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Andreas Winter

Artgerechte Partnerhaltung

Lieben ohne Stress

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Artgerechte Partnerhaltung

Lieben ohne Stress

E-Book (pdf): ISBN 978-3-86374-137-2

E-Book (epub): ISBN 978-3-86374-139-6

(Druckausgabe: ISBN 978-3-86374-136-5, 1. Auflage 2014)

Postfach 13 22, 82413 Murnau a. Staffelsee

Im Netz: www.mankau-verlag.de

Internetforum: www.mankau-verlag.de/forum

Endkorrektorat: Susanne Langer M. A., Traunstein

Gestaltung Umschlag: Andrea Barth, Guter Punkt GmbH & Co. KG, München

Idee/Konzept Covermotiv: Gerhard Albustin, Raum & Form, Winhöring

Gestaltung Innenteil: Sebastian Herzig, Mankau Verlag GmbH

Der Autor hat bei der Erstellung dieses Buches Informationen und Ratschläge mit Sorgfalt recherchiert und geprüft, dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr; Verlag und Autor können keinerlei Haftung für etwaige Schäden oder Nachteile übernehmen, die sich aus der praktischen Umsetzung der in diesem Buch dargestellten Inhalte ergeben. Bitte respektieren Sie die Grenzen der Selbstbehandlung und suchen Sie bei Erkrankungen einen erfahrenen Arzt, Psychologen oder Heilpraktiker auf.

Inhalt

Vorspiel oder „Am Anfang war das Feuer“

Zur Sache, Baby!

Was wollen Sie eigentlich von Ihrem Partner?

Erst mal richtig kennenlernen

Ich sehe was, was du nicht siehst: Projektion auf den Partner

Persönlichkeit und Charakter

Die Sternzeichen

Der Charakter

Die soziale(n) Rolle(n)

Die Spielregeln

Ein Wort über die Liebe

Der Unterschied zwischen Liebe und Verliebtheit

Physik und Liebe

Partnerschaft kann krank machen

Liebesfähigkeit kann man „reparieren“

Keine Liebe ohne Selbstliebe

Hassen heißt lieben wollen!

Angst ist das Gegenteil von Liebe

Liebe macht nicht blind, sondern schön

Bereichern oder belasten Sie?

Der Psychotipp: Säen Sie „Liebessaat“!

Sex

Warum schämen wir uns für unsere Sexualität?

Die Rolle der Biologie

Die Pille als Beziehungskiller

Sex muss spannend sein

Sind Sie „Yin-Yang-verpolt“?

Homosexualität – eine Folge der Erziehung?

Was ist männlich, was ist weiblich?

Warum ist Sex so wichtig?

Macht Fruchtbarkeit sexy?

Sexprobleme – Frigidität, Impotenz, vorzeitiger Orgasmus

SM und Co. – gibt es „kranken“ Sex?

Sexsucht und Promiskuität

Liebe und Sex – eine Einheit?

Der Psychotipp: Zeig mir, wie du tanzt, und ich sag dir, wie du im Bett bist!

Sex hält jung!

Dauerbeziehungen

Körper, Geist und Seele – die drei Säulen einer Partnerschaft

Der Psychotipp: Zeig mir, wie du aussiehst, und ich sag dir, wofür du geliebt werden willst

Wir heiraten zuerst unsere Eltern

Partnerschaftsmuster

Ehe ist eine Aktie …

Sich liebevoll trennen

… bis dass wer uns scheidet?

Eifersucht – Liebesbeweis oder Minderwertigkeitskomplex?

Wie Sie endlich Erfüllung finden!

Partnerverständnis durch Hypnose

„Bastelanleitung“ für den Traumpartner

Nicht suchen – finden lassen!

Sich öffnen, zieht mögliche Partner an

Der Psychotipp: Entschuldigen Sie sich doch mal!

Die perfekte Beziehung

„Liebeserklärung“ oder „Eine ungewöhnliche Ehe“

Ein paar Worte über die Treue

Sieben Tipps für eine glückliche Partnerschaft

Nachwort

Danksagung

Zum Autor

Ausbildung zum Coach

Weitere Bücher von Andreas Winter

Audio-CDs und DVDs von Andreas Winter

Anhang: Bestimmung des Aszendenten

Stichwortregister

Vorspiel oder „Am Anfang war das Feuer“

Dieses Buch ist eine überarbeitete und in wesentlichen Teilen ergänzte Fassung meines Buches „Liebe, Sex und Partnerschaft – Warum Erfüllung so einfach sein kann!“ aus dem Jahr 2008. Viele Leserbriefe haben mich dazu ermuntert, diesen kleinen Ratgeber nicht nur zu aktualisieren, sondern auch noch viel mehr darüber zu schreiben, wie man der Liebe einen neuen Frühling einhaucht. Dem bin ich gerne nachgekommen. Da sich dieses Buch nun aber stark von der ursprünglichen Fassung unterscheidet und sein Umfang sehr erweitert wurde, bekam es von mir auch einen neuen, passenderen Titel.

