Cover

Ottilie Arndt & Lydia Ostermeier

Des Teufels Mühle

© Ottilie Arndt, Lydia Ostermeier

E-Book-Ausgabe: © 2013 bei hey! publishing, München

Originalausgabe: © 2009 bei Hermann-Josef Emons Verlag, Köln

Ottilie Arndt und Lydia Ostermeier werden vertreten durch die Verlagsagentur Lianne Kolf, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Umschlagabbildung: FinePic®, München

ISBN 978-3-942822-59-6

Von Ottilie Arndt und Lydia Ostermeier ebenfalls bei hey! erschienen:

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Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig, mit einer Ausnahme: den Teufelsmüller und seine Frau gab es wirklich.

Für den alten Teufelsmüller Alfred Hofmann und seine Frau Anna, die Teufelsmüllerin.

Mittwoch – 30. April, Walpurgisnacht

EINS

Hurenkind. Seit sie, vom Niedersteinbacher Bahnhof kommend, in den düsteren Spessartwaldweg eingebogen war, summte dieses Wort in ihren Ohren. Hurenkind. Wie sie es hasste! Und wie sie alle die hasste, die es sich hinter ihrem Rücken zugeflüstert hatten. So manchen mitleidigen Blick hatte sie ertragen müssen – das machte das ganze Gerede noch schlimmer. Warum Mitleid? Es war ihr doch gut gegangen, ihr, dem Hurenkind. Jeder Schritt, den sie auf den Waldweg setzte, hämmerte die Erinnerung schmerzlich an die Oberfläche ihrer Gedanken.

Im August 1944 war ihre Welt noch in Ordnung gewesen. Sie war fünf Jahre alt, und ihre Mutter ging in Frankfurt am Main als Sekretärin bei Degussa einem durch und durch bürgerlichen Beruf nach. Doch dann hatte man den Vater an die Ostfront geschickt. Sie sollte ihn nicht wiedersehen. Und am 25. September 1944 kroch sie mit ihrer Mutter gegen Mittag aus dem Luftschutzbunker. Das Haus, in dem sie gewohnt hatten, war nur noch ein rauchender Trümmerberg. Noch am gleichen Tag verließen sie Frankfurt mit den wenigen Habseligkeiten, die ihnen im Schutz des Bunkers geblieben waren. Sie hatten nicht schwer daran zu tragen.

Die Zielstrebigkeit, mit der ihre Mutter sie in den Kahlgrund brachte, ließ sie damals denken, ihre Mutter kenne hier jemanden, bei dem sie unterkriechen konnten. Doch das stimmte nicht. Ihre Mutter nahm nur jede sich bietende Fahrgelegenheit wahr, die sie weg von der zerbombten Stadt brachte. Am besten erinnerte sie sich noch an das letzte Stück, das sie mit der Kahlgrundbahn zurücklegten. Alle Waggons waren überfüllt, selbst auf den Trittbrettern drängten sich Menschentrauben. Manche sprangen zwischendurch ab und liefen ein Stück neben dem Zug her, der so langsam fuhr, dass man mit ihm mühelos Schritt halten konnte. Sie hätte am liebsten noch Stunden auf der Plattform des Waggons verbracht und die herbstliche Landschaft betrachtet, die vor ihren Augen vorüberzog. Nach dem ohrenbetäubenden Sirenengeheul des Luftschutzalarms und den rauchenden Trümmern Frankfurts fühlte sie sich wie im Himmel. Doch ihre Mutter konnte wohl das Gedränge in der Eisenbahn nicht länger ertragen.

Sie stiegen in Niedersteinbach aus dem Zug und fanden am Ende des Tages in einem Bauernhof am Ortsrand Unterschlupf. Nur Frauen lebten auf dem Hof. Alte und junge Frauen und zwei Kinder, zwei Mädchen. Gisela war fünf und Katharina zwei Jahre alt. Die Ehemänner, Söhne und Brüder der Frauen waren noch im Krieg oder schon gefallen.

Ihre Mutter wollte sich nicht unterkriegen lassen. Getrieben von einem übermächtigen Lebenswillen, stürzte sie sich auf die ungewohnte Arbeit in der Landwirtschaft, konnte bald Kühe melken und den Stall ausmisten. Dafür durften sie am Hof wohnen bleiben. Es war eine schöne Zeit für sie, auch wenn sie noch Monate nach der Flucht aus Frankfurt das Donnern des Bombenhagels im Ohr hatte und selbst beim geringsten Geräusch angstvoll zusammenzuckte. Doch zwei Jahre später, als die Männer nach und nach zurückkehrten, sollten sich die unbeschwerten Tage dem Ende zuneigen.

Sie spielte gerade mit Gisela ein kompliziertes Kästchenhüpfspiel, als ein bis auf die Knochen ausgemergelter Mann auf den Hof schlurfte. Mit seinem einen Arm – der andere Jackenärmel baumelte leer herunter – griff er nach Gisela und sagte ihr, er sei ihr Papa. Dabei lächelte er. Das sah furchterregend aus, weil ihm ein Teil des Kinns fehlte. Gisela lief schreiend davon. Erst spät in der Nacht fand man sie in einem Kuhstall am anderen Ende des Dorfes. Mit der grausigen Entstellung ihres Vaters konnte sich Gisela zeitlebens nicht abfinden.

Das kleine Bauernhaus mit dem braunen Fachwerk wurde bald zu eng für alle. So sagten es zumindest die Frauen, aber mit ein wenig gutem Willen hätte man den beiden Flüchtlingen weiterhin ein Stübchen überlassen können. Der Grund, warum man sie immer weniger gern am Hof behalten wollte, war wohl eher die auffallende Schönheit ihrer Mutter. Obwohl sie ihr blondes Haar im Nacken zu einem unscheinbaren Zopf zusammenfasste und ständig abgewetzte Kittelschürzen trug, zog sie die Blicke der Männer auf sich. Und 1946 waren Männer eine Rarität, vor allem solche mit gesunden Gliedmaßen.

Glücklicherweise bekam ihre Mutter von dem Besitzer des Jagdschlösschens am Waldrand von Niedersteinbach die Erlaubnis, in dieses Schlösschen einzuziehen. Die Aussicht, in einem Schlösschen zu wohnen, weckte in dem Mädchen von mittlerweile sieben Jahren, das sie damals war, geradezu märchenhafte Vorstellungen, die auch dann noch standhielten, als sie das ziemlich abgewohnte Gebäude in Augenschein nahmen.

Ein paar Tage später, sie hatten sich gerade notdürftig eingerichtet, stand Regina, Mutters Freundin aus Frankfurt, vor der Tür. Die Ernährungslage war in der Stadt immer noch so bedrückend, dass auch sie aufs Land geflohen war. Sie quartierte sich im Schlösschen mit ein, und die beiden Frauen halfen auf den Bauernhöfen der Umgebung beim Einbringen der Ernte. Im Winter war damit jedoch Schluss. Man brauchte ihre Hilfe nicht mehr. Regina, die auf kein Kind aufpassen musste, fand in einer Gastwirtschaft in Mömbris stundenweise Arbeit als Bedienung. Doch dies währte nicht lange. Die hübsche Regina mit den geschmeidigen Gliedmaßen und der fuchsroten Lockenmähne erregte so sehr die Aufmerksamkeit der Männer und vor allem die des Wirtes, dass sie von der Wirtin an die Luft gesetzt wurde. Wovon sollten sie nun leben? Die beiden Frauen fassten einen aus der Not geborenen Entschluss. Ihre Mutter und Regina wurden Huren.

