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FÜR KURZ- UND LANGDISTANZ

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

 

 

© spomedis GmbH, Hamburg 2014

 

Fotos: Frank Wechsel sofern nicht anders angegeben; Nina Kuhn (Bild 1); Silke Insel (Umschlagfoto, Bild 2, Bild 3, Bild 4, Bild 5); Colnago (Bild 6); Michael Rauschendorfer (Bild 7); Volker Boch (Bild 8)

 

Lektorat: Anna Gutjahr

Redaktionelle Mitarbeit: Fabian Fiedler

Korrektorat: Manfred Pötzscher

Layout und Satz: Melanie Trommer

 

ISBN 978-3-95590-045-8

 

www.spomedis.de

Einführung

Einführung

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

uns Triathleten verbindet der gemeinsame Spaß am Training, aber auch die Leidenschaft am Kräftemessen – sei es mit der Konkurrenz im Wettkampf, mit den Athleten der eigenen Altersklasse, mit gemeinsamen Trainingspartnern oder mit dem inneren Schweinehund. Welches Ziel jeder einzelne von uns auch hat, eines haben wir alle gemeinsam: Um für ein Rennen auf den Punkt fit zu sein, opfern wir viele Wochen, Monate oder gar Jahre harten Trainings. Erinnern Sie sich an das letzte Mal, als sich alles ausgezahlt hat und Sie überglücklich in den Zielkanal eingebogen sind? Es war ein überwältigender Moment, der Sie sämtliche vorangegangen Strapazen vergessen ließ und für immer in Ihrem Gedächtnis bleiben wird.

Auf der anderen Seite ist es einfach zum Verzweifeln, wenn es im Wettkampf nicht so läuft, wie Sie sich das vorgestellt haben. Frustration und Zweifel sind dann vorprogrammiert: War nun die ganze Vorbereitung umsonst? Wie konnte das passieren? Sie waren top vorbereitet, haben gewissenhaft den Trainingsplan befolgt, und es hätte eigentlich perfekt laufen müssen. Leider kollidieren die Vorstellungen und Wünsche der einzelnen Athleten häufig mit der harten Realität des Wettkampfs. Ein gutes Training hinzulegen, ist eine Sache. Im Wettkampf müssen Sie jedoch über drei Disziplinen und zwei Wechsel hinweg konzentriert bei der Sache bleiben und dürfen sich nicht von anderen Athleten oder der adrenalingeladenen Wettkampfatmosphäre aus der Ruhe bringen lassen. Denn wenn im Rennen etwas schiefgeht oder Sie Fehler machen, wird sich das gnadenlos bei Ihrer Finisherzeit bemerkbar machen. Im Gegensatz zum Training haben Sie im Rennen keine zweite Chance. Wie kommt es nun aber, dass wir mit der gesamten Wettkampfsituation oft überfordert sind?

Ein häufiger Fehler: Athleten haben sich vorab nicht genügend mit dem Wettkampfablauf, mit den sich ständig verändernden Situationen und den sich daraus ergebenden Handlungsstrategien auseinandergesetzt. Dabei geht es nicht darum, sich mit unfairen Tricks Vorteile gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. Das Ziel ist vielmehr, dass ein Athlet sich vor dem Wettkampf sportlich und mental so einstellt, dass er aus jeder Situation im Rennen das Beste machen kann. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Wettkampferfahrung, also die Übung. Während Triathleten unzählige Male im Jahr Schwimmen, Radfahren und Laufen trainieren, wie oft trainieren sie das eigentliche Wettkämpfen? Doch nur im Rennen selbst. Die gute Nachricht lautet: Mit diesem Buch können Sie sich auf den Wettkampfablauf und mögliche Situationen vorbereiten, und mit jedem Rennen, das Sie absolvieren, werden Sie etwas dazulernen.

In diesem Buch finden Sie eine umfangreiche Sammlung an Strategien, Taktiken, Anleitungen und Tipps für den Wettkampf, die Ihnen helfen werden, Ihre Bestleistung zu erzielen.