Warum der Titel „Artgerechte Partnerhaltung“? Das klingt ja fast so, als wollte ich sagen, Ihr Partner wäre gefangen, abhängig und würde darunter leiden, dass er mit Ihnen zusammen sein muss. Stimmt! Genau darum geht es. Allerdings gilt das natürlich nicht immer und in jeder Situation – schließlich lieben Sie Ihren Partner und wollen ein Stück Ihres Lebens mit ihm teilen. Sie würden ihm nicht nur die Sterne vom Himmel holen, sondern sogar versuchen, seinen Lebensstil, seine Macken, ja sogar seine Freunde zu tolerieren – so gut es geht zumindest. Gesagtes bezieht sich also nur auf die wenigen Momente der Partnerschaft, in denen bestimmte Konflikte zwischen Ihnen auftreten. Konflikte, in denen man sich übereinander ärgert. Situationen, in denen man sich fragt, ob der andere noch „ganz dicht“ ist oder man selbst vielleicht eine Meise hat. Wenn Ihre Frau Ihnen ungerechterweise unterstellt, Sie hätten etwas mit der Buchhalterin – obwohl die gar nicht in Ihr Beuteschema passt. Situationen, in denen Ihr Mann wie selbstverständlich davon ausgeht, dass Sie den Bucheckernkuchen seiner Mutter perfekt und auf Verlangen nachbacken – Arbeitsaufwand ca. 5 Stunden – anstelle zum inoffiziellen Firmendinner zu gehen, wo zugunsten eines besseren Betriebsklimas die sozialen Gefüge gemischt und neu gekittet werden. Kleine Konflikte, wie die berühmte Zahnpastatube, die SIE vorn zusammenquetscht, weil SIE dort das schnellste Ergebnis bekommt, damit allerdings SEIN „Von-hinten-aufrollen-und-bis-zum-letzten-Tropfen-ausnutzen-Sparprogramm“ zunichtemacht. Reibereien also, die wenn sie nur ausgesessen und verdrängt, aber nicht wirklich grundsätzlich gelöst werden, eine Partnerschaft schleichend und dauerhaft vergiften können. Eine vergiftete Partnerschaft ist das Gegenteil von dem, was sie eigentlich sein sollte, oder? Schmetterlinge im Bauch, Euphorie, Gemeinsamkeit, Power ohne Ende und Unzertrennlichkeit, war das nicht das Gefühl, weswegen Sie diesen Menschen nach dem ersten Frühstück nicht rausgeschmissen haben, sondern am liebsten nie wieder gehen lassen wollten? Ein Leben lang den Himmel auf Erden haben, das war der Plan, und nun haben Sie ihn an der Backe und denken: Warum hat mich keiner gewarnt? Ich persönlich glaube, dass aber genau diese Konflikte einzig und allein dadurch zustande kommen, dass wir unsere Partner nicht gut genug kennen und dass wir vielleicht manchmal selbst nicht genau wissen, wer wir wirklich sind, was wir wirklich wollen, es also möglicherweise an Selbst-Bewusstsein mangelt.

Klar: Wenn es mal „knirscht“, dann trennt man sich nicht sofort – schließlich ist Ihr Partner ja kein Tamagotchi (Sie kennen diese kleinen virtuellen Spielzeug-Haustiere aus Japan, die, wenn man sie auch nur einen Tag zu lang nicht beachtet, nicht mehr funktionieren. Alles, was man dann tun kann, ist, sie wegzuwerfen!). Aber wenn die Lösung ausbleibt, knirscht es so lange weiter, bis es kracht. Das muss nicht sein, und das will auch keiner. Wenn Sie jedoch wissen, welches „Tier“ Sie da zu Hause haben, wenn Sie selbst die Gelassenheit aufbringen, die fremdartigen Eigenschaften nicht nur zu tolerieren, sondern sogar zu akzeptieren, dann lebt es sich viel entspannter und harmonischer. Es geht also um Lieben ohne Stress.

Dieses Buch ist für Eheleute, Singles und Geschiedene, für Teenies und Senioren, für Schwule, Lesben, Heteros und Selbstmacher. Es ist ernst und humorvoll, differenziert und plakativ. Dieses Buch ist Psychologie für Partner und für die, die es werden wollen. Dieses Buch wird Sie nachdenklich, wütend und auch traurig machen, aber ohne Happy End geht keiner nach Hause – das verspreche ich Ihnen!

Das dem Buch beigefügte Audio-Coaching gehört auf jeden Fall mit zum Inhalt. Ohne das Coaching ist das Buch wie ein angerührter Kuchenteig, den Sie nicht in den Ofen schieben. Die Audio-Datei enthält ein tiefenpsychologisches Coaching-Programm, mit dem Sie ein paar Ihrer möglicherweise bislang nicht bewussten Eigenschaften entdecken und ergründen können. Damit gelingt es Ihnen, Ihre Selbstsicherheit und damit auch Liebesfähigkeit etwas zu verstärken.

