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Zur Einführung

Estland, Lettland und Litauen waren als kleine Republiken der Sowjetunion bis zur »Wende« von 1989/91 im übrigen Europa fast vergessen. Der große Anteil der baltischen Völker an der Beendigung der kommunistischen Diktatur hat ihnen jedoch besondere Beachtung verschafft. Die drei Länder gehören inzwischen der EU, der NATO und der Eurozone an. Es ist ein Gebot, diese Partner genauer kennen und aus ihren historischen Erfahrungen heraus verstehen zu lernen.

Aber auch unabhängig von dieser aktuellen Relevanz verdient das Baltikum im Rahmen der europäischen Geschichte starke Aufmerksamkeit. Diese Region bildete eine Grenz- und Übergangszone, die für die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen Ost und West sehr bedeutsam war. Aus deutscher Sicht ist die Geschichte der drei baltischen Länder besonders interessant: In Estland und Lettland existierte vom 13. bis ins 20. Jahrhundert hinein eine zahlenmäßig kleine, aber höchst einflussreiche deutsche Minderheit, und dementsprechend waren die Verbindungen dieser Länder mit Deutschland sehr eng. Da Litauen ein unmittelbarer Nachbar Ostpreußens war, entstand auch mit diesem Land ein dichtes Beziehungsgeflecht.

Nicht selten hieß es, man dürfe die Geschichte der baltischen Länder nicht gemeinsam behandeln. Der Sammelbegriff »Baltikum« entstand erst im 20. Jahrhundert, und es hängt nicht zuletzt mit dem gemeinsamen Schicksal Estlands, Lettlands und Litauens als Sowjetrepubliken zusammen, dass er heute diese drei Staaten bezeichnet. In der Entwicklung dieser Länder gab es aber in der Tat wesentliche Unterschiede. So vermochten die Litauer bereits im Mittelalter einen Staat zu gründen – sie schufen sogar ein Großreich, das sich zeitweilig von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer erstreckte –, wogegen die Esten und Letten erstmals 1918 ihre Eigenstaatlichkeit durchsetzen konnten. Während die Litauer, deren kirchliche und kulturelle Anbindung an den Westen vor allem durch Polen vermittelt worden war, bis in unsere Zeit zumeist katholisch blieben, verbreitete sich im estnischen und lettischen Gebiet der Protestantismus. Damit existierten Übereinstimmungen in der Entwicklung Estlands und Lettlands, grundsätzliche Unterschiede bestanden zwischen diesen beiden Ländern und Litauen. Dies gilt nicht zuletzt für die erwähnte Vermittlerrolle zwischen Ost und West, die die Ostseeländer Estland und Lettland intensiver und anders für sich beanspruchten als das historisch nicht direkt mit der Ostsee verbundene Litauen. Aber auch zwischen den Esten und Letten, deren Sprachen verschiedenen Familien angehören (wogegen das Lettische mit dem Litauischen eng verwandt ist) und deren Mentalitäten sich unterscheiden, kam es nie zu wirklich engen Kontakten. Eine gesamtbaltische Identität ist bis heute nur in Ansätzen zu erkennen.

Wir ausländische Zeitgenossen sehen aber die Region als Einheit, und als solche ist sie Gegenstand unseres Wissensbedürfnisses. Sowohl die Unterschiede als auch die Parallelen in der Geschichte der drei Völker werden erst im Vergleich deutlich genug sichtbar. Eine umfassende Betrachtung der baltischen Region bietet also besondere Erkenntnismöglichkeiten. Sie ist nicht weniger berechtigt als Einzelgeschichten Estlands, Lettlands und Litauens, die in der nationalen Geschichtsschreibung dieser Länder üblich sind.

Im vorliegenden Buch, das die Geschichte des heutigen litauischen Gebiets und seiner Bewohner im Rahmen einer Geschichte der baltischen Länder vor Augen führen will, kann vieles nicht behandelt werden, was in dem von Litauern gegründeten Reich mit seiner ganz überwiegend ostslawischen Bevölkerung geschah. Die Beziehungen zwischen den Litauern und den Ostslawen müssen aber auch bei dem im vorliegenden Buch gewählten Betrachtungsansatz im Blickfeld bleiben. Das gesamte ostslawische Gebiet und seine Bewohner werden im Folgenden beim Blick auf ältere Zeitabschnitte oft als die Rus’ bezeichnet, das Gebiet der heutigen Ukraine#Ukraine und des heutigen Belarus (Weißrussland) wiederum als Ruthenien (dessen Bewohner als Ruthenen). Diese quellengerechten Ausdrücke zu verwenden empfiehlt sich namentlich für das Mittelalter, in dem sich die Völker der Russen, Belarussen und Ukrainer#Ukraine erst allmählich aus dem gemeinsamen ostslawischen Erbe heraussonderten.

Was die Ortsnamen betrifft, werden für die Zeit bis 1918 in der Regel deutsche Formen verwendet, bei der ersten Nennung aber die estnischen, lettischen oder litauischen Bezeichnungen hinzugefügt. Im Falle Alt-Litauens sind die in Deutschland am meisten verbreiteten und deshalb auch hier bevorzugten Personen- und Ortsnamensformen teilweise polnischer Herkunft. Mit Einsetzen der Nationalbewegungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist die Wahl der jeweils genutzten Ortsnamensform jedoch kontextabhängig. Ein estnisches Liederfest z. B. fand in »Tallinn#Tallinn, s. Reval« statt und nicht in »Reval#Reval (Tallinn)«; für die Zeit seit der Gründung der unabhängigen Staaten 1918 werden ausschließlich die jeweiligen Formen der Landessprachen genutzt.

Die Zeit bis zum 18. Jahrhundert wurde von Norbert Angermann behandelt, das 19. bis 21. Jahrhundert von Karsten Brüggemann.

Mittelalter und Reformation

Epochenüberblick

Der baltische Raum wird seit Tausenden von Jahren von den Esten, Letten und Litauern bzw. ihren Vorfahren besiedelt. Von den ethnischen Sondergruppen, die dort bei genauerer Betrachtung außerdem erkennbar werden, seien an dieser Stelle nur die Liven genannt, die im Lettentum aufgegangen und heute ausgestorben sind. Als die Region um 1200 in das Blickfeld schriftlicher Überlieferung gelangte, waren die dortigen Stämme noch nicht durch zentrale Herrschaftsbildungen zusammengefasst.

Im späten 12. Jahrhundert setzte eine Entwicklung ein, die im lettischen und estnischen Gebiet zur Entstehung von Strukturen führte, die denen des Abendlandes entsprachen. In jener Zeit wurde der Handel frühhansischer Kaufleute an der Düna#Düna (Daugava) und an estnischen Hafenplätzen bedeutsam, und den deutschen Kaufleuten folgten damals christliche Geistliche, die mit der Missionierung der Liven, der Angehörigen der altlettischen Stämme und der Esten begannen. Die Einheimischen hielten jedoch an ihren Religionen fest und wurden erst in langwierigen Kämpfen, die fast das ganze 13. Jahrhundert hindurch dauerten, von Deutschen und Dänen unterworfen. Das eroberte Land wurde dann weitgehend als Grundbesitz an deutsche Vasallen vergeben, denen gegenüber die estnischen und lettischen Bauern abgabe- und dienstpflichtig waren.