Konzentrieren Sie sich anfangs auf die wichtigsten Dinge und versuchen Sie nicht, alles sofort und auf einmal in die Tat umzusetzen. Am Ende eines jeden Kapitels finden Sie wettkampfspezifische Trainingseinheiten, die Sie auf genau die Anforderungen vorbereiten, die im Rennen auf Sie zukommen. Trainieren Sie in Zukunft vermehrt Triathlon und nicht nur Schwimmen, Radfahren und Laufen. Ihre Wettkampfzeit wird sich dadurch signifikant verbessern.

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AUSZUG AUS DER DTU-SPORTORDNUNG

D VERHALTEN DER WETTKAMPFTEILNEHMER

D.1 Allgemeines

Bei Triathlon, Duathlon, Winter-Triathlon, Cross-Triathlon, Aquathlon und Swim and Run und verwandte Multisportarten starten viele Wettkampfteilnehmer, die sich gleichzeitig und teilweise auf engstem Raum im Wettkampf bewegen. Renntaktik spielt dabei eine wichtige Rolle.

a) Oberste Grundsätze sind sportliche Fairness und die Einhaltung der Regeln. Es ist verboten, sich unter Verletzung dieser Grundsätze Vorteile zu verschaffen.

b) Jeder Teilnehmer ist für die technische Sicherheit seiner Ausrüstung selbst verantwortlich und hat darauf zu achten, dass sie den Regeln entspricht.

c) Die Teilnehmer dürfen sich gegenseitig weder behindern noch gefährden oder im Wettkampfablauf stören.

Schwimmen

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Schwimmen

Das Schwimmen stellt den Auftakt des Wettkampfs dar. Meist früh am Morgen zu ungewohnter Tageszeit. Während noch Nebel aus dem See aufsteigt, finden die ersten Sonnenstrahlen ihren Weg zum Ort des Geschehens. Die Stimmung ist im Allgemeinen angespannt, und die Athleten nutzen die letzten Minuten, um noch einmal in sich zu gehen. Als es durch die Lautsprecherboxen dröhnt: „Noch zehn Minuten bis zum Start“, steigt Ihr Puls plötzlich noch um ein paar weitere Schläge. Das Vorstartfieber hat Sie fest im Griff.

Schwimmstart

Im Allgemeinen gilt: Je mehr Athleten gleichzeitig ins Wasser steigen, umso größer wird das Gerangel nach dem Startschuss sein. Wenn Ihnen diese Situation nicht behagt, dann empfehle ich Ihnen Wettkämpfe, in denen in mehreren Wellen gestartet wird.

Tipp

Gehen Sie nach dem Einschwimmen noch einmal kurz an Land und drücken Sie das Wasser, das sich bis dahin im Inneren Ihres Neos gesammelt hat, unten am Beinabschluss raus. Ihr Neo wird Ihnen nun wie eine zweite Haut am Körper kleben und während des Rennens weniger Wasser aufnehmen.

Für Einsteiger und Fortgeschrittene gilt gleichermaßen: Wärmen Sie sich vor dem Start ausgiebig auf. Dies hat größere Auswirkungen auf Ihre Schwimmzeit, als Sie vielleicht denken! Besonders Ihre Schultern sollten warm sein, da sie von Anfang an gegen den Widerstand des Neoprenanzugs arbeiten müssen. Je kürzer und intensiver das Schwimmen, desto mehr Zeit sollten Sie ins Aufwärmen investieren. Optimal ist ein Einschwimmen vor dem Start für 10 bis 15 Minuten. Wenn das nicht möglich ist, dann nutzen Sie zumindest ein Zugseil oder kreiseln Sie Ihre Schultern zum Aufwärmen über einen längeren Zeitraum. Außerdem können Sie sich ruhig ein paar Meter einlaufen, damit Ihr Puls schon mal in Richtung Wettkampfniveau steigt.

 

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Startposition

Je schneller Sie schwimmen können, desto eher positionieren Sie sich in der Mitte des Startfelds oder auf der Ideallinie zur Boje beziehungsweise zum Ziel und vorn in den ersten Reihen. Sie sollten in der Lage sein, bei einem sehr hohen Anfangstempo mitzuhalten und dann in Ihren gewohnten Schwimmrhythmus zu fallen, sobald sich die Situation beruhigt hat. Dies erfordert nicht nur eine gute Laktattoleranz, Sie sollten im Training auch regelmäßig Einheiten durchführen, bei denen Sie diese Startsituation simulieren. Eine solche Startposition hat nicht nur den Vorteil, dass Sie den kürzesten Weg zurücklegen können, Sie sind außerdem recht bald aus dem Startgedränge heraus und können sich auf Ihr (schnelles) Schwimmen konzentrieren.

