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BEVOR ER NIMMT

 

(EIN MACKENZIE WHITE MYSTERIE —BUCH 4)

 

 

B L A K E   P I E R C E

 

 

Blake Pierce

 

Blake Pierce ist der Autor der Bestseller RILEY PAGE Mystery Reihen, die sieben Bücher umfasst (und mehr). Blake Pierce ist ebenfalls Autor der MACKENZIE WHITE Mystery Reihe, die aus fünf Büchern (und mehr) besteht; der AVERY BLACK Mysterie Reihen, die vier Bücher (und mehr) umfässt und der neuen KERI LOCKE Mystery Reihe.

An alle eifrigen Leser und lebenslange Fans des Mystery und Thriller Genres, Blake liebt es von Ihnen zu hören, bitte besuchen Sie www.blakepierceauthor.com um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.

 

Copyright © 2016 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten.  Wenn nicht anders im U.S. Copyright Gesetz von 1976 vorgegeben, darf  diese Veröffentlichung nicht wiedergegeben, verteilt oder in irgendeiner Form auf keinen Fall auf einem Datenträger oder einem Abrufsystem gespeichert werden, nicht ohne vorherige Erlaubnis des Autors. Dieses Buch ist ausdrücklich zum persönlichen Vergnügen lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiter verkauft oder an andere Menschen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer weiteren Person teilen möchten, dann kaufen Sie bitte eine zusätzliche Kopie für jeden Empfänger. Wenn Sie dieses Buch lesen und es nicht gekauft haben oder es nicht ausschließelich für Ihre Nutzung gekauft wurde, dann geben Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autors respektieren. Dies ist eine Fiktions Arbeit. Namen, Charaktere, Geschäfte, Organsiationen, Orte, Veranstaltungen und Vorfälle sind entweder das Produkt der Vorstellungskraft des Autors oder werden nur fiktionell genutzt. Jegliche Ähnlichkeit mit aktuellen Personen, lebend oder tot ist zufällig. Jacken Bild Copyright Andrewy_1, mit Lizenz von Shutterstock.com

 

 

BÜCHER VON BLAKE PIERCE

 

RILEY PAIGE KRIMI SERIE

VERSCHWUNDEN (Band #1)

GEFESSELT (Band #2)

ERSEHNT (Band #3)

GEKÖDERT (Band #4)

GEJAGT (Band #5)

VERZEHRT (Band #6)

VERLASSEN (Band #7)

ERKALTET (Band #8)

 

MACKENZIE WHITE KRIMI SERIE

BEVOR ER TÖTET (Band #1)

BEVOR ER SIEHT (Band #2)

BEVOR ER BEGEHRT (Band #3)

BEVOR ER NIMMT (Band #4)

BEVOR ER BRAUCHT (Band #5)

 

AVERY BLACK KRIMI SERIE

GRUND ZU TÖTEN (Band #1)

GRUND ZU FLÜCHTEN (Band #2)

GRUND ZU VERSTECKEN (Band #3)

GRUND ZU FÜRCHTEN (Band #4)

 

KERI LOCKE KRIMI SERIE

EINE SPUR VON TOD (Band #1)

EINE SPUR VON MORD (Band #2)

EINE SPUR VON LASTER (Band #3)

INHALTE

 

PROLOG

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREIßIG

KAPITEL EINUNDDREIßIG

KAPITEL ZWEIUNDDREIßIG

KAPITEL ZWEIUNDDREIßIG

 

 

PROLOG

 

Das wäre das letzte Mal, dass sie eine Autogrammstunde in einer kleinen Stadt machte, von der noch nie jemand gehört hatte. Sie musste mit ihrem Werbeleiter sprechen und ihn wissen lassen, dass nur weil eine Stadt einen Buchladen hat, es noch keine große Metropole ist. Sicherlich schien sie wie eine hoch anspruchsvolle Diva, wenn sie solche Forderungen stellte, aber das war ihr egal.

Es war 22:35 Uhr abends und Delores Manning fuhr eine zweispurige Straße in einem lang vergessenen Hals der Wälder von Iowa entlang. Sie war sich bewusst, dass sie irgendwo vor 10 Meilen falsch abgebogen war, denn kurz danach hatte sich ihr GPS verabschiedet. Kein Signal. Natürlich. Das war nur die Spitze des Eisberges von dem, was ein miserables Wochenende gewesen war.

Delores fuhr bereits seit zehn Minuten auf der Straße. Sie hatte keine Stoppzeichen gesehen, keine Häuser, nichts. Nur Bäume und einen überraschend schönen Nachthimmel über sich. Sie dachte ernsthaft darüber nach, einfach mitten auf der Straße anzuhalten und umzudrehen.

Je mehr sie darüber nachdachte, umso mehr erschien ihr das eine gute Idee zu sein.

Sie wollte gerade das Bremspedal drücken, als ein ploppendes Geräusch das Auto erfüllte. Delores schrie auf vor Angst und Überraschung, aber ihr schreien wurde von einem plötzlichen dumpfen Geräusch erstickt, als das Auto mehrere Meter zu sinken schien und dann nach links zog.

Sie schaffte es das Auto irgendwie gerade zuhalten, aber erkannte dann, dass sie sich nicht dagegen wehren sollte- es zog zu sehr. Sie gab den Kampf auf und schaffte es das Auto auf die Seite der Straße zu lenken und parkte es fast auf der Hälfte des Bordsteins. Sie machte das Fernlicht an und ließ ein lautes Seufzen hören.

“Mist”, sagte sie.

Das hat sich angehört wie ein Reifen, dachte sie. Und wenn das der Fall ist … Oh man, ich weiß nicht einmal, ob es einen Ersatzreifen im Kofferraum gibt. Das kommt davon, weil ich diese Todesfalle von Auto überall mit hinnehme. Du bist dabei eine bekannte Autorin zu werden, Mädchen. Verwende ab und zu ein wenig Geld für Flüge und Mietautos, hm?

