Cover
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Abbildung

Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft - Steuern - Recht GmbH

[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Print: ISBN 978-3-7910-4304-3 Bestell-Nr. 13013-0001
ePub: ISBN 978-3-7910-4305-0 Bestell-Nr. 13013-0100
ePDF: ISBN 978-3-7910-4306-7 Bestell-Nr. 13013-0150

Hahne/Völker

Investmentsteuerrecht visuell

Januar 2020

© 2020 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH

www.schaeffer-poeschel.de

service@schaeffer-poeschel.de

Bildnachweis (Cover): © Onchira Wongsiri, shutterstock

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/ Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart

Ein Unternehmen der Haufe Group

[9]Vorwort

Die Anlage in Investmentvermögen ist ein wichtiger Bestandteil der Kapitalanlage institutioneller und privater Investoren. Der Wunsch nach dem Zugang zu besonderen Anlageklassen, das Bedürfnis nach einer Streuung von Risiken, die Suche nach einem professionellen Anlagemanagement und der Bedarf an einem langfristigen Vermögensaufbau führen zu einem dynamischen Marktwachstum und zu stetig steigenden Anlagevolumina. Anlegern steht dabei ein weites Spektrum unterschiedlicher Anlageprodukte zur Verfügung, das innerhalb des einschlägigen regulatorischen Rahmens auf die jeweiligen Bedürfnisse der unterschiedlichen Anleger zugeschnitten ist.

Im Vergleich zu einer Direktanlage in die zugrundeliegenden Anlagegegenstände weisen Anlagen über Investmentvermögen steuerlich einen zusätzlichen Grad der Komplexität auf: Das Investmentvermögen tritt als zusätzliches (mögliches) Besteuerungssubjekt hinzu. Neben der Besteuerung der Einkünfte aus der Vermögensanlage auf Fondsebene muss deshalb auch die Besteuerung der Einkünfte der Anleger aus Anteilen an Investmentvermögen geregelt werden. Als grundsätzliche Gestaltungsalternative steht dabei ein transparenter und ein intransparenter Ansatz zur Verfügung. Im Zuge der Investmentsteuerreform 2018 hat sich der Gesetzgeber für ein komplexes Besteuerungsregime entschieden, das unterschiedlichen Praxisanforderungen und fiskalischen Zielsetzungen gerecht werden soll. Die daraus resultierenden Regelungen sind umfangreich und machen es Anlegern und ihren steuerlichen Beratern, aber auch den Anbietern von Investmentfonds und Mitarbeitern der Finanzverwaltung schwer, einen Zugang zu den spezifischen Vorschriften und Regelungszusammenhängen zu erhalten. Zudem ist das Aktivitätsbedürfnis des Gesetzgebers auch nach der Investmentsteuerreform ungebrochen: Vielfältige gesetzgeberische Nachbesserungen zu praktischen Problemfeldern und verbleibenden gesetzlichen Unklarheiten sind zu beachten.

Mit diesem Werk verfolgen wir das Ziel, Ihnen einen Einstieg in die vielschichtige Welt der Besteuerung von Investmentfonds und ihrer Anleger zu ermöglichen. Durch einen stringenten Aufbau, eine verständliche Sprache und eine Vielzahl von Schaubildern wird es Ihnen ermöglicht, Zusammenhänge leicht zu erkennen und Antworten auf spezifische Fragestellungen zu erhalten. Neben der geschlossenen Darstellung der intransparenten Besteuerung von Anlagen in (Publikums-)Investmentfonds und der semi-transparenten Besteuerung von Anlagen in Spezial-Investmentfonds werden in einem separaten Abschnitt auch zahlreiche steuerliche Sonderthemen rund um die Anlage in Investmentvermögen behandelt. Hinweise zum steuerlichen Systemwechsel am 31.12.2017 bzw. 01.01.2018 runden die Erläuterungen ab. Das Glossar ermöglicht Ihnen einen schnellen Zugang zu wichtigen investmentrechtlichen und investmentsteuerrechtlichen Fachbegriffen.

Die Autoren danken dem Verlag und allen Mitarbeitern, insbesondere Frau Ruth Kuonath und Frau Heike Rach, für die stetige Unterstützung bei der Fertigstellung dieses Werks.

