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Foto: Thorsten Karrer

Julian Eichhoff (Jahrgang 1979) studierte und promovierte im Maschinenbau in Aachen. Er fotografiert seit 2004 und hat sich als leidenschaftlicher Biker in den letzten Jahren auf Motorradfotografie spezialisiert. Dort deckt er alle Themen von Porträt-, Studio- bis hin zur Actionfotografie ab. Charakteristisch für seinen fotografischen Stil sind der intensive Einsatz von Blitzlicht sowie die Kombination von Blitz- und Tageslicht. Seit 2010 schreibt er auf seinem Blog Lumenatic.com regelmäßig zu fotografischen Themen. Dabei zeigt er nicht nur die Fotos, sondern erzählt auch deren Entstehungsgeschichte. Julian Eichhoff ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Hannover. Hauptberuflich arbeitet er im Sondermaschinenbau.

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Julian Eichhoff

Motorräder fotografieren

Bikes on Location, im Studio und in Bewegung

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Dr.-Ing. Julian Eichhoff

Lektorat: Rudolf Krahm

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

ISBN:

Copyright © 2017 dpunkt.verlag GmbH

Sämtliche Kennzeichen der in diesem Buch gezeigten Motorräder sind verändert worden. Die Thematik der Kennzeichen in der Motorradfotografie wird in Abschnitt 10.4.4 ausführlich behandelt.

Die Nennung von Marken- oder Modellnamen von Motorrädern, Kameras oder Softwarepaketen stellt weder ein Arbeitsverhältnis, eine Kooperation, Sponsoring oder sonstige vertragliche Bindung mit einem Hersteller oder Händler dar. Die Wiedergabe von Marken-, Gebrauchs- und Handelsnamen, Warenbezeichnungen und Logos (zum Beispiel Motorradmarken oder -modelle) in diesem Buch hat nur beschreibenden Charakter. Die Markenrechte liegen bei den jeweiligen Inhabern.

Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Abbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

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Sei immer Du selbst.

Es sei denn, Du kannst Batman sein.

Dann sei immer Batman.

(Autor unbekannt)

Danksagung

Ein riesengroßes Dankeschön geht an …

Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Kapitel 1

Einleitung

Kapitel 2

Die Ausrüstung

2.1Eine Kamera aussuchen

2.2Eine kleine Artenkunde der Kamerasysteme

2.2.1Kompaktkameras

2.2.2Spiegelreflexkameras (DSLR)

2.2.3Spiegellose Systemkameras

2.2.4Smartphones

2.2.5Actionkameras

2.3Wie viele Megapixel sind genug?

2.4Grundlegendes über Objektive

2.5Stative

2.6Blitzgeräte

Kapitel 3

Die Belichtung

3.1Belichtungszeit

3.2Blende

3.3ISO (Sensorempfindlichkeit)

3.4Belichtungsmessung

3.5Belichtungsmodi

3.6Belichtungskorrektur

3.7RAW und JPG

3.8Farbtemperatur und Weißabgleich

Kapitel 4

Motorradporträts on Location

4.1Die Location

4.1.1Locations finden

4.1.2Location Scouting

4.2Beleuchtung

4.2.1Natürliches Licht

Morgens

Mittags

Sonnenuntergang und abends

Die »blaue Stunde«

4.2.2Kunstlicht

Bildbesprechung: Beleuchtung mit verfügbarem Laternenlicht

4.2.3Blitzlicht

Das inverse Quadratgesetz (Lichtintensität und Abstand)

Lichtformer

Die Lichtrichtung in der Motorradfotografie

Bildbesprechung: Das Gegenlicht, das keines ist

4.2.4Mischlicht

Farbabweichungen

Tages- und Blitzlicht ausbalancieren

Kurzzeitsynchronisation (das Tageslicht aussperren)

