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Dieses Buch ist allen Mahnern, Ökonomen, Soziologen, Philosophen und einsamen Rufern gewidmet, denen das Wohlergehen unserer Gesellschaft am Herzen liegt. Jeder kritische Geist ist einsam und gehört zu einer Minderheit. Die Minderheit von heute kann jedoch die Mehrheit von morgen sein. Dieses Buch ist auch ein Appell an die Anhänger der Neoliberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung sowie an die Anhänger der Globalisierung, dass sie die Zerbrechlichen in unserer Gesellschaft nicht aus den Augen verlieren.

Dieses Buch ist auch meiner Frau Marlene gewidmet für ihre kritischen und klugen Ratschläge, die mich mein Leben begleitet haben und die stets eine gute Ratgeberin war.

Bonn, im März 2018

Michael Ghanem

2005-2018

Deutschlands verlorene 13 Jahre

Teil 4

Deutsche Wirtschaft - Quo vadis?

© 2018 Michael Ghanem

2. überarbeitete Auflage März 2018

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN

978-3-7469-1835-8 (Paperback)

978-3-7469-1836-5 (Hardcover)

978-3-7469-1837-2 (e-Book)

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Über den Autor: Michael Ghanem

Jahrgang 1949, Studium zum Wirtschaftsingenieur, Studium der Volkswirtschaft, Soziologie, Politikwissenschaft, Philosophie und Ethik, arbeitete jahrelang bei einer internationalen Organisation, davon 5 Jahre weltweit in Wasserprojekten, sowie einer europäischen Organisation und in mehreren internationalen Beratungsunternehmen.

Autor von mehreren Werken, u.a.

“Abenteuer Deutschland – Bekenntnisse zu diesem Land”

“Ich denke oft…. an die Rue du Docteur Gustave Rioblanc – Versunkene Insel der Toleranz” ”

„Deutsche Identität: Quo vadis?

„Danke Gertrud – oder das Schicksal einer stolzen vertriebenen Oberschlesischen Bauerntochter“

„2005-2017 Deutschlands Verlorene 13 Jahre oder Angela Merkel, Die falsche Frau an der falschen Stelle zum falschen Zeitpunkt“

„2005-2017 Deutschlands Verlorene 13 Jahre Teil 2 oder Sie schlafen den Schlaf der Gerechten“

