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11.


Eine Stunde nach Mittag. Die Zeit der Siesta war noch nicht ganz vorbei.

Jicarilla und ich ritten die staubige Overlandstraße auf Fort Calhoun zu. Ich führte am langen Zügel das Pferd von Vance mit. Vance lag quer über dem Sattel. Ich hatte eine Decke über den Leichnam geworfen, so dass nur seine herabhängenden Arme und Beine zu sehen waren.

Das Tor stand weit offen, wie üblich. Fort Calhoun war keine Festung, sondern in stärkerem Maße ein Handelsplatz für die Siedler des Landes, solange es keine Stadt in der Nähe gab.

Der Posten am Tor schlief im Stehen. Sein langläufiges Springfieldgewehr lehnte an der Palisade, genau wie er selbst. Der Kopf war ihm fast bis auf die Brust gesackt.

Erst als wir ihn fast erreicht hatten, schreckte er hoch. Wir ritten an ihm vorbei, ohne anzuhalten.

„He, wen bringt ihr da?“, rief er. „Schon wieder ein Überfall?“

„Sonnenstich“, sagte ich.

Wir ritten über den Exerzierplatz auf die Kommandantur zu. Hier stand ein junger Trooper Posten. Er schlief nicht.

„Holen Sie den Colonel heraus“, sagte ich. Ich rutschte müde aus dem Sattel. Ich hatte das Gefühl, mich bald in Staub zu verwandeln. Rasiert hatte ich mich seit einer Woche nicht mehr.

„Der Colonel schläft“, sagte der Trooper.

„Holen Sie ihn, oder muss ich ihn selbst holen?“ Ich tat drohend einen Schritt auf den Soldaten zu. „Und danach holen Sie Mister Swift und Mister Randolph. Wahrscheinlich schlafen die beiden auch, aber es würde mir ein Vergnügen sein, ihre fetten Ärsche aus dem Bett zu schmeißen.“

„Sofort.“ Der Trooper musterte mich unsicher, warf einen Blick auf Jicarilla und den Toten, der noch immer unter der Decke verborgen war, drehte sich um und verschwand in der Kommandantur.

Er erschien wenig später wieder und lief über den Exerzierplatz. Kurz darauf tauchte Colonel Lester auf. Er wirkte etwas verschlafen und trug die zerknitterte Uniformbluse eines Troopers mit den Achselstreifen des Colonels.

„Guten Tag, Sir“, sagte ich. Jicarilla sagte nichts. „Es tut mir leid, dass wir Sie gestört haben.“

„Das ist in Ordnung. Der Posten hätte gleich zu mir kommen müssen. Ich hatte angeordnet, dass man mich sofort benachrichtigt, wenn Sie zurückkehren.“ Lester blickte auf den Toten. „Haben Sie etwas herausgefunden?“

„Jawohl, Sir“, erwiderte ich. „Die Farm wurde von Weißen überfallen, die offenbar an einem kleinen Krieg interessiert sind und mit Gewalt einen Konflikt zwischen der Armee und den Farmern einerseits und der Reservation andererseits schaffen wollen. Alles ist von langer Hand vorbereitet worden. Ich bedauere es sehr, Sir, dass ich keine Gelegenheit hatte, in den letzten Monaten intensiver dem illegalen Waffenhandel an der Grenze nachzugehen.“

„Sie glauben, dass es Zusammenhänge gibt.“

„Es gibt gar keinen Zweifel, Sir.“

Ich sah aus den Augenwinkeln Swift und Randolph auftauchen.

„Seien Sie vorsichtig“, sagte Lester unvermittelt zu mir. „Taglio war hier. Die beiden haben sich aufgespielt wie der Präsident persönlich. Sie haben den Alten schwer beleidigt. Ich habe nichts dagegen unternehmen können. Die Zivilbehörden bestimmen die Indianerpolitik.“

Lester verstummte. Swift und Randolph waren heran.

„Musste man uns jetzt stören?“, fragte Swift.

„Man musste“, sagte ich und nickte Jicarilla zu. Er zog die Decke weg, und ich griff in den Schöpf von Vance und hob seinen Kopf, damit jeder sehen konnte, wer der Tote war.

Swift schluckte, Randolph lief grün an und würgte. Colonel Lester atmete schwer und legte die Hände auf dem Rücken zusammen.

„Wer hat das getan?“, fragte Swift. Seine Stimme klang gepresst. „Haben die Rothäute ihn erwischt?“

„Das waren wir“, sagte ich.

„Sie?“

„Als Mister Vance sich seiner Festnahme widersetzte und versucht hat, damit auf mich zu schießen.“ Ich zog den Sharps-Derringer aus der Tasche und warf ihn zu Boden. „Es blieb uns nichts anderes übrig. Mister Vance ist ein Agent der Waffenschmuggler gewesen.“

„Mister Vance ...“

„Mich würde interessieren, wieviel Sie davon gewusst haben, Gentlemen?“, sagte ich.

