Über das Buch

 

Seit jeher waren die USA sein Sehnsuchtsort. Jetzt ist er da. In New York, der Metropole aller Metropolen, im Zentrum der Welt. Und alles ist ganz anders. In eine glänzende Zukunft wollte er aufbrechen, jetzt wird ihm klar, er muss von seinen Vorstellungen Abschied nehmen. Er steht an einem Wendepunkt seines Lebens, er taucht ein in eine Welt der Glaspaläste und der Obdachlosen, von Subkultur und Rassismus, Sex und Revolte.

Was dieser junge Mann 1967 erlebt und was er versäumt, beschreibt Armin Thurnher in diesem so ernsthaften wie ironischen Roman, der dem eigenen Leben nahe ist. Er erforscht, wie einer seine Sicht auf die Welt ändert und wie er in eine fremde Kultur initiiert wird. Aber wird er sich zum Amerikaner machen lassen?

 

 

 

Armin Thurnher

 

Fähre nach Manhattan

 

Mein Jahr in Amerika

 

 

Paul Zsolnay Verlag

 

 

VORWEG

 

Wer spricht? Ich bin es. Zu erkennen, wer dieses Ich ist, daran arbeitet mancher ein Leben lang. So ist es nur billig, dass das Publikum dieses Ich für einen anderen nehmen muss. Für einen Achtzehnjährigen, von dem ein Siebzigjähriger in Ich-Form erzählt. Können sie ein und derselbe sein?

Der junge Mann zieht in ein fremdes Land und weiß nicht recht, warum; außer dass er dort ein Königreich sucht, von dem er eine vage Vorstellung hat. Ein Land, in dem alles funktioniert, wo alles gerecht ist und kein Mangel herrscht. Ein weites Land, in dem sich jeder verwirklichen kann, in dem jeder reich werden, jeder Präsident werden kann. Ein Land ohne Parteien und Vereine, die Karriere und Laufbahn regeln. Ein Land ohne aufmerkende Nachbarschaft, die mit Kleinstadtklatsch die Räume eng macht. Ein Land voller schöner Frauen und starker Männer, voller großartiger Städte, weiter Prärien, wilder Berge, hinreißender Gedichte, zwischen zwei Ozeanen, mit der Krone aller Städte, New York. Ein Land voller Königinnen und Könige.

Mit einem Wort, unser Held sucht einen Kindertraum.

Ein vom Autor verehrter Schriftsteller und Musiker sagt, er werde seine Autobiografie nicht schreiben, weil er nicht bereit sei zu lügen. Daran soll es bei mir nicht scheitern. Glauben Sie mir also kein Wort, vor allem nicht, wenn ich »ich« sage. Zur Orientierung darf ich auf Arno Schmidt verweisen: »Ich hab immer das Gefühl, als wenn ›ich‹ mich etwa in Kopfhöhe hinter ›mir‹ befände.« Ja, so ein Ich ist etwas anderes.

 

An manches andere versuche ich mich zu erinnern. Ich sehe mich um im tiefen, dunklen Keller dieser Erinnerung und folge dem Licht meiner Phantasie, das durch die Glasziegel in der Decke fällt und einiges beleuchtet.

Vielleicht hilft ein Wort von Sławomir Mrożek, der seine Autobiografie als Therapie gegen Gedächtnisverlust nach einem Schlaganfall schrieb: »Was uns integriert, sind Gedächtnis und Sprache. Das ist das einzige Königreich des Menschen.«