„Ansätze zu einer Antifragilitäts-Ökonomie“

und verschiedene Beiträge in Fachzeitschriften

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Bonn, im März 2018

Inhaltsverzeichnis

1 Vorwort

2 Grundwissen über die Wirtschaft

2.1 Vorbemerkung

2.2 Neoliberalismus versus Postkeynesianismus

2.2.1 Vorbemerkung

2.2.2 Wer ist Milton Friedman und welchen Einfluss hatte er?

2.2.3 Wer waren die „Chicago Boys“?

2.2.4 Einflussnahme der „Chicago Boys“ in Lateinamerika und weltweit

2.2.5 Zur Bewertung von Milton Friedman und den „Chicago Boys“

2.2.6 Wer war Keynes und welchen Einfluss hatte er?

2.2.7 Die Entwicklung in den 1970er Jahren

2.2.8 Mittlerweile ist eine Mischform hoch im Kurs

2.2.9 Vermögensverteilung (Fuest versus Piketty)

2.2.10 Postkapitalismus - was nun?

2.2.11 Fazit

3 Die Globalisierung

3.1 Vorbemerkung

3.2 Globaler Kapitalismus – was nun?

3.3 Chancen und Gefahren der Globalisierung

3.3.1 Die Chancen der Globalisierung

3.3.2 Die Gefahren der Globalisierung

3.3.3 Notwendige Anforderungen an die Bekenner der Globalisierung

3.4 Die Globalisierungsfalle

3.5 Der Niedergang des Westens

3.6 Fazit

3.7 Ausblick

4 Reich und Arm

4.1 Vorbemerkung

4.2 Ungleichheit als Entscheidungsgrundlage?

4.3 Kapital versus Humankapital

4.4 Welche Art des Kapitalismus haben wir: Einen Schein-Kapitalismus?

4.5 Gibt es Chancengleichheit unter nationalen Vorzeichen?

4.6 Die Rolle des Steuersystems in der Bereicherung von Eliten

4.7 Die Farce des Freihandels

4.8 Wie geistiges Eigentum die Ungleichheit verschärft

4.9 Die Ungleichheit verhindert die Entwicklung von Ländern

4.10 Benachteiligungen durch den neoliberalistischen Ansatz

5 Zustand der deutschen Wirtschaft im Februar 2018

5.1 Die Automobilindustrie

5.2 Die Bauwirtschaft

5.3 Die Pharmaindustrie

5.4 Die Gesundheitsindustrie

5.5 Der Werkzeug- und Maschinenbau/ Anlagenbau und Engineering

5.6 Die Energiewirtschaft

5.7 Die Kreditwirtschaft

5.8 Die Versicherungswirtschaft

5.9 Die Logistik

5.10 Die Kultur

5.11 Der Pflegebereich

5.11.1 Vorbemerkung

5.11.2 Zahlen und Fakten

5.11.3 Mangel an Fachkräften und die Gründe dafür

5.11.4 Schlussfolgerungen

5.12 Zusammenfassung und Schlussbemerkung

6 Innovation in der deutschen Wirtschaft

7 Informationsgesellschaft, Digitale Revolution und Technische Revolutionen

8 Preis der Ungleichheit und Vernichtung der Mittelschicht

9 Die Lüge der Pensionssicherheit

9.1 Vorbemerkung

9.2 Anzahl der Beamten

9.3 Die demografische Entwicklung und gesundheitliche Gesichtspunkte

9.4 Beispiele für reales und formales Einkommen der Beamten

9.5 Pensionslasten und Schuldentilgung

9.6 Vorsorge nach Kassenlage

9.7 Ansatz zur Lösung

10 Deutsche Staatsverschuldung - Quo vadis?

11 Die Staatsverschuldung und ihre Konsequenzen

11.1 Vorbemerkung

11.2 Missbrauch des Begriffes

11.3 Neoliberale Philosophie gegen den Staat

11.4 Die Bewertungsproblematik der deutschen Staatsverschuldung

11.5 Die Fehler der Vergangenheit

11.6 Haben wir daraus gelernt?

12 Internationales Steuerdumping

12.1 Vorbemerkung

12.2 Steuerdumping und seine Folgen

12.3 Steuerdumping in Europa

12.4 Steuerdumping in den USA

12.5 Steuerdumping in der Welt

12.6 Konsequenzen des Steuerdumpings

12.7 Mögliche Lösungsansätze

13 Die Euro-Lüge

14 Europa Quo vadis?

14.1 Vorbemerkung

14.2 Netto Vermögen in Europa

14.3 Sind die Deutschen Europa-fähig?

14.4 Europa als Absatzmarkt

14.5 Nicht geschlossene formale Friedensverträge

14.6 Entwicklungen in Europa

14.6.1 Die Teilung Europas in zwei Einflusszonen

14.6.2 Die Staatsverschuldung und das Verhalten Deutschlands

14.6.3 Der Brexit und seine Folgen

14.7 Fazit

15 Die Inflationslüge

15.1 „Die Hyperinflation der 1920-er Jahre hat den Untergang der Weimarer Republik verursacht und Adolf Hitler an die Macht gebracht“