Je langsamer Sie schwimmen, desto eher sollten Sie sich am Rand des Startfelds und in den hinteren Reihen einen Platz suchen. Das ist vor allem sinnvoll, wenn für Sie der Spaß an erster Stelle steht oder Sie zum ersten Mal bei einem Triathlon starten – denn Spaß werden Sie in der Mitte und in den ersten Reihen vergeblich suchen. Nicht umsonst spricht man beim Schwimmstart auch von der gefürchteten „Waschmaschine“: Das Wasser brodelt, es spritzt in alle Richtungen, man sieht kaum etwas und fängt sich Tritte und Schläge der anderen Athleten ein. Hinzu kommt, dass eine Startposition relativ weit vorn schnell dazu verleitet, ein viel zu hohes Anfangstempo anzuschlagen, das Sie womöglich nicht einmal für ein paar Hundert Meter durchstehen können. In der Mitte können Sie sich dem kaum entziehen, wenn Sie nicht einfach überschwommen werden wollen. Der Nachteil an der äußeren und hinteren Startposition ist, dass Sie wahrscheinlich ein paar Meter mehr schwimmen werden, da Sie sich nicht ganz auf der Ideallinie befinden oder weiter von der Startlinie entfernt sind.

 

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AUSZUG AUS DER DTU-SPORTORDNUNG

F DAS SCHWIMMEN

F.3.1 Kälteschutzanzüge / Neoprens

Die maximale Gesamtmaterialstärke eines Neoprenanzuges darf 5 mm nicht überschreiten und er darf aus nicht mehr als 3 Einzelteilen bestehen, und zwar einer Gesichtsmaske, einem Oberkörper- und einem Unterkörperteil. Kälteschutzanzüge (Neoprens) und Schwimmanzüge dürfen nicht übereinandergetragen werden.

Wasserstart

Bei dieser Startvariante befinden sich alle Athleten bereits im Wasser. Nehmen Sie hier rechtzeitig Ihre Position ein, da Sie oft noch ein paar Meter zur Startlinie schwimmen müssen. Und dort sollten Sie angekommen sein, bevor der Startschuss ertönt. Bestenfalls liegen Sie kurz vorm Startschuss bereits flach im Wasser. Beginnen Sie mit ein paar sehr kräftigen Kraulbeinschlägen, um schnell auf Wettkampfgeschwindigkeit zu kommen. Sprints im Schwimmen kommen immer aus dem Beinschlag heraus.

Landstart

Hier befinden sich die Athleten noch an Land. Je flacher das Wasser anfangs ist, desto mehr Schwimmmeter können Sie sich sparen: Laufen Sie mit hohen „Storchenschritten“ ins Wasser, schwingen Sie Ihre Beine etwas seitlich nach vorn. Stellen Sie sich vor, Sie hätten extreme X-Beine. Je weniger Widerstand Sie erzeugen, desto besser. Sobald das Wasser deutlich über die Knie reicht, vollführen Sie Hechtsprünge. Dabei hechten Sie nach vorn ins Wasser, als wenn Sie einen Kopfsprung aus dem Stand absolvieren würden. Am Grund angekommen stützen Sie sich mit den Händen kurz ab und ziehen die Beine unter den Körper. Dann stoßen Sie sich wieder nach oben ab und vollführen den nächsten Hechtsprung. Machen Sie dies so lange, bis das Wasser tief genug zum Schwimmen ist. Auf diese Art bewegen Sie sich im flachen Wasser deutlich schneller fort, als wenn Sie direkt losschwimmen würden. Dieselbe Strategie wenden Sie natürlich auch unmittelbar vor dem Schwimmausstieg oder bei Landgängen an.

