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Klaus Späne arbeitet als Redakteur der Tageszeitung Frankfurter Neue Presse. Mit Mallorca und den Balearen verbindet ihn eine lange und persönliche Geschichte. Er hat auf Mallorca gelebt und gearbeitet und kennt die Eigenheiten und Schattenseiten der Insel.

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind mit Ausnahme von Otto Skorzeny, der tatsächlich von 1965 bis 1970 auf Mallorca lebte, frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.

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© 2019 Emons Verlag GmbH

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagmotiv: Yvonne Späne

Umschlaggestaltung: Nina Schäfer

Umsetzung: Tobias Doetsch

Karte: shutterstock.com/Axel_kock

Lektorat: Susann Säuberlich

eBook-Erstellung: CPI books GmbH, Leck

ISBN 978-3-96041-457-5

Originalausgabe

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Dieser Roman wurde vermittelt durch die Verlagsagentur Lianne Kolf, München.

Die Erinnerung ist der beste Freund und der schlimmste Feind des Menschen.

Gilbert Parker

Palma, 10. März

Das Letzte, was Albert Clement bewusst wahrnahm, war Rost. Oder besser gesagt, eine braune, wuchtige, rechteckige Eisenplatte, die in die Erde eingelassen war und auf der ein Künstler die Umrisse einer menschlichen Figur verewigt hatte.

Weit ausgebreitete Arme, aufgerissene Augen, geöffneter Mund, dieser Ausdruck der Verzweiflung – merkwürdig, dass ihm bisher noch nie die Ähnlichkeit der Szene mit einem Gemälde aufgefallen war, das er kannte. Selbst die beiden mysteriösen Gestalten, die auf dem Kunstwerk im Hintergrund standen, waren vorhanden, wenn auch in diesem Fall als reale Bedrohung.

Wie hieß der Titel noch gleich? Ach ja, etwas mit Rufen oder Schreien von … verdammt noch mal, dass ihn sein Gedächtnis ausgerechnet jetzt im Stich lassen musste. Aber egal, es war doch sowieso völlig schwachsinnig, in einem solchen Augenblick über so einen Mist nachzudenken. Er hatte schließlich ganz andere Probleme als irgendwelche vermaledeiten Pinseleien. Zum Beispiel seine Handgelenke, die zunehmend schmerzten, weil der Kabelbinder in die Haut einschnitt. Oder der Fleck im Schritt, der immer größer wurde, nachdem er sich vor Angst in die Hose gemacht hatte.

Auch die minimalistische Schönheit der Plastik vor seiner Nase hätte er unter normalen Umständen sicher zu würdigen gewusst. Und vielleicht wäre er von der Symbolkraft des Ortes ergriffen gewesen, den er nur allzu gut kannte, wenn auch nicht zu dieser späten Stunde: von der mächtigen, hohen Mauer aus grauen Steinquadern, die nach wenigen Metern einen scharfen Knick machte, und von den kleinen, teils tempelartigen Gebäuden, die sich oberhalb des Walls entlangzogen. Im silbernen Licht des Vollmonds, der in dieser Nacht über Mallorca stand, wirkten sie wie geschrumpfte Gotteshäuser in der Miniaturwelt eines sakralen Themenparks.

Geradezu surreal wirkte die Szenerie, die um diese Zeit eine gruselige, zugleich aber magische Wirkung entfaltete. Dazu trug auch bei, dass kein Besucher und kein Lärm von der nahe gelegenen Durchgangsstraße den Moment entweihten. Nur der lang gezogene Ruf eines Käuzchens und das heisere Bellen eines Hundes irgendwo in der Ferne durchbrachen die nächtliche Stille.

»Der Schrei« von Edvard Munch, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf, dieser etwas verschrobene Norweger – jetzt waren ihm der Titel des Bildes und selbst der Name des Malers doch noch eingefallen.

Zu welchen erstaunlichen Leistungen das menschliche Gehirn manchmal fähig ist, wunderte sich Albert Clement und gab wie zur Bekräftigung ein kurzes selbstironisches Schnauben von sich. Dumm nur, dass er sich an diesem unerwarteten Geistesblitz nicht mehr wirklich erfreuen konnte, da es just in diesem Moment um ihn herum zappenduster wurde.

Santa Ponça, 11. März

Es war das übliche Morgenritual, mit dem Konrad Bachmann den Tag in seinem kleinen Reich begann. Punkt acht Uhr aufstehen. Auf den Balkon seines Apartments hinaustreten. Den Holzstab mit der Deutschlandfahne in die Metallhalterung an der Wand stecken und in kerzengerader Haltung ein paar Sekunden davorstehend verharren oder was immer für einen Dreiundneunzigjährigen, der sich auf einen Rollator stützt, in dieser Hinsicht überhaupt noch möglich war. Dann ließ sich Bachmann langsam in einen Korbstuhl niedersinken und reckte sein Gesicht in die Sonne, die in den Märztagen manchmal bereits eine wohlig wärmende Kraft besaß.

Einige Zeit verging, in der er einfach still dasaß, meist mit geschlossenen Augen, die er nur ab und zu öffnete, um seine Umgebung zu betrachten: das glitzernde azurblaue Meer, eine Möwe, die gemächlich über dem gegenüberliegenden Flachdachgebäude vorbeizog, die nackten, baumlosen Gipfel des Tramuntana-Gebirges, die sich am Horizont abzeichneten, und die schlanke Palme in der gepflegten Gartenanlage unterhalb seiner Wohnung. Nein, er hatte seinen Beschluss noch keine Minute bereut, sich damals in die Seniorenresidenz »Ca Nostra« auf den Hügeln über Santa Ponça einzukaufen und diese Wohnung im zweiten Obergeschoss zu beziehen. Wo sonst hätte er diese Kombination aus mediterranem Ambiente und deutscher Perfektion gehabt? Und dazu diese Lage, mit einem Panorama, das einfach unschlagbar war.

Lediglich die beiden hohen Pinien, die unweit seiner Wohnung in der Grünfläche standen, störten seine allgemeine Zufriedenheit und ließen eine tiefe Zornesfalte auf seiner zerfurchten Stirn hervortreten. Hatte er die Hausleitung nicht bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass die Bäume langsam zu groß wurden und ihm immer mehr seinen kostbaren Ausblick verstellten? Kostbar im wahrsten Sinne des Wortes, schließlich hatte er dafür eine Menge Geld bezahlt. Geschehen war bisher nichts.

Bevor sich Bachmann in seine Wut hineinsteigern konnte, rissen ihn das Geräusch einer ins Schloss fallenden Tür und Schritte in seiner Wohnung jäh aus seinen Gedanken.

»Hola, Señor Bachmann«, schmetterte ihm eine junge Frau in weißem Arbeitskittel und mit blauem Putzeimer in der Hand fröhlich entgegen, um dann mit einer wilden Mischung aus Spanisch und ein paar Brocken Deutsch fortzufahren. »Que tal, wie geht es uns denn heute Morgen?«

Bachmann grummelte etwas Unverständliches vor sich hin. Er war um diese Zeit noch nicht in der Laune für Small Talk, auch wenn er Antonia Echevarría, das kolumbianische Hausmädchen, das regelmäßig zweimal die Woche zum Putzen und Aufräumen vorbeikam, im Grunde genommen mochte.