15.2 „Die Preiste steigen immer schneller und gefährden den Wohlstand“

15.3 „Die Welt ertrinkt im Geld“

16 Dreizehn Jahre verloren?

17 Die dritte industrielle Revolution und ihre Konsequenzen

17.1 Vorbemerkung

17.2 Konsequenzen der technischen Revolutionen

17.3 Betroffene Wirtschaftszweige

17.3.1 Automobilindustrie und Verkehr

17.3.2 Werkzeug- und Maschinenbau

17.3.3 Chemie- und Pharmaindustrie

17.3.4 Schiffbau

17.3.5 Gesundheitswesen

17.3.6 Kreditwirtschaft

17.3.7 Versicherungswirtschaft

17.3.8 Betreuung von Alten

17.3.9 Bildung und Forschung

17.3.10 Innere Sicherheit

17.3.11 Justiz

17.3.12 Äußere Sicherheit

17.3.13 Handwerk

17.3.14 Tourismus

17.3.15 Kultur

17.3.16 Umweltschutz

17.3.17 Informationstechnologie und Kommunikationsindustrie

17.3.18 Aufhebung der Netzneutralität und die Konsequenzen

17.3.19 Regierung und Öffentliche Verwaltung

17.3.20 Landwirtschaft

17.3.21 Ernährungswirtschaft

17.3.22 Fazit

18.Der Fachkräftemangel: Überlebensfrage für Deutschland und Europa

18.1 Vorbemerkung

18.2 Der Fachkräftemangel in Deutschland

18.2.1 Die gescheiterte Bevölkerungspolitik

18.2.2 Eine nicht vorhandene Einwanderungspolitik

18.2.3 Eine aus dem letzten Jahrhundert beibehaltene starre Lebensarbeitszeit

18.2.4 Die ausgesprochen familienfeindliche Behandlung von Familien und Kindern durch Wirtschaft und Politik

18.2.5 Die mangelnde Gestaltung zukünftiger Ausbildungsberufe

18.2.6 Die nicht vorhandene Organisationsentwicklung vieler Unternehmen und Konzerne

18.3 Betroffene Wirtschaftszweige

18.3.1 Der Pflegebereich

18.3.2 Gesundheitswesen

18.3.3 Polizei des Bundes und der Länder

18.3.4 Justiz

18.3.5 Äußere Sicherheit

18.3.6 Öffentliche Verwaltung

18.3.7 Mittlere und kleine Unternehmen

18.3.8 Ausbildung

18.4 Gründe für den Fachkräftemangel

18.4.1 Mangelhafte Erziehung

18.4.2 Versagen der Schulen

18.4.3 Die Über-Akademisierung

18.5 Katastrophale Konsequenzen

18.6 Mögliche Lösungsansätze

19 Die Schmalspur-Ökonomie

20 Das Versagen des deutschen Sparmodels in Europa

21 Versagen der Politik gegenüber multinationalen Konzernen

22 Mögliche Risiken (Stand Februar2018)

22.1 Vorbemerkung

22.2 Politische Instabilität

22.3 Nicht durchgeführte Politik

22.4 Falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik

22.5 Europa und Geopolitische Entwicklungen

22.6 Nationalistische Entwicklungen

22.7 Migration und Afrikapolitik

23 Spaltung der Welt und Aufstieg des globalen Kapitalismus

24 Ansätze zu einer Antifragilitäts-Ökonomie

24.1 Vorbemerkung

24.2 Die Notwendigkeit einer Antifragilitätsökonomie

24.3 Was ist eine Antifragilitätsökonomie?

24.3.1 Menschlichkeit

24.3.2 Verantwortung

24.3.3 Nachhaltigkeit

24.3.4 Krisenfestigkeit

24.3.5 Nachfrage-orientierte soziale Marktwirtschaft

24.3.6 Fairness

24.3.7 Wirtschaftlichkeit

24.4 Ziele einer Antifragilitätsökonomie

24.5 Antifragilitätsökonomie in Bezug auf den Arbeitsmarkt

24.6 Antifragilitätsökonomie in Bezug auf den Wettbewerb

24.7 Antifragilitätsökonomie in Bezug auf den Rohstoffeinsatz

24.8 Antifragilitätsökonomie in Bezug auf den Außenhandel

24.9 Antifragilitäts-Ökonomie in Bezug auf Europa

24.10 Antifragilitätsökonomie in Bezug auf die Entwicklungshilfe

24.11 Antifragilitätsökonomie in Bezug auf den Umweltschutz

24.12 Antifragilitätsökonomie in Bezug auf die Finanzpolitik

25 Die Forschung im Dienste der Wirtschaft

25.1 Vorbemerkung

25.2 Direkte Aufträge

25.3 Mischfinanzierung der Forschung

25.4 Schuldfrage Politik?

25.5 Wirtschaftgelder für die Bildung?

25.6 Subtile und Indirekte Einflussnahmen

26 Bestechung in der Wissenschaft und in der Forschung

26.1 Vorbemerkung

26.2 Wann fängt Bestechung in der Wissenschaft an?

26.3 Wann fängt Bestechung in der Forschung an?

26.4 Welche Art der Bestechung gibt es?

26.5 Die Konsequenzen

27 Die Öffentliche Hand: größter Arbeitgeber auf Zeit

27.1 Vorbemerkung

27.2 Zeitarbeit für Flexibilität?

27.3 Zeitverträge als Heilmittel?

27.4 Öffentliche Arbeitgeber als größte Arbeitgeber auf Zeit

27.5 Informationsgesellschaft und Zeitverträge

27.6 Die Konsequenzen

28 Strategische Fehler der deutschen Wirtschaft in den letzten 13 Jahren

28.1 Vorbemerkung

28.2 Zehn Strategische Fehler der Deutschen Wirtschaft

28.3 Die Konsequenzen

29 Fazit

30 Ausblick

31 Epilog

32 Literaturverzeichnis

32.1 Allgemeine Wirtschaftsliteratur

32.2 Technische Revolutionen

32.3 Mangel an Fachkräften

32.4 Gesundheit und Pflege

32.5 Steuer Dumping

32.6 Forschung und Wirtschaft –Forschung und Korruption

32.7 Risiko

32.8 Bildung

1 Vorwort

In den letzten 13 Jahren stellt man eine ausgeprägte Entwicklung hin zu einem wirtschaftspolitischen neoliberalen System fest. Angela Merkel wollte und will eine sog. „marktkonforme Demokratie“. Allein dieser Begriff stellt das Primat der Wirtschaft dar. Dabei werden die sozialen und ethischen Gesichtspunkte vernachlässigt. In diesem Zusammenhang wurden insbesondere die Globalisierung und die freien Marktzugänge weltweit als Dogmen gepredigt, die zur Bekämpfung von Armut, sozialem Elend und Diktaturen, ohne jedoch den Preis der Globalisierung für die sozial Schwächeren zu nennen. Die Chimäre der Wohltaten der Globalisierung führte mehr denn je zu einer Spaltung von Arm und Reich nicht nur weltweit, aber auch in Deutschland. Allein innerhalb der letzten 13 Jahre stieg die Anzahl der Armen auf 14 Mio. Menschen, die Zahl der überschuldeten Bürger beträgt trotz angeblichen Wirtschaftsbooms immer noch ca. 7Mio. (nicht weil sie zu viel ausgeben sondern weil das Einkommen zu niedrig ist). 3 Mio. Bürger benötigen drei Jobs parallel, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Offiziell gelten 7,5 Mio. Deutsche (ohne Ausländer) als strukturelle Analphabeten, davon können 300.000 ihren Namen nicht schreiben. Offiziell gibt es 350.000 Obdachlose (die tatsächliche Zahl beträgt ein Mehrfaches davon), davon sind 30.000 Straßenkinder, von denen ein größter Teil wegen sexueller Belästigung von zuhause weggelaufen ist. 2 Mio. Kinder gehen ohne Frühstück zu Schule. Bei der Altersversorgung werden Versprechen auch gegenüber den Beamten abgegeben, die einer nachhaltigen Prüfung nicht standhalten.

Demgegenüber ist die Anzahl der Millionäre in den letzten 13 Jahren um 2 Mio. auf 2,5 Mio. gestiegen. Die Zahl der Milliardäre von 50 auf 135.

Und vor allem hat sich in den letzten 13 Jahren bei den Reichen und den Unternehmen der Volkssport entwickelt „Steuern sparen um jeden Preis“. Die Möglichkeiten zur Steuerersparnis bzw. -vermeidung sind bei Unternehmensansiedlungen wichtiger geworden als die reine Wettbewerbsfähigkeit des Standorts.

Angesichts bevorstehender Industrierevolutionen (Digitalisierung und Gentechnologie) ist der normale Arbeitsmarkt in seiner Gesamtheit nicht mehr aufrecht zu erhalten. Hier verweist der Autor auf das Gutachten des Club of Rome. Wenn ein Teil der Arbeit nicht mehr durch den 8 Stundentag bestimmt wird, sondern eher projektbezogen ist, wird es notwendig, eine Absicherung des Lebensunterhalts der Bevölkerung zu erreichen. Daher sollten neue Ansätze vorgestellt, diskutiert und ggfs. implementiert werden. Eine dieser Möglichkeiten stellt die sog. Anti-Fragilitätsökonomie dar.

Nach Meinung des Autors haben wir alle (incl. dem Autor selbst) uns 13 Jahre lang ausgeruht und wichtige Zeit verschlafen. Es geht nicht darum, dass die politische Elite alle diese Probleme hätte lösen sollen, vielmehr hätte sie den politischen Diskurs in allen Punkten führen müssen, um diese langfristigen Projekte auf die Schiene zu bringen. Der Autor beabsichtigt mit diesem Buch nicht als Oberlehrer aufzutreten, sondern er versucht der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten, der uns alle betrifft. Auch wenn die Erkenntnisse sehr schmerzhalft sind. Der Autor hat sich in diesem Buch nicht auf Informationen bezogen, die er in seinen früheren Tätigkeiten gewonnen hat, sondern ausschließlich auf öffentlich zugängliche Informationen.

Der Autor ist fest davon überzeugt, dass diese Gesellschaft dazu in der Lage ist, sich aus der Lethargie und dem Wohlgefühl zu erheben und die nötige Energie aufbringen kann, um die verlorene Zeit aufzuholen. In Deutschland gibt es eine ausreichende Zahl von Mahnern, seien es Philosophen, Soziologen, Ethiker, Ökonomen mit Weltruf, um die die Welt uns beneidet. Man müsste nur auf sie hören. Sie sprechen leise und treten kaum im Fernsehen auf.

Sollte der Autor durch seine Ausführungen andere in ihrer persönlichen Ehre getroffen haben, so war dies mit Sicherheit nicht beabsichtigt. Der Autor bittet um Nachsicht.