Nach den Liven, mit denen die Deutschen zuerst in näheren Kontakt gekommen waren, wurde das gesamte Gebiet des heutigen Estland und Lettland bis in die Frühe Neuzeit hinein als »Livland« bezeichnet. Bereits während der Eroberungszeit entstanden dort herrschaftlich organisierte Territorien unter deutschen Fürstbischöfen und dem Schwertbrüderorden bzw. seinem Nachfolger, dem Deutschen Orden, ferner ein dänisches Herzogtum. Nur die Litauer hatten ihre Unabhängigkeit behaupten können. Seit den 1230er Jahren gab es sogar ein litauisches Großfürstentum.

Diese im 13. Jahrhundert entstandene politische Grundstruktur existierte bis etwas über die Mitte des 16. Jahrhunderts hinaus. Wesentliche Änderungen ergaben sich lediglich 1346, als der Deutsche Orden das dänische Herzogtum Estland durch Kauf seinem Herrschaftsgebiet hinzufügte, sowie 1385, als eine dynastische Union zwischen dem Großfürstentum Litauen und dem Königreich Polen begründet wurde. Damit übernahmen die bis dahin noch heidnischen Litauer das katholische Christentum.

Die geistlichen Kleinstaaten Altlivlands gingen im Jahre 1561 unter, nachdem Zar Ivan der SchrecklicheIvan IV., der Schreckliche, russ. Zar 1558 den Livländischen Krieg entfesselt hatte. In diesen Krieg waren auch die Litauer involviert, die dabei auf die Hilfe der Polen angewiesen waren und deshalb 1569 einer polnisch-litauischen Realunion zustimmen mussten, die ihnen viel von ihrer bis dahin gewahrten Unabhängigkeit nahm. Die Daten 1558, 1561 und 1569 markieren also eine deutliche Wende. Da in unserer Darstellung damit ein Schlusspunkt gesetzt wird, ist die Reformation in den davorliegenden Zeitabschnitt einbezogen. Allerdings könnte Letztere mit annähernd gleichem Recht auch zur Frühen Neuzeit gerechnet werden, hatte die Reformation doch nicht nur im religiös-kirchlichen Bereich, sondern auch auf kulturellem und sogar politisch-sozialem Gebiet gegenüber dem Mittelalter einen sehr erheblichen Wandel mit sich gebracht. Vor allem gilt das für Livland, doch auch Litauen, das wir als katholisches Land kennen, erhielt durch die Reformation starke Impulse. Der Untergang der altlivländischen Kleinstaaten und die polnisch-litauische Realunion bedeuteten aber für die baltischen Länder jeweils einen so starken Bruch, dass sie sich in der historischen Literatur als Epochengrenzen eingebürgert haben. Dieser Periodisierung folgt das vorliegende Buch.

Die Bevölkerung des baltischen Raumes vor 1200

Die ersten Menschen erschienen gegen Ende der letzten Eiszeit im baltischen Raum. Um 10 500 v. Chr., als das nördliche Estland noch von Eis bedeckt war, kamen in das südlich gelegene und schon eisfreie litauische Gebiet bereits Rentierjäger. Nach einiger Zeit lebten auch im lettländischen Gebiet und schließlich in Estland Trupps von Jägern und Sammlern.

Prägend für die Genese der Völker des Baltikums wurde aber erst die spätere Zuwanderung neuer Stammesgruppen. Seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. breiteten sich im baltischen Raum Träger einer Kultur mit kammförmigen Ornamenten in der Keramik aus, und im 3. Jahrtausend folgten ihnen Schnurkeramiker. Während die Kammkeramiker wie die ältere Bevölkerung Jäger und Sammler waren, führten die Schnurkeramiker Ackerbau und Viehzucht ein. Die Keramik mit kammförmigen Ornamenten war in einem weiten Gebiet um die östliche Ostsee vertreten, und die Träger dieser Kultur betrachtet man als Vorfahren der ostseefinnischen Völker. Zu Letzteren gehören die Finnen und Karelier, die im von uns betrachteten Raum siedelnden Esten und Liven sowie weitere Ethnien im Norden Russlands. Das Ostseefinnische bildet einen Zweig des finnougrischen Sprachstammes, zu dem auch die Ungarn#Ungarn gehören. Das Urvolk dieses weit verstreuten Sprachstammes lebte westlich des Ural.

Im Gegensatz zu den Finnougriern gehörten die Neuankömmlinge mit Schnurkeramik sprachlich der indogermanischen Familie an. Der Sprachzweig, den sie vertraten, wird seit dem 19. Jahrhundert als »baltisch« bezeichnet. Alte Gewässer- und Ortsnamen lassen darauf schließen, dass Baltischsprechende einst im großen Gebiet von der Persante#Persante in Pommern bis zur oberen Wolga#Wolga, im Süden bis in die Nähe des späteren Kiev#Kiev (Kyïv) ansässig waren. Seit dem 6. Jahrhundert n. Chr. wurden aber die östlichen Balten infolge der slawischen Expansion zunehmend assimiliert; die westbaltischen Prußen, die im 13. Jahrhundert vom Deutschen Orden unterworfen wurden, gingen später im deutschen Neustamm der Ostpreußen auf. Als baltische Völker blieben nur die Letten und Litauer übrig. Allerdings entstand das lettische Volk erst durch eine bis ins 17. Jahrhundert dauernde Verschmelzung der altlettischen Stämme der Lettgaller, Semgaller und Selen. In diesen Angleichungs- und Verschmelzungsprozess wurden auch die mit den altlettischen Stämmen nahe verwandten Kuren und die ostseefinnischen Liven einbezogen. Andererseits wurden Teile der Semgaller, Selen und Kuren im Laufe des Mittelalters von den Litauern, ihren südlichen Nachbarn, assimiliert.

Der Landesname »Litauen« galt ursprünglich nur für eine kleinere Landschaft zwischen dem Mittellauf der Memel (Nemunas)#Memel (Nemunas) und dem Flusse Neris. Dieses Gebiet wurde aber später zum Zentrum des litauischen Staates. Erstmals ist der Landesname für 1009 bezeugt. Die Quedlinburger Annalen besagten Jahres berichten, dass der deutsche Missionserzbischof Brun von QuerfurtBrun von Querfurt, Missionserzbischof damals an der Grenze zwischen der Rus’ und Litua den Märtyrertod fand. In Litauen wurde 2009 der Ersterwähnung zum tausendjährigen Jubiläum in zahlreichen Veranstaltungen gedacht.

Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, dass »baltisch« zur Bezeichnung der Region bzw. der drei Staaten zu unterscheiden ist von »baltisch« im sprachlich-ethnischen Sinne (d. h. ohne Einbeziehung der Esten und Liven). Daneben kann aber auch die gesamte Ostsee mit ihren Randgebieten als »baltisch« bezeichnet werden. Erstmals sprach AdamAdam von Bremen von Bremen#Bremen in seiner Hamburgischen Kirchengeschichte#Hamburg schon im 11. Jahrhundert von der Ostsee als dem balticum mare; der Begriff ist u. a. im englischen Ausdruck Baltic Sea präsent. Nach dieser geografisch weitgreifenden Vorstellung liegen Estland, Lettland und Litauen im »Ostbaltikum«.