Wenn Sie wissen möchten, was genau hinter Einsamkeit und Beziehungsstress steckt und wie man diese dennoch überwindet, wenn Sie Spaß an tiefenpsychologischer Detektivarbeit haben und offen für ungewöhnliche Sichtweisen sind, dann ist dieses Buch für Sie genau das Richtige. Liebe ist zwar ein recht philosophisches Thema, doch mit anschaulichen Praxisbeispielen werde ich Ihnen zeigen, was es Spannendes zu entdecken gibt bei der Suche nach dem Schlüssel zu partnerschaftlicher Erfüllung.

Natürlich ist dieses sehr vielschichtige Thema zu umfangreich, um es im Detail zu besprechen. Wenn wir über den Wald reden, besprechen wir auch nicht jeden Baum. Daher möchte ich mich auf einer formalen, übergeordneten Ebene bewegen, ich versuche jedoch, Sie nicht zu langweilen. Ich benutze beim Begriff „Partner“ stets die in der deutschen Sprache für Verallgemeinerungen gebräuchlichere maskuline Form. Gemeint sind natürlich beide Geschlechter.

Begeben wir uns nun in die spannende Welt der Tiefenpsychologie. Ich werde Ihnen Dinge zeigen, die Sie schon immer geahnt haben, aber vielleicht nicht wussten, dass Sie damit sogar recht hatten.

Ich erlebe in der Beratungspraxis immer wieder Menschen, die nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Partner überrascht sind, wie leicht Konflikte sich lösen lassen. Jahrelang sind sie mit ihren eigenen Problemen anderen zur Last gefallen und stellen nun fest, wie einfach deren Lösungen sein können. Allerdings ist es so, dass man oftmals mit viel Reflexionsarbeit einen „blinden Fleck“ sichtbar machen muss. Aber dann lebt es sich plötzlich leichter in der Partnerschaft. Wenn Streit, Eifersucht, Misstrauen und Verlustangst sich abmildern, Vorwürfe, Ermahnungen und Appelle seltener werden oder ausbleiben, dann ist das für die Betroffenen schon recht erleichternd.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich persönlich bin ein recht harmoniebedürftiger Mensch. Bereits als Teenie fand ich Zank und Streit albern und überflüssig, und so suchte ich, wenn es auf dem Schulhof wieder einmal zwischen zwei bis an die Zähne mit verbotenen Wörtern bewaffneten Siebenjährigen knallte, nach einer Konfliktlösung. Oft fiel mir sogar etwas ein, womit alle leben konnten.

Denn wozu soll Streit eigentlich führen? Genau: zum Frieden. Den kann man aber auch einfacher haben (damals wusste ich allerdings noch nichts über die Temperamente und Persönlichkeitseigenschaften). Nun bringt es ja in den meisten Fällen rein gar nichts, wenn man den Streithähnen sagt: „Auseinander, vertragt euch!“ Daraus entsteht bestenfalls ein Waffenstillstand, aber kein Frieden. So wurde mir schon früh klar, dass die Lösung eines Konflikts immer über den Grund des Streites führt und dieser Grund zudem bei fast allen Menschen der gleiche ist: Missverständnis! Als ich dann noch erfuhr, dass nicht nur die ganze Menschheit schon seit Tausenden von Jahren wie ein Ochs vor dem Berge vor der Frage stand, wie man miteinander konfliktfrei leben kann, sondern sogar Ehepaare, die eigentlich die stabilste Einheit des Zusammenlebens bilden sollten, war ich erschüttert. Dabei ist das Geheimnis der harmonischen Partnerschaft und Liebe eigentlich längst bekannt – und gar nicht so schwierig.

Ich erinnere mich noch sehr gut, wie die zwölfjährige Heike sich heulend ihrer Freundin Petra anvertraute und untröstlich darüber war, dass ihr Freund Arne sie offenbar nicht genug liebte. Er hätte nie Zeit für sie, träfe sich lieber mit seinen Freunden und das Schlimmste, er würde sie nicht küssen, obwohl sie schon seit drei Wochen zusammen seien (Heike war eine echte Furie). Da Petra damit völlig überfordert war und sie mit „Ach, der Arne ist doch sowieso doof“ offenbar nicht den gewünschten seelsorgerischen Effekt erzielte und Heike mir mit ihren verheulten Augen einen hilfesuchenden Blick zuwarf, knüpfte ich mir innerlich meinen „Superhelfer-Umhang“ um und flog mit gestreckten Armen herbei, dazu berufen, eine weitere Seele aus dem Tal der Tränen zu retten. Ich fragte Heike: „Kann es sein, dass der gar nicht weiß, wie sehr du ihn magst und sich das auch gar nicht vorstellen kann?“ Man musste allerdings dazu wissen, dass Heike damals in der Tat ein ziemlich steiler Zahn war und Arne ein Pickelgesicht mit kariertem Pullunder, Cordhose und fettigen Haaren. Sie blickte mich an, als hätte jemand das Licht in ihrem Kopf angeknipst. „Meinst du wirklich?“, fragte sie mit unsicherer Stimme. Ich sagte: „Klar, doch! Du bist seine erste Freundin, du bist eine der Klassenschönheiten, und das ist einfach zu hoch für ihn. Er ist viel zu verklemmt, um dich zu küssen. Schnapp ihn dir und küss ihn selbst. Und dann erkläre ihm, was du an ihm liebst!“ (Das hätte ich zwar auch gerne mal gewusst, aber das war nicht Teil meiner Aufgabe.)

