Es lebe Captain Future

Es lebe Captain Future

 

40 Jahre Kult in Deutschland

 

Reinhard Prahl & Thorsten Walch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

Originalausgabe | © 2020

Verlag in Farbe und Bunt

Am Bokholt 9 | 24251 Osdorf

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Alle Rechte liegen beim Verlag.

 

Herausgeber: Björn Sülter

Lektorat & Korrektorat: Telma Vahey

Cover-Gestaltung & E-Book-Erstellung: E. M. Cedes

 

ISBN: 978-3-95936-187-3 (Ebook)

ISBN: 978-3-95936-186-6 (Print)

Vorwort von Reinhard Prahl

 

Neben Star Trek, Star Wars, Raumpatrouille Orion und Mondbasis Alpha 1 prägte in meiner Jugend vor allem Captain Future meine Vorstellungen von einer raumfahrenden Zukunft der Menschheit. Mit damals gerade einmal 13 Jahren kannte ich die Romane des Autors Edmond Hamilton (1904 – 1977) nicht, als die japanische Zeichentrickserie 1980 erstmals in Deutschland über die Bildschirme flimmerte.

 

Doch sie war anders als alle anderen Animationsserien, die ich bis dahin gesehen hatte und weckte schnell meine Leidenschaft für Curtis Newton alias Captain Future. Die Abenteuer des rothaarigen Kämpfers für die Gerechtigkeit und seiner Mitstreiter, das »lebende Gehirn« Professor Simon Wright, der stählerne Roboter Grag sowie der Androide Otto brannten sich ebenso tief in meines, wie auch das popkulturelle Gedächtnis einer ganzen Fernsehgeneration. Doch auch die Weltraumpolizisten Joan Landor und Ezella Garnie eroberten mein Herz im Sturm. Und welcher 13-Jährige träumt nicht davon, so mutig und draufgängerisch wie Ken Scott zu sein? Er durfte seinem Idol mutig hinterhereifern und mit ihm spektakuläre Abenteuer erleben. Im Lauf der Serie gerät er in so manche missliche Lage, aus der ihn der Zauberer der Wissenschaft dann befreit.

 

Die Tatsache, dass Captain Future eben keine Realserie oder ein Kinofilm war, wirkte sich in keiner Weise störend aus. Im Gegenteil. Der Stil von Animeserien war uns Kindern der 70er und frühen 80er Jahre bereits durch die weniger actiongeladenenen Wickie und die starken Männer (1974), Heidi (1974), Die Biene Maja (1975) oder Pinocchio (1976) bekannt. All diese Kinderserien wurden in Japan produziert und bereiteten uns auf den innovativen Stil vor, der schließlich von den Toei Studios verwirklicht werden sollte. Der Unterschied war, dass Captain Future nicht für Kinder im Vorschulalter, sondern für die Altersgruppe ab 12 Jahren entwickelt worden war. Deshalb wagte sich die Serie an Themen, die ansonsten im Kinderfernsehen jener Tage eher tabu waren. Das Konzept der Space Opera mit unverkennbaren Western-Anleihen funktionierte jedenfalls bei mir prächtig. Noch heute fühle ich mich beim regelmäßigen Re-Watching bestens unterhalten und trage stolz auf Conventions mein Captain Future T-Shirt.

Für mich am Erstaunlichsten ist aber die Tatsache, dass eine 52-teilige Animeserie, die in Deutschland auf 40 Episoden gekürzt wurde, auch heute noch unvergessen ist. Mehr noch! Curtis Newton und seine Freunde genießen Kultstatus.

Das macht sich nicht zuletzt an der überwältigenden Bewegung im Franchise der letzten Jahre fest. Seit 2011 erscheinen im Golkonda Verlag Edmond Hamiltons Romane in einer wunderschönen Neuauflage. Sieben Bände plus zwei weitere mit allen Kurzgeschichten und ein Sachbuch sind publiziert. 2012 gesellte sich der Maritim Verlag mit einer von Sebastian Pobot produzierten Hörspielserie dazu, die auf den Golkonda-Veröffentlichungen beruhen. Hier liegen bislang fünf Staffeln auf insgesamt 25 CDs vor. Last but not least machen seit Jahren immer wieder Gerüchte über eine Real-Filmumsetzung von Christian Alvart (Pandorum) die Runde, die sich seit 2010 in der Planung befindet. Seit November 2018 verdichten sich die Indizien und mit etwas Glück beginnt der Dreh zum ersten von drei geplanten Teilen in Kürze. Wer also geglaubt hätte, eine eigentlich kurzlebige Animeserie könne im Fandom kein nachhaltiges Echo hinterlassen, täuscht sich gewaltig. Captain Future ist beliebt wie eh und je und im Jahr 2020 feiern wir 40 Jahre Captain Future in Deutschland. Zeit also, dem Kindheitshelden so vieler SciFi-Fans endlich in Sachbuchform zu huldigen.

Bevor wir das tun, möchten wir Ihnen als Leser noch einige einleitende Worte mit an die Hand geben. Es lebe Captain Future bezieht sich überwiegend auf das, was den Zauberer der Wissenschaften in Deutschland so beliebt gemacht hat: die TV-Serie, ihre Sprecher und die wundervolle Filmmusik von Christan Bruhn. Die inszenierten Hörbücher des Maritim Verlages folgen der Serientradition, indem, soweit wie möglich, auf die Sprecher aus Zeiten der ZDF-Synchronisation zurückgegriffen wurde. Darüber hinaus erwarb das Label die Lizenz für Christian Bruhns Soundtrack, ohne den Captain Future heute nicht das wäre, was es ist.

Die nicht verfilmten Romane werden in einem eigenen Kapitel erfasst. Da diese in unseren Breitengeraden allerdings wesentlich weniger bekannt sind, entschieden wir uns für eine weniger ausführliche Bearbeitung. Damit ist dieses Buch sicherlich nicht der ganz ultimative Guide durch das Hamilton’sche SciFi-Universum, das sich der eine oder andere Fan gewünscht haben mag. Nichtsdestotrotz halten Sie heute das ausführlichste – und bislang einzige – Sachbuch zum Thema Captain Future – Die Zeichentrickserie in Ihren Händen. Nun aber im Spiralflug auf zum Sternbild des Schwans, den Abenteuern eines Helden entgegen, der viele deutsche Fans seit ihrer Kindheit und Jugend begleitet. Es lebe Captain Future!