„Haben Sie den Verstand verloren?“, schrie Randolph. Dann wandte er sich ab. Der Anblick des toten Mister Vance überstieg offenbar seine Kräfte.

„Das ist eine schwere Beschuldigung“, sagte Colonel Lester.

„Sie ist bewiesen“, erwiderte ich. „Angeblich wollte Mister Vance ins Gebiet der Halcon-Berge reiten. Er ist aber zur Grenze geritten. Dort hat er sich mit mehreren Männern getroffen, die aus Mexiko gekommen sind und nach dem Treffen die Grenze wieder überquert haben.“

„Das glaube ich nicht!“, rief Swift. „Wir wissen ja, wie Sie mit den Rothäuten paktieren. Sie haben den armen Mister Vance umgebracht.“

„Mit wem hat er sich an der Grenze getroffen?“, fragte ich. „Warum hat er über das Ziel seines Ritts gelogen? Übrigens muss er sich bemerkenswert gut ausgekannt haben. Der Treffpunkt ist bestimmt nicht zufällig gewählt worden, sondern war in der Nähe einer wenig benutzten Furt des Rio Grande.“

„Alles erfunden!“, schrie Swift. „Das ist ein Komplott.“

„Gentlemen!“ Die Stimme Colonel Lester klang schneidend. „Wenn Sie Wert darauflegen, kann ich persönlich eine Patrouille anführen, die die Spuren untersucht. Die Fährte meiner beiden Scouts muss sich zurückverfolgen lassen.“

„Wir führen Sie gern dorthin, wo Mister Vance sich mit seinen Kumpanen getroffen hat“, sagte ich, „und auch dorthin, wo wir ihn entdeckt und erschossen haben. Alles liegt auf einer Linie.“

„Ich bin bereit, die Angaben meiner Scouts zu überprüfen“, sagte Lester. „Aber ich bin überzeugt, dass sie mir wahrheitsgemäß berichten. Sie stehen hiermit unter Arrest, bis ich Order aus Washington habe, wie mit Ihnen zu verfahren ist.“

„Was wollen Sie tun?“, krähte Randolph hysterisch. Er starrte noch immer in eine andere Richtung, um die Leiche nicht sehen zu müssen.

„Sind hier denn alle verrückt geworden?“, keuchte Swift. „Wir sind Regierungsbeamte. Wir unterliegen keinem Militärrecht.“

„Der Kommandant dieses Forts bin ich“, sagte Lester. „Sie haben sich meinen Anordnungen, die die Sicherheit des Forts betreffen, zu unterwerfen. Mister Vance ist wegen verbrecherischer Handlungen überführt worden. Sie gehören zu seiner Begleitung. Ich kann nicht beurteilen, inwieweit Sie über die Aktivität von Mister Vance unterrichtet waren. Wenn ich keine vorbeugenden Maßnahmen ergreifen würde, müssten meine Vorgesetzten mich von meinem Posten als Kommandant ablösen. Ich werde die Sachverhalte nach Washington tele­grafieren und Sie dann unterrichten. Solange bleiben Sie unter Gewahrsam. Ich erspare Ihnen eine Arrestzelle. Ich werde Sie durch einen Posten in ihre Quartiere bringen und dort bewachen lassen.“

„Das ist unerhört!“, brüllte Swift. „Das wird Sie Ihre Stellung kosten. Mister Vance ist ein unbescholtener, ehrenwerter Beamter. Wir sind seit Jahren seine Mitarbeiter. Wie können Sie es wagen, aufgrund haltloser Beschuldigungen solche Maßnahmen zu ergreifen?“ Er starrte mich hasserfüllt an. Sein feistes Gesicht wurde zur Fratze. „Das haben Sie sich fein ausgedacht, Sie verdammter Mörder! Aber so werden Sie Ihren roten Kumpanen nicht helfen, so nicht!“

Ich antwortete nicht. Lester gab einem der Torposten ein Zeichen, Sofort eilten zwei Trooper herbei.

„Die beiden Gentlemen werden in ihre Quartiere gebracht und dort eingeschlossen“, sagte Lester. „Es ist ihnen untersagt, miteinander zu sprechen oder mit anderen Personen im Fort Verbindung aufzunehmen. ­Postenwechsel alle zwei Stunden. Der Befehl gilt, bis ich ihn widerrufe, und zwar nur ich persönlich. Kein anderer Offizier kann die Anordnung aufheben. Verstanden?“

„Verstanden, Sir!“ Die Soldaten salutierten und schlugen die Hacken zusammen.

