Inhaltsverzeichnis
EIN ZAUBERER PROZESS AUS DER ZEIT DER ERSTEN CHRISTLICHEN KAISER
ZAUBERER GESTÄNDNISSE AUS DEM GRIECHISCHEN KAISERREICH
HEXENPROZESSE AUS DEM 14. UND 15. JAHRHUNDERT
EIN HEXENPROZESS AUS DEM JAHRE 1481
DER ENGEL VON AUGSBURG
HEXENPROZESSE IM 16. JAHRHUNDERT
HEXENPROZESSE IN DEUTSCHLAND
ANGEFASSTE IN DER MARK
DES BERLINER MÜNZJUDEN LIPPOLDS ENDE
DAS SCHEUSAL BOSS IN FULDA
HEXENPROZESSE IM MÜNSTERLAND
PROZESS IN COESFELD
HEXENPROZESSE IN DER ERZDIÖZESE KÖLN
PROZESSE IN DEN HERZOGTHÜMERN BRAUNSCHWEIG UND LÜNEBURG
PROZESS HOLENKAMP
PROZESSE IN ESSEN, SIEGBURG, BAD WILDUNGEN
PROZESSE IN WÜRTTEMBERG
DAS SCHEUSAL VON LINDHEIM
EINE HESSISCHE HELDIN
PROZESSE IN DER STEYERMARK
IMPRESSUM

 

Band 3

Hexen, Teufel, Ketzer

 

 

Hexenprozesse in Deutschland

(Auswahl)

doppelgeige n

(Doppelgeige)

 

von

Bruno Emil König

 

 

 

 

 

Cover, Design, Layout und Satz aischab

ISBN 978-3-946182-45-0

 

© Copyright aischab Münster 2017

Die Illustrationen und Fotografien sind von Ulrike Bauer.

 

 

1. Neuauflage 2015 (ISBN 978-3-943312-51-5) im Verlag EMPIRE Münster, Erstausgabe erschienen im Verlag U. Bock 1893 Rudolstadt unter dem Originaltitel: „Ausgeburten des Menschenwahns im Spiegel der Hexenprozesse und der Auto da fe‘s“

 

 

logo1

 

 

 

C:\Users\EMPIRE\Desktop\Manuskripte\EMPIRE\Hexen\Bilder\Ausgeburten des Menschenwahns im Spiegel der Hexenprozesse und der Auto da fé's_8.jpg

Urn:nbn:de:hbz:6:1-86511

 

 

EIN ZAUBERER PROZESS AUS DER ZEIT DER ERSTEN CHRISTLICHEN KAISER

 

Unter den Prozessen gegen Zauberer aus der Zeit der ersten christlichen Kaiser möge hier nur eines bedacht werden, der sich zu Antiochia unter Kaiser Balens (364-378) abspielte und unter allen ähnlichen Ereignissen des Altertums wegen seiner Ausdehnung, der Willkür und Grausamkeit des Verfahrens, der Habsucht und Heimtücke der Ankläger und Richter die erste Stelle einnimmt, daher als ein würdiges Vorbild der Hexenprozesse des siebzehnten Jahrhunderts betrachtet werden darf.

Einige namhafte Männer wurden angeklagt, durch Zauberkünste den Namen desjenigen erforscht zu haben, der des Kaisers Nachfolger sein würde.

Zum Verhör gestanden sie, mittelst eines Zauberringes, der über einem mit dem Alphabet beschriebenen Becken schwebte, gefunden zu haben, dass ein gewisser Theodorus, ein Jüngling von ausgezeichneten Gaben, dieser Nachfolger sein werde. Wirklich schien hier eine Verschwörung gegen Balens vorzuliegen. Allein das rechtfertigt doch ein so grausames und formloses Verfahren, wie jetzt eintrat, nicht. Tausende von Personen wurden auf die nichtigsten Verdachtsgründe hin verhaftet und gegen sie die Folterwerkzeuge (eculei, ponderaplumbea cum fidiculis et verberibus) angewendet. Schuldige und Unschuldige, zum Teil angesehene Staatsbeamte und Philosophen, erdrosselte, enthauptete oder verbrannte man als Mitwisser. Ihre Güter wurden eingezogen. Ihre Bücher warf man in die Flammen, weil es Zauberbücher seien. Während des Prozesses hatte ein Schurkenpaar, Palladius und Heliodorus, als es selbst wegen Zauberei verhaftet war, durch Denunziation des Kaisers unbegrenzte Gunst und große Reichtümer erschlichen. Sich zu behaupten, traten diese Hofohrenbläser stets wieder mit neuen Anzeigen hervor und machten eine förmliche Jagd auf ihre Opfer. Häuser wurden versiegelt und bei der Versiegelung wurden allerhand Zauberapparate wie Formeln und Liebestränke untergeschoben und Männer und Weiber, Vornehme und Geringe wurden verhaftet. Die Folter ruhte nicht. Güter wurden eingezogen und viele Personen des Landes verwiesen und enthauptet. Unzählige Leute verbrannten damals im Orient ihre Bücher, um keinen Stoff zum Argwohn zu geben.