Bedächtig setzte sie einen Fuß vor den anderen. Noch ein paar Schritte, und die verwitterten Gemäuer des alten Schlösschens würden durch das frühlingsgrüne Laub der Buchen schimmern. Sie umrundete das Gebäude.

Damals als Kind war es ihr riesig vorgekommen. Trotz der schäbigen Einrichtung hatte sie sich vorgemacht, die Prinzessin im Märchen vom Froschkönig zu sein. Zusammen mit Gisela hockte sie stundenlang neben dem Brunnen ein wenig abseits des Schlösschens. Sie hielten nach Fröschen Ausschau. Hin und wieder gelang es ihnen, einen zu fangen und zu küssen. Auf den Blitz und den Donnerschlag, der aus dem Frosch einen Prinzen machen sollte, warteten sie jedoch vergeblich. Die Frösche blieben Frösche.

Jetzt, nach all der Zeit, spähte sie durch das Gebüsch und suchte nach dem Brunnen, aus dem ihre Mutter das Wasser geschöpft hatte. Sie konnte ihn nicht finden. Man hatte ihn wohl zugeschüttet.

Ihre Mutter hatte die Fröscheküsserei ziemlich eklig gefunden und stattdessen vorgeschlagen, doch lieber so zu tun, als seien sie Dornröschen. Sieben glückliche Jahre hatte sie in dem Schlösschen verbracht. Dornröschen hatte sie aber nie sein wollen. Sie wollte sich nicht in den Finger stechen und schon gar nicht hundert Jahre schlafen müssen. »Ich schon, ich würde am liebsten von heute auf morgen in einen hundertjährigen Schlaf fallen«, seufzte ihre Mutter.

Damals hatte sie den Sinn dieser Worte nicht begriffen, dafür später umso besser. Ihre schöne Mutter, die ihr blond schimmerndes Haar mit so viel Anmut aus dem Gesicht strich und immer lächelte, hatte das Hurenleben so satt, dass sie es am liebsten verschlafen hätte. Und sie selbst hatte als Kind durch die Ritzen des Verschlags, in dem sie sich aufhielt, wenn ihre Mutter und Regina ihrer Arbeit nachgingen, bis zu ihrem vierzehnten Lebensjahr womöglich mehr blankgezogene Männerschwengel gesehen als alle Frauen zusammen im Kahlgrund.

Unschlüssig schaute sie sich um. War sie überhaupt auf dem richtigen Weg? War das der untere Weg oder, wie die Leute damals sagten, der erste Weg? Ringsherum drängte sich das Unterholz dicht zusammen. Abgestorbenes Geäst lag herum. Früher hätte es das nicht gegeben. Da lag kein dürres Holz im Wald. Es wurde gesammelt und verheizt. Und das Laub wurde in die Viehställe gestreut. Die Wälder waren früher so ordentlich aufgeräumt wie Wohnzimmer.

Hätte sie doch besser den oberen Weg einschlagen sollen, den die Leute auch den zweiten nannten? Auf dem waren früher Fuhrwerke und Autos gefahren. Sie hielt inne und versuchte, sich zu orientieren. Doch, hier musste der Weg weitergeführt haben. Rechts sah sie das saftige Grün des engen Wiesentals durch die Bäume schimmern und wusste, dass sich unterhalb des jähen Abhangs der Geiselbach vorbeischlängelte. Entschlossen drang sie in das dichte Strauchwerk ein, das den Weg überwuchert hatte.

Früher war sie mit Regina hier entlanggeritten, Regina auf einem Apfelschimmel, der gern galoppierte, und sie auf einem lammfrommen Shetlandpony, das geduldig hinter dem Schimmel herzuckelte. Ihre Mutter kam nie mit. Sie hatte Angst vor Pferden.

Früher! Warum fiel ihr seit dem Anruf ständig nur »Früher« ein? Wie war der Bär überhaupt auf ihre Spur gekommen, und was sollte dieses Treffen nach so langer Zeit? Wie mochten sie aussehen nach weit mehr als fünfzig Jahren?

Das Gebüsch lichtete sich, sie konnte die Reste des alten Weges jetzt gut erkennen. Letzte Sonnenstrahlen tropften durch das Blättergewölbe der glatten Buchen und borkigen Eichen, als sie den verwachsenen Hohlweg verließ und nach wenigen Schritten vor dem schmalen Steg stand, der den Geiselbach überspannte. Mickrig wirkte er im Vergleich zu der Brücke, die der alte Teufelsmüller Ende der vierziger Jahre hier angelegt hatte. Die war aus mächtigen Eichenbohlen gebaut, über die sogar die Lastwagen fahren konnten, die dem Teufelsmüller für seine Gastwirtschaft Bier, Limonade, Selterswasser und Apfelwein lieferten.

In der Mitte des Steges hielt sie inne und suchte angestrengt bachabwärts das rechte Ufer ab. Hier mussten doch die Reste der unteren Teufelsmühle sein? Oder lagen sie hinter der Biegung des Baches? Sie löste ihre Hände vom Geländer und wandte sich dem engen Tal zu, das sich vor ihren Augen auftat.

Der Teufelsgrund. Der sagenumwobene Teufelsgrund mit der Teufelsmühle. Hohe Tannen, Fichten, Buchen und Eichen säumten das Tal und tauchten es vorzeitig in dämmriges, grünblaues Licht. Als Kind war ihr das Tal damals viel weiter vorgekommen. Sie folgte dem Trampelpfad durch den Wiesengrund, und endlich trat auch das Dach der Teufelsmühle in ihr Blickfeld. Hier war alles noch beim Alten, registrierte sie erfreut und vergrub die Hände in den Taschen ihrer korallenroten Wanderjacke. Das graue Dach des Blockhauses, das sie an einen ausgespreizten Fledermausflügel erinnerte, ragte weit über die hölzerne Veranda heraus, die drei Seiten des oberen Stockwerks umschloss.

Die grünen Fensterläden waren zurückgeklappt, und die derbe, grün gestrichene Eingangstür stand einladend offen. Dort drinnen hockten sie zusammen. Aber warum kam niemand auf die ausladende Terrasse heraus, um sie zu begrüßen?

Jetzt, als sie mutterseelenallein im Wiesengrund stand, kam ihr das ganze Treffen zu dieser unsinnigen Uhrzeit absurd vor. »Punkt neunzehn Uhr in der Teufelsmühle. Du brauchst nichts mitzubringen, es ist alles da. Wir übernachten aber im Blockhaus. In unserem Alter will keiner mehr in einem Zelt schlafen. Ansonsten machen wir alles wie früher. Und um Mitternacht gehen wir hinauf zum Hexentanzplatz. Das ist Ehrensache.«

»Wie früher«, äffte sie die Stimme wütend nach und trat an das Ufer des Omersbachs, der sich weiter unten mit dem Geiselbach vereinigte. Das Wehr, das früher den Bach aufgestaut hatte, hatten sie immer und immer wieder als Mutprobe übersprungen. Jetzt bröckelte es im leisen Verfall vor sich hin. Das Mühlrad mit dem mächtigen Mühlstein war verschwunden. Die Teufelsmühle ohne Mühlrad mutete wie eine Weinbergschnecke ohne Schneckenhaus an. Warum war alles um sie herum mucksmäuschenstill? Aus der Hütte waren keine Stimmen zu hören. Wie hatte sie sich nur auf diese Schnapsidee einlassen können hierherzukommen? Warum überhaupt dieses Treffen nach so langer Zeit?