Nun, die beiden haben zwar, so weit ich weiß, nicht geheiratet und vier Kinder bekommen, aber für ein paar Wochen waren sie tatsächlich ein regelrechtes Turteltaubenpärchen. Interessanterweise veränderte sich Arne in der Zeit etwas zum Positiven. Die Pickel verschwanden und der karierte Pullunder auch. Mission erfüllt!

Konflikte lösen – hieraus entstand mein Berufswunsch als Coach. Die Partnerschaftsberatung ist zwar nur ein Teil des gesamten Aufgabengebietes, doch es ist einer der schönsten. Zu mir kommen verzweifelte und Hilfe suchende Menschen, zerstritten, sexuell ausgehungert, wütend, resigniert und vor Kummer ganz krank. Menschen, die schon fast alles versucht haben, um endlich mit dem Partner glücklich zu sein. Ich gehe zwar nie mit einer Kettensäge an eine Partnerschaft – aber auch niemals mit Sekundenkleber! Wenn eine Partnerschaft am Ende ist, ist sie am Ende!

Manchmal ist es besser, sich freiwillig von einem falschen Partner zu trennen, als zu warten, bis man selbst am Ende ist. Doch meist, so zeigte sich, hatte die echte Liebe noch gar nicht begonnen, obwohl die Partner seit Jahren schon zusammenlebten.

Ich halte es bei der Partnerschaft ähnlich wie bei der Gesundheit – nicht die Dauer ist entscheidend, sondern die Qualität.

Es gibt also Hoffnung. Ich möchte Ihnen zeigen, wie man mit ein wenig Liebes-Psychologie viele Blockaden aus dem Weg räumt, die man in der Kindheit erworben hat. Mit diesem Wissen werden Sie Ihre Beziehung künftig ganz anders erleben können. Dann ist Schluss mit Eifersucht, Einsamkeit, Streit und Enttäuschung, und der Weg ist frei für eine gesunde Partnerschaft.

Die Liebe ist zusammen mit Job, Wohlstand und Familie eines der zentralen Lebensthemen, worüber die meisten Menschen ihre persönliche Lebensqualität definieren und wovon die Gesundheit abhängen kann. Stimmt es mit der Partnerschaft nicht, kann einen das krank und unglücklich machen. Eine unharmonische Partnerschaft wird oftmals sogar als schlimmer empfunden, als ein unbefriedigender Job, vielleicht, weil man bei einem Job irgendwann Feierabend machen kann. Bei einer Beziehung ist das meist nicht so einfach. Sie können schlecht sagen: „Schatz, es ist Wochenende. Denk dran, dass mein Lover gleich kommt, und räum bitte deinen Kram aus dem Schlafzimmer.“ Umgekehrt kann eine erfüllte Beziehung den empfundenen Berufsstress durchaus ausgleichen, wobei es in der täglichen Beratungspraxis interessanterweise eine hohe Übereinstimmung zwischen Jobunzufriedenheit und Partnerschaftsnörgeleien gibt.

In den nun folgenden Kapiteln wollen wir sehen, wie wir nicht nur mehr Harmonie, sondern vielleicht sogar eine Win-win-Situation für beide Partner mit weitreichenden positiven Folgen hinbekommen, denn: Klappt’s in der Liebe, klappt’s meist auch im Leben.

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Zur Sache, Baby!

Partnerschaft ist kein Pflichtprogramm. Vielleicht haben Sie das immer gedacht, aber Sie müssen nicht unbedingt Ihr Bett und Ihr Leben mit jemand anderem teilen. Wenn Sie es trotzdem tun, tragen Sie damit ein Stück weit die Verantwortung für das Gefühlsleben eines anderen Menschen. Ihr Partner kann nicht einfach alles an sich abprallen lassen, was von Ihnen kommt, zum einen wollen Sie das bestimmt nicht und zum anderen sind Sie selbst wahrscheinlich nicht immun gegen seine Meinung, sein Verhalten, seine Stimmung und vor allem seine Schwächen und Ängste. Daher lohnt es sich einmal, einen Blick auf Ihre Partnerschaftsmotivation zu werfen.

Was wollen Sie eigentlich von Ihrem Partner?

Es heißt ja, „Gegensätze ziehen sich an“. Aber auch „Gleich und Gleich gesellt sich gern“. Was denn jetzt? Ich glaube, dass beide Sinnsprüche ihre Berechtigung haben. Sind Sie der Typ Mensch, der im Partner sein Spiegelbild sucht und sich wohlfühlt, wenn das Gegenüber genauso tickt wie Sie? Die Musik, die der andere hört, die Bücher, die er liest, und die Filme, die er guckt, die Reiseziele, die Klamotten und auch der Arbeitsplatz könnten bei einem Klonschaf nicht gleicher sein? Das ist nicht schlimm – es sei denn, der andere ändert sich im Laufe des Lebens. Dann gute Nacht.