Als Heliodorus starb, zwang Balens die Standespersonen und unter diesen zwei Konsulare, die als Angeklagte nur durch selten Standhaftigkeit in der Folter dem Tod entgangen waren, die Leiche zu begleiten. Um aber die unbedingte Bodenlosigkeit und Dummheit seiner Willkürherrschaft zu beurkunden, begnadigte Balens um dieselbe Zeit den Kriegstribunen Pollentianus unter Belassung seines bedeutenden Vermögens und seiner Würde. Und doch war dieser überwiesen und geständig, ein schwangeres Weib geschlachtet zu haben, um mit der ausgeschnittenen Leibesfrucht zauberische Befragungen wegen deskünftigen Regierungswechsels anzustellen!

Dagegen befand sich unter den Hingerichteten ein Jüngling, dessen ganzes Verbrechen darin bestand, dass er im Bade unter Hersagung der Vokale die Finger zwischen seiner Brust und der Marmorwand hin und her bewegt hatte, weil ihm dies als ein Mittel gegen Magenschmerz empfohlen worden war. Bei einem anderen hatte man das Horoskop eines gewissen Balens gefunden. Man bezog dieses auf den Kaiser und der Unglückliche musste sterben, obgleich er bewies, dass derjenige Balens, den das Horoskop betreffe, sein verstorbener Bruder dieses Namens gewesen war.

 

 

ZAUBERER GESTÄNDNISSE AUS DEM GRIECHISCHEN KAISERREICH

 

Am Hofe von Byzanz, dem elenden Hof der Bilderstürmer und Säulenheiligen, sah man die notwendigen Konsequenzen in grausiger Wirklichkeit hervortreten, während man im Abendland das Hexenwesen milde beurteilte. Der Dolmetscher Aaron Isaacius, welcher Legionen von bösen Geistern zu seinen Diensten Zitieren können sollte, wurde geblendet und später noch mit Abschneiden der Zunge bestraft. Die Strafe der Blendung erlitten aus Sklerus Seth und Michael Sicidites, jener wegen Liebeszauber, dieser wegen dämonischer Verwandlungskünste, durch welche er einst in einem mit Töpfen beladenen Nachen eine ungeheure Schlange erscheinen ließ, so dass der Eigentümer in der Angst der Selbstverteidigung seine sämtlichen waren zerschlug. Der Protostrator Alexius wurde unter Anklage der Zauberei von dem habsüchtigen Kaiser seiner Güter beraubt und in ein Kloster gesteckt. Auch der Kaiser Theodor Laskaris, der seine Krankheit einer Bezauberung zuschrieb, stellte Verfolgungen an, bei denen er sich der Feuerprobe bediente.

 

HEXENPROZESSE AUS DEM 14. UND 15. JAHRHUNDERT

 

Seit der berüchtigten Bulle Papst Innozenz VIII haben die Hexenprozesse drei Jahrhunderte hindurch die Christenheit dezimiert und geschändet. Einer Seuche gleich griffen sie um sich, sprangen aus einem Land auf das andere über und mordeten unaufhörlich Tausende von Unschuldigen.

Wenn es sich um die Frage nach der wissenschaftlichen Bildung und Intelligenz der Zeit der ersten Jahrhunderte der Hexenprozesse handelt, so kann unter den Männern der Wissenschaft, denen wir Ende des 15. und anfangs des 16. Jahrhunderts begegnen, kein wollwichtigerer Zeuge aufgerufen werden, als der berühmte Abt des Klosters Sponheim, Joh. Trithemius (1442-1516), Verfasser der auf Befehl des Markgrafen Joachim von Brandenburg ausgearbeiteten und am 16. Oktober 1508 vollendeten (4Bücher umfassend) Schrift Antipalusmaleficiorum. Wie kein anderes Buch damaliger Zeit ist dieser „Gegner der Zaubereien“ geeignet, uns über die Stellung der damaligen Gelehrtenwelt zum Hexenglauben zu belehren.