4.3Bildbesprechung: Blaue Stunde und Blitzlicht

4.4Trainingsblock I: Licht und Beleuchtung

4.4.1Training I: Motorrad unter einer Straßenbeleuchtung

4.4.2Training II: Tief stehendes Sonnenlicht

4.4.3Training III: Beidseitiges Blitzen

Lichtrichtung

Lichtintensität

4.4.4Training IV: Blitzlicht und die blaue Stunde

4.5Die Bildgestaltung

4.5.1Trennung von Vordergrund und Hintergrund

4.5.2Der goldene Schnitt (die »Drittelregel«)

4.5.3Die goldene Spirale

4.5.4Rahmen

4.5.5Führende Linien

4.5.6Die Perspektive

4.5.7Brennweite vs. Bildwirkung

Weitwinkelbrennweite

Normalbrennweite

Telebrennweite

4.5.8Spiegelungen

Schwarzer Lack und verchromte Oberflächen

Spiegelung im Wasser

Bildbesprechung: Spiegelung in einer Pfütze

4.5.9Trainingsblock II: Bildgestaltung

Training I: Die Drittelregel

Training II: Führende Linien

Training III: Symmetrie

Training IV: Rahmung

Training V: Zuschnitt

4.6Posing von Maschine und Fahrer

4.6.1Frontal- und Heckansicht

4.6.2Seitenansicht

4.6.3Viertelprofil

4.6.4Bike und Biker fotografieren

4.6.5Training: Posing und Perspektive

4.7Die Details

4.7.1Training: Detailaufnahmen

4.8Lichtmalerei

4.8.1Figuren und Formen malen

4.8.2Mit nur einer Lichtquelle beleuchten

4.8.3Flächige Muster mit Lichtmalerei erstellen

Bastelprojekt: Selbst gebauter LED-Lichtstab

Die Edellösung: Programmierbare LED-Leuchten

4.8.4Motorradscheinwerfer

4.8.5Training Lichtmalerei I: Mit einer Taschenlampe ausleuchten

4.8.6Training Lichtmalerei II: Figuren und Formen zeichnen

4.8.7Training Scheinwerfer, Strahlenkränze, Blendenflecke

Kapitel 5

Studiofotografie

5.1Aufbau eines Studios

5.2Fotografieren im Studio

5.3Spiegelungen

5.4Pseudo-Studiofotografie mit nur einem Blitz

5.5Studiofotos mit mehreren »virtuellen« Blitzen

5.6Training Studiofotografie

5.7Training Beleuchtung: Einzelner Blitz

Kapitel 6

Motorräder in Bewegung

6.1Der Einfluss der Belichtungszeit

6.1.1Mitzieher

6.1.2Feststeher

6.2Fotografieren vom Straßenrand aus

6.3Schräglage

6.4Gekippter Horizont

6.5Bike-to-Bike-Fotografie

6.6Bildbesprechung: Motorrad auf der Landstraße

6.7Training Bewegung I: Mitzieher

6.8Training Bewegung II: Schrägstellung der Kamera

Kapitel 7

Motorradshootings planen und durchführen

7.1Motorräder finden

7.2Ein Motorradshooting planen und durchführen

7.2.1Vorbereitung

7.2.2Planen der Tageszeit

7.2.3Während des Shootings

7.2.4Was tun, wenn es nicht klappt

7.3Quellen der Inspiration

7.4Bildbesprechung: Die persönliche Note

Kapitel 8

Reisefotografie

8.1Ausrüstung

8.2Vorbereitung

8.3Während der Reise

8.4Georeferenzierung

8.5Selbstporträts

8.6Mit dem Smartphone fotografieren

8.6.1Training: Bessere Fotos mit dem Handy aufnehmen

8.7Fotografieren mit Actionkameras

Kapitel 9

Modelle fotografieren

9.1Studiofotografie mit Modellen

Kapitel 10

Die Bilderflut beherrschen

10.1Auswahl, Bewertung und Dateiablage

10.2Nachbearbeitung

10.2.1Training: RAW-Entwicklung

10.3Export

10.3.1Wasserzeichen und Signaturen verwenden

10.3.2Die eigene Unterschrift als Wasserzeichen

10.4Präsentation und Veröffentlichung

10.4.1Online-Veröffentlichung

10.4.2Abzüge, Ausdrucke und Co

10.4.3Bildrechte

10.4.4Datenschutz und Kennzeichen

10.5Bilderklau und wie man damit umgehen kann

10.6Datenarchivierung und Backupstrategien

Motorräder in diesem Buch

Index

Kapitel 1

Einleitung

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Abb. 1–1 Yamaha FZ6 Fazer (50 mm, 30 s, f/20, ISO 100)