An der Feuerstelle, wo jetzt die klobigen Steinbänke standen, hatten sie damals ihre Zelte aufgeschlagen. Aber nur die Mädchen durften das, die Jungen mussten mit ihren Zelten hinunter zur Auwiese, fast ans Ufer des Geiselbachs. Auch im Teufelsgrund herrschten in den Nachkriegsjahren strenge Sitten. Halb Deutschland lag damals zwar in Trümmern, aber die Sitten waren ebenso streng wie vor dem Krieg. Vor den Zelten der Mädchen durften sie unter den Argusaugen des alten Teufelsmüllers ein Lagerfeuer entfachen. Das letzte Mal 1953, als das mit Gisela passiert war. Der alte Teufelsmüller – war er tatsächlich alt gewesen? Mit seiner Frau und einer Reihe von Kindern hatte er hier gehaust. Da waren auch richtig kleine darunter gewesen. So alt konnte er eigentlich gar nicht gewesen sein, wie es ihr mit vierzehn vorgekommen war. Mein Gott, sie waren so jung gewesen, damals.

In den ältesten Sohn des Teufelsmüllers war sie mit der Innigkeit ihres jungen Herzens verliebt gewesen. Und er? Er mochte vielleicht zwei Jahre älter gewesen sein, zeigte aber an Mädchen kein Interesse. Seine ganze Liebe galt der Malerei. Wenn sie vom Schlösschen heraufkam, sah sie ihn schon von der Brücke her an seiner Staffelei sitzen und malen. Eine Aura höchster Konzentration schien ihn zu umgeben. Er lächelte ihr zwar freundlich zu, sah aber durch sie hindurch wie durch eine Glasscheibe.

Auf den Hexentanzplatz würde sie um Mitternacht nicht mit hinaufsteigen. Schon wegen Gisela nicht. Wer von ihnen wohl auf diese Idee gekommen war?

Unschlüssig stand sie neben den Brennnesseln, die die Wiese säumten, und starrte die Tür des Blockhauses an. Das schmale Terrassenstück vor der Eingangstür war wie damals. An die Wand der Blockhütte lehnte sich eine lange Bank, davor stand ein Tisch. Wie früher! Ließ sie die Vergangenheit denn niemals los?

Was sollte sie tun? Hinaufgehen und nachschauen? Den Kopf durch die Tür stecken und »Juhu, ich bin da« schreien? So tun, als ob keine sechsundfünfzig Jahre zwischen ihrem letzten Zusammentreffen lagen? Warum nicht? Das wäre die natürlichste Reaktion. In großer Wiedersehensfreude würden sich alle um den Hals fallen und gegenseitig in den Gesichtern den Spuren der vergangenen Jahre nachforschen.

Doch die Stille ringsum nahm ihr den Mut. Kein Laut war zu hören, selbst das Zwitschern der Vögel war verstummt. Bleierne Stille umfing sie – und Angst. Die gleiche Angst hatte sie verspürt, als sie damals im Stockfinstern und in heller Panik vom Hexentanzplatz heruntergestolpert waren und feststellten, dass Gisela verschwunden war.

Sie streifte den Rucksack von den Schultern, zog den roten Anorak aus und ließ sich darauf nieder. Während sie in ihrem Rucksack zwischen der Wäsche zum Wechseln nach ihrer Wasserflasche kramte, beobachtete sie beklommen die Tür.

Der klagende Ruf eines Waldkauzes durchschnitt plötzlich die Stille, und sie fuhr erschrocken herum. Aber da war nichts. Im Teufelsgrund fiel das Gruseln von jeher leicht, und das hatte nicht einmal was mit den Schauergeschichten des alten Teufelsmüllers zu tun. Dafür sorgte auch das reale Leben. Als ob es gestern gewesen wäre, kam ihr nun eine Begebenheit in Erinnerung, die sie längst vergessen geglaubt hatte.

Es war eine dieser mondhellen Nächte, in der Gisela umgekommen war. Zu sechst saßen sie vor dem Zelt der Mädchen und schwelgten in Zukunftsplänen, erzählten, was sie nach der Schule machen würden. Es ging schon auf Mitternacht zu.

Plötzlich stand im hellen Mondlicht eine alte Frau mit einem riesigen Margeritenstrauß im Arm. Ihr graues offenes Haar hing ihr weit über den Rücken. Reglos stand sie barfüßig im taunassen Gras und starrte zur Hütte empor. Eine unheimliche Gestalt im weißen Gewand, die ihnen Gruselschauer über den Rücken jagte.

Die wenigen Gäste, die sich noch in der Teufelsmühle aufhielten, wurden ebenfalls auf die seltsame Frau aufmerksam. Sie kannten sie und boten ihr an, sie nach Omersbach zurückzubringen. Doch die Frau schüttelte nur den Kopf und setzte unbeirrt ihren Weg fort. Am nächsten Morgen erwartete die drei Buben ihrer Gruppe ein gewaltiger Schrecken. Als sie sich im Geiselbach waschen wollten, fanden sie die Alte tot im Wasser. Sie lag mit dem Gesicht nach unten im Bach.

In den fünfziger Jahren gab es keine Handys, und so schwang sich der Teufelsmüller auf sein Motorrad und alarmierte die Polizei in Geiselbach. Gespannt verfolgten die sechs Jugendlichen die polizeiliche Untersuchung und das Bergen der Leiche. Aber wohin mit der Leiche in der Sommerhitze, bis jemand von der Rechtsmedizin kam? Man verfrachtete sie kurzerhand in den Keller der Teufelsmühle und packte sie dort auf das Stangeneis, das der Teufelsmüller von der Brauerei zum Kühlen der Getränke geliefert bekam.

Ob die anderen sich daran wohl noch erinnerten?

Sie steckte die Wasserflasche zurück in den Rucksack und holte ihre kleine Taschenlampe aus dem Seitenfach. Sie würde jetzt zur Tür des Blockhauses gehen, mit ihrer Taschenlampe hineinleuchten und der eigenartigen Situation ein Ende machen.

Damals hatte eine Taschenlampe immer zur Grundausrüstung gehört, auf dem Weg zum Hexentanzplatz war sie jedoch streng verboten. Da galt es, Mut zu beweisen, zumindest in der Walpurgisnacht.

