Elben-Geschichten

Alfred Bekker and Hendrik M. Bekker

Published by Alfred Bekker, 2017.

Inhaltsverzeichnis

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Alfred Bekker | Hendrik M. Bekker | Elben-Geschichten

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LIRANDIL – DER FÄHRTENSUCHER DER ELBEN | von Alfred Bekker

Hendrik M. Bekker | Die Dunkelelbin und die  Feuerschale von  Sundam

Der Dieb von Ashkor | von Hendrik M. Bekker & Alfred Bekker

Stadt der Helden: Fantasy Sonder-Edition

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Die Stadt der Magie

Der magische Zeichner

Die veränderte Zeichnung

Dunkelauges Schreckensherrschaft

Verwirrende Träume

Eine seltsame Begegnung

Zauber City braucht Hilfe

Der Schöpfer trifft auf seine Geschöpfe

Gondolas, der Elf

In der geheimen Wohnung

Finn gegen Dunkelauge

In Sicherheit

In der Tiefenstadt

Das Duell am Weltentor

Die Entscheidung

Meine Stadt

Further Reading: Alle Orks! Sieben Fantasy Abenteuer: Extra-Edition

Also By Alfred Bekker

Also By Hendrik M. Bekker

About the Author

About the Publisher

Alfred Bekker

Hendrik M. Bekker

Elben-Geschichten

––––––––

Geschichten um das Volk der Elben – mal klassisch tolkinesk, mal ungewöhnlich.

Inhalt:

Alfred Bekker: Lirandil, der Fährtensucher der Elben

Hendrik M. Bekker: Die Dunkelelbin und die Feuerschale von Sundam

Hendrik M. Bekker und Alfred Bekker: Der Dieb von Ashkor

Alfred Bekker: Stadt der Helden

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author /Cover: Steve Mayer mit Pixabay/Adelind

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

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LIRANDIL – DER FÄHRTENSUCHER DER ELBEN

von Alfred Bekker

Es war aber einige Zeit ins Land gegangen, nachdem Daron König von Elbiana wurde und seinem Vater Keandir auf den Thron folgte. Da ging Lirandil zu seinem König und sagte: „Ihr seid der vierte Elbenkönig, dem ich lange und treu gedient habe. Schon im Auftrag Eures Urgroßvaters Péandir durchstreifte ich als junger  Fährtensucher die Wälder und Gebirge von Athranor, der alten Heimat der Elben. Später diente ich seinem Sohn Eandorn, als die Elben von Athranor aus auf die große Seereise gingen und sich für mehr als eine Ewigkeit im Nebelmeer verloren, ehe schließlich unter der Herrschaft  Eures Vaters, des ruhmreichen Königs Keandir, das Zwischenland erreicht und das neue Reich von Elbiana gegründet wurde. Auch diesen Kontinent erforschte ich – zuerst auf Geheiß Eures Vaters, später auf das Eure, mein König.

Jetzt aber, nach all Jahrtausenden des treuen Dienstes an der Elbenheit, erbitte ich Zeit für mich selbst, denn ich will auf eine Reise gehen, die mich weiter fortführen wird, als alle meine bisherigen Reisen zuvor!“

„Zumindest seit der großen Seereise des Elbenvolkes von Athranor zur Küste des Zwischenlandes, die Ihr ja noch erlebt habt, werter Lirandil“, schränkte Daron ein.

„Wer weiß...“, gab Lirandil zurück.

König Daron aber ließ eine Falte auf seiner ansonsten vollkommen glatten Stirn erscheinen. „Eure Bitte sei Euch gewährt! Niemand hat sich dies mehr verdient, als Ihr!“

„Ich danke Euch, mein König!“

„Aber gestattet Ihr mir eine Frage?“

„Gewiss!“

„Wo ist das Ziel Eurer Reise? Wonach sucht Ihr da draußen, was Ihr hier in Elbiana nicht zu finden vermögt?“

„Es sind die Gestade der Erfüllten Hoffnung – Bathranor! Einst glaubte auch ich, dass der zwischenländische Kontinent mit diesen Gestaden identisch wäre. Aber wir alle wissen inzwischen, dass dies nicht der Fall ist!“

König Darons Blick wurde nachdenklich. „Ja, ist mir wohl bewusst...“

„Ich brauche Gewissheit, mein König!“

„Das verstehe ich nur zu gut, mein getreuer Fährtensucher!“, erwiderte Daron. „So geht und kehrt wohlbehalten zurück, sodass Ihr mir berichten könnt. Falls Ihr aber nicht zurückkehren werdet, so werde ich hoffen, dass es daran liegt, dass Ihr Euch dem Zauber jener seeligen Gestade ergeben habt und es vorzieht, im Wahren Bathranor zu bleiben, was Euch niemand verübeln wird!“

Nachdem Lirandil sich verabschiedet hatte, ging er zu Sarwen, der Zwillingsschwester des Königs, die in jenen Tagen die Oberste Schamanin der Elbenheit war. Sarwen gab Lirandil einen Trank, der die Klarheit des Geistes und die Schärfe der Urteilskraft zu erhöhen versprach. „Beides wirst du auf dieser Reise mehr brauchen, als jemals zuvor“, prophezeite Sarwen. „Die vergessenen Namenlosen Götter unserer Vorfahren mögen dir gnädig sein, die verklärten Totenseelen der Eldran mögen dich bewachen und dir ihren Rat zukommen lassen – und die verfluchten Schattenkreaturen der Maladran mögen sich von dir fernhalten und dich mit ihren üblen Gedanken verschonen!“

Und so zog Lirandil von dannen.

Als er das Stadttor von Elbenhaven verließ, ritt er nicht auf einem Elbenpferd, dass sich allein mit der Gedankenkraft seines Reiters lenken ließ, sondern auf eine gewöhnlichen Menschengaul, der an einem primitiven Zügel gehalten werden musste und nicht in der Lage ist, den Willen seines Herrn von allein zu erkennen.

Aber Lirandils Absicht war es, unter den Sterblichen nicht allzu sehr aufzufallen. Und da Elbenpferde in den Ländern der Rhagar unüblich waren, nahm der Fährtensucher diese Unbequemlichkeit in Kauf.

(Aus der Chronik des Fährtensuchers)

*

Viele Fährtensucher hat es unter den Elben gegeben – aber Lirandil war derjenige von  ihnen, der diese Kunst am besten verstand – und der Einzige, der sie über die Zeit der langen Seereise von Athranor ins Zwischenland bewahrt hatte.

So ward er einzigartig unter denen, die zum Volk des Lichtes gehörten.

(Aus dem Älteren Buch Keandir)

*

Lirandil aber wandte sich dem Lande Marana zu, dass seit langem von den Rhagar bewohnt wurde, wie man die Menschen früher genannt hatte. Aber es gab einsame Täler dort,  felsige Schluchten und durch Magie und andere Mittel verborgene Orte. Und deren Geheimnisse waren es, die den Fährtensucher lockten.