Hofheim/Rotenburg an der Fulda, im Oktober 2019

Klaus D. Hahne Christian Völker

[11]Abkürzungsverzeichnis

a. A. anderer Ansicht
Abs. Absatz
Abschn. Abschnitt
AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
AfA Absetzung für Abnutzung
AfS Absetzung für Substanzverringerung
AG Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)
AIF Alternativer Investmentfonds
AIFM Alternative Investment Fund Manager; Manager eines AIF
AIFM-StAnpG Gesetz zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz (AIFM-Steueranpassungsgesetz) vom 18.12.2013 (BGBl I 2013, 4318)
AuslInvestmG Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen vom 28.07.1969 (BGBl I 1969, 986)
BB Betriebs-Berater (Zeitschrift)
BGBl Bundesgesetzblatt
BStBl Bundessteuerblatt
BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V.
BZSt Bundeszentralamt für Steuern
CTA Contractual Trust Arrangement; Verwaltungstreuhandvertrag zur »Ausgliederung« von Pensionsverpflichtungen auf einen Treuhänder
DB Der Betrieb (Zeitschrift)
DBA Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
DStR Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
ErbStB Der Erbschaft-Steuer-Berater (Zeitschrift)
EStG Einkommensteuergesetz vom 16.10.1934 (RGBl I 1934, 1005), zuletzt geändert durch Gesetz vom 04.09.2019 (BGBl I 2019, 3682)
ETF(s) Exchange Traded Fund(s)
EU Europäische Union
EUAHiG Gesetz über die Durchführung der gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-Amtshilfegesetz) vom 26.06.2013 (BGBl I 2013, 1809), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2016 (BGBl I 2016, 3000)
EWR Europäischer Wirtschaftsraum
f./ff. folgend/folgende
[12]FR Finanz-Rundschau (Zeitschrift)
grds. grundsätzlich
GrESt Grunderwerbsteuer
GrEStG Grunderwerbsteuergesetz vom 26.02.1997 (BGBl I 1997, 418), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25.03.2019 (BGBl I 2019, 357)
i. E. im Ergebnis
i. d. S. in diesem Sinne
i. e. S im engeren Sinne
i. S. d. im Sinne des
i. W. im Wesentlichen
i. w. S. im weiteren Sinne
InvAG mfK Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital
InvAG mvK Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital
InvStAE Anwendungsschreiben des BMF vom 21.05.2019 zum Investmentsteuergesetz (§§ 1 – 24, 50 und 56 InvStG), BStBl I 2019, 527
InvStAE-E Entwurf eines Anwendungsschreibens des BMF zum Investmentsteuergesetz, Az. IV C 1 –S 1980-1/16/10010 :001 (Stand 15.06.2018) – Zitierung soweit nicht Teil des InvStAE
InvStG Investmentsteuergesetz vom 19.07.2016 (BGBl I 2016, 1730), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.12.2018 (BGBl I 2017, 1682)
InvStG-E InvStG in der Fassung des JStG-E 2019
InvStG 2004 Investmentsteuergesetz vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2724), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338)
InvStRefG Gesetz zur Reform der Investmentsteuer vom 19.07.2016 (BGBl I 2016, 1730)
IStR Internationales Steuerrecht (Zeitschrift)
IWB Internationale Wirtschaftsbriefe (Zeitschrift)
JStG-E 2019 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 31.07.2019 (BR-Drs. 356/19)
KAGB Kapitalanlagegesetzbuch vom 04.07.2013 (BGBl I 2013, 1981) zuletzt geändert durch das Gesetz vom 17.07.2017 (BGBl I 2017, 2394)
KAGG Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften vom 17.04.1957 (BGBl I 1957, 378)
KapGes Kapitalgesellschaft
KESt Kapitalertragsteuer
KSt Körperschaftsteuer
m. w. N. mit weiteren Nachweisen
MWStSystRl Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, 1)
Nr./Nrn. Nummer/Nummern
[13]NWB NWB – Steuer- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)
OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
OECD-MA 2017 OECD-Musterabkommen 2017
OGAW Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren
PersG Personengesellschaft
RdF Recht der Finanzinstrumente (Zeitschrift)
REIT Real Estate Investment Trust
REITG Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen vom 28.05.2007 (BGBl I 2007, 914, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.06.2017 (BGBl I 2017, 1693)
RechVersV Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen vom 08.11.1994 (BGBl I 1994, 3378), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.07.2015 (BGBl I 2015, 1245)
Rz. Randziffer
S. Satz/Seite
sog. sogenannt/sogenannter
StBp Die steuerliche Betriebsprüfung (Zeitschrift)
StUmgBG Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz. StUmgBG) vom 23.06.017 (BGBl I 2017, 1693)
StuW Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)
TGV Teilgesellschaftsvermögen
u. a. unter anderem
u. Ä. und Ähnliche(s)
UBGG Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften vom 09.09.1998 (BGBl I 1998, 2765), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.06.2017 (BGBl I 2017, 1693)
USt Umsatzsteuer
UStAE Verwaltungsregelung zur Anwendung des Umsatzsteuergesetzes – Umsatzsteueranwendungserlass
UStAVermG Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338)
UStG Umsatzsteuergesetz vom 21.02.2005 (BGBl I 2005, 386), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338)
v. g. vorgenannt
VAG Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz) vom 01.04.2015 (BGBl I 2015, 434), zuletzt geändert durch Gesetz vom 08.07.2019 (BGBl I 2019, 1002)
vgl. vergleiche
VZ Veranlagungszeitraum
zzgl. zuzüglich