Antonia, die ihre langen schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, ignorierte in ihrer auf einen Meter sechzig geballten unerschütterlichen Heiterkeit die ausbleibende Antwort. Stattdessen schaute sie auf die alte Wanduhr in Bachmanns Wohnung, die in diesem Moment mit einem lauten Gong zur halben Stunde schlug.

»Madre mía, Don Konrado, wie spät es schon ist! Haben Sie etwa vergessen, dass Sie gleich zur Ergotherapie und danach zum Gedächtnistraining müssen?«

Obwohl Bachmann die teils scherzhafte, teils respektvolle Anrede gefiel, die Antonia gern verwendete, bewegte sich seine Laune weiter Richtung Keller.

»Keine Zeit heute und auch keine Lust«, entgegnete er barsch, ohne Antonia eines Blickes zu würdigen. »Ich bekomme wieder Besuch von dem jungen Mann, der schon mal hier war.«

Antonia warf ihm einen tadelnden Blick aus ihren dunkelbraunen Augen zu und hob den Zeigefinger wie eine strenge Mutter, die ihr Kind zurechtweist. »Aber Don Konrado, der junge Mann läuft Ihnen schon nicht davon, den können Sie auch ein andermal treffen. Was ist denn wichtiger: Ihre Gesundheit oder immer dieses Geschwätz von früher? Das ist doch alles schon so lange her und interessiert heute keinen mehr.« Damit schnappte sie sich ihren blauen Putzeimer, den sie auf dem Boden abgestellt hatte, und entschwand in die Wohnung.

Bachmann warf ihr einen zornigen Blick hinterher, bevor er sich schließlich doch ächzend aus seinem Sessel erhob.

Palma, 11. März

Schweißgebadet rollte sich Pau Ribera im Bett zur Seite und wollte sich gerade wohliger Entspannung hingeben, als sein Mobiltelefon klingelte. »Nicht jetzt, bitte, Scheiß-Handys.« Er seufzte, während seine Hand auf dem Nachttisch nach der Quelle des Lärms tastete.

Normalerweise hätte er die Störung einfach ignoriert, zumal er die ständige Erreichbarkeit ohnehin hasste. Aber diesen Anruf musste er annehmen, wie er beim Blick aufs Display feststellte.

Es war Cristina Blum, eine zuweilen, wie er fand, etwas übereifrige Kollegin, die denn auch sofort atemlos lossprudelte, kaum dass er sich gemeldet hatte: Leiche beim Zentralfriedhof von Palma gefunden, Spurensicherung bereits auf dem Weg, entnahm er ihrem wie üblich präzisen Informationsschwall.

»Verdammter Mist«, entfuhr es Ribera, als das kurze Gespräch beendet war.

Für einen Augenblick, in dem er an die Zimmerdecke starrte, schien er unschlüssig, was er tun sollte. Dann drehte er sich mit einem Seufzen zu der Frau mit den brünetten, halblangen Haaren um, die neben ihm im Bett lag und ihn mit fragenden Augen anschaute.

»Ich fürchte, ich muss dich verlassen, meine Hübsche.«

Verständnisloser Blick und schließlich vehemente Entrüstung. »Das ist jetzt nicht dein Ernst. Gehörst du etwa zu diesen Typen, die sich nach dem Sex einfach aus dem Staub machen – vielen Dank für die Nacht, Schätzchen, ciao, ich melde mich, und dann kommt nichts mehr?«

Ribera atmete tief durch. »Ich weiß ja selbst, dass das beschissen rüberkommt«, entgegnete er nach einigen Sekunden verlegenen Schweigens. »Es ist nicht das, wonach es aussieht. Aber ich habe jetzt wirklich keine Zeit für weitere Erklärungen. Nur so viel für den Moment: In meinem Job kann so etwas immer wieder passieren.«

Die Nachfrage kam prompt. »Und was machst du so Wichtiges, dass du mir nichts, dir nichts von einer Minute auf die andere verschwinden musst?«

»Ich bin Chefinspektor bei der Policía Nacional in Palma – bei der Mordkommission«, antwortete Ribera, während er in Hemd und Hose schlüpfte, Socken und Schuhe anzog. Anschließend holte er noch ein braunes Pistolenhalfter aus einer Schublade des Wandschranks, schnallte es sich um und zog ein abgewetztes dunkelblaues Sakko darüber.

Verblüfftes Schweigen im Bett, dem »Na super, das hat mir gerade noch gefehlt, ein Bulle« folgte.

»So sieht’s aus«, entgegnete Ribera. »Aber es gibt Schlimmeres. Du kannst übrigens ruhig noch eine Weile hierbleiben und es dir gemütlich machen. Das Zimmermädchen kommt sowieso nicht vor zwölf, das habe ich mit der Pensionsleitung so ausgemacht.«

Er schickte sich zum Gehen an und hatte bereits die Türklinke in der Hand, als ihm noch etwas einfiel. Er drehte sich um und meinte mit einem schiefen Lächeln: »Und ich denke doch, dass wir uns wiedersehen, falls du das nach meinem überstürzten Abgang überhaupt noch möchtest.«

Als er die Pension »Costa Dorada« verließ, warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. Noch nicht einmal acht. Zu dieser Stunde hatte er die Stadt noch nie erlebt, seit er vor knapp sechs Monaten nach Mallorca gekommen war.

Einsam und verlassen lag der Carrer Can Martí Feliu im dämmrigen Morgenlicht. Kein Mensch außer ihm schien in dieser Ecke der Altstadt unterwegs zu sein. Lediglich aus einem geöffneten Fenster in der Nähe drangen Stimmen und Geschirrgeklapper, was ihn daran erinnerte, dass er wieder einmal nichts gefrühstückt hatte.

Er schlug fröstelnd den Kragen seiner Jacke hoch und wollte schon losgehen, als ein Mann aus einem benachbarten Haus auf die Straße trat. Den schmuddelig wirkenden Alten hatte Ribera schon des Öfteren im Viertel gesehen. Er musste bereits über achtzig sein, schätzte er. Mit sich führte er einen winzigen braunweißen Hund mit Schlappohren an der Leine, der beinahe so betagt und wackelig auf den Beinen war wie sein Besitzer.

Die beiden Männer schauten sich kurz an und nickten sich wortlos zu. Dann schlurfte der Alte davon, im Schlepptau den Hund, der ihm mit trippelnden Schritten folgte. Die Stelle, an der zuvor das zitternde Tier gestanden hatte, zierte nun eine kleine Pfütze.

In zügigem Tempo eilte Ribera durch die handtuchschmalen, düsteren Gassen. Seine Schritte hallten von den Wänden der Stadtpaläste und der anderen in die Jahre gekommenen Gebäude wider, die der Gegend einen musealen Charakter verliehen. Fast zum Greifen nah lagen sich die Häuser gegenüber. An vielen Stellen waren die alten, von schwarzer Patina vieler Jahrhunderte gezeichneten Mauern mit bunten Graffiti und Parolen besprüht.