Im Folgenden soll es um die Verhältnisse im Baltikum während der letzten Jahrhunderte vor der deutsch-skandinavischen Eroberung des lettländischen und estländischen Gebiets bzw. der Entstehung eines eigenen Staatswesens in Litauen gehen. Gemäß der für das Baltikum üblichen Periodisierung wenden wir uns damit der Jüngeren Eisenzeit (9.–12. Jahrhundert) zu, was notwendig ist, wenn man über den Umbruch, den das 13. Jahrhundert mit sich brachte, urteilen will. Neben archäologischen Zeugnissen kommt speziell für die Zustände um 1200 auch bereits eine Chronik als Quellenmaterial in Betracht. Gemeint ist das Chronicon Livoniae, das der aus der Gegend von Magdeburg stammende Pfarrer Heinrich von LettlandHeinrich von Lettland, Pfarrer 1225–1227 niedergeschrieben hat. HeinrichHeinrich von Lettland, Pfarrer war 1205 nach Livland gekommen, hatte sich an dortigen Kämpfen beteiligt und wurde Seelsorger bei den Lettgallern. Er berichtet nicht nur über Selbsterlebtes, sondern aufgrund von Teilnehmererzählungen auch über Geschehnisse und Zustände des späten 12. Jahrhunderts.

In der Zeit gegen 1200 hatten die Esten etwa denselben Lebensraum zur Verfügung wie heute, doch zwischen dem estnischen Norden und Süden gab es einen nachhaltigen sprachlichen und kulturellen Unterschied. Die Liven siedelten im Bereich des Unterlaufs der Düna#Düna (Daugava) (Daugava) und an der Livländischen Aa (Gauja)#Aa (Gauja), wohin sie erst seit dem 10. Jahrhundert vom Norden Kurlands her allmählich gekommen waren. Dafür waren die Kuren nach Norden vorgestoßen und siedelten dort in Streulage mit den verbliebenen Liven. Ansonsten erstreckte sich das Gebiet der Kuren an der Ostseeküste des heutigen Lettland und Litauen entlang, im Süden bis zum Unterlauf der Memel#Memel (Nemunas). Von den altlettischen Stämmen besiedelten die Lettgaller ein großes Gebiet nördlich der Düna#Düna (Daugava), während die Semgaller und der kleine Stammesverband der Selen südlich des Flusses lebten. Im Gebietsgefüge der litauischen Stämme ließen sich bereits die beiden großen Einheiten Aukschtaiten (Hochlitauen) im Osten und Schemaiten#Schemaiten (Niederlitauen) im Westen erkennen.

In Estland und Lettland lebten durchschnittlich etwa 2,5 Personen auf einem Quadratkilometer, in Litauen mit seinen zum Teil besonders fruchtbaren Böden etwa 3 Personen. In Deutschland hingegen hatten bereits um 1000 annähernd 10 Personen auf einem Quadratkilometer gelebt. Es versteht sich, dass die geringe Bevölkerungsdichte im Baltikum weniger Impulse zur Arbeitsteilung und Verstädterung gab. Zum Siedlungsbild des Baltikums gehörten Wallburgen, die teils nur bei Gefahr der im Umfeld lebenden Bevölkerung als Zuflucht dienten, vielfach aber ständig bewohnt und mit gewöhnlichen Häusern und Wirtschaftsgebäuden bebaut waren. Nur selten fungierten die Burgen bereits als Herrensitze. Neben den Burgen lagen weitere befestigte oder offene Siedlungen, und im Lande verstreut gab es kleine Dörfer und Weiler. Überall war der Ackerbau der dominierende Wirtschaftszweig. Was das Handwerk betrifft, blieb die Spezialisierung begrenzt. Weit verbreitet war die Gewinnung von Eisenerz. Dementsprechend war auch die Schmiedekunst besonders entwickelt. Von besonderen bautechnischen Fertigkeiten zeugen die hölzernen Wehranlagen auf den Burgwällen. Der Steinbau mit Mörtel war aber nirgends bekannt.

Seit Urzeiten gab es Handelskontakte zwischen Skandinavien und dem ostbaltischen Raum. In Kurland existierten bei Grobin (Grobiņa)#Grobin (Grobiņa) im Zeitraum zwischen 650 und 850 schwedische und gotländische Siedlungen, die Bedeutung für den Handel mit Bernstein besaßen. Im südlichen Gebiet der Kuren (heute Litauen) war Polangen (Palanga)#Polangen (Palanga) von der Mitte des 10. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts ein beachtlicher Handelsplatz. Den wichtigsten Treffpunkt aber bildete das von Semgallern und Liven bewohnte Daugmale#Daugmale an der Düna#Düna (Daugava), etwa 30 Kilometer von deren Mündung entfernt. Was die Liven betrifft, weisen auch andernorts freigelegte Gräber mit Waagen und Gewichten auf eine besonders intensive Handelstätigkeit hin. Von Fernhandelsbeziehungen zeugt außerdem das archäologische Fundmaterial von Gercike (Jersika)#Gercike (Jersika) an der Düna#Düna (Daugava). Daugmale#Daugmale, Polangen#Polangen (Palanga) und Gercike#Gercike (Jersika) waren darüber hinaus Zentren der handwerklichen Produktion. Im Hinblick auf seine zusätzliche Rolle als Residenz eines Kleinfürsten – wohl seit dem 12. Jahrhundert – zeichnete sich Gercike#Gercike (Jersika) durch besondere Komplexität aus. Mit diesen Zentren Vergleichbares existierte weder im damaligen litaui0schen Gebiet noch in Estland. Selbst in den Fällen der später bedeutenden Städte Reval#Reval (Tallinn) und Dorpat (Tartu)#Dorpat (Tartu) gab es am Fuße der dortigen Burgen nur saisonal genutzte Handelsplätze.

Während in der Wikingerzeit (8001050) vor allem Besucher aus dem mittleren Schweden zum Handel ins Baltikum kamen, dominierten im 11. und 12. Jahrhundert die Gotländer. Skandinavische Waffen und Schmuckstücke wurden überall eingeführt und nicht selten in einheimischen Werkstätten nachgeahmt. Dies galt selbst für Litauen, das keinen direkten Zugang zur Ostsee besaß und über Polangen#Polangen (Palanga) und das Prußenland mit Handelsgütern beliefert wurde. Am intensivsten aber prägte der skandinavische Einfluss die reichen Liven.

Außer den genannten skandinavischen Erzeugnissen wurden von der Ostsee her Buntmetalle und Silber für das einheimische Handwerk, fränkische Schwerter, Tuche und Salz ins Baltikum geliefert. Arabische Münzen erreichten dank des eurasischen Wikingerhandels zunächst über die Ostsee und später aus der Rus’ die Region, während deutsche und angelsächsische Gepräge im 11. Jahrhundert durch die Gotländer vermittelt wurden. Seit dem 11. Jahrhundert gelangten aus der benachbarten Rus’ auch Töpferarbeiten, Schmuck und Silberbarren ins Baltikum. Die Gegenlieferungen der Einheimischen, unter denen sich Angehörige der Stammesaristokratie und Großbauern am Handel besonders beteiligten, bestanden aus Pelzen, Häuten, Vieh, Getreide, Wachs, Honig, Bernstein und offenbar nicht zuletzt Sklaven.

