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Klaus Hindemith

MÖRDERSPIEL IN SALZBURG

Kronlandt & Marx: Der zweite Fall
Gay Romantic Suspense

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Geld ist nicht so wie andre War,

Ist ein verflucht und zaubrisch Wesen.

Wer seine Hand ausreckt darnach,

Nimmt an der Seele Schaden und Schmach,

Davon er nimmer wird genesen.

Des Satans Fangnetz in der Welt

Hat keinen andern Nam als Geld.

 

Hugo von Hofmannsthal, Jedermann

KAPITEL 1

„Du bist dir sicher, dass deine Jedermann-Vertonung viel Geld einbringt“, stellte Marvin Kronlandt in leicht fragendem Ton fest.

„Leider nicht“, antwortete Manuel Marx. „Bisher hat sie nur Kosten verursacht. Ich muss überlegen, ob ich …“

„Nein. Das lässt du bleiben. Wenn du mit den Einbrüchen weitermachst, verlasse ich dich.“

Manuel Marx, der Ältere der beiden Freunde, nickte mehrmals stumm, dann sagte er: „Natürlich will ich dich nicht verlieren.“

„Das heißt?“, fragte Marvin Kronlandt mit einem Lächeln auf den blassen Lippen.

„Das heißt, dass ich mich natürlich nicht mehr am Eigentum anderer Leute vergreifen werde, dass ich …“

„Danke“, unterbrach ihn Marvin und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Wir werden das schaffen.“

„Es ist ein bisschen viel auf einmal.“

„Schritt für Schritt.“

„Das sagst du immer.“

„Und sind wir bisher schlecht damit gefahren?“

„Nein, im Gegenteil. Aber du musst bei mir bleiben.“

„Natürlich.“

„Wie kommst du voran?“

„Du meinst mit dem glasierten Kalbsbries?“

„Nein, das meine ich nicht. Das sehe ich ja“, zeigte sich Manuel, der mit seinem Freund am Küchenherd stand, störrisch.

„Es wird aber köstlich. Ich hol die Trüffel aus dem Kühlschrank.“

„Und den Wein. Bitte.“

„Welchen möchtest du?“

„Der Weinkenner bist du.“

„Ich empfehle den Neuburger. Er drängt sich nicht vor, will nicht mit den Speisen konkurrieren.“

„Und wie kommst du voran?“, wiederholte Manuel seine Frage von vorhin.

„Im Fall der Buhlschaft?“

„Nein, das meine ich auch nicht.“

„Ah, du denkst an den Wechsel zu einer anderen Zeitung.“

„Ich denke an deine Zukunft.“

„Klingt gut.“

„Wie wär’s mit einer Antwort auf meine Frage?“

„Nach dem Essen.“

„Oh je.“

Die beiden Männer genossen die Speisen und den Wein in der Küche von Manuels Wohnung, dann begaben sie sich auf die Dachterrasse mit dem Blick auf die Festung Hohensalzburg.

Es war noch hell an diesem Samstag Anfang Juli, aber etwas kühl.

Marvin Kronlandt, der dunkelhaarige 29-jährige Journalist, wandte sich an seinen blonden Freund: „Wir müssen Geduld haben. Das Leben lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen verändern. Es kann Komplikationen geben. Wir kennen das Ziel.“

„So, kennen wir das?“

„Mein Ziel hat bisher gelautet, das Volksblatt zu verlassen, bei einer anderen Zeitung anzufangen.“

„Aber hier in Salzburg. Das hast du mir versprochen.“

„Oder in München. Das wäre nicht aus der Welt.“

„Oh doch. Zwei Stunden Fahrzeit. In einer Richtung.“

„Es wird ohnehin nicht dazu kommen“, erklärte Marvin in so ernstem Ton, dass Manuel erschrocken von seinem Weinglas aufblickte. „Vater zieht sich von der Zeitung zurück. Ich soll übernehmen.“

„Das klingt ja ganz und gar nicht schlecht.“

„Ist es aber. Er wird sterben, wenn er kein neues Herz bekommt. Und das will er sich teuer erkaufen. In einer Privatklinik und …“