Motorräder sind viel mehr als nur ein Vehikel, um von A nach B zu gelangen. Sie symbolisieren Freiheit, Individualität und Leidenschaft. Das Fahrerlebnis auf einem Motorrad ist ungefiltert: Man erlebt das Fahren ohne die abgeschlossene Atmosphäre einer Fahrgastzelle, das Beschleunigen und Abbremsen und vor allem das Durchfahren von Kurven wird intensiver und mit dem gesamten Körper wahrgenommen. Das Lieblingsspielzeug der Deutschen ist dem Volksmund nach zwar das Auto, aber Biker sind ein nochmal spezielleres Völkchen. Die Maschine wird gehegt und gepflegt, getunt und individualisiert. Jeder Motorradfahrer ist stolz auf sein Bike und möchte es daher im besten Licht erscheinen lassen.

In Deutschland sind über 4 Mio. Motorräder zugelassen und ca. 16 Mio. Personen besitzen einen Motorradführerschein. Rechnet man jetzt noch hinzu, dass es mehrere Millionen begeisterte (Amateur-) Fotografen in Deutschland gibt, verwundert es schon fast, dass sich aus diesem großen Pool an aktiven Fotografen und Motorradfahrern nicht schon längst eine größere Schnittmenge gefunden hat. Mit diesem Buch möchte ich den Leser einladen, sich auf die wundervolle Reise der Motorradfotografie zu begeben. Ein Motorrad ansprechend zu fotografieren und effektvoll zu inszenieren, ist gar nicht so schwer, wenn Sie die Grundregeln von Belichtung und Komposition verstanden haben. Wie positioniert und beleuchtet man ein Motorrad mit verschiedenen Lichtquellen und wie gestaltet man ein ansprechendes Bild? Was muss man bei der Organisation von Motorradshootings beachten? Wie kann ich auch mit einem Smartphone bessere Motorradfotos aufnehmen? All diese Fragen möchte ich in diesem Buch beantworten.

Dieses Buch richtet sich an zwei Zielgruppen: zum einen an Fotografen, welche sich die Motorradfotografie erarbeiten möchten, zum anderen an Motorradfahrer, die bessere Bilder von ihren Maschinen aufnehmen möchten, aber nicht unbedingt das nötige fotografische Vorwissen besitzen. Die Kapitel zu Ausrüstung und Belichtung richten sich daher eher an die zweitgenannte Zielgruppe, um ihr die notwendigen Grundlagen des fotografischen Handwerks zu vermitteln. Es folgen die drei Hauptgenres der Motorradfotografie: Porträts on Location (also »in der freien Wildbahn«), Porträts im Studio und Motorräder in Bewegung. Jedes Kapitel ist mit mehreren Trainings ausgestattet, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich die Themen und Techniken Stück für Stück zu erarbeiten. Anschließend werden die Planung und Durchführung der Besonderheiten von Motorradshootings erklärt. Da Motorräder zum Fahren gebaut werden (und somit auch zum Reisen), darf ein Kapitel über Reisefotografie nicht fehlen. Ein spezielles Thema ist die anschließend behandelte Fotografie von Motorradmodellen. Aus klein mach groß – mit ein paar Techniken ist es möglich, ein Spielzeug wie ein echtes Motorrad aussehen zu lassen. Das Buch schließt mit dem großen Themenkomplex der Nachbearbeitung, Verwaltung und Präsentation der erstellten Fotos.