[14]1 Einleitung

Die Geschichte der kollektiven Investmentanlage mittels Investmentfonds begann vor rund 250 Jahren. Im Jahre 1774 legte der niederländische Kaufmann Abraham van Ketwich den ersten Investmentfonds »Eendracht Maakt Magt« auf. Die gewählte Bezeichnung (dt. »Eintracht macht stark«) personifiziert auch heute noch treffend die Investmentidee der kollektiven Kapitalanlage mittels einer festgelegten Anlagestrategie (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 KAGB). Van Ketwich vertrieb im ausgehenden18. Jahrhundert rund 2.000 Fondsanteile; die Anzahl der gehandelten Investmentfonds sowie die investierten Volumina sind weltweit bis heute erheblich gestiegen. Verengt man den Blick auf die Bundesrepublik Deutschland so nahm das Anlagevolumen in offene Investmentfonds seit 1950, dem Jahr der Auflage des ersten deutschen Investmentfonds, von ca. 1 Million € auf rund 2,825 Billionen € (vgl. BVI, Investmentstatistik, Stand: 30.06.2019) zu.

1.1 Grundsätze der Investmentbesteuerung bis zum 31.12.2017

Einhergehend mit steigenden Anlegerzahlen und Investitionsvolumina nahm auch die politische Relevanz zur Regulierung von Investmentfonds und zur Schaffung eines Besteuerungssystems zu. Zunächst wurden Aufsichts- und Steuerrecht in einheitlichen Gesetzeswerken geregelt: Für inländische Investmentfonds im KAGG vom 16.04.1957 (BGBl I 1957, 378), für ausländische Investmentfonds und deren Anleger folgte am 28.07.1969 das AuslInvestmG (BGBl I 1969, 968).

Die Trennung zwischen Aufsichts- und Steuerrecht vollzog sich mit Inkrafttreten der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen des InvG sowie des die Investmentbesteuerung regelnden InvStG am 01.01.2004 (BGBl I 2003, 2676). Als Folge des erweiterten europäischen Aufsichtsrahmens ergibt sich die Regulierung von Investmentvermögen und deren Anlegern nunmehr seit dem 22.07.2013 aus dem KAGB (BGBl I 2013, 1981).

Die Investmentbesteuerung folgte bis zum 31.12.2017 der Zielsetzung, die steuerliche Belastung auf Ebene des Anlegers eines Investmentfonds möglichst gleichlaufend zu derjenigen eines Direktanlegers, der identische Investitionsentscheidungen wie der betreffende Investmentfonds treffen würde, zu gestalten (BT-Drs. 15/1553, 120). Mittel der Wahl zur Erreichung dieses Ziels war das sog. (eingeschränkte) Transparenzprinzip.

[15]Zielsetzung der semi-transparenten Investmentbesteuerung bis 31.12.2017

Abbildung

[16]Trotz der missverständlichen Bezeichnung stellte das investmentsteuerliche Transparenzprinzip kein für die Gesetzesauslegung maßgebliches Prinzip dar. Es war lediglich die gesetzliche Leitidee der Investmentbesteuerung (vgl. etwa BFH v. 29.03.2017, I R 73/15, BStBl II 2017, 1665). Denn nach der Gesetzessystematik des InvStG 2004 wurden Investmentfonds als eigenständige Steuerrechtssubjekte qualifiziert, denen Einkünfte zugerechnet und die Subjekt der investmentsteuerlichen Ertragsermittlung nach § 3 Abs. 1 InvStG 2004 waren.

Die Steuerrechtssubjekteigenschaft eines Investmentfonds folgte einerseits unmittelbar aus § 2 Abs. 1 S. 1 InvStG 2004. Hiernach waren dem Investmentanleger ausschließlich die ausgeschütteten (§ 1 Abs. 3 S. 2 InvStG 2004) sowie die ausschüttungsgleichen (§ 1 Abs. 3 S. 3 InvStG 2004) Erträge des Investmentfonds zuzurechnen. Dementsprechend konnte der Investmentfonds durch seine eigene Ausschüttungspolitik bestimmen, inwieweit den Anlegern nicht-ausschüttungsgleiche Erträge zufließen. Denn deren Besteuerung (z. B. Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren und solche aus Termingeschäften) erfolgte erst im Zeitpunkt der Ausschüttung.

Zudem waren den Anlegern unter Geltung des InvStG 2004 nach § 3 Abs. 4 InvStG 2004 keine negativen Erträge des Investmentfonds zuzurechnen (vgl. hingegen zur Rechtslage unter dem KAGG BFH v. 17.11.2015, VIII R 55/12, BStBl II 2016, 400 bzw. unter dem AuslInvestmG BFH v. 18.09.2012, VIII R 45/09, BStBl II 2013, 479). Eine für transparente Steuersubjekte – wie Personengesellschaften – prägende unmittelbare Zurechnung an die Anleger (vgl. hierzu in Abschn. 8.3) war somit nicht gegeben. Die Investmentbesteuerung war vielmehr nach Maßgabe des Trennungsprinzips ausgestaltet. Dies manifestierte sich auch in § 11 Abs. 1 S. 1 und 2 InvStG 2004. Hiernach »galten« inländische Investmentfonds in der Rechtsform des Sondervermögens i. S. d. § 1 Abs. 10 KAGB als Zweckvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG. Diese wurden jedoch zugleich von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit. Die Befreiung nach § 11 Abs. 1 S. 2 InvStG 2004 galt auch für körperschaftlich strukturierte Investmentfonds des Gesellschaftstyps (InvAG m. v. K. i. S. d. §§ 108 ff. KAGB), die bereits qua Rechtsform persönlich körperschaftsteuerpflichtig waren. Zu sachlichen Beschränkungen der Steuerbefreiung der InvAG m. v. K. vgl. § 11 Abs. 1 S. 4 InvStG 2004.