Der Großteil der Bevölkerung bestand zwar aus freien Bauern, aber daneben gab es Unfreie, bei denen es sich zumeist um Kriegsgefangene handelte, und auf der anderen Seite eine Oberschicht, deren Angehörige in der Chronik Heinrichs von LettlandHeinrich von Lettland, Pfarrer als Älteste (seniores), Adlige (nobiles), Bessere (meliores) oder Reiche (divites) bezeichnet werden. Am wenigsten war die soziale Differenzierung bei den Esten ausgeprägt, stark dagegen bei den Litauern, unter denen gegen 1200 Kleinfürsten mit Gefolgschaften in Erscheinung traten. Auch bei den altlettischen Stämmen, den Kuren und den Liven ragten einzelne Persönlichkeiten hervor, die als Heerführer fungierten. Der besonders einflussreiche Livenälteste CaupoCaupo wird von HeinrichHeinrich von Lettland, Pfarrer sogar »gleichsam König und Ältester« (quasi rex et senior) genannt. Diese übertreibende Formulierung des Chronisten spricht wie manch anderer seiner Ausdrücke für eine Unsicherheit HeinrichsHeinrich von Lettland, Pfarrer bei der Darstellung der Verhältnisse im Baltikum, die von den feudalen Strukturen des Westens grundsätzlich abwichen. Aus Estland ist mit LembitusLembitus, dem engagierten Kämpfer gegen den Schwertbrüderorden, ebenfalls ein hervorragender Führer bekannt. Während CaupoCaupo wegen seines frühen Anschlusses an die Deutschen bis heute umstritten ist, wurde LembitusLembitus im Zusammenhang mit der modernen Nationalbewegung der Esten zu einem Volkshelden.

Neben den erwähnten Handelsbeziehungen erlebten die Balten mit den Skandinaviern und Ostslaven auch zahlreiche militärische Konflikte. Schon vor und besonders während der Wikingerzeit fielen Schweden und Dänen oft mit dem Ziel des Raubes und der Tributerpressung im Baltikum ein, wovon nordische Sagas und archäologische Funde – etwa skandinavische Pfeilspitzen in estnischen Burgen – Zeugnis ablegen. Eine lang andauernde Tributherrschaft vermochten die Skandinavier aber anscheinend nie zu errichten. In der Nachwikingerzeit, vom 11. bis zum frühen 13. Jahrhundert, revanchierten sich die seetüchtigen Kuren und Esten mit Raubzügen in den Küstengebieten Schwedens und Dänemarks#Dänemark.

Vom Osten her fielen russische Krieger seit dem späten 10. Jahrhundert mit den gleichen Zielen wie die Skandinavier ins baltische Gebiet ein. Anfangs waren es die Herrscher des gesamtostslawischen Reiches von Kiev#Kiev (Kyïv), die solche Einfälle unternahmen; nachdem das Reich in Teilfürstentümer zerfallen war, traten die Machthaber der nordwestrussischen Stadtstaaten Novgorod#Novgorod, Pskov#Pskov und Polock (belarussisch Polack)#Polock (Polack) in dieser Rolle auf. Fürst Jaroslav der WeiseJaroslav der Weise, Fürst von Kiev von Kiev#Kiev (Kyïv) konnte an der Stelle der estnischen Burg auf dem »Domberg« des späteren Dorpat#Dorpat (Tartu) im Jahre 1030 zwar einen russischen Machtstützpunkt errichten, doch wurde diese Festung Jur’ev – so genannt nach dem Taufnamen JaroslavsJaroslav der Weise, Fürst von Kiev – bereits im Jahre 1061 von den Esten zurückerobert und blieb damals das einzige Beispiel etwas längerer russischer Präsenz in einem Teilgebiet des Baltikums. Schlaglichter auf das spätere russische Vorgehen wirft die Erste Novgoroder Chronik, die für das 12. Jahrhundert elf militärische Unternehmungen der Novgoroder#Novgorod gegen die Esten vermerkt. Die Esten unternahmen aber auch Gegenschläge und waren um 1200 von fremdem Zwang frei, was ebenso für die Litauer gilt, die seit dem späten 12. Jahrhundert sogar sehr oft ihrerseits in die nordwestrussischen Länder einfielen.

Anders war die Lage der Lettgaller und Liven an der Wende zum 13. Jahrhundert. Pskov#Pskov zog von einem Teil der lettgallischen Landschaft Tolowa kontinuierlich Tribut ein, und der Fürst von Polock#Polock (Polack) tat dasselbe bei weiteren Lettgallern und bei den Dünaliven#Düna (Daugava). Darüber hinaus waren die Fürsten von Gercike#Gercike (Jersika) und Kokenhusen (Koknese)#Kokenhusen (Koknese) zeitweilig politisch von Polock#Polock (Polack) abhängig. Seit wann diese beiden Fürstentümer existiert haben, zu denen lettgallische und selische Gebiete gehörten, ist unklar. Uns ist jeweils nur ein Herrschername bekannt – WissewaldisWissewaldis, Fürst von Gercike für das größere Gercike#Gercike (Jersika) und VetsekeVetseke, Fürst von Kokenhusen für Kokenhusen#Kokenhusen (Koknese). Für beide sind auch russische Namensformen – VsevolodVsevolod s. Wissewaldis und VjačkoVjačko s. Vetseke – überliefert, und man betrachtet sie vielfach als Teilfürsten von Polock#Polock (Polack), eingesetzt mit der Aufgabe, den Dünahandel#Düna (Daugava) zu kontrollieren. Die Fürsten standen aber zu Beginn des 13. Jahrhunderts unter litauischem Einfluss oder Druck.

Was die Religion der Balten betrifft, verehrten sie einen himmlischen Hauptgott (lettisch: Dievs, litauisch: Dievas) und daneben, wie bei den Germanen, einen Donnergott (lett.: Pērkons, lit.: Perkunas). Zudem war der Sonnen- und Mondkult von Bedeutung, während bei den Finnougriern, die an sich ebenfalls Hauptgottheiten kannten, die Verehrung von beseelten Gegenständen der Natur (wie Bäumen und Steinen) eine größere Rolle spielte. Für die Liven bezeugt Heinrich von LettlandHeinrich von Lettland, Pfarrer Tier- und Menschenopfer. Bei den Bestattungen waren generell Brandgräber und Grabbeigaben üblich, wobei in Litauen seit dem 10. Jahrhundert immer häufiger geschmückte Pferde mit ihren Besitzern bestattet wurden. Dies stand im Gegensatz zu den späteren beigabenlosen christlichen Bestattungen.