2 Grundwissen über die Wirtschaft

2.1 Vorbemerkung

Geburtsstunde des Neoliberalismus war die Weltwirtschaftskrise 1932/33. Er wurde durch Maßnahmen von Keynes und durch den Keynesianismus zunächst in seine Schranken verwiesen, da bei der Weltwirtschaftskrise eine nachfragebezogene Krise im Vordergrund stand. Das heißt, dass große Teile der Bevölkerung nicht mehr in der Lage waren Güter zu erwerben, denn sie waren zum größten Teil arbeitslos, ihre Ersparnisse wurden durch eine gigantische Inflation aufgefressen und soziale Systeme existierten nur bedingt. Insoweit galt es durch eine Nachfrage des Staates die Arbeitslosigkeit zu vermindern, indem man öffentliche Projekte im Straßen- oder Wohnungsbau, im Bereich der Kriegsmaschinerie oder der Aufrüstung (Einstellungen bei der Armee und den Sicherheitskräften) oder im Aufbau von Gesundheitssystemen (Errichtung von Krankenhäusern) durchführte und mit Hilfe der Zentralbanken oder öffentliche Anleihen diese Projekte finanzierte. Dies war der erste Teil des Keynesianismus.

Der zweite Teil, den alle politischen Klassen vergessen haben, besagt, dass das gesteigerte Einkommen der Arbeiter und die vermehrte Gewinnsteigerung der Unternehmen automatisch mehr Steuereinnahmen zur Folge haben. Dadurch wäre der Staat in der Lage die aufgenommenen Schulden zurück zu zahlen. Dies wurde leider in Folge vergessen, denn alle politischen Parteien der freien Welt sahen sich berufen „Wohltaten“ zu vollbringen, die sie nicht besaßen. Dadurch haben sich die Schulden kaum verringert.

Dem gegenüber entstand eine andere Theorie, die sogenannte angebotsorientierte Theorie. Diese besagt, dass das Individuum stets logische Entscheidung trifft und nach dem Prinzip des Homo-Ökonomicus handelt. Der Neoliberalismus ist nichts anderes als ein neuer Liberalismus, der daraus besteht, dass Wohlfahrtsstaaten in all ihren Erscheinungsformen abgelehnt wird. Dazu kommt die Ablehnung einer Intervention des Staates in wirtschaftlichen Zusammenhängen und dass de facto der Markt den Preis zwischen Angebot und Nachfrage regelt. Die Anhänger der radikalsten Form des Neoliberalismus waren unter anderem Friedrich A. Hayek und in den 1970er Jahren Milton Friedman mit den sogenannten „Chicago-Boys“.

In den letzten 13 Jahren wurde in Deutschland nach dem Prinzip der neoliberalen Politik erhebliche Armut erzeugt, trotz einer sogenannten Vollbeschäftigung und trotz sogenannter sozialversicherungspflichtigen Stellen. Die politische Klasse in Deutschland und insbesondere die Kanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Schäuble sind die personifizierten Verfechter dieses Wirtschaftsansatzes. Dabei vergessen sie, dass sich über 3,5 Millionen Mehrfach-Beschäftigte (zwei bis drei Tätigkeiten am Tag) ohne staatliche finanzielle Unterstützung entwickelt haben. Problematisch ist diese Entwicklung dahingehend, dass dieser Teil der Bevölkerung zukünftig in der Altersarmut enden wird. Bedenkt man, dass zusätzlich dazu fast vier Millionen Beschäftigte ihr Einkommen über Hartz IV aufstocken, so muss man davon ausgehen, dass auch diese vier Millionen Menschen in der Altersarmut enden werden. Bedenkt man, dass zusätzlich sechs Millionen Deutsche im Niedriglohnsektor arbeiten, so muss man davon ausgehen, dass auch diese Mitbürger in der Altersarmut enden werden. Dies bedeutet, dass mindestens 15 Millionen Menschen in Deutschland in die Altersarmut entlassen werden. Wenn gleichzeitig die Politik sich für einen Wirtschaftsboom feiern lässt, so muss man sich fragen, wer die Gewinner der letzten 13 Jahre sind. Betrachtet man, dass sich die Anzahl der deutschen Milliardäre in den letzten 13 Jahren vervierfacht hat und die Zahl der Hartz IV Empfänger (das heißt Sozialhilfeempfänger) versechsfacht hat, muss man feststellen, dass die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich stark vorangeschritten ist.

Bedenkt man, dass in den letzten 13 Jahren eine staatlich verordnete Sparpolitik ohne Sinn und Verstand durchgeführt wurde, so muss man feststellen, dass die gesamte technische Infrastruktur des Landes sei es im Straßenwesen, im Bereich der Wasser- und Luftwege, im Gesundheitswesen, in der inneren und äußeren Sicherheit einen erheblichen Nachholbedarf an Investitionen hat.

Bedenkt man, dass parallel dazu Sparmaßnahmen bei Forschung und Lehre erfolgt sind, so muss man feststellen, dass die Anzahl deutscher Patente und sonstiger strategischer Forschungen seit dem Zweiten Weltkrieg auf ein Minimum zurückgefallen sind.

Bedenkt man, dass gleichzeitig von der Politik keine Ansätze für eine Bevölkerungspolitik vorgeschlagen wurden, muss man die Verschärfung der Konsequenzen einer alternden Gesellschaft hinnehmen. Auch hier hat die politische Klasse, insbesondere der Ära Merkel, eine negative Bilanz aufzuweisen.

Bedenkt man, dass der Banken- und Finanzsektor Deutschlands durch eine noch nicht ausgestandene Finanzkrise leidet, wurden in den letzten 13 Jahren keine wirksamen Mittel zur Verstärkung der Kapitalstrukturen dieser Institute vorgenommen.

Bedenkt man, dass in den letzten 13 Jahren keinerlei Vorbereitung der Gesellschaft auf die technische Revolutionen der Digitalisierung vorgenommen wurde, so muss man sich fragen wie zukünftige Regierungen in der Lage sein werden, die daraus entstehende massenhafte Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Bedenkt man, dass Merkel und ihre Regierung eine Mindestbesteuerung ausländischer und inländischer Weltkonzerne verhindert haben, so haben sie sich an entgangenen Steuermitteln mitschuldig gemacht. Diese Mittel wären wichtig, um notwendige Investitionen zur Vorbereitung einer postindustriellen Gesellschaft zu treffen.