Bei einer offenen InvKG i. S. d. § 124 KAGB, die die steuerlichen Voraussetzungen an einen Investmentfonds erfüllte, ging der Gesetzgeber in Ansehung der Rechtsform nicht von einer Körperschaftsteuerpflicht aus (BT-Drs. 18/68, 58; strittig). Er befreite sie folglich ausschließlich von der Gewerbesteuer, § 11 Abs. 1 S. 3 InvStG 2004.

Rechtlich ungeklärt ist die materiell-rechtliche Behandlung ausländischer Investmentfonds des Vertragstyps. Für diese enthielt das InvStG 2004 keine § 11 Abs. 1 S. 1 InvStG 2004 entsprechende Regelung. Die Diskussion entzündete sich daran, ob die dortige Einstufung als Körperschaftsteuersubjekt konstitutiv wirke (so wohl FG Münster v. 20.04.2017 – 10 K 3059/14 K, EFG 2017, 1110) oder ob sich bereits aus allgemeinen Grundsätzen eine Körperschaftsteuerpflicht eines Investmentfonds des Vertragstyps ergebe (so wohl Hessisches FG v. 29.11.2017, 4 K 1186/16, EFG 2018, 622). Bei erstgenanntem Ergebnis hätte dies für Zeiträume bis [18]zum 31.12.2017 zur Folge, dass ausländische Investmentfonds des Vertragstyps keine Körperschaftsteuersubjekte wären.

[17]Steuersubjekteigenschaft und Steuerpflicht in- und ausländischer Investmentfonds in Deutschland nach dem InvStG 2004

Abbildung

Trotz des vorstehend dargestellten Trennungsprinzips setzte der Gesetzgeber im bis zum 31.12.2017 geltenden System die angestrebte (annähernde) steuerliche Gleichbehandlung von Investmentfonds- und Direktanleger um. Dies geschah mittels einer Vielzahl sog. Transparenznormen. Im Ergebnis transferierten diese Normen die ertragsteuerliche Qualifikation der vom Investmentfonds erzielten steuerlichen Erträge auf die Anlegerebene. So fand etwa das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG nur Anwendung, soweit die den Anlegern zuzurechnenden Erträge »aus Aktien« stammten (§ 2 Abs. 2 InvStG 2004). Erzielte der Investmentfonds Einkünfte, auf deren Besteuerung die Bundesrepublik Deutschland nach einem DBA verzichtete, waren die betreffenden Erträge beim Anleger steuerfrei (§ 4 Abs. 1 InvStG 2004). Weitere solcher Transparenznormen waren etwa in § 2 Abs. 2a und 3 sowie § 4 Abs. 2 InvStG 2004 zu finden.

Kehrseite dieser vom Gesetzgeber angestrebten Einzelfallgerechtigkeit war ein umfangreiches Reportingwesen für Investmentfonds. So hatten Anleger zur zutreffenden steuerlichen Behandlung der ihnen zuzurechnenden Erträge und Besteuerungsmerkmale bis zu 33 verschiedene Besteuerungsgrundlagen auszuwerten (BT-Drs. 18/8045, 2, 51).

1.2 Hintergründe der Reform der Investmentbesteuerung

Nach der Gesetzesbegründung führten verschiedene gesetzgeberische Motive zur Reform der Investmentbesteuerung mit Wirkung zum 01.01.2018 (BT-Drs 18/8045, 2). Im Einzelnen sind dies

All diesen Faktoren ist gemein, dass sie durch das investmentsteuerliche Transparenzprinzip veranlasst oder zumindest begünstigt wurden. Anhand dieser Problemfelder lassen sich die grundsätzlichen Erwägungen des Gesetzgebers zur Ausgestaltung des durch das InvStRefG reformierten Investmentsteuerrechts nachvollziehen. Sie werden nachfolgend skizziert. Die nachfolgenden Problemfelder hat der Gesetzgeber durch eine grundlegende Umgestaltung der Investmentbesteuerung gelöst. Überblicksartig sind die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen in Abschn. 2.1 f. dargestellt.