In der Forschungsliteratur wird zum Teil besondere Betonung auf frühe skandinavische Missionsvorhaben gelegt. In der Tat veranlasste der dänische König Sven EstridsenSven Estridsen, dän. König (10471076) nach dem Bericht AdamsAdam von Bremen von Bremen#Bremen einen dänischen Kaufmann dazu, in Kurland eine Kirche zu errichten, und etwa hundert Jahre später, gegen 1167, weihte Erzbischof EskilEskil von Lund, Erzbischof von Lund#Lund den französischen Zisterzienser Fulco zum Bischof von EstlandFulco, Bischof von Estland. Von eindeutigen Ergebnissen dieser Maßnahmen kann aber nicht gesprochen werden. Im Falle FulcosFulco, Bischof von Estland ist es zweifelhaft, dass er Estland überhaupt betreten hat.

Etwas mehr wissen wir über orthodoxe Einflüsse im Baltikum. Diskutierenswerte Hinweise darauf sind aus dem Russischen entlehnte Ausdrücke für Kirchliches im Lettischen und Estnischen (z. B. estnisch rist aus russisch krest = Kreuz), ferner als Grabbeigaben gefundene Anhänger in der Form russischer Kreuze sowie Änderungen in der Begräbnisweise, die es im Osten der Region gab. Im Einzelnen ließe sich über diese Zeugnisse lange streiten. Beispielsweise könnten Kreuzanhänger einfach als Schmuck gedient haben, und sie wurden wahrscheinlich auch als Amulette verwendet, zumal man in denselben Gräbern zugleich Anhänger mit heidnischer Symbolik fand. Zu berücksichtigen ist, dass es für einen Missionseifer der russisch-orthodoxen Kirche im Mittelalter generell nur wenige Beispiele gibt. Es steht aber fest, dass in Gercike#Gercike (Jersika) eine orthodoxe Kirche existierte, und in Kokenhusen#Kokenhusen (Koknese) und Tartu#Dorpat (Tartu) hat es solche Gotteshäuser mit höchster Wahrscheinlichkeit gegeben. Im Falle von Tartu#Dorpat (Tartu) wurde wohl eine Kirche für die russische Garnison gebaut, dagegen dürfte in Gercike#Gercike (Jersika), Kokenhusen#Kokenhusen (Koknese) und vielleicht noch andernorts eine gewisse Zahl von Einheimischen (namentlich Lettgallern) zur Orthodoxie übergetreten sein.

Während im benachbarten Polen und in der Rus’ Herrscher wie Herzog Mieszko I.Mieszko I., poln. Herzog und Fürst Vladimir der HeiligeVladimir der Heilige, Fürst von Kiev bereits in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts ihre Völker hatten taufen lassen, fehlte es im zersplitterten Baltikum um 1200 an starken Machthabern, die an der christlichen Religion interessiert gewesen wären und ihre Einführung hätten durchsetzen können. Das fast vollständige Ausbleiben der Christianisierung führte dazu, dass Estland und Lettland, aber auch schon Litauen, im 13. Jahrhundert zum Ziel westlicher Missionierungs- und Eroberungsbestrebungen wurden.

Die deutsch-dänische Herrschaftsbildung im estnischen und lettischen Gebiet

Erst relativ spät, im Zusammenhang mit der Ostkolonisation, gewannen die Deutschen einen eigenen Zugang zur Ostsee, denn an deren Südwestküste siedelten seit dem frühen Mittelalter slawische Stämme. Deutsche Kaufleute kamen deshalb bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts nur durch den Besuch des damals dänischen Schleswig#Schleswig sowie der slawischen Protostädte Alt-Lübeck#Lübeck und Wollin (am Stettiner Haff)#Wollin (am Stettiner Haff) mit der Ostseewelt in direkte Berührung. Nachdem aber Graf Adolf II. von SchauenburgAdolf II., Graf von Schauenburg und dann mit neuem Anlauf Herzog Heinrich der LöweHeinrich der Löwe, Herzog 1143 bzw. 1159 die Stadt Lübeck#Lübeck gegründet hatten, blühte die deutsche Ostseeschifffahrt rasch auf, wobei das Handelszentrum Gotland#Gotland zunächst das wichtigste Ziel darstellte. Dort gründeten die Kaufleute aus dem Römischen Reich um 1161 die sogenannte Gotländische Genossenschaft, was traditionell als Geburtsstunde der Hanse gilt. Deutsche Kaufleute ließen sich bald auch dauerhaft auf Gotland#Gotland nieder und bildeten künftig den dominierenden Teil der Bürgerschaft von Visby#Visby.

Ebenso wie die Kaufleute der frühen Hanse den skandinavischen Gotländern#Gotland bereits seit den 1160er Jahren zum wichtigsten russischen Handelszentrum Novgorod#Novgorod folgten, werden sie zusammen mit diesen auch bald zur ostbaltischen Küste und die Düna#Düna (Daugava) aufwärts nach Polock#Polock (Polack) und Smolensk#Smolensk gefahren sein. Ein intensiverer deutscher Handel im livischen Dünamündungsgebiet#Düna (Daugava) und auf der estnischen Insel Ösel#Ösel hat sich aber angesichts der dortigen Funde westfälischer Münzen erst seit etwa 1180 und besonders um 1190 entwickelt. Die Chronik Heinrichs von LettlandHeinrich von Lettland, Pfarrer belegt für das späte 12. Jahrhundert die Überwinterung deutscher Handelsleute am Unterlauf der Düna#Düna (Daugava). Damit profitierten sie von der besonders bequemen Anlieferung der östlichen Waren – darunter dichte Winterpelze – auf Schlitten.

Von den deutschen Kaufleuten gelangten Nachrichten über das Heidentum der Stämme des Ostbaltikums auch in das unweit von Lübeck#Lübeck gelegene Augustiner-Chorherren-Stift Segeberg#Segeberg, in dem das Andenken an den Stiftsgründer Vizelin, den Apostel der Slawen HolsteinsVizelin, Apostel der Slawen Holsteins, besonders hochgehalten wurde. So erklärt es sich, dass der Chorherr MeinhardMeinhard von Segeberg, Bischof aus Segeberg#Segeberg um 1180 mit Kaufleuten zur Düna#Düna (Daugava) segelte, um im Livendorf Üxküll (Ikšķile)#Üxküll (Ikšķile) mit der Missionstätigkeit zu beginnen. Zuvor hatte er beim Tributherrn der Liven, dem Fürsten von Polock#Polock (Polack), die nötige Erlaubnis eingeholt. Allmählich trafen auch Mitstreiter bei MeinhardMeinhard von Segeberg, Bischof ein, unter denen der Zisterziensermönch Dietrich (Theoderich)Dietrich (Theoderich), Zisterziensermönch herausragte. Wie groß die Bedeutung des Erzbistums Bremen#Bremen mit seiner alten Missionstradition für das Vorhaben war, lassen die Quellen nicht genau erkennen. Anscheinend spielte die individuelle Initiative des Segebergers#Segeberg, der von den Kaufleuten unterstützt wurde, eine große Rolle. Jedenfalls wurde aber MeinhardMeinhard von Segeberg, Bischof 1186 vom Bremer#Bremen Erzbischof Hartwig II.Hartwig II., Erzbischof von Bremen zum Bischof der Liven geweiht. Nachdem der Missionar zunächst in einer Holzkirche Gottesdienst gehalten hatte, entstand in Üxküll#Üxküll (Ikšķile) nun als »Dom« des Bistums ein einschiffiger romanischer Steinbau.