„Das werden Sie bereuen!“, sagte Randolph. „Das ist ja eine feine Bande hier. Der Fortkommandant und die Scouts machen gemeinsame Sache mit den Apachen.“

„Noch ein Wort, Mister Randolph, und Sie werden eine Arrestzelle mit Strohsack und Wasser und Brot erhalten“, sagte Lester. „Es wird genügend Zeugen geben, die bestätigen, dass ich Sie überaus korrekt behandle. Ich wäre zu ganz anderen Maßnahmen berechtigt, aber ich werde den weiteren Verlauf der Dinge Washington überlassen. Das ist mehr als Sie verlangen können.“ Er nickte den beiden Soldaten zu. „Wegtreten!“

Die Trooper richteten ihre Gewehre auf Swift und Randolph, die sich mit kreidebleichen Gesichtern in Bewegung setzten.

Lester wartete, bis sie außer Hörweite waren. Dann schaute er erst Jicarilla und dann mich ernst an und sagte: „Ich hoffe, dass Ihre Geschichte keinen schwachen Punkt hat, sonst sind wir alle dran.“

„Der einzige schwache Punkt, Sir, ist der Tod von Vance“, sagte ich. „Ich hätte ihn lieber lebend hergebracht. Er hätte zwar nicht geredet, aber vielleicht hätte man ihn doch weichgekriegt. Aber er hat auf mich geschossen. Warum hätte er auf mich schießen sollen, wenn er ein reines Gewissen hatte? Die Kugel in seiner Brust stammt aus seinem eigenen Gewehr.“

„Sie haben gute Arbeit geleistet“, sagte Lester. „Vielleicht können wir jetzt noch das Schlimmste verhindern und die aufgebrachten Farmer beruhigen.“ Er schaute Jicarilla an. „Bringen Sie den Toten weg. Er soll an einem kühlen Ort aufbewahrt und eingesargt werden.“

Jicarilla nahm das Pferd von Vance am Zügel und führte es davon. Lester schaute ihm nach. Für einen Moment stand er in Gedanken versunken da. Ich wartete, denn ich hatte das Gefühl, dass er mit mir noch nicht fertig war.

„Swift und Randolph haben Taglio wie ein Stück Dreck behandelt“, sagte Lester. „Ich darf mich nicht in die Verwaltung der Reservation einmischen, aber unter Berücksichtigung der Umstände kann ich auch nicht tatenlos dabei zusehen, dass es womöglich einen Krieg gibt. Sind Sie müde, Ronco?“

„Ja, Sir“, sagte ich. „Sehr müde.“

„Ich möchte trotzdem, dass Sie in die Reservation reiten.“

„Wenn es sein muss, Sir.“

„Ich möchte, dass Sie die Apachen beruhigen. Ich werde das auf meine Kappe nehmen. Sagen Sie Taglio, dass ich drei Wagen voll mit Lebensmitteln aus den Vorräten von Fort Calhoun in die Reservation schicke. Ich glaube nicht, dass mir jemand daraus einen Vorwurf machen kann, nach dem, was geschehen ist.“

Ich hob den Kopf und konnte plötzlich wieder grinsen.

„Danke, Sir“, sagte ich. „Ich bin überhaupt nicht müde. Ich reite sofort.“

„Gut“, sagte Lester und lächelte. Ich schwang mich in den Sattel und ritt zum Tor. Mein Herz schlug schnell. Wenn etwas Rettung versprach, dann war es diese Anordnung Lesters. Ich hatte das Gefühl, dass sich die Mühe und die Aufregung doch gelohnt hatten.


*


Ich erreichte die Reservation, als die Sonne unterging. Der Wind sang leise über die Ebene und zwischen den alten Hütten der Apachen. Er sang ein Totenlied.

Ein Totenlied für Taglio.

Ich führte sein Pferd am Zügel mit, und Taglio lag über dem Rücken des Ponys.

Der tote Taglio.

Ich sah die jungen Krieger, die Frauen und die Kinder vor den Hütten kauern und stehen. Sie schienen auf Taglios Rückkehr gewartet zu haben. Jetzt brachte ich ihn.

Als ich die erste Hütte passierte, stieß eine Frau einen lauten Schrei aus, der sich wie ein Echo fortpflanzte. Die Klagerufe schwollen zu einem immer stärkeren Chor an, je weiter ich den Reitweg zwischen den Hütten hinunterritt. Vor Taglios Hütte hielt ich an. Hier stand seine Frau. Sie schlug die Hände vor das Gesicht und warf sich zu Boden. Ihr Klagegeheul gellte in meinen Ohren. Sie presste ihr Gesicht auf den Boden und schmierte sich Staub auf die Wangen und in die Haare. Ich ließ die Zügel von Taglios Pferd los.

Ein paar Krieger tauchten vor mir auf. Lightman war dabei, auch Ta-pe und Little Raven.

„Du bringst Taglio“, sagte Little Raven.

„Ich habe ihn gefunden“, sagte ich. „Auf halbem Weg zwischen dem Fort und der Reservation. Jemand hat ihn ermordet.“

„Jemand?“, fragte Lightman. „Weiße Männer haben ihn ermordet.“

„Wahrscheinlich“, sagte ich düster.