[19]Die Umsetzung des Transparenzgedankens nach dem InvStG 2004

Abbildung

[20]1.2.1 Komplexität der Investmentbesteuerung

Die im früheren Investmentsteuerrecht geregelte Kombination von Trennungsprinzip (Steuerrechtssubjekteigenschaft des Investmentfonds) und »Transparenzgedanken« (möglichst identische steuerliche Belastung des Investmentanlegers im Vergleich zum Direktanleger) gestaltete die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen i. S. d. § 5 InvStG 2004 auf Ebene des Investmentfonds äußerst aufwändig.

In Ansehung der vielfältigen Transparenznormen waren bereits bei Ermittlung der investmentsteuerlichen Erträge des Investmentfonds bis zu zwölf verschiedene Kategorien zu bilden. Dies resultierte aus dem vertikalen Verlustausgleichsverbot des § 3 Abs. 4 InvStG, wonach ausschließlich »Erträge gleicher Art« miteinander verrechnet werden durften.

Zum Transport der Höhe der Erträge, der steuerlichen Wirkungen einzelner Bestandteile dieser Erträge und weiterer Besteuerungsgrundlagen an Anleger und Finanzbehörden war ein umfangreiches Berichtswesen erforderlich. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 (i. V. m. § 21 Abs. 24) InvStG 2004 waren für die Besteuerung der Anleger bis zu 33 unterschiedliche Besteuerungsgrundlagen notwendig.

Neben den komplexen Ermittlungsarbeiten zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen nach § 5 Abs. 1 InvStG 2004 erwies sich deren Auswertung und Umsetzung in der Praxis als äußerst anspruchsvoll. Im Massengeschäft der Anlegerbesteuerung führte dies sowohl auf Ebene der Beraterschaft wie auch der Finanzverwaltung (zumindest in Detailfragen) zu einer schwer handhabbaren Besteuerungssituation (BT-Drs. 18/8045, 1, 4, 52).

1.2.2 Unionsrechtliche Risiken

Die Steuerbefreiungen des § 11 Abs. 1 InvStG 2004 galten im Grundsatz nur für inländische Investmentfonds. Lediglich im Ausnahmefall des § 1 Abs. 1 g S. 2 InvStG 2004 wurden EU-Investmentfonds des Vertragstyps als inländische Investmentfonds behandelt, so dass diesen die Steuerbefreiung zu Gute kam. Diese Norm war auch nicht analog auf ausländische Investmentfonds anzuwenden (FG Münster v. 20.04.2017, 10 K 3059/14 K, EFG 2017, 1110).

Ausländische Investmentfonds konnten damit – bei unterstellter persönlicher Körperschaftsteuerpflicht (vgl. Abschn. 1.1) – prinzipiell sachlich sowohl der unbeschränkten (§ 1 Abs. 1 KStG) wie auch der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht nach § 2 Nr. 1 KStG unterliegen.

Üblicherweise wird bei ausländischen Investmentfonds der Ort der Geschäftsleitung im Ausland liegen, so dass sie ausschließlich mit ihren inländischen Einkünften i. S. d. § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 49 Abs. 1 EStG der beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Nr. 1 KStG unterlagen.

Die vorstehend dargestellte Differenzierung zwischen inländischen und ausländischen Investmentfonds zogen unmittelbare Zweifel an der Uni[22]onsrechtskonformität nach sich. Der EuGH sieht in einer vergleichbaren Situation eine Beschränkung der unionsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1 AEUV (vgl. zuletzt EuGH v. 21.06.2018, C 480/16, ECLI:EU:C:2018:480, Fidelity Funds). Umstritten ist jedoch, ob diese Beschränkung gerechtfertigt war. Dementsprechend müssten zwingende Gründe des Allgemeininteresses eine solche Unterscheidung erfordern und diese Differenzierung zudem verhältnismäßig sein (EuGH v. 21.06.2018, C 480/16, ECLI:EU:C:2018:480, Fidelity Funds).

[21]Reporting zur Umsetzung der semi-transparenten Investmentbesteuerung bei (Publikums-)Investmentfonds nach dem InvStG 2004

Abbildung

Die Berufung auf eine angemessene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis (vgl. EuGH v. 13.12.2005, C-446/03, ECLI:EU:C:2005:763, Marks & Spencer) scheidet als Rechtfertigung aus. Zwar ist der Bundesrepublik Deutschland zuzugestehen, dass die Differenzierung der Sicherstellung einer Einmalbesteuerung dient. Denn nach § 49 EStG besteht kein Steuerzugriff auf Steuerausländern zuzurechnende ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge ausländischer Investmentfonds. Da sich die Bundesrepublik Deutschland jedoch entschieden hatte, inländische Investmentfonds zu begünstigen, kann sie sich nicht auf diesen Rechtfertigungsgrund berufen (vgl. entsprechend EuGH v. 21.06.2018, C 480/16, ECLI:EU:C:2018:480, Fidelity Funds).

Nicht abschließend geklärt ist, ob die Wahrung der Kohärenz des Steuersystems als zwingender Grund des Allgemeininteresses die Ungleichbehandlung rechtfertigt. Hierzu bedürfte es eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dem konkreten steuerlichen Vorteil und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung.