Sie betätigte den Schalter für die Kofferraumöffnung, öffnete die Tür und trat in die Nacht heraus. Es lag Frische in der Luft, denn der Winter hatte Einzug im Mittelwesten gehalten. Sie zog ihren Mantel enger an ihren Körper und zog ihr Handy heraus. Sie war nicht allzu überrascht, kein Empfang zu lesen; sie hatte es schon seit den letzten zwanzig Minuten gesehen, seitdem ihre GPS-App nicht mehr funktionierte.

Sie sah auf die Reifen und bemerkte, das beide auf der Vorderseite flach waren. Noch mehr, sie waren komplett platt. Sie sah etwas am Vorderreifen glänzen und kniete sich hin, um zu sehen, was es war.

Glas, dachte sie. Wirklich? Wie kommt das Glas in meine Reifen?

Sie schaute den Hinterreifen an und sah mehrere lange Splitter durchstechen. Sie schaute wieder auf die Straße und konnte keine Zeichen von irgendwas sehen. Aber das bedeutete Nichts, den der Mond war die meiste Zeit hinter den Baumspitzen versteckt und es war so dunkel wie in der Hölle.

Sie ging zum Kofferraum, wusste aber bereits, das alles was sie finden würde, sinnlos wäre. Sogar wenn es ein Ersatzrad gab, sie würde zwei brauchen.

Wütend und ein wenig ängstlich knallte sie den Kofferraum zu, ohne überhaupt nachzuschauen. Sie griff nach ihrem Handy und fühlte sich komplett bescheuert und kroch auf die Rückbank ihres Autos. Sie hielt ihr Handy hoch, auf einen einzigen Service Balken hoffend.
Nichts.

Nicht ausflippen, dachte sie. Ja, du bist inmitten von Nichts. Aber vielleicht kommt jemand vorbei. Alle Straßen führen irgendwo hin, oder?

Sie konnte nicht glauben, was das für ein Wochenende gewesen war, sie setzte sich wieder ins Auto, wo die Heizung noch funktionierte. Sie stellte den Rückspiegel so ein, dass sie Lichter von hinten sehen konnte, und schaute dann nach vorne, falls jemand von vorne kommen würde.

Während sie über die gescheiterte Autogrammstunde nachdachte, das kleine Veröffentlichungs Mix-Up und ihre kürzlichen Schwierigkeiten, zweigeplatzte Reifen mitten auf der Straße zu haben, sah sie plötzlich Lichter von vorne. Sie hatte gerade erst sieben Minuten gewartet und schätzte sich glücklich.

Sie machte die Tür auf und das Innenlicht kam zu den bereits blinkenden Warnlichtern hinzu. Sie trat heraus, blieb nahe beim Auto und winkte den sich nähernden LKW heran. Sie war sofort erleichtert, als sie sah, dass er anhielt. Er fuhr auf ihre Spur und parkte direkt vor ihr. Der Fahrer machte sein Warnblinklicht an und stieg aus.

“Hi”, sagte der etwa vierzigjährige Mann, der aus dem Truck stieg.

“Hi” antwortete Delores. Sie ging auf ihn zu, immer noch sauer über die Situation einem Fremden ausgeliefert zu sein, der so spät nachts angehalten hatte, um ihr zu helfen.

“Probleme mit dem Auto?”, fragte er.

 “Tonnen davon”, sagte Delores und zeigte auf ihre Reifen. “Zwei geplatzte Reifen gleichzeitig. Können Sie das glauben?”

“Oh, das ist schrecklich”, erwiderte er. “Haben Sie Triple A oder eine Werkstatt oder so angerufen?”

“Kein Empfang”, sagte sie. Sie fügte fast hinzu “Ich bin nicht von hier”, aber entschied sich dann dagegen.

“Sie können meins benutzen”, sagte er. “Ich habe meistens mindestens zwei Balken hier draußen.”

Er machte einen Schritt nach vorne und griff in seine Tasche für sein Handy.

Nur, es war kein Handy, was er rauszog. Sie war verwirrt bei dem, was sie sah. Es machte keinen Sinn. Sie konnte nicht herausfinden, was es war und -

Plötzlich kam es auf ihr Gesicht zu, in schneller Geschwindigkeit. Ein Bruchteil einer Sekunde, bevor sie getroffen wurde, sah sie die Form und den Glanz von dem, was er über seine Finger gleiten ließ.

Einen Schlagring.

Sie hörte das Geräusch, als er ihre Stirn traf, fühlte einen Moment des Schmerzes und dann einen Moment später knickten ihre Knie ein und sie spürte, wie sie auf die harte Straße fiel. Das letzte, was sie mitbekam, war, wie der Mann sich schon fast sorgend zu ihr herunterbeugte, seine Taschenlampe schien in ihre Augen, bevor die Welt um sie herum schwarz wurde.

 

KAPITEL EINS

 

Mackenzie White stand unter einem schwarzen Schirm und beobachtete, wie der Sarg in die Erde herabgelassen wurde, während der Regen sich in einen stetigen Regenguss verwandelte. Das Weinen der Besucher wurde fast von den Regentropfen, die auf den Friedhofboden und die nahen Grabsteine fielen, übertönt.

Sie schaute mit einer schmerzvollen Traurigkeit zu, als ihr alter Partner, seine letzten Momente in der Welt der Lebenden verbrachte.

Der Sarg wurde auf den Stahlläufern, auf denen er die ganze Zeit während der Messe gelegen hatte, ins Grab gelassen, während die, die Bryers am Nächsten waren, danebengestanden hatten. Die Trauergesellschaft hatte sich nach den letzten Worten des Pastors fast vollständig aufgelöst, aber die engsten Angehörigen waren noch da.

