cover

MICHAEL KRELL

MIT ANDREAS KRAUS

THIATHLON

TRAININGSEINHEITEN

FÜR DIE LANGDISTANZ

 

 

Image - img_03000001.png

Vorwort

Liebe Triathletin, lieber Triathlet,

als Autor freue ich mich, dass Sie sich für dieses Buch entschieden haben. Vor vier Jahren schrieb ich die „Triathlon-Trainingseinheiten für Berufstätige“ – ein Buch, das inzwischen in der sechsten Auflage erschienen ist und zu dem mich noch heute eine erfreuliche Resonanz erreicht. Die vielen Fragen und Anregungen ließen in mir den Gedanken keimen, ein weiteres Werk zum Thema zu schreiben. Und so habe ich beschlossen, ein Buch speziell für das Langdistanztraining zu verfassen.

Dabei möchte ich Wege aufzeigen, wie Sie sich als berufstätige Athletinnen und Athleten effizient und effektiv auf Ihr Saisonhighlight vorbereiten können. Denn nach meiner Erfahrung mangelt es Ihnen so gut wie nie an Motivation oder Trainingsfleiß, sondern schlichtweg an Zeit für das Training und die Regeneration. Auch wenn die Langdistanz eine hohe Grundlagenausdauer verlangt, so heißt dies nicht, dass Sie unbedingt so viel wie möglich trainieren müssen. Hier gilt, ebenso wie in vielen anderen Lebensbereichen, das Prinzip „Qualität vor Quantität“. Das Training für die Langstrecke unterscheidet sich vom Kurzdistanztraining insbesondere in der Intensität. Aufgrund der vergleichsweise niedrigeren Geschwindigkeit auf der Langdistanz kann und sollte häufig in Wettkampfintensität trainiert werden.

Dem Schwimmen wird in diesem Buch besondere Aufmerksamkeit gewidmet, da gerade in dieser Disziplin viel Zeit und Energie mit ineffektivem Training vergeudet wird. Dafür habe ich mir Verstärkung geholt: Andreas Kraus ist ehemaliger Leistungsschwimmer und heute erfolgreicher Schwimmtrainer in Nürnberg. Mit ihm arbeite ich seit Jahren zusammen. Auf der Basis seiner langjährigen Erfahrung, zahlreicher Gespräche mit Athleten und Trainern, vieler Versuche, Selbsttests und umfassender Literaturrecherche hat er ein Schwimmprogramm entwickelt, das sich als äußerst effektiv herausgestellt hat – und das mit erstaunlich wenig Trainingszeit pro Woche. Lassen Sie sich überraschen!

Was im Schwimmen gilt, kann natürlich auch in den anderen beiden Disziplinen angewandt werden: Wagen Sie sich an neue Trainingsprogramme. Nur wenn Sie Ihr Training variieren, können Sie auf Dauer Ihr volles Potenzial ausschöpfen. Im Gegensatz dazu führt das Abspulen immer gleicher Trainingseinheiten zwangsläufig zu Stagnation und Langeweile. Mit Abwechslung im Training erhöhen Sie außerdem den Spaßfaktor und steigern Ihre Motivation für das tägliche Training.

In diesem Buch finden Sie dafür zahlreiche Einheiten, die Sie in Ihr tägliches Training einbauen können. Aber damit nicht genug! Nachdem sich beim letzten Buch so viele Leser einen Trainingsplan gewünscht haben, in dem die Einheiten zusammengefasst werden, bündeln wir in diesem Werk alle Programme zu kompletten Trainingsplänen. Diese finden Sie auf den letzten Seiten. Bevor Sie jetzt direkt zu den Trainingseinheiten springen, nehmen Sie sich aber unbedingt Zeit für die Einführungskapitel, in denen wir die Grundlagen zum vorgestellten Trainingskonzept erklären.

 

Viel Spaß beim Lesen und Trainieren!