Oder orientieren Sie sich an einem „Großen“, der Sie beschützt und den Sie dafür bewundern, dass er Ihnen alles Mögliche voraushat? Einen mindestens zehn Jahre älteren Papa oder eine Mama mit Reife, Geld und Lebenserfahrung? Bewundern Sie jemanden, dem Sie zeigen können, wie lieb, klug und fleißig Sie sind? Erhoffen Sie sich von ihm dafür stets Anerkennung und verachten im Gegenzug alles Jüngere?

Auch das ist nur ein klein wenig pathologisch und kann ein Leben lang halten, solange Ihr Liebster weiterhin Angst vor ebenbürtigen Partnern hat. Falls er sich jedoch aus diesem Muster heraus entwickeln sollte, wird bald eine Stelle im Haus frei – und zwar Ihre.

Vielleicht ist es aber auch genau umgekehrt, und Sie stehen auf jemanden, den Sie beschützen, versorgen und behüten können? Jemanden, der zu Ihnen aufschaut, von Ihnen lernt und dessen Sicherheitsbedürfnis Sie erfüllen können. Auch das ist okay, wenn Ihr Partner Peter Pan gleicht und niemals erwachsen werden will. Dumm ist nur, dass Sie sich offenbar gern mit unreifen und hilfsbedürftigen Selbstwert-Zwergen umgeben – lassen Sie das bloß nicht Ihre Mitmenschen wissen, denn das sagt eine Menge über Sie aus. Aber auch das ist okay, solange Ihr Leben eine Steintafel bleibt, auf der sich niemals etwas ändert.

Es mag aber auch sein, dass Sie den Kampf brauchen, einen Sparringspartner, den Sie dreimal die Woche so richtig in Grund und Boden ringen können und danach das Gefühl haben, Ihre Liebe wäre unerschütterlich. Gehören zu Ihrem Liebesalltag Streit, Provokation, Szenen und vielleicht sogar Sabotageakte? So etwas wie: Sie machen Ihrem Mann extra viel Knoblauch ins Abendessen – genau dann, wenn er am nächsten Morgen ein wichtiges Gespräch mit seiner liebreizenden Kollegin zu führen hat.

Andersherum: Sie als Mann sehen es als beziehungsbelebend an, wenn Sie Ihre Frau, eine Ex-Bulimikerin, hin und wieder mit Blick auf den Bauch fragen, ob sie schwanger ist oder einfach nur eine altersbedingte Bindegewebsschwäche hat. Und vielleicht denken Sie verschmitzt, ein bisschen Necken kann ja nicht schaden, derweil Sie die Kotzgeräusche aus dem Badezimmer überhören. (Menschen machen solche schlechten Scherze entweder, um sich am Partner zu rächen oder weil sie ihn in seiner Stärke völlig überschätzen bzw. selbst Minderwertigkeitsgefühle haben.)

Oder sind Sie der total Verständnisvolle, der für alles eine Entschuldigung hat und vor lauter Harmoniesucht schon vor langer Zeit seinen Stolz beerdigt hat – direkt neben Ihrer Ausstrahlung und Ihrem eigenen Willen. Dafür sind Sie aber der einzige Mensch, mit dem es Ihre bessere Hälfte länger als drei Jahre ausgehalten hat. Das ist doch Liebe, oder?

„Nein!“, sage ich. Jetzt werden Sie mich vielleicht hassen, aber: Das sind alles Beziehungen und keine Partnerschaften. Der Unterschied besteht darin, dass eine Beziehung danach trachtet, eine gewisse Stabilität herzustellen, und eine Partnerschaft diese Stabilität von allein erzeugt. Das bedeutet: Eine Beziehung ist meist ein Abhängigkeitsverhältnis, welches sich auflöst, wenn es seinen Zweck erfüllt hat, derweil eine Partnerschaft der Zweck an sich ist. Die Quittung für diesen Selbstbetrug bekommt man meist erst dann, wenn man schon fast zu alt ist, um auf dem Markt wirklich noch etwas Passendes zu finden, denn dazu gehört Zeit. Ich habe in meiner Beratungspraxis sehr viele Menschen erlebt, die sich nicht darüber im Klaren waren, warum genau sie mit ihrem Partner zusammen waren und nach dem Coaching etwas, sagen wir, gelassener mit dem anderen umgehen konnten, sich allerdings dann auch bald trennten, denn oftmals schlägt dann allerdings auch die Stunde der Wahrheit. In den Folgewochen zeigt sich dann immer, dass eine Partnerschaft mit Liebe viel stressfreier ist als eine Abhängigkeit.

Also denken Sie bitte kurz nach:

Was erhoffen Sie sich von Ihrem Partner und warum?