Mackenzie stand an der Seite, zwei Reihen weiter. Ihr fiel ein, dass obwohl sie und Bryers ihre Leben mehrmals in die Hände des anderen gelegt hatten, sie ihn doch nicht so gut gekannt hatte. Das wurde unterstrichen von der Tatsache, dass sie keine Ahnung hatte, wer die Menschen waren, die zurückblieben, um zu sehen, wie er in die Erde hinabgelassen wurde. Da war ein Mann, der in seinen Dreißigern zu sein schien und zwei Frauen, die sich zusammen unter eine schwarze Plane drängten und noch einen letzten Moment mit ihm erlebten.

Als Mackenzie sich umdrehte, bemerkte sie eine ältere Frau, die eine Reihe dahinter stand und ihren eigenen Schirm hielt. Sie war ganz in schwarz gekleidet und sah recht nett aus, wie sie da im Regen stand. Ihr Haar war komplett grau, in einen Dutt gebunden, aber sie sah irgendwie jung aus. Mackenzie nickte ihr zu, als sie an ihr vorbeiging. 

 “Kannten Sie Jimmy?”, fragte die Frau plötzlich.

Jimmy?

Sie brauchte eine Weile, um zu erkennen, dass die Frau über Bryers sprach. Mackenzie hatte seinen Vornamen nur ein oder zwei Mal gehört. Für sie war er einfach immer nur Bryers gewesen.

Vielleicht waren wir doch nicht so eng, wie ich gedacht hatte.

“Ja”, antwortete Mackenzie. “Wir haben zusammengearbeitet. Was ist mit Ihnen?”

“Ex-Frau”, sagte sie. Mit einem zittrigen Seufzen fügte sie hinzu: “Er war so ein guter Mann.”

Ex-Frau? Gott, ich hatte ihn wirklich nicht gekannt. Aber dunkel erinnerte sie sich an ein Gespräch während einer ihrer langen Fahrten, als er erwähnt hatte, bereits verheiratet gewesen zu sein.

 “Ja, war er”, sagte Mackenzie.

Sie wollte der Frau davon erzählen, wie Bryers sie in ihrer Karriere angeleitet und wie er ihr das Leben gerettet hatte. Aber sie dachte, das es einen Grund dafür gab, warum die Frau sich selbst distanziert hatte, anstatt sich zu den drei kauernden Gestalten unter der Plane zu gesellen.

“Standen Sie ihm nahe?”, fragte die Ex.

Ich dachte, das wäre so, sagte Mackenzie und schaute mit Reue auf die Grabesstätte. Ihre Antwort fiel dennoch einfacher aus. “Nicht so.”

Sie drehte sich von der Frau mit einem bekümmerten Lächeln weg und ging zu ihrem Auto. Sie dachte an Bryers … sein trockenes Lächeln, die Art wie er selten gelacht hatte, aber wenn, dann war es schon fast explosiv gewesen. Sie dachte dann daran, wie die Arbeit jetzt sein würde. Sicher, das war egoistisch, aber sie konnte nicht anders und fragte sich, wie sich ihr Arbeitsumfeld jetzt verändern wurde, jetzt wo ihr Partner und der Mann, der sie unter seine Fittiche genommen hatte, tot war. Würde sie einen neuen Partner bekommen? Würde sich ihre Position ändern und sie wieder hinter einem Schreibtisch sitzen?

Gott, hör auf an dich selbst zu denken, dachte sie.

Der Regen tropfte auf den Schirm. Es war so laut, dass Mackenzie fast ihr Handy in ihrer Jackentasche überhört hätte.

Sie fummelte es aus ihrer Tasche, schloss die Autotür auf, legte den Schirm weg und setzte sich hinein, weg von dem Regen.

“White hier!”

“White, hier ist McGrath. Sind Sie noch auf der Beerdigung?”

“Ich gehe gerade”, antwortete sie.

“Es tut mir wirklich leid mit Bryers. Er war ein guter Mann. Und ein verdammt guter Agent.”

“Ja, das war er”, sagte Mackenzie.

Aber als sie durch den Regen auf das Grab zurückschaute, hatte sie das Gefühl, Bryers überhaupt nicht gekannt zu haben.

 “Ich hasse es zu unterbrechen, aber ich brauche Sie hier. Können Sie in mein Büro kommen?”

Sie fühlte wie ihr Herz einen Schlag aussetzte. Es hörte sich ernst an.

“Was ist los?”, fragte sie.

Er machte eine Pause, als wenn er überlegte es ihr zu sagen, dann sagte er endlich:

“Ein neuer Fall”.

 

***

 

Als sie vor McGraths Büro ankam, sah Mackenzie Lee Harrison, der im Wartebereich saß. Sie erinnerte sich an ihn, als ein Agent, der ihr als zeitweiliger Partner zugeteilt worden war, als Bryers krank geworden war. Sie hatten sich über die letzten Wochen kennengelernt, aber hatten noch nicht die Gelegenheit gehabt, miteinander zu arbeiten. Er schien ein ganz netter Agent zu sein – vielleicht ein wenig zu vorsichtig für ihren Geschmack.

“Hat er dich auch angerufen?”, fragte Mackenzie.

“Ja”, sagte er. “Es scheint, das wir unseren ersten Fall zusammen bekommen. Ich dachte, ich warte auf dich, bevor ich anklopfe.”

Mackenzie war sich nicht sicher, ob er das aus Respekt ihr gegenüber gemacht hatte oder aus Angst vor McGrath. Egal wie, sie dachte, dass es eine gute Entscheidung gewesen war.

Sie klopfte an die Tür und wurde von einem kurzen “Kommen Sie rein” von der anderen Seite begrüßt. Sie winkte Harrison heran und sie gingen zusammen hinein. McGrath saß hinter seinem Tisch und tippte etwas auf seinem Laptop. Zwei Aktenordner lagen auf der linken Seite, als wenn sie nur darauf warteten, angefordert zu werden.

“Setzten Sie sich, Agenten”, sagte er.

Mackenzie und Harrison nahmen jeder auf einem Stuhl vor McGraths Tisch Platz. Mackenzie sah, dass Harrison ganz steif saß und seine Augen ganz weit waren … nicht unbedingt vor Angst, aber sicherlich war er ziemlich aufgeregt.