„Sein gutes Recht.“

„Es geht an die Substanz der Zeitung. Einsparungen … die ich vornehmen soll.“

„Also lehnst du ab.“

„Ich weiß noch nicht. Und du?“

„Ich hab alles in dieses Projekt investiert. Wenn die CD nicht gekauft wird, bin ich auch die Wohnung los.“

„Sie wird ein Erfolg.“

„Ich weiß nicht.“

„Wir werden sehen.“

„Zur Not habe ich noch die Badehütte am Irrsee.“

„Ah ja.“

„Und was den Fall der Buhlschaft betrifft …“

„Den besprechen wir im Schlafzimmer, so lange wir es noch haben.“

 

„Ist dir schon aufgefallen, dass Hofmannsthal den Figuren keine Namen gibt?“, fragte Marvin und knöpfte Manuel, der auf dem Rand des Grand Lit Bettes saß, das Hemd vom Hals her auf.

„Natürlich. Ich hab mich ja intensiv mit dem Jedermann beschäftigt.“

„Ist Jedermann schwul?“, fragte Marvin und streichelte Manuels linke Brustwarze mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand.

„Wie kommst du darauf?“

„Ich habe gehört, Hofmannsthal war es.“

„Das vermute auch ich. Immerhin war er mit Stefan George befreundet.“

„Die beiden zerstritten sich.“

„Sie waren wie wir …“

„Du hast Angst, dass unsere Beziehung im Streit endet?“

„Zwischen ihnen bestand wie bei uns ein Altersunterschied von …“

„Ja, da hätten wir schon den Streit. Du machst mich auf mein fortgeschrittenes Alter aufmerksam.“

„Ich bin 29, du 34. Wir befinden uns beide in der Blüte unseres Lebens.“

„Das hast du schön gesagt.“

„Zurück zum Jedermann.“

„Hofmannsthal wollte Goethes Faust imitieren. Der wird ja auch am Ende erlöst“, erklärte Manuel, während er sich den Knöpfen an Marvins Hose zuwandte. „Du magst keine Reißverschlüsse?“, fragte er.

„Die schaff ich mir in höherem Alter an. Wenn’s schnell gehen muss. Mein Vater …“

„Ich denke, sein Leben hat Vorrang. Es ist wichtiger als die Zeitung, als … Er hat sie ja selbst geschaffen.“

„So einfach sehe ich es nicht. Bei Vater geht es nur um ihn, bei der Zeitung um das Schicksal vieler Mitarbeiter. Aber …“

„Zurück zum Jedermann. Hofmannsthals Vorlage war eine der mittelalterlichen Moralitäten. Religiös erbauliche Stücke, in denen abstrakte Begriffe wie Glaube, Liebe, Hass als Personen auf die Bühne treten.“

„Die personifizierte Liebe“ flüsterte Marvin, der Manuels Reißverschluss öffnete.

„Und der Jedermann, der für jeden Mann steht und die Buhlschaft …“

„… die in deiner Vertonung hoffentlich ein Mann ist.“

„Nein. Aber ein interessanter Gedanke.“

„Nicht wahr?“

„Darf ich dein Buhle sein?“

„Sie verlässt Jedermann im entscheidenden Moment.“

„Ich gelobe, das nicht zu tun. Außer du setzt deine Einbrüche fort.“

Um Christi Willen, was ficht dich an,

Mein Buhle traut, mein lieber Mann,

Ich bin bei dir, sieh doch auf mich,

Dein bin ich heut und ewiglich“, zitierte Manuel Hofmannsthals Text, während sich Marvin Kronlandt an ihn schmiegte und die Augen schloss.

„Also, von einer Buhlschaft erwarte ich mir mehr als das“, beklagte sich Manuel. „Fehlt nicht mehr viel und du schläfst ein.“

„Keine Angst. Du legst dich hin und harrst der Dinge, die dein Buhle für dich bereithält.“

„Also, irgendwie ist mir das …“

„Pst. Soll ich für dich tanzen? Zu deiner Musik?“

„Von der CD gibt es erst eine Probepressung.“

„Und die befindet sich wo?“

„Auf dem Klavier.“

Marvin verschwand für einen kurzen Moment aus dem Schlafzimmer, wobei er sich übermütig in den Hüften wiegte. Kurze Zeit danach erklang die Ouvertüre zu der Vertonung des Jedermann durch die offene Tür, die Marvin auch nicht schloss, als er zu tanzen begann.