An manchen dieser Orte konnte es sein, dass man sie durchquerte ohne etwas von ihrer wahren Natur zu sehen. Kam man ein zweites mal dort hin, zog man jedoch durch ein völlig verändertes Land und war in einer anderen Ebene der Existenz gefangen. Aber Lirandil konnte nichts schrecken. Auch die Aura einer tödlichen Form übelster Zauberei nicht, die aus einer Fäulnis des Geistes gewonnen worden war, wie kein Elb sie sich auch nur vorzustellen vermochte.

(Der Chronist von Elbenhaven)

Der Tod-in-Gestalt trug eine dunkle Kutte, deren Kapuze tief heruntergezogen war.  Sein wahres Gesicht lag im Schatten, ganz gleich, wie das Licht fiel. Aber das war vielleicht auch bessser so. Ein Ahnungsloser ist er, dachte der Tod-in-Gestalt, der auf einem kargen Hügel stand, von dem aus man die Umgegend überblicken konnte. Ein Punkt hob sich in der Ferne ab, für das menschliche Auge kaum sichtbar. Der Tod-in-Gestalt brauchte keine Augen, um zu wissen, wer es, war, der es wagte, sein Reich zu betreten. Ja, es konnte nur ein Unwissender sein. Ein Narr.

Der kleine schwarze Punkt wurde größer.

Ein Reiter bildete sich daraus.

Er ritt in scharfem Galopp.

Aber er würde zwangsläufig langsamer werden, wusste der Tod-in-Gestalt. Es war immer dasselbe. Zu oft hatte er es mit angesehen.

Ich bin gespannt, ob der Fremde bleiben wird, überlegte der Tod-in-Gestalt. So wie die vielen anderen Narren...

*

Ein Land des Todes, dachte der einsame Reiter. Eine Art Wüste, die nicht durch das Klima geschaffen zu sein scheint, sondern...

Lirandil ließ sein Pferd anhalten. Der weitgereiste Fährtensucher aus dem nahezu unsterblichen Volk der Elben hatte sich daran gewöhnt, dass die Pferderassen aus der Zucht der Menschenvölker, der Halblinge oder der Blaulinge nicht auf die Kraft eines Gedanken reagierten, wie es bei den Rössern der Elben der Fall war. Stattdessen mussten sie mit Hilfe von Zügeln gelenkt werden. Fast so, wie n der Alten Zeit in Athranor, bevor die Elbenpferde gezüchtet worden waren!,  erinnerte sich Lirandil. Aber diese Zeiten waren schon so fern, dass er manchmal das Gefühl hatte, die Erinnerung daran, wie er als junger Fährtensucher im Auftrag des Elbenkönigs Péandir die Wälder und Gebirge von Athranor durchstreift hatte, würden langsam aber sicher verblassen. In anderen Momenten jedoch standen sie ihm wieder in so großer Deutlichkeit vor Augen, dass man glauben konnte, all das sei erst gestern oder im letzten Jahrtausend geschehen – und nicht schon Zeitalter zuvor.

Schon als er mit der Elbenflotte das Zwischenland erreicht hatte, war Lirandils Haar grau gewesen. Und grau war es über viele Zeitalter geblieben. Inzwischen war es fast weiß und fein wie Elbenseide. Seinem Körper allerdings hatte die lange Lebenszeit nichts anhaben können – ebensowenig, wie die Schärfe seiner Elbensinne in dieser Zeit nachgelassen hatte. Und sein Gesicht wirkte alterslos.

––––––––

Der Weg zur Küste von Marana führte hier her. Und dorthin wollte er. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als diesen Weg zu nehmen, auch wenn ihm dabei unwohl war.

All die feinen Sinne des Fährtensuchers sträubten sich dagegen. Er spürte die Gefahr und die Anwesenheit des Todes, auf diesem Landstrich wie ein albtraumhafter, grauer Schatten zu liegen schien.

Und doch...

Da war auch etwas, was ihn geradezu magisch anzog.

Vielleicht bin ich hier einem der Geheimnisse, nach denen ich forsche, näher, als ich des je zu hoffen gewagt hätte!, ging es dem bleichen elbischen Reisenden durch den Kopf. Aber zwischen seinen schräg gestellten Augen bildete sich eine Falte des Zweifels. Die Kraft der Finsternis, sie muss hier mächtiger sein, als an vielen anderen Orten, die ich besuchte!, drängte sich Lirandil ein plötzlich aufkommender Gedanke auf und ein mattes Lächeln umspielte plötzlich seinen dünnlippigen Mund. Am Ende siegte bei ihm doch immer die Neugier über all das, was man Furcht oder Ehrfurcht oder vielleicht sogar Vernunft nennen konnte. So war es schon in der Zeit vor der Seereise der Elben gewesen, als er ein junger Elbenkrieger war und in weit entfernte Gebiete von Athranor vordrang, von deren Existenz man im Elbenreich auf  König Péandirs Burg schon lange nichts mehr gehört hatte.

Vergessene Länder hatte Prinz Sandrilas diese Gebiete oft genannt. Jetzt, so viele Zeitalter später, musste der nahezu unsterbliche Lirandil feststellen, dass er sich an jene Zeit manchmal kaum noch zu erinnern vermochte. Sie versank wie hinter einem Nebel und der Fährtensucher fürchtete schon, dass diese Erinnerungen eines Tages vollkommen verblasst waren. 

Nun ließ er den Blick über die Ödnis streifen, die vor ihm lag.

Eine Aura unvorstellbaren Alters schien über dem kargen, steinigen Land zu liegen, das sich von Horizont zu Horizont erstreckte und durch schroffe Berge begrenzt wurde. 

In jener Herberge, in der Lirandil die letzte Nacht verbracht hatte, hatte man ihn eindringlich davor gewarnt, hier her zu reiten. Aber mehr als ein paar düstere Andeutungen waren es nicht gewesen, die dem Wirt zu entlocken gewesen waren und so hatte Lirandil beschlossen, nichts weiter darauf zu geben und seinen Weg einfach fortzusetzten.

Man konnte ihm sicher vieles nachsagen, aber nicht, dass er ein ängstlicher Mann gewesen wäre, der sich allein durch das Geschwätz eines Wirtes in Furcht versetzen ließ. Übermäßige Furcht war ihm von Natur aus nicht eigen gewesen – und je länger sein Leben währte, desto geringer wurde sie. Was konnte es schließlich noch zu fürchten geben, wenn man schon so viele Gefahren bezwungen hatte, dass selbst der Geist eines Elben kaum ausreichte, sich ihrer aller genau zu erinnern?

Lirandil verengter den Blick und schärfte ihn dabei, wie es nur einem Elben – und unter diesen nur einem ausgebildeten Fährtensucher! –  möglich war.

Beim Anblick dieser Einöde stockte ihm der Atem.

Ein eigenartiger Geruch lag in der Luft. Ein Geruch, der nicht zu diesem toten Ort passen wollte, weil er Leben voraussetzte. Wenn auch vergangenes Leben. Selbst der schwache Geruchssin eines Menschen hätte in diesem Augenblick einen Hauch von Moder und Verwesung wahrgenommen. Lirandil kam es im ersten Moment wie ein die Sinne betäubender Gestank vor, bevor er sein Geruchsvermögen willentlich so weit herunterdämpfte, dass es zu ertragen war.