„Er ist lebend von hier fortgeritten, um in Fort Calhoun zu sagen, dass die Apachen auch weiter Frieden wollen, und er kehrt tot zurück“, sagte Lightman. „Das ist der Frieden des weißen Mannes.“

„Taglio wollte den Frieden“, erwiderte ich. „Colonel Lester will ihn auch. Ich war auf dem Weg zu euch, um euch zu informieren, dass ihr Lebensmittel erhaltet. Colonel Lester hat es angeordnet. Und dann fand ich Taglio.“

„Wir wollen keine Lebensmittel mehr“, sagte Lightman. „Wir verhungern lieber, als dass wir uns von den Mördern Taglios füttern lassen.“

„Niemand in Fort Calhoun hat etwas mit dem Mord zu tun“, sagte ich.

„Es hatte auch niemand von uns etwas mit dem Überfall auf die Farm zu tun“, sagte Little Raven. „Trotzdem wollte man uns dafür bestrafen.“

„Ihr solltet nicht gleiches mit gleichem vergelten.“

„Wir haben auf dich gehört und sind umgekehrt“, sagte Little Raven. „Wir wollten zeigen, dass es uns ernst ist mit dem Frieden. Wir haben geduldig den Hunger ertragen, und Taglio ist zum Fort geritten. Aber was hat es genutzt? Er ist tot.“

„Ich habe ...“

„Geh!“, sagte Lightman. „Nimm dein Pferd herum und reite, sonst werden wir dich töten.“

„Hört zu, ich ...“

„Schweig!“, sagte Little Raven, der mein Freund gewesen war. Seine Stimme hob sich. Ich sah die Verzweiflung in seinen Zügen.

„Kein Wort mehr. Keine weiteren Lügen über der Leiche von Taglio. Kehr um und reite, so schnell du kannst. Wir wollen dich nie wieder sehen!“

Ich blickte ihn an und begriff, dass es sinnlos war, auf die Beleidigung zu reagieren. Sie hatten nicht Unrecht. Vielleicht hätte ich genauso gedacht wie sie.

Ich zog mein Pferd herum und trieb es an. Das laute Geschrei der Frauen schien noch anzuschwellen.

Keiner beachtete mich mehr, als ich aus dem Dorf ritt. Alles strömte bei der Hütte Taglios zusammen. Das Klage­geschrei der Frauen wurde für mich zum Spießruten­laufen, bis ich das Dorf verlassen hatte. Es bereitete mir körperlich Schmerzen.

Nichts war mehr in mir, was an Hoffnung dagewesen war. Nichts mehr von dem Triumph, den ich empfunden hatte, als ich Vance erwischt hatte. Ich hatte mit allen gerechnet, aber nicht mit der Ermordung Taglios, dieses alten Häuptlings.

Vance war tot, aber seine Kumpane lebten noch und hatten vollstreckt, was Vance ausgekocht hatte.

Was zählte jetzt noch, was Colonel Lester gesagt hatte? Nichts mehr. Den Hunger hatten die Apachen erduldet, die Demütigungen hatten sie hingenommen, aber der Tod Taglios überstieg alles andere. Ich fühlte mich müde und ausgelaugt, ich fühlte mich winzig klein und lächerlich schwach. Ich hatte mir eingebildet, mich gegen eine Entwicklung stemmen zu können, die offenbar unvermeidlich war.

Ich fragte mich, ob es noch ein Zurück gab und was geschehen musste, um den Frieden am Rio Doro zu bewahren. Ich fragte mich sehr vieles in diesen Stunden, als ich zurückritt. Aber ich fand keine Antwort.

Es wurde Nacht, und die Dunkelheit umfing mich. In diesen Stunden verlor ich den Glauben an den neuen Morgen. Ich hatte das Gefühl, in eine endlose Nacht zu reiten, und noch ahnte ich nicht, dass es für mich ganz persönlich genauso kommen würde. Ich ritt auf einen Abgrund zu.


RONCO



In dieser Reihe bisher erschienen

2701 Dietmar Kuegler Ich werde gejagt

2702 Dietmar Kuegler Der weiße Apache

2703 Dietmar Kuegler Tausend Gräber

2704 Dietmar Kuegler Apachenkrieg

2705 Dietmar Kuegler Das große Sterben

2706 Dietmar Kuegler Todesserenade

2707 Dietmar Kuegler Die Sonne des Todes

2708 Dietmar Kuegler Blutrache

2709 Dietmar Kuegler Zum Sterben verdammt

2710 Dietmar Kuegler Sklavenjagd

2711 Dietmar Kuegler Pony Express

2712 Dietmar Kuegler Todgeweiht

2713 Dietmar Kuegler Revolvermarshal

2714 Dietmar Kuegler Goldrausch

2715 Dietmar Kuegler Himmelfahrtskommando

2716 Dietmar Kuegler Im Fegefeuer

2717 Dietmar Kuegler Die Ratten von Savannah

2718 Dietmar Kuegler Missouri-Guerillas

2719 Dietmar Kuegler Höllenpoker

2720 Dietmar Kuegler Das Totenschiff

2721 Dietmar Kuegler Der eiserne Colonel

2722 Dietmar Kuegler Der Feuerreiter

2723 Dietmar Kuegler Die Ehre der Geächteten

2724 Dietmar Kuegler Der letzte Wagen

2725 Dietmar Kuegler Die Händler des Todes

2726 Dietmar Kuegler Das Massaker


Dietmar Kuegler


Die Händler des Todes






Diese Reihe erscheint als limitierte und exklusive Sammler-Edition!
Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung
ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.
Infos unter: 
www.BLITZ-Verlag.de