“Wir haben einen Fall im ländlichen Iowa”, begann er. “Da Sie dort aufgewachsen sind, dachte ich, dass Sie sich gut dafür eignen, White.”

Sie räusperte sich, peinlich berührt.

“Ich bin in Nebraska aufgewachsen, Sir”, korrigierte sie ihn.

“Ist doch dasselbe oder”, fragte er.

Sie schüttelte den Kopf, diejenigen die nicht aus dem Mittelwesten kamen würden das nie verstehen.

Iowa dachte sie. Sicherlich war das nicht Nebraska, aber es war nah genug und der reine Gedanke dort hinzugehen, beunruhigte sie. Sie wusste, dass sie keinen Grund hatte, den Ort zu fürchten; immerhin hatte sie es nach Quantico geschafft und etwas aus sich gemacht. Sie hatte ihren Traum von einer führenden Rolle beim FBI erreicht. Warum beunruhigte sie der Gedanke für einen Fall dorthin zurückzukehren?

Weil alles Schlechte in deinem Leben da draußen ist, dachte sie. Deine Kindheit, deine alten Kollegen, die Umstände des Tod deines Vaters…

“Es gibt eine Reihe an Frauen, die verschwunden sind”, fuhr McGrath fort. “Und so wie es scheint, werden sie direkt von der Straße entführt, auf diesen einsamen langen Strecken auf dem Highway. Die letzte wurde letzte Nacht entführt. Ihr Auto wurde an der Straßenseite gefunden, mit zwei geplatzten Reifen. Es gab eine große Menge an Glas auf der Straße und daher nimmt die einheimische Polizei an, dass es Fremdeinwirkung war.

Er schob einen der Ordner zu Mackenzie und sie schaute herein. Es gab mehrere Fotos des Autos, besonders von den Reifen. Sie sah auch, dass der Abschnitt der Straße wirklich isoliert war, nur umgeben von hohen Bäumen auf beiden Seiten. Eines der Fotos zeigte auch den Inhalt des Autos des letzten Opfers. Innen lag noch ein Mantel, eine kleine Werkzeugkiste, die an der Seite verschraubt war und eine Kiste mit Büchern.

“Was ist mit den Büchern?”, fragte Mackenzie.

 “Das letzte Opfer war Autorin. Delores Manning. Google sagt mir, dass sie ihr zweites Buch veröffentlicht hat. Eine dieser kitschigen Romanzen. Sie ist keine so bekannte Autorin, wir sollten also kein Problem mit der Presse bekommen … bis jetzt. Die Straße wurde gesperrt und Umleitungen wurden von der Verkehrspolizei aufgestellt. Also, White ich will, dass Sie so schnell wie möglich dort hingehen. Ländlich oder nicht, der Staat will die Straße natürlich nicht für so lange schließen.”

McGrath wandte sich dann an Harrison.

 “Agent Harrison, ich möchte, dass Sie etwas verstehen. Agent White hat Verbindungen in den Mittelwesten, es versteht sich also von selbst, das sie für den Fall zuständig ist. Auch wenn ich Sie als ihren Partner eingeteilt habe, möchte ich, dass Sie hier bleiben. Ich möchte Sie hier im Hauptbüro, im Hintergrund arbeitend haben. Wenn Agent White mit einem Nachforschungsauftrag anruft, dann möchte ich, dass Sie das übernehmen. Nicht nur das, sondern Delores Manning hat auch einen Agent und Pressesprecher und all das. Wenn das also nicht schnell abgewickelt wird, dann wird die Presse davon Wind bekommen. Ich möchte das Sie sich darum kümmern. Halten Sie die Dinge ruhig hier im Hauptbüro, wenn die Kacke am Dampfen ist. Nichts für ungut, aber ich will einen erfahrenen Agenten dafür haben.”

Harrison nickte, aber die Enttäuschung in seinen Augen war nicht zu übersehen. “Nichts für ungut Sir. Ich freue mich zu helfen, wann immer ich kann.”

Oh nein, dachte Mackenzie. Auch noch ein Arschkriecher.

“Ich mache das also alleine?”, fragte Mackenzie.

McGrath grinste sie an und schüttelte den Kopf. Es war schon fast eine verspielte Art von Geste, die ihr zeigte, dass sie einen langen Weg mit McGrath hinter sich hatte, seit ihrem ersten merkwürdigen und grenzwertig feindlichen Meeting.

“Auf keinen Fall schicke ich Sie da alleine hin”, sagte er. “Ich habe Agent Ellington dazu geholt, um mit Ihnen zu arbeiten.”

“Oh”, sagte sie ein wenig überwältigt.

Sie war sich nicht sicher, was sie davon halten sollte. Es gab eine merkwürdige Art von Chemie zwischen ihr und Ellington – seitdem sie sich das erste Mal getroffen hatten, als sie als Detektivin draußen im ländlichen Nebraska arbeitete. Sie hatte es genossen mit ihm für einen kurzen Zeitraum zusammenzuarbeiten, aber jetzt waren die Dinge anders … naja das würde für einen interessanten Fall sorgen, immerhin. Aber es gab nichts, worum sie sich Sorgen machen müsste. Sie hatte Vertrauen, dass sie leicht ihre persönlichen Gefühle die sie für ihn hatte, von den kollegialen trennen konnte.

“Darf ich fragen warum?”, fragte Mackenzie.

 “Er hat schon einmal kurz mit den einheimischen Agenten dort zusammengearbeitet, wie Sie wissen. Er hat auch eine beeindruckende Bilanz, wenn es um Fälle mit vermissten Personen geht. Warum?”

“War nur eine Frage, Sir”, sagte sie und erinnerte sich an das erste Mal als sie und Ellington sich getroffen hatten, als er dort hingekommen war, um ihr mit dem Scarecrow Killer Fall zu helfen, an dem sie für die Polizei dort arbeitete. “Hat er … naja, hat er darum gebeten, mit mir daran zu arbeiten?”