Und dennnoch: Der Geruch des Verfalls, kalt und erstickend wie in dunklen, uralten Grabhöhlen, blieb unverkennbar.

Alles Lebendige schien aus irgendeinem Grunde aus diesem Landstrich geflohen zu sein, nur nackter Stein und kahler Fels waren geblieben.

Aber Lirandils  Weg führte ihn nun einmal hier her, und wenn ihn auch bei dem Anblick, der sich ihm in diesem Moment bot,ein kalter Schauder überkam, so hatte er doch keinerlei Neigung, einen Umweg zu reiten. Nein, so leicht ließ er sich nicht von seinem Weg abbringen.

So leicht nicht...

Er blicke sinnend in die Ferne.

Seine Augen wurden schmal dabei und sein Herz schien sich anzufühlen wie ein kalter Stein.

Empfindungen von eigenartiger Düsternis überkamen ihn. Ihn fröstelte innerlich. Was ist nur mit mir?, fragte er sich. Er konnte es nicht erklären. Er murmelte eine magische Formel, die ihn  beruhigen und sein inneres Gleichgewicht stärken sollte. Aber diese Formel blieb ohne Wirkung. 

Nur weiter, keine Gedanken machen, nicht grübeln...

So trieb Lirandil sein Pferd voran, aber selbst das Tier unter ihm schien ein  instinktives Gespür dafür zu haben, dass es vielleicht besser war, diesen Landstrich zu umreiten.

Ein schreckhaftes, angstvolles Menschenpferd eben.

Es scheute, bewegte sich nur widerwillig vorwärts. So widerwillig, dass Lirandil ihm die Sporen geben musste, was der Elbenkrieger als barbarisch empfand.

Nach einiger Zeit kam Lirandil an verlassenen Dörfern vorbei, in denen schon jahrelang kein Mensch mehr zu leben schien.

Vielleicht war es eine schreckliche Seuche gewesen, die diesen Landstrich entvölkert hatte, vielleicht auch eine besonders verheerende Dürre.

Lirandil wußte es nicht.

Es dauerte nicht lange, da sah er in der Ferne, auf einer Anhöhe die Silhouette einer Burg auftauchen, die sich düster gegen den grau gewordenen Himmel abhob.

Lirandil hatte wohl ein wenig die Orientierung verloren, jedenfalls hatte er nicht die geringste Ahnung, wessen Herrensitz diese Burg wohl sein mochte.

Doch je näher er ihr kam, desto verlassener wirkte sie auf ihn. Gerade so, als ob auch aus ihr alles Leben geflohen war...

Es war schon spät.

Bald würde die Nacht hereinbrechen und Lirandil hatte keine Lust, unter freiem Himmel zu schlafen. Er hätte auf den Schlaf auch eine Nacht oder sogar mehrere verzichten können. Schließlich war er ein Elb.  Und das Schlafbedürfnis der Elben war viel geringer als das der Menschen. Seines hatte jedoch in den letzten Jahrhunderten (oder schon in den vergangenen Jahrtausenden?) zugenommen – und zwar in demselben Maß, wie seine Neigung, sein Haar mit Hilfe von Magie daran zu hindern, weiß zu werden oder diesen Prozess sogar rückgängig zu machen, geschwunden war.  Manches hatte sich geändert seit den Tagen, da er noch mit seinem Schüler Olfalas auf Elbenpferden durch die Menschenländer geritten war – und nicht auf den vergleichsweise wenig feinsinnigen und schlecht gehorchenden Tieren der sterblichen Menschen.  In ihrer Unfähigkeit zu wirklich guter Pferdezucht glichen sich die Menschenvölker. Auf die Tagoräer traf das ebenso zu, wie auf die  Rhagar, die sich im Zwischenland seit den Zeiten, als Lirandil an der Seite von König Keandir an der Aratanischen Mauer gegen sie gekämpft hatte, in viele verschiedene Völker aufgespalten hatten. Völker, die allerdings oftmals noch dieselbe oder wenigstens eine ähnliche Sprache einte.

Lirandil blickte zur Burg.

Seinen Elbenaugen tat das viele Licht nicht gut. Lirandil murmelte eine Formel, die ihm dabei half, diese Bedrohung für seinen Gesichtssinn erst einmal abzuwehren. 

Außerdem konnte er sich nach dem Weg erkundigen.

So hielt auf die Burg zu.

Vor dem Tor befand sich ein offenbar ausgetrockneter Graben. Die Zugbrücke war hochgezogen.

"Heh, ist da jemand?", rief Lirandil, so laut, wie es mir seine Stimme erlaubte.

Aber es antwortete ihm niemand.

Lirandil versuchte es noch ein paarmal, kam dann aber zu dem Schluss, dass entweder auch diese Burg nicht mehr bewohnt war, oder ihre Bewohner keinerlei Interesse daran hatten, Besucher einzulassen.

Lirandil lenkte sein Pferd herum und wollte schon davon reiten,da ging plötzlich mit einem grauenhaften Getöse die Zugbrücke herunter.

Es knarrte furchtbar und es schien fast so, als würde sie mehr herunterfallen als heruntergelassen.

Lirandil zuckte mit den Schultern.

Neugier hatte ihn gepackt.

Vorsichtig lenkte er das Pferd über die schon ziemlich morsch wirkende Brücke. Aber sein Mißtrauen war unbegründet. Sie hielt und Lirandil erreichte unversehrt das offene Burgtor. Sicherheitshalber murmelte er jedoch eine magische Formel vor sich hin,  die ihn leichter werden ließ. Er hatte erlebt, wie die Elbenmagie im Verlauf der letzten Jahrtausende immer schwächer geworden war – aber wirkungslos war sie noch lange nicht.

Lirandil ließ seinen Blick ein wenig umherschweifen. Auf dem Burghof war niemand und fast wollte es ihm scheinen, als wäre diese Burg ebenfalls völlig unbewohnt und die Zugbrücke von allein heruntergefallen. Vielleicht, weil die Ketten durchgerostet waren...

Der Zahn der Zeit und die schwarze Magie des Verfalls—sie haben an allem genagt, was in diesem eigenartigen Land zu finden ist! dachte der Elbenkrieger. Als ob nur noch flüchtige Totengeister  hier ihre Existenz  fristen...

Aber einen Augenblick später sah Lirandil, dass er sich getäuscht hatte.

Ein hagerer kleiner Mann tauchte auf. Er hatte einen grauweißen Spitzbart und nur noch eine Handvoll Haare auf dem Kopf.

"Seid gegrüßt!", rief Lirandil. "Ich nehme an, Ihr seid der Herr auf dieser Burg!" Er sprach dabei in der Sprache der Rhagar, die in diesem Land von so gut wie allen Bewohnern verstanden wurde.

Der Hagere schüttelte den Kopf und ließ ein meckerndes Lachen hören, wobei er zwei Reihen schlechter Zähne entblößte.

Sein Kopf erinnerte ihn in diesem Moment an einen Totenschädel...

"Nein", sagte er. "Ich bin nur der Diener!"

"Dennoch -—ich bin erfreut Euch zu begegnen!"

"Ach -—Ihr wisst nicht, was Ihr sagt, Fremder..."

"Was meint Ihr damit?"