 

Michael Krell

TRIATHLONTRAINING
FÜR DIE
LANGDISTANZ

Das vorliegende Werk ist eine Sammlung von hocheffektiven und sehr effizienten Trainingseinheiten für das Langdistanztraining. Zu Beginn möchten wir einige uns wichtige Punkte ansprechen, die einem besseren Verständnis der späteren Kapitel dienen. Wir stellen Ihnen die Trainingsmethodik vor, auf der die Einheiten basieren. Bereits aus diesen ersten Kapiteln können Sie schon sehr viele Informationen für sich und Ihr persönliches Training mitnehmen. Daher empfehlen wir Ihnen, die Einführungskapitel nicht zu überspringen!

Ein wichtiger Grundsatz eines erfolgreichen Trainings ist, jederzeit zu wissen oder zu hinterfragen, warum Sie eine bestimmte Einheit absolvieren. Bleiben Sie kritisch! Nur so wird es Ihnen gelingen, auf Dauer die Qualität Ihres Trainings hochzuhalten und leere Trainingskilometer zu vermeiden. Mit den Trainingsplänen am Ende des Buchs geben wir Ihnen konkrete Empfehlungen, wann und wie häufig Sie diese Einheiten in das tägliche Training einbauen können.

Bedenken Sie außerdem, dass Ihnen prinzipiell mehr Trainingszeit zur Verfügung steht, wenn Sie sich für Wettkämpfe im späteren Saisonverlauf entscheiden. So können Sie nicht nur insgesamt Ihre Trainingskilometer erhöhen, sondern auch ein entspannteres Wintertraining absolvieren und für den Großteil Ihres Trainings die angenehme, warme Jahreszeit nutzen. Dadurch brauchen Sie auch kein Frühjahrstrainingslager, was Ihnen Urlaubszeit und Geld spart.

Wenn ein Athlet sich entscheidet, eine Langdistanz zu absolvieren, flößt ihm oftmals allein die zu bewältigende Distanz großen Respekt ein. Dies natürlich zu Recht. Allerdings sollten Sie sich davon auch nicht zu sehr beeindrucken lassen, denn die Vorbereitung auf eine Langdistanz ist kein Hexenwerk. Viele Athleten verfallen leider in das Gedankenmuster „Viel hilft viel, und mehr hilft noch mehr“. Infolgedessen konzentrieren sie ihr Training massiv auf den Grundlagenbereich, in dem sie unzählige Kilometer im immer gleichen Tempo abspulen.

Ein solches Training setzt den Körper natürlich auch gewissen Reizen aus, auf die dieser reagiert und sich anpasst. Wenn nun also viel im immer gleichen, lockeren Tempo trainiert wird, dann passt er sich genau darauf an. Der Athlet ist dann in der Lage, lange Strecken im lockeren Tempo durchzustehen. Allerdings ist die Langdistanz trotz ihrer Dauer immer noch ein Rennen, und die meisten Athleten möchten nicht nur finishen, sondern die Distanz im für sie schnellstmöglichen Tempo absolvieren. Dies ist und bleibt eine Grenzerfahrung, in der man sich körperlich und mental am Limit bewegt. Ich persönlich möchte eine Langdistanz daher auch keine Minute länger „genießen“ als unbedingt notwendig.

Den allermeisten Triathleten fehlt es nicht an Grundlagenausdauer für die Langstrecke, sondern an Kraftausdauer und Tempo. Kraftausdauer ist entscheidend, um stundenlang einen „dicken Gang“ drücken oder eine gute Lauftechnik bis zum Ende des Marathons aufrechterhalten zu können. Tempo wiederum bedeutet, dass Sie an der aeroben Schwelle eine hohe Geschwindigkeit realisieren können. Fast immer haben Athleten hier Defizite.

Gerade Triathleten in fortgeschrittenen Jahrgängen sollten sich dies zu Herzen nehmen und stets auch an der Kraft und dem Tempo arbeiten, da der Körper im fortgeschrittenen Alter Muskelmasse abbaut. Dem kann mit gezieltem Training entgegengewirkt werden. Die Grundlagenausdauerfähigkeiten akkumulieren sich hingegen im Verlauf eines Athletenlebens. Aus diesem Grund tendieren Athleten mit steigendem Alter auch zu immer längeren Wettkampfstrecken.