Eine Anmerkung zum Schreibstil: Biker duzen sich automatisch und ungeachtet des Alters, auch wenn sie sich nicht kennen (bei Fotografen ist es ähnlich, wenn auch nicht so ausgeprägt wie bei Motorradfahrern). Daher habe ich beim Schreiben überlegt, den Leser in diesem Buch auch zu duzen. Da dies nach dem Lesen eines Probekapitels auf Dauer aber etwas penetrant wirkte, habe ich einen Kompromiss gewählt. In den Kapiteln wird der Leser gesiezt, in den Trainings aber geduzt, um mehr Nähe bei den Übungen aufzubauen.

Sicherheitshinweis

Beachten Sie beim Fotografieren von Motorrädern stets alle Verkehrsregeln und machen Sie nur Bilder, wenn dies ohne Gefahr für Sie, den Biker und andere Verkehrsteilnehmer möglich ist.

Der Autor sowie der Verlag können nicht für Unfälle und Schäden verantwortlich gemacht werden, die im Rahmen der Anwendung der im Buch gezeigten Aufnahmetechniken sich ereignen bzw. entstehen.

Kapitel 2

Die Ausrüstung

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Abb. 2–1 Honda CMX 500 Rebel (1/80 s, f/2.8, ISO 800)

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Abb. 2–2 Die Ausrüstung ist Ihr Werkzeug, weshalb Sie bei der Auswahl besondere Sorgfalt walten lassen sollten.

»Die Kamera ist nur ein Werkzeug« ist eine der am meisten strapazierten Weisheiten in der Fotografie. Dem gegenüber steht der Spruch, der alle Fotografen zum inneren Augenrollen veranlasst: »So eine tolle Kamera macht bestimmt gute Bilder!« Und doch: Beide Aussagen beinhalten etwas Wahrheit. Die Kamera ist in der Tat nur das Werkzeug, der Fotograf muss Belichtung und Komposition umsetzen. Es kommt darauf an, die verfügbare Ausrüstung richtig einzusetzen, unabhängig davon, ob es eine Einsteiger- oder Profikamera ist.

Der Umkehrschluss wäre: »Ausrüstung ist nicht wichtig, solange Können vorhanden ist.« Auch dies möchte ich nicht kommentarlos unterschreiben. Ich behaupte, dass Sie mit jeder derzeit am Markt erhältlichen Spiegelreflex- oder Systemkamera atemberaubende Motorradfotos kreieren können, sofern Sie das notwendige Können dazu haben. Aber es gibt eine untere Grenze. Wenn die Kamera zu einfach ist und zum Beispiel nur den Automatikmodus hat, einen minderwertigen Sensor oder eine sehr einfache Optik besitzt, dann wird es schwierig, auch mit noch so viel Können anspruchsvolle Fotografien zu erstellen. Die Wahrheit liegt also irgendwo in der Mitte. Eine High-End-Ausrüstung ist zwar kein Garant für atemberaubende Fotos, aber sie eröffnet die Möglichkeiten dafür. Es ist wenig Licht vorhanden? Ein empfindlicher Sensor und/oder ein lichtstarkes Objektiv ermöglichen die Aufnahme. Actionaufnahmen bei hoher Geschwindigkeit? Ein schneller Autofokus und eine hohe Geschwindigkeit bei Serienaufnahmen helfen.

Sie sollten daher in solide Ausrüstung investieren und nicht dem Reflex nachgeben, das billigste Angebot zu nehmen. Schauen Sie sich die Produkte im Laden an, probieren Sie die Gerätschaften aus. Lesen Sie Tests und Bewertungen, fragen Sie Freunde und Bekannte.

2.1Eine Kamera aussuchen

Es ist enorm wichtig, verschiedene Kameras auszuprobieren, bevor Sie sich für ein Modell entscheiden. Leihen Sie sich zum Beispiel eine Kamera von Freunden, gehen Sie in einen Laden und probieren Sie mehrere Modelle aus.