Vorwort von Thorsten Walch

 

Es gab noch keine Mangas und keine Animes, als Captain Future hier zu uns nach Deutschland kam. Jedenfalls nicht im hiesigen Sprachgebrauch. Natürlich benutzte man diese Begriffe im Reich der aufgehenden Sonne schon seit der Nachkriegszeit, in der die ersten Erzeugnisse japanischer Zeichentrickkultur herausgekommen waren. Hier bei uns begann man damit erst in den frühen 90er Jahren, als Katsuhiro Otomos dystopisches Meisterwerk Akira breitere Beachtung fernab der Kunst-Szene erfuhr, und die heutige breit gefächerte Manga- und Anime-Fangemeinde begann sich wenig später zu formieren.

Aber am 27. September des Jahres 1980 kannte noch niemand Mangas und Animes. Japanische Zeichentrickfilme und -Serien allerdings schon, genaugenommen hatte es in Deutschland seit den 70er Jahren einen wahren Boom gegeben. Wie Kollege Prahl schon schrieb, bereicherten Die Biene Maja, Pinocchio, Sindbad, Wickie und die starken Männer sowie natürlich Heidi und die rührende Geschichte des kleinen Marco das nachmittägliche Fernsehprogramm für die Kleinen, das man damals noch die »Kinderstunde« nannte. Science-Fiction-Serien waren jedoch nicht darunter, obwohl es sie im Herkunftsland von Ultraman und Godzilla ganz ohne Zweifel ebenfalls gab. Und harte, fast erwachsene Burschen wie der damals 12jährige Verfasser dieser Zeilen schauten sich natürlich keine solchen Kindersendungen wie die schon genannten (mehr) an, jedenfalls hätten sie das niemals zugegeben. Doch die Aussicht auf ein gezeichnetes Weltraumabenteuer brachte auch seine Augen zum Leuchten.

Science-Fiction hatte sich damals auch hierzulande endgültig zu einem Mode-Genre entwickelt. Krieg der Sterne, gefolgt von Kampfstern Galactica, war im Kino zu sehen, im Fernsehen war gerade die erste Wiederholung von Raumschiff Enterprise zu Ende gegangen, wovon man zu Ostern ebenfalls einen ersten Kinofilm herausgebracht hatte. Gerade war außerdem ein Disney-Film mit dem Titel Das schwarze Loch in den Lichtspieltheatern angelaufen, und natürlich wartete man atemlos auf den zweiten Star Wars-Film im Dezember. Da kam Captain Future genau zur rechten Zeit, um ein Riesenerfolg im TV zu werden, genaugenommen beim Zweiten Deutschen Fernsehen, dem ZDF, das die neue Serie zeigen würde. Die Handlung basierte auf einer Romanserie des Autoren Edmond Hamilton aus den 40er Jahren, von der man in den 60er Jahren einige Geschichten in der Reihe »Utopia Zukunftsroman« in deutscher Übersetzung veröffentlicht hatte. Aber daran erinnerte sich fast 30 Jahre später freilich niemand mehr.

Der erste Eindruck von der Zeichentrickserie war dann demzufolge auch der einer Mischung aus Krieg der Sterne und Raumschiff Enterprise. Da war dieser wissenschaftlich hoch gebildete Captain des Raumschiffes Comet mit seiner Crew, die aus dem Roboter Grag und dem Androiden Otto bestand, die sich ebenso oft und gerne zankten wie schon Mister Spock und Doktor McCoy.

Joan Landor von der Weltraumpolizei unterstützte die Helden nach Kräften bei ihren Abenteuern, der wissenschaftliche Berater war das mittels eines fliegenden Apparates überlebende Gehirn des genialen Professors Simon Wright, und der kleine Waisenjunge Ken Scott schließlich war die Identifikationsfigur für das junge Publikum. Gemeinsam kämpfte das Team gegen alle möglichen und auch unmöglichen Bösewichter.

Die meisten japanischen Zeichentrickserien wurden damals auf 52 Episoden festgelegt. Die Folgen erzählten zusammenhängende Gesamtgeschichten, die mitunter stark gekürzt und auch in ihrer ursprünglichen Ausstrahlungsreihenfolge verändert wurden, um eine 25-minütige Episode pro Woche zu ergeben. Doch auch davon wusste damals noch niemand etwas, und Captain Future trat seinen Siegeszug an. Unvorstellbar in der heutigen Zeit, aber viele Eltern liefen Sturm gegen die Serie, die in ihren Augen erheblich zu brutal und auch zu unrealistisch für die lieben Kleinen war. Dies führte gar zu einer Warnung in einem damaligen Schulbuch. Dass diese sie dennoch eifrig mitverfolgten, zeigten allerdings die Einschaltquoten, die recht erstaunlich für eine Serie aus der Kinderstunde waren.

 

Und da man damals gerade den Bereich des Merchandising-Verkaufes als Geldquelle für sich entdeckt hatte, dauerte es nicht allzu lange, bis man pünktlich zum damaligen Weihnachtsgeschäft Actionfiguren zur Serie, Comic-Adaptionen sowie die zündende Musik aus der deutschen Fassung von Erfolgskomponist Christian Bruhn auf Schallplatte kaufen konnte.

Und so wurde Captain Future also zu einem ausgesprochenen TV-Kult hier bei uns. Mit dem Aufkommen der Science-Fiction- und Phantastik-Media-Fan-Szene, dem viel genannten »Fandom«, fanden auch die Zeichentrickabenteuer des Captain Future einen kleinen, aber festen Platz darin, den die Serie bis heute behauptet hat. Schließlich erschien sie gar auf DVD und Blu-ray und kann somit von den nächsten Generationen an Science-Fiction-Fans genossen werden.

Und noch mehr als das: In den heutigen Zeiten, in denen allzu gern Altbekanntes und Beliebtes wieder ausgegraben wird, um ein »Reboot« zu erschaffen, ist bereits seit Längerem die Rede von einer Fortsetzung der Serie, möglicherweise gar als aufwändiger Kinofilm. Aber dem soll an dieser Stelle nicht vorgegriffen werden, davon wird es noch zu lesen geben.

