf den Plan, die in den drei genannten Fällen die Notfallversorgung und den Schutz des mit sich Zerfallenen vor den Schockwellen der Desintegration übernehmen müssen.
Haben wir es also bei denen, die ›von sich aus‹ und ›von selbst‹ aufhören zu schreiben, mit einer Serie, einer sich zur Gegenwart hin verdichtenden Reihe von immer gleichen lebensbedrohlichen Implosionen zu tun? Glücklicherweise nicht, wie schon ein Blick auf Wolfgang Hildesheimer und Philip Larkin, die beiden jüngsten von uns behandelten ›Fälle‹, beweist. Der Kontrast zu der initialen Dreierkonstellation Hölderlin–Clare–Walser könnte nämlich ausgeprägter nicht sein. Während der Verzicht ihre Vorgänger mit einer tragischen Aura umhüllt und das ›Herzzerreißende‹ ihrer Biographien von der existentiellen Überforderung Zeugnis ablegt, reagieren Hildesheimer und Larkin auf fast ostentative Weise undramatisch. Sie avisieren und kommentieren die kreative Geschäftsaufgabe zwar noch, gehen danach aber, sei es als collagierender Privatier, sei es als Bibliothekar, zur Tagesordnung über. In zwei Jahrhunderten, in sechs oder sieben Generationen, ist also etwas Bemerkenswertes geschehen: Autoren haben Mittel und Wege gefunden, um mit dem Verstummen, das anfangs noch mit vernichtender Gewalt und womöglich auf dem Höhepunkt der Leistungskurve über den Betroffenen hereinbricht, zu Rande zu kommen. Sie haben – wie im Fall der Zensur und anderer Formen organisierten Wortentzugs auch – Routinen ausgebildet, ein ganzes Spektrum möglicher Reaktionen durchgespielt, das alle Monotoniebefürchtungen zerstreut und die, fast möchte man sagen Buntheit der folgenden Kapitel gewährleistet. Kurzum, die Leidtragenden einer bis zur Selbstaufgabe freien Schriftstellerei haben das ihnen zugemutete Lernpensum mit nicht geringerem Erfolg bewältigt als die Leser das ihre.
Es gibt also Anlaß und gute Gründe, um die individuelle Katastrophengeschichte vom Wegbrechen der eigenen künstlerischen Mission gleichzeitig als Etappe einer kollektiven Problembewältigungs- und Erfolgsgeschichte nachzuzeichnen. Stichworte wären in diesem Zusammenhang Entpathetisierung, Selbstdämpfung der tragischen Potentiale und die Tendenz, den literarischen Kontrollverlust durch andere Formen der (Selbst-)Inszenierung wettzumachen. Aber womöglich sind solche abstrakten und resultativen Formulierungen im Kontext einer Einleitung eher Stolpersteine als ›stepping stones‹. Versuchen wir also statt dessen, dem legitimen Wunsch nach Orientierung und Vorabinformation mit einem Als-ob-Argument nachzukommen, das so gewiß nicht wissenschaftsfähig ist, aber den Entwicklungstrend über eine zweckdienliche Fiktion vor Augen führt. Die braucht man sich außerdem nicht einmal selbst zurechtzuzimmern, denn das Publikum – in diesem Fall allerdings nicht das der Literatur, sondern der Musik – hat vorgearbeitet, und das Resultat, die von ihm umkomponierte Wirklichkeit, ist als höhere Form der Folklore fast jedem geläufig.
Hier allerdings zunächst die ungeschönten Fakten, wie sie sich etwa Denise P. Gallos Gioacchino Rossini. A Guide to Research entnehmen lassen. Rossini (1792–1868), Mode- und Kultkomponist, stellte 1829 nach der Uraufführung des Guillaume Tell die Opernproduktion ein. Der Siebenunddreißigjährige, eben vom französischen König zum Mitglied der Ehrenlegion ernannt, bezeichnet sich fortan in Briefen nur noch als »ex-compositore« und »viertklassiger Pianist«. [2]Obwohl er ab 1857 wieder an Klavierwerken, den Péchés de vieillesse, arbeitete und auch eine Petite messe solennelle vollendete, wertete er diese Musikstücke durch ihre Titel – die »Sünden des Alters« enthalten u.a. die Kompositionen »Quatre mendiants« (Studentenfutter), eine »Etude asthmatique«, die »Fehlgeburt einer Polka« und den »Rizinuswalzer« [3]– oder Kommentare wie »Lieber Gott, da ist sie, die arme kleine Messe. Ist es wirklich geistliche Musik?« [4]konsequent ab. Wer Erklärungen für das abrupte Ende einer überaus erfolgreichen Karriere erbat, der bekam in der Regel ebenso höfliche wie austauschbare und seichte Einlassungen zu lesen, z.B.: »Wer früh beginnt, muß auch […] früh enden« [5]oder:
Ich hatte keine Kinder. [Und] nachdem ich mich fünfzehn Jahre lang abgeplagt und während dieser … Periode vierzig Opern geschrieben habe, empfand ich das Bedürfnis nach Ruhe und zog mich nach Bologna zurück, um da still zu leben … così finita la comedia. [6]
Die erholsame Zurückgezogenheit entpuppt sich allerdings bis weit in die 1850