“Nein”, sagte McGrath. “Es ist einfach nur, dass Sie beide perfekt für diesen Fall sind – er mit seinen Verbindungen und Sie mit Ihrer Vergangenheit.”

McGrath stand auf, um das Gespräch zu beenden. “Sie sollten in ein paar Minuten E-Mails mit Ihren Flugdaten erhalten”, sagte McGrath. “Ich glaube, Sie fliegen gegen 11.55 Uhr.”

“Aber das ist ja in eineinhalb Stunden”, sagte sie.

“Dann schlage ich vor, dass Sie sich bewegen.”

Sie ging schnell aus dem Büro und schaute nur einmal zurück und sah Agent Harrison, der immer noch auf seinem Stuhl saß wie ein verlorener Welpe, nicht sicher, was er tun oder wohin er gehen sollte. Aber sie hatte keine Zeit sich über seine potenziell verletzten Gefühle zu sorgen. Sie musste zusehen, wie sie packen und in weniger als 90 Minuten zum Flughafen kommen sollte.

Und zu allerletzt musste sie noch herausfinden, warum sie den Gedanken mit Ellington an einem Fall zu arbeiten, so fürchtete.

 

 

KAPITEL ZWEI

 

Mackenzie kam laufend am Flughafen an und erreichte gerade noch so ihr Gate. Sie eilte ins Flugzeug, fünf Minuten nachdem der Flug mit dem Boarding begonnen hatte und schlenderte den Gang entlang, ein wenig außer Atem, frustriert und ein wenig neben der Spur. Sie fragte sich kurz, ob Ellington rechtzeitig angekommen war, aber um ehrlich zu sein, war sie einfach nur froh, den Flug nicht verpasst zu haben. Ellington war ein großer Junge, er konnte auf sich selbst aufpassen.

Ihre Frage wurde beantwortet, als sie ihren Sitz fand. Ellington war bereits an Bord und saß bequem in seinem Sitz neben ihr. Er lächelte sie von seinem Platz neben dem Fenster an und winkte ihr zu. Sie schüttelte ihren Kopf und seufzte schwer.

“Schlechter Tag?”, fragte er.

“Naja, es begann mit einer Beerdigung und dann einem Meeting mit McGrath”, antwortete Mackenzie. “Dann muste ich nach Hause rennen, eine Tasche packen und dann durch Dulles rennen, um den Flieger zu erwischen. Und es ist noch nicht einmal Mittag.”

 “Die Dinge können also nur besser werden”, witzelte Ellington.

Sie schob ihr Handgepäck in das Fach über ihnen und sagte: “Wir werden ja sehen. Sag mal, hat das FBI keine Privatflugzeuge?”

“Ja, aber nur für sehr zeitempfindliche Fälle. Und für Superstar Angestellte. Dieser Fall ist nicht zeitempfindlich und wir sind garantiert keine Star Angestellten.”

Als sie endlich saß, nahm sie sich einen Moment Zeit zum Entspannen. Sie schielte zu Ellington und sah, dass er durch einen Ordner blätterte, der genauso wie der aussah, den sie in McGraths Büro gesehen hatte.

“Was hältst du von dem Fall?”, fragte Ellington.

“Ich glaube, es ist zu früh, um zu spekulieren”, sagte sie.

Er rollte mit den Augen und runzelte verspielt die Stirn. “Du musst doch einen ersten Gedanken gehabt haben. Was ist der?”

Obwohl sie ihre Gedanken nicht preisgeben wollte, die sich dann am Ende als falsch herausstellten, schätzte sie die Mühe direkt auf den Punkt zu kommen. Es zeigte sich, dass er tatsächlich der harte Arbeiter und engagierte Mitarbeiter war, als den McGrath ihn angepriesen hatte – dieselbe Art von Mitarbeiter, wie sie gehofft hatte.

“Ich glaube, die Tatsache, dass man diese Verschwundene nennt und nicht Ermordete gibt uns ein wenig Hoffnung”, sagte sie. “Aber wenn man bedenkt, dass die Opfer alle von der Landstraße entführt wurden, dann sagt mir das auch, dass der Mann ein Einheimischer ist, der die Lage der Straßen kennt. Er könnte die Frauen entführen und sie dann töten, ihre Körper irgendwo im Wald verstecken oder an irgendwelchen Verstecken, die nur er kennt.”

“Hast du dich schon eingelesen?” fragte er und nickte auf den Ordner.

“Nein. Ich hatte noch keine Zeit.”

“Dann mal zu”, sagte Ellington und überreichte ihr den Ordner.

Mackenzie las die knappen Informationen, während die Stewardessen die Sicherheitsanweisungen durchgingen. Sie las immer noch, als das Flugzeug in Richtung Des Moines abhob. Es gab nicht viel Informationen in dem Ordner, aber genug für Mackenzie, um eine Herangehensweise zu erstellen, die sie ausführen würden, sobald sie ankamen.

Delores Manning war die dritte Frau, die in den letzten 9 Tagen als vermisst gemeldet worden war. Die erste Frau war eine Einheimische, die von ihrer Tochter als vermisst gemeldet worden war. Naomi Nyles, siebenundvierzig Jahre alt, ebenfalls von der Straße entführt. Die Zweite war eine Frau aus Des Moines namens Crystal Hall. Sie hatte einen knappen Eintrag, hauptsächlich Gemischtes aus ihrer Jugend, aber nichts Wichtiges. Als sie entführt worden war, hatte sie eine einheimische Viehzucht in der Gegend besucht. Der erste Fall hatte keine Anzeichen von Fremdeinwirkung gezeigt – nur ein verlassenes Auto an der Seite der Straße. Das zweite verlassene Auto war ein kleiner Pick up Truck, mit einem geplatzten Reifen. Der Wagen wurde inmitten des Wechselns des Reifens entdeckt, der Wagenheber noch unter der Radachse und der Plattfuß an die Seite des Wagens gelehnt.