TRAININGSPRINZIPIEN

Im Folgenden möchten wir die Verständnisgrundlagen für unser Trainingsprogramm schaffen. Beginnen wir, indem wir ein klassisches Langdistanztraining betrachten, wie es seit Jahrzehnten Anwendung findet: Nach einer Saisonpause steigt der Athlet ein und trainiert von November bis April hauptsächlich im Grundlagenbereich. Anschließend baut er von Mai bis Juni Tempotraining ein und startet Anfang Juli auf seiner Langdistanz. Danach nimmt der Athlet noch ein paar Rennen mit, um seine Form zu nutzen, und geht im Anschluss allmählich wieder in die Saisonpause.

Bei einem solchen Training finden wir viel verschenktes Potenzial. Überlegen Sie sich, dass ein Athlet mit einer solchen Vorgehensweise im Jahr nur zwei Monate (!) effektiv an seiner Tempoentwicklung arbeitet. Für den Athleten wird es auf diese Weise schwierig, über die Jahre sein volles Potenzial zu entfalten – beziehungsweise es nimmt sehr viel Zeit in Anspruch.

Image - img_03000002.png

Gegenüberstellung der Trainingszyklen eines Hobbyathleten mit einer Langdistanz im Jahr und eines Profiathleten mit zwei bis drei Langdistanzen. Es wird deutlich, dass der Profiathlet mehrere Tempophasen und daher deutlich mehr intensives Training absolviert, was letztlich auch ein entscheidender Faktor für die Ausbildung des Grundtempos ist.

Aus diesem Grund sollten wir uns weniger am Jahreskalender, sondern mehr an den Trainingszyklen orientieren. Ein Trainingszyklus umfasst den kompletten Zeitraum vom Beginn der Vorbereitung bis zum Hauptrennen.

Hier können wir uns auch einiges vom Training der Profis abschauen. Diese absolvieren in der Regel mehrere Langdistanzen, also auch mehrere Trainingszyklen im Jahr. Allein deswegen sind ihre Trainingszyklen meist deutlich kürzer als zehn bis zwölf Monate. Normalerweise reichen den meisten Profis drei Monate aus, um sich auf ein Rennen vorzubereiten: sechs Wochen vorwiegend Grundlagentraining und sechs Wochen Tempotraining. Zum einen besitzen sie durch das jahrelange Training ein sehr hohes Grundniveau, auf das sich schnell aufbauen lässt, und zum anderen sind sie es gewohnt, hohe Umfänge zu absolvieren, und können dies auch verkraften.

Je nach Leistungsstand reichen auch für Nicht-Profis sechs bis zehn Wochen aus, um sich eine exzellente Grundlagenbasis zu erarbeiten. Je leistungsstärker Sie sind und je mehr Wochenstunden Sie realisieren können, desto schneller erreichen Sie diesen Zeitpunkt.

Was nach der Ausbildung der Grundlagenbasis passiert, kennen Sie vom Effekt des abnehmenden Grenznutzens: Alles weitere Training in diesem Bereich bringt Ihnen keinen nennenswerten Leistungszuwachs mehr. Im Gegenteil – irgendwann stagniert die Leistung und fällt sogar wieder ab. Das heißt: Um die Leistung weiter zu steigern, benötigt der Körper neue Trainingsreize.

Jetzt müssen Sie es natürlich nicht den Profis gleichtun und mehrere Langdistanzen im Jahr angehen, Sie können auch so von einer Neuordnung Ihres Trainingszyklus profitieren. Grundsätzlich bietet es sich an, Ihre Trainingszyklen zu verkürzen, um eine stetige Leistungssteigerung zu erzielen. Dies bedeutet, dass Sie anstatt eines großen Trainingszyklus zwei oder drei in der gleichen Zeit durchlaufen. Dies erkläre ich im Folgenden anhand einer Trainingssaison.

