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BERND SCHUCHTER

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Roman

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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1. Auflage 2019

© 2019 by Braumüller GmbH

Servitengasse 5, A-1090 Wien

www.braumueller.at

Lektorat: Merle Rüdisser

Coverfoto: © Shutterstock / VolodymyrSanych, © Shutterstock / ADragan, Wikimedia Commons / Carl von Zamboni

ISBN 978-3-99200-248-1

eISBN 978-3-99200-249-8

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Es ist ein etwas leichtsinniges Buch, dessen Scherze man mir zugute halten mag.

Thomas Mann über
„Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Literaturliste

1

Recipe. Man nehme. Das Erkennen lief in Sekunden, und für einen Moment erschauderte der schmale Mann, der mit zwei Freunden am Tisch saß und den Blick durch den Raum schweifen ließ.

„Erinnert ihr euch an diesen Herrn, der jetzt so bescheiden tut?“ Emil Fuchs lehnte sich verschwörerisch über das Marmortischchen und dämpfte seine Stimme. „Recipe. Man nehme“, sagte er leise und lächelte, wobei sich die Deckenlampe in seinen Brillengläsern spiegelte. Fuchs meinte die spöttische Kritik in der Wage, deren Redaktion seinerzeit über Jahre die verlegerischen Umtriebe des Rikola Verlags begleitet hatte. Elias Canetti, der eben noch in der Neuen Freien Presse geblättert hatte, sah kurz hoch und nickte. Herbert Reichner winkte ab und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. Der heiße Mokka unter der Schlagobershaube war noch heiß, im Nippen verbrannte er sich die Lippen. Mit einem Heben der Augenbrauen bestellte er bei Rudolf, der seit Jahren im Café Central als Zahlkellner arbeitete und seine Stammkunden alle in- und auswendig kannte, einen weiteren Einspänner.

Interessant ist es, zu erfahren, daß der Ausflug in die Literatur Herrn Kola und alle jene, die an seine künstlerische Mission glaubten, die nette kleine Summe von 26 Milliarden Kronen gekostet hat, zitierte sich nun Emil Fuchs selbst, denn damals hatte er als Abgesang auf das haarsträubend ehrgeizige Unternehmen des Richard Kola einen vorzeitigen Nachruf für den Abend verfasst. „Das war natürlich eine Übertreibung“, fügte er hinzu. „Aber keine grobe.“

Der Anspruch, der Höhenflug und das Scheitern des Rikola Verlags waren in allen Einzelheiten legendär. In allen drei Phasen ihrer Existenz – Geburt, Blüte, Tod – gab es nur Superlative, die diese Unternehmung aber auch nur unzureichend beschreiben konnten. Es ging Kola schlicht darum, das erste große österreichische Verlagshaus zu gründen, das es mit seinem literarischen Glanz mit den deutschen Verlagen aufnehmen können sollte. Ein Unterfangen, das seiner eigenen Großmannsucht nicht ganz gerecht werden konnte und am Ende ein eher lächerliches Ende nahm; Richard Kola blieb für sein literarisches Engagement daher der wenig schmeichelhafte Beiname Ridikola. Dabei war der Beginn vielversprechend gewesen. Österreich-Ungarn war am Ende des Ersten Weltkriegs literarisch so verknöchert wie der verstorbene steinerne Greis auf seinem Thron, der das Land über Jahrzehnte in einem Dornröschenschlaf gehalten hatte, ohne große Aufregung und mit nur wenigen Skandalen. Der Wurmfortsatz Österreich, der aus den Trümmern des Vielvölkerstaates geboren wurde, war literarisches Brachland, und die wenigen namhaften Schriftsteller veröffentlichten vornehmlich in deutschen Verlagen.