Ribera passierte die Plaça Major. Der rechteckige Hauptplatz der Innenstadt war vollständig von gelben Häuserfassaden und Arkadengängen umschlossen und normalerweise fest in der Hand von Touristen sowie allerlei Straßenkünstlern. Aber um diese Uhrzeit herrschte auch hier gähnende Leere, und die Stühle der zahlreichen Cafés und Restaurants, die sich hier dicht an dicht drängten, waren noch verwaist.

Ribera schlängelte sich weiter durch das Labyrinth im historischen Zentrum der Vierhunderttausend-Einwohner-Stadt. Die Straßen verströmten noch morgendliche Jungfräulichkeit, bevor der tägliche Ansturm einsetzte und sich Tausende durch das Calatrava-Viertel drängten, wie die Gegend im Osten Palmas hieß. Vor allem wenn mal wieder ein Kreuzfahrtschiff im Hafen angelegt hatte. Lediglich in einigen Bars herrschte Betriebsamkeit, während die kleinen Läden, Werkstätten und Restaurants noch hinter heruntergelassenen schweren Metallrollläden schlummerten.

Schließlich erreichte Ribera La Seu, die gotische Kathedrale und das Wahrzeichen der Balearenmetropole. Er ließ den Königspalast Almudaina, vor dem der wachhabende Soldat gelangweilt neben seinem Häuschen stand, rechts liegen und überquerte den schmalen Vorplatz des Kirchenareals. Einen kurzen Moment verharrte er auf der obersten Stufe der breiten Treppe, die Richtung Parkhaus Parc de la Mar führte. In der großen Tiefgarage zwischen Meer und Altstadt hatte er seinen Wagen abgestellt, nachdem er in der vorigen Nacht mit seiner späteren Gespielin in einer Bar in der Nähe versumpft war und sich nicht mehr ans Steuer hatte setzen wollen.

Mist, dachte Ribera, eine ganze Nacht im Parkhaus, das wird verdammt teuer werden, und das bei meiner chronisch leeren Kasse.

Er verdrängte den unangenehmen Gedanken schnell wieder und ließ seinen Blick über die breite Hafenpromenade Passeig Marítim hinaus aufs Mittelmeer schweifen. Immer noch war er, der die meiste Zeit seines Lebens fernab der Küste gelebt hatte, fasziniert vom Anblick von so viel Wasser. Es hatte für ihn, je nach Gemütszustand, etwas Beängstigendes oder auch Beruhigendes.

Heute war Letzteres der Fall, zumal es draußen auf dem Ozean auch wesentlich gemächlicher zuging als auf der ständig verkehrsumtosten Avinguda Gabriel Roca, wie die Promenade offiziell hieß. Lediglich zwei große Containerschiffe kreuzten in der Ferne, eine Fähre hatte eben im Hafen von Palma abgelegt und steuerte in Richtung der offenen See. Der Uferboulevard ächzte dagegen unter der üblichen Blechlawine des täglichen Berufsverkehrs.

Ribera sog die frische Morgenluft in sich auf, genoss den salzigen Geschmack der leichten Brise und lauschte dem lang gezogenen »Srii, Srii« der Mauersegler, die unermüdlich auf Insektenjagd um das mächtige Kirchenschiff kreisten. Schließlich musste er sich gewaltsam aus seiner Sekunden-Kontemplation reißen.

Er setzte seinen Weg fort, nachdem er sich einen Zimtkaugummi in den Mund gesteckt hatte – eine Angewohnheit, seit er vor ein paar Jahren mit dem Rauchen aufgehört hatte. Ein Freund, der ein ähnliches Martyrium durchgemacht hatte, empfahl ihm damals das Kaugummikauen als Ablenkung. Die Methode funktionierte, bis auf die Tatsache, dass er letztlich eine Sucht gegen die andere, wenngleich wesentlich gesündere, eingetauscht hatte.

***

Der Kopf klebte schlaff auf der Brust. Der Oberkörper hing zusammengesackt auf dem Holzstuhl. Die Hände waren hinter der Lehne mit einem Kabelbinder zusammengebunden.

Nicht dass Ribera über diesen Anblick entsetzt gewesen wäre, schließlich hatte er sich im Laufe seiner Polizistenkarriere an Leichen gewöhnt. Ungewöhnlich, ja regelrecht bizarr mutete aber der Schauplatz des Geschehens an. Es handelte sich um eine kleine, gepflegt wirkende Anlage an der nördlichen Seite des Cementeri Municipal, des Zentralfriedhofs von Palma. Genauer gesagt war es eine Art schmaler, länglicher Platz, erreichbar durch ein Eisentor und eingezwängt zwischen der hohen Friedhofsmauer und dem Torrent de Sa Riera, einem meist ausgetrockneten Sturzbach, wie es auf Mallorca viele gab.

Der Ort war offensichtlich bewusst reduziert gestaltet: nackte, rötlich braune Erde, eine hohe, schlanke Zypresse und ein junger, schwächlich wirkender Olivenbaum, der noch nichts von der Würde der uralten Ölbäume hatte, die vielerorts die mallorquinische Landschaft prägten. Kontrastiert wurde dies von einer langen, rechteckigen Metallplatte auf dem Boden. Zahlreiche Namen waren darauf eingraviert, auf die jemand Blumen gestreut hatte. Schließlich gab es noch eine Plastik, die eine stilisierte Figur mit ausgebreiteten Armen zierte. Ribera kam das Motiv bekannt vor, aber er kam einfach nicht drauf, woher.

Sein Blick wanderte weiter zu einer schlichten grauen Steinplatte, die neben der Skulptur stand und auf der ebenfalls Blumen lagen. Außerdem gab es eine Inschrift, auf der er »Mur de la Memòria«, Mauer der Erinnerung, las.

Er hatte zu wenig Zeit, sich seinen Beobachtungen lange hinzugeben. Das lag weniger an dem Gewusel von Uniformierten und Nichtuniformierten, das hier herrschte, als an einer gertenschlanken jungen Frau. Diese steckte in einem weißen Papieranzug, wie ihn die Polizei benutzte, um Tatorte nicht zu verunreinigen.

»Chef!«, rief Cristina Blum, als sie auf ihn zustürmte. »Gut, dass du so schnell kommen konntest. Das musst du dir unbedingt ansehen.«

Blum führte Ribera, der mittlerweile ebenfalls in eines dieser Ganzkörperkondome geschlüpft war, zu dem Toten und wies auf eine Wunde an dessen Hinterkopf, aus der Blut gesickert war.