Bedenkt man, dass hinsichtlich der Rentengestaltung in den letzten 13 Jahren moderne radikale Rentenreformen durchgeführt wurden, muss man feststellen, dass die Regierung Merkel Armut im Alter begünstigt hat.

Bedenkt man, dass der Auftritt Merkels in der EU in den letzten 13 Jahren das Gefühl einer deutschen Hegemonie in Europa hervorgerufen hat, darf man sich nicht wundern, dass sich eine erhebliche Anzahl europäischer Länder, die unter dem deutschen Exportüberschuss leiden, nach Alternativen sehnen. Damit verbunden ist ein Auseinanderbrechen der EU, damit ist Merkels Europapolitik gescheitert und vielmehr hat sie durch ihr Verhalten dazu beigetragen, dass nationalistische Anti-System Bewegungen in fast allen europäischen Ländern entstanden.

2.2 Neoliberalismus versus Postkeynesianismus

2.2.1 Vorbemerkung

Wie oben beschrieben, basiert der Neoliberalismus auf einer sogenannten neuen liberalen Sicht des Menschen, die eigentlich bereits in den Jahren 1932/33 entstand. Als neoliberales Leitbild der Gesellschaft nennt Christoph Butterwegge die Eindämmung des Staates, die Eingrenzung der Demokratie und die Diskreditierung der sozialen Gerechtigkeit. Als wesentliche Vertreter dieser Sicht gelten Friedrich A. Hayek und sein Mitstreiter Milton Friedman. Friedman wurde sogar deutlicher „Indem er die Organisation der marktwirtschaftlichen Aktivitäten der politischen Instanzen entzieht und eliminiert und den Markt als Quelle der Macht ansieht.“ (Butterwegge; Lösch; Ptak: 2008) Hayek bezeichnet die „Entkrönung der Politik“ als Kernanliegen des Neoliberalismus.

2.2.2 Wer ist Milton Friedman und welchen Einfluss hatte er?

Milton Friedman (1913 in New York-2006 in San Francisco) wurde 1913 in New York als Sohn jüdischer Einwanderer aus Österreich-Ungarn geboren. Sein Vater war Geschäftsmann, seine Mutter eine Näherin. Friedman war in seiner Generation von Akademikern und Intellektuellen ein Außenseiter, denn er vertrat den Kapitalismus sowie eine uneingeschränkte Identifikation mit der Geschichte der USA. Antikommunistisch, ließ er sich während des Zweiten Weltkriegs zu einem gemäßigten Keynesianismus verführen. Mit seinem Eintritt in die Chicagoer Schule unter dem Ökonomen Frank Night und seiner Laissez-faire Tradition wurde er zu einem der größten Verfechter des Kapitalismus. Kritik von der Linken und der amerikanischen Gesellschaft waren ihm zuwider, denn er sah sich zur der Rehabilitation des Kapitalismus berufen. Er selbst definierte sich als klassischer Liberaler. Mit dem Zusammentreffen mit der Mont-Pelerin-Society (MPS) in der Schweiz nahm er an einem internationalen Netzwerk liberaler Ökonomen und Intellektueller teil, die sich der Verteidigung des Prinzips der Freiheit verschrieben hatten. Freihandel und internationale Arbeitsteilung sind nach Friedmans Überzeugung Voraussetzungen für den Reichtum. Wirtschaftsnationalismus war ihm ein Gräuel. Er war einer der Hauptverfechter jeder Art von Protektionismus. Friedman dachte global und sorgte dafür, dass seine politischen Ideen und Ziele weltweit großen Anklang fanden. Er war Bewunderer der deutschen sozialen Marktwirtschaft aber gleichzeitig ein Verfechter von Wirtschafts-Honkong und den Tiger-Staaten. Sein Verhältnis zu dem Österreicher Friedrich A. Hayek, dem anderen großen Liberal-Ökonomen, war so eng wie nur möglich. Friedman bewunderte den Österreicher als liberal-sozialen Philosophen, hielt von seiner Geld- und Konjunkturtheorie jedoch nur wenig. Die beiden Männer vermieden jedoch den offenen Bruch. Zu erwähnen ist, dass Hayek mit seinem Vortrag anlässlich der Verleihung des Nobelpreises im Jahr 1974 eine Grundsatzkritik methodischer Positionen, denen Friedman sich verbunden fühlte, präsentierte. Die wirtschaftstheoretischen Ansätze trennten die beiden Männer, ihre liberalen Überzeugungen machten sie jedoch zu blühenden Vertretern der individuellen Freiheit. Der Name Friedmans ist sehr eng mit der „Chicago School“, die man zeitweise als Rom der Wirtschaftswissenschaften bezeichnet hat und die mehrere Wirtschaftsnobelpreisträger hervor brachte, verknüpft. Diese Beziehung entstand nach dem Zweiten Weltkrieg und wurde mit seinem Widerstand gegen den Keynesianismus verknüpft. Friedman lehrte in den 1950er Jahren vor allem die Preistheorie und in den 1960er Jahren die Geldtheorie. Mit seinem Buch „Monetary History of the United States“ erlangte Friedman weltweite Bekanntheit, sogar keynesianische Ökonomen wie James Tobin verfassten Vorworte seiner Werke. Dieses Buch wurde als eines der einflussreichsten ökonomischen Bücher des 20. Jahrhunderts bewertet. Friedman wurde 1969 13.Preisträger des Nobelpreises in den Wirtschaftswissenschaften. Als Begründung galten seine wissenschaftlichen Leistungen im Bereich der Konsumfunktion, Geldgeschichte, Geldtheorie sowie sein Beitrag zur Stabilitätspolitik. Milton Friedman war neben John Maynard Keynes einer der einflussreichsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts. Seine Anhänger waren Roland Reagan, Englands Premierministerin Margaret Thatcher, die deutsche Bundesbank, die Militärdiktatur in Chile, die Reformkommunisten Chinas sowie die „Chicago Boys“ unter Boris Jelzin in Russland.