Reisen wir also zunächst zurück in der Geschichte und werfen wir gemeinsam einen Blick darauf, wie Captain Future entstand, das wurde, was er noch heute ist und was vielleicht noch alles daraus werden kann. Anschnallen bitte, Comet startet!

Prolog: Edmond Hamilton

 

Captain Futures Vater und einer der Schöpfer der Weltraum-Oper

Fragt man heute in einer Runde Interessierter nach den prominentesten Science-Fiction-Autoren, dann fallen meist die gleichen Namen. Isaac Asimov ist ziemlich sicher darunter, ebenso sein Kollege Arthur C. Clarke. Robert A. Heinlein ist vielleicht auch mit dabei, ebenso natürlich Ursula K. LeGuin, C.J. Cherryh sowie die unter dem männlichen Pseudonym James Tiptree, Jr. bekannt gewordene Alice B. Sheldon, um den beträchtlichen weiblichen Anteil der zukunftsorientierten literarischen Zunft nicht zu vergessen.

Science-Fiction ist ein ungemein vielfältiges Genre: Dystopien, die eine negativ gefärbte Zukunft der Menschheit oder auch anderer Völker schildern, sind ebenso darunter wie Darstellungen paralleler Welten, in denen die Entwicklung einen anderen Verlauf genommen hat als in unserer eigenen Wirklichkeit, während es an anderer Stelle um hypothetische Kontakte mit außerirdischen Intelligenzen geht, und vieles weitere mehr.

 

Wildwest im Weltraum

Zu den beliebtesten Sub-Genres innerhalb der Science-Fiction gehört jedoch zweifellos die Space Opera, stets etwas unbeholfen als Weltraum-Oper oder auch gelegentlich Weltraum-Western in Anlehnung an die teilweise Verwandtschaft mit diesem Bereich übersetzt. »Western werden als Pferde-Opern bezeichnet, die morgendlichen Hausfrauen-Schnulzen als Seifen-Opern. Für das billige, mühsame, stinkende, abgenutzte oder auch weltrettende Weltraumgarn schlagen wir die Bezeichnung Weltraum-Oper vor.«, postulierte bereits im Jahr 1941 der amerikanische Science-Fiction- und Kriminalautor Wilson Tucker, einer der Gründerväter des weltweiten Science-Fiction-Fandoms.

Als Space Opera gilt also jener Teilbereich der Science-Fiction, in dem stark handlungsorientierte Erzählungen dominieren, die im interplanetaren oder intergalaktischen Raum spielen und in denen es häufig um Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Sternenreichen geht.

Neben dem Universum des Captain Future, von dem das vorliegende Buch handelt, gehören heutzutage natürlich die Film- und Fernsehwelten von Star Trek und Star Wars zu den bekanntesten Vertretern der Space Opera. Doch waren es nicht Leute wie Gene Roddenberry oder George Lucas, welche die Space Opera aus der Taufe gehoben haben. Die Geschichte dieses wichtigen Bestandteils der Science-Fiction beginnt früher – viel früher. Tatsächlich war einer ihrer allerersten Vertreter ein Science-Fiction-Autor namens Edmond Hamilton, den Captain Future-Fans als den geistigen Vater ihres Helden kennen. Doch auch Hamilton, dessen erste Captain Future-Geschichte im Jahr 1940 in den USA erschien, war nicht der eigentliche Erfinder der Space Opera. Und der für die Science-Fiction richtungsweisende Weg des Edmond Hamilton führt unausweichlich über die Geschichte eines anderen bis heute prominenten Autoren des Genres, der nachfolgend kurz vorgestellt werden soll.

 

E.E. »Doc« Smith und seine Welten

Als Geburtsstunde der Weltraum-Oper nämlich gilt das Erscheinen des zwischen 1915 und 1919 geschriebenen, aber erst 1928 erstmals veröffentlichten Romans Die Abenteuer der Skylark (The Skylark Of Space) von Edward Elmer Smith (1890-1965), der in literarischen Kreisen unter dem Kürzel E.E. »Doc« Smith bekannt wurde. Smith war der erste Autor, der über gigantische Maschinen und kilometerlange Raumschiffe schrieb, auf denen und um die herum seine Helden ihre Abenteuer erlebten. Inspiration hatte Smith eventuell durch eine deutsche Heftroman-Serie erfahren, welche zwischen 1908 und 1911 erschien und den Titel Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff trug. Allerdings erlebte die Titelfigur, der »Luftpirat« Kapitän Mors, seine Abenteuer auf der – wenn auch ziemlich utopisch gefärbten – guten alten Erde, und die Romane wirkten wie eine triviale Version der Romane von Jules Verne.

Smith jedenfalls verschrieb sich nach einem gewissen Erfolg seines Romans fortan der Space Opera. Seinem ersten Skylark-Roman folgten drei Fortsetzungen, die in den USA in den Jahren 1930, 1934 und 1965 erschienen, ihren Weg allesamt aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg in deutscher Übersetzung in die hiesigen Buchläden fanden.

Ähnliches gilt für Smiths Lensmen-Zyklus, der aus 6 zwischen 1934 und 1950 erschienenen Romanen und verschiedenen Kurzgeschichten bestand. Ab 1975 erschien eine vierbändige, eher lose aufeinander aufbauende Fortsetzungs-Romanreihe der Autoren David A. Kyle und William B. Ellern. Smith erzählte darin die Geschichte des seit Jahrmilliarden (!!!) bestehenden Konfliktes zwischen den menschenähnlichen Arisiern und den amöbenhaften unmenschlichen Eddoriern. Die Arisier sind mit gewaltigen psionischen Geisteskräften ausgestattet, mit denen sie den Eroberungsgelüsten ihrer Feinde gegenübertreten. Aus den Nachfahren der Arisier entsteht schließlich die galaktische Polizeieinheit der besagten »Lensmen«, welche die zivilisierte Galaxis gegen die Nachfolger und Anhänger der Eddorier verteidigt.

Anhand dieser stark abgekürzten Handlungsbeschreibung lässt sich bereits unschwer das Auftauchen von Elementen erkennen, die bis heute oftmals Bestandteil des Space Opera-Subgenres sind.

Übrigens wurde auch der Lensmen-Zyklus in Form einer Anime-Zeichentrickserie verfilmt: Zwischen 1984 und 1985 kam die 25-teilige Serie Galactic Patrol Lensmen, hergestellt vom Studio MK Productions heraus.