Wünschen werden Sie sich Eigenschaften wie Loyalität, Gemeinsamkeit, Solidarität und Liebe im abstrakten Sinne. Im konkreten Sinne mag das dann so etwas wie Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, guter Sex, Zärtlichkeit, Gewaltfreiheit, Kinderliebe, Familiensinn, Treue usw. sein. Aha! Erwischt! Sie wollen eine Partnerschaft wie jeder andere auch. Aber leben Sie auch bereits in einer, oder hoffen Sie darauf, dass es endlich einmal eine wird?

Lassen Sie mich Ihnen ein paar weitere Fragen stellen:

Und nun die Antwort: weil konfliktfreie Zwischenmenschlichkeit an Reife gebunden ist und erlernt werden muss. Wie eine Fremdsprache. Beziehungs- oder Liebesfähigkeit und Sexualität sind nicht automatisch perfekt, reifen nicht von ganz allein. Sie führen ohne Training nicht zur erfüllten Partnerschaft, sondern werden durch unsere kindlichen Erfahrungen beeinflusst. Erlebte Konflikte mit Eltern und Geschwistern verhindern oft echte Liebe. Menschen versuchen unterbewusst, durch ihren Partner einen alten Konflikt mit einem Elternteil, mit Bruder oder Schwester zu lösen, oder suchen in ihrem Partner etwas, das dieser gar nicht erfüllen kann, weil er oder sie gar nicht gemeint ist.

Hinzu kommt: Viele Menschen haben solch starke Minderwertigkeitsgefühle, dass sie sich selbst nicht mehr bedingungslos annehmen – und sich somit erst recht nicht auf andere einlassen können. Auch die Liebe zu sich selbst muss erlernt werden, um ein wertvoller Lebens- und Liebespartner zu sein. Je nachdem, von welchen Vorbildern wir lernen, leben, lieben – oder leiden wir.

So erklärt sich plötzlich das Unerklärliche. Alle oben gestellten Fragen werden beantwortet, wenn man weiß, dass die soziale Komponente der Beziehungsfähigkeit die biologische überwiegt. So etwa, warum eine Frau, die einen gewalttätigen Vater hatte, sich unbewusst einen gewalttätigen Mann sucht – weil sie gelernt hat, dass ein solches Verhalten offenbar zu einem durchsetzungsfähigen Mann gehört. Jetzt wird klar, weshalb eine attraktive Frau jahrelang erfolglos auf Partnersuche ist und plötzlich den „Richtigen“ findet. Nachdem sie den psychologischen Grund ihrer Isolation verarbeitet hat, hält sie nicht mehr länger nach einem Vaterersatz Ausschau, sondern ist offen für einen Partner auf Augenhöhe. Nun ist es nicht weiter verwunderlich, warum sehr viele Menschen lieber für Sex Geld bezahlen, anstelle sich auf das Abenteuer einer auch sexuell gleichberechtigten Partnerschaft einzulassen. Isolation in einer Beziehung ist meist kein Pech, sondern die Folge einer tief sitzenden Angst.

Erst mal richtig kennenlernen

Ein Freund von mir sagte neulich: „Ich habe meine Traumfrau gefunden!“ Er schwärmte zehn Minuten lang von der intelligentesten, reflektiertesten, schönsten, verständnis- und liebevollsten Frau in seinem ganzen 50-jährigen Leben. „Ach?“, fragte ich. „Wann, wo und wie hast du sie kennengelernt?“ Und er (mit strahlendem Blick): „Gestern Abend in der Buchhandlung!“ Okay … gestern Abend …, dachte ich und fragte vorsichtig erneut nach. „Und wie?“ – „Na, ich fragte sie, ob sie einen Kaffee haben möchte.“ – „Ja und …?“ – „Sie sagte Nein!’“ – „Ja, und dann?“ – „Dann habe ich sie gefragt, ob sie Portugiesin ist, da hat sie aber auch Nein gesagt. Und sie sei verheiratet.“

Jetzt traf mich wirklich der Schlag! Und obwohl diese Anmache an Direktheit wohl kaum noch zu überbieten war, ergab sich daraus ein stundenlanges und intensives Gespräch, und die beiden wollten sich wiedertreffen, obwohl sie verheiratet ist. Allerdings ist so etwas meines Erachtens eher die Ausnahme. Für gewöhnlich klopft man an, bevor man eintritt.

Also: Was machen Sie, wenn Sie einem Menschen zum ersten Mal begegnen? Geben Sie ihm sofort Telefonnummer, Autoschlüssel, einen Kuss und Ihr Portemonnaie? Natürlich nicht! Sie „checken“ ihn zunächst. Erst einmal beschnuppern. Bis dahin bleibt man an der Oberfläche, tauscht sich thematisch über Dinge aus, bei denen man sich hoffentlich nicht auf den Schlips tritt: das Wetter, Musik, das Weltgeschehen oder bestenfalls noch Hobbys und gemeinsame Bekannte. Man will sich ja schließlich erst einmal kennenlernen.