Das fotografische Starterpaket

Wenn Sie frisch in die Fotografie einsteigen und sich erst einmal eine Grundausrüstung zulegen müssen, empfehle ich folgenden Umfang:

Falls es Ihr Budget zulässt, können Sie auch in eine erweiterte Grundausstattung investieren. Diese umfasst dann zusätzlich:

Die oben genannten Faktoren sind, bis auf die Frage nach dem Budget, »weiche« Faktoren, die keine endgültige Festlegung auf eine Kamera erlauben. Ich habe daher drei Muss-Kriterien gebildet, welche die Auswahl einschränken und somit erleichtern. Diese Kriterien sind mit folgender Frage im Hinterkopf gewählt worden: »Was muss eine Kamera bieten, damit man sich als Motorradfotograf weiterentwickeln kann?«

Warum sollte man nun in der Lage sein, das AF-System zu deaktivieren? Der Autofokus benötigt eine gewisse Lichtmenge, um arbeiten zu können. In Situationen mit wenig natürlichem Licht (wo zum Beispiel primär mit einem Blitz gearbeitet wird), kann es problematisch sein, ein scharfes Bild zu erhalten. Dann ist es sinnvoll, den Autofokus zu deaktivieren und manuell, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme einer Taschenlampe, scharf zu stellen. Außerdem gibt es fotografische Techniken, welche das Übereinanderlegen und Zusammenrechnen mehrerer Bilder am Computer erfordern. Hier müssen immer die gleiche Schärfe und der gleiche Bildausschnitt vorliegen, was durch einen deaktivierten Autofokus ermöglicht wird.

Was unterscheidet eine Einsteiger- von einer Profiausrüstung?

Als Faustregel gilt, dass das Objektiv wichtiger ist als der Kamerabody. Das Objektiv sorgt für die optische Abbildung, der Sensor fängt diese »nur« ein. Die Paarung teures Objektiv – günstiger Kamerabody wird eine bessere Abbildungsleistung liefern als ein günstiges Objektiv an einem teuren Kamerabody.

Fachgerechte Handhabung und das gleiche Objektiv vorausgesetzt, produzieren Einsteigerkameras also nicht schlechtere Bilder als Profikameras. Bei Letzteren ist es allerdings so, dass sie durch die üppigere/bessere technische Ausstattung auch dann noch Bilder machen können, wenn die Einsteigerkamera aufgegeben hat, weil es zum Beispiel zu dunkel zum Fokussieren ist oder der Autofokus die fahrenden Motorräder nicht schnell genug erfassen kann. Die Unterschiede, welche sich dann im Preis der Kamera niederschlagen, finden sich zum Beispiel in folgenden technischen Details:

2.2Eine kleine Artenkunde der Kamerasysteme

Bevor Sie sich für eine bestimmte Kamera entscheiden, müssen Sie sich für ein Kamerasystem entscheiden.

2.2.1Kompaktkameras

Der gemeinsame Nenner aller Kompaktkameras ist, dass das Objektiv fest verbaut ist und nicht ausgewechselt werden kann. Damit hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. Kompaktkameras sind am Markt in einer bunten Artenvielfalt vertreten. Es gibt sehr einfache Kompaktkameras, welche nur den Automatikmodus bieten (diese Modelle sind für den ambitionierten Motorradfotografen ungeeignet, siehe Abschnitt 2.1), aber auch komplexe und gut ausgestattete Modelle mit einem starken Zoom und schnellem Autofokussystem. Die meisten Kompaktkameras gestatten die volle Kontrolle über die Belichtungsparameter, was absolut essenziell ist, wenn Sie in der Fotografie Fortschritte machen möchten.

2.2.2Spiegelreflexkameras (DSLR)

Die Abkürzung für digitale Spiegelreflexkameras lautet »DSLR« und steht für »Digital Single Lens Reflex«. Spiegel reflexkameras sind u. a. dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Objektiv besitzen, welches austauschbar ist. Im Inneren der Kamera befindet sich ein Spiegel, welcher das Licht von der Linse auf ein Pentaprisma lenkt. Dort wird das Licht mehrfach umgelenkt, um am Ende durch das Okular auf das Auge des Fotografen zu treffen.