Vorliegend diente die Steuerbefreiung inländischer Investmentfonds der Umsetzung des »Transparenzgedankens«, da die Besteuerung auf Anlegerebene erfolgen und keine höhere steuerliche Belastung als bei einem Direktanleger auslösen sollte. Hierzu greift bei fehlender Ausschüttung entsprechender ausschüttungsgleicher Erträge die Zuflussfiktion des § 2 Abs. 1 S. 2 InvStG 2004. Bei der vorliegenden steuerlichen Konzeption erscheint es geboten, für die Beurteilung der Kohärenz des Besteuerungssystems die Anlegerebene einzubeziehen, da durch das Investmentsteuersystem eine (zeitnahe) Einmalbesteuerung erreicht wird (EuGH v. 21.06.2018, C-480/16, ECLI:EU:2018:480, Fidelity Funds; FG Münster v. 20.04.2017, 10 K 3059/14 K, EFG 2017, 1110).

Fraglich ist jedoch, ob dieses Vorgehen verhältnismäßig ist. Erfolgt auf Anlegerebene eine zeitnahe steuerliche Belastung der betreffenden Einkünfte im ausländischen Ansässigkeitsstaat, könnte ein Nachweis der dortigen Besteuerung ein geeigneteres Mittel zur Wahrung der Kohärenz darstellen (so wohl EuGH v. 21.06.2018, C-480/16, ECLI:EU:2018:480, Fidelity Funds). Insbesondere bei Publikums-Investmentfonds dürfte ein solcher Nachweis jedoch nicht möglich sein.

Mit einer Einschätzung des BFH zur Frage der Unionsrechtskonformität ist ggf. im Verfahren I R 33/17 zu rechnen. Vor dem Hessischen FG sind zudem die Verfahren 4 K 2079/16 und 4 K 999/17 anhängig, in denen die Unionsrechtskonformität der deutschen Investmentbesteuerung auf dem Prüfstand stehen wird. Zudem ist in diesem Kontext auf das noch anhängige niederländische EuGH-Vorabentscheidungsersuchen C-156/17 hinzuweisen.

[23]Kohärenz des Besteuerungssystems unter Einbezug der Anlegerebene als Rechtfertigung der Einmalbesteuerung?

Abbildung

[24]Sollte die deutsche Rechtslage unter Berücksichtigung all dieser Aspekte einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit darstellen, bliebe noch die Stand-Still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV zu prüfen. Fraglich ist insbesondere, ob die materiellen Kriterien der Art. 64 Abs. 1 AEUV gegeben sind. Nach der EuGH-Rechtsprechung (Urteil v. 21.05.2015, C 560/13, ECLI:EU:C:2015:347, Wagner-Raith) bedarf es eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Beschränkung und einer Finanzdienstleistung.

1.2.3 Vermeintliches steuerliches Gestaltungspotenzial unter dem InvStG 2004

Als weiteres Motiv für die Investmentsteuerreform nennt der Gesetzgeber im Investmentsteuerrecht beobachtete (aggressive) Steuergestaltungen (BT-Drs. 18/8045, 49 ff.). Solche hätten sich im Wesentlichen im Grenzbereich zwischen dem im InvStG 2004 vorherrschenden Trennungsprinzip und dem gleichzeitig verfolgten »Transparenzgedanken« befunden. Der hohe Grad an Komplexität des Investmentsteuerrechts sowie die Entlastung von inländischer KESt gem. § 11 Abs. 2 InvStG 2004 hätten zudem dafür gesorgt, dass mittels Investmentfonds auch verstärkt Steuergestaltungen umgesetzt worden seien, deren Einsatz nicht spezifisch von der Anwendbarkeit des InvStG 2004 abhängig waren.

Unmittelbar an der Grenze von Trennungsprinzip und Transparenzgedanken verliefen Gestaltungen zur Erlangung weißer Einkünfte. So sollten die allgemeinen Regelungen eines DBA zur Steuerfreistellung von Schachteldividenden (vgl. Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 der deutschen DBA-Verhandlungsgrundlage vom 22.08.2013) auf Ausschüttungen ausländischer Investmentfonds des Gesellschaftstyps Anwendung finden. Demgegenüber fand bei Rückgabe oder Bewertung der Investmentanteile die investmentsteuerliche Regelung zum Anleger-Aktiengewinn nach § 8 InvStG 2004 keine Anwendung, so dass der Wertverlust der Investmentanteile (insoweit) keine Hinzurechnung entsprechend § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG auslöste. Denn vorliegend stammten die eingetretenen Wertverluste auf Fondsebene gerade nicht aus »Aktien«. Die FG Sachsen-Anhalt (Urteil v. 22.03.2017, 3 K 383/16, EFG 2017, 1948, Rev. I R 61/17) und Düsseldorf (Urteil v. 17.10.2017, 6 K 1141/14 K,G,F, EFG 2017, 1943, Rev. I R 74/17; Urteil v. 17.12.2018, 2 K 3874/15 F, EFG 2019, 505, Rev. I R 8/19) akzeptierten die vorstehend beschriebene Gestaltung. Das Hessische FG (Urteil v. 29.11.2017, 4 K 1186/16, EFG 2018, 622, Rev. I R 1/18) lehnte hingegen diese Rechtsfolge bei durch sog. Bondstripping generierten (s. u.) Erträgen ab, da nach dem Recht des Ansässigkeitsstaats des ausländischen Investmentfonds (hier: Luxemburg) keine originären Einkünfte erzielt worden seien. Die Höhe der angestrebten steuerfreien Erträge konnte durch Anwendung des steuerlichen Ertragsausgleich nach § 9 InvStG 2004 noch weiter gesteigert werden.