Trithemius will mit seiner Schrift keineswegs den Hexenglauben bekämpfen. Vielmehr steht ihm die Tatsache diabolischer Zauberei fest und er will nur zeigen, wie der Christ sich gegen dieselbe zu schützen vermag. Nach ihm sind folgende Klassen von Zauberern und Hexen vorhanden:


  1. Solche, welche, ohne ein Bündnis mit dem Teufel eingegangen zu haben, durch Gifte und andere natürliche Mittel diejenigen Menschen, die sie hassen, schädigen, indem sie z. B. die Männer beischlafunfähig machen, den Gebärenden Not bereiten, auch sonstige Krankheit, selbst den Tod durch ihren Zauber bewirken.
  2. Solche, welche durch die Kunst der sogenannten Encunctia, d. i. durch geheimnisvolle, abergläubische Worte, Formeln und Zeichen, übernatürliche Wirkungen hervorbringen wollen.
  3. Solche, die ohne sich den Teufeln ergeben zu haben, doch mit ihnen verkehren und zur Ausführung ihrer Zaubereien sie um Hilfe anrufen und
  4. solche Zauberer und Hexen, welche mit dem Teufel einen eigentlichen Bund abgeschlossen und sich ihm zu eigen gegeben haben. Diese vermögen nicht bloß wie die Unholde der 3.Klasse Menschen zeugungsunfähig und blind zu machen, ihnen Kopfschwindel zu bereiten, Unwetter hervorzurufen und dergleichen, sondern mit Hilfe des Teufels können sie auch Pest, Fieber, Epilepsie, Taub- und Lahmheit bewirken, Menschen wahnsinnig und allerlei Weise elend machen.

Diese Art der Zauberer und Hexen, welche mit dem Teufel sich sogar fleischlich vermischt, ist wegen ihrer Gottlosigkeit und Schädlichkeit mit dem Feuertode zu bestrafen. Und leider ist die Zahl solcher Hexen in jeder Landschaft sehr groß und es gibt kaum einen noch so kleinen Ort, wo man nicht eine Hexe der 3. und 4. Klasse fände.

„Aber wie selten findet sich ein Richter, der diese offenbaren Frevel gegen Gott und die Natur rächt!“

„Es sterben Menschen und Vieh durch die Niederträchtigkeit dieser Weiber und niemand denkt daran, dass es durch die Bosheit der Hexen geschieht. Viele leiden fortwährend die schwersten Krankheiten und wissen nicht, dass sie behext sind.“

Trithenius sucht dann klar zu machen, dass diejenigen der Bosheit der Hexen am meisten ausgesetzt sind, welche die Sakramente der Kirche verachten und in Todsünden dahinleben. Auch die, die Unzucht führen und die geweihten Heil- und Schutzmittel der Kirche verschmähen. Aber alle Diener der Gerechtigkeit, welche die Hexen aufsuchen und verfolgen, alle gläubigen Christen, welche sich der Sakramente und der Segnungen der Kirche bedienen und sich vor Todsünden hüten, sowie alle denen, die Gottes Barmherzigkeit durch die Engel besonders behüten lässt, genau denen können die Hexen nicht leicht etwas anhaben.

Trithenius warnt davor, dass man Frauen, die einigermaßen wegen Hexerei anrüchig wären, zu Hebammen bestelle. Denn diese Brächten nicht selten die Kinder um und opferten sie dem Teufel. Auch vermählten sie neugeborene Mädchen den Dämonen, machten die Gebärenden unfruchtbar und erfüllten das ganze Haus mit Teufelsspuk. Taufwasser mischten sie mit Urin und was sie mit dem Sakrament des Leibes Christi verübten, lasse sich gar nicht aussagen. Deshalb haben die Priester bei Austeilung der Kommunion sorgfältig darauf zu achten, dass verdächtige Weiber die empfangene Hostie nicht etwa wieder aus dem Munde herausnehmen, weil sie dieselbe sonst in der scheußlichsten Weise missbrauchen.

Trithenius schreibt: „Willst du, o Christ, vor Dämonen und Hexen sicher sein, so stehe fest im Glauben an Christus und halte dein Gewissen von Todsünden rein. Besuche an allen Sonntagen und Feiertagen die heilige Messe und lasse dich vom Priester mit Weihwasser besprengen. Nimm geweihtes Salz in deinen Mund und besprenge mit Weihwasser auch dein Haus, dein Bett sowie deinen Viehstall. Die geweihten Lichtmess Kerzen, die an Mariä Himmelfahrt geweihten Kräuter sowie die am Palmsonntage geweihten Zweige hängen über der Tür deines Hauses auf.

An den Freitagen und Sonnabenden der 4 Quatember Feste durchräuchere dein ganzes Haus mit Rauch von geweihten Kräutern und Palmen. Früh morgens, wenn du dich vom Lager erhebst bezeichne dich mit dem Zeichen des Kreuzes und ehe du issest oder trinkst oder aus dem Hause gehst bete ein Vater noster, ein Ave Maria und den Glauben. Dasselbe tue abends, wenn du zu Bette gehst. Denn wenn du so lebst, wird keine Hexe über dich Gewalt haben.“