Richard Kola wollte diesen Missstand beheben und Österreich wenn nicht vom deutschen Buchmarkt unabhängig, so doch ihm gleichrangig machen. Die Gründungsmitglieder der Rikola Verlag AG waren standesgemäß Bankiers, Generaldirektoren, Präsidenten, Großindustrielle und Generalkonsuln; unter dem Vorsitz von Kola saßen im Verwaltungsrat sein Bruder Arthur, Sigmund Rosenbaum von der gleichnamigen Buch- und Steindruckerei oder etwa Commendatore Arturo Castiglioni, dessen dubioser Bruder Camillo nicht nur als Pionier der österreichischen Luftfahrt galt, sondern auch als gewiefter Geschäftsmann mit mafiösen Methoden; zu guter Letzt saß auch ein Herr Hugo Gerngroß in diesem Gremium, dessen Name auch ein sprechender Nom de Plume von Richard Kola hätte sein können, der von der linken Presse später gerne als Habebald apostrophiert wurde.

Mit Camillo Castiglioni hatte Richard Kola das glückliche Händchen für schnelles Geld gemein, und hochtrabend wie die aeronautischen Pläne des einen waren die literarischen Ambitionen des anderen; in der Mitte trafen sich die beiden in ihrem Hang für die Börse, wo sie als Spekulanten in den letzten Jahren zu Reichtum gelangt waren. Während die deutschen Gründerzeitverleger um Anton Kippenberg mit seinem Insel Verlag und Kurt Wolff mit seinem gleichnamigen Verlagshaus von Erkenntnis träumten, witterte Richard Kola vielleicht nur das große Geschäft mit dem gedruckten Wort. Kurt Wolff soll bei der Gründung seines Verlags ein Motto vorgegeben haben, das spiegelverkehrt vielleicht für Richard Kola zutraf: Man verlegt entweder Bücher, von denen man meint, die Leute sollen sie lesen, oder Bücher, von denen man meint, die Leute wollen sie lesen. Verleger der zweiten Kategorie, das heißt Verleger, die dem Publikumsgeschmack dienerisch nachlaufen, zählen für uns nicht – nicht wahr?

Dem entgegen formulierte Richard Kola sein Credo, um den in den Inflationswirren schwächelnden Buchmarkt nach dem Großen Krieg zu beleben, denn das Buch als geistiges Lebensmittel war zur Mangelware geworden, die Buchhändler verkauften Bücher – sofern sie überhaupt welche anbieten konnten – nur zu überteuerten Preisen. Kola wollte seine Unternehmung auf ein anderes Fundament stellen, alle Verkäufe seiner Verlagsprodukte in Kronen fakturieren und so die Rikola AG vom deutschen Markt unabhängig machen. Denn es brauchte einen wahren Mäzenas, einen Mediceer, wie Gottlieb August Crüwell in der Neuen Freien Presse Mitte 1920 lamentierte. Man spricht so viel von dem neuen Reichtum. Sollte sich in den Bezirken dieses neuen Reichtums nicht ein Kreis von freigebigen, um das geistige Wohl ihrer Heimat besorgten Personen finden, die den öffentlichen Büchersammlungen etwa durch eine Stiftung zu Hilfe kämen? Die geforderten Opfer sind nicht allzu groß. Ein paar Millionen – was sind sie heute! – würden fürs erste genügen.

Die galoppierende Inflation machte ein paar Millionen tatsächlich zum Kinkerlitzchen, wobei Crüwell in der Sache selbst nicht ganz unrecht hatte. Als Historiker, Schriftsteller und Bibliothekar war er, als er diesen Aufruf in der Zeitung verfasste, bereits jahrelang Mitarbeiter der Universitätsbibliothek in Wien, deren Direktor er vier Jahre später werden sollte. Auch die Bibliotheken litten an der Bücherknappheit, der Kola mit seinem Verlag dreifach entgegenwirken wollte: durch billige Neuausgaben der Klassiker, die in Massenauflagen gedruckt und mit einem bescheidenen Nutzen an die Buchhändler abgegeben werden sollen; durch einen belletristischen Verlag, der die moderne Literatur zu Worte kommen läßt, und schließlich durch einen wissenschaftlich-politischen Verlag, der berufen sein soll, in den weitesten Kreisen aufklärend zu wirken.