2.2.3 Wer waren die „Chicago Boys“?

Ursprünglich waren die „Chicago Boys“ eine Gruppe chilenischer Wirtschaftswissenschaftler, die von 1956 bis 1970 an der Universität Chicago studierten und sich als „geistige Söhne“ von Friedrich August von Hayek (die Österreicher Schule) und Milton Friedman sahen. Mit dem Putsch von Augusto Pinochet in Chile wurden sie sehr einflussreich. Maxime dieser Ökonomen war es, die Privatisierung staatlicher Organisation voranzutreiben, um jegliches staatliches Eigentum zu deregulieren. Kritische Betrachter sahen die durchgeführten Reformen in Chile als ein wichtiges Experiment unter realen Bedingungen, um somit Aufschlüsse über wirtschaftsliberale (neoliberale) und monetaristische Ansätze zu erhalten und wesentliche Aussagen machen zu können. Der Einfluss der „Chicago Boys“ war enorm, da kurzfristige Erfolge sichtbar waren. Von 1956 bis 1964 durchliefen zunächst 26 chilenische Wirtschaftswissenschaftler die Ausbildung an der Universität von Chicago. Später stieg ihre Zahl auf 100 Personen an. Diese Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern wurde 1970 unter dem Begriff der „neuen Rechten“ zu einer politischen Kraft.

Sie waren eine wesentliche Kraft, um gegen Salvador Allende zu wirken. Nach nicht offiziell bestätigten Informationen betrieben die „Chicago Boys“ die Vorbereitungen zum Putsch durch Augusto Pinochet. Fest steht, dass zwischen 1975 und 1985 radikale Reformen in Chile durchgeführt wurden, die eine erhebliche Spaltung der Gesellschaft zur Folge hatten. Dem Ansatz Friedmans, dass die gigantische Inflation eine Schock-Behandlung erfordere, wurde zwar gefolgt, ihr Erfolg blieb jedoch aus. Nach Ansicht von Friedman waren die Rezession von 1975, die immerhin zu einer Schrumpfung des BIP (Reichtum, das ein Land in einem Jahr produziert) um 13% führte sowie die unvermeidlichen Folgen der monetären Schock-Behandlung zur Absenkung des Wachstums der Geldmenge jedoch von einem gewissen Erfolg gekrönt. Während die Inflation in Chile 1973 (das heißt zum Zeitpunkt des Putsches durch Pinochet) bei 5,18% lag, lag sie bei 1981 sogar bei 9,5%. Die „Chicago Boys“ standen während ihrer Tätigkeiten für Pinochet in engem Austausch mit Angehörigen der Chicagoer Schule. So statteten sie Friedman, Hayek und Arnold Hartberger (ein wesentlicher Kopf der Monetaristen) mehrere Besuche ab. Hayek wurde sogar Ehrenpräsident des Centro de Estudios Publicos in Chile und Friedman hielt mehrere Vorträge im staatlichen Fernsehen. Hayek rechtfertigte bei jeder Gelegenheit die Etablierung der Diktatur zur vorübergehenden Durchsetzung wirtschaftlicher Freiheiten, die als Grundlage des Liberalismus nötig seien.

Fest steht, dass Milton Friedman zwar sehr oft mit den „Chicago Boys“ in Verbindung gebracht wird, er hat jedoch nie eine offizielle Beraterfunktion und keinen direkten Einfluss auf Pinochet gehabt. Friedman lobte die Maßnahmen der „Chicago Boys“ jedoch ausdrücklich und hob die Maßnahmen zum Rückbau der Staatsquote (Steuererhebung, Rentenreform, Gesundheitsreform) hervor. Die marktliberalen Prämissen der „Chicago Boys“ gründeten auf Milton Friedmans Lehre und insbesondere auf dem Leitspruch „Kapitalismus und Freiheit“. Während der Diktatur Pinochets mussten chilenische Ökonomen, die den „Chicago Boys“ kritisch gegenüber standen, in internationalen oder privaten Forschungsinstituten unterkommen.

2.2.4 Einflussnahme der „Chicago Boys“ in Lateinamerika und weltweit

In den 1980er und 1990er Jahren konnten Ökonomen, die in Chicago ausgebildet wurden, in lateinamerikanischen Staaten mit autoritären Regimen an Einfluss gewinnen. Unter diesen Ökonomen waren der spätere Präsident Mexikos Carlos Salinas, der die radikale Marktwirtschaft durchsetzte oder Carlos Menem, späterer Staatspräsident Argentiniens. Nach der Wahl Ronald Reagans zum US-Präsident wurde die Philosophie der „Chicago Boys“ als neue regelorientierte Wirtschafts- und Geldpolitik maßgebend. Der Machtzuwachs Friedmans und der „Chicago Boys“ war so groß, dass die Weltbank in den 1980er Jahren Chile als Vorbild politischer und ökonomischer Reformen für Entwicklungsländer sah. Dies wurde 1998 durch den Aufstieg von Joseph Stieglitz in der Weltbank als Fehler angesehen und seither versucht er andere Ansätze zu verbreiten.

2.2.5 Zur Bewertung von Milton Friedman und den „Chicago Boys“

Oft wurden Anfang der 1980er die „Chicago Boys“ für die Finanzkrise mitverantwortlich gemacht. Dies ist zu relativieren, denn sie haben zwar die Weichen für diese Entwicklung gestellt, aber die Krise nicht ausgelöst.

Unbestritten ist der bleibende Erfolg dieser wirtschaftlichen Schule, der besagte, dass die Stabilität des Geldwertes eine Voraussetzung für das Wachstum der Wirtschaft in Chile war. Die langfristige Bilanz ist jedoch, dass das Wirtschaftswachstum Chiles zwischen 1981 und 1990 nur um 2,7% betrug. Analoge Zahlen sind für Brasilien, Mexiko, Venezuela, Argentinien und Peru zu beobachten.