»Na, wenn ich schon mal hier bin.« Ribera konnte sich diese kleine Spitze gegenüber der sichtlich aufgeregten jungen Kollegin nicht verkneifen, nachdem sie ihn frühmorgens aus dem Bett geholt hatte. »Wissen wir bereits etwas über die Identität des Opfers?«

Blum schien die Ironie gar nicht zu bemerken, denn sie redete unbeeindruckt weiter. »Nein, bisher nicht, der Mann hat weder Ausweis noch sonstige Dokumente bei sich. Das Einzige, was wir gefunden haben, ist diese Plastiktüte.« Sie bücke sich und griff mit ihren behandschuhten Händen nach einer grün-weißen Tragetasche, die neben dem Stuhl lag. »Damit war sein Kopf bedeckt.«

Ribera betrachtete die Tasche, die das Motiv eines Einkaufskorbs zierte, der wiederum bestückt war mit Melonen, Artischocken und allerlei sonstigem Gemüse. »Eine alte Mehrwegtasche. Sieht aus wie die Dinger von Mercadona.«

Er glaubte, die größte spanische Supermarktkette zu erkennen, die auch auf Mallorca mit zahlreichen Filialen vertreten war und bei der er immer seine heiß geliebten Zimtkaugummis kaufte. »So eine habe ich auch noch irgendwo rumliegen. Wenigstens ein einigermaßen ökologisch wertvoller Mord«, meinte er sarkastisch und wandte sich an einen untersetzten Mann mit zerzaustem Bart und raspelkurzen Haaren, der sich justament über den Toten beugte. »Kannst du mir schon etwas über Alter und Todeszeitpunkt verraten, Pep?«

»Bin ich Gott?«, antwortete Josep Bosch, der Rechtsmediziner, den alle nur Pep nannten, mit einer barschen Gegenfrage, um dann mit spöttischem Gesichtsausdruck fortzufahren: »Grundsätzlich ist dagegen ja nichts einzuwenden, auch wenn die Damen und Herren Ermittler uns ansonsten eher als ihre willigen Handlanger betrachten. Aber beim Thema Abruf von Informationen auf Knopfdruck wird es schwieriger, mein Lieber, so weit ist selbst die göttliche Rechtsmedizin noch nicht.« Er wurde sachlich. »Na ja, weil du es bist, Ribera.« Er erhob sich, zog die Ärmel zurück und gab den Blick frei auf ein paar stattliche Tattoos an den kräftigen Unterarmen. »Nein, Genaues kann ich noch nicht sagen. Ich schätze aber das Alter auf circa Mitte fünfzig. Dürfte außerdem etwa sieben, vielleicht auch acht Stunden tot sein. Details gibt’s allerfrühestens morgen nach der Autopsie.« Sprach’s und machte sich wieder an die Arbeit.

»Okay, wer hat denn die Leiche gefunden?«

Cristina Blum wies auf einen kleinen älteren Mann, der hinter dem rot-weißen Flatterband stand, das den Tatort von dem schmalen Weg absperrte, der an der Anlage vorbeiführte, und der wild gestikulierend auf einen Polizeibeamten mit ungebändigter schwarzer Lockenpracht einredete.

»Das ist Señor Tonet, einer der Friedhofswärter. Er hat den Toten entdeckt, als er heute Morgen zur Arbeit kam. Er war es auch, der uns benachrichtigt hat. Quique ist dabei, ihn zu befragen.«

»Was ist das überhaupt für ein merkwürdiger Ort hier?« Ribera fingerte eine Packung Kaugummi aus der Tasche und zog einen frischen Zimtstreifen heraus.

Ein »Endlich« schien in Cristina Blums vor Eifer glänzenden Augen aufzublitzen. Endlich konnte sie ihr Wissen an den Mann bringen. »Das ist eine Gedenkstätte für Opfer des Spanischen Bürgerkriegs. In der Franco-Zeit wurden auch auf Mallorca viele Anhänger der spanischen Republik umgebracht.« Sie sprudelte los wie ein Wasserfall, rote Flecken bildeten sich auf ihren Wangen. »An die zweihundert Menschen wurden von den Franquisten hier auf dem Friedhof standrechtlich erschossen. Darunter auch der letzte republikanische Bürgermeister von Palma. Wenn man genauer hinschaut, sind sogar noch Einschusslöcher in der Mauer zu sehen.« Sie zeigte auf ein paar Vertiefungen in den Steinen. »Das alles ist zwar schon knapp achtzig Jahre her, dennoch wird auch heute noch der Toten gedacht. Es gibt, wie ich erfahren habe, sogar einen Erinnerungsverein, der immer wieder Gedenktage organisiert.«

»Respekt, Cristina, du bist ja wieder mal ein wandelndes Geschichtsbuch.« Ribera war stets beeindruckt von ihrem lexikalischen Wissen und ihrem Perfektionismus. Das musste wohl an ihren deutschen Wurzeln liegen. Dennoch war er froh, dass ihr Redefluss erst einmal gestoppt war.

Gleichzeitig hallte es in seinem Kopf nach: Hinrichtungen, der Tote auf dem Stuhl – klar, solche Szenen hatte er schon häufig auf alten Schwarz-Weiß-Fotos gesehen. Wer immer auf eine derartige Wirkung Wert legte, hätte keinen besseren Ort für einen Mord finden können. Und das ausgerechnet auf einer Ferieninsel wie Mallorca, dem Touristenparadies mit angeblich dreihundert Sonnentagen im Jahr. Das war eines dieser Klischees, wie sie die Reisebranche gern verbreitete, um noch mehr als die knapp vierzehn Millionen Urlauber anzulocken, die jedes Jahr das Balearen-Eiland überschwemmten.

Was für ein Nonsens, dachte Ribera, dem das Getue bisweilen gewaltig auf die Nerven ging. Und was, wenn es sich hier womöglich um einen toten Touristen handelte? Für das Heile-Welt-Image einer Urlaubsidylle wie Mallorca dürfte eine solche Bluttat nicht förderlich sein, gerade jetzt, da die Saison vor der Tür stand.

Palma, 11. März

Für den Nachmittag hatte Ribera eine Teambesprechung in der »Jefatura Superior de Policía Baleares« angesetzt, dem Hauptquartier der spanischen Nationalpolizei in Palma. Eigentlich waren ihm solche dienstlichen Zusammenkünfte ein Gräuel. Ein Haufen mehr oder weniger motivierter Menschen, zusammengepfercht in einem geschlossenen Raum mit schlechter Luft und noch schlechterer Atmosphäre. Und die einzige Gemeinsamkeit, die sie dabei neben persönlichen Animositäten hatten, war der kollektive Zwang, möglichst produktiv zu sein, sprich: ein vorzeigbares Ergebnis zu erzielen. Zugleich waren Geschäftsmeetings seiner Meinung nach eine ideale Plattform für ein paar wenige eitle Selbstdarsteller und ein nerviger Pflichttermin für den großen wortkargen bis schweigsamen Rest, der nur das schnelle Ende der Veranstaltung herbeisehnte.

Kein Wunder, dass die Sitzungen oft verkrampft abliefen und demzufolge auch meist nicht viel brachten, außer dass sie die Abneigung gegen diese Art von Treffen noch verstärkten. Wenigstens nach Riberas Empfindung, denn so hatte er es auf seiner früheren Arbeitsstelle in Lleida kennengelernt. Dort waren diese Talkshows, wie er sie verächtlich nannte, zudem inflationär oft einberufen worden.

Gut, er musste zugeben, hier auf Mallorca war das Ganze bislang weniger dramatisch. Zumindest wenn er sich im kleinen Kreis mit seinen engsten Mitarbeitern besprach.