Neben dem aus nur einem Roman und unterschiedlichen Kurzgeschichten bestehenden Vortex Blaster-Zyklus ((1941-1960) stammte schließlich noch der abenteuerliche Weltraumzirkus D'Alembert-Zyklus aus der Feder von E.E. »Doc« Smith. Die 10 zwischen 1976 und 1985 entstandenen Romane wurden in Zusammenarbeit von Smith und seinem Autorenkollegen Stephen Goldin geschrieben und schilderten die galaktischen Abenteuer einer mit diversen Mutantenkräften ausgestatteten Agententruppe.

Die Romane und Geschichten von E.E. »Doc« Smith besaßen zwar einen ungemein hohen Unterhaltungswert, galten bei ihrer Ersterscheinung jedoch als Trivialliteratur auf Groschenroman-Niveau, womit man ihnen mitunter Unrecht tut – und hin und wieder auch eher nicht.

 

Das Wunderkind

Und hier nun kommt Edmond Hamilton, der Vater von Captain Future, ins Spiel.

Edmond Moore Hamilton kam am 21. Oktober 1904 in der Stadt Youngstown im US-Bundesstaat Ohio zur Welt. Sein Vater Scott war ein bekannter Zeitungs-Karikaturist, während seine Mutter Maude als Lehrerin tätig war. Somit verbrachte der kleine Edmond mit seinen beiden älteren Schwestern seine ersten Lebensjahre in recht betuchten Verhältnissen auf einer kleinen Farm in der Stadt Poland ebenfalls in Ohio. Schon in seiner Kindheit galt der kleine Edmond als überdurchschnittlich begabt und befasste sich mit Themenbereichen, die seinem Alter sprichwörtlich um Lichtjahre voraus waren.

Im Jahr 1911 siedelte die Familie aus beruflichen Gründen seitens der Eltern nach New Castle in Pennsylvania um. Edmond begann nach seiner Schulzeit, die er bereits als 14-jähriges »Wunderkind« mit seinem Highschool-Abschluss beendete, im Jahr 1919 ein Physik-Studium am Westminster College in New Wilmington, Pennsylvania, dass er im Jahr 1921 als gerade einmal 17-jähriger abschloss. Während seiner Zeit in New Wilmington galt Hamilton, der deutlich jünger als seine Mitstudenten war, als introvertierter Sonderling, der bereits Pfeife rauchte und die literarischen Klassiker von Shaw, O'Neill und Ibsen las. Bereits nach dem ersten Studienjahr begann der junge Edmond, sich zunehmend zu langweilen, da ihm ein großer Teil der Lehrinhalte bereits durch seine Privatstudien bekannt war. Schließlich entdeckte er die Welt der damaligen Phantastik für sich, welche sich in Büchern von Autoren wie Edgar Rice Burroughs, H.G. Wells, George Allan England und Abraham »Abe« Merritt abspielte, der sein erklärter Lieblingsautor wurde. Ab dem Jahr 1922 arbeitete Edmond Hamilton zunächst bei der Eisenbahngesellschaft Pennsylvania Railroad, verlor seine Anstellung jedoch im Jahr 1924. Wie zuvor erwähnt interessierte sich der junge Edmond schon zu dieser Zeit glühend für die zeitgenössische Science-Fiction, die zumindest in ihrer modernen Form damals noch in ihren Kinderschuhen steckte. Inwiefern die damaligen Geschehnisse miteinander verknüpft waren, lässt sich beinahe 100 Jahre später freilich nicht mehr ermitteln, doch eine interessante Frage wäre zweifellos, ob der Verlust von Hamiltons Arbeit mit seiner Faszination für das Utopische zusammenhing und er seinen Job vielleicht deshalb verloren hatte, weil er mit seinen Gedanken bereits mehr in den unendlichen Weiten des Weltraums umherdriftete, als sich voll und ganz seinen beruflichen Aufgaben zu widmen.

Jedenfalls beschloss er nach dem Ende seiner Tätigkeit für die Pennsylvania Railroad, seine Brötchen zukünftig als freiberuflicher Schriftsteller zu verdienen.

 

Der Weltenretter

Es dauerte allerdings noch volle zwei Jahre, ehe erste Ergebnisse seiner neuen Berufswahl ersichtlich wurden.

In einem Interview, das Hamilton kurz vor seinem Tode im Jahr 1977 gab, äußerte er sich sehr farbig über seine Anfänge als Science-Fiction-Autor. Er sei sehr dankbar dafür, dass er zu einer Zeit in die SF-Szene kam, in der sich noch niemand Gedanken darüber machte, was Qualität und was Schund war. Mit den Sachen, die er in seinen Anfangszeiten schrieb, so Hamilton weiter, könne er heute (also in der ausgehenden Mitte der 70er Jahre) »keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlocken«. Die Science-Fiction sei in ihrer Frühzeit eine »esoterische Literatur« gewesen, die von einer anonymen Gruppe von Menschen sowohl geschrieben als auch gelesen wurde. Mittlerweile müssten junge Autoren »gleich richtig anfangen«, wenn sie damit begännen, derartige Geschichten zu schreiben, und hätten es deutlich schwerer als er und die anderen »alten Hasen« von einst, die mit ihrem damaligen Können in der modernen Zeit wohl keine einzige Zeile verkaufen würden. Harte Worte von einem der Begründer der Space Opera – aber auch zutreffende.

Edmond Hamiltons erste veröffentlichte Geschichte trug den Titel The Monster-God Of Mamurth und war deutlich inspiriert von den Geschichten seines literarischen Vorbildes, dem Autor Abraham »Abe« Merrit, der gewissermaßen eine frühe Mischung aus Fantasy und Science-Fiction schrieb, ähnlich wie der berühmte spätere Tarzan-Erfinder Edgar Rice Burroughs mit seinen John Carter-Geschichten, allerdings längst nicht so erfolgreich. Hamiltons The Monster-God Of Mamurth erschien in dem Pulp-Magazin Weird Tales und fand hier durchaus eine begeisterte Leserschaft, sodass Edmond Hamilton zu einem regelmäßigen Mitarbeiter der Zeitschrift wurde.

