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Hans Heinz Holz

Kommunisten heute

Die Partei und ihre Weltanschauung

Inhalt

Vorwort

1. Kapitel: Über die Grundlagen des Selbstverständnisses von Kommunistinnen und Kommunisten

2. Kapitel: Zu den weltanschaulichen Grundlagen der DKP

3. Kapitel: Der Charakter einer leninistischen Partei

4. Kapitel: Klassenkampf

5. Kapitel: Zur Bestimmung des Epochenbegriffs

6. Kapitel: Allgemeine Krise des Kapitalismus

7. Kapitel: Modernisierung oder Klassenkampf?

8. Kapitel: Überlegungen zum Begriff der politischen Lage

Impressum

Vorwort

Als ich 1991 Niederlage und Zukunft des Sozialismus veröffentlichte, waren Entmutigung und Resignation unter Kommunisten groß. Die Zerschlagung der Sowjetunion und die Annexion der DDR hatten ihr revolutionäres Selbstvertrauen tief erschüttert. Die Perspektive einer besseren, sozialistischen Gesellschaft schien nicht nur in weite Ferne gerückt, sondern gänzlich verbaut. Es galt, die Ursachen der Niederlage zu begreifen, die Erkenntnis, daß der Sozialismus die geschichtliche Alternative zum Kapitalismus ist, wieder zu befestigen und das Selbstbewußtsein von Kommunistinnen und Kommunisten zu stärken. Dazu sollte das kleine Büchlein einen Beitrag liefern.

Inzwischen hat die kommunistische Bewegung weltweit wieder an Kraft gewonnen; in Deutschland hat sich der Kern der Kommunistischen Partei wieder gesammelt und engagiert sich ebenso in politischen Aktivitäten wie in der Diskussion um die Inhalte zukünftiger Strategie und Organisationsform. Der Doppel­aspekt, daß die Krise des Kapitalismus sich zwar verschärft, aber doch mit langen Fristen für revolutionäre Veränderungen gerechnet werden muß, ist allerdings der Nährboden, für die — aus der Geschichte der Arbeiterbewegung nicht unbekannte — Illusion, auf dem Weg innerkapitalistischer Opposition (oder sogar direkter oder stillschweigender Teilhabe an der Macht) durch Reformen diese Gesellschaft menschlicher machen zu können, also statt Sozialismus nur einen besseren Kapitalismus anzustreben, ja vielleicht den Sozialismus für nichts anderes als einen verbesserten Kapitalismus zu halten.

Heute gilt es also, revolutionäres Bewußtsein in einer nichtrevolutionären Phase der Geschichte wachzuhalten und mit den Oppositionsstrategien, die innerhalb des Kapitalismus angelegt werden, zu vermitteln, damit diese dann über dieses System hinausführen können. Dazu ist theoretische Reflexion unerläßlich. Kommunistinnen und Kommunisten organisieren sich nicht als ein spontaner Interessenverband, sondern als das Kollektivsubjekt einer aus theoretischer Erkenntnis der Geschichte hergeleiteten politischen Praxis. Lenin hat dieses Parteiverständnis systematisch ausgearbeitet, seine Einsichten sind bleibender Bestand kommunistischen Selbstverständnisses.

Theoretisch begründete Haltung erwächst aus der Verarbeitung von Erkenntnissen zu einem Gesamtzusammenhang des Wissens und aus ihrer Anwendung, Modifikation und Korrektur in der Praxis. Beide Seiten gehören zusammen — das besagt die Formel von der »Einheit von Theorie und Praxis«. Weil politisch wirksame Theorie in dieser Einsicht entsteht und sich erhält, ist die Frage nach dem Kommunist-Sein nicht ablösbar von der Frage nach der politischen Organisation, der Partei. Denn politische Praxis ist immer organisiert-kollektive Praxis. Das Individuum bleibt immer privat, wie sehr es auch von den Inhalten der Politik ergriffen und erregt werden mag. Unus homo, nullus homo — ein Mensch ist kein Mensch, sagten die Römer. Kommunistinnen und Kommunisten werden zu solchen in der Partei, darum ist die Organisationsfrage nicht nur eine praktisch-soziologische, sondern eine philosophische Wesensfrage.

Vor allem kommt es darauf an, in der nächsten Zeit der jungen Generation Wege in die Alternative zum Kapitalismus aufzuzeigen und ihr gedanklichen Rohstoff zu liefern, so daß sie ihre eigenen Formulierungen ausbilden, ihre eigenen Ziele bestimmen und dann ihre eigenen Aktionen durchführen kann. Dazu bedarf es der weltanschaulichen Orientierung und eines organisatorischen Hauses. Der dialektische und historische Materialismus hat einen solchen weltanschaulichen Rahmen zu bieten, der wie kein anderer dem Wissensstand unserer Zeit entspricht und in sich selbst offen und entwicklungsfähig ist. Robert Steigerwald hat das gerade in seinem Buch Abschied vom Materialismus? Materialismus und moderne Wissenschaft (Pahl-Rugenstein Nachfolger 1994) gezeigt, das eine Art Handbuch weltanschaulicher Positionierungen für den politischen Gebrauch darstellt. Das organisatorische Haus müssen wir ausgestalten und erweitern, damit die Menschen, die an der Veränderung der Gesellschaft arbeiten wollen, in ihm ihren Platz haben und sich heimisch fühlen.