Zu Manuels Erleichterung verzichtete er auf weibliche Gesten und Bewegungen. Schließlich hatte er sich vor wenigen Monaten erst für Männer – was hieß Männer – für den einen Mann seines Lebens entschieden und bewunderte die athletische Gestalt seines Freundes, dessen kohlrabenschwarzes Schamhaar, aus dem ein beschnittener Penis ragte.

Ja, ragte. Marvin war erregt und steckte Manuel damit an.

„Seltsam“, scherzte er. „Was Männern nur an Frauen gefällt? Die süßen Parfüms, die Dessous? Alles ziemlich lächerlich.“

„Es geht um das andere, das Fremde“, stellte Marvin fest. „Wenn wir beisammen sind, bin ich zu Hause, ist mir alles vertraut, nichts fremd.“

Dabei streckte er im Takt zur Musik die Hände in die Höhe und sprang mit dem letzten Trommelschlag der Ouvertüre auf das breite Bett, kniete nieder und begann mit der Zungenspitze Manuels Bauch zu liebkosen, der nach dessen Honigseife roch und leicht süß schmeckte.

„So gefiele der Jedermann auch Frederick Ferner“, bemerkte er.

„Wie? Was?“, zeigte sich Marvin erstaunt.

„Du kennst doch …“

„Natürlich. Aber warum fällt er dir jetzt ein?“

„Er ist schwul.“

„Ich weiß.“

„Und er spricht die Rolle Gottes auf der CD.“

„Wie auch auf dem Domplatz.“

„Ja. Und jetzt vergessen wir ihn.“

„Gott?“

„Ferner und Gott. Oh“, rief Manuel, als Marvin sein Glied in den Mund nahm und mit Zunge und Lippen daran spielte, minutenlang.

Stundenlang, wie es Manuel schien, der sich schließlich dem Freund entzog, um das Spiel nicht zu früh enden zu lassen.

„Jedermann, jedermann“, flüsterte ihm nun Marvin ins Ohr. „Ich möchte dich in mir.“

„Aber …“

„Kein Aber.“

„Ich will das nicht, weil es nicht gegenseitig ist. Ich bin noch nicht so weit.“

„Das geht in Ordnung. Ich fick dich nicht.“

„Achte auf deine Sprache, Buhle!“, mahnte Manuel.

„Leg los!“, forderte Marvin den Freund auf und legte sich neben ihn.

„Warte einen Augenblick, ich …“

„Ein Kondom ist nicht mehr nötig. Du kennst die Bestätigung meines Arztes.“

„Ja, die kenne ich. Und auch ich war beim Spanring.“

„Spanring?“

„Mein Hausarzt. Er hat mich als frei von jeder Seuche und Krankheit erklärt. Schriftlich.“

„Ich muss das nicht sehen.“

„Mir ist es aber wichtig.“

„Gut. Und danke.“

„Das ist ja selbstverständlich.“

„Und jetzt bleiben wir einander treu.“

„Das ist ja …“

„Ich weiß. Natürlich.“

Nachdem Marvin Manuels Arztbrief studiert und mehrmals genickt hatte, forderte er den Freund auf, endlich … endlich weiterzumachen.

Manuel kniete vor seinem schönen Freund und schob sich zwischen die Beine des auf dem Rücken Liegenden, begann dessen empfindliche Haut unter den Hoden zu streicheln, strich über den Eingang zu Marvins Körper, umkreiste diesen mit seinen Fingerspitzen, bis Marvin laut aufstöhnte.

„Komm endlich!“, bat Marvin den Freund und genoss das kühle Gleitgel, das zart nach Zitronen und Limetten roch, an empfindlicher Stelle. „Das ist neu“, sagte er noch.

„Für dich gefunden. Es passt zu deinem Geruch.“

Nun bestrich Manuel auch sich mit der Flüssigkeit und schob sich zwei, drei Millimeter in den Freund, dessen graue Augen sich weiteten, dessen Mund sich leicht öffnete. Manuel beobachtete Marvins Gesicht, seine veränderte Atmung, dann küsste er ihn und zog sich zurück.

„Ich arbeite daran, dass auch du mich eines Tages nehmen kannst“, erklärte er dem Freund.