"Das ist nicht s wichtig...“

So war diese Burg doch nicht unbewohnt, obwohl alles hier einen derart verfallenen und verlassen Eindruck machte. Nach dem Ritt durch die menschenleere Einöde, die diesen Herrensitz umgab, war Lirandil richtig erleichtert, wieder eine Stimme zu hören.

"Mein Name ist Lirandil!" sagte der elbische Fährtensucher. "Und ich bin auf dem Weg nach Norden, zur Küste. Vielleicht könnte ich auf dieser Burg ein Quartier für die Nacht finden..."

Der Alte sah Lirandil mit einem seltsamen Blick an und musterte den einsamen Reiter von oben bis unten. Ein abschätziger Blick.

Dann sagte er: "Das wird mein Herr zu entscheiden haben", sagte er dann. "Wartet hier!"

Daraufhin verschwand der Alte in einem der Burggebäude und es dauerte eine ganze Weile, ehe er dann zurückkehrte, um Lirandil mitzuteilen, dass sein Herr ihn zu empfangen wünschte. Die Hände des Alten waren bisher unter den überlangen Ärmeln seines Gewandes verborgen geblieben. Jetzt traten sie hervor.

Der Alte hatte an jeder Hand sechs Finger!

Wie die Angehörigen jenes legendären Volkes, dass lange vor Elben und Menschen auf dem Kontinent des Zwischenlandes gelebt hatte.

Ist es möglich, dass einige von ihnen hier, in diesem abgelegenen Ödland die Zeitalter überdauert haben?

Niemand wusste, wie die Sechsfingrigen ausgesehen hatten und manche behaupteten sogar, dass es ihnen möglich gewesen war, die Gestalt zu verändern. Die ungeschlachten Trorks, die den Elben wie Mischwesen aus Orks und Trollen erschienen waren, sowie die Gnome von Hocherde stammten zweifellos von den Sechsfingrigen ab. Ihre Abkömmlinge waren von so unterschiedlicher Gestalt,  dass Geschichten darüber aufgekommen waren,  die davon handelten, dass die Sechsfingrigen selbst dazu in der Lage waren, ihre Gestalt zu ändern.

Die Legenden der Zentauren berichteten darüber.

Aber den Wahrheitsgehalt dieser Legenden vermochte wohl niemand genau zu bestimmen. 

*

Lirandil machte sein Pferd irgendwo fest und ließ sich dann von dem alten Diener in die düster wirkenden Burggemäuer führen.

Alles schien staubig und sehr alt zu sein, so als wären schon seit Generationen kein Fremder mehr hier gewesen.

Es ging steile Wendeltreppen hinauf und schließlich erreichten sie einen großen Festsaal, in dem eine lange Tafel stand.

Ein Ort, der dich, den beinahe Unsterblichen an Tod und Verfall gemahnt, dachte Lirandil. Warum nur? Was ist hier geschehen? Welcher Pesthauch  schwarzer Magie hat hier gewütet? Oder ist dieser Eindruck nichts als eine Vorspiegelung meiner eigenen Seele?

Lirandil ließ den Blick schweifen.

Am Ende der Tafel saß ein einziger Mann.

Er war höchstens halb so alt wie der Diener. Ein schwarzer Bart umrahmte sein leichenblasses Gesicht, das irgendwie krank wirkte.

Als Lirandil von dem Diener hereingeführt wurde, blickte er auf und sah den Fremden mit blaßblauen Augen nachdenklich an.

Lirandil stellte sich vor und sagte ihm auch, dass er gerne die Nacht über in der Burg bleiben würde.

"Das Wetter scheint umzuschlagen", meinte er. "Da ist es nicht schlecht ein Dach über dem Kopf zu haben!"

"Ihr sagt es, Fremder Herr!"

"Um so dankbarer bin ich Euch!"

Jener Mann, der offensichtlich der Burgherr war, erhob sich und nickte. Dann kam er herangetreten und reichte Lirandil die Hand.

"Willkommen auf Burg Kavan!" sagte er. "Und ich bin Lord Rhoryan von Kavan, der Herr dieser Burg!" Er atmete tief durch, während er noch immer Lirandils Hand hielt. Die seine fühlte sich kalt an, fast wie eines Toten und so zuckte Lirandil im ersten Moment unwillkürlich zurück.

Eine sechsfingrige Totenhand! durchzuckte es Lirandil.Und wie pergamentartig ist die Haut dieses Mannes... Wie die Haut eines vollkommen ausgetrockneten Leichnams, der in Wachs konserviert wurde! Aber gab es je eine stärkere Magie als die des Volkes der Sechs Finger? Warum sollte es diese Magie nicht einigen von ihnen ermöglicht haben, vor aller Welt verborgen die Zeiten zu überdauern...

Er schien Lirandils Unbehagen zu bemerken und lächelte verlegen.

Dann leckte er mit der Zunge über seine dünnen, blutleeren Lippen und sagte: "Dies ist ein kaltes Land, Lirandil, viel kälter, als der Rest von Marana! Und wie es scheint, färbt die Kälte auf die Bewohner ein wenig ab! Aber das ist für Euch kein Grund zu erschrecken!"

"Ich erschrecke nicht!" gab Lirandil unrichtigerweise zurück. Es war eine Lüge, die der Höflichkeit geschuldet war.

"Dann wärt Ihr der erste, der Burg Kavan betritt und nicht erschrickt!" gab der Burgherr Lirandil zurück und auf einmal blitzte es in Lord Rhoryans Augen.

Und die Art und Weise, wie Rhoryan von Kavan den einsamen Reiter musterte, gefiel diesem nicht.

„Ihr habt sechs Finger – und Euer Diener ebenfalls!“, stellte Lirandil fest.

„Wir entstammen alle einem sehr alten Geschlecht. Und dass selbst die Dienerschaft das Zeichen unserer Andersartigkeit zeigt, liegt an der Unbeherrschtheit eines Vorfahren... Doch darüber will ich nicht sprechen.“

„So seid Ihr Menschen – und keine Abkömmlinge des Volkes der Sechs Finger, von dem niemand weiß, wo es geblieben sein mag?“

„Wir leben hier sehr abgeschieden und hören wenig von dem, was sich anderswo ereignet. Was soll das bitte für ein Volk sein, von dem Ihr sprecht?“

„Ein Volk, von dem die Gnome und Trorks abstammen und das schon verschwunden war, als die Elben das Zwischenland erreichten?“

„Bedaure, ich weiß nichts darüber“, behauptete der Burgherr.

„Das glaube ich nicht. Die sechs Finger an Euren Hände sprehen eine deutliche Sprache... Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr nichts darüber wisst!“

Lord Rhoryan atmete tief durch. „Also gut, ich will Euch sagen, was ich weiß, auch wenn es Euch nicht weiterhelfen wird. Aber vielleicht befriedigt es Eure Neugier. Ihr scheint ja ganz erpicht darauf zu sein, mehr über diese Angelegenheit zu erfahren!“

„Ich bin gespannt!“, meinte er.