© 2022 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 Windeck
Redaktion: Jörg Kaegelmann
Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati
Umschlaggestaltung: Mario Heyer
Logo: Mark Freier
Satz: Harald Gehlen
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-95719-172-4

Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!



Heiße Grenze


von Jim Elliot


4. Dezember 1881

Es ist schon fast ein Jahr vergangen, seit ich zu den Texas Rangers gestoßen bin. Mein Leben hat sich geändert, aber nicht verwandelt. Auch jetzt komme ich tagelang nicht aus dem Sattel, durchstreife wieder die Wüsten und Prärien, die mir aus meiner Verbannungszeit noch so gut in Erinnerung sind. Nur jage ich jetzt die Männer, von denen ich früher gejagt wurde.

Die kleinen Handlanger der großen Verbrecher, die dem Gesetz die Macht ihres Geldes entgegenstellen, haben keine Prämie mehr zu erwarten, wenn sie sich mir in den Weg stellen. Ich kämpfe nicht mehr um mein persönliches Recht und um ein gerechtes Schicksal. Der Stern der Texas Ranger verpflichtet mich dazu, für alle zu kämpfen, die guten Willens sind. Für das Gesetz, das jedem von uns Gerechtigkeit verspricht.

Nur das hat sich in meinem Leben verändert, der Sinn meines Kampfes. Die Strapazen und Anforderungen meines Daseins hingegen sind die gleichen geblieben. Vielleicht haben sie sogar noch zugenommen, wenn ich an meine letzten Aufträge denke.

Früher kämpfte ich gegen Männer, die mir ihr eigenes Gesetz aufzwingen wollten, die es skrupellos zurecht­bogen, weil sie die Macht dazu besaßen. Heute versuche ich, die Gemeinschaft vor dieser Willkür zu schützen.

Als ich dieses Tagebuch zu schreiben begann, war ich noch das Opfer einer korrupten Justiz. Ich wollte mich mit meinem Tagebuch rechtfertigen, meine Unschuld beweisen, etwas hinterlassen, aus dem andere lernen konnten. Rechenschaft ablegen vor mir selbst und meinen Nachkommen. Inzwischen bin ich rehabilitiert, aber damit ist der Sinn meines Tagebuchs nicht aufgehoben oder verändert worden.

Die kritische Auseinandersetzung mit sich selbst schärft den Blick für unsere Mitmenschen und vertieft das Verständnis für unsere Umwelt. Es ist gut, mit sich selbst hart ins Gericht zu gehen, ehe man über andere richtet. Ich verstehe jetzt mein Tagebuch als eine Notwendigkeit, mich ständig von neuem zu prüfen.

Wer den Stern trägt, muss das Gesetz vertreten, das Gerechtigkeit für jedermann verspricht. Früher, als Outlaw, hätte ich nur höhnisch darüber gelacht, wenn mir jemand gesagt hätte, Gesetz und Gerechtigkeit wären ein und dasselbe.

Doch in den Jahren davor, als ich noch Armee-Scout in Fort Calhoun in Texas war, hätte ich leidenschaftlich dagegen protestiert, dass die Welt mehr Unrecht kannte als Gerechtigkeit. Gab es denn ein besseres Ideal als die Gerechtigkeit, eine andere Möglichkeit, das Leben einer Gemeinschaft sinnvoll zu gestalten? Nein. Also musste auch die Welt so sein, wie ich sie mir vorstellte. Fehlerhaft zwar, aber im Großen und Ganzen in Ordnung.

Damals, im Frühjahr des Jahres 1866, begann die Auseinandersetzung mit jenen Männern, die das Gesetz mit Füßen traten und mich aus der Gesellschaft ausstießen. Ich musste erfahren, wie schwer es ist, sich an Ideale zu halten, wenn man ungerecht behandelt wird. Wie ­verdammt schwer das ist, trotzdem ein Mensch zu bleiben, der das Richtige tut. Was für eine verflucht schwere Aufgabe das sein kann, wenn man hungert, friert, kein Zuhause hat, verzweifelt ist.

Ich wusste noch nicht, dass diese Welt ständig darum kämpfen muss, einigermaßen in Ordnung zu bleiben. Und dass der Glaube an ein Ideal nicht viel wert ist, wenn er sich nicht in härtester Prüfung bewährt oder behauptet.