Da war Cristina Blum, Inspektorenanwärterin im zweiten Jahr. Ende zwanzig, kurze, dynamische dunkelbraune Kurzhaarfrisur, sportliche Figur, ehemalige Musterschülerin an der Polizeischule. Eine Überfliegerin, wie sie im Buche stand, gut organisiert, überdurchschnittlich engagiert, praktisch zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar. Auf der anderen Seite manchmal geradezu ätzend in ihrem Ehrgeiz, in ihrer Dienstbeflissenheit sowie in ihrem akribischen Perfektionismus, was dazu führte, dass sie viele Jobs, mit denen sie in der Jefatura bislang betraut wurde, als unter ihrem wahren Potenzial empfand.

Was Blum darüber hinaus auszeichnete: Sie war die Tochter eines deutschen Mallorca-Einwanderers, der sich Ende der 1980er Jahre auf den Balearen angesiedelt hatte, und einer mallorquinischen Mutter. Daher war sie auch auf der Insel geboren, dort zur Schule gegangen und somit perfekt mehrsprachig und in beiden Kulturen zu Hause. Und sie kannte sich bestens in der Welt der elektronischen Medien aus. Vor allem Letzteres war von unschätzbarem Vorteil für Ribera, stand der doch mit allem auf Kriegsfuß, was mit Digitalisierung im Allgemeinen und sozialen Netzwerken im Besonderen zu tun hatte. So mancher in seinem Bekanntenkreis behauptete aber, er sei einfach zu eingefahren und technisch zu unbegabt oder zu uninteressiert, um sich damit näher zu beschäftigen.

Und da gab es noch Enrique Montoya, den alle nur Quique nannten. Ende dreißig, chaotisch und genauso leicht verrückt wie seine Frisur. Dazu passionierter Motorradfahrer und Hobbygitarrist. Jemand, der insgeheim zwar immer noch von einem Leben als Profimusiker träumte, aber auch realistisch genug war, um einzusehen, dass es sich davon meist schlecht leben ließ.

Ein weiteres Markenzeichen von Quique war sein Netzwerk auf der Insel. Um es anders auszudrücken: Quique Montoya war das menschliche Zentrum von Kontakten, die wie die Fäden eines Spinnennetzes über Mallorca gesponnen waren. Und er kannte Gott und die Welt inklusive eines gewissen Teils der halbseidenen Welt. Unterm Strich war er also das personifizierte Kontrastprogramm. Andererseits war Quique aber auch ein Gerechtigkeitsfanatiker und konnte sich somit schon aus diesem Grund in einen Fall regelrecht verbeißen.

»Ein Toter, Alter wahrscheinlich Mitte fünfzig, Name unbekannt, erschossen in der Nacht vom 10. auf den 11. März an der Erinnerungsmauer für die Bürgerkriegsopfer am Zentralfriedhof. Der Mann war offenbar zuvor gefesselt worden und trug zum Zeitpunkt des Todes eine Mehrwegtüte über dem Kopf – klingt alles andere als nach einem gewöhnlichen Mord.« Ribera saß auf einer Tischkante in dem kleinen Besprechungsraum. »Cristina, hat die Spurensicherung schon etwas erbracht? Wurde eventuell eine Patronenhülse am Tatort gefunden?«

Blum schüttelte energisch den Kopf. »Nein, Chef, der Friedhofswärter ist anscheinend so panisch um den Toten herumgelaufen, dass er eventuell vorhandene andere Fußspuren völlig vernichtet hat, sagt die Spurensicherung. Und was eine Patronenhülse betrifft, Fehlanzeige. Auch sonst gab es nichts Verwertbares am Tatort – bis eben auf diese Mercadona-Tasche. Sie wird derzeit auf Fingerabdrücke untersucht. Ich habe den Kollegen gesagt, dass sie sich beeilen sollen«, sagte sie mit leicht genervtem Unterton. »Ich werde gleich mal anrufen und fragen, wo das Ergebnis bleibt.«

Ribera wandte sich nun Quique zu, der bei Cristina Blums letzten Worten die Augen verdreht hatte. »Was ist mit dem Friedhofswärter, der die Leiche gefunden hat?«

»Nichts, nada, will nichts Auffälliges bemerkt haben. Alles wie üblich, meinte er. Na ja, bis auf eben …«, Quique fuhr mit dem Daumen quer über seinen Hals, »der gute Señor Tonet war ziemlich durch den Wind, gelinde gesagt. Er hat erzählt, er sei am Vorabend wie üblich gegen neunzehn Uhr nach Hause gegangen und habe dann am nächsten Morgen gegen sieben Uhr wieder angefangen. Etwas früher als sonst, weil er an dem Tag noch etwas Wichtiges Privates zu erledigen hatte und daher zeitiger Feierabend machen wollte. Ach ja, noch etwas«, Quique machte eine bedeutungsvolle Kunstpause, »in der Zwischenzeit hatte jeder x-Beliebige Zutritt zum Friedhof. Die Anlage ist laut Señor Tonet vierundzwanzig Stunden geöffnet. Das bedeutet also: Dort kann man zu jeder Tages- und Nachtzeit frei herumspazieren.«

»Gibt es Anwohner in der Nähe des Friedhofs, die etwas gesehen oder gehört haben könnten?«, fragte Ribera.

»Eher unwahrscheinlich. Das nächste Wohnviertel ist Son Cotoner. Das liegt auf einem Hügel oberhalb des Friedhofs, ist aber relativ weit entfernt vom Tatort. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da jemand etwas mitbekommen hat. Außerdem herrscht dort mitten in der Nacht meistens eher tote Hose. Und auf der anderen Seite des Friedhofs gibt es ein Sportgelände und eine Obdachlosenunterkunft, aber die liegen noch ungünstiger. Davon abgesehen, dass kaum jemand um diese Zeit Sport treibt.«

»Sonst noch etwas?«, fragte Ribera in die Runde. Kurze Stille, der ein nahezu sekundengleiches doppeltes Nein folgte. »Okay, Herrschaften, vámonos, an die Arbeit. Quique, du hörst dich um, ob vielleicht doch jemand in der Umgebung des Friedhofs etwas gesehen oder gehört hat. Auch wenn der Mord, wie es aussieht, mitten in der Nacht passiert ist. Und du, Cristina, kümmerst dich um die Ergebnisse der Spurensicherung. Versuche auch, jemanden von diesem Erinnerungsverein ausfindig zu machen. Darüber hinaus sollten wir uns noch einmal den Friedhofswärter vornehmen. Vielleicht ist ihm in den Tagen vor dem Mord ja etwas Ungewöhnliches aufgefallen. Quique, das übernimmst du. Am besten geben wir ihm aber noch ein, zwei Tage, bis er sich wieder beruhigt hat. Ich denke nicht, dass eine Befragung im Moment viel bringt. Das wäre vorerst alles.«

Nach dem Ende der Besprechung grübelte Ribera noch eine Weile herum. Da war er also, sein erster Mordfall seit seinem Aufschlag auf der Insel vor etwa einem halben Jahr. Immerhin eine annähernd doppelt so lange Schonfrist wie bei Politikern, denen in der Regel nur einhundert Tage zur Einarbeitung zugestanden wurden. Klar, dass jetzt von ihm Ergebnisse erwartet wurden. Zunächst einmal galt es aber, die Identität des Toten herauszufinden.