„Einer meiner Vorfahren – er  trug denselben Namen wie ich und wir nennen ihn der Chronologie unseres Hauses Lord Rhoryan von Kavan den Älteren, zur Unterscheidung von meinem Vater, Lord Rhoryan den Mittleren und mir, der ich dementsprechend auch als Lord Rhoryan der Jüngere bezeichnet werde  – traf auf einen seltsamen Fremden, einen Gnom, der behauptete, im Besitz eine geheimen Essenz  zu sein, die nach einem Rezept hergestellt wurde, wie vor langer Zeit im Volk der Sechs Finger üblich war. Die Einnahme dieser Essenz sollte  magische Kräfte verleihen, und so kaufte sie mein Vorfahre."

"Er nahm diese Essenz tatsächlich ein?", fragte Lirandil.

Sein Gegenüber nickte.

"Und sie veränderte ihn und alle seine Nachfahren auf unaussprechliche Weise..." Er hob seine Hand und lachte heiser. "Die sechs Finger sind das Zeichen unseres Fluches. Jedem, der von der Essenz nahm, wuchsen solche Hände – und ebenfalls ihren Nachfahren. Und was die Gabe der Magie betrifft, so  war auch das ein Fluch, denn die meisten starben irgendwann von eigener Hand, weil der Wahnsinn sie befiel, je öfter sie ihre Kräfte anwendeten....“

"Nur Euch betrifft das nicht?", fragte Lirandil. "Ihr, Eure Tochter und Euer Diener?"

"Irgendwann wird es auch bei uns soweit sein..."

Lirandil sah Lord Rhoryan an und plötzlich  nahm er einige seiner Gedanken war, die sich einfach zu sehr aufdrängten, als dass der Burgherr sie hätte verbergen können.

„Es gibt noch ein weiteres Geheimnis um Euren  Fluch“, erklärte Lirandil ruhig.

Aber Rhoryan widersprach. "Nein, ich habe Euch alles gesagt", behauptete er. "Und Ihr müsst zugegeben, dass es schrecklich genug ist..."

*

Lirandil hatte in diesem Augenblick keine Erklärung dafür, er fühlte nur ein dumpfes Unbehagen, so dass er sich instinktiv an dem Griff des kurzen Schwertes festhielt, dass er an der Seite trug.

"Ihr habt sicher noch nichts gegessen!" stellte Lord Rhoryan fest und Lirandil nickte.

"Das ist richtig", sagte Lirandil. "Ich kam durch ein fast unbewohntes Land,in dem ich mir nicht einmal einen Hasen hätte erjagen können..." Ein Elb konnte lange ohne Nahrung auskommen, wenn es sein musste – aber irgendwann knurrte auch den Angehörigen des unsterblichen Lichtvolkes der Magen. Und diesen Punkt hatte Lirandil schon vor einer Woche überschritten. Oder war es ein Monat? Je mehr Jahrtausende er  sich in seinem Leben angesammelt hatten, desto diffuser wurde seine Beziehung zu dem, was die sterblichen Menschen die Zeit nannten.

"Wem sagt Ihr das!", meinte Lord Rhoryan.

"Nie zuvor reiste durch eine derartige Ödnis..."

"Ich verstehe durchaus, was Ihr meint, Lirandil!"

"...und ich frage mich, wie es Euch und Eurem Gesinde überhaupt möglich ist, in dieser Umgebung zu überleben!"

Lord Rhoryan lächelte matt. "Wer behauptet denn, dass es leicht wäre..."

Lirandil rieb die Hände gegeneinander. Eine eigenartige  Kälte hatte ihn erfasst, war ihm bis ins Mark gedrungen und hatte ihn erbärmlich frösteln lassen. Eine Art von Kälte, von der Lirandil zu ahnen begann, dass weder Kleidung noch Kaminfeuer dagegen zu helfen vermochten. An was für einen schrecklichen Ort bin ich hier nur gelangt! ging es ihm durch den Kopf.

Grauenhaft...

Lord Rhoryan wandte sich an den alten Diener.

"Padric! Du könntest in unseren Vorräten nachschauen und unserem Gast ein Mal bereiten!"

Padric hob die Augenbrauen. Von einen Moment zum  anderen schien wieder ein Hauch von Leben in den ansonsten fast wie zur Salzsäule erstarrten Padric gefahren zu ein.

"Jawohl, mein Herr."

"Dann beeil dich!" forderte Lord Rhoryan. Seine Stime hatte jetzt harten, metallisch wirkenden Klang. "Schnell!"

"Ich werde mein Bestes tun!" versicherte der Diener.

Und damit verschwand der alte Mann durch die Tür.

Rhoryan kam auf Lirandil zu und dieser fragte ihn: "Mir scheint, Ihr würdet über eine einzige Ödnis herrschen, Lord Rhoryan!"

Er machte ein ernstes Gesicht.

Als er noch einen weiteren Schritt vortrat, fiel das Licht, das durch das Fenster hereinkam, auf sein Antlitz und Lirandil sah seine ungesunde, blasse Haut.

Sie schien geradezu etwas Pergamentartiges an sich zu haben und erinnerte  unwillkürlich an die Haut eines aufgebahrten Toten, der schon einige Zeit auf seine Bestattung wartete...

Rhoryan schien Lirandils Gedanken irgendwie zu erraten und verzog seine dünnen, blutleeren Lippen zu einem verlegenen Lächeln.

"Hat man Euch nicht gewarnt, hier her zu reiten? Hat man euch nicht gesagt, was mit diesem Land los ist, Herr Lirandil?"

"Man hat mich gewarnt!"

"Was hat man Euch gesagt?"

"Nur dummes Geschwätz, wie man es oft von Leuten hört, die über die Grenzen ihres Dorfes nie hinausgekommen sind. Von einem Fluch war die Rede..."

"Und sonst noch?"

"Nur Unbestimmtes, nichts, was greifbar wäre!"

"Ist ein Fluch denn nichts Greifbares, werter Lirandil?"

Lirandil sah ihn an und wußte im ersten Moment nichts zu sagen.

Ja, hinter den Schauergeschichten, die ich gehört hatte, mußte etwas Greifbares stecken...

Zumindest konnte das Leben aus diesem Land nicht ohne Grund verschwunden sein...

"Ich sehe, dass dies ein Land des Todes ist!", sagte Lirandil schaudernd.

"Und dennoch bleibt Ihr hier, auf Burg Kavan, Fremder... Ihr hättet einen anderen Weg vorziehen können. Schon, dass Ihr dieses Land überhaupt bemerkt habt ist erstaunlich, denn die meisten anderen reiten einfach an ihm vorbei und meiden es dabei völlig unbewusst." Lord Rhoryans Augen wurden schmal. Sie fixierten Lirandil mit einem durchdringegenden Blick.

Lirandil erklärte: "Mein Weg führte mich hier her. Ich will nach Norden, zum Berg der Heiligen."

"So seid Ihr ein Pilger!"

"Man kann es so auffassen!", erwiderte Lirandil, der keinerlei Anlass verspürte, seinem Gegenüber die Beweggründe, die ihn zu seiner Reise motiviert hatten, näher auseinanderzusetzen. "Jedenfalls hatte ich keine Lust, wegen ein paar Geschichten einen weiten Umweg zu reiten..."

"Was ein Umweg ist und was nicht, erweist sich oft erst sehr viel später, Lirandil."