Hinter ihrem Rücken murmelte leise der Omersbach. Sie fühlte sich beobachtet. Aber wovor sollte sie sich ängstigen? Vor den Gruselgeschichten, die der alte Teufelsmüller ihnen damals am Lagerfeuer erzählt hatte? Himmel, konnte der Geschichten erzählen von Tod und Teufel und Müllern, die dem Teufel ein Schnippchen schlugen! Er war ein echter Teufelsmüller gewesen, einer, dem es Spaß machte, den Gästen auf ihrem Heimweg durch den stockfinsteren Wald einen Schabernack zu spielen. Manchmal irrlichterte er mit einer Kerze in der Hand vor ihnen her und lockte sie vom rechten Weg ab. Trotzdem kamen sie immer wieder und ließen sich von ihm allzu gern in Angst und Schrecken versetzen.

So lange Zeit lag das nun zurück. Noch einmal rekapitulierte sie das Telefongespräch von letzter Woche. Von längst vergangenen Jugendtagen war die Rede, von Zeltlagern und Lagerfeuern und von Fahrtenliedern im Teufelsgrund. »Hoch auf dem gelben Wagen« kam ihr in den Sinn, und sie summte die ersten Takte des Liedes vor sich hin. Früher. Mit dem Kapitel »Früher« und vor allem mit der Walpurgisnacht, in der Gisela umgekommen war, hatte sie sich später noch einmal eingehend beschäftigt. Das war sie der kleinen fröhlichen Gisela mit den dünnen blonden Haaren schuldig gewesen. Ihrer Freundin.

Bald nach Giselas Tod hatten sich die Zeltlagergefährten in alle Winde zerstreut und waren ihrer eigenen Wege gegangen. Und heute sollten sie sich alle wiedersehen: der Bär, der Fuchs, der Wolf, die Eule und sie selbst, die Elster. Nur Gisela, das sanfte Reh, würde nicht mehr dabei sein.

Da, ein Geräusch! Schritte?

Erschrocken fuhr sie herum. »Du?«, brachte sie erleichtert hervor, als sie das alt gewordene, aber dennoch vertraute Gesicht erkannte. »Wieso bist du allein? Wo sind die anderen?«

»Die kommen noch. Was sollte die Geschichte über meinen Vater? Woher hast du sie?«

»Ich hab dich damals beobachtet. Ich habe alles gesehen«, sagte sie ruhig.

»Du hättest die alten Geschichten besser ruhen lassen sollen. Was hast du jetzt vor?«

»Was, denkst du, könnte ich vorhaben? Etwas, das dir schaden könnte?«

»Das kommt darauf an. Wem hast du noch davon erzählt?«

»Was glaubst du? Vielleicht habe ich niemandem davon erzählt. Vielleicht habe ich nur eine gute Geschichte gebraucht.«

»Das sind mir zu viele Vielleicht.« Eine Hand schoss vor, krallte sich um ihren Hals und drückte zu. »Sag schon. Wem?«

»Niemandem.« Sie rang nach Luft. Als die Hand mit dem Stein auf sie zukam, wusste sie es. Das war die falsche Antwort.

Donnerstag – 1. Mai

ZWEI

In Heinrich Wiesenbergs Subaru rumpelte die Gasflasche hin und her, als er das steile Stück des ausgefahrenen Weges in Angriff nahm. Die Sonne glitzerte in den Tautropfen auf der Wiese. Aber bis zur Ankunft der Gäste, die hier den Ersten Mai feiern wollten, würde das Gras längst trocken sein. Gemächlich lenkte er den Geländewagen durch die Fichtenschonung, und bald darauf öffnete sich vor ihm das Tal mit der saftig grünen Wiese.

In Augenblicken wie diesen fand er den Namen Teufelsgrund für diesen idyllischen Ort nicht angebracht. Als christlicher Mensch verband er das Wort Teufel mit Unheil. Woher, in aller Welt, sollte aber an diesem friedlichen, abgeschiedenen Ort Unheil drohen? Er lachte sein tonloses, asthmatisches Lachen und stellte das Auto wenige Meter vor den Fichten ab, die er vor Jahren geköpft hatte, als sie drohten, das Blockhaus zu überragen.

Keuchend lud er die schwere Propangasflasche ab und schleppte sie zum Häuschen. Dann holte er die Kiste mit den Grillwürstchen und wuchtete sie den Treppenaufgang hinauf. Er stellte sie auf der Terrasse ab und stützte sich schwer atmend auf das Geländer. Erst einmal tief durchatmen. Schuldbewusst sah er dabei auf seinen umfangreichen Kugelbauch hinunter. Asthma und Übergewicht passten zusammen wie Feuer und Wasser. Sein Atem wurde zunehmend ruhiger, und er wandte sich der Eingangstür zu.

Himmelherrgott noch mal! Aufgebrochen! Konnten denn diese verdammten Bengel die Hütte nicht in Frieden lassen? Inzwischen musste doch jedem im Kahlgrund klar sein, dass es hier nichts zu holen gab. Seufzend griff er nach dem Schürhaken neben dem Holzofen und begann seinen Rundgang. Sollte er auf betrunkene Jugendliche treffen, könnte er ihnen mit dem Schürhaken schnell und unmissverständlich klarmachen, dass sie die Hütte unverzüglich zu verlassen hätten. Der Wohnraum und die Küche waren unverändert. Alles schien an seinem Platz zu sein und nichts fehlte. Kurzatmig stemmte er sich die enge Treppe ins Obergeschoss hinauf und inspizierte die beiden Räume. Mühevoll bückte er sich, um auch unter die Stockbetten zu schauen. Nichts! Warum hatten sie dann überhaupt eingebrochen? Womöglich gehörte das wieder einmal zu einem der zweifelhaften Scherze der gestrigen Walpurgisnacht.

Ratlos trat er auf die Veranda, die unter seinem Gewicht bedrohlich ächzte. Nirgends fand er Spuren der Einbrecher. Er stützte sich schwer auf die Brüstung, musterte die roten und weißen Geranien in den Pflanzkästen, die er um die Veranda herum angebracht hatte, und blickte nachdenklich über den Teufelsgrund. Alles schien wie immer zu sein, bis auf die aufgebrochene Tür. Wütend fuhr er sich durch sein grau gesprenkeltes zentimeterkurzes Haar. Früher hatte er pechschwarze Haare gehabt. Ein schöner Mann. Früher. Im Geiste überschlug er die Kosten und den Zeitaufwand für das Reparieren der Tür. »Saubande, verfluchte«, grollte er in sich hinein und wandte sich von der Brüstung ab. Dabei registrierte er aus den Augenwinkeln einen roten Fleck mitten in den Brennnesseln nahe der sumpfigen Quelle.

»Ihren Abfall haben sie auch liegen lassen, die Hundsbuben, die verflixten«, schimpfte er. Ausgerechnet sein Biotop hatten sie versaut. Hier ließ er alles so wachsen, wie die Natur es wollte. Und wie alles wuchs! Die ungewöhnlich warme Witterung hatte die Brennnesseln und das scharfzahnige Sumpfgras über Gebühr in die Höhe schießen lassen. Wie ein dichter Filz schirmten sie die Quelle ab, in der Molche schwammen.

Er würde den Abfall sofort wegräumen, denn schlechtes Benehmen zog weiteres schlechtes Benehmen nach sich. Gerade heute, am Maifeiertag, wo es hier im Tal vor Menschen nur so wimmeln würde, durfte er das von vornherein nicht einreißen lassen. Zornig polterte er ins Untergeschoss und zog ächzend seine Gummistiefel an, ohne die in diesem Sumpf kein Durchkommen war.