Trainingsperiodisierung wie ein Profi

Die Idee, den Körper immer neuen Reizen auszusetzen, hat der sechsfache Ironman-Hawaii-Sieger Mark Allen auf die Spitze getrieben, und zwar schon Ende der Achtzigerjahre. Zu Allens Zeiten war weitaus weniger Trainingswissen vorhanden als heute. Viele Athleten wussten damals kaum etwas über Trainingslehre und gingen häufig nach dem Trial-and-Error-Prinzip vor. Als Allen damals einen der ersten Pulsmesser in die Hände bekam, entwickelte er einen simplen Test, den auch heute jeder Athlet ohne Probleme durchführen kann. Er absolvierte jede Woche einen 8-Kilometer-Testlauf, den er genau auf 150 Pulsschlägen lief, das heißt, auf seiner aeroben Schwelle bei circa 80 bis 82 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Die aerobe Schwelle markiert gleichzeitig das maximal mögliche Langdistanztempo. Darüber hinaus wird der Anteil der Fettverbrennung zu klein, um das Tempo über die komplette Wettkampfdauer aufrechterhalten zu können.

Nach einer zweimonatigen Saisonpause begann Allen jede neue Saison mit ausführlichem Grundlagentraining. Dabei hielt er seinen Puls stets unterhalb seiner aeroben Schwelle, unter 150 Schlägen pro Minute. In seinem wöchentlichen Testlauf konnte er nun sehen, dass er bei gleichbleibendem Puls immer schneller wurde und seine Laufgeschwindigkeit sich erhöhte. Nach einer Weile allerdings stagnierte das Tempo im Test oder ging sogar zurück. Wenn dies über zwei bis drei Wochen der Fall war, wusste er, dass sein Grundlagentraining ausgereizt war. Nun begann Allen mit dem Tempotraining und baute pro Disziplin und Woche eine intensive Intervalleinheit ein. Dabei stellte er fest, dass sich seine Geschwindigkeit im Testlauf wieder erhöhte und er die Stagnation überwand. Nach einiger Zeit aber stagnierte auch hier seine Geschwindigkeit, woraufhin er wieder zum Grundlagentraining zurückkehrte.

Diesem Zeitpunkt misst Allen große Bedeutung bei, da die allermeisten Athleten hier die falsche Schlussfolgerung ziehen und versuchen, noch mehr Intensität in ihr Training zu bringen. Dies funktioniert aber nicht und endet in Überlastung und Verletzungen. Denn auch an dieser Stelle hat der Körper den intensiven Trainingsstimulus ausgereizt und benötigt andere Reize, um ein höheres Leistungsniveau zu erreichen.

Über die Jahre steigerte Mark Allen auf diese Weise sein aerobes Tempo (Puls  < 150 Schläge pro Minute) auf 3:19 Minuten pro Kilometer. Bis 2016 hielt er den Laufrekord beim Ironman Hawaii mit einer offiziellen Zeit von 2:39 Stunden (die sogar noch den zweiten Wechsel beinhaltete). Wer sich weiter mit Allens Trainingsstrategie befassen möchte, kann in dem Buch „The Lore of Running“ von Tim Noakes mehr darüber erfahren.

VERKÜRZUNG DER TRAININGSZYKLEN

Nach dem Abschluss einer Saison – also meist nach Ihrem Hauptrennen – ist es wichtig, dass Sie eine Pause einlegen und Ihrem Körper die notwendige Ruhe gönnen. So können Verletzungen ausheilen und Sie sich vollständig erholen. Gerade nach einer gelungenen Langdistanz ist die Gefahr hoch, dass ein Athlet zu früh wieder ins Leistungstraining einsteigt. Dabei ist nicht nur die körperliche Erholung wichtig, sondern auch die mentale. Es bedarf einer Pause, um den Kopf freizubekommen und die Motivation wiederherzustellen, die am Ende einer langen Saison oft leidet. Sobald Sie richtig „Hunger“ auf das Training bekommen, ist es an der Zeit, wieder einzusteigen – vorher nicht. Der Zeitraum kann drei Wochen bis zwei Monate dauern. In dieser Zeit sollte lediglich „Bewegungstherapie“ auf dem Programm stehen. Das bedeutet, dass der Trainingsumfang um etwa zwei Drittel gekürzt wird und hauptsächlich im Grundlagenbereich stattfindet. Trainieren Sie nach Lust und Laune, ohne Druck auszuüben.