„Das ist nicht so wichtig“, erwiderte dieser. „Das kann warten.“

„Nicht zu lange. Du bekommst mich spätestens in der Hochzeitsnacht. Wenn du willst.“

„Das heißt, wir müssen uns beeilen …“

„Mit der Verpartnerung.“

„Heißt das, dass du jetzt nicht weitermachst, bevor ich …“

„Nein. So gemein bin ich nicht.“

„Also?“

„Wann?“

„Nach dem 26. Juli. Dem Tag, an dem meine CD vorgestellt wird.“

„Ein Freitag.“

„Am Montag danach.“

„Ja. Ich werde ein Gleitmittel mit Honigduft besorgen.“

„Wenn es das gibt.“

„Ich kenne einen schwulen Imker.“

„Danke“, sagte Manuel Marx, küsste Marvin auf den Mund und glitt tief in dessen Körper.

 

„Du tust mir gut. So wohl gefühlt habe ich mich lange nicht mehr“, schwärmte Marvin bei Wein und lactosefreiem Käse in der Küche von Manuels Wohnung, die sie nun teilten.

Lactosefrei, weil Manuel gegen Milch allergisch war.

„Ich bin glücklich“ schloss sich Manuel seinem Freund an. „Absolut glücklich. Und der Cheddar harmoniert perfekt mit dem Wein.“

„Von einem Genuss zum nächsten.“

„Bist du bereit, über die Buhlschaft zu reden?“

„Unser neuer Fall.“

„Vater hat mich gebeten, der Sache nachzugehen. Wir berichten noch nicht darüber.“

„Eine Morddrohung also gegen Angelina Samson, das reiche, schöne, dumme Mädchen.“

„Sie ist so dumm nicht. Ein raffiniertes, verwöhntes Geschöpf.“

„Was ist dran an der Sache?“

„Es handelt sich vermutlich um keinen Publicity-Gag, sonst hätte sie den Brief an die Medien weitergegeben.“

„Aber das Volksblatt weiß davon.“

„Papa. Er kennt den Vater Angelinas.“

„Eine eingeschworene Sippschaft, die Reichen in Salzburg.“

„Wir gehören dazu.“

„Hoffentlich noch lange.“

„Das wird schon werden. Und Papa meint, wir hätten den Fall um den Pfähler so grandios geklärt[1], also sollten wir uns der Buhlschaft annehmen.“

„Er hofft, dich mit ihr auf den so genannten richtigen Weg zurückzubringen.“

„Auf dem ich mich nie befunden habe“, konterte Marvin lächelnd.

„Hat sie keinen Freund?“

„Sie ist sehr umtriebig.“

„Oh.“

„Jedenfalls enthält der Brief eine massive Drohung. Ich kann dir ein Bild davon zeigen.“

Marvin schob sein Smartphone über die Tischplatte und Manuel betrachtete eingehend das Foto, das ein offenbar mit Schreibmaschine beschriebenes Blatt Papier zeigte.

„Nicht auf der Höhe der Technik“, bemerkte er.

„Schaut nur so aus. Eine Computerschrift, die Schreibmaschine vortäuschen soll.“

„Ah.“

„Ja. Ohne Fingerabdrücke, außer denen der Mutter und der Tochter. Sie drohen ihr mit Säure.“

„Gegen ihre hübsche, nichtssagende Larve.“

„Du magst sie auch nicht?“

„Ein Zitat aus dem Brief.“

„Entschuldige. Ich bin noch etwas abgehoben, nach unserem … unserem Beisammensein.“

„Alles klar.“

„Was schlägst du vor?“

„Gemeinsames Gespräch mit Angelina Samson. Termin morgen Vormittag in der Villa am Fuschlsee. Nachmittag hat sie Probe für den Jedermann.“

„Da hätte sie doch etwas früher nach Salzburg kommen können und wir hätten uns die Fahrt zum See erspart.“

„Es ist schön morgen, wir können schwimmen gehen. Und ich wollte die Damen in ihrem Haus kennenlernen.“

„Haben sie das nicht gemietet?“

„Gotthard Samson besitzt eine Villa am Fuschlsee.“

„Das ist doch …“

„Der uralte, widerwärtige, absolut …“

„Gotthard Samson. Inhaber des Chemiekonzerns gleichen Namens in der Schweiz.“

„Schweiz und Gotthard.“

„Chemiekonzern und Säureattentat.“

„Die Drohung könnte sich eigentlich gegen den Vater richten.“

„Das könnte für uns eine Nummer zu groß werden“, wandte Manuel ein.