Alle drei Fälle waren nachts passiert, so zwischen 22.00 Uhr und 3.00 Uhr morgens. Bis jetzt, neun Tage nach der ersten Entführung, gab es keinen einzigen Beweis und absolut keine Hinweise.

Wie sie es immer tat, las Mackenzie die Information mehrere Male, um sie zu speichern. Das war nicht schwer in diesem Fall, denn es gab nicht viel zum Aufnehmen. Sie ging zurück zu den Fotos der ländlichen Umgebung – die Nebenstraßen, die sich durch die Wälder wie eine riesige Schlange wanden und nirgendwo hinführten.

Sie erlaubte sich selbst, sich in die Gedanken des Mörders zu versetzen, der die Straßen und die Nacht als Deckung benutze. Er musste geduldig sein. Und wegen der Dunkelheit musste er daran gewöhnt sein, alleine zu sein. Die Dunkelheit machte ihm keine Angst. Vielleicht bevorzugte er es sogar im Dunkel zu arbeiten, nicht nur wegen der Deckung, auch wegen der Einsamkeit und Isolation. Dieser Mann war wahrscheinlich ein Einzelgänger. Er entführte die Frauen von der Straße, augenscheinlich in verschiedenen Stresssituationen. Autoreparatur, geplatzte Reifen. Das bedeutete, er machte das wahrscheinlich nicht wegen des Tötens. Er wollte einfach Frauen haben. Aber warum?

Und was ist mit dem letzten Opfer, Delores Manning? Vielleicht war sie eine Einheimische mit einer Vergangenheit in dieser Gegend, dachte Mackenzie. Entweder das oder sie war sehr mutig, diese Straßen zu so einer Zeit zu befahren … Mir ist es egal, wie gut eine Abkürzung ist, das ist wirklich leichtsinnig.

Sie hoffte, dass das der Fall war. Sie hoffte, die Frau war mutig. Denn Mut, egal wie inszeniert, half Menschen oft mit angespannten Situationen umzugehen. Es war mehr als nur ein Ehrenzeichen, sondern eine tiefe psychologische Eigenschaft, die Menschen half, die Lage zu meistern. Sie versuchte, sich Delores Manning vorzustellen, die aufsteigende Autorin, die diese Straßen nachts befuhr. Mutig oder nicht, es war einfach kein schönes Bild.

Als Mackenzie fertig war, übergab sie den Ordner wieder Ellington. Sie schaute an ihm vorbei und auf das Fenster, hinter dem weiße Wolken vorbeischwebten. Sie schloss ihre Augen für einen Moment und ließ sich dort hinbringen, nicht nach Iowa, sondern ins benachbarte Nebraska. Ein Ort, wo es offenes Land und überragende Wälder gab, anstelle von Verkehr und hohen Gebäuden. Sie vermisste es nicht, fand aber den Gedanken dort hin zurückzukehren und wenn es nur für die Arbeit war, ganz aufregend, auf eine Art, die sie nicht ganz verstand.

 “White?”

Sie öffnete ihre Augen bei dem Klang ihres Namens. Sie drehte sich zu Ellington, ein wenig peinlich berührt, dass er sie dabei erwischte hatte, wie sie träumte. “Ja?”

“Du warst kurz weg. Geht’s dir gut?”

“Ja”, antwortete sie.

Und das beste, sie war wirklich okay. Die ersten sechs Stunden des Tages waren körperlich und emotional anstrengend gewesen, aber jetzt wo sie saß, in der Luft festgehalten und mit einem unwahrscheinlichen zeitweiligen Partner, fühlte sie sich okay.

“Darf ich dich was fragen”, sagte Mackenzie.

“Raus damit.”

“Hast du darum gebeten, mit mir zusammenzuarbeiten?”

Ellington antwortete nicht gleich. Sie konnte es hinter seiner Stirn arbeiten sehen, bevor er antwortete und fragte sich, ob er vielleicht einen Grund hatte sie anzulügen.

“Naja, ich habe von dem Fall gehört, und wie du weißt, habe ich bereits vorher schon einmal mit dem Büro in Omaha gearbeitet. Und weil es das nächste Büro zu unserem Ziel in Iowa ist, habe ich meine Bewerbung in den Ring geworfen. Als er fragte, ob es mir was ausmachen würde, mit dir an dem Fall zu arbeiten, habe ich es nicht abgelehnt.”

Sie nickte, sie fühlte sich schon fast schuldig und fragte sich, ob er noch andere Gründe dafür hatte, diesen Job zu wollen. Während sie ein paar Gefühle für ihn hatte (egal ob streng körperlich oder irgendwie emotional, sie war sich nie sicher), hatte er ihr nie einen Grund gegeben anzunehmen, dass er das gleiche fühlte. Es war einfach zu leicht sich daran zu erinnern, wie sie, als sie ihn zum ersten Mal getroffen hatte, auf ihn zugegangen war und er sie abgewiesen hatte.

Hoffen wir einfach, dass er all das vergessen hat, dachte sie. Ich bin jetzt anders, er ist viel zu beschäftigt sich mit mir zu beschäftigen und wir arbeiten jetzt zusammen. Schnee von gestern.

“Und bei dir?” fragte sie. Was sind deine ursprünglichen Gedanken?”

“Ich glaube nicht, dass er die Frauen umbringen will”, meinte Ellington. “Keine Hinweise, keine Angaben und wie du glaube ich, dass es ein Einheimischer sein muss, der das macht. Ich glaube, er sammelt sie irgendwie…. Für was auch immer, ich will nicht spekulieren. Aber das macht mir Sorgen, wenn ich richtig liege.”