Die Missionierungserfolge MeinhardsMeinhard von Segeberg, Bischof waren freilich sehr begrenzt. Dabei suchte er die Liven durchaus auch durch konkrete Vergünstigungen für den neuen Glauben zu gewinnen. Auf sein Angebot und seine Vermittlung hin wurde von Baumeistern aus Gotland#Gotland in Üxküll#Üxküll (Ikšķile) und auf der Dünainsel#Düna (Daugava) Holme (später Martinsholm/Mārtiņsala)#Holme (später Martinsholm/Mārtiņsala) zum Schutz gegen die Litauer je eine Steinburg errichtet, eine für das Ostbaltikum, das sonst nur Holzerdeanlagen kannte, völlig neue Art der Befestigung. Das vorher abgegebene Taufversprechen hielten die Liven nach Fertigstellung der Burgen aber nicht ein. Nach weiteren Enttäuschungen wollte Bischof MeinhardMeinhard von Segeberg, Bischof das Land wieder verlassen, doch starb er dort 1196. Die Tätigkeit dieses ersten deutschen Missionars auf dem Gebiet des späteren Livland zeichnete sich durch ihren friedlichen Charakter aus.

Einen anderen Weg schlug der Zisterzienser DietrichDietrich (Theoderich), Zisterziensermönch ein, der an der Livländischen Aa#Aa (Gauja) missionierte. Der Gründer seines Ordens – Bernhard von ClairveauxBernhard von Clairveaux – hatte den Wendenkreuzzug#Wenden (Cēsis) von 1147 propagiert, mit dem die Praxis der Kreuzzüge auf das nördliche Europa übertragen worden war. Bezeichnend für DietrichDietrich (Theoderich), Zisterziensermönch ist, dass er sich 1197 einem militärischen Unternehmen des schwedischen Jarls Birga BrosaBirga Brosa, schwed. Jarl gegen die Kuren (bzw. nach dem Abtreiben der schwedischen Flotte infolge eines Sturms gegen die Esten) anschloss. Zudem war er an der Gründung des livländischen Schwertbrüderordens beteiligt, der dem Kampf gegen die Heiden dienen sollte. Bei seinen Bekehrungsversuchen versprach sich DietrichDietrich (Theoderich), Zisterziensermönch im Übrigen Erfolg davon, dass er gezielt zunächst die Ältesten der Liven zu gewinnen suchte.

Ein Zisterzienser war auch BertholdBerthold, Bischof von Bremen, einst Abt des Klosters Loccum, der 1196/97 in Bremen#Bremen zum Nachfolger MeinhardsMeinhard von Segeberg, Bischof geweiht wurde. Gegen die Liven, die an ihrem Glauben und ihren Sitten festhielten, erwarb er in Rom eine Kreuzzugsbulle, also den päpstlichen Sündenerlass für die Teilnahme am Heidenkampf. Das von ihm organisierte Kreuzfahrerheer bestand aus Sachsen, Westfalen und Friesen. Schon 1298, beim ersten Einsatz gegen die Liven, fiel BertholdBerthold, Bischof von Bremen jedoch. Im Jahr darauf weihte der Bremer#Bremen Erzbischof Hartwig II.Hartwig II., Erzbischof von Bremen seinen eigenen Stiefneffen Albert von BuxhövedenAlbert von Buxhöveden, Bischof von Livland/Riga zum Bischof der Liven. Nach der Erkundung der Lage in seinem Sprengel warb Letzterer in Norddeutschland Teilnehmer für einen weiteren Kreuzzug an. Mit der Ankunft seines Heeres an der Dünamündung#Düna (Daugava) im Jahre 1200 begann die schicksalhafte Eroberung des Landes, verbunden mit der Zwangstaufe seiner Bewohner.

Die deutsch-dänische Eroberung des Gebiets des heutigen Estland und Lettland verlief dramatisch und dauerte (mit vielen Rückschlägen) bis zum Jahre 1290. Von deutscher Seite waren an den militärischen Aktionen die jeweils zumeist für ein Jahr ins Land kommenden Kreuzfahrer beteiligt, ferner die Ritterbrüder des in Livland gegründeten Schwertbrüderordens und des seit 1237 dort wirkenden Deutschen Ordens, außerdem die allmählich im eroberten Land ansässig werdenden deutschen Vasallen und Bürger. Zu guter Letzt zogen auch Kaufleute, die nur vorübergehend in den entstehenden livländischen Städten anwesend waren, mit ins Feld. Zuerst, im Wesentlichen bis 1207, wurden die Liven unterworfen, dann schloss sich ein Großteil der Lettgaller den Deutschen freiwillig an, und 1208 begann der Kampf gegen die Esten. Letzterer zog sich bis 1227 hin, obwohl 1219 der dänische König Waldemar II.Waldemar II., dän. König in Estland landete und in der unmittelbar folgenden Zeit einen großen Teil Nordestlands einnahm. Am längsten widerstanden die Kuren und Semgaller.

Nach dem Sieg über die einheimischen Krieger wurde jeweils sogleich eine Massentaufe vorgenommen. Die Glaubensunterweisung sollte später folgen, zumal die Geistlichen zunächst nur unter größter Lebensgefahr bei den Einheimischen hätten bleiben können. Die Unterworfenen waren hinfort neben der Zehntzahlung, dem Burgenbau und weiteren Verpflichtungen dazu gezwungen, Heeresfolge zu leisten. An der schrittweisen Eroberung des Landes nahmen also auch die bereits getauften Einheimischen teil. In der gegen 1290 entstandenen Älteren Livländischen Reimchronik, einer wertvollen Quelle für das Geschehen in der Eroberungsepoche, bringt der Verfasser, ein Deutschordensbruder, in schlichten Versen oft seine Freude über ein solches Zusammenwirken der Christen zum Ausdruck. Über die Organisierung eines Zuges gegen die noch heidnischen Kuren durch den Ordensmeister heißt es beispielsweise:

Boten wurden da gesandt

zu den Letten und in der Liven Land;

die Christen fuhren gerne mit,

das war von alters her ihre Sitt’.

Den Bischöfen und Königlichen dann

die Reise auch ward kund getan,

die fuhren williglich dar

mit mancher ritterlichen Schar.

Die mittelhochdeutsche Sprache des Originals ist hier modernisiert. Mit den »Letten« sind die Lettgaller gemeint, mit den »Königlichen« die Untertanen des dänischen Königs in Nordestland. Schon dieser kurze Auszug lässt wohl erkennen, dass der Reimchronist ein positives Bild vom Geschehen vermitteln möchte, auch wenn er an anderen Stellen die grausame Realität der Kämpfe keineswegs vertuscht.