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Abb. 2–3 Kompaktkameras sind leicht und handlich, jedoch kann man das Objektiv nicht wechseln (der geriffelte Ring an dieser Kamera ist ein Designelement, das Objektiv ist fest verbaut). Die Ansteuerung externer Blitze ist außerdem nicht bei allen Modellen gegeben, wodurch Sie sich als Motorradfotograf stark einschränken würden.

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Abb. 2–4 Spiegelreflexkameras sind seit Jahrzehnten der Standard in der professionellen Fotografie. Dank einer breit gefächerten Modellpalette ist für jeden Geldbeutel etwas dabei.

Zur Information …

Das »Single« in der Abkürzung »DSLR« rührt daher, dass die ersten Spiegelreflexkameras zwei Objektive hatten. Eines projizierte das Bild über einen Spiegel auf die Mattscheibe, das zweite Objektiv war für die eigentliche Aufnahme des Bilds zuständig. Dies hatte den Nachteil, dass man nie exakt die Komposition auf den Film gebannt bekam, welche man im Sucher sah – da beide Objektive einige Zentimeter voneinander entfernt waren, war die Perspektive immer leicht verschoben.

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Abb. 2–5 Das Licht fällt durch das Objektiv in das Kameragehäuse und wird vom Spiegel nach oben zum Pentaprisma hin reflektiert. Innerhalb des Pentaprismas wird das Licht dann mehrfach umgelenkt, bis es schließlich durch das Okular das Auge des Fotografen erreicht. Bei der Aufnahme klappt der Spiegel hoch und gibt den dahinterliegenden Sensor frei.

Das Bild wird mit einer DSLR komponiert, indem man durch den Sucher blickt. Wenn der Auslöser gedrückt wird, klappt der Spiegel hoch und gibt den Weg für das Licht frei. Vor dem Sensor sitzen zwei sogenannte Vorhänge. Diese steuern die Belichtungszeit. Das Öffnen des ersten Vorhangs startet die Belichtung, am Ende der Belichtung läuft der zweite Vorhang hinterher und verdeckt den Sensor wieder. Zuletzt klappt der Spiegel wieder herunter und die Vorhänge gehen zurück in ihre Ausgangsposition.

Der Sensor einer üblichen Spiegelreflexkamera ist bis zu 36 × 24 mm groß. Dieses Format wird als »Vollformat« bezeichnet, da 36 × 24 mm dem Format des Dia-Negativfilms entspricht. Beachten Sie hierbei, dass die physikalische Sensorgröße (wie viele Millimeter breit und hoch) keine Aussage über die Anzahl der Pixel erlaubt. Vollformatsensoren können 18, 24 oder 36 Megapixel haben, kleinere Sensoren aber ebenso (die einzelnen Pixel sind dann kleiner).

Aus Kostengründen hat die Mehrzahl der Spiegelreflexkameras einen kleineren Sensor. Die Kantenlängen des Sensors sind dann um einen Faktor verkleinert, welcher bei Nikon zum Beispiel 1,5 beträgt (24 × 16 mm). Dieser Faktor wird »Crop-Faktor« genannt (Crop [engl.] = Beschnitt, zu Deutsch vielleicht »Ausschnittsvergrößerungsfaktor«). Der kleinere Sensor bewirkt, dass ein kleinerer Ausschnitt eines Bilds gezeigt wird, also als ob man weiter hineingezoomt hätte (siehe Abb. 2–6). Daher wird der Crop-Faktor oft auch »Brennweitenverlängerungsfaktor« genannt. Ein Foto mit 200 mm Brennweite an einem Sensor mit dem Crop-Faktor 1,5 würde somit einem Foto mit 300 mm Brennweite an einer Vollformatkamera entsprechen.