Und das sollte doch auf einer kleinen Insel möglich sein, dachte er.

Er war gespannt, was morgen die Rechtsmedizin sagen würde.

Santa Ponça, 11. März

»Ach, Papa, was guckst du dir immer diese alten Schwarten an!«

Martina Bachmann konnte es einfach nicht fassen. Schon wieder steckte ihr dreiundneunzigjähriger Vater seine Nase in diese elenden Wälzer über den Zweiten Weltkrieg. Stapelweise lagen Fotobände, Geschichtsbücher und Biografien auf dem Tisch des kleinen Wohnzimmers herum. Seit dem Tod ihrer Mutter schien er fast nur noch in der Vergangenheit zu leben und schleppte immer wieder neue Wälzer an.

Natürlich, es war ein Symptom der aufkommenden Demenz, dass er langsam aus der Gegenwart abdriftete. So hatte es ihr der Arzt erklärt, den sie erst vor Kurzem konsultiert hatte. Jeder Dritte über neunzig Jahren leide daran, hatte er gesagt. Und dass die Krankheit bei ihrem Vater stärker wurde, ließ sich mittlerweile nicht mehr leugnen. Immer häufiger nahm Martina Bachmann seine Vergesslichkeit wahr, die sich in erster Linie dadurch bemerkbar machte, dass er manche Menschen nicht oder nur noch mühsam wiedererkannte und Gegenstände wie seine Brille oder die Fernbedienung des Fernsehers häufig verlegte. Zudem traute er sich kaum noch aus der Seniorenresidenz heraus, da er sich außerhalb von »Ca Nostra« räumlich nur noch schwer zu orientieren vermochte. All das bereitete Martina Bachmann zunehmend Kopfschmerzen.

Allerdings hatte Konrad Bachmann auch überraschend lichte Momente, wie sich jetzt wieder zeigte.

»Das Buch hat mir der nette Herr geschenkt, der bei mir war«, entgegnete er und blickte für einen Moment zu seiner Tochter hoch. »Aber gestern ist er nicht gekommen – ohne sich zu entschuldigen.« Dann vertiefte er sich wieder in den Bildband mit Aufnahmen von Männern, die in akkurat sitzenden Uniformen und mit Stahlhelmen auf dem Kopf paradierten, von Panzern, die durch eine weite Landschaft fuhren, von Jagdfliegern und Bombergeschwadern am Himmel, von zerborstenen Fahrzeugen, neben denen gefallene Soldaten lagen, von Häusern in Flammen sowie von Menschen mit eingefallenen Wangen.

»Komm, Papa, wir machen unsere Runde.« Martina Bachmann riss ihren Vater abrupt aus der versonnenen Lektüre. Es war Zeit für den Mittagsspaziergang, den sie, so oft es nur ging, mit ihm unternahm.

Unten im Innenhof angekommen, überquerten sie den kleinen Platz, um den herum die verschiedenen Gebäude der Residenz angeordnet waren. Sie grüßten ein paar Frauen, die es sich auf den Gartenmöbeln bequem gemacht hatten, die neben einer Anlage mit Palmen und Pinien aufgestellt waren. Dann spazierten sie an dem villenartigen Haupthaus vorbei, ließen einen weißen Pavillon, in dem die Bücherei untergebracht war, rechts liegen.

Wie so oft musste Martina Bachmann ihr Tempo dem ihres Vaters anpassen, da der seit einiger Zeit doch ziemlich wackelig auf den Beinen war. Nur dank seines Rollators hatte er sich noch eine gewisse Mobilität bewahrt, auch wenn er sich anfangs mit Händen und Füßen gegen die Gehhilfe gewehrt hatte.

Langsam steuerten sie einen kleinen Park im hinteren Teil des Altenheims an. Hier gefiel es Konrad Bachmann besonders gut. Das lag nicht zuletzt an dem spektakulären Ausblick, der sich von dort aus bot. Jenseits der halbhohen Mauer des Geländes erstreckte sich über Kilometer die Südwestküste Mallorcas, und jenseits davon schienen am Horizont Meer und Himmel in einer einzigen Sinfonie aus Blau miteinander zu verschmelzen. Fast eine Minute stand Konrad Bachmann da, gestützt auf seinen Rollator, und saugte die Impressionen in sich auf.

»Hast du gewusst, dass hier oben einmal eine militärische Befestigungsanlage war?«, fragte er, nachdem er sich am Panorama sattgesehen hatte. Ohne auf eine Reaktion seiner Tochter zu warten, dozierte er weiter: »Die wurde im Spätmittelalter gebaut als Schutz gegen Piraten und feindliche Truppen. Ein Stück weit außerhalb des Geländes steht sogar noch ein alter Wehrturm. Leider ist er immer abgeschlossen, sodass man nicht hineinkann.«

»Ja, Papa, das erzählst du mir jedes Mal, wenn wir hier sind.«

Martina Bachmann ließ den ausufernden Vortrag über frühere Schlachten, der nun folgte, über sich ergehen, ohne jedoch richtig zuzuhören. Ihre Gedanken schweiften in eine andere Richtung ab. Es ärgerte sie maßlos, dass ihr Vater offenbar mehrmals Besuch erhalten hatte, ohne dass sie darüber Bescheid gewusst hatte. Sie musste unbedingt mit der Heimleitung ein ernstes Wörtchen reden. Es ging einfach nicht an, dass irgendwelche Subjekte von außerhalb in die Seniorenresidenz hereinschneien und die Bewohner belästigen konnten. Wahrscheinlich waren die alten Leute auch noch froh über eine solche Ablenkung. Aber wer wusste denn schon, ob die sich nicht von Fremden übers Ohr hauen ließen? Nein, dem Ganzen galt es, einen Riegel vorzuschieben. Insbesondere ihr Vater mit seiner zunehmenden Tatterigkeit musste vor derartiger Zudringlichkeit geschützt werden.

Palma, 12. März

Am Tag nach dem Leichenfund saß Pau Ribera gedankenverloren in seinem Büro im dritten Stock der Jefatura. Der Tote vom Zentralfriedhof und das, was Cristina Blum über die Erinnerungsmauer erzählt hatte, gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Zu merkwürdig kamen ihm der Schauplatz des Mordes und die Begleitumstände vor. Die Verbindung zum Bürgerkrieg, die Mehrwegtüte auf dem Kopf des Toten: alles nur Zufall oder doch Absicht?

Ribera wollte schon zum Telefonhörer greifen, um die Rechtsmedizin anzurufen, hielt aber mitten in der Bewegung inne, erhob sich von seinem Stuhl und wanderte im Zimmer umher. Weit kam er dabei nicht, denn es war lediglich ein kleiner Eckraum, in dem er residierte, auf seltsame Art asymmetrisch geschnitten. Sein Arbeitsplatz selbst bestand aus einer kleinen rechteckigen Ausbuchtung neben der Tür, in die sein Schreibtisch hineingezwängt war, der wiederum vom Bildschirm seines PCs nahezu vollständig eingenommen wurde.

Nein, Wohlfühlatmosphäre sieht anders aus, dachte Ribera.