Kennenlernen? Wie lange dauert das eigentlich? Ein befreundeter Iraner erzählte mir diesbezüglich einmal: „Wir Moslems sagen, bis man jemanden wirklich kennengelernt hat, hat man ein Kilogramm Salz miteinander gegessen.“ In zeitliche Dimensionen übertragen, heißt das – wenn Sie nicht gerade eine Salz leckende Ziege sind – in etwa sieben Jahre. Sieben Jahre dauert es übrigens auch, bis ein transplantiertes Organ vom Empfängerkörper entweder angenommen oder abgestoßen wird. Also scheint das „Kennenlernen“ irgendwie tatsächlich an diese Zeit gebunden zu sein. Aber das auch nur, wenn Sie viel miteinander zu tun haben, weder Scheuklappen noch ein Brett vor dem Kopf haben und überdies nicht in die bösen Fallen der Projektion und der verzerrten Wahrnehmung fallen, denn diese verhindern echtes Kennenlernen.

Ich sehe was, was du nicht siehst: Projektion auf den Partner

Unser Gehirn ist zwar nicht dumm, aber faul. Es arbeitet ununterbrochen, aber nur so viel wie nötig. Unsere Abermilliarden von Nervenzellen beginnen bereits ab der dritten Schwangerschaftswoche, zu arbeiten und Umweltreize zu registrieren. Zu dieser Zeit – da weiß eine Mutter meist noch gar nicht, dass sie überhaupt schwanger ist – beginnt unser Herz zu schlagen, und unsere ersten Nervenzellen entwickeln sich. Mit Letzteren sind wir in der Lage, Neurotransmitter – das sind die chemischen Botenstoffe, die im mütterlichen Gehirn für Gefühle sorgen – zu registrieren. Allerdings gibt es in der Gebärmutter noch nicht allzu viele spürbare Erfahrungen – es ist für den Follikel immer einigermaßen gleich warm und gleich dunkel. Doch ab diesem Zeitpunkt ist der kleine Zellknubbel, der zweieinhalb Wochen später unser Nervenzentrum ist, bereits in der Lage, zu spüren, ob sich Stresshormone, Glückshormone, Schlafhormone oder etwa Drogen in seiner Umgebung befinden. Das Kind tritt in Interaktion mit dem mütterlichen Körper. Es beginnt, im weitesten Sinne, zu denken! Nach etwa weiteren sechs Wochen nennt man diesen kleinen „Haufen“ von Nervenzellen, der sich stetig weiterentwickelt, bereits „Gehirn“. Im Alter von etwa fünf Monaten bekommt das Kind sogar eine ganz genaue Vorstellung davon, ob es im Bauch willkommen ist oder etwa ungewollt. Es braucht sich lediglich beim mütterlichen Organismus bemerkbar zu machen, etwa indem es sich herumdreht oder von innen gegen Mutters Bauchdecke tritt. Das tut es ab diesem Zeitraum für gewöhnlich und bekommt darauf die Antwort seiner Mutter in Form von Neurotransmittern, die durch die Nabelschnur direkt zum embryonalen Gehirn rasen und ihm die gleichen Gefühle ermöglichen, die seine Mutter empfindet. Entweder sie freut sich, ihr Kind zu spüren, dann bekommt dieses einen Endorphinstoß, der als Glücksgefühl wahrgenommen wird, oder sie ist verzweifelt, weil sie gar kein Kind will; dann spürt der Embryo einen Adrenalinstoß. Dieses Stresshormon wird von einem Ungeborenen fast wie ein Stromschlag empfunden. Wenn das Kind diese Erfahrung ein paar Mal gemacht hat, schlussfolgert es, dass es offenbar eine ganz schlechte Idee ist, sich allzu deutlich bemerkbar zu machen.

Depressionen und Introvertiertheit nehmen somit ihren Ursprung bereits vor der Geburt, bedingt durch die sich zunehmend ausbildende Verschaltungsfähigkeit, „Intelligenz“ genannt. Und mit dieser Intelligenz ordnen wir unsere Welt. Wenn Sie also monatelang im Bauch Ihrer Mutter beispielsweise die Erfahrung machten, dass Vaters Stimme mit endorphinbedingten Glücksgefühlen einhergeht (Sie wissen ja nicht, dass es Mutters Gefühle sind), dann schlussfolgern Sie leichtfertigerweise, Ihr Vater würde Sie lieben – dabei war er lediglich in Ihre Mutter verliebt. Mit diesem Wahrnehmungsmuster werden Sie dann aber ein ganz langes Gesicht machen, wenn sich herausstellen sollte, dass Ihr Vater Ihnen nicht die „versprochene“ Beachtung schenkt. Denn nach der Abnabelung bleibt der gewohnte Endorphin-Kick aus, und Sie empfinden ein Aufmerksamkeitsdefizit.