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Abb. 2–6 Der große Rahmen zeigt an, welchen Bildbereich ein Vollformatsensor mit 36 × 24 mm Kantenlänge erfasst. Der kleine Rahmen zeigt den Bildbereich an, der bei gleicher Brennweite von einem kleineren Sensor erfasst würde. Die BMW R 1200 R wirkt bei der Kamera mit kleinerem Sensor in den Bildrahmen eingequetscht. Da der kleinere Sensor (Crop-Faktor 1,5) das Motorrad größer abbildet, spricht man von einer Brennweitenverlängerung: An einer Vollformatkamera hätten Sie den gleichen Bildausschnitt mit einer Brennweite von 75 mm erreicht (50 mm × 1,5) (50 mm, 1/320 s, f/1.8, ISO 180).

2.2.3Spiegellose Systemkameras

Spiegellose Systemkameras kombinieren die kleine Größe und das geringe Gewicht einer Kompaktkamera mit der Vielseitigkeit einer DSLR. Spiegellose Systemkameras haben austauschbare Objektive und benutzen, wie der Name schon verrät, keinen Spiegel. Das Licht fällt direkt auf den Sensor, das Bild wird am LCD-Display der Kamera oder im Sucher komponiert (der in diesem Fall auch ein kleines LCD-Display beherbergt, man spricht dann von einem elektronischen Sucher).

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Abb. 2–7 Spiegellose Systemkameras haben das Potenzial, in Zukunft Spiegelreflexkameras abzulösen. Sie vereinen ein geringes Gewicht mit hoher Bildqualität und der Möglichkeit, verschiedene Objektive zu verwenden. (Foto: Andreas Kaiser)

Durch den Wegfall des Spiegels können die Kameragehäuse deutlich kleiner und leichter gebaut werden, was die Kameras handlicher und komfortabler in der Benutzung macht. Besonders, wenn man mit dem Motorrad unterwegs ist, sind Gewicht und Platz ein Thema. Alleine aus diesem Grund kann eine spiegellose Systemkamera interessant für den angehenden Motorradfotografen sein.

2.2.4Smartphones

Smartphone-Kameras sind zwar im Funktionsumfang beschränkt (Stichwort externe Blitzgeräte), aber an sich sehr leistungsfähig hinsichtlich Bildqualität und Schärfe. Außerdem ist es die »Immer dabei«-Kamera, da man das Telefon meist mit sich führt. Smartphones sind leicht und kompakt, die Auflösung der Sensoren reicht oftmals schon an die von Spiegelreflexkameras heran. Gehobene Smartphone-Modelle erfüllen sogar alle drei der vorher aufgeführten »Muss«-Kriterien (Kontrolle über Blende, Belichtungszeit und ISO-Wert; Aufnahme von RAW-Daten; schnelles Autofokus-System).

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Abb. 2–8 Smartphone-Kameras sind stets zur Hand und dank leistungsfähiger Sensoren und Bildverarbeitungsalgorithmen eine gute Aushilfskamera.

Ein bestechender Vorteil von Smartphone-Kameras ist, dass die Aufnahme, die Bearbeitung und das Veröffentlichen im Internet direkt durch ein Gerät erfolgen. Die Bildbearbeitung auf dem Telefon ist natürlich nicht mit den Möglichkeiten eines Bildbearbeitungsprogramms wie Photoshop an einem Desktop-Computer zu vergleichen, aber wichtige Korrekturen wie Weißabgleich, Beschneiden, Gerade ausrichten und sogar einfache Retuschen sind mit entsprechenden Programmen am Smartphone möglich.

Ein Nachteil von Smartphones hingegen liegt darin, dass man das Objektiv nicht wechseln kann und somit auf den Brennweitenbereich des eingebauten Linsensystems limitiert ist. Das Ansteuern von Blitzgeräten ist ebenfalls nicht möglich, was den Einsatz einer Smartphone-Kamera auf den Bereich mit verfügbarem Licht reduziert. Außerdem erfordert ein Smartphone meist ein Fotografieren mit »spitzen Fingern«, da das Telefon keine ergonomischen Griffe aufweist wie eine herkömmliche Kamera.