Anschließend beginnen Sie mit dem Grundlagentraining. Dabei konzentrieren Sie sich anfangs auf die Technik und das Wiederherstellen eines regelmäßigen Trainingsrhythmus. Normalerweise benötigt man eine oder zwei Wochen, bis sich alles eingespielt hat. Wenn Sie wieder im regelmäßigen Trainingsmodus sind, konzentrieren Sie sich auf die Ausbildung einer stabilen Grundlagenbasis und arbeiten hauptsächlich im aeroben Bereich beziehungsweise unterhalb der aeroben Schwelle. Die aerobe Schwelle befindet sich bei etwa 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz und ist gleichzusetzen mit Ihrem maximal möglichen Langdistanztempo. Im folgenden Kapitel gehen wir näher darauf ein. Im Training versuchen Sie, hauptsächlich unterhalb dieses Bereichs zu bleiben.

Vergessen Sie neben dem Training nicht die Erholung. Auf drei Trainingswochen sollte in der Regel eine Entlastungswoche folgen. In dieser wird der Umfang halbiert und die Trainingsinhalte werden locker bis moderat gestaltet. Dies beugt zum einen einer Überlastung oder Überforderung des Athleten vor. Zum anderen unterstützt eine Phase der Entlastung den Körper bei der Verarbeitung der Trainingsreize, was letztlich zu einem Anstieg des Leistungsniveaus führt. Um die Grundlagenphase abzuschließen, gönnen Sie sich eine Art Mini-Saisonpause von einer Woche, in der Sie deutlich unter den Umfängen einer typischen Entlastungswoche bleiben.

Danach beginnen Sie mit dem Tempotraining und planen gegen Ende dieses Zeitraums einige Wettkämpfe ein, um Ihre Form zu verwerten. Jetzt wird es wichtig! Nach dem ersten Trainingszyklus benötigen Sie eine Pause von zwei bis drei Wochen. Anschließend wiederholen Sie den Zyklus und beenden diesen mit Ihrem wichtigen Rennen, Ihrem Saisonhöhepunkt. Das heißt, anstelle eines bisher „überlangen“ Trainingszyklus trainieren Sie zwei kürzere Zyklen. Wenn Ihr Hauptrennen erst spät in der Saison ist, können es auch drei Zyklen sein. Sie sollten ungefähr mit drei bis vier Monaten pro Zyklus rechnen. Die Zyklen sollten sich im Laufe der Saison tendenziell immer weiter verkürzen. Das heißt, der erste Herbst- oder Winterzyklus ist der längste, wohingegen der letzte Zyklus, sei es der zweite oder dritte, der kürzeste ist. Mit dem genauen Aufbau beschäftigen wir uns später in den Trainingskapiteln.

Auf diese Art und Weise konfrontieren Sie Ihren Körper sehr viel häufiger mit verschiedenen Trainingsreizen und fordern ihn dadurch deutlich mehr, als er es bisher gewohnt war. Dies spiegelt sich dann natürlich auch in Ihrer Leistungsentwicklung wider. Der Schlüssel liegt dabei in den Pausen zwischen den Zyklen. Werden diese umgangen oder gekürzt, laufen Sie Gefahr, zu stagnieren oder ins Übertraining zu geraten. Begreifen Sie Ihr Training und die daraus resultierende Leistungssteigerung als dynamischen und kontinuierlich ablaufenden Prozess, in dem sich Grundlagentraining mit Tempotraining abwechselt. Dank dieser Trainingsmethodik konnten sich im Jahr 2015 gleich acht meiner Athleten über die Qualifikation für die Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii freuen.