Es machte Mackenzie ebenfalls Sorgen. Wenn es jemanden gab, da draußen, der Frauen kidnappte, würde er eventuell bald mit leeren Händen dastehen und vielleicht auch an Interesse verlieren … was bedeutete, er müsste früher oder später aufhören. Und obwohl das theoretisch gut war, bedeutete es auch, das diese Fährte kalt werden würde, ohne weitere Tatorte, die zu möglichen Beweisen führen könnten.

 “Ich glaube, dass du Recht mit dem Sammeln hast”, meinte sie. “Er holt sie in einer verletzlichen Situation – während sie mit Autos oder geplatzten Reifen umgehen. Das bedeutet, er schleicht sich an, anstatt sich direkt zu zeigen. Er ist irgendwie schüchtern.”

Er grinste und sagte: “Huh. Das ist eine gute Beobachtung.”

Sein Grinsen verwandelte sich in ein Lächeln, von dem sie sich abwenden musste, wissend, dass sie die Gewohnheit hatten, sich immer ein wenig zu lange in die Augen zu schauen. Stattdessen wandte sie ihre Augen wieder dem blauen Himmel und den Wolken zu, während der Mittelwesten unter ihnen zum Vorschein kam.

 

***

 

Mit sehr wenig Gepäck zwischen ihnen, bahnten Mackenzie und Ellington sich problemlos ihren Weg durch den Flughafen. Am Ende des Fluges, hatte Ellington Mackenzie darüber informiert, dass bereits Pläne gemacht wurden (wahrscheinlich während sie in ihre Wohnung gerannt war und dann zum Flughafen). Sie und Ellington sollten zwei einheimische Agenten treffen und mit ihnen daran arbeiten, den Fall so schnell wie möglich zu lösen. Da sie nicht auf ihr Gepäck warten mussten, konnten sie sich ohne Probleme sofort mit den beiden Agenten treffen.

Sie trafen sich in einem der zahlreichen Starbucks am Flughafen. Sie ließ Ellington vorgehen, weil es offensichtlich war, das McGrath ihn als die führende Rolle in dem Fall vorgesehen hatte. Warum sonst hatte er Ellington wissen lassen, wo sie die Agenten treffen sollten? Warum sonst hatte Ellington eine Vorwarnung bekommen, mit viel Zeit um gemütlich seinen Flug zu erreichen?

Die zwei Agenten waren leicht zu erkennen. Mackenzie seufzte innerlich, als sie sah, dass beides Männer waren. Einer von ihnen sah jedoch aus, als wenn er neu war. Auf keinen Fall war der Mann älter als vierundzwanzig. Sein Partner sah dagegen abgehärtet und älter aus – wahrscheinlich schon an die fünfzig.

Ellington ging geradewegs auf sie zu und Mackenzie folgte ihm. Keiner der Agenten stand auf, aber der ältere bot Ellington seine Hand, als sie sich dem Tisch näherten.

“Agenten Heideman und Thorsson, stimmts?” fragte Ellington.

“Erwischt”, sagte der ältere Mann. “Ich bin Thorsson und mein Partner hier ist Heideman.”

“Nett euch kennenzulernen”, sagte Ellington. “ich bin Special Agent Ellington und das ist mein Partner Agent White.”

Sie schüttelten sich alle die Hände auf eine Art, die schon fast ermüdend für Mackenzie erschien, seitdem sie dieses Amt übernommen hatte. Es war schon fast eine Formalität, eine merkwürdige Sache, die man machen musste, um die Aufgabe zu bekommen. Als Heideman ihr die Hand schüttelte, bemerkte sie, dass sein Griff schwach und schweißig war. Er sah nicht  nervös aus, aber ein wenig schüchtern oder introvertiert.

“Wie weit draußen ist der Tatort?”, fragte Ellington.

“Der nähste ist ungefähr eine Stunde entfernt”, erwiderte Thorsson. “Die anderen befinden sich innerhalb von zehn oder fünfzehn Minuten voneinander entfernt.”

“Gab es irgendwelche Neuigkeiten seit heute Morgen?” fragte Mackenzie.

“Keine”, antwortete Thorsson. “Das ist einer der Gründe, warum wir euch gerufen haben. Dieser Mann hat bis jetzt drei Frauen entführt und wir können einfach keinen einzigen Beweis finden. Es ist so schlimm geworden, dass der Staat darüber nachdenkt, Kameras auf dem Highway zu nutzen. Das Problem daran ist, dass man nicht einfach hundertzwanzig Kilometer Straße mit Kameras bewachen kann.”

 “Technisch wäre das möglich”, sagte Heidemann. “Aber das wären Tonnen von Kameras und ein großer Aufwand. Also sehen das manche Leute auf Staatsebene nur als die letzte Möglichkeit.”

“Können wir los und uns den ersten Tatort anschauen?”, fragte Ellington.

“Sicherlich”, antwortete Thorsson. “Braucht ihr nicht zuerst Hotels und so?”

“Nein”, sagte Mackenzie. “Lasst uns an die Arbeit gehen. Wenn ihr sagt, das es so eine große Strecke gibt, die abgedeckt werden muss, dann dürfen wir keine Zeit verschwenden.”

Als Thorsson und Heideman aufstanden, warf Ellington ihr einen merkwürdigen Blick zu. Sie wusste nicht, ob er von ihrer Ansage so schnell wie möglich zum ersten Tatort zu gehen beeindruckt war oder ob er es amüsant fand, dass sie ihm nicht ganz die Führung hier überlassen wollte. Sie hoffte, dass er nicht merkte, dass der Gedanke daran irgendwo in die Nähe eines Hotels mit Ellington zu kommen, zu viele Emotionen auf einmal in ihr hochkommen liessen.

Sie verließen Starbucks alle in einer Reihe hintereinander. Mackenzie war leicht berührt, dass Ellington auf sie wartete, um sicherzugehen, das sie nicht die Letzte war.

“Wisst ihr”, sagte Thorsson und blickte über die Schulter hinüber, “ich bin froh, dass ihr gleich dort hin wollt. Es herrscht eine schlechte Stimmung in der ganzen Angelegenheit. Ihr könnt es fühlen, wenn ihr mit der einheimischen Polizei sprecht und es beginnt schon, auf uns abzufärben.”