"Da mögt ihr allerdings recht haben."

Rhoryan von Kavan wandte sich zum Fenster und blickte hinaus auf den Burghof.

Dann sagte er plötzlich: "Es scheint tatsächlich ein Fluch über diesem Land zu liegen." Er flüsterte fast. "Aber seid versichert, Lirandil: Hier, auf Burg Kavan seid Ihr sicher!"

"Sicher -—wovor?"

"Ach, nichts... Ich redete nur so vor mich hin..."

Er brach ab, blickte an Lirandil vorbei.

Eine Tür öffnete sich in  diesem Moment und die Gestalt einer jungen Frau trat ein. Ihre Züge waren feingeschnitten, ihr Haar kunstvoll aufgesteckt, ihre Bewegungen waren grazil und federnd. Und auch sie wurde durch jenes Merkmal gekennzeichnet, das, was Lord Rhoryan das Zeichen der Andersartigkeit nannte: sechs Finger.

Davon abgesehen war sie ebenso bleich wie Lord Rhoryan von Kavan und sein gebrechlicher Diener.

Lirandil musterte sie und bemerkte dann, wie Rhoryan vom Fenster herumwirbelte. Und Lirandil sah auch das, was im ersten Moment in Rhoryans seinem Gesicht geschrieben stand, als er die junge, bleiche Frau erblickte.

Erschrecken!, erkannte Lirandil.  Aus irgend einem Grund hätte sie nicht hier sein sollen...

Dann erst begann sich das Gesicht des Burgherrn zu entspannen. Er kam von Fenster heran, stellte sich neben die junge Frau und stellte ihr den fremden Wanderer vor.

"Dies ist Lirandil , ein Reisender, der in den Norden, zum Berg der Heiligen unterwegs ist!"

Sie trat auf Lirandil zu und reichte ihm ihre zarte sechsfingrige Hand, die ihm ebenso unmenschlich kalt erschien, wie er es schon bei der Hand Lord Rhoryans empfunden hatte.

"Ich freue mich, Euch kennenzulernen, Lirandil! Ihr müßt nämlich wissen, dass wir kaum Besuch bekommen"

"Die Freude ist ganz, meinerseits!"

"Ich bin Lady Ewia - die Tochter Lord Rhoryans von Kavan! Und so sehr ich mich freue, Euch zu sehen, so sehr muß ich Euch warnen!"

"Ewia!" mischte sich nun Lord Rhoryan ein. Aber seine Tochter ignorierte ihn geflissentlich und hielt den Blick auf Lirandil gerichtet.

Ihre Augen waren das Einzige an ihr, was ein wenig Wärme auszustrahlen in der Lage war.

Das einzig Warme, in dieser kalten Burg und dem öden Land, von dem dieser Herrensitz umgeben wurde.

Aber Lirandil sah auch Besorgnis in ihrem Gesicht.

Er hob die Augenbrauen.

"Warnen?" fragte er. "Wovor?"

"Vor dem Fluch, der auf diesem Land liegt, Lirandil! Vor den Kreaturen der Nacht..."

Lord Rhoryan griff abermals ein.

Er schien unbedingt verhindern zu wollen, dass Ewia sich weiter über diese Dinge äußerte – Dinge, die nach Rhoryans Ansicht wohl besser unausgesprochen blieben...

"Ewia! Dieser Mann ist unser Gast! Er wird die Nacht über hier bleiben!" mischte sich Lord Kavan erneut ein.

Aber Ewia ließ sich nicht davon abbringen, zu sagen, was ihrer Meinung nach gesagt werden musste.

"Reitet, solange Ihr noch könnt, Lirandil!"

"Ich dachte, dass eine Herberge..."

Ewia unterbrach ihn.

"Verzichtet auf die Herberge hier in der Burg und flieht! Ich beschwöre Euch, Lirandil! Um Eurer Seele willen!"

"Ich fürchte, ich verstehe nicht so recht", gab er zu. "Wer sind jene Kreaturen der Nacht, von denen Ihr gesprochen habt, Lady Ewia?"

Lady Ewia schluckte.

Es schien Lirandil, als würde eine schreckliche Qual an ihr nagen. Ein Kampf schien in ihrem Inneren zu toben und drohte, sie zu zerreißen.

Ihre Brust hob und senkte sich langsam, als sie tief durchatmete und dann den Kopf schüttelte...

"Ich kann es Euch nicht erklären, Lirandil! Ihr würdet es kaum zu glauben bereit sein. Aber ich beschwöre Euch!"

"Und ich beschwöre dich!" sagte Lord Rhoryan mit sehr strengem Unterton. "Verängstige unseren Gast nicht mit deinen Schauermärchen! Ich befehle dir zu schweigen!"

Das war unmißverständlich.

Lady Ewia senkte den Kopf und nickte leicht.

"Ja, Vater", flüsterte sie.

Lirandil wandte sich an an Lord Kavan und fragte: "Vielleicht könnt Ihr mir erklären, was es mit diesen Kreaturen der Nacht auf sich hat!"

Sein Blick war eisig und starr geworden.

"Ich kann nicht mehr sagen, als meine Tochter es bereits getan hat..."

"Sind jene Geschöpfe die Ursache dafür, dass kein Leben mehr in dieser Gegend existiert?"

Lord Rhoryan wechselte einen Blick mit seiner Tochter und dann sagte diese: "Vater, es hat keinen Sinn mehr, es verheimlichen zu wollen!"

"Es ist also so, wie ich vermutet habe!" schloß Lirandil.

Lord Rhoryan von Kavan nickte.

"Ja", murmelte er kaum hörbar. "Aber hier auf Burg Kavan seid Ihr sicher!"

Lirandil hoffte nur, dass der Burgherr mit dieser Bemerkung recht hatte.

*

Wenig später kam Padric, der gebrechliche Diener, und brachte das Essen. Er deckte allerdings nur für eine Person und so fragte die Herrschaften von Burg Kavan, ob sie nicht auch etwas zu sich nehmen wollten.

Aber sie verneinten beide - ohne es Lirandil zu erklären.

Was Lirandil dann vorgesetzt bekam, schien so uralt wie diese Burg selbst zu sein. Es waren Zwiebäcke, die nach Schimmel schmeckten und Wein aus einer völlig verstaubten Flasche, der bereits sauer geworden war. Selbst für die den verfeinerten Geschmackssinn der Elben war der Eindruck sehr fade.

Lirandils Höflichkeit reichte nur ein paar Bissen weit, dann schob er den Teller von sich und gab vor, satt zu sein.

"Ich weiß, Ihr seid sicherlich Besseres gewohnt seid", erklärte Lord Kavan dazu. "Aber Ihr könnt gewiß sein, dass Padric aus unseren spärlichen Vorräten das Beste für Euch zusammengesucht hat!"

"Ich gehöre einem Volk an, das bekannt dafür ist, nur wenig Nahrung zu benötigen", erwiderte Lirandil.

"Was für ein glücklicher Umstand", murmelte Lord Rhoryan. 

*

Draußen war es finstere Nacht geworden und Padric, der Diener der von Kavans führte Lirandil zu einem großzügig eingerichteten Gästezimmer.