TRAININGSSTEUERUNG & LEISTUNGSMESSUNG

Zur Trainingssteuerung bedarf es Leistungsparametern wie Puls und Watt. Um die gewünschte Umsetzung der Trainingseinheiten zu gewährleisten, definieren wir im Folgenden die dafür relevanten Leistungsbereiche. Dies schafft eine gemeinsame und notwendige Verständnisgrundlage. Angaben wie „Grundlagenausdauerbereich I (GA1)“ allein interpretiert nicht jeder Athlet auf dieselbe Weise. Aufgrund der zahlreichen Messmodelle, die es im Ausdauersport gibt, ist das auch kein Wunder! Die relevanten Schwellenbereiche werden oftmals unterschiedlich angegeben. Das können Sie gut erkennen, wenn Sie sich einmal die Mühe machen, Leistungsdiagnostiken von unterschiedlichen Laboren zu vergleichen. Die Messungen beruhen auf der Herzfrequenz und einem zweiten Wert, wie zum Beispiel Geschwindigkeit, Laktatkonzentration und Leistung (bei der Raddiagnostik). Nicht selten erhalten Sie für denselben Athleten zwei unterschiedliche Ergebnisse, je nachdem bei welchem Leistungsdiagnostiker er war. Etliche Stunden habe ich schon damit verbracht, die Ergebnisse mehrerer Labors auf einen Nenner zu bringen.

Neben diesem Problem gibt es eine Reihe anderer Punkte, weswegen Labormessungen nicht selten nur eine bedingte Aussagekraft in Bezug auf die Leistung auf der Straße haben. Beim Test fahren Sie oftmals auf einem Ergometer oder laufen auf einem Laufband.

Sobald Sie ein anderes Rad als Ihr eigenes für einen Test nutzen oder zum Beispiel das Wattmesssystem des Labors und nicht Ihr eigenes, weicht das Ergebnis ab. Jedes Wattmesssystem misst geringfügig verschieden. Die Abweichungen können dabei bis zu fünf Prozent betragen. Bei dem gängigen Schwellenwert eines ambitionierten Athleten von 250 Watt bedeutet das mitunter eine Abweichung von bis zu +/− 12,5 Watt nach oben oder unten. Das heißt, anstelle von 250 Watt könnte ein Ergebnis zwischen 237,5 und 262,5 Watt herauskommen. Eine enorme Abweichung, wenn Sie bedenken, dass 10 bis 15 Watt Leistungsunterschied bei gleichen Bedingungen eine Abweichung von einem Kilometer pro Stunde Geschwindigkeit entsprechen.

Aus dem Grund ist ein solcher Test in unseren Augen nur sinnvoll, wenn Sie dabei Ihr eigenes Rad nutzen. Nur so fahren Sie in Ihrer gewohnten Sitzposition. Dies wirkt sich ebenfalls auf die Messung aus. Wenn Sie aufrecht auf einem Rollentrainer sitzen, können Sie in der Regel mehr Watt treten als in einer aerodynamischeren und nach vorn orientierten Fahrposition, da Sie in der aufrechten Haltung Ihre Oberschenkel stärker einbringen können. Falls Sie Ihr Rad vermessen lassen haben und diese Werte auf das Ergometer beim Leistungsdiagnostiker übertragen lassen können, fahren Sie wahrscheinlich immer noch mit einem anderen Wattmesssystem und erhalten von Ihrem eigenen Rad abweichende Ergebnisse.

Ein Laufband bereitet ähnliche Probleme, da Sie stets schneller laufen können als auf der Straße. Zum einen, weil Sie durch die Bewegung des Bands bei der Abdruckbewegung automatisch unterstützt werden. Ihr Fuß wird sozusagen von allein nach hinten befördert. Zum anderen laufen Sie auf dem Laufband auf einer Fläche mit null Prozent Steigung und keinerlei Windeffekt. Um dies halbwegs korrigieren zu können, einigt man sich immer häufiger darauf, auf dem Band eine Steigung von einem Prozent einzustellen. Und letztlich wissen Sie auch nicht, wie genau das Laufband die Geschwindigkeit wiedergibt. Unterschiede von einem bis drei Kilometern pro Stunde von Band zu Band sind keine Seltenheit. Wenn Sie Labortests durchführen lassen, bleiben Sie am besten immer beim selben Institut, damit die Ergebnisse untereinander vergleichbar sind.