Heute bin ich bescheidener geworden. Die Gerechtigkeit ist schwer, aber keine unlösbare Aufgabe.



1.


„Bringen Sie ihn zurück“, hatte mir Colonel Hampton Lester befohlen. „Verhaften Sie ihn. Es wird Ihnen ja nicht schwerfallen. Er hat sich von seinem Stamm getrennt und ist allein unterwegs. Außerhalb seines Reservats wird er nicht weit gelangen.“

„Jawohl, Sir“, hatte ich erwidert. Das war vor einer Woche gewesen. Ich hatte den Apachen immer noch nicht verhaftet. Und ich konnte froh sein, überlegte ich erbittert, wenn ich allein nach Fort Calhoun zurückkehrte. Lebend.

Snakeman war ein Unterhäuptling der Chiricahua-Apachen, so alt wie ich und mindestens so zäh.

Er hatte mich in die Berge der Halcon Mountains gelockt, mich hinter sich hergezogen wie an einer unsichtbaren Leine. Mir blieb gar keine andere Wahl, als ihm zu folgen. Ich hatte meine Befehle und wurde dafür bezahlt. Außerdem stand Snakeman im dringenden ­Verdacht, mit einer Horde junger Krieger die Farmen am Rio Doro und am Eagle Pass überfallen zu haben. Mit modernen Spencer-Karabinern. Das war für mich der entscheidende Grund, warum ich die Verfolgung nicht aufgeben durfte. Snakeman musste von den Waffenschmugglern mit Gewehren versorgt worden sein, die ich schon seit einem halben Jahr unermüdlich verfolgte. Leider vergeblich bisher.

Jetzt hatte ich das verdammte Gefühl, dass ich Snakeman nur noch nachlief, um am Leben zu bleiben.

Aus der Verfolgung war ein Katz- und Mausspiel geworden.

Ich hatte mich schon gewundert, dass die Fährte nach Osten lief, statt nach Süden oder Westen. Er hatte sich in eine Richtung gewandt, die ihn von seinen roten Brüdern wegführte. Und das hatte ich nicht verstanden.

Ein Büffel läuft auch nicht von seiner Herde weg, es sei denn, er war krank oder wurde von dem Leittier aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Snakeman war weder ein Ausgestoßener seines Stammes noch eine Rothaut, die sich in die Berge zurückzieht, weil sie ihren Tod nahen fühlt. Er war so gesund wie eine junge Bachforelle und so kräftig wie ein Berglöwe vor der Paarungszeit. Er lockte mich immer tiefer in die Canyons am Halcon Peak hinein, in eine öde, steinige Wildnis, in der es nichts zu holen gab, außer Schlangenbissen, Moskitostichen und Steinlawinen.

Damit hatte mich Snakeman gestern Morgen zur Begrüßung überrascht. Mit einer Steinlawine, der ich nur mit knapper Not entwischt war. Seitdem häuften sich die Pannen, bis ich allmählich begriff, warum er hierher geflohen war.

Er erfüllte offenbar ebenfalls einen Auftrag. Das Fort hatte nur einen Scout, auf den es sich verlassen konnte, und zwar mich. Denn Jicarilla, der zweite Scout, war für die Offiziere des Forts in erster Linie ein halber Apache und dazu noch die meiste Zeit betrunken, was allerdings seinen Blick für Spuren nicht trübte, aber manchmal seine Pflichtauffassung, wie ich zugeben muss.

Wenn ich also nicht mehr ins Fort zurückkehren würde, hätten es die rebellischen Apachen viel leichter als bisher, weiße Siedler in der Umgebung des Forts zu überfallen. Ohne mich war die Armee „blind.“ Vielleicht klingt das ein wenig überheblich. Aber seit sich die Übergriffe der Indianer am Rio Doro häuften, war ich der meistbeschäftigte Mann im Fort geworden, weil ich ein paar Jahre als Halbwüchsiger bei den Chiricahua gelebt hatte und ihre Sprache und Gewohnheiten recht gut kannte. Und wer Apachen verfolgen will, muss ihre Fährten lesen können. Soldaten lernten so etwas nicht. Sie suchten sie meistens dort, wo sie schon nicht mehr waren.

„Snakeman“, sagte ich laut, „wir haben als Kinder in derselben Sandkuhle gespielt. Ich kann dich ganz gut verstehen, dass du mich aus dem Verkehr ziehen willst. Aber ich hänge genauso am Leben wie du. Ich habe meinen Auftrag. Und zum Teufel noch mal, ich will mich nicht blamieren!“

Das dachte ich heute Morgen, als Snakeman mich von einem Plateau in der Schluchtwand aus unter Feuer nahm, während ich hinter einem Felsblock hervorkroch, um über einem rauchlosen Feuer einen Becher voll Kaffee aufzuwärmen. Ich hatte gesehen, wo sein Pinto angehobbelt war. Keine tausend Yards von mir entfernt, wenn auch unerreichbar, weil dazwischen ein ­unüberwindlicher Felsspalt klaffte.