Weird Tales, erstmals 1923 erschienen, war nur eines einer ganzen Reihe von Pulp-Magazinen, die es damals in den USA für einen Penny-Preis zu kaufen gab und die heute als Vorläufer der Heftromane gelten. Enthalten waren nicht nur Science-Fiction-Geschichten, sondern auch solche aus den Bereichen Fantasy und Horror. Später weltberühmte Autoren wie H.P. Lovecraft (Cthulhu) und Robert E. Howard (Conan der Barbar) veröffentlichten ihre ersten Geschichten in Weird Tales und auch anderen Pulp-Magazinen (die es in den USA teilweise bis heute zu kaufen gibt). Der Begriff »Pulp« leitet sich ab von »Wood Pulp«, was »Holzschliff« bedeutet, und bezieht sich auf das billige, stark holzhaltige Papier, das in etwa mit Zeitungspapier zu vergleichen war und auf dem solche Magazine gedruckt wurden. Dadurch waren die »Pulps«, wie man sie abgekürzt nannte, deutlich billiger als die hochwertigen Hardcover-Bücher der damaligen Zeiten und galten zudem wegen ihrer vergleichsweisen einfachen Geschichten als bevorzugter Lesestoff des »kleinen Mannes«. Pulp-Magazine gab es aus den Bereichen »Liebesgeschichten« und »Kriminalstorys« ebenso wie aus verschiedensten anderen Bereichen. Im Gegensatz zu Romanheften jedoch beinhalteten Pulp-Magazine keine einzelnen Geschichten, sondern bestanden aus verschiedenen Short Storys.

Die allermeisten Geschichten von Edmond Hamilton und anderen Autoren, darunter auch der bereits angesprochene E.E. »Doc« Smith, erschienen teilweise erst viele Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung in Romanform. Ein damals beliebtes Format bei den Pulp-Magazinen waren Fortsetzungsgeschichten, durch die man den Leser zum Kauf auch der nachfolgenden Magazin-Ausgabe animieren wollte, und insbesondere bei den Werken Edmond Hamiltons ging diese Rechnung auf.

Und so schrieb Edmond Hamilton seinen ersten Science-Fiction-Geschichten-Zyklus, bei dem es sich … nein, (noch) nicht um Captain Future handelte, sondern um die leider nicht in deutscher Übersetzung erhältliche Story-Sammlung Interstellar Patrol, in der es um eine intergalaktische Polizeieinheit ging und die nach Ansicht nicht weniger Experten in weiten Teilen E.E. »Doc« Smiths späteren Lensmen-Zyklus vorwegnahm. Die insgesamt 8 Interstellar Patrol-Geschichten entstanden zwischen 1928 und 1934 und wurden erst 1965 in dem Buch Crashing Suns in den USA zusammengefasst veröffentlicht.

Auch der überwiegende Teil der Geschichten, die Hamilton in der Folgezeit teilweise unter verschiedenen Pseudonymen, darunter Stuart Merrick und Ethan Drew, schrieb, entstammten dem damals noch neuen Sub-Genre der Space Opera. Dabei vereitelten Hamiltons Helden derartig viele außerirdische Invasionen und Verschwörungen, dass man ihn in den damaligen Fan-Kreisen entsprechender Literatur mit dem Spitznamen »der Weltenretter« adelte.

Eine erste Sammlung von Edmond Hamiltons Kurzgeschichten in Buchform jedenfalls erschien im Jahr 1936 unter dem Titel The Horror On The Asteroid And Other Tales Of Planetary Horror. Wie der Titel bereits ahnen lässt, schrieb Hamilton neben Geschichten aus seinem bevorzugten Space Opera-Genre auch zunehmend Grusel-Geschichten, die teilweise bereits im »Space Horror«-Genre angesiedelt waren. Bei diesem handelte es sich um erste Crossovers der beiden Genres. Seit den 50er Jahren fand dieses weitere neue Sub-Genre in Filmen wie der britischen Quartermass-Reihe oder Planet der Vampire seinen Weg auf die Leinwand und erfuhr 1979 mit Ridley Scotts Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt den endgültigen Durchbruch. Zu Edmond Hamiltons bekanntesten Werken aus dem Horror-Genre gehören die zwischen 1933 und 1936 veröffentlichten Kurzgeschichten um den Mysterien-Jäger Dr. John Dale, die der Autor allerdings unter dem Pseudonym Hugh Davidson verfasste.

 

Ein neuer kosmischer Held

Die Geburtsstunde von Hamiltons unsterblichem Helden Curtis Newton alias Captain Future schlug im Jahr 1939: Während des allerersten Worldcon (später auch bekannt als World Science-Fiction Convention) in New York kam der Verleger Leo Margulies auf die Idee, eine eigens für Jugendliche konzipierte Science-Fiction-Serie auf den Markt zu bringen. Margulies war bekannt für seine stark quantitativ geprägte Vorgehensweise, und ihm wird das Zitat »We don't want it good – we want it Wednesday!« (»Wir wollen es nicht gut, wir wollen es am Mittwoch!«) zugeschrieben. Diese neue Jugend-SF sollte pro Ausgabe des geplanten neuen Magazins einen kompletten Roman statt einzelner Kurzgeschichten umfassen, womit dieses Konzept dem heutigen Heftroman entsprach. Margulies wandte sich mit seinen Plänen jedenfalls an Hamilton, der daraufhin Captain Future entwickelte. Anfänglich erschienen Hamiltons Captain Future-Romane in einem Magazin gleichen Titels, in späteren Jahren jedoch wurden sie im Magazin Startling Stories veröffentlicht.

Captain Future And The Space Emperor wurde im Jahr 1940 der allererste Roman mit dem neuen Helden. Erst 29 Jahre später, im Jahr 1969, kam er als Taschenbuch heraus. Bis zum Jahr 1951 erschienen 19 weitere Romane und sieben Kurzgeschichten mit Captain Future und seinem Team, von denen allerdings drei (die Nummern 14, 17 und 20) nicht von Edmond Hamilton selbst geschrieben worden waren.

Obwohl Captain Future für gute Verkaufszahlen sorgte, wurden die Romane und Geschichten nicht annähernd so erfolgreich wie die Abenteuer der beiden auch in Zeitungscomics auftretenden Helden-Kollegen Flash Gordon (1934 von Alex Raymond erfunden) sowie Buck Rogers (1928 von Philip Francis Nowlan erdacht). Sowohl Flash Gordon als auch Buck Rogers erfuhren jeweils mehrere Verfilmungen in Form der damals populären Kino-Serials (so besehen die Vorläufer heutiger Fernsehserien), in beiden Fällen verkörpert von dem ehemaligen Olympioniken Larry »Buster« Crabbe, und waren auch in Radiohörspielen vertreten. Dies war Hamiltons Held leider nicht vergönnt.