Prominentester Vertreter der auch in der Direktanlage anzutreffenden Steuergestaltungen waren sog. cum/ex-Transaktionen, die bis 2011 zu einer mehrfachen Erstattung von KESt auf Dividenden inländischer Aktiengesellschaften bei nur einmaliger Abführung führen sollten (zur Funktionsweise vgl. etwa den Bericht des 4. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode v. 19.06.2017, BT-Drs. 18/12700). Seit 2012 [26]kommt eine mehrfache Erstattung/Anrechnung von nur einmal erhobener KESt gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1a EStG grds. nicht mehr in Betracht. Die erstinstanzliche Rechtsprechung (vgl. etwa Hessisches FG v. 10.02.2016, 4 K 1684/14, EFG 2016, 761; Hessisches FG v. 10.03.2017, 4 K 977/14, EFG 2017, 656) hat bisher die Anrechnung bzw. Erstattung von KESt auf in Zusammenhang mit Leerverkäufen geleisteten Dividendenersatzzahlungen abgelehnt.

[25]Von der Finanzverwaltung beanstandete Steuergestaltungen im InvStG 2004

Abbildung

Auch sog. cum/cum-Transaktionen (vgl. diesbezüglich BMF v. 17.07.2017, IV C 1 – S 2252/15/10030 :005, BStBl I 2017, 986) wurden mittels in Investmentfonds durchgeführt. Deren Zielsetzung war im Kern, die definitive Wirkung von KESt gegenüber beschränkt Steuerpflichtigen durch Übertragungen inländischer »Aktien« an Steuerinländer zu vermeiden. Seit 2016 wird die Entlastung von KESt durch § 36a EStG beschränkt (vgl. BMF v. 03.04.2017 – IV C 1 – S 2299/16/10002, BStBl I 2017, 726 unter Berücksichtigung der Neufassungenen durch BMF v. 20.02.2018 – IV C 1 – S 2299/16/10002, BStBl I 2018, 308).

Daneben ist das oben bereits erwähnte Bondstripping zu nennen, bei welchem Anleihemantel und Zinsscheine einer erworbenen verzinslichen Anleihe voneinander getrennt und diese Bestandteile sodann separat gehandelt und notiert werden. Hierdurch sollten künstlich Erträge (Veräußerung des Zinsscheins) und Verluste (Veräußerung des Anleihemantels) generiert werden (vgl. im Einzelnen FG Düsseldorf v. 17.12.2018, 2 K 3874/15 F EFG 2019, 505, Rev. I R 8/19). Diese Gestaltung wurde durch § 3 Abs. 1a InvStG 2004 zwischenzeitlich unterbunden.

Als weitere Steuergestaltung, die ebenfalls in der Direktanlage umgesetzt wurde, waren sog. Kopplungsgeschäfte zu beobachten. Durch den Einsatz von Sicherungsgeschäften sollte auf Fondsebene ein garantierter steuerbegünstigter Gewinn aus Aktiengeschäften und ein nahezu gleich hoher voll steuerpflichtiger Verlust aus Sicherungsgeschäften erzielt werden. Entgegen dieser Zielsetzung stufte das FG Niedersachsen (Urteil v. 06.07.2017, 6 K 150/16, NZB unzulässig, BFH v. 29.03.2018, I B 79/17) die Ergebnisse der Sicherungsgeschäfte als Teile des Fonds-Aktiengewinns i. S. d. § 5 Abs. 2 S. 1 EStG ein.

1.2.4 Korrekturverfahren bei Publikums-Investmentfonds

Die Besteuerung der Erträge aus Anteilen an Investmentfonds bei den Anlegern war abhängig von der Publikation der Besteuerungsgrundlagen. Ohne ordnungsgemäße Veröffentlichung wären sie regelmäßig nicht in der Lage gewesen, die Höhe und Zusammensetzung der ihnen zuzurechnenden steuerlichen Erträge zu bestimmen. Die maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen waren in § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InvStG 2004 abgebildet.

Bei inländischen Publikums-Investmentfonds waren die Besteuerungsgrundlagen gem. § 13 Abs. 1 InvStG 2004 ausschließlich gegenüber der Investmentgesellschaft (= Investmentfonds, § 1 Abs. 2a S. 1 und 2 InvStG 2004) festzustellen. Eine Bindungswirkung für die Anlegerbesteuerung ergab sich nicht. Regelmäßig folgten Anleger und Finanzämter den zur Verfügung gestellten Werten (»faktische Bindung«).