Aber solange ich sein Pferd vor Augen hatte, das irgendetwas Grünes abweidete, konnte ich mir auch die Zeit für ein karges Frühstück nehmen. Ich hatte noch sechs Bis­cuits, eine Armeekonserve mit Cornedbeef und ein Säckchen mit Rohrzucker. Und einen Wasserschlauch, der so dünn war wie der Euter einer trockenstehenden Zuchtkuh. Er mochte vielleicht noch einen Liter Wasser enthalten, und wenn ich nicht bald eine Quelle erreichte ...

Tsuing-hui, machte es, und mein Wasserschlauch hatte ein Loch. Ich hatte ihn unvorsichtigerweise fallenlassen, als die erste Kugel über den Felsblock pfiff und mir nadelfeine Splitter ins Gesicht warf.

Ich sah ihn nicht. Er hatte sich so gut versteckt, dass ich den Rauch aus seinem Gewehr erst erblickte, nachdem er vom Wind weit abgetrieben war, aufgelöst zu einem dünnen Schleier.

Ich streckte mich, angelte verzweifelt nach meinem Wasserschlauch und trank so viel Wasser, wie ich konnte. Mit dem Rest spülte ich mir den Mund aus. Der bittere Geschmack blieb.

Klang ‒ klirr-kling!

Ich starrte auf den flachen Stein, wo ich mein Blechgeschirr abgestellt hatte. Im Stein klaffte eine helle Narbe. Mein Geschirr hüpfte über den Rand der schmalen Steinterrasse, die ich als Nachtlager gewählt hatte, rollte den Abhang hinunter und klirrte noch einmal hell auf, ehe es über eine Steilwand hinausschoss.

Amen, dachte ich ergeben. Es ist nicht ganz allein meine Schuld. Du musst mit einem Gewehr ausgerüstet sein, das ich noch nicht kenne. Dem allerletzten, allerneuesten Fabrikat irgendeiner renommierten ­Waffen­fabrik. Einem Repetiergewehr stark verbesserter Reichweite und Treffgenauigkeit.

Gut, dachte ich mit jäh aufkeimendem Zorn, während er offenbar sein Gewehr nachlud, ich habe kein Wasser und kein Geschirr mehr. Mein Pferd lebt zwar noch, aber das kann sich rasch ändern, wenn ich versuchen sollte, es zu satteln. Du hast mich offenbar hierhergelockt, weil du diesen Canyon für einen idealen Schießplatz hältst. Ich vermute, du willst mich hier auch beerdigen, den Geiern und Coyoten opfern und dann frohlockend zu deinen Auftraggebern zurückkehren und dir als Belohnung noch ein paar von diesen fabelhaften Feuerwaffen geben lassen, um noch mehr Farmer überfallen zu können, bis tatsächlich ein neuer Indianerkrieg ausbricht.

Soweit werde ich es nicht kommen lassen, dachte ich wütend. Und ich werde jetzt genau das tun, was du von mir nicht erwartest! Ich werde dich angreifen, und wenn ich das mit den Zähnen und den bloßen Händen erledigen muss!

Snakeman musste meine Gedanken gehört haben. Sein Gewehr ratterte dreimal hintereinander, und die Steinsplitter hagelten mir nur so um die Ohren.

Er ist verliebt in dieses Gewehr, dachte ich. Er sieht mich nicht und verschwendet nur seine Munition. Er schießt aus purem Übermut.

Ich kroch ein paar Yards weiter bis zu einer Stelle, wo ich durch einen Spalt zwischen den Felsblöcken die Nordwand der Schlucht übersehen konnte, die in bizarren Terrassen zum fahlgelben Morgenhimmel hinaufstieg. Ich war kein übler Kletterer. Ich musste nur wissen, wo er sich genau versteckt hielt, den toten Winkel abschätzen und ihn irgendwo festnageln.

Es war eine verfluchte Wand, steil und zerklüftet wie ein kalbender Gletscher. Und genauso nackt. Nicht ein einziger Busch in dem rotbraunen, zerklüfteten Gestein. Nur Steine jeder Größe und Form, die sich über- und nebeneinander zu einer fast unbezwingbaren Barriere türmten.

Nicht ganz, dachte ich, nicht, wenn man genauer hinschaute.

Aber zunächst musste ich wissen, wo dieser Bastard sich versteckte.

Ich hob meinen Spencer über den Kopf und schoss einfach in die Luft. Dreimal wie er, nur in längeren Abständen. Bei mir ging es nicht so rasch.

Es wirkte. Jeder Mensch hat seine Schwächen. Und eine Rothaut, die sich dem Sieg so nahe glaubt und in ein Spielzeug verliebt ist, lässt manchmal jede Vorsicht außer Acht.

Ich schätze, das ist eine angeborene Schwäche der Indianer: Ihr Nachlassen im letzten Augenblick, wenn sie den Erfolg schon mit Händen greifen können, ihre unsinnige Neigung, sich kindisch zu benehmen, nachdem sie tagelang mit grimmiger Ausdauer schier Übermenschliches geleistet hatten.