Das war kein Abfall. Was da vor ihm lag, als er die Stelle in den Brennnesseln erreichte, war ein Mensch. Vorsichtig zog er den roten Anorak, der über Kopf und Oberkörper ausgebreitet lag, zur Seite.

»Heiliger Himmel!« Entsetzt starrte er auf den Leichnam. Es war eine Frau. Blicklose, stumpfe Augen in einem blutüberströmten Gesicht.

Er konnte nicht anders. Einen Menschen einfach wie ein Stück Unrat liegen zu lassen, das war nicht mit seinem christlichen Weltbild vereinbar. Also rollte er den Anorak zusammen und schob ihn behutsam unter den Kopf der Toten. Ihre erstarrten Hände legte er aneinander. Danach durchforstete er sämtliche Jacken- und Hosentaschen nach seinem Handy. Plötzlich kam ihm die Erleuchtung. Er hatte es vorgestern in der Hütte liegen gelassen. Schnaufend stapfte er zur Blockhütte zurück und hoffte, dass es den Einbrechern nicht in die Hände gefallen war. Er entdeckte es schließlich in all dem Krimskrams, der sich im Laufe der Jahre auf den Fensterbrettern des Wohnraums angesammelt hatte, gab den Notruf durch und ließ sich dann auf die Bank neben der aufgebrochenen Eingangstür fallen.

Während er auf das Eintreffen des Notarztes und der Polizei wartete, rief er sich noch einmal die Tote vor Augen. Wie lange sie wohl schon in den Brennnesseln lag? Im Grunde konnte sie schon seit vorgestern Abend dort liegen, als er gegen acht Uhr abends die Teufelsmühle verschlossen hatte und nach Hause gefahren war. Gestern hatte er die Einkäufe für den heutigen Maifeiertag erledigt und war abends vor dem Fernseher eingeschlafen. Was hatte die Frau hier nur zu suchen gehabt?

Aus der Ferne erklang Sirenengeheul. Die Kahlgrundsheriffs und ihre Sirenen! Ein spöttisches Grinsen huschte über sein Gesicht. Sie wollen sich damit wohl Mut machen im unheimlichen Teufelsgrund. Ob er ihnen ein Schnäpschen anbieten sollte und sich auf den Schrecken hin auch eines genehmigen könnte? Er verwarf beide Ideen. Einen Schnaps hatten sie nicht verdient. Waren sie es nicht gewesen, die kürzlich die Asche in der Feuerstelle vor der Hütte durchwühlt und ihn dann beschuldigt hatten, unerlaubt Sachen verbrannt zu haben? Dabei waren es doch nur alte Dachlatten gewesen. Angesichts des belasteten Verhältnisses zur dritten Macht im Staate verzichtete er ebenfalls auf den Schnaps.

Mit schweren Schritten polterten zwei Polizisten die Holztreppe herauf. Polizeiobermeister Wolfgang Stenglein, der ältere der beiden, nahm seine Mütze ab. Dunkelbraunes, vom Mützenrand an den Kopf geklatschtes Haar kam zum Vorschein. Er lockerte es mit ein paar geübten Handgriffen auf.

»Morgen, Heinrich. Haben wir dich richtig verstanden? Du hast hier im Teufelsgrund eine Leiche gefunden?«

Heinrich Wiesenberg nickte und stemmte sich von der Bank hoch. Wortlos wies er den Beamten den Weg zum Fundort.

»Da!« Er zeigte ihnen am Rande der Brennnesseln die Richtung und hielt sich gern an die Anordnung, ihnen nicht zu folgen. Mit den Nesseln hatte er ausreichend Bekanntschaft gemacht.

Die Hände in den Hosentaschen vergraben, sah er zu, wie die Beamten in die Hocke gingen, und hörte sie im Gleichklang schimpfen: »Verdammte Nesseln, die brennen ja wie Feuer!«

Das Leben sorgte doch immer wieder für ausgleichende Gerechtigkeit. Heinrich Wiesenberg nickte zufrieden und ließ die Brennnesseln als Wiedergutmachung für die durchwühlte Asche gelten. Geduldig wartete er, bis beide wieder aus den Nesseln herauskamen. Den jüngeren der beiden Beamten, Polizeimeister Jens Habel, kannte er schon von klein auf. Aus dem würde noch was werden. Das war ein heller Bursche. Wollte der nicht zur Kripo?

Wolfgang Stenglein, ein erfahrener Mittvierziger, der stets ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Kahlgrundbewohner hatte, streifte Finger für Finger die Gummihandschuhe ab und fixierte dabei Heinrich Wiesenberg. »Hast du die Leiche angerührt?«

»Nein. Ich habe nur den Anorak weggezogen. Dann war mir alles klar.«

»Ach ja? Und die Leiche hat sich dann den Anorak unter den Kopf geschoben, damit sie bequemer liegt, und ihre Hände gefaltet?«

Heinrich Wiesenberg hatte im Laufe der Jahre schon manches Schüppchen Apfelwein mit Wolfgang Stenglein gebechert und konnte ihn im Grunde seines Herzens gut leiden. Aber jetzt brachte ihn der inquisitorische Blick des Beamten aus der Fassung.

»Herrgott noch mal. So reagiert man eben als Christenmensch«, brauste er auf.

Stenglein kniff wütend die Lippen zusammen. »Das hättest du lieber bleiben lassen sollen. Jetzt können wir uns auch noch mit deinen christlichen Spuren herumschlagen! Sicher hast du schon beim Hingehen zur Leiche wertvolle Spuren vernichtet.«

Beleidigt verschränkte Wiesenberg seine Arme wie eine Barriere über dem Kugelbauch. »Hinfliegen ging leider nicht.«

Stenglein nickte dazu nur abwesend und befahl seinem Kollegen, die Kripo zu informieren. Dann dirigierte er Wiesenberg zur Blockhütte zurück.

In diesem Augenblick rumpelte der Notarztwagen den Feldweg heran und wurde von Jens Habel mit dem Telefonhörer am Ohr in Empfang genommen.

Wolfgang Stenglein und Heinrich Wiesenberg sahen zu, wie Habel den Notarzt zur Leiche führte. Der Arzt kauerte sich nieder und stand bald darauf wieder auf. »Eingeschlagener Schädel«, rief er ihnen zu. »Das ist ein Fall für die Kripo und die Rechtsmedizin.«

Während sie auf das Eintreffen der Kriminalpolizei warteten, sicherte Jens Habel den Fundort der Leiche und sperrte weiträumig den Bereich um die Teufelsmühle mit rot-weißen Bändern ab.

Stenglein ließ sich einen genauen Bericht von Heinrich Wiesenberg geben und begutachtete die aufgebrochene Tür.