 

Privates Glück

Während seiner Zeit mit Captain Future lernte Edmond Hamilton in den frühen 40er Jahren auch seine spätere Ehefrau kennen: Leigh Douglas Brackett (1915-1978) war so wie er anfänglich Science-Fiction-Autorin gewesen. Unter anderem zusammen mit Ray Bradbury hatte sie seit 1940 Kurzgeschichten für Magazine wie Astounding und Planet Stories verfasst. Nachdem sie 1944 den Kriminalroman No Good From A Corpse geschrieben hatte, wurde der berühmte Filmregisseur Howard Hawks auf sie aufmerksam und engagierte sie, zusammen mit dem Bestseller-Autoren William Faulkner das Drehbuch zum Humphrey-Bogart-Klassiker Tote schlafen fest (1946) zu schreiben. Seitdem wurde Leigh Brackett zu einer bekannten Drehbuchautorin, unter anderem für Howard Hawks' Film-Klassiker Rio Bravo (1959), Hatari! (1962) und El Dorado (1966), in denen allesamt John Wayne die Hauptrolle spielte. Gleichzeitig jedoch verfasste sie weiterhin Science-Fiction-Romane, darunter die 6-bändige Eric John Stark-Reihe (1949 bis 1976) oder Einzelroman-Klassiker wie Am Morgen einer anderen Zeit (1955) und Alpha Centauri sehen und sterben (1963). Leigh Bracketts letztes Werk wurde der erste Drehbuch-Entwurf zum zweiten Star Wars-Film Das Imperium schlägt zurück, welchen George Lucas zwar stark abänderte, bei dem sie aber dennoch als Co-Autorin genannt wird.

Am 31. Dezember 1946 gaben sich der damals 42jährige Hamilton und die 31jährige Leigh Brackett das Ja-Wort und blieben bis zum Tode Hamiltons im Jahr 1977 verheiratet, gemeinsame Kinder hatten die beiden nicht. Nur ein Jahr nach Edmond Hamiltons Tod folgte Leigh Brackett ihrem Ehemann.

 

Im Zielfernrohr der Kritik

Doch zurück zu Captain Future. Obwohl die Romane sich durch die Bank gut verkauften und erwartungsgemäß begeistert von einem insbesondere jungen Publikum aufgenommen wurden, blieb die Bewertung Edmond Hamiltons und seines Werkes in der Kritiker-Szene des Science-Fiction-Genres stets zwiespältig. Während die einen – wie der SF-Schriftsteller und -Herausgeber Sam Moskowitz – in Hamilton »einen der meist unterschätzten (aber nicht ungeschätzten) SF-Autoren« sahen, der sich durch seine vergleichsweise trivialen Captain Future-Romane selbst das Wasser abgrub, während Autoren wie Asimov und Heinlein erste echte Klassiker des Genres schrieben, betrachtete Autorenkollege Don D'Ammassa Hamiltons Werk als »… so schlecht, dass seine Arbeiten in keinem anderen Genre hätten veröffentlicht werden können …«. So nahm er es in seinen Romanen und Geschichten im Gegensatz zu Asimov oder auch Clarke insbesondere mit den wissenschaftlichen Gegebenheiten nicht sonderlich genau und ließ etwa in einem Roman die Marsianer ihren sterbenden Planeten einfach in Erdnähe ziehen, wo er hängenblieb und sich an der Atmosphäre des Nachbarplaneten laben konnte. Für Hamilton stand vorwiegend spannende Unterhaltung und weniger die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse im Vordergrund, und sein unbestrittener Hang zum Trivialen machte es ihm in späteren Jahren schwer, mit seinen Ausflügen in die »ernsthafte« Science-Fiction ernst genommen zu werden. Obwohl er bis in die 60er Jahre hinein fleißig schrieb, kam der Löwenanteil des Einkommens der Familie Hamilton-Brackett ganz klar von seiner Frau Leigh aus deren Tätigkeit als Drehbuchautorin für Film und Fernsehen.

 

Neue Welten

Eine zusätzliche Einnahmequelle für Edmond Hamilton wurde ab 1946 seine Mitarbeit bei DC Comics, welche damals in ihre Nachkriegs-Ära, das so genannte »Silver Age«, startete. Bis 1966 schrieb er Geschichten für verschiedene Comics vorwiegend mit den beiden berühmtesten DC- Helden Superman und Batman, welche von verschiedenen Zeichnern der damaligen Zeit umgesetzt wurden. Obwohl Hamilton diese Art von Arbeit sicherlich ebenfalls eine gewisse Freude bereitete, entsprach sie doch nicht seiner eigentlichen lebenslangen Passion, dem Schreiben eigener Storys und Romane. Dennoch ging er ihr 20 Jahre lang nach, was durchaus für einen gewissen Erfolg spricht.

Edmond Hamiltons neben Captain Future bekanntestes Werk wurde der Star Kings-Zyklus von 1947 bis 1970, der neben zwei Romanen auch verschiedene Kurzgeschichten umfasste. Die beiden Romane wurden unter den Titeln Herrscher im Weltenraum – 200.000 Jahre später und Ihre Heimat sind die Sterne bzw. Rückkehr zu den Sternen von 1952 bis 1981 mehrmals bei verschiedenen Verlagen in deutschen Übersetzungen herausgebracht. Rückkehr zu den Sternen, für den Hamilton 1970 eine Reihe zusammenhängender Kurzgeschichten aus dem Star Kings-Zyklus zusammenfasste, gilt als Edmond Hamiltons letzte literarische Arbeit.

Nachdem der Magazin-Bereich in den USA seit den frühen 60er Jahren mehr und mehr zu stagnieren begann und sich das Science-Fiction-Genre vorwiegend im noch relativ neuen Taschenbuch-Sektor abspielte, begann auch Hamilton mit dem Schreiben von Romanen, die nicht für eine vorherige Veröffentlichung in den Pulps gedacht waren. Dazu gehört der dreibändige Starwolf-Zyklus, bestehend aus den Romanen Der Sternenwolf (The Weapon From Beyond, Erstveröffentlichung in den USA 1967, deutsche Übersetzung 1969), Todesschranke im Allubane (The Closed Worlds, Erstveröffentlichung in den USA 1968, deutsche Übersetzung 1969) sowie Die singenden Sonnen (World Of The Starwolves, Erstveröffentlichung in den USA 1968, deutsche Übersetzung 1969).