„Wir werden mit Helge Amelung zusammenarbeiten. Inoffiziell.“

„Chefinspektor Helge Amelung. Nun Leiter der Mordkommission“, ließ sich Manuel die Worte auf der Zunge zergehen.

„Hast du etwas dagegen?“

„Ich werde euch im Auge behalten. Und jetzt?“

„Jetzt gehen wir in dein Musikzimmer und du spielst mir die Stelle aus deiner Vertonung vor, an der die Buhlschaft Jedermann küsst.“

Manuel Marx öffnete den Flügel, ließ seine Finger improvisierend über die Tasten gleiten, räusperte sich und sang:

Das sind die lieben Arme dein,

In diese sehn ich mich hinein.

„Das wird ein Erfolg. Ein großer Erfolg“, zeigte sich Marvin begeistert und massierte die Schultern und den Rücken seines Freundes, während dieser weiterspielte.

 

Schon um halb sieben am Morgen verließen Manuel und Marvin die Tiefgarage des Apartmentgebäudes an der Salzach in Manuels weißem Volvo S60 Cross Country. Sie wollten an diesem makellosen Sommertag in Schloss Fuschl frühstücken und den See erkunden, den sie schon lange nicht mehr besucht hatten.

Umso mehr freute es Manuel, vom Parkplatz des Schlosshotels auf die glitzernde Wasserfläche zu schauen, auf der sich der blaue Himmel spiegelte.

Für die Terrasse war es so früh am Morgen noch zu frisch, also nahmen sie im Frühstücksraum Platz, dessen große Fenster ebenfalls einen ungehinderten Blick auf den See boten.

Es roch nach frischem Gebäck, nach Kaffee und Gebratenem, nach dem Manuel verlangte, während Marvin sich mit allerlei Früchten und Schlagsahne begnügte.

Manuel genoss seine Würstchen, die lockere Eierspeise mit den krossen Speckstreifen und dem Hauch an gehobelten weißen Trüffeln, die das kulinarische Meisterstück krönten.

Manuel dachte einen Moment daran, seine Karriere als Meisterdieb wieder aufzunehmen, um die Fortsetzung seines Luxuslebens zu gewährleisten, dann schaute er dem Freund in die grauen Augen und schüttelte leicht den Kopf.

Einen Teufel würde er. Er wollte Marvin nicht verlieren. Auf alles andere konnte er verzichten.

 

Pünktlich um zehn standen sie vor der im Stil der Renaissance erbauten Villa der Samsons.

Die Tür zum Haus, das sie durch einen gepflegten, blühenden Garten erreichten, stand offen, von innen drangen aufgeregte weibliche Stimmen ins Freie.

Manuel suchte nach einem Klingelzug, fand dann jedoch eine optisch wenig überzeugende Gegensprechanlage und drückte deren Knopf, worauf ein verlegen lächelnder Mann im dunklen Anzug auf das offene Tor zueilte.

„Die Damen sind etwas aufgeregt“, entschuldigte er sich. „Herzlich willkommen am Fuschlsee. Ich bin Albert, der Mann für alles und werde mich um Ihr Wohlergehen kümmern.“

Manuel und Marvin stellten sich dem Mann ebenfalls vor und folgten ihm in das mit spiegelndem weißem Marmor ausgelegte Vestibül.

Wo das Geld zu Hause ist, überlegte Manuel, als ihn der kreischende Schrei einer Frau, der sich nach Wildkatze anhörte, aus seinen Gedanken riss.

„Ich kann so nicht spielen. Ich werde keine ruhige Minute haben in dieser schrecklichen Stadt“, tönte ihnen die aufgeregte Stimme einer Frau entgegen.

„Du beruhigst dich jetzt. Und zwar sofort. Ich mag keine hysterischen Weiber“, entgegnete eine ruhigere, etwas tiefere, ebenfalls weibliche Stimme. „Deswegen erwarten wir ja die Herren.“

„Man will meine Schönheit, man will mich zerstören.“

„Jaja. Und am Sonntag geht die Welt unter.“