Aus den oben genannten Gründen führe ich mit meinen Athleten hauptsächlich Feldtests durch, die sie unkompliziert auf ihren üblichen Trainingsstrecken absolvieren können. Dies hat den Vorteil, dass sie dabei ihr eigenes Material benutzen können, diese Tests einen deutlich geringeren zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeuten und dadurch beliebig oft wiederholt werden können. Wichtig ist hierbei, dass die Voraussetzungen gleich bleiben. Nutzen Sie für jeden Test dieselbe Strecke und behalten Sie die Art der Durchführung bei. Das bedeutet konkret: Sie absolvieren den Lauftest zum Beispiel immer am Ende der Entlastungswoche am späten Vormittag. Mehr Informationen zu den Tests finden Sie ab hier.

Trotz alldem gibt es auch gute und aussagekräftige Labor-Diagnostikverfahren. Spiroergometrien sind interessant, gerade für die Langdistanz. Hierbei wird mittels Atemgasanalyse der Energiestoffwechsel abgebildet. Durch die Analyse der ein- und ausgeatmeten Luft können Sie erkennen, wie die Energiequellen Fette und Kohlenhydrate bei verschiedenen Belastungsstufen anteilig genutzt werden. Gerade auf der Langdistanz ist eine hohe Fettverbrennungsrate gleichbedeutend mit einer gleichmäßig hohen Leistung. Je höher Ihre Fettverbrennung im entsprechenden Tempobereich, desto länger können Sie Ihre Leistung halten oder ein höheres Tempo anschlagen. Dies hat den einfachen Grund, dass Sie sich auf der Langdistanz bereits nach kurzer Zeit in einem Energiedefizit bewegen und weniger Energie zuführen können, als Sie verbrauchen.

Der begrenzende Faktor sind Ihre Glykogenspeicher, die durch den Verzehr von Kohlenhydraten gefüllt werden. Glykogen kann vom Körper in der Leber und der Muskulatur nur in geringer Menge gespeichert werden und hält für eine Belastungsdauer von 60 bis 90 Minuten vor. Sind diese Speicher erschöpft, so bricht Ihre Leistung ein und man spricht von einem „Hungerast“. Aus diesem Grund müssen Sie auch bei Wettkämpfen, die länger als eineinhalb Stunden dauern, Kohlenhydrate zuführen. Fette hingegen sind bei jedem Athleten, auch bei sehr dünnen, in fast unbegrenztem Maß vorhanden. Je mehr Energie Sie demnach aus Ihren Fettdepots beziehen können, desto mehr schonen Sie Ihre Glykogenspeicher. Eine Spiroergometrie gibt also Aufschluss darüber, wie lange Sie Ihr Wettkampftempo aufrechterhalten können.

Triathlon und Herzgesundheit

Jeder Athlet sollte regelmäßig sein Herz untersuchen lassen, zum Beispiel in Kombination mit einem Belastungs-EKG. Es passieren immer wieder tragische Zwischenfälle, und zwar nicht nur im Amateurbereich, sondern selbst unter Profisportlern. Eine Herzerkrankung kann das Karriereende oder sogar Schlimmeres bedeuten. Prominente Beispiele für äußerst erfolgreiche Sportler mit lange unerkannten Herzproblemen sind zum Beispiel Normann Stadler (zweifacher Ironman-Hawaii-Sieger mit Notfall-Herz-OP), der deutsche Triathlet Steffen Liebetrau (Karriereende aufgrund von Herzproblemen und inzwischen leider verstorben) und der Däne Torbjörn Sindballe (zweifacher ITU-Weltmeister über die Langdistanz; ebenfalls Karriereende aufgrund von Herzproblemen). Eine regelmäßige Untersuchung dient der Erhaltung Ihrer Gesundheit und ist äußerst wichtig. Im Profi-Radsport ist eine solche Untersuchung einmal pro Jahr inzwischen zwingend vorgeschrieben und Voraussetzung, um eine Lizenz zu lösen. Ein Konzept, das auch der Profi-Triathlonsport übernehmen sollte.

Trainingsbereiche
und Testeinheiten