 

Edmond Hamiltons Vermächtnis

Bei alledem erfuhr Hamilton jedoch zeitlebens öffentliche Beachtung: Bereits 1934, noch zu Beginn seiner Karriere, war ihm der damals erstmalig ausgeschriebene Jules Verne Prize verliehen worden, 1964 war er der Ehrengast auf der damaligen WorldCon, und 1967 erhielt er den First Fandom Hall Of Fame Award.

Der Sammelband The Best Of Edmond Hamilton, unter dem Titel Das Beste von Edmond Hamilton auch in Deutsch erschienen, war das letzte Buch vom Vater Captain Futures und erschien nach seinem Tod am 1. Februar 1977. Zu dieser Zeit hatte der Autor bereits mehrere Jahre nichts mehr geschrieben und zurückgezogen zusammen mit seiner Frau in Lancaster im Bundesstaat Kalifornien gelebt.

Die Anime-Verfilmung der Abenteuer seines bekanntesten Helden Captain Future, welche ab 1978 in Japan realisiert wurde, erlebte er nicht mehr. Auch nicht, dass die Serie zumindest hier in Deutschland einen ausgesprochenen Boom auch auf die Bücher Hamiltons auslöste. Diese wurden damals samt und sonders vom Bastei-Verlag neuveröffentlicht, nachdem sie bereits in den 50er Jahren erstmals auf Deutsch erschienen waren, und bis heute sind diese Ausgaben gesuchte Sammlerobjekte, obwohl aus rechtlichen Gründen die Anime-Figuren aus der Serie nicht auf den Titelbildern erscheinen durften. Seit 2012 gibt es eine gelungene Neuauflage aus dem Golkonda-Verlag. Selbstverständlich hat der Stil der Serie wenig bis gar nichts mit den heute recht antiquiert wirkenden Romanen aus der Nachkriegszeit gemein, doch nichtsdestotrotz animiert die Serie bis heute junge Menschen zu einer Beschäftigung mit der klassischen Science-Fiction.

Bei aller Kritik an Edmond Hamilton bleibt eines bis heute unumstritten: Er gehörte zu den Pionieren eines Genres, das später ikonisch gewordene galaktische Weltenretter wie Captain Kirk vom Raumschiff Enterprise hervorgebracht hat. Und allein dafür gilt Edmond Moore Hamilton, dem »Weltenretter«, unser aller aufrichtiger Dank.

Teil 1: Die TV-Serie

 

Einführung

 

Als Captain Future nach Deutschland kam

Die TV-Serie zu Captain Future (im Original Kyaputen Fyûchâ) wurde bekanntermaßen im Jahr 1978 von Tōei Animation, damals noch Tōei Dōga Studios, produziert. Wie seinerzeit in Japan nicht unüblich, war auch diese Anime-Show nicht für kleine Kinder, sondern eher für Zuschauer ab 12 Jahren konzipiert, weshalb sie dort auch einen Sendeplatz im Abendprogramm erhielt. Dieser Tatsache trug man in fast allen Ländern, in die sie erfolgreich verkauft wurde, Rechnung. Man zeigte nämlich alle produzierten 52 Folgen ungekürzt. In Deutschland herrschte bis in die 90er Jahre allerdings eher die verbreitete Fehlansicht vor, dass Zeichentrick in jedem Fall gleichbedeutend mit Kinderunterhaltung sei. Diese Denkweise zog selbstverständlich Konsequenzen nach sich. Tōei hatte von den ursprünglichen 17 + 3 Originalromanen 13 (eigentlich 14, dazu später mehr) ausgewählt und als 4-Teiler zu je ca. 25 Minuten bearbeitet. Als Captain Future schließlich ab dem 27. September 1980 in Deutschland startete, waren aus den 4-Teilern 3-Teiler geworden und aus den ursprünglichen 52 Episoden 40. Somit fielen am Ende rund 25 Minuten pro Geschichte der Zensur zum Opfer. Vornehmlich Action-Sequenzen, aber auch ganze Nebenstränge wurden einfach eliminiert. Wir werden in den Besprechungen zu den einzelnen Folgen noch näher darauf eingehen. Lediglich Das Geheimnis der sieben Steine (nach dem Roman Captain Future and the Seven Space Stones) behielt seine ursprünglichen vier Folgen, obwohl man auch bei dieser Folge hier und da die Schere ansetzte.

Zudem war es in Deutschland nicht unüblich, neben der Synchronisation auch den Score zu verändern, eine Entscheidung, die sich allerdings in diesem Fall äußerst positiv auswirken sollte. Stammte im Original das Titellied vom japanischen Jazz-Musiker Yūji Ōno, verpflichtete man für die deutsche Fassung Christian Bruhn. Bruhn verpasste der Serie einen futuristischen Elektrosound mit Funk- und Popelementen, der nicht unwesentlich zum heutigen Kultstatus des rothaarigen Captains beitrug. Da allerdings der gesamte Ton auf einer Spur lag, musste man auch den Klangteppich neu herstellen. Auch hier drehte man kräftig an den Schrauben des Möglichen. Das Raumschiff der Futuremen, die Comet, klingt beispielsweise satter, Schussgeräusche aus Futures Waffe kräftiger und so weiter.

Die Synchronisation erwies sich ebenfalls als gute Wahl. Mit Hans-Jürgen Dittberner als Future, Friedrich G. Beckhaus als Grag, Jochen Schröder als Professor Simon Wright und Wolfgang Völz (der leider am 2. Mai 2018 verstarb) als Otto fand man ikonische Stimmen, die noch heute unvergesslich im Gedächtnis widerhallen. Sie verliehen der Captain Future-Reihe ein besonderes Flair, das alte und neue Fans geradezu magisch in ihren Bann zog und zieht. Leider jedoch brachte die Synchronisation wiederum einige Probleme mit sich, denn man strahlte die einzelnen Geschichten mit ihren Episoden in der Reihenfolge ihrer Fertigstellung aus. Die Japaner hielten sich hingegen weitestgehend an die Romanveröffentlichungen. Diese Vorgehensweise ergab Sinn, da Hamilton sich im Verlauf seiner Romane und Kurzgeschichten des Öfteren auf vorhergegangene Ereignisse seines Future-Kosmos bezieht. Die deutsche Ausstrahlungspolitik führte hingegen nicht nur bisweilen zu leichten Verwirrungen, sondern auch zu weiteren Schnitten.