“Welche Art von Stimmung?”, erkundigte sich Mackenzie.

Thorsson und Heideman teilten einen bedeutungsvollen Blick miteinander, bevor Thorssons Schulter ein wenig sank und er antwortete: “Als wenn es nicht passieren würde. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Es gibt keinen einzigen Hinweis. Der Mann ist wie ein Geist.”

“Wir können hier hoffentlich helfen”, sagte Ellington.

“Ich hoffe”, antwortete Thorsson. “Denn im Moment ist das allgmeine Gefühl von allen die an dem Fall arbeiten, das wir den Typ nie finden werden.”

 

KAPITEL DREI

 

Mackenzie war eher überrascht,dass das einheimische Büro Thorsson und Heideman mit einem Suburban ausgestattet hatte. Nach ihrer eigenen Klapperkiste und den Mietautos, mit denen sie in den letzten Monaten gefahren war, fühlte sie, dass sie jetzt stilgerecht fuhr, während sie mit Ellington hinten saß. Als sie nach einer Stunde und zehn Minuten am ersten Tatort ankamen, war sie dennoch schon fast froh endlich aussteigen zu können. Sie war nicht an solche Vergünstigungen in ihrer Position gewöhnt und sie fühlte sich ein wenig unwohl.

Thorsson parkte am Rand der State Route 14, eine zweispurige Straße, die sich durch die Wälder des ländlichen Iowa wand. Die Straße war gesäumt mit Bäumen an beiden Seiten. Während der wenigen Meilen die sie auf der Straße gefahren waren, hatte Mackenzie ein paar kleine Nebenstraßen gesehen, die lang vergessen schien, abgesperrt durch eine dünne Schnur und zwei Pfosten auf jeder Seite der Pfade. Außer diesen wenigen Unterbrechungen gab es nichts weiter als Bäume.

Thorsson und Heideman führten sie an ein paar einheimischen Polizisten vorbei, die flüchtig winkten, als sie vorbeigingen. Ganz vorne in Reihe zwei der geparkten Polizeiwagen stand ein kleiner roter Subaru. Die zwei Vorderreifen waren komplett platt.

“Wie sieht’s hier mit Polizeikräften aus?”, fragte Mackenzie.

 “Klein”, antwortete Thorsson. “Die kleinste Stadt hier ist ein kleiner Ort namens Bent Creek. Die Bevölkerung beträgt ca. neunhundert Menschen. Die Polizeikraft besteht aus einem Sheriff – der dort hinten mit zwei anderen Männern steht – zwei Vertreter und sieben Beamten. Sie hatten ein paar Anzugträger von Des Moines hier, aber als wir kamen sind sie zurückgetreten. Es ist jetzt das Problem des FBI’s. Die Art von Sache.”

“Mit anderen Worten, ihr seit also froh, das wir hier sind?”, fragte Ellington.

“Oh, absolut”, sagte Thorsson.

Sie erreichten das Auto und versammelten sich für einen Moment in einem Kreis. Mackenzie schaute zurück auf die Beamten. Nur einer von ihnen schien wirklich daran interessiert zu sein, was die FBI-Agenten dort taten. Soweit sie das betraf, war das in Ordnung. Sie hatte ihren gerechten Anteil an der Einmischung von Kleinstadtpolizeibeamten, die die Dinge schwerer machten, als sie sein mussten, gehabt. Es wäre schön zu arbeiten, ohne um die Gefühle und Egos der einheimischen Polizeibeamten herumtänzeln zu müssen.

“Wurde das Auto bereits auf Fingerabdrücke untersucht?”, fragte Mackenzie.

“Ja, heute früh”, antwortete Heideman. “Bitte.”

Mackenzie öffnete die Beifahrertür. Ein kurzer Blick hinein, sagte ihr, dass während das Auto nach Fingerabdrücken untersucht worden war, nichts entfernt oder als Beweis gekennzeichnet wurde. Ein Handy lag immer noch auf dem Beifahrersitz. Eine Packung Kaugummi lag auf ein paar verstreuten und gefalteten Papierstücken auf der Mittelkonsole.

“Das ist das Auto der Autorin, korrekt?”, fragte Mackenzie.

“Das stimmt”, antwortete Thorsson. “Delores Manning.”

Mackenzie überprüfte weiterhin das Auto. Sie fand Mannings Sonnenbrille, ein fast leeres Adressbuch, ein paar Kopien des The Tin House auf dem Rücksitz verstreut und Wechselgeld hier und da. Der Kofferraum bot nur eine Kiste mit Büchern. Es gab achtzehn Kopien eines Buches, genannt Love Blocked von Delores Manning.

“Wurde auch hier hinten alles nach Fingerabdrücken untersucht?”, fragte Mackenzie.

“Nein, ich glaube nicht”, antwortete Heiemann. “Das ist nur eine Kiste mit Büchern, stimmts?”

“Ja, aber da fehlen einige.”

“Sie kam von einer Autogrammstunde”, sagte Thorsson. “Wahrscheinlich hat sie ein paar verkauft oder verschenkt.”

Es war nicht wert, deswegen zu diskutieren, also ließ sie es bleiben. Trotzdem blätterte Mackenzie durch zwei der Bücher. Sie waren beide von Manning auf der Titelseite signiert worden.

Sie legte die Bücher zurück in die Kiste und begann dann die Straße abzusuchen. Sie ging bis zum Rand, suchte nach irgendwelchen Zeichen, wo etwas vielleicht aufgestellt wurde, das die Reifen zum Platzen gebracht hatte. Sie schaute zu Ellington hinüber und war erfreut zu sehen, dass er sich bereits die Reifen anschaute. Von da, wo sie stand, konnte sie die glitzernden Scherben des Glases sehen, das immer noch aus den Reifen hervorstach.