Es wirkte auf Lirandil wie das Zimmer eines Fürsten, auch wenn alles von einer dicken Schicht Staub bedeckt war. Jahrelang, wahrscheinlich jahrzehntelang hatte wohl niemand mehr diesen Raum betreten.

Padric entzündete Lirandil ein Licht und der Reisende fragte den Alten, wer außer ihm und den von Kavans noch auf dieser Burg lebte.

Seine Antwort konnte Lirandil im Grunde seiner Seele nicht mehr verwundern, denn er hatte sie unbewußt vorausgeahnt.

"Niemand", sagte er. "Außer Lord Rhoryan, seiner Tochter und mir lebt niemand hier."

"Warum verbringen die Herrschaften von Kavan ihr Leben in einer derartigen Einsiedelei?"

"Es ist keine bewußte Einsiedelei, Herr!"

"Was ist es dann? Erkläre es mir, Padric!"

"Dies ist Burg Kavan, der Stammsitz dieser Familie. Um nichts in der Welt würde Lord Rhoryan ihn verlassen!"

"Hat es nie mehr Personen auf dieser Burg gegeben? Gesinde, Knappen, Ritter... Stallknechte und Köche!"

"Das ist lange her...", sagte Padric müde. "So lange, dass selbst ich mich kaum daran erinnern kann, wie es einmal wahr..."

"Hängt es mit diesen Geschöpfen der Nacht zusammen, die Lady Ewia erwähnte?"

"Die Fragerei scheint Ere zweite Natur zu sein!"

"Ich bin ein Fährtensucher und denen ist die Neugier nunmal eigen!"

"Nehmt nicht alles so ernst, was Lady Ewia sagt."

Lirandil zog die Augenbrauen in die Höhe und runzelte die Stirn.

"Mir scheint, du sprichst sehr respektlos von deiner Herrin!"

"Verzeiht, fremder Herr! Verzeiht! Aber sie weiß manchmal nicht, was sie sagt."

"Mir schien sie alles andere als verwirrt."

"Mag sein, dass der äußere Anschein trügt, Herr."

"Was meint Ihr damit?"

Aber darauf ging Padric nicht mehr ein. Stattdessen erklärte er Lirandil, sich um dessen Pferd gekümmert zu haben und dass der Reisende ganz unbesorgt sein könnte.

Er schien es dann ziemlich eilig zu haben, Lirandil zu verlassen. Als jener dann schließlich allein in diesem großzügig ausgestatteten Raum war und durch das Fenster hinaus in die Nacht blickte, da fragte er sich, was das wohl für Kreaturen sein mochten, die in diesem Landstrich unübersehbar für Furcht und Schrecken gesorgt hatten...

Lord Kavan hatte ihm versichert, er sei auf der Burg vor jenen Nachtgeschöpfen sicher -—und Lirandil erschien das auch halbwegs einleuchtend zu sein.

Wenn es hier überhaupt einen sicheren Ort gab, dann war es die Burg...

*

Lirandil hatte sich zu Ruhe gelegt und da er von den Strapazen des Tages sehr müde war, schlief er auch gleich ein.

Irgendwann weckte ihn dann ein Geräusch. Er war sofort hellwach und fuhr hoch.

Die Tür zu seinem Zimmer war aufgegangen und er sah im fahlen Mondlicht eine Gestalt. Erst nach einem weiteren Augenblick erkannte er, dass es niemand anderes, als Lady Ewia war, die sein Zimmer betreten hatte.

"Ihr seid wach, Lirandil?“

"Ja."

"Das ist gut!"

"Was verschafft mir die Ehre zu so später Stunde, Lady Ewia?"

"Ich bin gekommen, um Euch nochmals zu warnen, Lirandil!"

"Das tatet Ihr bereits gestern!"

"Leider ohne Erfolg!"

"Und nun wollt Ihr Euer Glück ein zweitesmal versuchen?"

"Nicht mein Glück -—es ist das Eure, um das es hier geht, Lirandil!"

"Ihr sprecht so düster, Lady Ewia!"

"Und Ihr wisst im tiefsten Grund Eurer Seele, dass dies seine Berechtigung hat! Ihr müßt es doch spüren! Mit jeder Faser Eures Herzens! Es sei denn, Ihr wärt auch schon so tot und modrig wie alles, was es auf Burg Kavan gibt..."

*

Lirandil stand auf und trat ihr entgegen. Sie trug ein grauweißes Nachthemd. Das durch das Fenster einfallende Mondlicht ließ es wie ein halbvermodertes, stockiges Leichentuch erscheinen.

"Die Kreaturen der Nacht werden Euch heimsuchen, Lirandil Darum kann ich Euch nur nochmals beschwören, so schnell wie möglich die Flucht zu ergreifen, um aus ihrem Einflußbereich zu fliehen. Noch habt Ihr eine Chance, wenn sie auch von Augenblick zu Augenblick, den Ihr hier verweilt, geringer wird!"

Er machte eine hilflose Geste.

"Was verlangt Ihr von mir? Ich soll hinaus in die Nacht reiten?"

"Ja! Tut es, ehe es zu spät ist!"

Aber Lirandil schüttelte energisch den Kopf.

"Ich habe das Gefühl, mich erst Recht in Gefahr zu begeben, wenn ich Eurem Rat folgen würde!"

"Da irrt Ihr!"

"Das glaube ich nicht. Welch einen sichereren Ort als diese Burg könnte es den in weitem Umkreis geben? - vorausgesetzt, die Gefahr, die Ihr beschwört ist wirklich so ungeheuerlich!"

"Ihr irrt Euch, Lirandil!"

"In wie fern?"

"Die Gefahr, von der ich spreche, lauert nicht außerhalb der Burg. Sie geht vielmehr von ihr aus!"

*

Das gab der ganzen Angelegenheit eine neue Wendung. Lirandil verlangte, mehr zu erfahren und nun gab Lady Ewia ihm endlich  bereitwillig Auskunft.

"Ich will nicht, dass Euch etwas geschieht! Es sind schon so viele Unschuldige zu Opfern geworden... Aber die Schuld lastet zu schwer auf mir! Es kann so nicht weitergehen! Vor langer Zeit machte Lord Rhoryan von Kavan alchmistische Experimente, unten in den Gewölben unter der Burg. Kavan war damals noch der Mittelpunkt eines blühenden Landes, das von fleißigen Bauern bewirtschaftet wurde... Aber die Experimente von Lord Rhoryan veränderten alles. Er erschuf die Kreaturen der Nacht. Zunächst glaubte er, die Kräfte, die er damit rief, unter seiner Kontrolle halten zu können, aber er täuschte sich. Die Kreaturen, die er in unsere Welt holte, begannen ihn  zu beherrschen. Des Nachts zogen sie aus, um allem Lebendigem die Lebenskraft zu entziehen. Nacht für Nacht, Jahr für Jahr. Jeder Mensch, jedes Tier, jede Pflanze und jede Küchenschabe fiel ihnen nach und nach zum Opfer. Die Bauern, das Gesinde, Ritter und Knappen - sie alle flohen, sofern sie sich noch zu retten vermochten. Ein Fluch hatte sich über das Land und über uns gelegt..."