Bei meinem Start beim Ironman Südafrika 2008 wurden damals zwei Runden geschwommen. Das Wasser am Einstieg war sehr flach, und das über fast 150 Meter. Kurz vor dem Landgang schwamm ich komfortabel in einer kleineren Gruppe mit einigen weiblichen Profis. Diese rannten die 200 Meter Landgangstrecke über den Sand allerdings in einem wahnsinnigen Tempo. So verlor ich den Anschluss und lag beim Betreten des Wassers fast 50 Meter zurück. Während die Gruppe vor mir sofort zu schwimmen begann, vollführte ich Hechtsprünge, schloss zur Gruppe auf, überholte sie und musste dann sogar noch kurz warten, bis sie mich wieder einholten, um mich dann wieder hinten dranzuhängen.

 

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Pontonstart

Zu einem Pontonstart kommt es bei Jedermannrennen eher selten. In dem Fall ist das Starterfeld sehr klein, und alle starten den Wettkampf mit einem Kopfsprung von einem schwimmenden Ponton aus. Oft werden hierbei die Startplätze vorab zugeteilt, siehe Rennen der ITU World Triathlon Series. Für gute Schwimmer gilt: Wenn möglich suchen Sie sich eine Startposition auf der kürzesten Linie zur ersten Boje und stellen sich bewusst neben anderen schnellen Schwimmern auf, von denen Sie speziell in der Startphase profitieren können. Dazu mehr im Abschnitt „Drafting“. Nach einem zu defensiven Start laufen Sie bei einem kleinen Starterfeld nämlich Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Seien Sie darauf gefasst, dass der Ponton – wenn alle einen Schritt nach vorn zum Rand machen – sich zur Seite neigt. Sie möchten sich bestimmt die Peinlichkeit ersparen, kopfüber ins Wasser zu purzeln. Gehen Sie in Schrittstellung, um stabil zu stehen. Zögern Sie außerdem nicht zu lange mit dem Startsprung. Unmittelbar nach dem Startschuss, wenn alle Athleten sich gleichzeitig vom Ponton abstoßen, kommt es zu einem starken Rückstoß. Wer dann noch auf dem Ponton steht, gerät schnell aus dem Gleichgewicht.

Profi-Tipp: Steffen Justus – Startposition auf dem Ponton

Steffen Justus Startposition auf dem Ponton

Während das Schwimmen für viele Triathleten eher lästige Pflicht ist, die es irgendwie zu überstehen gilt, ist die Auftaktdisziplin für die Kurzdistanz-Triathleten aus der Weltmeisterschaftsserie der ITU oftmals bereits vorentscheidend: Denn wer unmittelbar nach dem Schwimmen nicht in der Spitzengruppe fährt, hat meist große Probleme, wieder aufzuschließen. Etwas, was auch Olympionike Steffen Justus in über zehn Jahren auf höchster ITU-Ebene mühsam lernen musste. „Die ersten 20 bis 80 Meter sind in der WM-Serie entscheidend“, meint der Thüringer. „Nach der ersten Boje passiert in den Positionierungen im Grunde nichts mehr – von da an wachsen die Abstände eigentlich nur noch.“ Weil jeder der Konkurrenten diese ersten Meter „voll anschwimmt“, erhält die Wahl des Platzes für den Startsprung vom Ponton eine enorme Bedeutung: Dem WM-Ranking nach werden die Athleten am Wettkampftag zum Start gerufen und dürfen ihren Platz frei wählen. „Man kann dann immer beobachten, wie sich zuerst die Außenseiten füllen, die Mitte bleibt lange leer“ – weil dort das Gedränge natürlich am höchsten ist, erzählt Justus. „In vielen Rennanalysen haben wir festgestellt, dass es an der Boje oft nur ein oder zwei Meter sind, die den Unterschied ausmachen, ob man in der Spitzengruppe bleibt oder abfällt“, sagt er. Deshalb stellt er selbst sich am liebsten auf die Innenseite, mit dem kürzestmöglichen Weg zur Boje. Ist die bereits zu voll besetzt, sucht Justus nach guten Schwimmern, von denen er profitieren kann. „Ein anderer Aspekt ist – neben der Strömung, die in manchen Rennen auch schon Unterschiede ausgemacht hat – die Frage, zu welcher Seite man am liebsten atmet“, sagt Justus. „Ich nutze das gerne, um das Feld zu beobachten.“

 

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