[27]Bondstripping: Die Generierung weißer Einkünfte sowie steuerlich abziehbarer Verluste aus der Veräußerung von Investmentanteilen nach dem InvStG 2004

Abbildung

[28]Eine rückwirkende Änderung von Besteuerungsgrundlagen mit Bindungswirkung gegenüber den Anlegern von Publikums-Investmentfonds war nicht administrierbar. Das vereinfachte Korrekturverfahren nach § 13 Abs. 4 InvStG 2004 konnte jedoch zu Verwerfungen führen.

Die Anonymität der Anleger von Publikums-Investmentfonds machte eine rückwirkende Korrektur der Besteuerungsgrundlagen bei erkannten Fehlern nahezu unmöglich. Vor diesem Hintergrund sah § 13 Abs. 4 InvStG 2004 ein in die Zukunft wirkendes Korrekturverfahren vor.

Die »faktische Bindungswirkung« konnte indes auch zu Auswirkungen bei Anlegern führen, die im Fehlerjahr noch keinerlei Investmentanteile hielten. Andererseits konnte die Feststellung der Unterschiedsbeträge faktisch leerlaufen, wenn der betreffende Investmentfonds bereits aufgelöst worden war. Zur Behandlung nach dem 31.12.2017 bestandskräftig werdender Feststellungen nach § 13 Abs. 4 InvStG 2004 vgl. § 13 Abs. 4a und 4b InvStG 2004 (s. auch BFH v. 15.11.2017, I R 55/15, BStBl II 2018, 287).

[29]Weiterführende Literatur

Bannes/Holle, Kapitalertragsteuererstattung ausländischer Investmentfonds? Eine Frage der steuerlichen Kohärenz, FR 2016, 661;

Bannes/Holle, Kapitalverkehr mit Drittstaaten – die Bedeutung der Stand-Still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV am Beispiel des deutschen Investmentsteuerrechts, StuW 2017, 112;

Becker/Pennrich, Bond Stripping nach Einführung der Abgeltungsteuer, FR 2017, 7;

Ebner, Aktiengewinn und Kopplungsgeschäfte, RdF 2016, 218;

Fock, Ausländische Investmentvermögen und deutsches Transparenzprinzip, FR 2006, 369;

Hahne, Änderungen der Kapitalertrags-Besteuerung von Aktien-Dividenden ab 2012, AG 2011, 503;

Hahne, FG Münster zur Besteuerung ausländischer Sondervermögen: Eine erste Analyse, BB 2017, 2010;

Hahne/Völker, Anwendungsfragen des § 36a EStG bei Investmentfonds nach geltendem und zukünftigem Recht, BB 2017, 858;

Hahne/Völker, § 36a EStG: Konkretisierungen, verbleibende Zweifelsfragen und Ungereimtheiten nach dem dritten BMF-Entwurf, RdF 2017, 50;

Helios/Mann, Das Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung – Darstellung, Meinung und Handlungsempfehlungen –, DB-Sonderausgabe, 1/2016, 1;

Kloster, Neukonzeption der Investmentbesteuerung – im Kontext einer defizitären Kapitaleinkommensbesteuerung, Berlin 2018;

Kohl, Besteuerung von Dividendenausschüttungen an gebietsfremde Fonds; IWB 2018, 707;

Neumann, Die Besteuerung von Publikums-Investmentvermögen – Eine Untersuchung dem Grunde nach unter besonderer Berücksichtigung des Satzungstyps, Aachen 2011;

Patzner/Nagler, Anmerkung zum EuGH-Urteil vom 21.6. – C-480/16, Fidelity Funds, IStR 2018, 590;

Ronig, Veräußerung der Zinsscheine nach einem Bond-Stripping, NWB 2015, 2223;

Schiefer, EuGH: Nur auf Dividenden an Auslandsfonds erhobene Kapitalertragsteuer verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, RdF 2018, 336;

Schön, Cum/Ex-Geschäfte – materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Fragen, RdF 2015, 115;

Schönbach/Gnutzmann, Deutsche Ertragsteuer – Risiken für ausländische Investmentfonds?, BB-Special Steuerrecht 1/2010, 30;

Terhüne/Otto, Reformansätze zur Weiterentwicklung des InvStG im Rahmen der privaten Kapitalanlage, DStR 2013, 2037;

Völker, Optimierung des Fonds-Aktiengewinns durch »Kopplungsgeschäfte«? DStR 2016, 265 (Teil I) und 334 (Teil II);

Zetzsche, Analoge Anwendung von § 11 InvStG auf ausländische Investmentfonds wegen ungleichen Quellensteuerabzugs auf inländische Dividenden! – Eine Nachlese zum Emerging Markets-Urteil des EuGH, IStR 2015, 8.