"Aber Ihr und Rhoryan lebt! Die Kreaturen haben euch verschont, wie habt ihr euch gegen sie verteidigen können?"

"Sie haben uns nicht verschont, Lirandil!"

Lirandil begriff nicht, was sie damit meinte.

"Aber..."

"Sie hielten uns über unsere Zeit hinweg am Leben, weil sie uns brauchten! Reisende wie Euch haben wir hier beherbergt - und ihre Seelen den Nachtgeschöpfen überlassen!"

"Dann... Dann lebt ihr hier schon selbst für meine Begriffe sehr lange...?"

"Ja. Wenn du es so nennen willst - leben."

Daher die pergamentene Haut der Bewohner von Burg Kavan und ihre Leichenblässe... Sie waren Tote, die man auf geheimnisvolle Weise am Leben gehalten hatte...

Ein Schrei ließ Lirandil herumfahren.

Der Schrei kam aus dem Burghof und es war nicht der Schrei eines Menschen.

Lirandil brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass es der Laut eines Pferdes gewesen war. Er trat zum Fenster und blickte hinab in Richtung der Pferdestallungen. Ein schattenhaftes, gestaltloses Etwas glaubte er für einen kurzen Moment dort zu sehen, dessen namenlose Finsternis sich sogar noch gegen die Nacht abzuheben schien...

Dann war dort nichts mehr.

Vielleicht bin ich einer Täuschung aufgesessen, dachte er. Er war sich da keineswegs sicher. Lirandil begann sich vollständig anzukleiden und gürtete sich auch sein Kurzschwert um.

"Was habt ihr vor?" fragte Lady Ewia.

"Nach meinem Pferd sehen!" gab Lirandil knapp zurück.

"Ja", sagte Lady Ewia. "Tut das, Lirandil! und vielleicht werdet ihr mir dann glauben..."

*

Lirandil ließ Lady Ewia stehen und stürmte aus seinem Schlafgemach heraus. Über steile Treppen eilte er hinab. Nicht lange und er war im Freien.

Die Nacht war kühl.

Der blasse Mond tauchte alles in ein fahles, gespenstisches Licht und diese Burg erschien mir auf einmal wie eine einzige große Totengruft.

Mit einem kurzen, schnellen Lauf war er dann bei den Stallungen.

Man konnte nicht viel sehen, und vielleicht war das gut so. Denn das Wenige, das er trotz alledem zu erkennen in der Lage war, ließ Lirandil bereits das Blut in den Adern gefrieren...

Lirandils Pferd lag hingestreckt auf dem Boden. Es wirkte wie eingetrocknet. Seine Haut glich der Pergamenthaut der Gastgeber...

Das Tier war tot, daran konnte es keinen Zweifel geben, obwohl nirgends eine Verletzung zu erkennen war. Es war, als wäre dem Tier das Leben selbst herausgesaugt worden.

Den finsteren Schatten bemerkte er dann zu spät...

Es war jenes amorphe Etwas, das Lirandil von oben aus dem Fenster heraus bereits zu sehen geglaubt hatte... Plötzlich war es dagewesen.

Es war wie ein Gas, wirkte körperlos und war doch ohne Zweifel höchst real. Seine Ausdehnung schwankte. Es wuchs und schrumpfte wieder, bis es sich dann auszubreiten begann und Lirandil schließlich völlig einschloß.

Lirandil war wie erstarrt, unfähig irgendetwas zu tun.

Eine eisige Kälte begann ihn zu ergreifen, eine Kälte, die nicht von außen, nicht aus der  kühlen, sternklaren Nacht kam...

Dann riß Lirandil sein Schwert heraus, um wenigstens irgendetwas zu tun. Aber Lirandils gestaltloses Gegenüber war gegen solche Angriffe unempfindlich. Sein Schwert glitt durch die schattenhafte Finsternis hindurch, als wäre dort nichts...

Nichts, was greifbar oder körperlich gewesen wäre...

Dann fühlte Lirandil Schwäche und ihm begann zu schwindeln.

Er murmelte eine magische Stärkungsformel, aber Elbenmagie schien hier völlig wirkungslos zu sein.

Alles drehte sich vor meinen Augen, er taumelte. Das Schwert hörte er noch zu Boden klirren, bevor er die Besinnung verlor...

*

Lirandil schlief wie ein Stein.

In seinem ganzen Leben hatte er nie so geschlafen, wie in dieser Nacht.

Jemand rüttelte ihn an den Schultern.

"Aufwachen!"

Es war die Stimme einer Frau. Er schlug die Augen auf und blickte in das Gesicht von Lady Ewia.

Ihr Gesicht war deutlich weniger farblos, als am vergangenen Abend. Neue Lebenskraft schien aus einer unbekannten Quelle in sie eingeströmt zu sein.

"Ihr seid den Nachtkreaturen begegnet, nicht wahr, Lirandil?"

Lirandil nickte und dann fiel mein Blick auf meinen eigenen Handrücken.

Er erschrak.

Seine Haut war weiß.

*

Als Lady Ewia Lirandil aufhalf und er sein Schwert wieder aufgenommen hatte, bemerkte er, wie schwach er noch immer war. Er hatte geschlafen wie ein Stein, aber er fühlte sich müde und zerschlagen...

Kurz nur blickte er zu dem toten Pferd hinüber.

"Die Kreaturen haben Euch einen Teil eurer Lebenskraft genommen", erklärte Lady Ewia.

"Ja, das spüre ich... Aber warum haben sie mich nicht völlig ausgelöscht?"

"Vielleicht, weil sie noch länger Freude an Euch haben wollen...."

"Ihr seht gut aus Lady Ewia! Viel frischer, als gestern."

"Ja, ich weiß. Aber es macht mich nicht glücklich."

"Als wäre die Kraft, die mir genommen wurde, in Euren Körper geströmt!"

In diesem Moment hörte Lirandil ein Geräusch. Ihrer beider Blick ging herum und wir sahen Padric, den gebrechlichen Diener herankommen. Auch er sah wesentlich besser aus, als Lirandil ihn vom vorhergehenden Tag in Erinnerung hatte. Fast schien es, als sei er um einige Jahre verjüngt worden...

Lirandil deutete auf das Pferd.

"Es scheint, als wäre es dem Tier nicht gut bekommen, dass ich es in deine Obhut gegeben habe,Padric!" versetzte der Fährtensucher bitter.

Padrics Gesicht blieb ausdruckslos.

Dann fragte er völlig unvermittelt: "Habt Ihr Hunger, Fremder?"

"Nein."

"Ich kann Euch etwas zubereiten!"

"Ich danke."

Lirandil hatte wirklich keinen Hunger. Nicht nur, weil sich ihm allein bei dem Gedanken an die verschimmelten Zwiebäcke und den sauren Wein bereits der Magen umdrehte. Er hatte einfach nicht das Bedürfnis danach.

Zwar fühlte Lirandil noch immer eine seltsame Schwäche in sich, aber er war sicher, dass sie nicht in einem leeren Magen begründet lag.

"Nun, wie Ihr wollt, Herr!" gab Padric dann  zurück und wandte sich wieder zum Gehen.