»Sie ist mit einem Schraubendreher aufgestemmt worden. Saubere Arbeit. Man sieht es auf den ersten Blick gar nicht. Scheint ein Profi gewesen zu sein. Aber warum nur, wenn rein gar nichts gestohlen wurde?«

»Das frage ich mich auch schon die ganze Zeit«, grollte Heinrich Wiesenberg und fletschte wütend sein für sein Alter erstaunlich weißes Raubtiergebiss. »Was mach ich nun mit den Wandergruppen, die bald hier eintreffen und grillen wollen?«

»Die schicken wir weiter Richtung Omersbach.«

»Und die Würstchen und Brötchen? Die verderben doch. In der Hütte gibt es keinen elektrischen Strom und damit auch keinen Kühlschrank. Soll ich die etwa auch nach Omersbach schicken?«

»Du könntest ja ein paar Würstchen für uns grillen«, schlug Wolfgang Stenglein vorsichtig vor und inspizierte dabei angelegentlich seine Fingernägel. »Bald wird hier nämlich die Hölle los sein, wenn die Leute von der Mordkommission, der Spurensicherung und der Rechtsmedizin auftauchen. Stunden werden die hier zu arbeiten haben, und ich könnte mir vorstellen, dass sie sich über ein paar gegrillte Würstchen freuen würden. – Natürlich zum Selbstkostenpreis.«

Wiesenberg überdachte eingehend den Vorschlag. Das war allemal besser, als die Würstchen auf den Abfall zu werfen. Aber das mit der durchwühlten Asche wurmte ihn nach wie vor. Deshalb gab er seinen Entschluss noch nicht preis und fragte beiläufig: »Hab ich eigentlich dir die Anzeige wegen unerlaubten Verbrennens von Gegenständen zu verdanken? Hast etwa du in meiner Asche herumgestochert?«

»Ich?« Wolfgang Stenglein zog eine beleidigte Miene. »Wahrscheinlich bist du mit deinen politischen Ansichten jemandem so gehörig auf den Fuß getreten, dass er dich aus Ärger angezeigt hat.«

Wiesenberg musterte Stenglein von der Seite und war nun endgültig überzeugt, dass dieser nicht zu den Schikanierern gehörte, die die Asche fremder Leute durchwühlten. So eine Hinterhältigkeit passte auch gar nicht zu ihm. Wenn dem Beamten etwas gegen den Strich ging, sagte er es stets frei heraus. Zudem sollte man sich mit der dritten Macht im Staate stets gut stellen. Entgegen seiner sonst üblichen bärbeißigen Art fragte er deshalb freundlich: »Möchtest du ein Glas Äppelwoi?«

Sein Apfelwein konnte sich mit denen im ganzen Umkreis messen. Er kelterte ihn selbst und ließ ihn hier bei den gleichbleibend kühlen Temperaturen im Keller der Hütte gären.

Stengleins Miene hellte sich auf.

»Gerne, aber einen Gespritzten. Bitte mehr Wasser als Wein. Immerhin bin ich im Dienst.«

Während der Polizeiobermeister sich Notizen zum Leichenfund und zur aufgebrochenen Hüttentür machte, ging Wiesenberg mit einem Bembel in den Keller. Dabei überlegte er, welchen Preis er für die Würstchen verlangen konnte, ohne den Eindruck zu erwecken, er wolle aus der Situation pietätlos Kapital schlagen. Aber bedeutete ›Selbstkosten‹ nicht, dass man selbst auch auf seine Kosten kam?

DREI

Hauptkommissar Bernd Rieker warf einen prüfenden Blick auf seine junge Kollegin Andrea Herbst.

Hoffentlich machte sie beim Anblick der Leiche nicht schlapp. Er konnte sie nicht recht einschätzen. Seit sie, von Omersbach kommend, in den ausgefahrenen Forstweg eingebogen waren, schaute sie nur stumm aus dem Fenster. Als Umläuferin war sie vor knapp drei Wochen seiner Dienststelle zugeteilt worden, damit sie sich über die Polizeiarbeit kundig machen konnte. Sie erlernte als angehende Polizistin einen ausgesprochenen Erfahrungsberuf, bei dem die älteren Kollegen die jungen Anfänger unter ihre Fittiche nahmen und ihnen zeigten, was zu tun ist.

Zuerst hätte er sie am liebsten einem anderen Kollegen aufs Auge gedrückt, denn mit jungen Frauen im Polizeidienst hatte er bislang keine Erfahrungen. Als Vater von zwei Söhnen fehlte ihm zudem auch im privaten Bereich die Möglichkeit, einschätzen zu können, was man jungen Frauen tatsächlich zumuten durfte. Nach reiflichem Überlegen hatte er jedoch beschlossen, sie ins kalte Wasser springen zu lassen. Er würde schon sehen, was sie aushalten konnte. Und bisher machte sie sich gut. Gestern hatte er ihr nach der Dienstbesprechung das Du angeboten, als er feststellte, dass er inzwischen der Einzige war, mit dem sie sich noch siezte.

Als sie um die Biegung herumfuhren und die Teufelsmühle mit den vielen Streifenwagen, dem Auto des Rechtsmediziners und dem Leichenwagen davor sichtbar wurde, kam Leben in Andrea Herbst.

»Du warst wohl schon einmal hier?«, fragte sie. »Allein hätte ich den Weg niemals gefunden.«

»Als Kind kam ich oft her. Wir machten mit der Schule immer wieder mal einen Ausflug zur Teufelsmühle. Ich glaube, das war das Wandertagsprogramm vieler Schülergenerationen in der Umgebung. Meine Großeltern waren schon hierher gewandert, und meine Eltern ebenfalls.«

Andrea Herbst nickte. Ausflüge dieser Art kannte sie gut. Sie selbst stammte aus Mespelbrunn, und die Mentalität der Spessartbewohner war ihr durchaus vertraut. Bei den lokalen Sehenswürdigkeiten kannte sie sich aber weniger gut aus. Während ihres Studiums in Fürstenfeldbruck hatte sie es vorgezogen, sich ausführlich in der aufregenden Münchener Szene umzuschauen. Die Zuweisung zur Alzenauer Polizeiinspektion hatte sie deshalb ziemlich gefuchst. Eine größere Stadt mit entsprechend höherem kriminellen Potenzial wäre ihr viel lieber gewesen. Hoffentlich erwies sich wenigstens der Mordfall, zu dem sie nun gerufen wurden, als halbwegs interessant.

Zackig schwang sie ihre Beine aus dem Auto und nahm die Blockhütte näher in Augenschein. Die Sonne überflutete inzwischen das enge Tal – eine Idylle. Nur die Polizisten störten. Sie entdeckte Jens Habel von der Schutzpolizei und winkte ihm zu. Er lotste gerade eine Horde Kinder samt Eltern im Gänsemarsch an der weiträumigen Absperrung vorbei. Die Eltern machten noch enttäuschtere Mienen als ihre Kinder, da sie nun die lästige Bürde eines alternativen Ausflugprogramms zu tragen hatten.

Polizeiobermeister Wolfgang Stenglein kam auf sie zu und berichtete ihnen, wie und in welchem Zustand sie die Leiche vorgefunden hatten.

Bernd Rieker dankte ihm und seufzte beim Anblick der Kindergruppe: »Hoffentlich bleiben sie hinter der Absperrung und zertrampeln keine wichtigen Spuren.« Danach strebte er dem Treppenaufgang der Hütte zu, auf dessen oberster Stufe Heinrich Wiesenberg wie ein Granitblock aufragte.