Emil Fuchs machte eine Pause und lachte in sich hinein. Auf der anderen Seite des Raumes wurde nun aufgeregt diskutiert, allein Kola saß zusammengesunken auf seinem Stuhl und hörte wie abwesend den Ausführungen des Redners zu. Von seiner einst imposanten Erscheinung war nicht viel mehr geblieben als ein matter Abglanz einstiger Größe. Der ehemals korpulente Kola, dessen Statur durchaus mit seiner gesellschaftlichen Bedeutung korrespondiert hatte, war stark gealtert. Sein Anzug schien ihm einige Nummern zu groß.

„Ein Autorenwettbewerb“, flüsterte Herr Rudolf, der gerade zwei Achterl Wein servierte. „Eine Ausschreibung, bei der den Auserwählten eine Veröffentlichung winkt, na ja, das wird die Herren Literaten ja nicht wirklich tangieren, nicht wahr?“ Mit einer eleganten Drehung war Herr Rudolf schon wieder fort und Richtung Küche verschwunden. Amüsiert zwinkerte Emil Fuchs Reichner zu. Nach all den Jahren verstanden sie sich wortlos. „Die Gusti“, gaben sie einander gleichzeitig Auskunft und lachten.

Die Gusti? War das nicht ein braver Roman, der seinerzeit bei Knepler erschienen ist?“ Canetti sah von seinen Notizen auf, zu denen er nach der Zeitungslektüre übergegangen war, und richtete seinen Blick auf die ambitionierten Literaten am anderen Ende des Raumes. Er kannte Richard Kola eher beiläufig, doch erinnerte er sich, dass in diesen Jahren etwa auch Autoren wie Stefan Zweig für den Rikola Verlag geliefert hatten, für gutes Geld, wie Fuchs sich bewusst war.

Der Frauenzimmer Almanach, nicht wahr?“, fragte er spöttisch, doch Canetti zuckte nur mit den Schultern, als wollte er sagen: das Geld, das Geld. Immerhin war Zweig in guter Gesellschaft gewesen; auch Heinrich Mann, Hermann Hesse, Klabund, Ginzkey und Hugo von Hofmannsthal waren Beiträger gewesen, und wer weiß, vielleicht hätte mit ein wenig Geschick – oder literarischem Verständnis – die Rikola-Unternehmung zu einem ordentlichen Verlag werden können. Geld war schließlich vorhanden. Die Rikola AG gab bei ihrer Gründung 250.000 Aktien zu je 200 Kronen aus, was immerhin einem Kapital von fünfzig Millionen entsprach. Doch die Teuerungen für Druck- und Bindearbeiten, die mehrere tausend Prozent jährlich ausmachten, fraßen alle Einlagen auf. Bereits ein Jahr nach der Gründung verdoppelte die Gesellschaft ihr Kapital auf einhundert Millionen Kronen, zwei Jahre später wurde gar auf sechshundert Millionen erhöht. Goldene Zeiten für Verlage, hätte man meinen können. Oder nur für Spekulanten? Noch schaffte es Kola, Käufer für seine Aktien zu finden, es wurde schick, Rikola-Aktien zu zeichnen, da sie schnellen Gewinn versprachen und als sichere Anlage galten. Die beispiellose Tüchtigkeit des Gründers und das sprichwörtliche Glück in Finanzdingen verhalfen Richard Kola zu einem Ruf, der einen Aktienkauf bei Rikola unbedenklich scheinen ließ. Die mehr als reißerische Reklame tat ein Übriges; ein Merkmal der Rikola-Bücher im Allgemeinen übrigens. Inhaltlich dümpelte der Verlag vor sich hin, die Geschäfte hingegen liefen glänzend. Man spekulierte in geistigen Werten und kümmerte sich wenig darum, ob auch die Produktion des Verlages mit den emporwirbelnden Kursen im Einklang stand. Rikola wurde auf der Börse und nicht im Verlagsbureau gemacht.