Snakeman war verliebt in sein Gewehr. Er schoss zurück, als sich noch der Pulverqualm über meiner Deckung zu einer dunklen Wolke ballte. Er sah nichts von mir, aber seine Kugeln tanzten zwischen den Steinen.

Ich sah ganz deutlich den bleckenden Strahl der Mündungsflammen zwischen zwei Felstürmen, die ich aus der Entfernung für eine glatte Wand gehalten hatte.

Zwei Felstürme, etwa fünfzig Yards höher als meine Deckung, und eine Lassolänge von der obersten Terrasse der Schluchtwand entfernt. Er musste von oben hinuntergeklettert sein und hatte gewartet, bis das Licht gut genug zum Zielen war.

Warum hatte er nicht gewartet, bis ich ganz aus meiner Deckung herausgetreten war?

Jagdinstinkt, dachte ich spöttisch. Mir zeigen, wie gut er mit seinem Feuerrohr umgehen konnte, bevor er mich zu den Geiern schickte.

Ich maß die Entfernung bis zur nächsten Stufe im Felsen mit den Augen. Vier Sprünge waren es mindestens. Ich musste über freien Fels hetzen, bis ich die Schluchtwand erreichte. Von dort aus ging es knapp zehn Yards senkrecht hinauf. Zwei Vorsprünge in einer Höhe von sechs Fuß. Dann ein Spalt, der schräg durch den Stein lief. Darüber ein schmales Felsband. Dann ein Überhang.

Ich hämmerte es mir ins Gedächtnis. Das Gewehr konnte ich nicht mitnehmen. Damit hätte ich mir spätestens auf halbem Weg nach oben das Genick gebrochen. Dort wurde es ganz schmal und kritisch. Aber dort begann der Felsenturm, hinter dem er sich versteckte. Ich vermutete, dass es sich um einen Felsenkamin handelte.

Junge, dachte ich böse, ich kenne auch ein paar Tricks!

Ich hatte ein paar dünne, feste Stricke mitgenommen. Eine ganze Rolle davon. Sergeant Tucker hatte sie mir mitgegeben, um den Unterhäuptling damit zu fesseln, wenn ich ihn einfing. Als sollte ich ihn wie einen zusammengerollten Teppich verschnüren.

„Warum so viel, Sergeant?“, hatte ich Tucker gefragt.

Der breitschultrige Rekrutenschinder hatte mich mit strafendem Blick gemustert.

„Da fragen Sie noch, Ronco? Haben wir es nicht im letzten Winter bei diesem frommen Quäkertreck nach Norden erlebt, wozu diese Hunde fähig sind?“

„Welche Hunde, Sergeant?“

„Diese roten Hunde! Diese rotgesottenen Teufel! Sie schneiden einem bei lebendigem Leib das Steißbein aus dem Hintern, wenn man nicht aufpasst oder sie nicht fest genug einwickelt.“

„Sie sprechen von den Comanchen, Sergeant? Die waren total betrunken. Sie dürfen auch einen Weißen nicht danach beurteilen, was er alles anstellt, wenn er nicht ganz bei Sinnen ist.“

„Pah, Ronco! Sie sind wohl nicht zu kurieren. Für Sie sind diese roten Teufel immer noch zivilisierte Menschen, wie?“

„Zuerst einmal Menschen. Mit Rechten, die besser sind als unsere, weil es ältere Rechte sind.“

„Ach, gehen Sie mir damit! Erzählen Sie mir bloß nicht solchen Stuss! Nehmen Sie das ganze Seil mit, Ronco. Und hängen Sie die Rothaut damit an Ihr Sattelhorn und schleifen Sie sie nach Fort Calhoun zurück. Die treiben das auch so mit unseren Soldaten, die sie fangen. Hängen Sie ihn ans Seil und lassen Sie ihn im Dauerlauf bis nach Fort Calhoun traben! Und schauen Sie sich nicht um, ob er auch folgt. Ich meine, wir werden ihn hier sowieso aufhängen.“

Ich hatte nichts mehr darauf gesagt, weil ich wusste, dass sich Tuckers Einstellung zu den Indianern nie ändern würde. Er dachte nicht darüber nach, warum die Apachen weiße Farmen niederbrannten und nicht immer appetitliche Leichen zurückließen. Wenn er nicht an die absolute Gerechtigkeit der Sache, für die er kämpfte, geglaubt hätte, wäre er ein schlechter Soldat gewesen. Außerdem hatte er mir bei dem Treck nach Norden das Leben gerettet. Aber es war nicht von den roten Teufeln bedroht worden, sondern von weißen Teufeln.

Sie kennen die Geschichte aus meinem letzten Tagebuchkapitel.

Ich holte die Seilrolle aus meinen Satteltaschen. Vielleicht tat sie mir jetzt gute Dienste.