Die deutschen und dänischen Kämpfer waren hoch motiviert. Wir befinden uns ja noch in der Kreuzzugsepoche mit ihrer gesteigerten Religiosität. Der Kampf gegen Heiden galt als Einsatz gegen die Welt des Teufels. Der zitierte Reimchronist berichtet wiederholt von der freudigen Bereitschaft der Brüder des Deutschen Ordens, den Märtyrertod zu erleiden. Sicherlich will die Chronik das als vorbildliche Haltung propagieren, doch spiegelt sich in diesbezüglichen Aussagen auch die tatsächliche Haltung der fundamentalistischen Kämpfer jener Zeit. Nach einer verlustreichen Schlacht äußerte laut der Reimchronik der Ordensmeister:

Wollt über alle die Brüder man klagen,

die zu Livland sind erschlagen,

fürwahr so täte man nicht recht.

Manch frommer Held wird Gottes Knecht,

dem die Seele so wird gerettet

und dem im Himmel wird gebettet.

Außer den religiösen Motiven hatten die an der Eroberung des Baltikums Beteiligten unterschiedliche weitere Beweggründe. Bischof Albert von BuxhövedenAlbert von Buxhöveden, Bischof von Livland/Riga, der die deutsche Machtstellung in Livland begründet hat, ließ sich neben dem Anliegen, die Missionierung durch weltliche Herrschaft zu sichern, offenbar auch von politischem Ehrgeiz leiten. Für den dänischen KönigWaldemar II., dän. König war das nordestnische Gebiet ein Stützpunkt neben anderen im Rahmen des von ihm erstrebten Ostseeimperiums. Von den Kreuzfahrern wiederum, die vielfach dem niederen Adel Norddeutschlands angehörten, wurde in Livland mancher belehnt, eine Aussicht, die bei der Entscheidung für die Fahrt in den Osten teilweise eine Rolle gespielt haben wird. Die Kaufleute, die zur See und auf Landwegen Überfälle der Kuren und Esten erlebt hatten, mussten an der Etablierung der deutschen Herrschaft interessiert sein, weil sie ihnen Sicherheit beim Handel gewährleistete. Den Kämpfern eröffneten schließlich auch Plünderung und Menschenraub eine Chance, die zu nutzen anscheinend nur sehr wenige Skrupel hatten. Wenn die Einheimischen sich nicht ergaben, war es beinahe die Regel, dass die Männer getötet sowie die Frauen und Kinder gefangen genommen wurden – »mit Ehren«, meint unser Reimchronist. Der Kampf wurde damals (und bis in die Frühe Neuzeit) in Nordosteuropa von allen Seiten grausam geführt.

Wie schon das Beispiel MeinhardsMeinhard von Segeberg, Bischof gezeigt hat, gab es in Livland aber auch Versuche einer friedlichen Missionierung und eine wohlwollende Einstellung gegenüber den Einheimischen. Erwähnt sei, dass Bischof AlbertAlbert von Buxhöveden, Bischof von Livland/Riga grundsätzlich um ein Einvernehmen mit den Russen und namentlich auch mit den lettischen oder russischen FürstenWissewaldis, Fürst von Gercike von Gercike#Gercike (Jersika) undVetseke, Fürst von Kokenhusen Kokenhusen#Kokenhusen (Koknese) bemüht war. So schloss er vor dem Hintergrund der gemeinsamen Bedrohung durch die Litauer mit Vetseke/Vjačko von Kokenhusen#Kokenhusen (Koknese) 1205 einen Vertrag ab, der die Koexistenz sichern sollte. Nachdem aber Daniel von LennewardenDaniel von Lennewarden, einer der ersten Vasallen AlbertsAlbert von Buxhöveden, Bischof von Livland/Riga, gegen Vetseke/Vjačko aggressiv vorgegangen war, sah sich Letzterer 1208 zum Verlassen seines kleinen Fürstentums gezwungen, was bezeichnend für die entscheidende Rolle von Gewalt bei den damaligen Beziehungen ist.

Der Widerstand der einheimischen Völker ergab sich ganz natürlich aus ihrem Wunsch nach Unabhängigkeit. Weder wollten sie von Fremden mit Abgaben belastet werden noch ihre eigenen Glaubensvorstellungen und Rechtsgewohnheiten aufgeben. Sie bekamen dabei militärische Hilfe von den Litauern und vereinzelt auch von den Russen. So wurden die schon weitgehend unterworfenen Esten bei einem allgemeinen Aufstand gegen die Deutschen und Dänen von 1223 durch Novgorod#Novgorod unterstützt. Häufiger waren aber nach wie vor Kriegszüge der Novgoroder#Novgorod und Pskover#Pskov gegen die Stämme des Ostbaltikums, wobei neben Raub und Tributerpressung jetzt bis zu einem gewissen Grade auch deren Unterwerfung angestrebt wurde. Damit konkurrierten die Russen zumindest ansatzweise mit Deutschen und Dänen beim Kampf um das Baltikum. Andererseits stießen die Deutschen besonders 1240/41 mit der Absicht der Eroberung nordwestrussischen Gebiets in Richtung Novgorod#Novgorod und Pskov#Pskov vor. Von den damaligen Konfrontationen im baltischen Raum ist die Schlacht der Russen mit den Deutschordensbrüdern und Esten auf dem Eise des Peipussees#Peipussee von 1242 am bekanntesten. Obwohl der Novgoroder#Novgorod Fürst Aleksandr NevskijNevskij, Aleksandr, Fürst nur auf eine relativ kleine Zahl von Gegnern traf, die er bezwang, wurde das Ereignis im russischen Geschichtsbild als großer Sieg über fremde Eindringlinge mythifiziert. Neben deutsch-russischen Konfrontationen kam es im 13. Jahrhundert aber auch zu gegenseitiger Unterstützung, so beispielsweise schon 1210 bei einem gemeinsamen Vorgehen der Deutschen und der Pskover#Pskov gegen die Esten. Der estnische Historiker Anti SelartSelart, Anti konnte in einer gründlichen Untersuchung zeigen, dass Livland und Nordwestrussland damals einen einheitlichen Aktionsraum bildeten. Dabei wurden die orthodoxen Russen von den Livländern grundsätzlich als Christen betrachtet. Bei innerlivländischen Auseinandersetzungen wurde es allerdings ein beliebtes Mittel der Polemik, dem Gegner ein Einvernehmen mit Ungläubigen vorzuwerfen, wenn er von russischer Seite Unterstützung erhielt.

Wirklich gefährliche, wiederholt beinahe die Existenz des christlichen Livland bedrohende Gegner blieben die Litauer. Im Jahre 1236 brachten sie einem in Litauen eindringenden christlichen Heer, zu dem Schwertbrüder, Kreuzfahrer und Russen aus Pskov#Pskov gehörten, bei Saule#Saule eine so schwere Niederlage bei, dass der Schwertbrüderorden aufgegeben werden musste. Die überlebenden Brüder wurden in den neu gebildeten livländischen Zweig des Deutschen Ordens – der 1190 im Heiligen Land gegründet worden war – aufgenommen. Die Öseler#Ösel Esten und die seit 1230 schrittweise unterworfenen Kuren schüttelten nach der Schlacht von Saule#Saule die deutsche Herrschaft ab. Ebenso führte im Jahre 1260 ein großer Sieg der Litauer über den Deutschen Orden bei Durben (Durbe)#Durben (Durbe) in Kurland dazu, dass sich die Öseler#Ösel, Kuren und Semgaller erhoben. Es dauerte bis 1267, ehe die von den Litauern unterstützten Kuren endgültig unterworfen wurden, und erst 1290 bezwang der Deutsche Orden die Semgaller. Ein Teil Südostlettgallens#Lettgallen ging sogar erst 1312 von der Polocker#Polock (Polack) Herrschaft endgültig in die des Deutschen Ordens über.