Fazit: Smartphone-Kameras sind eine sinnvolle Ergänzung der Hauptkamera in der Motorradfotografie. Making-of-Fotos und kleinere, einfachere Shootings (mit begrenzten technischen Möglichkeiten) lassen sich mit ihnen durchführen. Für dauerhaftes Arbeiten ist jedoch eine Kamera vorzuziehen, die mehr technische Möglichkeiten bietet und somit ein ernsthaftes Arbeiten ermöglicht.

2.2.5Actionkameras

In einem Buch über Motorradfotografie dürfen Actionkameras nicht unerwähnt bleiben. Diese extrem kleinen und leichten Kameras (siehe Abb. 2–9) können mit einer Vielzahl von Befestigungselementen fast überall am Motorrad (oder dessen Fahrer) angebracht werden und erlauben den einfachen Mitschnitt jeder rasanten Kurvenfahrt. In wasser- und staubdicht verschlossenen Gehäusen können sie auch bei Regen oder der Fahrt auf einer staubigen Piste eingesetzt werden.

Wenn Sie die in Abschnitt 2.1 aufgestellten Kriterien zur Auswahl einer Kamera für die Motorradfotografie beachten, werden Sie feststellen, dass Actionkameras die genannten Kriterien nicht erfüllen. Weder die Belichtungsparameter Blende, Belichtungszeit und ISO-Wert können individuell gesteuert werden, nur wenige Modelle können RAW-Dateien abspeichern. Des Weiteren sind in Actionkameras extrem weitwinklige Objektive (meist Fisheye-Optiken) verbaut, um ein großes Blickfeld beim Filmen abzudecken. Manche Modelle haben noch nicht einmal ein LCD-Display, mit welchem die Ausrichtung der Kamera geprüft oder ein Bild komponiert werden kann. Die Kamera wird nur grob ausgerichtet und die Aufnahme gestartet.

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Abb. 2–9 Eine Actionkamera ist winzig und robust. Dank einer großen Auswahl an Befestigungsmöglichkeiten kann sie auf vielerlei Arten am Motorrad oder am Fahrer befestigt werden. Während sie ideal zum Filmen während der Fahrt sind, ist ihr Einsatz als Fotokamera nur beschränkt möglich.

Trotz dieser Einschränkungen können Actionkameras auch in der Motorradfotografie eingesetzt werden. Die Weitwinkligkeit der Objektive und die geringe Größe der Kameras ermöglichen ungewöhnliche Perspektiven.

Lesetipp

Wenn Sie sich intensiver mit dem Erstellen von Filmen mit einer Actionkamera beschäftigen möchten, dann empfehle ich Ihnen das Buch »GoPro! Mit Spaß und System zum spektakulären GoPro-Video« von Julian Breuer, erschienen im dpunkt.verlag.

Die GoPro Hero4 zum Beispiel (siehe Abb. 2–9) kann Fotos mit einer Auflösung von 12 Megapixeln aufnehmen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Einzelbilder aus einem Video zu extrahieren. Bei FullHD-Videos (1.920 × 1.080 Pixel, ca. 2 Megapixel) ergibt dies nur sehr gering aufgelöste Fotos. In der 4K-Auflösung (4.096 × 2.160 Pixel) erhalten Sie ca. 8,8 Megapixel große Fotos. Neueste Actionkameras können auch in 8K-Auflösung filmen, was Bildern einer Kantenlänge von 7.680 × 4.320 Pixel, also ca. 33 Megapixeln entspricht.

2.3Wie viele Megapixel sind genug?

Die Frage nach der Anzahl der Megapixel wird lebhaft diskutiert und mündet nicht selten in kleine fotografische Glaubenskriege. Vorab sei gesagt, dass ich keine Antwort auf die Frage in Form einer Zahl gebe. Die Frage nach der Anzahl der Megapixel hat keine »richtige« Antwort. Da Megapixel eine für jedermann verständliche Größe ist, wird diese Zahl in der Werbung oftmals hervorgehoben, als wenn die Anzahl der Bildpunkte sich 1:1 in Bildqualität umsetze. Dem ist jedoch nicht so. Aber: Viele Megapixel bieten gewisse Vorteile.