Dennoch hatte er sich im Laufe der Monate daran gewöhnt, wie auch an die schießschartenartig schmalen Fenster und an die abstruse Architektur des fahlgelben Jefatura-Gebäudes, das insgesamt wie eine Mischung aus Hochbunker und Kreuzfahrtschiff wirkte.

Immer wieder wanderte sein Blick nach draußen. Der wolkenverhangene graue Himmel an diesem kühlen Märztag passte zu seiner eh schon missmutigen Stimmung. Unten auf dem Passeig de Mallorca herrschte der übliche Verkehrsstau eines Spätvormittags. Die breite Straße war nicht nur eine stark frequentierte Verbindung. Sie bildete zugleich eine Art Grenze zwischen Palmas Innenstadt und den westlichen Stadtvierteln. Dabei wurde der Passeig in der Mitte durch den Kanal des Torrent Sa Riera in zwei Hälften geteilt, und dieser wiederum führte auch am Zentralfriedhof vorbei.

Riberas Gedanken richteten sich wieder auf seine Arbeit.

Bei diesem speziellen Tatort könnte das vielleicht eine heikle Sache werden, dachte er, während seine Zähne den Zimtkaugummi malträtierten.

Klar, er hatte früher, als er noch in Lleida nordwestlich von Barcelona gearbeitet hatte, schon brisante Fälle zu knacken gehabt. Aber dieser hier schien anders gelagert zu sein, hatte womöglich eine Dimension, wie sie ihm bisher in seinen knapp zwanzig Dienstjahren noch nicht untergekommen war. Zumindest musste er noch nie einen Mord aufklären, der mit der politischen Vergangenheit Spaniens zu tun hatte – wie vielleicht bei diesem Friedhofsding.

Nicht dass er Angst gehabt hätte, bei seinen Ermittlungen jemandem auf die Füße zu treten. Schließlich hatte er sich in der Vergangenheit gelegentlich mit dem einen oder anderen höheren Tier in Politik und Wirtschaft angelegt. Das war normale Härte in diesem Geschäft, in dem man im Sumpf der Gesellschaft watete und sich mit den Abgründen herumschlug, die sich hinter so mancher glänzenden Fassade verbargen. Jede Form von Obrigkeit war ihm also herzlich schnuppe. Nicht umsonst eckte er deshalb auch gelegentlich bei Vorgesetzten an, wenngleich er in den letzten Jahren etwas diplomatischer und kontrollierter geworden war und nicht immer mit dem Kopf durch die Wand wollte.

Schließlich griff Ribera zum Telefonhörer und wählte die Nummer der Rechtsmedizin, des Instituto de Medicina Legal y Ciencias Forenses, wie die Behörde offiziell hieß.

»Bon dia, Pep, com anem?«, begrüßte er Pep Bosch, der nach langem Klingeln abgenommen hatte, im vertraulichen Katalanisch. »Wie sieht’s aus, kannst du mir vielleicht heute etwas zu dem Toten vom Zentralfriedhof erzählen? Oder hast du deine Nase gestern Nacht wieder zu tief ins palo-Glas gesteckt?«

Leises Knurren am anderen Ende der Leitung.

Ribera hielt den Atem an, die Gesprächseröffnung war durchaus gewagt, das wusste er nur zu gut. Schließlich kannte er Peps Schwäche für den dunklen, fast schwarzen und zudem hochprozentigen mallorquinischen Kräuterlikör. Ein wie er fand ziemlich zähflüssiges, bittersüßes Gesöff, das nach Holz oder manchmal auch nach Karamell schmeckte. Pep war dennoch geradezu süchtig danach und trug nicht umsonst den Spitznamen »Palo-Pep« – natürlich nur hinter vorgehaltener Hand. Allerdings war ihm trotz der relativ kurzen Zeit, in der sie zusammenarbeiteten, wahrscheinlich nicht entgangen, dass auch Ribera solchen Genüssen alles andere als abgeneigt war. An einem guten Tag ließ er sich daher auf diese Weise schon mal aus der Reserve locken. An einem schlechten allerdings …

Am anderen Ende der Leitung ertönte nun Peps meckerndes Lachen. Entwarnung, Ribera hatte anscheinend einen guten Tag erwischt.

»Wer im Glashaus sitzt, Ratafia-Ribera …«, konterte Pep und spielte damit auf Riberas Leidenschaft für eine Kräuterlikörspezialität aus seiner katalanischen Heimat an. Und diese brachte Ribera jedes Mal gleich literweise mit, wenn er gelegentlich auf das spanische Festland reiste, um seine Eltern und seine alten Freunde zu sehen, auch wenn die Abstände in letzter Zeit immer größer geworden waren.

Nach dem Vorgeplänkel kam Pep zur Sache. »Also, der Typ war zwischen fünfundfünfzig und sechzig Jahre alt. Sehr viel älter wäre er aber meiner Meinung nach sowieso nicht geworden.«

»Wie kommst du darauf?«

»Ganz einfach, er hatte ein ausgeprägtes Herzinfarktrisiko: hohe Blutfettwerte, Arterienverkalkung, starkes Übergewicht, hat dem Zustand seiner Lunge nach zu urteilen auch geraucht wie ein Schlot – das ganze Programm eben, das einen normalerweise früher ins Grab bringt. Aber das nur am Rande. Die Todesursache war ein Schuss in Höhe des Genicks, und zwar den Schmauchspuren und der Art der Wunde nach aus nächster Nähe. Klassische Hinrichtungsart, würde ich sagen. Übrigens heute noch sehr beliebt bei den Chinesen sowie früher auch bei der baskischen ETA. Muss sofort tot gewesen sein. Ansonsten habe ich noch Hämatome an den Handgelenken durch die Fesseln festgestellt. Gestorben ist er, wie die Totenflecken zeigten, an dem Ort, an dem er auch gefunden worden ist. Definitiv wurde er nach dem Mord nicht mehr bewegt, das steht fest.«

»Kannst du Genaueres zur Tatzeit sagen?«

»Der Leichenstarre nach zu schließen, wurde er kurz nach Mitternacht erschossen. Wie du siehst, habe ich also gestern ganz gut gelegen mit meiner ersten Einschätzung.« Pep schnaubte in den Hörer – das Zeichen, dass er am Ende seiner Ausführungen war.

»Was ist mit der Kugel?«

»Ich Hornochse, das hätte ich fast vergessen. Könnt ihr abholen und zur ballistischen Untersuchung geben.«

»Okay, vielen Dank, Pep, wie immer hervorragende Arbeit, du hast was gut bei mir. Wir können ja mal wieder einen palo trinken gehen.«

»Ist mir immer ein Vergnügen, Señor Chefinspektor. Sag mir nur, wann und wo, ich bin zu allen Schandtaten bereit, wie du weißt.«

Nachdem das Gespräch beendet war, setzte sich Ribera in seinen schwarzen Schreibtischsessel. Auf dem Bügel seiner Lesebrille kauend, wie er es oft beim Nachdenken machte, ließ er die Informationen, die er soeben erhalten hatte, Revue passieren.