Im Wesentlichen waren die recht wenigen Deutschen und Dänen mit ihren einheimischen Helfern nach langem Ringen deshalb erfolgreich, weil die Welt der ostbaltischen Stämme zersplittert war, so dass eine schrittweise Unterwerfung möglich wurde. Hierbei agierten die katholischen Kräfte nach anfänglichen Konflikten zwischen Deutschen und Dänen oft gemeinsam. Daneben spielte selbstredend auch die waffentechnische Überlegenheit der Kriegsleute aus dem Westen eine Rolle. Ihren Armbrusten, Panzerrüstungen und Belagerungsmaschinen konnten die tapferen Liven, Letten und Esten nichts Gleichwertiges entgegensetzen.

Der Widerstand, den die Stämme des Baltikums im 13. Jahrhundert leisteten, sollte als Kampf um die eigene Freiheit gewürdigt werden. Aber ist damit über ihre Gegner schon alles gesagt? Aus einem vertieften Verständnis des Christentums und unseren davon abgeleiteten Moralvorstellungen heraus ist die damalige Schwertmission selbstredend verwerflich. Was sich damals in Livland abspielte, sollte aber nicht nur nach heutigen Maßstäben beurteilt werden, denn es entspricht damaligen Verhaltensmustern. Gleichzeitig mit und schon vor den Deutschen unternahmen auch die Skandinavier Kreuzzüge im östlichen Ostseeraum. Der erste schwedische Kreuzzug gegen das heidnische Finnland#Finnland hatte wahrscheinlich bereits 1155 stattgefunden.

Differenziert sind auch die Folgen der deutsch-skandinavischen Eroberung für die Einheimischen zu betrachten. Letztere wurden nicht völlig entrechtet, denn mit ihnen wurden vielfach Unterwerfungsverträge geschlossen, und für längere Zeit behielten sie ihre persönliche Freiheit und ihren Besitz sowie das Recht, Waffen zu tragen. Von den Bauern verlangte man freilich hohe Abgaben und Dienstleistungen u. a. für den Burgen- und Kirchenbau, doch war ihre materielle Lage nicht besonders schlecht. Seit dem 15. Jahrhundert wurden sie jedoch in die Leibeigenschaft hineingezogen, wobei die Bauern 1507 auch das Recht des Waffentragens verloren. In sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht unterschied sich ihre Lage nicht grundsätzlich von derjenigen deutscher und anderer Bauern in den Gebieten östlich der Elbe, in denen sich wie in Livland die auf Fronarbeit beruhende Gutswirtschaft durchsetzte.

Zugleich stellten die im 13. Jahrhundert entstandenen Herrschaftsverhältnisse für die Einheimischen aber doch eine Katastrophe dar, die sowohl den Einzelnen als auch den Weg der Stämme und Völker betraf. Sie wurden in die Abhängigkeit von Fremden und in ungewollte Lebensbedingungen hineingezwungen. Ihre eigene Oberschicht hatten sie verloren, deren Überlebende gingen im Bauerntum oder im deutschen Vasallentum auf. Es sollte bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts dauern, ehe die Esten und Letten einen selbstbestimmten politischen Weg gehen konnten. Immerhin waren jedoch wegen der geringen Zahl der deutschen Zuzügler ihre Sprache und ihr Volkstum nicht bedroht.

Die deutsch-dänische Eroberung Livlands führte zur Entstehung mehrerer Kleinstaaten mit selbständiger Verwaltung, unabhängiger Außenpolitik und eigenem militärischen Aufgebot. Den entscheidenden Schritt in diese Richtung tat bereits Bischof Albert von BuxhövedenAlbert von Buxhöveden, Bischof von Livland/Riga, der 1201 die Stadt Riga#Riga (Rīga) als Residenz, kirchliches Zentrum, militärischen Stützpunkt und Handelsplatz gründete und gleichzeitig mit der Belehnung von Vasallen begann. AlbertAlbert von Buxhöveden, Bischof von Livland/Riga erstrebte also auch die Errichtung einer weltlichen Herrschaft. Dieses Vorgehen lag für ihn insofern nahe, als viele Bischöfe in Deutschland schon früher neben ihrer geistlichen Jurisdiktion für ein mit ihrer Diözese nicht unbedingt identisches Gebiet die weltliche Herrschaft gewonnen hatten – sie waren also Fürstbischöfe geworden. Zur Legitimierung seiner Herrschaft übertrug AlbertAlbert von Buxhöveden, Bischof von Livland/Riga sein Bistum dem deutschen König und designierten Kaiser Philipp von SchwabenPhilipp von Schwaben, dt. König, um von ihm im selben Zuge damit belehnt zu werden. Dies geschah 1207 auf einem Hoftage zu Sinzig#Sinzig oder Gelnhausen#Gelnhausen.

In den 1220er Jahren entstanden zwei weitere Fürstbistümer in Livland. AlbertAlbert von Buxhöveden, Bischof von Livland/Riga weihte seinen Bruder HermannHermann I. von Buxthoeven, Bischof von Leal zum Bischof von Leal (Lihula)#Leal (Lihula), der nach der deutschen Eroberung Dorpats#Dorpat (Tartu) (1224) ebendort seinen Sitz nahm. Im Jahre 1225 erwirkte HermannHermann I. von Buxthoeven, Bischof von Leal bei König Heinrich VII.Heinrich VII., röm.-dt. König für AlbertAlbert von Buxhöveden, Bischof von Livland/Riga und sich selbst die Verleihung der Regalien, wobei ihre Bistümer als »Marken«, also Randgebiete des Kaiserreiches, bezeichnet wurden. Nachdem 1227 die Öseler#Ösel Esten besiegt worden waren, kam 1228 das Bistum Ösel-Wiek#Ösel-Wiek hinzu, das teils auf Inseln, teils auf dem estnischen Festland lag. Auch der dortige erste Bischof namens GodefridusGodefridus, Bischof von Ösel-Wiek empfing sein Bistum von Heinrich VII.Heinrich VII., röm.-dt. König als Lehen. In all diesen Fällen ging die Initiative zur Belehnung von der livländischen Seite aus und hatte keine Machtausübung seitens des Reiches zur Folge. Spätere Quellen machen aber deutlich, dass sich die Livländer als Angehörige des Römisch-Deutschen Reiches betrachteten und die kaiserliche Oberhoheit über sie von anderen Mächten respektiert wurde.

Schon im Jahre 1207 hatte der Schwertbrüderorden vom Rigaer#Riga (Rīga) Bischof je ein Drittel des bereits gewonnenen und des noch zu erobernden Landes als eigenes Herrschaftsgebiet gefordert. Er erhielt diesen Anteil nicht nur von der Diözese Riga#Riga (Rīga)Dorpat#Dorpat (Tartu)Wiek#Ösel-Wiek