„Ich erinnere mich“, sagte nun Reichner und stand kurz auf, um ein wenig umständlich in seinen Rocktaschen zu kramen. Er holte ein schmales Notizbüchlein und einen Bleistiftstummel hervor, begann zu kritzeln, dann zeigte er seinen Freunden einen glatzköpfigen, vornübergebeugten Mann, der wie ein Hai mit weit aufgerissenem Maul in ein Buch beißt. Emil Fuchs lachte über die treffende Karikatur. „Es gab noch eine andere Zeichnung“, sagte er und nahm Reichner den Stift aus der Hand. Mit schnellem Strich versuchte er sich zu erinnern.

„Alfred Gerstenbrand“, stimmte ihm Emil Fuchs zu, nachdem er Kola erkannt hatte. Die Karikatur war damals in aller Munde gewesen und zeigte einen gut gekleideten Herrn in Anzug und Krawatte, der hinter einer überdimensionalen Kaffeemühle steht und mit dem meditativen Gleichmut eines Haubenkochs seinem literarischen Handwerk nachgeht. Oben führt Kola anstelle der Kaffeebohnen Rikola-Aktien zu, die – nachdem sie im Mahlwerk verarbeitet wurden – unten als Bücher des Rikola-Verlags ausgeschieden werden. Ein Duft von Geldentwertung mit Röstaromen literarischer Banalisierung entströmte Gerstenbrands Karikatur, über die sich Reichner und Fuchs nun in der Erinnerung ein wenig freuten.

Canetti schenkte den beiden nach wie vor kaum Beachtung und schien mittlerweile mit einem Brief beschäftigt, an dem er nun schon geraume Zeit feilte. Als sein Blick auf die Karikatur Kolas fiel, lachte er aber doch kurz auf. Dann wurde er ernst und erinnerte die beiden, dass nicht alles dumm und bedeutungslos war, was der Rikola Verlag so veröffentlicht hatte. Mit einem Lächeln kramte Canetti in seinem Gedächtnis und förderte zutage, welch abstruse Werbeschienen Rikola gefahren war, um seine Bücher an die Kunden zu bringen. Von wegen Frauenzimmer Almanach; Canetti hatte die Nebenbemerkung nicht vergessen und plauderte jetzt im ironisch-ernsthaften Ton eines Werbemannes, der das Blaue vom Himmel herunterlügt. Erinnern Sie sich …, begann er nasal schmeichelnd, während Fuchs und Reichner sich bemühten, nicht herauszuprusten, … an eine Zeit, als Rikola-Bücher das A und O des deutschen Lesers waren, aus keiner Hausbibliothek von Wien bis Wladiwostock wegzudenken, meine Damen und Herren, als man in allen Wiener Kinos ein reizendes Bild vorüberflimmern sah, dem man sich nicht entziehen konnte? Canetti machte eine effektvolle Pause, strich sich theatralisch durch den Bart und fuhr in der Manier eines Zirkusdirektors fort. Verschwörerisch rieb er Daumen und Zeigefinger aneinander und lockte seine beiden Zuhörer mit gedämpfter Stimme in eine Zeit der Wirtschaftswunder, so plastisch ließ er die damalige, den Heutigen mehr als lächerlich erscheinende Werbung vor dem geistigen Auge erstehen. Man stelle sich vor, geneigtes Publikum, der Lärm der Straße bleibt vor der Tür, das Knistern der Röcke ist verstummt und die Zigarrenwolken der würdigen Herren in den ersten Reihen vernebeln gnädig das Gesichtsfeld, die Lichter gehen aus und die Platzdamen versorgen noch die letzten Kunden mit Getränken, die Musik wird lauter und der Vorhang geht auf, die Wochenschau beginnt, man staunt, man raunt, man wundert sich und zündet sich noch rasch eine eigene Zigarette an, da flimmert es kurz auf der Leinwand, und die allerneuesten Werbeanzeigen werden affichiert, mit Bewegtbildern, wohlgemerkt, so modern ist man heute …, Canetti schüttelte treuherzig den Kopf und fuhr betont ernst fort, … modern, meine Herren, und lasziv. Eine kurzberockte Dame sitzt in einem Klubfauteuil und räkelt sich, aus dem Off die bescheidene wie aufreizende Erklärung: „Jeder Kavalier schenkt seiner Dame den Frauenzimmeralmanach des Rikola-Verlages.“ Canetti deutete ironisch an, sich ein Monokel auf die Nase zu setzen, denn wissen Sie, werte Leserinnen und Leser, die Rikola AG könnte Ihnen auch Schrauben oder die Original Neapolitaner Schnitte No. 239 verkaufen, das p. t. Publikum würde bei dem ganzen Honig, den wir ihm ums Maul schmieren, gar nicht bemerken, ob unsere Waffel über die üblichen vier Lagen Streichmasse zwischen fünf Lagen Waffeln verfügt, noch ob das Gesamtgewicht dieses Kunstwerks die exakt angegebenen 7,5 Gramm pro Schnitte erreicht