»Na, Heinrich, altes Haus, übertreibst du nicht ein wenig mit den Leichen im Teufelsgrund? Wer weiß, vielleicht stapelst du sie gar schon in deinem kühlen Keller? Zumindest von einer weiß ich noch«, flachste Rieker, als er sich an Wiesenbergs Leibesfülle vorbeidrängte.

»Noch so einen vor Geist sprühenden Witz, und ich streiche dich von meiner Äppelwoi-Liste. Ihr Polizeifuzzis habt ja überhaupt keine Ahnung, wie geschäftsschädigend das alles ist. Bald traut sich niemand mehr hier herunter in den Teufelsgrund.«

Bernd Rieker war fest entschlossen, die personifizierte Friedfertigkeit zu bleiben und hob beschwichtigend die Hände. »Gib mir bitte einen Gespritzten und erzähl mir, was passiert ist.« Er wies auf Andrea. »Das ist übrigens meine Kollegin, Frau Herbst.«

Der Hüttenwirt warf einen zutiefst misstrauischen Blick auf die junge Frau. Mit ihren zum Pferdeschwanz gebundenen hellbraunen Haaren sah sie wie ein Teenager aus. Waren die bei der Polizei noch zu retten? Kein Wunder, dass die bei der Verbrechensaufklärung so hinterherhinkten. Mit finsterer Miene holte er zwei der im Rautenmuster geriffelten Apfelweingläser aus der Küche, langte nach dem graublauen Steingutbembel und schenkte ein Glas halb voll. Den Rest füllte er mit Mineralwasser auf.

Sein durchdringender Blick musterte Andrea. »Und Sie? Ich sag's aber gleich: Milch habe ich nicht hier. Die wird mir nur sauer.«

»Das Gleiche bitte.« Andrea Herbst lächelte dem Wirt freundlich zu. An Provokationen dieser Art war sie gewöhnt.

Bernd Rieker und Andrea Herbst griffen zum Glas und lauschten aufmerksam Wiesenbergs Bericht. Es gefiel ihnen gar nicht, dass er die Tote bewegt hatte. Womöglich hatte er dabei Spuren verfälscht oder gar eigene eingebracht. Als Wiesenberg geendet hatte, standen sie auf, traten an die Terrassenbrüstung und verfolgten die Arbeit der Spurensicherungskollegen.

Sie beobachteten, wie das Opfer von Kopf bis Fuß akribisch mit Haftstreifen abgeklebt wurde, um sämtliche Mikrospuren, die vielleicht vom Täter stammen könnten, zu sichern. Von der Toten und der Umgebung wurden Fotos und Videoaufzeichnungen gemacht. Es dauerte geraume Zeit, bis der Rechtsmediziner endlich mit seiner Untersuchung beginnen konnte.

Als Bernd Rieker sah, wie Dr. Werner Wegener die Messsonde, die er tief im Mastdarm der Leiche platziert hatte, herausnahm und sich Notizen zur Kerntemperatur machte, schloss er daraus, dass die Untersuchung dem Ende zuging. Er gab seiner jungen Kollegin ein Zeichen. Beide schlüpften in Schutzanzüge aus weißer Zellulose, stülpten blaue Schuhschützer über ihre Schuhe und zogen Handschuhe an, damit sie nicht aus Versehen selbst Spuren am Tatort einschleppten.

Nachdenklich musterte Rieker das blutüberströmte Gesicht der Frau, die nun auf einer Plastikplane ruhte und zum Abtransport bereit war.

»Was denkst du, WeWe, wie lange mag sie hier gelegen haben? Und wurde sie tatsächlich an dieser Stelle umgebracht?«

Werner Wegener verzog bei dieser Anrede schmerzvoll das Gesicht, als frage er sich, was die Leute eigentlich originell daran fanden, seinen Namen so zu verunstalten. Kommentarlos wandte er sich der Leiche zu seinen Füßen zu. Er hob einen Arm und bewegte ihn hin und her.

»Wie du siehst, ist die Totenstarre voll ausgebildet. Als Maximalwert würde ich zwanzig Stunden ansetzen. Von der Kerntemperatur her könnten es auch zwischen zwölf und sechzehn Stunden sein. Ihr müsst halt rumfragen, wann sie zum letzten Mal gesehen wurde.«

Als ob sie das nicht selbst wüssten. Rieker war enttäuscht, und WeWe sah ihm das an der Nasenspitze an. Immerhin arbeiteten sie schon lange zusammen. Er versuchte, ihn mit einer weiteren Information aufzumuntern.

»Anhand der Totenflecken bin ich nach dem ersten Augenschein der Ansicht, dass die Tote nicht nennenswert bewegt wurde. Somit wäre der Auffindeort auch der Tatort. Damit könnt ihr schon was anfangen, nicht wahr? Ich kann dir aber erst nach der Obduktion Genaueres sagen.«

WeWe griff in seinen Aluminiumkoffer und reichte dem Hauptkommissar eine Lupe. »Schau dir mal den Hals des Opfers an.«

Bernd Rieker nahm die Lupe und ging in die Knie. Eingehend betrachtete er die leichten Verfärbungen am Hals der Toten und gab die Lupe an Andrea weiter. »Das sieht mir sehr nach Würgemalen aus.«

Der Rechtsmediziner nickte. »Ich hätte sie fast übersehen, weil ihr Halstuch darüber lag. Nach meiner Erfahrung ist sie aber nicht bis zur Ohnmacht oder bis zum Tod gewürgt worden. Das hätte zu einer wesentlich stärkeren Ausbildung der Male geführt. Mit Sicherheit darf die massive Zertrümmerung des Schläfenbeins als Todesursache angesehen werden. Eure Leute haben das mutmaßliche Tötungswerkzeug, einen Stein, bereits sichergestellt. – Wenn ihr einverstanden seid, würde ich sie jetzt in die Rechtsmedizin bringen lassen.« Er nahm die Lupe, die Andrea Herbst ihm reichte, wieder an sich und verstaute sie in seinem Koffer.

»Warte noch einen Moment damit, ich möchte mir erst ein eigenes Bild von Leiche und Tatort machen. Lass dir von Wiesenberg in der Zwischenzeit ein paar Würstchen braten.«

In WeWes Augen blitzte es freudig auf. »Mal was Neues: Tatort mit Würstchenbraterei hatten wir auch noch nicht.« Und er machte sich beschwingt davon.

Bernd verschränkte die Arme im Rücken und drehte sich langsam um die eigene Achse. Andrea machte es ebenso. Auf diese Weise versuchten sie, sämtliche Einzelheiten zu erfassen. Jedes Detail war wichtig. Die Frau konnte buchstäblich aus allen vier Himmelsrichtungen gekommen sein: aus Niedersteinbach, aus Dörnsteinbach, aus Geiselbach und aus Omersbach. Ganz zu schweigen von den weiteren Ortschaften im Umkreis.

»Für mich gibt es ein paar Ungereimtheiten«, ließ sich Andrea nach einer Weile vernehmen.

»So. Und welche?« Rieker musterte sie interessiert. Es gefiel ihm, wenn junge Leute eigenständig dachten.