Es ist festzustellen, dass die „Chicago Boys“ während der Privatisierung zwischen 1975 und 1978 in großem Umfang Staatsunternehmen unter Wert verkauft haben. Die Teilprivatisierung des Gesundheitssystems bewirkte, dass ein großer Teil der Bevölkerung keinen Zugang mehr zur Krankenversicherung hatte. Die Zuzahlungen waren so gigantisch, dass nur wenige Menschen in der Lage waren diese Summen aufzubringen. Es ist weiterhin festzustellen, dass die Arbeitslosigkeit vor dem Putsch in Chile bei 4,7%, 1982 jedoch bei 25% lag. Folgende Zahlen sind noch ernster: Während 1969 die 20% der Armen 164$ pro Jahr für Nahrungsmittel zur Verfügung hatten, waren es 1978 nur 113$. Die 20% der Reichsten hatten 1969 862$, 1978 1113$ zur Verfügung (Diese Zahlen beziehen sich auf die monatlichen Konsumausgaben).

Analoge Verhältnisse waren während des Zusammenbruchs der UdSSR in Europa zu beobachten. Die Folge war ein Verscherbeln von Staatsbetrieben weit unter Marktwert, eine Verschlechterung der ärmeren russischen Bevölkerung hinsichtlich Einkommen und Konsumausgaben sowie eine unwahrscheinliche Bereicherung durch sogenannte „Oligarchen“, die sich auf dubiose Art und in kürzester Zeit (manchmal in weniger als 6 Monaten) vollzogen hat. Analoge Verfahren wurden aber auch in Deutschland, mit der Eingliederung der früheren DDR in West-Deutschland, sichtbar. Dort hat die Treuhandanstalt (wenn auch etwas geordneter) auch die Privatisierung des Eigentums, ebenfalls oft unter Marktwert, vorangetrieben und auch dort wurden „Wessis“ und „Ossis“ ganz plötzlich sehr reich. Auch dort wurde eine relative Verarmung eines großen Teils der Bevölkerung trotz sozialer Vorsorge in Kauf genommen.

Als wesentliche Komponente des Werkes von Milton Friedman gilt die Beschäftigung mit der Geldtheorie und der Geldpolitik, daher der Name Monetaristen. Einer der Anhänger Friedmans Geldpolitik war und ist die Deutsche Bundesbank. Friedman hat nach dem Ende des dritten Bretton-Woods-Systems die Aufnahme flexibler Kurse vorgeschlagen, um Exporte zu besteuern. Dafür erhielt er 1976 den Nobelpreis. In den 1940er Jahren entwickelte er eine geldpolitische Gegenposition zu Keynes, die nur auf der Quantitätstheorie beruhte. Man muss feststellen, dass der Monetarismus (Friedman) sich aus der Kontroverse um Keynes entwickelt hat. In den folgenden Gesichtspunkten unterscheiden sich die Theorien grundlegend: Zunächst bezüglich der Definition von Geld und Zinsen. Während Keynes Zins als Preis des Geldes betrachtet, sah Friedman den Zins als den Preis des Kredits und die Veränderung des Preisniveaus als Preis des Geldes. Ein weiterer Gesichtspunkt unterschied die beiden Richtungen: Während Keynes staatliche Eingriffe befürwortete, sind die Monetaristen fiskalpolitischen Eingriffen gegenüber vollkommen abgeneigt. Denn sie unterstellen, dass Maßnahmen wie Konjunkturpakete im Grund eine zu vernachlässigende Wirksamkeit haben und dass im Ernstfall nur private Investitionen Konjunkturen helfen könnten. Bei der Finanzierung mit Hilfe der Geldschöpfung, so Friedman und seine Schule, stünde jedoch kein fiskalpolitisches sondern ein geldpolitisches Instrument zur Verfügung.

Dem gegenüber stand John Maynhard Keynes (1883-1946).

2.2.6 Wer war Keynes und welchen Einfluss hatte er?

Als Sohn eines politischen Ökonomen wurde er 1883 in Cambridge geboren. Er studierte Mathematik, Philosophie, Geschichte und Ökonomie und promovierte 1906 in der Wahrscheinlichkeitstheorie. 1909 wurde er am Kings College zum Dozenten ernannt. Keynes war liberales Mitglied der Eugenics-Society und anschließend auch Direktor der Gesellschaft. Hierfür wurde er sehr stark kritisiert, da diese Gesellschaft Einfluss auf die englische Politik nahm. Nach seiner Einstellung bei „India Office“ ging es nach Cambridge zurück, wo er Volkswirtschaft lehrte. Er war äußerst skeptisch hinsichtlich neoklassischer Ökonomen, die Mathematik anwandten. Nach dem Ersten Weltkrieg war Keynes als Vertreter des britischen Schatzamtes an den Verhandlungen zum Versailler-Vertrag beteiligt, trat jedoch aus Protest kurz vor den Verhandlungen zurück, denn er hielt die Deutschland auferlegten Vertragsbedingungen für katastrophal (die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrags von 1919). Er sagte voraus, dass sich die Wirtschaftsbeziehungen destabilisieren würden und dass der Vertrag großen sozialen Sprengstoff für Deutschland beinhalte. Sein Leben lang beriet Keynes die Politik. So war er beispielsweise britischer Chefhändler bei den Bretton-Woods Verhandlungen im Jahr 1944. Sein Ziel war es, ein Fixkurssystem zwischen den Währungen ohne direkten Bezug zum Goldstandard zu etablieren. Seine allgemeine Theorie der Beschäftigung des Zinses und des Geldes (1936) veränderte die Makroökonomie grundlegend und wird als einflussreiches Werk des 20. Jahrhunderts angesehen. Keynes versuchte in diesem Buch zu überzeugen, dass im Gegensatz zu der Laissez-faire Marktwirtschaft, die Wirtschaftspolitik des Staates eine entscheidende Rolle spielt. Seine Ideen sind Grundsteine des heutigen Keynesianismus.