Schließlich fasste er einen Entschluss: Er nahm sich vor, den Tatort am Zentralfriedhof und die nähere Umgebung noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Möglicherweise hatten die Kollegen von der Spurensicherung etwas auf dem Gelände übersehen. Aber vorher hatte er noch einen Auftrag für Quique. Und vor allem musste er eine Kleinigkeit essen. Es könnte nicht schaden, eine Grundlage zu schaffen für den Fall, dass es ein längerer Tag werden würde. Wäre schließlich nicht das erste Mal in diesem oft verflucht unberechenbaren Job, in dem ständig Unvorhergesehenes passierte. Außerdem hatte er Lust, mal wieder ein weibliches Wesen aufzusuchen, das er sehr schätzte.

Palma, 12. März

Im »Bocadillos« herrschte der übliche Mittagstrubel. Stimmengewirr waberte durch den Gastraum, die Tische waren besetzt mit Menschen aus den umliegenden Büros und Geschäften, die einen schnellen Imbiss zu sich nehmen wollten. Auch Ribera hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, auf einen Sprung in die kleine Bar zu gehen, wenn er seine Gedanken ordnen und seinem muffigen Büro entfliehen wollte, was nicht eben selten vorkam. Oder wenn ihn, wie heute nach dem Gespräch mit Pep, einfach der Hunger dazu trieb.

Das »Bocadillos« war im Grunde genommen nichts Besonderes: schlichte weiße Wände und weißer Kachelboden, große Fensterfront zur Straße, nüchternes Mobiliar, lange Holztheke inklusive einer Glasvitrine, in der mehrere Schüsseln mit verschiedenen Tapas standen. Rein äußerlich eine Bar, wie es sie zu Dutzenden in Palma und zu Zehntausenden in Spanien gab. Aber sie lag eben auch günstig direkt gegenüber der Jefatura im Carrer Simó Ballester, und Ribera hatte durch sein regelmäßiges Kommen mittlerweile so etwas wie Stammgaststatus.

Da er an diesem Tag nicht vorhatte, allzu lange zu bleiben, setzte er sich auf einen der hohen Hocker an der Theke.

»Bon dia, Pau, ein llonguet mit Bacon und Käse und einen cortado oder lieber was Stärkeres?«, fragte ihn die kräftige Frau mit halblangen blonden Haaren, die dabei war, eine Portion ensaladilla russa, einen Kartoffelsalat, auf einen Teller zu schaufeln.

Pilar, Pili genannt, führte mit ihrem Mann Tomeu den Laden. Die Endvierzigerin kannte mittlerweile Riberas Vorliebe für das klassische längliche Brötchen Palmas, das bei den Traditionalisten der Stadt regelrecht Kultstatus genoss. Nicht zuletzt auch deshalb, weil zwischenzeitlich die Gefahr bestanden hatte, dass das llonguet von dem ansonsten im ganzen Land verbreiteten gewöhnlichen pulguita-Brötchen verdrängt wurde.

Ribera hatte irgendwann Gefallen an dem kulinarischen Symbol Palmas gefunden und dieses fest in seinen Speiseplan integriert. Das hatte nicht nur geschmackliche Gründe. Er meinte zu beobachten, dass Traditionen und Bräuche zunehmend den Bach runtergingen. Und je stärker er diese Entwicklung wahrnahm, desto mehr verspürte er das Bedürfnis nach Identität und Authentizität – und wenn es nur ein verdammtes Brötchen war.

Heute konnte er seine Mahlzeit, die ihm Pili serviert hatte, aber nicht recht genießen. Zu sehr kreisten seine Gedanken um die dramatischen Geschehnisse der vergangenen zwei Tage. Cristina Blum kämpfte immer noch mit den Spusi-Kollegen, nachdem sie beim einzigen Beweisstück vom Friedhof bis jetzt nicht zu Potte gekommen waren. Quique hatte Ribera vor seinem Abstecher ins »Bocadillos« beauftragt, sich auf sein Motorrad zu schwingen und die Kugel aus der Rechtsmedizin abzuholen. Außerdem sollte er die Fotos des Toten an die verschiedenen Dienststellen und sonstigen Behörden auf der Insel weiterleiten, um ihn so vielleicht identifizieren zu können.

Ribera hatte seine Mahlzeit soeben beendet und wollte sich schon auf den Weg machen, als sein Smartphone brummend einen Anruf ankündigte. Er stammte von Cristina Blum.

»Die Spurensicherung hat es endlich geschafft, die Mehrwegtüte zu untersuchen.« Die wie so oft aufgeregte Stimme Blums drang an Riberas Ohr. »Das Ergebnis ist eher durchwachsen. Die Kollegen haben zwar einige Fingerabdrücke entdeckt, die sind aber meist verwischt. In Teilen lassen sie sich vielleicht sicherstellen, meinten sie.« Aber Blum hatte auch einen konkreten Ermittlungserfolg zu vermelden. Den Stolz darüber konnte sie nicht ganz verbergen. »Ich habe jemanden vom Erinnerungsverein ausfindig machen können.«

»Ging ja schneller als erwartet. Wie bist du denn an den rangekommen?«

»Ganz einfach, soziale Netzwerke, in diesem Fall Facebook. Und was das Beste ist: Er hat sogar spontan zugesagt, noch heute nach Palma zu kommen. Er wird in Kürze bei der Rechtsmedizin eintreffen. Vielleicht kann er ja den Toten identifizieren oder sonst wichtige Hinweise geben.«

»Sehr gut, Cristina«, sagte Ribera anerkennend. »Ich bin in ein paar Minuten da.«

Nun würde er Pep Bosch früher wiedersehen, als er gedacht hatte.

Valldemossa, 12. März

Manel Fuster legte nachdenklich den Telefonhörer auf. Der Anruf der Polizistin hatte ihn ziemlich aufgewühlt. Viel hatte sie zwar nicht erzählt, aber die dürftigen Informationen hatten genügt, ihn für einen Moment aus dem seelischen Gleichgewicht zu bringen. Ein Toter sei auf dem Zentralfriedhof in Palma gefunden worden.

»Das ist ja an und für sich nichts Ungewöhnliches«, hatte er zuerst noch gescherzt. Was er denn damit zu tun habe?

Kurze Pause.

»Äh, ja, es ist so, Señor Fuster«, hatte die offenbar noch junge und recht unerfahrene Polizistin gestammelt, nachdem sie sich wieder gefangen hatte. »Die Leiche ist auch nicht direkt auf dem Friedhof entdeckt worden, sondern vielmehr an der Erinnerungsmauer für die Opfer des Bürgerkriegs. Und Sie sind meines Wissens Vorsitzender des Erinnerungsvereins der Insel, der ›l’Associació Memòria de Mallorca‹. Daher brauchen wir Sie dringend für eine Identifikation. Die Polizei ermittelt in alle Richtungen, und es kann schließlich nicht ausgeschlossen werden, dass das Opfer aus dem Umfeld des Erinnerungsvereins stammt, auch wenn das natürlich unwahrscheinlich ist. Außerdem bräuchten wir noch ein paar Informationen zu Verein und Mitgliedern.«

Daraufhin war es Fuster gewesen, dem die Worte gefehlt hatten. »Natürlich«, hatte er schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit geantwortet und einen Termin ausgemacht.