»Erstens ist es seltsam, dass die Frau nichts bei sich hatte. Keine Tasche, keinen Geldbeutel, keine Schlüssel, keine Ausweispapiere. Nichts. Absolut nichts. Frauen machen das üblicherweise nicht. Ohne alles wegzugehen, meine ich. Vielleicht hat der Täter die Sachen an sich genommen, um die Identifizierung der Leiche zu erschweren? Man könnte natürlich auch an einen Raubmord denken.«

»Könnte man.«

Andrea warf Bernd einen prüfenden Blick zu, doch der schaute mit unbewegter Miene in die Luft. »Zweitens das Halstuch der Toten über den Würgemalen.«

»Zufall. Könnte darüber gerutscht sein.«

»Oder der Täter hat es ihr bewusst darüber gezogen. Außerdem waren laut Aussage des Hüttenwirts Kopf und Rumpf mit dem Anorak bedeckt. Der Täter könnte das absichtlich gemacht haben. Sozusagen, um seine Tat ungeschehen zu machen. Das würde auf eine Beziehungstat hindeuten.«

Donnerwetter, diese Umläufer! Bernd Rieker nickte Andrea wohlwollend zu.

»Gut gemacht, Kollegin. Das alles müssen wir natürlich berücksichtigen. Dafür hast du dir ein paar Bratwürstchen verdient.«

Andrea freute sich und folgte ihrem Chef, der zielstrebig Wiesenbergs Grill neben dem Bach ansteuerte. Nie im Leben würde sie zugeben, dass sie bei dem schrecklichen Anblick der Toten butterweiche Knie bekommen hatte. Um ein Haar hätte sie auf die Leiche gekotzt. Und dazu noch die Schwärme von Fliegen, die sich kaum verscheuchen ließen und beharrlich danach trachteten, in die Körperöffnungen der Leiche einzudringen, um ihre Eier abzulegen. In den Lehrbüchern sah das viel weniger abstoßend aus.

Aber nach dem Lob war das alles vergessen, und sie griff nach dem Pappteller mit den Würstchen, den ihr Wiesenberg reichte. Sie gab einen dicken Klecks Senf dazu, nahm sich einen Weck und gesellte sich zu Bernd, der sich gerade mit dem Leiter des Spurensicherungstrupps unterhielt. Dabei musterte er eingehend den blutverschmierten Stein in der Plastikhülle.

Die Spurensicherung hatte eine Stelle hinter einer Weide entdeckt, an der die Brennnesseln so platt gedrückt worden waren, dass sie sich nicht mehr aufrichten konnten. Jemand hatte sich dort aufgehalten. Von dieser Stelle aus war der Tatort zwar nur schlecht einsehbar, aber eine aufrecht stehende Person hätte der Täter dennoch gut wahrnehmen können.

Er hätte sie beobachten, sich lautlos anschleichen und sie umbringen können. Bernd kaute bedächtig auf seinem Würstchen herum. Aber wer machte das? Wer setzte sich hinter einen Weidenbusch, wartete, bis zufällig jemand hier an der Teufelsmühle vorbeikam, und brachte ihn um? Nie im Leben war das eine Zufallstat. Dahinter musste mehr stecken. Entweder war der Täter dem Opfer gefolgt, oder sie waren miteinander verabredet.

Das Wichtigste war im Moment die Identifizierung der Leiche. Alle Leute in den umliegenden Ortschaften mussten befragt werden. Das bedeutete mühevolle und zeitraubende Kleinarbeit. Am besten würde es sein, sich auch über die Medien an die Öffentlichkeit zu wenden. Bernd ließ sich vom Spurensicherer die Fotos von der Toten zeigen und war enttäuscht. Die sahen durch die Bank zum Fürchten aus und eigneten sich nicht zum Herzeigen. Er brauchte ein barmherzigeres Foto und erklärte dem Spurensicherer sein Problem.

Doch der sah darin keine Schwierigkeit: »Keine Sorge. Ich mach dir sofort ein passables Foto. Wir müssen uns aber beeilen. Der WeWe will die Leiche gerade abtransportieren lassen.«

Zufrieden betrachtete Bernd im Display der Digitalkamera das Foto, das ihnen buchstäblich in letzter Minute gelungen war. Das würde er im Kommissariat noch ein wenig retuschieren und entsprechend viele Abzüge machen lassen, damit umgehend mit der Befragung begonnen werden konnte. Außerdem würde er noch heute eine Pressekonferenz abhalten. Ein gutes Verhältnis zu den Medien, der vierten Macht im Staat, zahlte sich immer aus. Bereits in den Abendnachrichten und natürlich am nächsten Morgen in den Zeitungen würden seine Informationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Er sah sich nach Andrea um und spürte sie endlich hinter dem Weidenbusch auf, der offenkundig auch dem Täter Deckung gegeben hatte. Neben ihr kauerte Jens Habel, die Augen auf den Tatort gerichtet. Vermutlich erläuterte er ihr seine Theorie des Tathergangs. Bernd gab ihr das Zeichen zum Aufbruch und registrierte, wie ungern sie sich vom Schauplatz des Verbrechens trennte. Sie nahm ihren Job offenbar sehr ernst, das gefiel ihm.

Freitag – 2. Mai

VIER

Hauptkommissar a.D. Karl Störzlein massierte mit Ingrimm sein steifes Bein, das ihn an einem Morgen voll Sonnenschein und Schönwetterwölkchen, wie heute, besonders ärgerte. An so einem Tag hätte er nichts lieber getan als sein Häuschen in Mömbris zu verlassen, um einen ausgiebigen Spaziergang durch die lieblichen Spessartwälder zu unternehmen. Doch gerade das war ihm verwehrt.

Vor zwanzig Jahren, mit achtundfünfzig, war er mit seinem Motorrad ins Schleudern gekommen und fürchterlich gestürzt. Bedauerlicherweise war das nicht während einer rasanten Verbrecherjagd geschehen. Mit so einer Verletzung hätte er sich aussöhnen können. Das hätte ihm den Nimbus eines Helden verliehen.

Aber nein. Eine ordinäre Eisplatte, die sich tückisch unter altem Laub verbarg, hatte ihn an einem dienstfreien und sonnigen, aber eiskalten Aprilmorgen zu Fall gebracht, als er mit seiner Yamaha die kurvenreiche Straße am Engländer entlangbretterte. Das Wirtshaus war ein im ganzen Spessart beliebter Biker-Treff, zu dem er seit dem Unfall nur noch mit seinem Auto mit Automatikgetriebe gelangen konnte. Doch darauf verzichtete er. Er hatte seinen Stolz. Nicht einmal der hartgesottenste ehemalige Biker fuhr zu einem Bikertreff mit einem kreuzlahmen Automatikgetriebe.

Griesgrämig saß er am Küchentisch vor den Resten seines Frühstücks und blätterte ohne große Lust und Interesse im Main-Echo. Doch das änderte sich, als er die Seite drei aufschlug.

Mord in der Teufelsmühle Wer kennt die Tote?

Gestern Vormittag gegen neun Uhr machte der Pächter der Teufelsmühle, Heinrich W., eine grauenvolle Entdeckung. Nur wenige Meter von der Blockhütte entfernt lag die Leiche einer Frau.

Sachdienliche Hinweise, die zur Identifizierung der Toten führen, nimmt die Polizeidienststelle Alzenau entgegen.