Keynes bezeichnete den Goldstandard von 1923 als „barbarischen Relikt“ und befürchtete, dass die Rückkehr zum Goldstandard Konjunktur und Arbeitsplätze bedrohen würde. Im Gegensatz zu den Neoklassikern (Neoliberalen) glaubte Keynes, dass eine Deflationspolitik der Notenbanken Preise und Löhne nicht automatisch senken, sondern Arbeitslosigkeit hervorrufen würde. Knappes Geld sei sinnvoll zur Beendigung eines Booms, dürfe aber keine Inflation hervorrufen. Die Weltwirtschaftskrise von 1931 war für Keynes die Folge falscher „makroökonomischer Steuerungen“ auf globaler Ebene. Keynes verglich sich darin mit Kassandra, da die Prophezeiung seines Essays erfolgreicher war als sein Versuch, von einer Rückkehr zum Goldstandard zu überzeugen. Keynes sah sich als Vertreter einer marktwirtschaftlichen Ordnung mit individuellen Freiheiten. Er stimmte den Thesen und der Kritik durch die Vertreter des Wirtschaftsliberalismus nicht zu. Auch war er zwar mit Hayek befreundet, aber erbitterter Gegner seiner Wirtschaftspolitik.

Die zentrale Botschaft von Keynes war, dass flexible Preise und Löhne nicht automatisch zu einer Vollbeschäftigung führen. Vielmehr kann es auch langfristig zu einer Unterbeschäftigung kommen und in diesem Fall sollten Staat und Notenbanken eingreifen, um die gesamte wirtschaftliche Nachfrage auf ein normales Niveau zurückzuführen. Wenn jedoch der Einzelne mehr spart, steigen Vermögen und Einkommen. Dies macht jedoch ohne ausreichende Investitionsnachfrage keinen Sinn, wenn Güternachfrage, Produktion und Beschäftigung und damit auch das Einkommen sinken.

2.2.7 Die Entwicklung in den 1970er Jahren

Der Monetarismus gewann vor allem in den 1970er und 1980er Jahren massiv an Einfluss, sei es bei der Weltbank, in Südamerika, in Deutschland. Denn der Keynesianismus scheiterte an der Entwicklung der Stagflation. Das heißt, dass selbst zum niedrigsten Preis keine Nachfrage mehr vorhanden ist und dass staatliche Konjunkturhilfen ins Leere laufen. 1974 begann die Deutsche Bundesbank als erste Notenbank den monetaristischen Ansatz der Geldmengensteuerung umzusetzen. Das Ziel war eine Kontrolle des Preisanstiegs über die Geldmenge. Dahinter steht folgendes: Dem Monetarismus zufolge soll die Geldmenge so gesteuert werden, dass sie das Wachstum volkswirtschaftlicher Produktion ausweitet. So entstand die Idee, dass von geldpolitischer Seite her Finanzierungsvorgänge ermöglicht werden, die schließlich zu Wachstum führen. Die europäische Zentralbank hält immer noch an diesem monetaristischen Ansatz fest, während die USA in den letzten Jahren eher mit der keynesianischen Zinspolitik gearbeitet haben.

2.2.8 Mittlerweile ist eine Mischform hoch im Kurs

Betrachtet man die beiden wirtschaftswissenschaftlichen Ansätze so muss man feststellen, dass sie in geschlossenen Gesellschaften einen gewissen Erfolg oder Misserfolg erzielten, im Kontext der Globalisierung jedoch zum größten Teil scheitern. Betrachtet man die aufstrebenden Staaten muss man feststellen, dass marktwirtschaftliche Ansätze stets mit erheblichen staatlichen Interventionen verknüpft sind. Eines der besten Beispiele stellt China dar: Mit einem quasi gelenkten Wirtschaftssystem, das neben monetaristischen und keynesianischen Gesichtspunkten auch Gesichtspunkte enthält, die nicht von den beiden Theorien gedeckt werden, und zwar die politisch-strategischen Entscheidungen. Diese politisch-strategischen Gesichtspunkte, die sehr oft in geopolitischen und sozialen Umwälzungen ihren Niederschlag finden, werden bei beiden Ansätzen nicht abgedeckt. Die weltweite Vernetzung der Informationstechnologie und die weltumspannende Kommunikation erlauben es nicht mehr, monetaristische oder keynesianische Ansätze in Reinform anzuwenden. Zudem unterschätzen die beiden Ansätze die Rolle der Verhaltenstheorie bei Entscheidungen. Es ist daher notwendig, dass neue Wirtschaftsansätze entstehen, die beide Ansätze berücksichtigen, jedoch auch einen gewissen Behaviorismus enthalten. Denn ohne diesen werden Prognosen kaum noch möglich sein. Ein weiterer Punkt ist die soziale Sensibilität der Völker. Da jede Wirtschaftsentscheidung eines Staates unmittelbare soziale Folgen hat, können politische Strömungen entstehen, die die freiheitlichen Gedanken der Neoliberalen zunichtemachen.

Wendy Brown (Professorin in Berkley) betont sogar, dass der gesamte neoliberale Ansatz auf Dauer die Demokratie zerstört und dass er sowohl Staat als auch Menschen verändert. Es ist sehr oft zu beobachten, dass demokratische Prozesse nicht nach rationalen Gesichtspunkten entschieden werden und dass sachliche Fakten immer mehr gegenüber sogenannten Fake News verlieren. Die Spaltung der Gesellschaft durch den monetaristischen Ansatz und die Befürwortung einer vorübergehenden Aussetzung der Demokratie, um wirtschaftliche Ziele zu erreichen - insbesondere bei der Bekämpfung der Inflation, stellt an sich einen Sprengstoff für jede moderne Gesellschaft dar.

Der Zielkonflikt zwischen Vollbeschäftigung und Inflation darf aus Sicht des Autors nicht zu Lasten der Beschäftigung gehen. Der angebotsorientierte Ansatz der Neoliberalen, das heißt dass jedes Produkt seinen Absatz findet vorausgesetzt, dass es den nötigen niedrigen Preis erhält, kann bei stringentem Denken zum Absurdum führen. Denn wenn das Einkommen zu niedrig ist, so dass die Nachfrage nicht befriedigt werden kann, kann der Absatz nicht erfolgen. Daher ist es notwendig den neoliberalen Ansatz mit der Einbringung einer weiteren Variablen, dem Mindesteinkommen, zu korrigieren.