Reichner und Fuchs lagen sprichwörtlich unterm Tisch, als Canetti von lautem Applaus unterbrochen wurde. Kola hatte am anderen Ende des Raumes seine Papiere zusammengerafft und war müde zu seinem Platz zurückgekehrt. „Man munkelt, er mache nun in Patenten“, warf Herr Rudolf ein, der zum Tisch getreten war. – „Ebenso gut wie in Büchern hätte Herr Kola in Parfum oder in Damenunterwäsche machen können, die Börse hätte es ihm verziehen“, ergänzte Fuchs. – „Nicht aber das literarische Publikum“, kommentierte Canetti trocken, ehe Reichner, der seine Taschen erneut nach etwas absuchte, schnippisch ergänzte: „Oder Kräuterzucker.“

Dabei wäre dieser Richard Kola, dessen Karriere nach dem Großen Krieg einen ebenso wunderlichen wie nahezu unaufhaltsamen Aufstieg nahm, ein guter Untertan gewesen. Wie im gleichnamigen Roman von Heinrich Mann wären auch die Episoden aus dem Leben des Richard Kola Stoff für einen Roman gewesen, ein Herbarium des deutschen Mannes, wie Tucholsky schriebe, wäre Richard Kola nur Arier gewesen. Dann wäre seine seltsame Utopie eines österreichischen Großverlags vielleicht geglückt.

„Und den haben dann wir gegründet“, vollendete Reichner ironisch die Gedanken seines Lektors, aber Fuchs winkte ab. Dieser Richard Kola, der so eingefallen, als Schatten einstiger Größe an seinem Tischchen in der anderen Ecke des Raumes saß, tat ihm leid. Canetti sah von seinem Brief auf und schob Reichner eine Bewerbung von Hermann Broch zu, was so viel bedeuten sollte wie Drucke er. Broch hatte zum runden Geburtstag von James Joyce einen kurzen Text verfasst, der als Broschüre erscheinen sollte. Walter Benjamin würde mit dem Büchlein nicht zufrieden sein und – bereits im Exil – schreiben: Es kommt hinzu, daß die methodische Schulung des Autorsfür die Behandlung seines schwierigen Gegenstandes nicht ausreicht. Seine Definition der totalitätserfassenden Dichtung, „die über jeder empirischen oder sozialen Bedingtheit steht und für die es gleichgültig ist, ob der Mensch in einer feudalen, in einer bürgerlichen oder in einer proletarischen Zeit lebt“, beweist das.