All dies mag man den damaligen Verantwortlichen beim ZDF aus heutiger Sicht übelnehmen. Man darf jedoch nicht vergessen, in welcher Zeit Captain Future in Deutschland das Licht der TV-Welt erblickte. Tatsächlich löste die spätere Ausstrahlung trotz massiver Zensur und Kürzungen noch einige Proteste bei Eltern, Elternverbänden und Lehrern aus. Was in Zeiten von The Walking Dead und The Strain im TV als völlig normal durchgeht, konnte in den prüden beginnenden 80er Jahren durchaus in einem Skandal münden. Das ZDF hatte diese Erfahrung bereits einige Jahre zuvor mit einer japanischen Show machen müssen. Mit der 1971 im Vorabendprogramm ausgestrahlten Sci-Fi-Realserie S.R.I. und die unheimlichen Fälle zeigte man Mut. Skelettköpfe, durch Wände gehende Monster-Männer und Geister entsprachen aber nicht ganz dem Gusto der deutschen Erzieherschaft, weswegen man sich nach massiven Beschwerden auf eine einzige Ausstrahlung der synchronisierten 13 Folgen beschränkte.

Captain Future blieb dieses Schicksal zum Glück erspart, wenn sich das ZDF auch wiederum einiger Briefe von wütenden Moralaposteln erwehren musste. Der Wizard of Science durfte seine Reise im Raumschiff Comet bis zum Ende fortsetzen. Damit sind uns heute alle 13 ins Deutsche übertragene Geschichten erhalten geblieben. Inzwischen gibt es sogar eine Collectors Editon auf BluRay zu erwerben, die sowohl die japanische als auch die deutsche Fassung enthält. Jenen Fans, die die inzwischen horrende Summe nicht aufbringen können oder wollen, steht eine etwas weniger üppig ausgestattete Neuauflage oder die französische Version zur Verfügung. Diese verfügt allerdings leider nur über die französische Tonspur und keinerlei Untertitel. Im Übrigen liegen auf den Standard-DVD- und Blu Ray-Veröffentlichungen die Folgen in der Reihenfolge vor, in der sie in Japan, Frankreich, Spanien und Italien ausgestrahlt wurden. Da jene Reihenfolge, wie oben erwähnt, die sinnvollere ist, folgen wir diesem Beispiel. In Klammern findet der geneigte Leser und Fan allerdings zur Übersicht ebenso die Nummerierung der deutschen Ausstrahlung.

Für die Nerds und Wissbegierigen unter den Lesern fügen wir einigen Folgen die Abschnitte »Funfacts für Nerds« und »Die Schnitte« an. Die Behandlung des Themas Funfacts erstreckt sich dabei auf inhaltliche und wissenschaftliche Themen, aber auch auf Kuriositäten und anderes Bemerkenswertes. Wir erheben explizit keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr greifen wir Themen auf, die wir als interessant erachten. Dasselbe trifft auf die Schnitte zu. Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, jeden kleinen Schnitt im Detail aufzuführen. Daher beschränken wir uns auf die wichtigsten und, unserer Meinung nach, spannendsten Kürzungen.

Wichtiger als all diese Fakten ist und bleibt aber das persönliche Leben, Erleben und Erinnern der Autoren mit und an eine Kult-TV-Serie, die sich unwiderruflich in unser Gedächtnis eingebrannt hat.

 

Helden und ihr Universum

Die Figuren und die Welten aus Captain Future

Die Namen der Helden und das Universum aus der einstmals von Edmond Hamilton erdachten Welt von Captain Future dürften ohne Zweifel zumindest hier in Deutschland einem Großteil der Science-Fiction-Fans mit einem Faible für TV-Serien aus dem Genre ein Begriff sein.

Doch wie bei vielen anderen populären Phantastik-Franchises, sei es nun Star Trek, Star Wars oder ein anderes x-beliebiges, haben auch sie ihre eigenen Entstehungsgeschichten nebst allen großen und kleinen Geheimnisse und ganz persönlichen Geschichten und Schicksalen, die vielleicht nicht durch das alleinige Anschauen der Serienepisoden offenbar werden. Aus diesem Grund möchten wir in diesem Kapitel einen Blick auf ihre Backgrounds werfen und damit vielleicht das eine oder andere ergründen, das auch eingefleischte Fans des Futureversums vielleicht noch nicht wussten.

 

Wer erschuf Captain Future?

Edmond Hamilton, ganz klar!, dürfte die Antwort auf diese Frage wie aus der Pistole geschossen lauten, schließlich findet man sie ja nicht zuletzt im entsprechenden Kapitel dieses Buches. Doch ist dies tatsächlich nur ein Teil der Wahrheit, wenngleich Edmond Hamilton natürlich nach wie vor als der eigentliche Schöpfer unseres Helden gelten kann und muss. Die Grundidee jedoch, die Hamilton zur Kreation der beliebten anfänglichen reinen Romanfiguren führte, stammte ursprünglich von Mortimer »Mort« Weisinger (1915-1978), der während der Gründungszeit des Phantastik-Fandoms eine wichtige und angesehene Person war. Weisinger, der sich später schwerpunktmäßig auf Comics verlegte, gilt als der Erfinder von Superheldenfiguren wie Aquaman und Green Arrow und fungierte ferner Jahrzehnte lang als Herausgeber der Comics um den legendären Superman.

Während der World Science Fiction Convention des Jahres 1939 jedoch war Weisinger vorwiegend im literarischen Bereich tätig und war während dieser Zeit einer der Chefs in der von ihm mitbegründeten Firma Solar Sales Services, welche sich als eine der ersten Literaturagenturen für Science-Fiction- und Fantasy-Autoren verstand. Weisinger konzipierte eine Romanfigur, die in einer Fortsetzungsreihe mit dem Titel Mr. Future, Wizard Of Science (Mr. Future, Hexenmeister der Wissenschaft)