Dieses Frustrationserlebnis übertragen Sie als Frau, wenn Sie Pech haben, auf alle künftigen Männer, die einem Vater-Muster entsprechen. Die tragische Folge kann sein, dass Sie nun in Ihrer Partnerschaft wie ein Luchs darauf lauern, dass Ihr Partner Sie ignoriert, nur weil Sie ein neuronales Muster hierfür angelegt haben. Dass er sich möglicherweise für Sie mehr interessiert als für jeden anderen Menschen, entgeht Ihnen dann leider. Auch die Suche nach einem deutlich älteren Partner, der dem Vater-Muster entspricht, gehört in diesem Zusammenhang erwähnt.

Projektion ist also eine schlimme Sache. Fast jeder Lehrer in der Schule weiß davon ein Lied zu singen, dass, nur weil er der Lehrer ist, die meisten Kinder davon ausgehen, dass er autoritär ist. Egal wie lieb und nett der arme Kerl ist (es erwischt hierbei eher die männlichen Kollegen als die weiblichen, warum das so ist, dazu später mehr), die Kids gehen reflektorisch davon aus, dass da vorn eine bösartige Spaßbremse steht und kein von den elterlichen Steuergeldern bezahlter Bildungslieferant. Und das alles nur, weil das Gehirn Energie sparen will, denn neue neuronale Verschaltungen anzulegen, „kostet“ mehr, als die vorhandenen zu nutzen – selbst wenn das Ergebnis totaler Blödsinn ist. Solange man mit diesem Ergebnis nicht totalen Schiffbruch erleidet, wird nichts geändert. Glauben Sie mir nicht? Dann zeige ich es Ihnen.

Lesen Sie bitte den folgenden Text. Er wird Ihnen zeigen, dass unsere Erwartungshaltung sogar ganz extrem unsere Wahrnehmung bestimmt. Dieser Text kursiert seit Jahren im Internet, so etwa bei www.spiegel.de. Die Ursprungsquelle ist mir leider nicht bekannt. Lesen und staunen Sie:

„Gmäeß eneir Sutide eneir elgnihcesn Uvinisterät ist es nchit witihcg, in wlecehr Rneflogheie die Bstachuebn in eneim Wrot snid. Das Ezniige, was wcthiig ist, ist, daß der estre und der leztte Bstabchue an der ritihcegn Pstoiion snid. Der Rset knan ein ttoaelr Bsinöldn sien, tedztorm knan man ihn onhe Pemoblre lseen. Das ist so, wiel wir nciht jeedn Bstachuebn enzelin leesn, snderon das Wrot als Gseatems.“

Sie konnten diesen Text lesen, weil bei erwartbaren Wörtern die Reihenfolge der Buchstaben bis auf wenige Schlüsselpositionen für das Verstehen völlig unerheblich ist – wir machen uns unseren Text im Kopf selbst. Je öfter Sie den Text lesen, desto mehr glauben Sie, dass da stünde: „Gemäß einer Studie einer englischen Universität ist es nicht wichtig, in welcher Reihenfolge die Buchstaben in einem Wort sind. Das Einzige, was wichtig ist …“ usw. Doch das steht da nicht, wie Ihnen jeder Erstklässler, der Buchstabe für Buchstabe liest, beweisen wird. Wir können das Ganze noch übertreiben.

D3NN W3NN 513 D3N FOLG3ND3N T3XT 383NF4LL5 NOCH L353N, D4NN W1RD 1HN3N L4NG54M KL4R, D455 35 1HN3N VÖLL1G 3G4L 15T W3N OD3R W45 513 VOR 51CH H483N, D3NN 513 53H3N NUR, W45 513 M1T 1HR3N 4UG3N 53H3N MÖCHT3N – UNG34CHT3T D3R R34L1TÄT.

Ich wiederhole: Sie sehen nur, was Sie mit Ihren Augen sehen möchten – ungeachtet der Realität! Noch Fragen?

Es gibt eine Vielzahl von optischen Täuschungen, die uns ebenso zeigen, dass wir das sehen, was wir erwarten – und nicht das, was wir nicht kennen. So wird überliefert, dass die ersten Indianer die Schiffe der Konquistadoren nicht sehen konnten, weil sie für etwas so Ungeheuerliches kein Wahrnehmungsrepertoire hatten. Es soll Tage gedauert haben, bis der beobachtende Strandposten die riesige Santa Maria plus Begleitung optisch erfasste. In dem Buch „Bleep“ von W. Arntz, B. Chasse und M. Vincente (VAK Verlag, Kirchzarten 2006) finden Sie zwei Beispiele dafür, dass Wahrnehmung an Erfahrung geknüpft ist: Junge Katzen, die in einem Raum ohne vertikale Linien aufwuchsen, wurden nach einigen Wochen in eine „normale Umgebung“ gebracht und konnten keine Stuhlbeine sehen – sie liefen dagegen. Kleinflugzeuge, die auf einer Autobahn notlanden, werden oft nach dem Stillstand von Autofahrern gerammt, die zu Protokoll gaben, sie hätten kein Flugzeug gesehen. Die Ermittler der Versicherungen fanden heraus, dass Autofahrer einfach nicht mit Flugzeugen auf der Autobahn rechnen und sie deshalb nicht wahrnehmen können.